Eine Welt ohne Rassismus - Justin Michael Williams - E-Book

Eine Welt ohne Rassismus E-Book

Justin Michael Williams

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  • Herausgeber: Arkana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Der spirituelle Weg

Eine Welt ohne Rassismus, Hass und Diskriminierung – könnte das wirklich unsere Zukunft sein? Und wenn ja, was müsste jetzt geschehen, um dieses Ziel zu erreichen? Justin Michael Williams und Shelly Tygielski betrachten das Thema von einem neuen, visionären Standpunkt. Statt »Was sollen wir tun?« fragen sie: »Was haben wir getan, um den Rassismus zu besiegen?« Sie zeigen einen Weg auf, der rasche, tiefgreifende Veränderungen in unserer Gesellschaft möglich macht: Wenn wir jetzt anfangen, unsere Perspektive und unser Denken zu verändern, wenn wir beginnen Grenzen zu überwinden, Schatten auszuleuchten, in Verbindung zu gehen und lernen zu vergeben, kann Rassismus innerhalb einer Generation Vergangenheit werden.
Ein Buch, das das Bild einer vielfältigen, gleichberechtigten und inklusiven Welt entwirft, und uns Werkzeuge an die Hand gibt, um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen – damit unsere Nachkommen auf diese Ära als die Zeit zurückblicken können, in der wir beschlossen, den Rassismus zu beenden.

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Seitenzahl: 402

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Buch

Dieses Buch zeigt einen neuen Weg, den Rassismus innerhalb einer Generation zu beenden. Williams und Tygielski stützen sich auf ein breites Spektrum wissenschaftlicher Studien und zeigen, begleitet von zahlreichen praktischen Übungen und Inspirationen, wie die Transformation zu einer Gesellschaft ohne Rassismus mit Spiritualität gelingt. Es ist die aufrüttelnde Vision, wie wir einen dauerhaften Wandel in unseren Familien, am Arbeitsplatz, in unserem sozialen Umfeld und darüber hinaus bewirken können.

Autor:innen

Justin Michael Williams setzt sich seit vielen Jahren musikalisch und schriftstellerisch für Vielfalt, Integration und Gleichberechtigung auf der ganzen Welt ein. Aufgewachsen mit Gang-Kriminalität und häuslicher Gewalt, hat sich Justin Michael Williams dem Ziel verschrieben, allen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, Zugang zu den Informationen und mentalen Ressourcen zu verschaffen, die sie brauchen, um ihr Leben ändern zu können.

Shelly Tygielski ist Achtsamkeitslehrerin mit Spezialisierung auf Traumata, Speakerin, Aktivistin und Autorin. Sie ist Gründerin der Organisation Pandemic of Love, die Betroffene der Covid-19-Pandemie direkt mit freiwilligen Helfern in Kontakt bringt. Unter ihrer Leitung wurden bereits 3 Millionen Menschen miteinander verbunden und über 100 Millionen Dollar an Spenden gesammelt.

Justin Michael Williams

Shelly Tygielski

eine welt

ohne

rassismus

Wie emotionale Heilung, Verbundenheit und Schattenarbeit die Gesellschaft verändern

Aus dem amerikanischen Englisch

von René Stein

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2023 unter dem Titel How We Ended Racism: Realizing a New Possibility in One Generation bei Sounds True, Inc., Boulder, CO, USA.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Deutsche Erstausgabe April 2024

Copyright © 2023 der Originalausgabe: Sounds True, Inc.

Copyright © 2023 Justin Michael Williams and Shelly Tygielski

Vorwort © 2023 Arndrea Waters King

Dieses Buch wurde vermittelt von Agence Schweiger.

Copyright © 2024 der deutschsprachigen Ausgabe: Arkana Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Victoria Linnea

Umschlaggestaltung: ki 36 Editorial Design, München,

Daniela Hofner

Umschlagmotiv: © stocksy/CACTUS Creative Studio,

AdobeStock/Wolfgang Kruck

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

SC ∙ CF

ISBN 978-3-641-31550-4V002

www.arkana-verlag.de

Für die Kinder von morgen

Inhalt

Vorwort

Einführung: Wer WIR sind

Hilfsmittel und Quellen

Erste Säule: Wir verankerten uns in einer neuen Vision

1 Aus der Zukunft heraus gestalten

2 Die Skepsis in uns allen

Zweite Säule: Wir einigten uns auf die Wahrheit

3 Die Wahrheit über die Wahrheit

Dritte Säule: Wir erkannten unsere Emotionen an

4 Beschreibe, wie du dich fühlst

5 Gefühle zu Rassismus

Vierte Säule: Wir vernetzten uns untereinander

6 MWe werden

Fünfte Säule: Wir verrichteten Schattenarbeit

7 Was befindet sich in Ihrem Schatten?

8 Generationsübergreifender Wandel

9 Das Große P

10 Vorherrschaft

11 Zweifel und Glaube

12 Der Andere in mir

Sechste Säule: Wir übten Vergebung

13 Vergebung anbieten

14 Um Vergebung bitten

15 Echte Wiedergutmachung

Siebte Säule: Wir hatten ausführliche Diskussionen

16 Menschen zu einem vorwärtsgerichteten Gespräch einladen

17 Der Dialog über Differenzen hinweg

18 Grenzen setzen

Achte Säule: Wir schritten zur Tat

19 Gartenpflege

20 Mein persönliches Herzensprojekt

21 Das Ende ist der Anfang

Danksagung

Anmerkungen

Sachregister

Vorwort

Ich lernte Shelly vor ein paar Jahren kennen, und zwar virtuell, als die COVID-19-Pandemie die Welt im Klammergriff hielt. Sie wurde mir von einem gemeinsamen Freund vorgestellt, als Martin und ich daran arbeiteten, das Drum Major Institute weiter auszubauen. Ich erinnere mich, dass ich sogar durch den Bildschirm hindurch ihre Energie spüren konnte; in den folgenden Monaten und Jahren wurde sie mehr als nur eine Alley, sie wurde eine Freundin. Durch Shelly lernte ich auf einer Veranstaltung der Drum Major Coalition in Los Angeles auch Justin kennen, und bei ihm spürte ich sofort die gleiche Energie: Diese beiden Persönlichkeiten verkörpern, was für die gesamte Menschheit möglich ist – ein Dasein jenseits Unterschieden hinsichtlich ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Generation, Geschlecht und Sexualität. In wahrer Schwesternschaft/Brüderlichkeit haben uns Shelly und Justin vorgelebt, gelehrt und nun auch niedergeschrieben, wie eine sichere, gerechte und gleichberechtigte Welt aussehen und sich anfühlen kann. Der Stoff, den sie in diese Kapitel gewebt haben, erinnert an die unsterblichen Worte meines Schwiegervaters Dr. Martin Luther King Jr., die besagen, dass wir»in einem unentrinnbaren Netz der Gegenseitigkeit gefangen [sind], in ein einziges Gewand des Schicksals gehüllt. Was auch immer einen von uns direkt beeinflusst, beeinflusst indirekt auch alle anderen«. Diese Worte, die in die Annalen der Geschichte eingingen, sind ein durchschlagender Ruf nach Veränderung, der auch heute noch in unseren Herzen Widerhall findet.

Es ist mir eine große Ehre, das Vorwort zu diesem wichtigen Werk zu schreiben, das als Leitfaden für die Erfüllung eines zeitlosen Traums dient, auf den unsere Familie unermüdlich hingearbeitet hat: das Ende des Rassismus. Die Vision einer Welt ohne Rassismus bedeutet nicht, die tiefen Wunden zu leugnen, die durch jahrhundertelange Vorurteile, Diskriminierung und systematische Unterdrückung entstanden sind. Es ist vielmehr eine Bestätigung unserer Fähigkeit, diese Bürde abzuschütteln, die Ketten von Ignoranz und Hass zu sprengen und eine Zukunft aufzubauen, die auf Liebe, Verständnis und Einheit beruht. Dieses Buch umreißt die Verantwortung, die jeder und jede von uns als Individuum im unentrinnbaren Netz der Gegenseitigkeit hat, und es gibt den Lesenden die Mittel an die Hand, diese Reise zu beginnen und/oder fortzusetzen.

Als ich die Seiten dieses Buches las, wurde mir bewusst, dass die Fortsetzung dieses Werks darauf hinausläuft, sich auf die edelmütige Suche nach der Vision der Beloved Community aufzumachen – einer Gesellschaft, in der Liebe, Verständnis und Gerechtigkeit über Hass, Vorurteile und Diskriminierung siegen. Eine Beloved Community ist nicht etwa nur utopischer Traum, sondern greifbare Realität, die auf unsere kollektive Entschlossenheit und unser Engagement wartet. Der Inhalt dieses Buches bietet eine Roadmap, die uns allen helfen kann, diese Vision klarer zu erkennen.

In meiner Arbeit weise ich oft darauf hin, dass die Beseitigung des Rassismus untrennbar mit der Beseitigung dessen verbunden ist, was Martin Luther King als das »dreifache Übel« bezeichnete: Armut, Rassismus und Militarismus. Diese miteinander verwobenen Kräfte, die durch systematische Unterdrückung genährt werden, unterdrücken unsere Welt seit Generationen und halten den Teufelskreis von Schmerz, Leid und Ungleichheit aufrecht. Ich weiß, dass Menschen in schwierigen Zeiten oftmals zur Skepsis neigen, und die Behauptung, dass wir dem Rassismus ein Ende setzen können, ist keine kleine Aussage. Aber um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir uns alle anstrengen, doch zuerst müssen wir daran glauben, dass dies überhaupt möglich ist. Ich versichere Ihnen jedoch, dass die Ausmerzung des Rassismus keine unüberwindbare Aufgabe darstellt. Es ist ein Kampf, den wir gewinnen können, eine Flamme der Hoffnung, die in der Tiefe unserer Seele lodert. Es war die Aufgabe unserer Vorfahren und Vorfahrinnen, diese Flamme am Brennen zu halten, und es ist unsere Aufgabe, diese Flamme zu schüren, auf dass sie sich zu einem Flächenbrand ausweitet, der das dreifache Übel verzehrt.

Dieses Buch bietet zahlreiche Tools, die wir verwenden können. Manche brauchen wir häufiger als andere. Es mag Tools geben, die wir hin und wieder anderen ausleihen. Vielleicht gibt es auch Werkzeuge, für die wir noch nicht bereit sind. Was Shelly und Justin für uns bekräftigen, ist die Tatsache, dass die harte Arbeit zuerst im Inneren beginnen muss, unabhängig davon, für welche Tools wir uns entscheiden. Wir können nicht erwarten, dass sich die Welt verändert, wenn wir nicht bereit sind, zuerst an uns selbst zu arbeiten und uns zu ändern. Der Schlüssel zu diesem Wandel liegt in der Kraft, die in jedem von uns steckt. In unserer Seele liegt die Fähigkeit, unser gemeinsames Menschsein zu erkennen, die Vielfalt anzunehmen und den Reichtum zu feiern, der aus unseren Unterschieden erwächst. Es ist diese Kraft, die, wenn wir sie gemeinsam nutzen, einen geradezu erdrutschartigen Wandel in unserer Gesellschaft auslösen kann – einen Wandel, der uns in eine Zukunft führt, in der Rassismus nur noch eine ferne Erinnerung ist.

Um den Rassismus zu beenden, müssen wir einen Weg der Wahrheit, des Verständnisses und des gemeinsamen Handelns beschreiten. Wenn Sie die Seiten dieses Buches durchblättern, wünsche ich Ihnen allen, dass die darin enthaltenen Worte ein Feuer in Ihnen entfachen – einen unnachgiebigen Glauben daran, dass Rassismus abgeschafft werden kann, und die Entschlossenheit, sich auch dafür zu engagieren. Möge der Wandteppich, den wir alle weben, uns mit der Hoffnung, dem Glauben und der Kraft ausstatten, das Ziel ein für alle Mal zu erreichen und den Traum zu verwirklichen.

Arndrea Waters King

Präsidentin des Drum Major Institute

Einführung

Wer WIR sind

Wir sind liberal und konservativ.

Wir sind schwarz, weiß und braun.

Wir sind Republikaner und Demokraten,

unabhängig, unterdrückt und frei.

Stehend auf den Schultern all derer, die vor

uns kamen, sind wir die Fackelträger,

die die Flamme hochhalten hin zu einem Ziel, das

nie zuvor erreicht wurde.

Wir sind eine Botschaft aus der Zukunft, Vorfahren

und Nachkommen zugleich.

Wir sind alles, was dazwischenliegt.

Wir sind jetzt.

Es ist an der Zeit.

Wir erheben uns gemeinsam.

Es ist an der Zeit, den Rassismus zu beenden. Muss dem strukturellen Rassismus ein Ende bereitet werden? Ja. Auf staatlicher Ebene? Ja. Gesellschaftlich? Ja. Institutionell? Ja. Zwischenmenschlich? Ja. Innerlich? Ja. Ist Rassismus mehr als nur ein »Schwarzes« und »weißes« Thema? Ja. Muss er überall auf der Welt beendet werden? Ja. Wissen wir, die dieses Buch verfasst haben, wie wir das alles allein erreichen können? Nein. Aber gemeinsam können wir es schaffen. Mit »wir« sind wir alle gemeint. Gemeinsam können wir die Bedingungen schaffen, die notwendig sind, um dieses Ziel ein für alle Mal zu erreichen.

Im Juli 2020, inmitten der weltweiten COVID-19-Pandemie, der wachsenden Proteste rund um den Mord an George Floyd und der zunehmenden Dynamik, die in die Bewegung für sozialen Wandel kam, saßen wir, Justin und Shelly, verzweifelt und empört zusammen und fragten uns wie viele andere auch: »Was können wir noch tun, was einen wirklichen Impact hat?« Also steckten wir – ein Schwarzer, queerer Millennial und eine weiße heterosexuelle jüdische Mutter der Gen X – unsere sehr unterschiedlichen Köpfe zusammen und beschlossen, es auf einen Versuch ankommen zu lassen: Wir erstellten einen Lehrplan, der uns dabei helfen könnte, den Rassismus zu beenden.

Wir wissen, was Sie jetzt denken: »Ist es überhaupt möglich, den Rassismus zu überwinden?« Keine Sorge, das haben wir auch einmal gedacht. Und wir hatten definitiv unsere Zweifel. Zunächst hielten wir es für völlig desillusorisch oder bestenfalls naiv, sich mit einer solchen Frage zu beschäftigen. Aber wir beschlossen, uns selbst dieser Herausforderung zu stellen, und anstatt die Frage »Ist es überhaupt möglich, den Rassismus zu überwinden?« aus einer Position des Zweifels und des Zynismus heraus anzugehen, zwangen wir uns umzudenken. Wir wollten eine Perspektive einnehmen, die unserer Ansicht nach die inspirierendsten Führungspersönlichkeiten im Laufe der Geschichte gehabt haben müssen – eine Perspektive hin zu einer Welt der Möglichkeiten. Das hat alles verändert. Die geänderte Denkweise war nicht einfach, aber sie öffnete uns eine Tür, die zuvor verschlossen war. Und das, was wir gelernt haben, hat zu diesem Buch geführt.

Doch bevor wir die Lektionen in einem Buch festhielten, testeten wir sie mit Menschen aus gefühlt allen Teilen der Welt, indem wir Webinare oder Präsenz-Workshops veranstalteten. Nach mehreren Durchläufen unterzogen wir unsere Arbeit einem zweijährigen Fellowship am Garrison Institute, einem Zentrum an der Ostküste der Vereinigten Staaten, das die transformative Kraft der Kontemplation auf die drängenden sozialen und ökologischen Probleme unserer Zeit anwendet. Sein Ziel: eine empathischere, resilientere Zukunft. Gleichzeitig beauftragten wir professionelle und unabhängige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen damit, Fokusgruppen ins Leben zu rufen und während unserer Studien Umfragen mit unseren Teilnehmenden durchzuführen, und zwar vor und während der Workshops und sechs Monate im Anschluss daran. Wir wollten herausfinden, ob das, was wir lehrten, tatsächlich die Bedingungen schaffen konnte, die zu dem Transformationsprozess führen würden, den wir uns erhofften – ein Transformationsprozess, der nötig ist, um den Rassismus zu beenden. Was dabei herauskam, erstaunte uns.

Die Forschenden fanden heraus, dass die Teilnehmenden, nachdem sie sich unser Lehrmaterial angeeignet und in ihr Leben implementiert hatten, weniger reaktiv, dafür aber empathischer waren. Sie fühlten sich selbstsicherer, wenn es darum ging, mutig zu sein und die eigene Meinung zu vertreten; wenn es darum ging, authentisch zu sein und eine Verbundenheit zu Menschen aufzubauen, die anders als sie zu sein schienen, und ihr Wissen über die Beendigung von Rassismus aus einer Position des Selbstvertrauens heraus weiterzugeben. Die Teilnehmenden berichteten, dass sie aufgeschlossener waren und dadurch besser eine gemeinsame Basis mit jenen Menschen finden konnten, die sie einst auf der anderen Seite wähnten. Außerdem fanden die Forschenden heraus, dass die Teilnehmenden sich wohler damit fühlten, schwierige Gespräche über heikle Themen wie »Rassismus« zu führen, als sie es jemals zuvor getan hatten (und dass sie gelernt hatten, diese Gespräche so zu führen, dass sie tatsächlich dazu beitrugen, dem Gegenüber eine Brücke zu bauen, anstatt zu spalten und damit den Schaden zu vergrößern).

Unser größter Stolz ist jedoch, dass die meisten Teilnehmenden unseres Programms in ihrer Familie, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde oder in der Schule auf eine Weise aktiv wurden, die sie vor ihrer Teilnahme nicht für möglich gehalten hätten. Intern berichteten sie von einem Gefühl der Selbstentfaltung, einem stärkeren Selbstbewusstsein, der Verbesserung der psychischen Gesundheit und positiveren Beziehungen mit den Menschen in ihrem Umfeld (auch außerhalb des Programms) und hegten mehr Nachsicht gegenüber anderen, wenn diese einen Fehler gemacht hatten. Am wichtigsten aber: Sie hatten ein neues Gefühl der Hoffnung. Wir waren erstaunt, als wir sahen, wie die Teilnehmenden zu einer Familie wurden und über alle möglichen Unterschiede hinweg zusammenwuchsen, während sie ihre Differenzen überwanden. Als wir mit der Rohfassung dieses Buches fertig waren, schickten wir sie an Menschen, die sich normalerweise mit ihren Ansichten eher gegenüberstehen würden, wie beispielsweise an einen promovierten leitenden Diversitätsbeauftragten einer Organisation für soziale Gerechtigkeit und einen Redakteur eines bekannten konservativen Nachrichtenmagazins. Als wir ihre Antworten hörten, kamen uns die Tränen: Beide sagten, sie glaubten an unsere Philosophie und hätten eine Veränderung in sich gespürt. Wir waren überwältigt, zu hören, dass Parteien, die normalerweise nicht einmal zusammen in einem Raum sitzen können, sich über die Arbeit in diesem Buch einig sind.

Eine Perspektive der Möglichkeiten einzunehmen, verändert alles. Was wir auf unserer Reise entdeckt haben, hat unsere Herzen geöffnet. Es veränderte die Art und Weise, wie wir denken, und wir hoffen, dass Sie dieselbe Erfahrung machen werden.

In diesem Buch erörtern wir Ihnen die unserer Meinung nach wichtigsten Grundvoraussetzungen, um den Rassismus zu beenden. Dieses Buch ist dazu da, Ihnen die Innere Arbeit, den inneren und äußeren Perspektivwechsel, die Gespräche, die praktischen Tools als auch die nötigen Handlungsschritte zu vermitteln, sodass Sie den Rassismus, wenn er Ihnen in Ihrem Umfeld begegnet, beenden können. Wie Sie das tun können, werden wir im Laufe unserer gemeinsamen Reise vertiefen. Egal, ob Sie bei null anfangen und noch nie in Ihrem Leben etwas gegen Rassismus unternommen haben oder ob Sie am anderen Ende des Spektrums stehen und Ihr ganzes Leben dagegen gekämpft und sich für Veränderungen eingesetzt haben oder ob Sie irgendwo dazwischenliegen – unsere Studien haben gezeigt, dass diese Arbeit für Sie funktionieren kann. Sie müssen dafür weder promoviert noch Ihr ganzes Leben in der Politik zugebracht haben – Sie müssen nur ein offenes Herz und die Bereitschaft mitbringen, im Jetzt und Hier anzufangen.

Betrachten Sie unser Immunsystem als eine Metapher für die Idee der Beendigung des Rassismus. Für ein gesundes Immunsystem reicht es nicht, dass wir ausschließlich Krankheiten bekämpfen, sondern wir müssen uns auch proaktiv um Wohlbefinden und gute Gesundheit kümmern. Wir investieren in unsere Gesundheit, um das aufzubauen, was die Achtsamkeitsforscherin Dr. Amishi Jha als »Precovery« und »Presilience«1 (dt. etwa vorbeugende Rehabilitation und Resilienz, also Prähabilitation und Präsilienz) bezeichnet, sodass unser Immunsystem gewappnet ist, wenn im Körper etwas schiefläuft oder er es mit einem Erreger zu tun bekommt. Indem wir unsere Gesundheit stärken (und nicht nur die Krankheit bekämpfen), verändern wir die Bedingungen und den Kontext, in dem die Krankheit auftritt.

Die Beendigung des Rassismus betrachten wir auf dieselbe Weise – wir »bekämpfen« nicht den Rassismus, sondern wir verändern die Bedingungen und den Kontext, in dem Rassismus auftritt. Dazu müssen wir unsere Kultur weiterentwickeln. Wir alle sind Schöpfer dieser Kultur. Und nein, wir müssen nicht alle unsere Werte, Überzeugungen und Traditionen über Bord werfen oder ein großer homogener »Schmelztiegel« werden, damit der Rassismus aufhört. Das wird niemals funktionieren. Wir müssen etwas viel Größeres tun. Wir müssen unsere Kultur so weiterentwickeln, dass sie über ein noch widerstandsfähigeres Immunsystem verfügt, um konkurrierende Ideale aufrechtzuerhalten – eine Kultur, die über die Praktiken, das Wissen und die Systeme verfügt, die dem Rassismus den Nährboden entziehen. Und wenn er doch einmal aufkommt, ist das Immunsystem unserer Kultur stark genug, um damit fertigzuwerden. Sie, liebe Leser und Leserinnen, sind es, die diese Kultur erschaffen. Durch die Rahmenbedingungen in dieser neuen Kultur können wir es schaffen, auf so eine Art und Weise mit Rassismus umzugehen, dass sie uns nicht zerstört, uns nicht misstrauisch werden lässt und nicht noch mehr vom anderen entfernt, wenn der Rassismus wieder sein hässliches Haupt erhebt. Wir leisten also nicht Widerstand gegen den Rassismus, sondern schaffen vielmehr die Voraussetzungen für sein Ende. Wir verkörpern die Bedingungen, die dafür erforderlich sind, um den Rassismus zu beenden. Wir – jede einzelne Person von uns – sind das Ende des Rassismus. Wenn Rassismus mit Ihnen in Berührung kommt, endet er. Wenn genug von uns die erforderlichen Fähigkeiten erlernen und sie mit all unserem Fachwissen in jenen Bereichen anwenden, in denen wir einen Einfluss haben – in unserem Umfeld, in unseren Interaktionen und in unseren Beziehungen –, werden wir den Rassismus beenden. Gemeinsam.

Unser altes Haus renovieren

Eine Metapher, die wir oft in unseren Workshops verwenden, stammt aus Isabel Wilkersons Buch Kaste und vergleicht das Leben mit Rassismus damit, ein altes Haus zu erben. Wenn wir ein hundert Jahre altes Haus erben und feststellen müssen, dass die Rohre im Erdgeschoss verrostet sind, das Fundament sich absenkt oder die Stützbalken Risse bekommen, dann marschieren wir nicht ins Haus und sagen: »Nun, ich bin nicht dafür verantwortlich, irgendwas davon zu reparieren, denn ich hab es ja nicht erbaut. Die Leute, die das Haus vor hundert Jahren errichtet haben, die müssen es renovieren, weil es ihre Schuld ist, dass damals gepfuscht wurde.« Doch genau das tun wir oft, wenn es um unsere Geschichte geht. Aber wenn diese Welt das alte Haus ist, das wir alle geerbt haben, und wir diejenigen sind, die darin leben, dann gibt es niemanden außer uns, der es renovieren kann. Dennoch verschwenden die Menschen oft so viel Energie darauf, die Schuld auf die Verursacher zu schieben und mit dem Finger auf diejenigen zu zeigen, die für die Renovierung verantwortlich sein sollten. Es ist an der Zeit, damit aufzuhören, passiv darauf zu warten, dass jemand auftaucht und die Dinge in Ordnung bringt. Wir müssen uns klarmachen: Wir selbst sind dieser Jemand. Jeder und jede von uns ist es. Es ist an der Zeit, dass wir alle aufstehen, um die Arbeit zu leisten, sodass alle von uns in dem jeweiligen spezifischen Einflussbereich und mit dem jeweiligen Fachwissen bis in alle möglichen Winkel dieser Erde wirken. Wenn Sie bereits aktiv geworden sind, hoffen wir, dass dieses Buch Sie dabei unterstützt, noch mehr Wirkung zu erzielen. Wo auch immer Sie auf Ihrem Weg sind, wenn Sie dieses Buch in die Hand nehmen, wissen wir, dass Sie bereit sind.

Die Reise

Auf diesen Seiten erwartet Sie eine sorgfältig kuratierte und integrierte Stimme, die Jahrzehnte unserer Arbeit (die wiederum auch auf jahrhundertelanger Arbeit anderer aufbaut) zu einer einheitlichen Wir-Stimme vereint. Sie versucht, eine gemeinsame Vision für eine Zukunft ohne Rassismus zu errichten. An einigen Stellen des Buches erzählen wir aus unserem Fundus an persönlichen Erfahrungen, aber im Großteil des Inhalts werden Sie die Stimme wahrnehmen, die genau das vorlebt, was wir hoffen, Ihnen beizubringen – dass wir stärker sind, wenn wir uns zusammenfinden, dass wir alle (Sie und wir, weiße und Schwarze, People of Color, Amerikaner, Amerikanerinnen und die globale Gemeinschaft insgesamt, wir alle!) etwas tun müssen, um den Rassismus zu beenden, und dass dies gemeinsam geschehen kann.

Wir unterrichten beide seit mehr als zwei Jahrzehnten und haben die Rahmenbedingungen erforscht, die einen raschen und umfassenden Kulturwandel ermöglichen. Justin wuchs in einer bikulturellen Familie auf, die aus rassistischen Gründen seine eingeheiratete Mutter verleugnete; aber er lernte, zusammenzustehen und eine Einheit und Liebe zu finden, die den Widrigkeiten der damaligen Zeit trotzte. Shelly wuchs in einer Kultur auf, die sie lehrte, den vermeintlichen »Feind« aus einer anderen Kultur zu fürchten und zu hassen, doch heute setzt sie sich für die Rechte der sogenannten feindlich gesinnten Volksgruppe ein und kämpft für sie. Aufgrund unserer Erfahrungen nicht nur im Berufs-, sondern auch in unserem Privatleben wissen wir, dass der Rassismus ein Ende finden kann. Unsere hier präsentierte Version ist, dass wir alle eine Realität schaffen können, in der unsere Nachkommen auf diese Ära des Rassismus zurückblicken werden, so wie wir heute auf viele Dinge zurückblicken, die die Menschen früher getan haben und die den meisten von uns heute völlig unsinnig erscheinen – von Menschenopfern über die Ermordung kleiner Kinder und älterer, gebrechlicher Menschen, die nicht mehr mithalten konnten oder zu viel Zuwendung benötigten, bis hin zu noch zeitnäheren (und vielleicht nachvollziehbareren) Beispielen, wie etwa in Flugzeugen zu rauchen oder ohne angelegten Sicherheitsgurt Auto zu fahren. Eines Tages wird die Menschheit über diesen historischen Zeitstrahl nachdenken, sich am Kopf kratzen und sagen: »Unglaublich, was die Menschen damals getan haben! Warum um alles in der Welt sollten sich Menschen wegen dieses erfundenen Konzepts namens ›Rasse‹ das Leben schwer machen?!«

Das ist unser Polarstern. Daran werden Sie erkennen, dass wir es geschafft haben.

In eine welt ohne rassismus haben wir für Sie den Stoff aus unseren Workshops in acht Säulen zusammengefasst. Das Buch bietet eine Zusammenstellung der wirksamsten Tools, die wir aus sorgfältig recherchierten Lehrmaterialien, Erfahrungen und bewährten Methoden zusammengetragen haben – einschließlich Techniken für innere Heilung, Gespräche über Differenzen hinweg, Schattenarbeit, Vergebungspraktiken, Erklärungen zu Call-out, Call-in und Call-forward und vieles mehr. Die acht Säulen sollen Ihnen dabei helfen, dass Sie nicht nur hoffen, der Rassismus möge ein Ende finden, sondern stattdessen selbst zum Ende des Rassismus werden. Diese Bedingungen ergeben sich nicht spontan aus dem Nichts – sie müssen bewusst gefördert werden. Aus diesem Grund haben wir eine Reihe zusätzlicher Ressourcen bereitgestellt, um Sie auf Ihrem Weg zu unterstützen. Sie finden diese Hilfsmittel und Quellen, die wir in diesem Buch erwähnen – wie z. B. Übungsmaterial per Audioguide oder zum Ausdrucken, Arbeitsblätter, Podcast-Episoden und Möglichkeiten, sich mit unserer globalen Gemeinschaft zu vernetzen –, auf der Seite HowWeEndedRacism.com/resources (auf Englisch) oder durch Scannen des QR-Codes auf Seite 23.

Es ist wichtig, zu wissen, dass es ganze Forschungsinstitute und Bücher gibt, die sich speziell mit den Themen einzelner Säulen befassen. Wir wollen also nicht den Eindruck vermitteln, jedes Kapitel sei der Weisheit letzter Schluss für das jeweils vorgestellte Konzept. Unser Ziel ist es vielmehr, Ihnen das zu vermitteln, was Sie wissen müssen, um sofort loslegen zu können. Wir sind davon überzeugt, dass die von uns vorgestellten Konzepte, Fähigkeiten, Tools und Techniken Voraussetzung sind, um dem Rassismus ein Ende setzen zu können, wie unsere Forschungsergebnisse und unsere Workshops zeigen – und dass der Rassismus ohne sie niemals enden wird. Wir wissen aber auch, dass dies nicht die einzigen Fähigkeiten sind, die man erlernen kann, um zu helfen. Wir hoffen, dass Sie, wenn Sie sich auf die Innere Arbeit einlassen und Veränderungen in Ihrem eigenen Leben vornehmen, auf zusätzliche Säulen stoßen, um ein noch stärkeres Fundament für unser »renovierungsbedürftiges Haus« zu legen, und dass Sie Ihren Teil dazu beitragen werden, sie hinaus in die Welt zu tragen.

Wir brauchen jeden und jede Einzelnen von Ihnen – Menschen aus der Politik, Menschen aus der Kunst, Lehrkräfte, Konservative, Linke, Aktivisten und Aktivistinnen, Eltern, Studierende, Führungskräfte, gemeinnützige Organisationen, junge und ältere Menschen aller Generationen und mit allen Identitäten –, um auf diesem Fundament ein stabiles, sicheres Haus zu erbauen, in dem wir alle gemeinsam leben können. Wir hoffen, dass Sie aktiv werden und Ihre Erfahrungen mit uns teilen. Das ist es, was wir unter Mitgestalten verstehen.

Schließlich möchten wir Ihnen dafür danken, dass Sie uns das Vertrauen geschenkt haben, Sie auf diesen Teil der Reise mitzunehmen. Wir – ein Schwarzer queerer Millennial und eine weiße jüdische GenX – haben uns zusammengetan (so wie es durch die Geschichte hindurch immer geschieht), um Ihnen zu zeigen, was dabei herauskommt, wenn sich zwei gewöhnliche Menschen die Hände reichen und sich für eine bessere Zukunft starkmachen. Wir begannen diese Reise, indem wir uns gedanklich in die Zukunft versetzten, in eine Welt, in der es keinen Rassismus mehr gibt, und wir fragten uns: »Wir schreiben das Jahr 2050, und der Rassismus ist überwunden – was haben wir heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, unternommen, um dieses Ziel zu erreichen?« Dieses Buch ist unser Beitrag zur Schaffung einer solchen Welt. Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, werden Sie in der Lage sein, sich dieselbe Frage zu stellen, und wenn Ihnen Rassismus in irgendeiner Form begegnet, werden Sie über das nötige Handwerkszeug verfügen, ihm ein Ende zu setzen – nicht aufgrund dessen, was wir Ihnen beibringen, sondern weil Sie sich dazu entschieden haben, wer Sie sein wollen.

Lassen Sie uns alle zusammenkommen, um eine neue Möglichkeit innerhalb einer Generation zu verwirklichen. Nun ist unsere Zeit, unser Moment da, den Rassismus zu beenden.

Hilfsmittel und Quellen

Für alle Hilfsmittel und Quellen, die wir für dieses Buch herangezogen haben, siehe auch HowWeEndedRacism.com/resources (auf Englisch) oder scannen Sie den QR-Code:

Erste Säule

Wir verankerten uns in einer neuen Vision

1

Aus der Zukunft heraus gestalten

Es dämmerte uns bereits vor einigen Jahren, dass beinahe jedes literarische Werk, dass wir über Rassismus gelesen hatten, die Annahme hatte: Es hört niemals auf. Oder bestenfalls wird daraus ein »lebenslanger Kampf«, wobei wir dafür vorbestimmt sind, die Aufgabe an die nächste Generation weiterzugeben, welche die übrig gebliebenen Aufgaben wiederum an die nächste gibt … und so weiter und so fort; sodass sich jede weitere Generation zu ihren Lebzeiten im Kampf gegen den Rassismus abstrampeln wird, bis ans Ende aller Zeiten.

Wir streiten gar nicht ab, dass der Kampf gegen den Rassismus eine lebensfüllende Aufgabe ist, aber wir glauben auch, dass es für uns – zusammen – möglich ist, den Rassismus innerhalb einer Generation zu beenden.

Wenn wir Sie dazu einladen, diese Vision der Zukunft bei sich zu verankern, dann stellen wir damit nicht all die Jahrhunderte der unglaublichen Anstrengungen in Abrede, die vom Anführer der Bürgerrechtsbewegung Dr. Martin Luther King Jr. bis zu dem Kongressabgeordneten John Lewis über Rosa Parks sowie Harriet Tubman und andere unternommen wurden, noch ignorieren wir die unzähligen bekannten und unbekannten Einzelschicksale jener Menschen, die für uns gelitten und sich geopfert haben, damit wir heute an diesem Punkt stehen. Ohne sie hätten wir nicht mal die Gelegenheit dazu bekommen, überhaupt die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dem Rassismus ein Ende zu setzen. Wir glauben in viererlei Art, dass wir zusammen auf ihrer Arbeit und ihren Träumen aufbauen können, in dem Versuch, die Fackel zu einer bestimmten Ziellinie zu tragen. Das gegenwärtige Engagement hin zu mehr Gleichheit, Inklusion und Diversität hat einen realen Impact – es verbessert und rettet Leben. Genauso ist es mit der aktuellen Arbeit und Forschung zu Rassismus sowie mit dem unermüdlichen Engagement, das seit Generationen von unseren Vorfahren geleistet wurde. Es sorgt für einen systematischen Wandel und bringt uns näher zusammen, und wir erkennen an, dass diese Dinge wichtig sind – enorm wichtig.

Aber während unserer Forschungsarbeit haben wir feststellen müssen, dass viele dieser Anstrengungen von einem Ausgangspunkt unternommen wurden, der automatisch davon ausgeht (entweder bewusst oder unbewusst), dass Rassismus wahrscheinlich niemals enden werde. Wir hingegen glauben, dass wir eine große Chance verpassen, wenn das unser Ausgangspunkt wäre, wenn das die Ebene wäre, von der aus wir unsere Bücher schreiben, unsere Podcasts zusammenstellen und unsere Bewegung für Aktivismus und sozialen Wandel antreiben – eine Chance, für die diese Generation ganz besonders prädestiniert ist. Wir möchten, dass Sie sich vorstellen, wie unsere Arbeit, eine bessere Welt zu erschaffen, aussehen würde, wenn wir sie in einen anderen Kontext betten würden: Was, wenn unsere Arbeit, dem Rassismus ein Ende zu setzen, nicht als »lebenslanger Kampf« betrachtet würde, sondern als gemeinsames Ziel, den Rassismus noch in dieser Generation zu beenden?

Damit wir uns diese Vision zu eigen machen können, müssen wir unsere Denkweise ändern, indem wir den grundlegenden Unterschied zwischen »aus den Einschränkungen der Vergangenheit und Gegenwart etwas zu erschaffen« (was wir normalerweise tun) und »auf den Möglichkeiten der Zukunft etwas zu erschaffen« verstehen. Sie können das ganze Leben damit verbringen, die Vergangenheit zu betrachten – Sie werden kein Ende finden. Sie können jeden Aspekt darüber lernen, warum sich die Vergangenheit so und nicht anders zugetragen hat, und dennoch nicht die Erkenntnis erlangen, die einen spürbaren Unterschied hinsichtlich der Zukunft mit sich bringt. Die Geschichte wiederholt sich häufig in vielen Formen, wie wir in der Welt beobachten können, gerade deshalb kann es auch hilfreich sein, sich die Vergangenheit anzuschauen.

Wir ignorieren in diesem Buch nicht das vergangene Leid oder die Erkenntnisse, die man aus ihr ziehen kann, aber was wir definitiv mit Ihnen teilen möchten, nachdem wir mit Tausenden Leuten aus aller Welt zusammengearbeitet haben, ist Folgendes: Aus der Zukunft heraus zu gestalten, ist die Methode, bei der die Art von Transformation stattfindet, die nötig ist, um den Rassismus zu beenden.

Um es klarzustellen: Dieses Buch will die Vergangenheit weder ignorieren noch verneinen, aber es reicht ein Blick in die Vergangenheit, um von ihr zu lernen und uns von ihr zu befreien, um sodann den Schritt zu gehen, aus der Zukunft heraus zu gestalten.

Wir können einfach keine neue Zukunft schaffen, wenn wir uns ständig umdrehen; wir können nicht nach vorn fahren, wenn wir den Blick auf den Rückspiegel geheftet haben. »Aus Einschränkungen heraus etwas zu gestalten«, sieht wie folgt aus: Wir stehen in der Mitte des Problems, während wir die Hände in die Luft werfen und fragen: »Wie sind wir nur da reingeraten?« Oder: »Bei all dem, was in der Welt passiert, was können wir als Einzelperson überhaupt tun, um es besser zu machen?« Kommt Ihnen das bekannt vor?

»Aus der Zukunft heraus etwas zu erschaffen«, lädt uns hingegen dazu ein, größere Fragen zu stellen. »Aus der Zukunft heraus zu gestalten«, fordert von uns zu fragen: »Wenn ich in der Zukunft bin und auf diesen gegenwärtigen Moment zurückblicke – dem Jetzt –, was habe ich hier und heute zu dem Ergebnis beigetragen, in dem ich mich jetzt befinde?« Die Illustration auf der folgenden Seite soll Ihnen das Konzept noch einmal veranschaulichen:

Innerhalb der Problemlösung stehen wir inmitten der Einschränkungen, die uns die Umstände auferlegen, und fragen uns: »Was sollte ich tun?« Doch aus der Zukunft heraus gestaltend, schauen wir aus der Perspektive einer erfüllten Zukunft zurück und fragen uns: »Was hätte ich heute tun müssen, damit es passiert?« Problemlösung beginnt mit Einschränkungen, denn sie beginnt mit den Umständen unseres derzeitigen Zustands und versucht dann, es besser zu machen. Aus der Zukunft heraus gestalten geht über all die Umstände hinaus, um insgesamt neue Möglichkeiten zu erschaffen. Auch wenn es nur wie eine kleine Nuance aussehen mag, im Ergebnis bringt es einen signifikanten Unterschied mit sich. Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, werden Sie lernen, diese Perspektivverschiebung anzunehmen, sodass Sie sich ganz neu ausrichten, wenn es darum geht, Änderungen in jedem Teil Ihres Lebens vorzunehmen.

Wenn wir diese Unterscheidung vornehmen, müssen Sie verstehen, dass wir nicht unterstellen, Problemlösung sei falsch; oder es wäre sinnlos, auf die Probleme zu reagieren, die in unser aller Leben oder in der Welt gegenwärtig sind. Auch behaupten wir nicht, dass es weniger wert sei, als aus der Zukunft heraus zu gestalten. Wir brauchen beide Ansätze. Doch mussten wir während der Betrachtung unseres Lehrplans über die Beendigung des Rassismus feststellen, dass »aus der Zukunft heraus gestalten« nicht genug besprochen wird.

Sie werden feststellen, dass man dieselbe Frage in beide Modelle integrieren kann – sowohl das Problemlösungs-Modell als auch das Aus-der-Zukunft-Gestaltungs-Modell –, aber zwei völlig unterschiedliche Vorstellungen enthält. Aus der Zukunft heraus gestalten führt zu verschiedenen Lösungen, denn statt zu fragen, was möglich ist, richtet sich an uns die Frage: »Was muss passieren und wie müssen wir werden, um das, was unmöglich scheint, zu ermöglichen?« Oder wie es Autor Jim Selman, der eine große Rolle bei unserer Inspiration zu diesem Buch gespielt hat, so perfekt in Worte fasste: »Die Zukunft ist nichts als eine Möglichkeit in der Gegenwart.« Dem Rassismus ein Ende zu setzen, ist tatsächlich möglich. Um dorthin zu gelangen, müssen wir uns ins Zentrum der Möglichkeit der Umsetzung stellen und dies als Ausgangspunkt für alle unsere Tätigkeiten nehmen. Der einzige Weg, jemals eine Welt ohne Rassismus zu erschaffen, ist, für eine größere Zukunft einzustehen. Ansonsten machen wir immer nur das Beste aus den gegenwärtigen Möglichkeiten.

Um es klarzustellen: Rassismus ist nichts, was man beheben oder verbessern kann. Man setzt ihm ein Ende.

Von diesem »Ort der Möglichkeiten« aus haben wir das Fundament für das Buch gelegt und die erste Säule aufgestellt. Die Wissenschaft hat immer wieder nachweisen können, dass Zukunftsvisionen mehr als nur ein lustiger Zeitvertreib sind.2 Uns die Zukunft visuell vor Augen zu führen, unterstützt uns dabei, neue Entscheidungen zu treffen.3 Es bereitet uns für unterschiedliche Handlungen vor und hilft uns dabei, eine Wirklichkeit zu formen, die es wert ist, zu leben, und in der wir uns entfalten können. Zukunftsvisionen bauen sowohl unsere Ängste als auch Stress ab, weil wir etwas haben, auf das wir hinarbeiten können – statt unseren Fokus darauf zu legen, wovor wir weglaufen. Mit einer Zukunftsvision können wir uns endlich im Dienste einer größeren Sache zusammenfinden, denn der Unterschied besteht darin, dass wir jetzt für etwas kämpfen und nicht gegen etwas.

Hier einmal visuell veranschaulicht, wie der Kampf gegen etwas aussieht:

Und hier ist einmal grafisch dargestellt, wie der Kampf für eine Sache aussieht:

Bitte beachten Sie, dass wir uns im Kampf gegen eine Sache oft von anderen Menschen entfernen, denn unsere einzige Verbindung zueinander ist das Problem selbst. Indem wir gegen das Problem ankämpfen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir darin enden, uns gegenseitig zu bekämpfen und darüber zu streiten, welche Strategie besser oder wichtiger ist, um das Problem zu beseitigen. In diesem Fall, der in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen ist, zeigen sich die gegenwärtigen Umstände äußerst hartnäckig und am Ende gehen wir getrennte Wege. Wenn man allerdings das gegensätzliche Modell verwendet, schaffen wir eine Zukunftsversion, die unser »Warum« definiert und uns zu etwas Neuem führt; auch wenn wir unterschiedliche Vorstellungen davon haben mögen, wie wir dorthin gelangen, bleibt doch die Vision unser Anker.

Innere Arbeit

In jedem Kapitel, beginnend mit diesem, werden wir Ihnen eine einfache Integrationstechnik vorstellen, die Ihnen dabei hilft, die hier vorgestellten Konzepte anzuwenden: Wir bezeichnen es als »Innere Arbeit«. Diese Innere Arbeit ist wichtig, denn wir werden dem Rassismus nicht beikommen, indem wir nur darüber lesen. Wir müssen das Gelernte auch in unser Leben integrieren.

Die Ihnen zugeteilte Aufgabe ist gar nicht schwer: Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und stellen Sie sich vor, Sie befinden sich im Jahr 2050 und der Rassismus ist abgeschafft. Malen Sie sich eine zukünftige Welt ohne Rassismus aus. Welche Bilder kommen in Ihnen auf, was fällt Ihnen auf? Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie Schwierigkeiten damit haben – sich eine Welt ohne Rassismus auszumalen, liegt für die meisten von uns erst einmal außerhalb unserer Vorstellungskraft. Ihre Fähigkeit, in dieser Zukunftsvision anzukommen, wird sich jedoch verbessern, je weiter Sie die acht Säulen in diesem Buch kennenlernen. Wir werden am Ende unserer gemeinsamen Reise noch einmal darauf zurückkommen, und Sie können dann selbst sehen, was sich verändert hat. Für den Augenblick sollten Sie einen Moment innehalten und sich eine zukünftige Welt ohne Rassismus vorstellen. Machen Sie sich ein möglichst klares Bild, auch wenn es unscharf, verschwommen oder unvollständig ist, und verweilen Sie einen Augenblick darin.

Wenden Sie nun an, was immer Ihnen auch in den Sinn gekommen sein mag, und vervollständigen Sie die folgenden Sätze. Machen Sie sich keine Sorgen, ob Ihre Antworten »falsch« oder »richtig« sind – sie dienen lediglich Ihrer persönlichen Entwicklung. Die Antwort sollte die erste Sache sein, die Ihnen in den Sinn kommt.

Die wichtigste Sache, die ich in meiner Vision von einer Welt ohne Rassismus festgestellt habe, ist ____________.

Am aufregendsten an der Vision fand ich _____________.

Damit diese Vision Wirklichkeit wird, muss ich umgehend folgende Maßnahmen in meinem Leben ergreifen, und zwar __________________________________.

Damit diese Vision Wirklichkeit wird, muss ich umgehend folgende Dinge aus meinem Leben streichen, und zwar ______________________________.

Ich bin auf einer Reise durch _________ und ____________.

Ich kämpfe für __________________________.

Ich bin _________________________________.

Als wir dieses Gedankenspiel zum ersten Mal an uns selbst durchführten, empfanden wir in unserer Vision einer Welt ohne Rassismus vor allem ein Gefühl der Sicherheit und ein Gefühl der Kameradschaft. Die Menschen konnten sich sicher bewegen, leben und überallhin, in jede Stadt und an jeden Ort, ohne sich Sorgen machen zu müssen, ob ihnen jemand etwas antut. In unserer Vision genossen die Menschen in einer diversen Gruppe wirklich die gegenseitige Gesellschaft des anderen – die Menschen lernten, sich wieder zu lieben. Dies ermöglichte es uns allen, unsere Energie darauf zu verwenden, Lösungen zum Wohlergehen der Gesellschaft zu erarbeiten, anstatt einen Großteil unserer Energie vor allem dafür einzusetzen, um zu kämpfen, zu streiten und wütend aufeinander zu sein.

Aber diese Vision umspannte nicht nur »diese Leute da draußen«. Wir müssen ein Safe Space für Menschen werden, die anderer Meinung sind. Wir müssen lernen, weniger zu werten, mehr zuzuhören und weniger zu reden. Wir müssen von unseren vorgefertigten Vorstellungen über die Menschen ablassen und damit aufhören, sie in eine Ecke mit allgemeinen Vorurteilen zu stellen, besonders hinsichtlich der extremen Ängste, die die Medien in unseren Köpfen vor ihnen schüren. Wir müssen insgesamt einladender werden. Wir müssen uns auf eine Reise begeben, auf der wir verletzlicher und weniger ängstlich sind und auf der wir an eine größere Vision glauben, als wir zunächst für möglich gehalten haben. Klingt das alles bekannt? Zu Beginn unserer Reise hatten wir ebenso viele Ängste, Zweifel und Fragen, die Sie jetzt vielleicht haben werden. Aber eine Sache war klar: Wir kämpfen nicht nur für ein besseres Morgen zukünftiger Generationen, sondern für ein besseres Heute – für Menschen jeglicher Abstammung und Glaubensrichtungen. Auf dieser Reise befinden wir uns zusammen, und jetzt, da Sie diese Reise mit uns antreten, sind wir gespannt, was uns erwarten wird.

In einer Kultur, in der es alltäglich geworden ist, »anti-[bitte einsetzen]« zu sein, ist es einfach, zu vergessen, wonach wir streben. Während unserer gemeinsamen Entwicklung mag es nötig gewesen sein, das Pendel in die Richtung »anti-alles sein« ausschlagen zu lassen; aber wir können so nicht weitermachen, denn »anti« zu sein, konzentriert sich darauf, wogegen wir kämpfen, und wofür wir in unserer Zukunft kämpfen, wird nicht betrachtet. »Anti« heißt, etwas zu unterdrücken, aber wenn Sie einmal alles zerstört und zerschlagen haben, was Sie hassen, was bleibt dann noch übrig? Wie sieht die Vision für etwas aus, das zerschlagen wurde? Dies ist eine Schlüsselfrage, die wir gemeinsam angehen werden und von der wir glauben, dass sie als wesentlicher Bestandteil für eine Zukunft ohne Rassismus vergessen wurde. Wir als die Vorfahren dieses Zeitalters stehen an der Türschwelle der Möglichkeiten und haben die Fähigkeit, sowohl voraus- als auch zurückzublicken und einen größeren Traum zu träumen.

Die geschätzte Vision von Dr. Martin Luther King Jr. hat uns inspiriert, von dem gelobten Land zu träumen, das seinerzeit vielleicht wie eine utopische Fantasie gewirkt haben mag; aber er hat uns ein klares, erstrebenswertes Ziel vor Augen geführt. Martin Luther King war nicht nur ein visionärer Aktivist, sondern verstand auch, dass jede Vision nicht ohne eine praktische Roadmap auskommt. Er verstand, wie wichtig die Innere Arbeit ist, wie wichtig es ist, möglichst vollkommen und präsent aufzutreten und uns dem Moment entsprechend zu verhalten. Trotz aller Widerstände ging Martin Luther King unbeirrt seinen Weg, immer auf der Suche nach dem Traum dessen, was möglich ist. Er war in der Lage, sich eine Zukunft außerhalb der Umstände der damaligen Zeit vorzustellen, und er hatte begriffen, dass es nötig war, das »dreifache Übel« der Gesellschaft auszumerzen, das er in Rassismus, Armut und Militarismus ausmachte. Er war in der Lage, einen Rahmen für einen Kontext zu schaffen, in dem das Unmögliche möglich zu sein schien. Er half dabei, eine Vision zu skizzieren, so groß, sodass die damalige Gesellschaft noch nicht dafür bereit war. Wir glauben, dass wir nun für diese Vision bereit sind. Unsere Zeit ist gekommen. Wir müssen alle das Erbe unserer Vorfahren weitertragen und die Fackel mit Tools, Fähigkeiten und einer Hingabe für die Innere Arbeit entfachen, sodass wir die Generation sein können, die die Welt durch die verbleibenden dunklen Stunden hin zu einer neuen Morgendämmerung trägt. So bleibt Martin Luther Kings Traum nicht nur eine Erinnerung an einen stolzen Moment in der Geschichte, sondern eine Realität, in der wir alle zusammenleben. Auf diese Art setzen wir dem Rassismus ein Ende. 

2

Die Skepsis in uns allen

Der US-amerikanische Autor George Jean Nathan schrieb einst, dass »der Weg des gesunden Glaubens durch einen dichten Wald aus Skepsis führt«4. Wir sind uns durchaus bewusst, dass viele von Ihnen skeptisch sind. Wir waren es auch. Das ist ganz normal und sogar produktiv für diese Bewegung.

Nehmen Sie sich jetzt einen Moment Zeit, und achten Sie darauf, welche Gedanken oder Emotionen bei folgendem Satz in Ihnen aufkommen: »Wie wir den Rassismus beendet haben.«

Achten Sie als Nächstes darauf, welche Gedanken oder Gefühle in Ihnen aufkommen, wenn Sie den Satz lesen: »Wir haben den Rassismus innerhalb einer Generation beendet.«

Sind Sie voller Hoffnung? Zynisch? Pessimistisch? Denken Sie sich: »Was glauben diese Leute eigentlich, wer sie sind?« Warten Sie vielleicht auf einen detaillierten Plan?

Unabhängig davon, welche Gefühle wir bei Ihnen geweckt haben: Bevor wir uns in die Arbeit stürzen, die getan werden muss, um den Rassismus – sowohl den strukturellen als auch den internalisierten – zu beenden, ist es wichtig, dass wir unsere Denkweise ändern. Dieses Kapitel wird etwas theoretischer sein als die folgenden Kapitel. Die in diesem Abschnitt vorgestellte Denkweise ist Teil der Grundlage für die wichtige persönliche Arbeit, die noch folgen wird.

Der erste Schritt besteht darin, die Ursachen für das Fortbestehen von Rassismus zu erkennen. Wie bereits dargelegt, wollen wir den Kontext vom »Kampf gegen eine Sache« zum »Kampf für eine Sache« verschieben, von »aus Einschränkungen heraus« zu »aus der Zukunft heraus« etwas zu gestalten. Doch sobald man sich immer und immer wieder mit demselben wiederkehrenden Problem beschäftigt, ist es ebenso wichtig, von der Frage »Was ist das Problem?« zur Frage »Warum besteht das Problem überhaupt weiter?« überzugehen. Die folgenden fünf gemeinsamen und doch auch individuellen Ansichten sind die gängigsten Annahmen, die unseren Erkenntnissen nach zum Fortbestehen von Rassismus beitragen:

Rassismus ist unvermeidlich.Es gibt Rassen. »Diese Leute« werden sich nie ändern.Echte Veränderung braucht viel Zeit.Wir wissen nicht, wie wir es beenden können.

Bevor wir jede dieser fünf Annahmen direkt untersuchen können, müssen wir uns eingestehen, dass wir alle, ob als Einzelne oder als Gemeinschaft, die Dinge durch eine bestimmte Brille oder Perspektive sehen. Wenn sich genügend Menschen auf eine bestimmte Perspektive einigen, dann wird diese Perspektive zu unserer kollektiven Realität und Überzeugung. Das ist es, was wir mit »gemeinsamen und doch individuellen Annahmen« meinen. Wir sprechen hier nicht über ein spirituelles »Gesetz der Anziehung«, sondern ganz konkret über Auffassungen und Überzeugungen.

Um ein kurzes Beispiel zu nennen, auf das wir im Laufe des Buches noch näher eingehen werden: Im Altertum und in anderen früheren Kulturen gab es den Mythos der flachen Erde. Dieser besagte, dass man, wenn man weit genug reiste, vom Rand der Erde in den Abyss stürzen würde. Die Idee der Erdscheibe findet man in Griechenland über Ägypten bis Asien, und Menschen, die diese Auffassung teilten, schufen eine Realität, die auf diesem Glauben beruhte. Dies ist in der Kunst, in Geschichten, in der Religion und letztlich in ihren gemeinsamen Vorstellungen von der Welt sichtbar.

Wir wissen, dass Sie jetzt vielleicht denken: »Wir haben uns doch längst weiterentwickelt und diese törichte Vorstellung hinter uns gelassen.« Aber lassen Sie uns eine andere, weitaus harmlosere gemeinsame Auffassung betrachten, die wir bis heute beibehalten haben und die genauso unwahr ist: Die Sonne geht unter.

Es ist zwar in unserem Sprachgebrauch, dass die Sonne untergeht, aber natürlich geht die Sonne nicht wirklich unter. Würde die Sonne aus der Sicht eines Astronauten untergehen, der weit von der Erdumlaufbahn entfernt ist? Nein. Die Erde dreht sich um ihre Achse, während sie eine elliptische Bahn um die Sonne beschreibt. Doch aus unserer gemeinsamen Perspektive von unserem Planeten aus haben wir die übereinstimmende Ansicht, dass die Sonne untergeht. Auf der Grundlage dieser Ansicht haben wir unsere Realität, die Struktur unseres Lebens und unsere Welt geschaffen. Dies führt uns zu einem wichtigen Punkt: Unsere Welt erhält ihre Form auf der Grundlage gemeinsamer Ansichten, auch wenn diese Ansichten nicht unbedingt wahr sind. Um dem Rassismus ein Ende zu setzen, müssen wir uns daher zunächst eingestehen, dass wir als Individuen und als Kollektiv die Dinge manchmal durch eine fehlerhafte Brille sehen. Wir müssen uns weiterhin eingestehen, dass diese gewählte Perspektive zum Rahmen wird, in dem wir unser Leben leben, und zwar dann, wenn sich genügend Menschen dafür entscheiden, durch dieselbe fehlerhafte Brille zu sehen (zum Beispiel: Schwarze sollten Sklaven sein; Frauen sind minderwertig). Wenn also genügend Menschen dieselben gesellschaftlich akzeptierten Illusionen teilen, führen diese Illusionen dazu, dass eine bestimmte »Lebensweise« fortbesteht.

Lassen Sie uns nun die fünf fehlerhaften Ansichten auseinandernehmen, die der Grund für das Fortbestehen des Rassismus sein könnten.

1. Rassismus ist unvermeidlich.

In den Neurowissenschaften und in der Psychologie wurde bewiesen, dass Rassismus erlernt wird – er ist nicht Teil unseres Menschseins, mit dem wir geboren werden.5 Er ist nicht etwas, das »einfach passiert«, wenn man eine Gruppe unterschiedlicher Menschen auf einem Planeten zusammenbringt. Das ist weder unsere Vorstellung noch unsere Meinung. Es ist weithin anerkannt und wissenschaftlich erwiesen, dass Rassismus an sich keine »Selbstverständlichkeit« ist. Er ist nicht unvermeidbar.6

Was jedoch wahrscheinlich unvermeidbar ist, ist die Tatsache, dass wir so genannte »In-Groups« (Eigengruppe) und »Out-Groups« (Freundgruppe) bilden, um uns zu schützen. Studien zum Terror-Management zeigen, dass wir dazu neigen, Menschen in unserer In-Group freundlicher und Menschen in der Out-Group unfreundlicher gesinnt zu sein und entsprechend zu behandeln. Doch selbst mit diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen können wir die Vorstellung, das Konstrukt der »Rasse« heranzuziehen, um unsere »In-Group« als auch unsere »Out-Group« zu bestimmen, zunichtemachen – zumindest wenn wir es versuchen.7

Aber wir Menschen sind schon komische Wesen. Wenn wir keine schnelle Alternative für etwas finden, bezeichnen es die meisten von uns als »unvermeidlich«. Unvermeidlich, vielleicht sogar bedauerlich, aber nicht als etwas, das zu ändern ist. Doch die Vorstellung, dass Rassismus unvermeidlich ist, wäre so, als ob man sagen würde, dass der Holocaust unvermeidlich war oder dass die amerikanische Sklaverei unvermeidlich war oder dass es unvermeidlich war, der LGBTQIA+-Gemeinschaft das Recht auf die Ehe abzusprechen.

Die Behauptung, etwas sei unvermeidlich, birgt eine echte Gefahr in sich, denn wir erteilen uns quasi sofort die Absolution von der Verantwortung, etwas daran zu ändern.

Wir werfen unsere Hände in die Luft und sagen: »Na ja, da kann man nichts machen.«

Wir können nichts gegen die Sklaverei tun.

Wir können nichts für die Rechte von LGBTQIA+ tun.

Wir können nichts für die gleiche Bezahlung von Frauen oder die gleiche Bezahlung von Minderheiten tun.

Wir können nichts für eine Einwanderungsreform tun.

Wir können nichts gegen Rassismus tun …

Bis jemand kommt, der es tut.

Es gibt das Sprichwort: »Derjenige, der sagt, dass es nicht getan werden kann, sollte denjenigen, der es tut, nicht dabei stören.« Man wird versuchen, uns in unserer Arbeit zu behindern, und auch bei Ihnen werden Zweifel an der Beendigung des Rassismus aufkommen, selbst während Sie damit beschäftigt sind. Sie müssen sich einfach dazu verpflichten, sich auch weiterhin in der gemeinsamen Vision für die Zukunft zu verankern.

2. Es gibt »Rassen«.

Wir werden jetzt etwas sagen, was für manche Menschen schwer zu akzeptieren ist: Der Begriff »Rasse« ist eine Erfindung des menschlichen Geistes, der zur Ausübung von Macht und Kontrolle herangezogen wird. Sie ist ein soziales Konstrukt, ein Irrglauben und eine schädliche imaginäre Wahrheit, auf die wir alle unser Leben und unsere Zivilisationen aufgebaut haben. Um die Professorin und Schriftstellerin Toni Morrison zu diesem Thema zu zitieren: »Es gibt nicht so etwas wie Rasse. Keine. Es gibt nur eine menschliche Rasse – wissenschaftlich und anthropologisch gesehen.«8

Um eins klarzustellen: Wir möchten nicht, dass Sie auch nur eine Sekunde lang denken, wir würden behaupten, die Auswirkungen