Einmalig zufällig - Dr. Sibylle Anderl - E-Book

Einmalig zufällig E-Book

Dr. Sibylle Anderl

0,0

Beschreibung

Die Welt, in der wir leben, ist von vielen Zufällen ebenso geprägt wie von Wahrscheinlichkeiten und Pfadabhängigkeiten. Im Gegensatz dazu stehen geschlossene Weltbilder und Denkräume, in denen alles vorbestimmt ist und einen Sinn hat. Abweichungsmöglichkeiten verschwinden, der Zufall soll möglichst eliminiert werden. Dieses Kursbuch wirbt für den Zufall. Die Beiträge lesen sich als eine Rehabilitierung des Zufalls, sie betonen die Potenziale des Zufalls, auch sind sie sich darin einig, dass nicht alles dem Zufall unterliegt. Sibylle Anderl wiederum betrachtet in ihrem Beitrag die Rolle von Glück und Zufall in der Entwicklung des Universums und der Planeten. "Einmalig zufällig" betitelt sie die Evolution.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 30

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Sibylle AnderlEinmalig zufälligWarum unser Universum ein echtes Glückskind ist

Die Autorin

Impressum

Sibylle AnderlEinmalig zufälligWarum unser Universum ein echtes Glückskind ist

An der Frage nach dem Zufall scheiden sich die Geister. Die einen sehen alles, was ihnen widerfährt, als von fremden Mächten gelenkte Fügung an, die anderen akzeptieren alle unvorhersehbaren Wirren dieser Welt gleichmütig interpretationsmüde als Grundrauschen unserer nur im Großen und Ganzen regelkonformen Welt. In diesem Sinne könnte man fast sagen, dass der Zufall als Spiegel unserer individuellen Verfasstheit dienen mag: Sag mir, wie du zum Zufall stehst, und ich kenne die Grundzüge deines In-der-Welt-Seins. Die individuell unterschiedliche Deutung des Zufalls in dieser Weise kann zu Missverständnissen führen.

Vor einigen Jahren etwa stellte ich einem amerikanischen Professor gegenüber einmal fest, ich sei in meinem Leben immer wieder auch »lucky« gewesen. Damit hatte ich die glücklichen Zufälle gemeint, die einem manchmal widerfahren, ohne dass sie etwas an den eigenen Leistungen schmälern – denn nutzen muss man die Zufälle ja trotzdem noch. Der Professor vermutete allerdings gleich ein Hochstapler-Syndrom, weil er den Ausdruck »lucky« mit dem Zufall assoziierte, dem man glücksspielartig ausgeliefert sei und der die eigenen Errungenschaften entsprechend zu einer Laune des Schicksals mache (der richtige Ausdruck, das lernte ich damals, wäre »fortunate« gewesen). Er hatte mich auf der Grundlage einer sprachlichen Unschärfe in die falsche Zufallscharakterschublade eingeordnet.

Dass die Deutungen des Zufalls von Mensch zu Mensch so stark variieren können, mag man als liebenswerte Eigenschaft unserer sinnsuchenden Spezies sehen. Gleichzeitig aber würde man denken, dass es zumindest aus den Naturwissenschaften heraus eine klare Antwort darauf geben muss, was der Zufall eigentlich ist, ob es ihn wirklich gibt, und wenn ja, vielleicht auch: wozu er gut ist. Tatsächlich ist eine Antwort komplexer, als man denkt. Die Suche nach ihr hat aber eine wunderbare Eigenschaft: Sie führt einen durch die Physik, durch eine große Zahl philosophischer Diskussionen und sogar hinein in aktuelle Fragen der Technologieentwicklung, bevor sie zu den ganz großen Fragen zurückkehrt.

Determinismus: Nichts ist Zufall

Im maschinenverliebten 18. Jahrhundert fiel die Frage nach dem Zufall einfach aus: Es gibt ihn streng genommen nicht. Es war das Zeitalter des Determinismus, in dem die Idee zum Ausdruck kommt, dass der gegenwärtige Zustand der Welt auch alle zukünftigen Zustände der Welt bestimmt, vermittelt durch Naturgesetze. Illustriert wird die Idee durch den berühmten Laplace’schen Dämon, eine allwissende Intelligenz, die nicht nur alle in der Natur wirkenden Kräfte kennt, sondern auch die momentanen Positionen aller Dinge.

»Wir müssen also den gegenwärtigen Zustand des Universums als Folge eines früheren Zustandes ansehen und als Ursache des Zustandes, der danach kommt. Eine Intelligenz, die in einem gegebenen Augenblick alle Kräfte kennt, mit denen die Welt begabt ist, und die gegenwärtige Lage der Gebilde, die sie zusammensetzen, und die überdies umfassend genug wäre, diese Kenntnisse der Analyse zu unterwerfen, würde in der gleichen Formel die Bewegungen der größten Himmelskörper und die des leichtesten Atoms einbegreifen. Nichts wäre für sie ungewiss, Zukunft und Vergangenheit lägen klar vor ihren Augen« (Laplace 1814, zitiert nach Höfling 1994). Die Tatsache, dass wir Menschen immer wieder mit Unvorhergesehenem konfrontiert sind, wäre damit nichts anderes als Ausdruck der Kombination aus schlechter verfügbarer Datenbasis und begrenzten intellektuellen Fähigkeiten. Der Dämon hingegen könnte jeden vermeintlichen Zufall als notwendige Folge alles Vorhergegangenen erklären.