Einsatzrecht kompakt - Fälle zum Waffenrecht für die weitere Ausbildung - Patrick Schulz - E-Book

Einsatzrecht kompakt - Fälle zum Waffenrecht für die weitere Ausbildung E-Book

Patrick Schulz

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Beschreibung

Einsatzrecht kompakt – Fälle zum Waffenrecht für die weitere Ausbildung Die richtige waffenrechtliche Einordnung von Gegenständen ist entscheidend für eine vollständige und korrekte waffenrechtliche Fallbearbeitung und trägt daher wesentlich zum erfolgreichen Bestehen der Laufbahnprüfung bei. Hier hilft das Buch schnell und sicher: Zunächst erläutern die Autoren die Gegenstände einer waffenrechtlichen Kategorie sowie deren Einordnung nach dem Waffenrecht. Unmittelbar bei den Erläuterungen sind Hilfsfragen formuliert, die Auszubildende in die Lage versetzen, Sachverhalte selbständig zu behandeln. An diese Erläuterungen und Hilfsfragen schließen sich beispielhafte Sachverhalte zur Bearbeitung an. Es folgt eine Lösungsskizze. Am Ende eines jeden Übungsfalls finden die Leserinnen und Leser einen Formulierungsvorschlag für die konkrete Falllösung.

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Seitenzahl: 172

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Fälle zum Waffenrecht für die weitere Ausbildung

Laufbahnprüfung erfolgreich bestehen

Patrick Schulz

Polizeikommissar

Cederic Tiemeshen

Polizeikommissar

Dozenten für Einsatzrecht am Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum Bamberg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Print ISBN 978-3-415-07088-2 E-ISBN 978-3-415-07090-5

© 2021 Richard Boorberg Verlag

E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelfoto: © solidmacks – stock.adobe.com

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresdenwww.boorberg.de

Vorwort

Die Zielsetzung dieses Buches besteht darin, den Polizeimeisteranwärter*innen im Rahmen der weiteren Ausbildung (2. Dienstjahr) und im Laufbahnlehrgang (3. Dienstjahr) einen Überblick über die waffenrechtliche Fallbearbeitung zu verschaffen. Es dient der Einordnung bestimmter waffenrechtlicher Sachverhalte und gibt damit eine Orientierungshilfe für die Bearbeitung von Klausuren. Damit ist dieses Buch bestens für die Vorbereitung auf die mündliche und schriftliche Laufbahnprüfung für das Rechtsgebiet Waffenrecht und folglich als ergänzende Unterlage für den Laufbahnlehrgang (3. Dienstjahr) geeignet. Im Rahmen der weiteren Ausbildung (2. Dienstjahr) werden bereits erste Einblicke in die waffenrechtliche Fallbearbeitung vermittelt. Daher können zumindest Teile dieses Buches ebenfalls als Ergänzung verwendet werden, die Gesamtheit dieses Buches würde jedoch über die Anforderungen der weiteren Ausbildung (2. Dienstjahr) hinausgehen.

Im Folgenden wird die waffenrechtliche Fallbearbeitung sowie die Systematik des deutschen Waffenrechts abgebildet. Sie finden in diesem Buch insgesamt 26 Fälle. Diese sind dabei stets gleich aufgebaut. Zum Einstieg finden Sie eine Einordnung der jeweiligen Gegenstände in die Systematik des Waffenrechts. Darin inbegriffen sind einführende Erläuterungen und gegenstandsspezifische Besonderheiten, welche bei der späteren Fallbearbeitung zu beachten sind. Im Anschluss finden Sie zu dem entsprechenden Gegenstand einen oder mehrere Sachverhalte. Bei mehreren Sachverhalten wird pro Fall eine weitere Besonderheit aufgegriffen, die für die gesamte Beurteilung entscheidend sein kann. Nach dem jeweiligen Sachverhalt werden zunächst notwendige Vorüberlegungen dargestellt, die eine reibungslose Fallbearbeitung ermöglichen sollen. An diese Vorüberlegungen schließt sich eine Lösungsskizze mit kurzer Erläuterung im Zusammenhang mit dem Gesetzestext an, welche das Grundgerüst für die spätere Lösung darstellt. Anschließend wird eine ausführliche und im Gutachtenstil formulierte Lösung dargeboten. Zwischen diesen Abschnitten haben Sie ausreichend Platz für eigene Notizen und Anmerkungen. Die Reihenfolge der einzelnen Themenkomplexe und der damit einhergehenden Gegenstände orientiert sich an der Ausbildung im mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei und nicht an dem Gesetzestext des Waffengesetzes.

Die Auswahl der Sachverhalte erfolgte subjektiv durch die Verfasser. Die Vielzahl an angebotenen Lösungen versucht einen Großteil der waffenrechtlichen Gegenstände mit den jeweiligen speziellen Konstellationen in verschiedenen Einzelfällen abzubilden, um so ein möglichst breites Spektrum an waffenrechtlich relevanten Sachverhalten bedienen zu können und damit der Zielsetzung dieses Buches gerecht zu werden.

Wir möchten uns an dieser Stelle bei Frau Dipl. jur. Ass. jur. Kristin Heyder (ebenfalls Fachlehrerin im Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum Bamberg) für die kritische Durchsicht und hilfreichen Anmerkungen herzlichst bedanken.

Bamberg, Juni 2021

Patrick Schulz

Cederic Tiemeshen

Inhalt

1. Einführung in die Prüfungssystematik

W Waffe im Sinne des Waffengesetzes

U Umgangsarten

V Verbotene Waffen

E Erlaubnispflicht

A Ausnahmen von der Erlaubnispflicht/Alter/Ausweispflicht

KS Konkrete Situation

Abschluss

2. Tragbare Gegenstände

2.1 Waffen im technischen Sinn

2.1.1 Hieb- und Stoßwaffen

2.1.2 Reizstoffsprühgerät

2.2 Waffen im nicht technischen Sinn

2.2.1 Verbotene nicht technische Waffen

2.2.2 Einhandmesser – hier: erlaubtes Springmesser

3. Schusswaffen und gleichgestellte Gegenstände

3.1 Schusswaffen

3.1.1 Jagdgewehr

3.1.2 „F im Fünfeck“-Waffe

3.2 Den Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände

3.2.1 „PTB im Kreis“-Waffe (SRS-Waffe) erlaubt

3.2.2 „PTB im Kreis“-Waffe (SRS-Waffe) nicht erlaubt

3.2.3 Armbrust im Bahnhof

3.2.4 Wesentliches Teil

4. Munition

4.1 Der Jäger am Flughafen

4.2 Der Jäger im 30-km-Grenzgebiet

5. Vom Waffengesetz ausgenommene oder nicht erfasste Gegenstände

5.1 Nicht erfasste Gegenstände

5.1.1 Jagdbogen

5.1.2 Einhandmesser (keine Waffe i. S. d. § 1 Abs. 2 WaffG)

5.1.3 Schweizer Taschenmesser

5.1.4 Gebrauchsmesser Klingenlänge mehr als 12 cm

5.1.5 Gebrauchsmesser Klingenlänge mehr als 12 cm (Ausnahme)

5.1.6 Gebrauchsmesser Klingenlänge weniger als 12 cm

5.2 Ausgenommene Gegenstände

5.2.1 Blasrohr

5.2.2 „Erbsenpistole“

1. Einführung in die Prüfungssystematik

Die Bearbeitung waffenrechtlicher Sachverhalte stellt die Auszubildenden erfahrungsgemäß vor große Herausforderungen. Der Grund dafür liegt nicht etwa in dem Erkennen der Gegenstände, die es einzuordnen gilt, sondern vielmehr in der Zuordnung zu den Begriffen des Waffengesetzes (WaffG). Weiterhin hat die Fallbearbeitung neben der Arbeit mit dem WaffG auch ein Auseinandersetzen mit den dazugehörigen Anlagen zur Folge. Diese Vielzahl an Vorschriften gilt es im Waffenrecht systematisch und richtig anzuwenden. Die damit einhergehende Verunsicherung führt im Anschluss oft zu unsauberen und falschen Betrachtungen.

Um genau dieser Verunsicherung vorzubeugen, wird im Folgenden der Hintergrund und der Inhalt der waffenrechtlichen Vorschriften kurz skizziert.

Das deutsche WaffG verallgemeinert wesentliche Begriffe, um möglichst auf viele Sachverhalte anwendbar zu bleiben. Die Anlagen zum Waffengesetz stellen lediglich Konkretisierungen dar. Oft kommt es zu Unklarheiten, welche Anlage wann herangezogen wird. Die Mehrheit der genannten unbestimmten Begriffe findet sich in den §§ 1 und 2 WaffG. Die Anlage 1 zum WaffG konkretisiert den § 1 WaffG und die Anlage 2 demzufolge den § 2 WaffG. Wird in § 1 WaffG ein Begriff nicht näher erläutert oder bedarf der weiteren Klärung, so finden sich die Antwort und weitere Erläuterungen in der Anlage 1 zum Waffengesetz.

Nachdem die Anlagen also nunmehr den einschlägigen Vorschriften des WaffG zugeordnet werden können, ist es essenziell, sich mit der Prüfungssystematik zu befassen. Das Prüfungsschema für waffenrechtliche Sachverhalte ermöglicht dem/der Anwender*in jeden Sachverhalt und damit jeden aufgefundenen Gegenstand zu prüfen. Hierfür ist die Einhaltung der Prüfungspunkte jedoch elementar, um eventuell auftretende Problemstellungen im Klausursachverhalt oder der Praxis nicht zu übersehen. Weiterhin vereinfacht das Schema ebenfalls die Fallbearbeitung, da ein schrittweises Vorgehen ermöglicht wird und keine ganzheitliche Betrachtung im Vorfeld erfolgen muss.

Die Merkformel für das waffenrechtliche Prüfungsschema lautet: W-U-V-E-A-KS

Die Buchstaben stehen hierbei für die Anfangsbuchstaben der einzelnen Prüfungspunkte:

W

Handelt es sich bei dem Gegenstand um eine Waffe i. S. d.1 WaffG?

U

Welchen Umgang übt die Person im Sachverhalt mit dem Gegenstand aus?

V

Ist der Umgang mit der Waffe verboten?

E

Bedarf der ausgeübte Umgang einer Erlaubnis?

A

Gibt es Ausnahmen von der Erlaubnispflicht, wurden das Alters- und das Ausweiserfordernis beachtet?

KS

Wie ist die konkrete Situation im Einzelfall einzuschätzen?

Im Vorfeld sollte ebenfalls eine gedankliche Vorprüfung durchgeführt werden, um den Sachverhalt und die darin enthaltenen Problemstellungen vollständig erfassen und sich so einen Überblick verschaffen zu können. Für diese gedankliche Vorprüfung sollten Sie die folgenden vier Fragen beantworten:

–Welcher Gegenstand wurde aufgefunden und wozu ist er bestimmt?

–Wo befindet sich die Person und welche Umgangsform kommt folglich infrage?

–Wo wurde der Gegenstand aufgefunden?

–Welche Dokumente kann die Person vorlegen?

Raum für eigene Notizen:

W Waffe im Sinne des Waffengesetzes

Im Ersten der insgesamt sechs Prüfungspunkte gilt es den vorliegenden Gegenstand waffenrechtlich einzuordnen. Hierfür gibt es gem. § 1 Abs. 2 WaffG insgesamt vier Möglichkeiten. Das deutsche Waffenrecht unterscheidet u. a. in Schusswaffen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 WaffG) und den Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 WaffG). Weiterhin nennt das Gesetz tragbare Gegenstände, deren Zweckbestimmung in der Herabsetzung der Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen liegt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. a WaffG), sogenannte Waffen im technischen Sinn. Die letzte Gruppe bilden tragbare Gegenstände, die ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind, sogenannte Waffen im nicht technischen Sinn (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. b WaffG). Bei den letzteren ist der Herstellungszweck des jeweiligen Gegenstandes ausschlaggebend.

Hinweis:

Eine nähere Erläuterung zu den einzelnen Gegenständen finden Sie in den jeweiligen Kapiteln:

Schusswaffen

Kapitel 3.1

Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände

Kapitel 3.2

Waffen im technischen Sinn

Kapitel 2.1

Waffen im nicht technischen Sinn

Kapitel 2.2

Kurzübersicht Waffen i. S. d. WaffG2, 3, 4

Raum für eigene Notizen:

U Umgangsarten

Für die Anwendbarkeit des Waffengesetzes ist es gem. § 1 Abs. 1 WaffG notwendig, dass eine Waffe i. S. d. WaffG vorliegt und mit dieser Waffe Umgang geübt wird. Das Waffenrecht kennt gem. § 1 Abs. 3 WaffG folgende Umgangsformen:

•Erwerb

•Besitz

•Überlassen

•Führen

•Verbringen

•Mitnahme

•Schießen

•Herstellen

•Bearbeiten

•Instandsetzen

•Handel treiben

Alle diese Umgangsarten sind im Waffengesetz definiert, weshalb die Definitionen für eine Klausur oder mündliche Prüfung nicht zwingend auswendig gelernt werden müssen. Die Definitionen der Umgangsformen finden sich in § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 1 Abschn. 2 Nr. 1 bis 14 WaffG. Für die Fallbearbeitung im mittleren Polizeivollzugsdienst sind die Umgangsformen Erwerb, Besitz und Führen von entscheidender Bedeutung und bilden den Kern der in Klausuren auftretenden Formen des Umgangs. Im Folgenden wird daher nur auf diese drei Umgangsformen näher eingegangen. Die Betrachtung der jeweiligen Umgangsform ist zwar sachverhaltsabhängig, jedoch sind die Grundzüge dieser Begriffe stets identisch, weshalb sie an dieser Stelle näher erläutert werden.

Der Erwerb ist gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 1 Abschn. 2 Nr. 1 WaffG das Erlangen der tatsächlichen Gewalt über eine Waffe. Tatsächliche Gewalt beschreibt die rein faktische Möglichkeit jederzeit nach eigenem Willen über die Waffe verfügen zu können. Sobald eine Waffe erworben wurde, wird automatisch auch die Umgangsform des Besitzes ausgeübt. Der Besitz ist nämlich die Ausübung der tatsächlichen Gewalt (vgl. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 1 Abschn. 2 Nr. 2 WaffG). Demnach besitzt eine Waffe, wer sie vorher erworben hat. Nach der Definition der tatsächlichen Gewalt kommt es daher nur darauf an, ob man die rein faktische Möglichkeit hat, nach eigenem Willen über den Gegenstand verfügen zu können.

Der Besitz beginnt mit dem Zeitpunkt des Erwerbes und endet erst mit dem Überlassen. Das folgende Beispiel soll die Dauerhaftigkeit des Besitzes verdeutlichen.

Beispiel:

Der Sportschütze S hat einen Revolver in seinem Waffenschrank im Keller gelagert. Auch wenn sich der S auf seiner 50 Kilometer entfernten Arbeitsstätte oder gar im Urlaub befindet, hat er noch immer die tatsächliche Gewalt inne. Daher kann hier, ungeachtet der Entfernung, die Umgangsart des Besitzes bejaht werden.

Merksatz:

Jeder der eine Waffe besitzt, hat sie auch erworben.

Auf jeden Erwerb folgt ebenfalls der Besitz.

Eine weitere relevante Umgangsform mit Waffen stellt das Führen dar. Gem. § 1 Abs. 3 i. V. m. Anl. 1 Abschn. 2 Nr. 4 WaffG führt eine Waffe, wer die tatsächliche Gewalt darüber außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume, des eigenen befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte ausübt. Auch in dieser Umgangsform spielt der Begriff der tatsächlichen Gewalt eine wesentliche Rolle. Für das Vorliegen des Führens ist es nach der Definition also nicht erforderlich, wo sich die Waffe am Körper befindet. Entscheidend ist hierbei die Örtlichkeit, an der über die Waffe verfügt wird. Befindet man sich außerhalb der im Gesetz genannten Örtlichkeiten (eigene Wohnung, Geschäftsräume, eigenes befriedetes Besitztum oder Schießstätte) und hat die Waffe bei sich, so wird diese auch geführt. Ausschlaggebend ist folgerichtig nicht nur die Örtlichkeit, sondern auch, ob es sich bei der Wohnung, den Geschäftsräumen und dem befriedeten Besitztum um die eigene Örtlichkeit handelt. Die wesentlichen Örtlichkeiten, die über ein potenzielles Führen entscheiden, werden in der folgenden Übersicht kurz dargestellt.

Raum für eigene Notizen:

V Verbotene Waffen

Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei den verbotenen Waffen um Gegenstände, mit denen jeglicher Umgang verboten ist (vgl. § 2 Abs. 3 WaffG). Demzufolge darf keine der o. g. Umgangsformen mit einer verbotenen Waffe ausgeübt werden.

Die Waffen mit Verbotseigenschaft sind abschließend in der Anlage 2 Abschnitt 1 genannt. Hierbei sind nicht nur Waffen im technischen Sinn (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. a WaffG), sondern auch die sogenannten nicht technischen Waffen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. b WaffG) erfasst. Diese beiden Gruppen dürften in der Praxis und in der Fallbearbeitung die häufigsten verbotenen Gegenstände sein. Im Folgenden sind die gängigsten verbotenen Waffen aufgelistet, die in der Praxis und in einer Klausur auftreten könnten5:

Auswahl verbotener Waffen:

Schlagring

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 WaffG

Wurfstern

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.3 WaffG

Stahlrute

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 WaffG

Totschläger

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.2 WaffG

Präzisionsschleuder

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.7 WaffG

Faustmesser

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.4.2 WaffG

Springmesser

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.4.1 WaffG

Fallmesser

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.4.1 WaffG

Butterflymesser

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.4.3 WaffG

Nun-Chaku

verboten gem. § 1 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.8 WaffG

Raum für eigene Notizen:

E Erlaubnispflicht

Der Umgang mit einigen Waffen bedarf einer waffenrechtlichen Erlaubnis. Diese Erlaubnisse sind meist gesonderte Dokumente, welche im Zusammenhang mit der jeweiligen Umgangsform besessen werden müssen. Grundsätzlich bedarf der Umgang mit Schusswaffen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 WaffG) und den Schusswaffen gleichgestellten Gegenständen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 WaffG) der Erlaubnis gem. § 2 Abs. 2 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 2 UA 1 S. 1 WaffG.

Im Umkehrschluss bedeutet dieser Grundsatz der Erlaubnispflicht, dass für Waffen im technischen Sinn (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. a WaffG) und nicht technischen Sinn (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. b WaffG) keine Erlaubnis für den Umgang vorliegen muss.

In der nachfolgenden Tabelle werden die wesentlichen Erlaubnisse zu den jeweiligen Umgangsformen überblicksartig dargestellt6.

Umgangsform

Waffe

Benötigte Erlaubnis

Rechtsgrundlage

Erwerb/Besitz

Schusswaffe/Schusswaffen gleichgestellter Gegenstand

Waffenbesitzkarte (WBK)

§ 10 Abs. 1 S. 1 WaffG

Munition

Eintragung in WBK oder Munitions-Erwerbsschein

§ 10 Abs. 3 WaffG

Waffe im technischen/nicht technischen Sinn

keine

Führen

Schusswaffe/Schusswaffen gleichgestellter Gegenstand

Waffenschein

§ 10 Abs. 4 S. 1 WaffG

Waffe im technischen/nicht technischen Sinn

keine

Verbringen

Schusswaffe/Schusswaffen gleichgestellter Gegenstand

Verbringungserlaubnis

§§ 29, 30 WaffG

Waffe im technischen/nicht technischen Sinn

keine

Mitnahme

Schusswaffe/Schusswaffen gleichgestellter Gegenstand

Mitnahmeerlaubnis oder Europäischer Feuerwaffenpass (EFP)

§ 32 WaffG

Waffe im technischen/nicht technischen Sinn

keine

Schießen

Schusswaffe/Schusswaffen gleichgestellter Gegenstand

Schießerlaubnis

§ 10 Abs. 5 WaffG

Waffe im technischen/nicht technischen Sinn

keine

Raum für eigene Notizen:

A Ausnahmen von der Erlaubnispflicht/Alter/Ausweispflicht

Das Waffengesetz macht von dem o. g. Grundsatz der Erlaubnispflicht wiederum Ausnahmen. Im Allgemeinen lassen sich die Ausnahmen in zwei große Bereiche unterteilen. Man unterscheidet zwischen den sogenannten gegenstandsbezogenen und den situationsbezogenen/personenbezogenen Ausnahmen.

Die gegenstandsbezogenen Ausnahmen beziehen sich, wie der Name schon sagt, auf den jeweiligen Gegenstand. Alle gegenstandsbezogenen Ausnahmen sind abschließend in § 2 Abs. 4 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 2 UA 2 WaffG benannt. Dort sind die jeweiligen Gegenstände nach der erlaubnisfreien Umgangsform sortiert. Wird ein Gegenstand in dem o. g. Abschnitt benannt, so ist die jeweilige Umgangsart, unter der der Gegenstand benannt ist, vom Gesetzgeber erlaubnisfrei gestellt. Diese Befreiung von der Erlaubnispflicht gilt zunächst für jede Person, unabhängig von der Situation.7 Neben diesen Bestimmungen finden sich weitere Ausnahmen von der Erlaubnispflicht in § 2 Abs. 4 WaffG i. V. m. Anl. 2 Abschn. 3 WaffG. Ist eine Waffe dort aufgelistet, so ist sie explizit vom Anwendungsbereich des Waffengesetzes ausgenommen und eine eventuell bestehende Erlaubnispflicht entfällt damit. Es gibt jedoch Sonderfälle, in denen eine spätere Anwendung des WaffG für spezielle Situationen möglich wird (siehe hierzu Prüfungspunkt KS).

Neben den eben dargestellten gegenstandsbezogenen Ausnahmen gibt es noch die sogenannten situationsbezogenen/personenbezogenen Ausnahmen. Hierbei kommt es vor allem auf die Situation an, in der sich die Person befindet. Neben der Situation kann auch die Person selbst bzw. die von dieser Person ausgeübte Tätigkeit über die Anwendbarkeit dieser Ausnahme entscheiden. Sollte eine solche Ausnahme Anwendung finden, wird ein eigentlich erlaubnispflichtiger Gegenstand aufgrund der ausgeübten Tätigkeit der Person (z. B. Jäger*in oder Sportschütze*in) oder der Situation, in der die Person angetroffen wird (z. B. Transport, Schießen auf einer Schießstätte), für die vorliegende Umgangsform erlaubnisfrei. Die wesentlichen situationsbezogenen Ausnahmen sind im § 12 WaffG zu finden. In der Fallbearbeitung im Rahmen der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei werden hauptsächlich die Ausnahmen für Jäger*innen und den Transport relevant. Die jeweiligen Ausnahmen für Jäger*innen finden sich im § 13 WaffG. Diese Ausnahmen werden im weiteren Verlauf anhand von Sachverhalten vertieft und weiter ausgeführt.

Neben den Ausnahmen von den Erlaubnispflichten muss in diesem Prüfungspunkt ebenfalls geprüft werden, ob die Person das notwendige Alter für den Umgang mit Waffen besitzt. Der Umgang mit Waffen setzt gem. § 2 Abs. 1 WaffG ein Mindestalter von 18 Jahren voraus. Für den Umgang mit Waffen durch Jugendliche8 gibt es im § 3 WaffG entsprechende Ausnahmen. Diese dürfen im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses und unter Aufsicht eines weisungsberechtigten Erwachsenen Umgang mit Waffen haben (vgl. § 3 Abs. 1 WaffG). Darüber hinaus ist Jugendlichen auch der Umgang mit geprüften Reizstoffsprühgeräten (RSG) gem. § 3 Abs. 2 WaffG gestattet.

Als letztes Element dieses Prüfungspunktes wird die Ausweispflicht geprüft. Wer in Deutschland eine Waffe führt, muss die in § 38 WaffG aufgelisteten Dokumente mit sich führen. Als Merkformel gilt:

Wer eine Waffe führt, muss seinen Personalausweis und die für die beabsichtigten Umgangsformen benötigten Erlaubnisse mit sich führen.

Raum für eigene Notizen:

KS Konkrete Situation

Dieser Prüfungspunkt stellt i. d. R. den Abschluss der waffenrechtlichen Prüfung dar. Hier werden die speziellen Situationen beleuchtet, in denen sich eine Person befinden kann. Es kann demnach vorkommen, dass bis hierhin kein waffenrechtlicher Verstoß vorliegt, sich aber aus den jeweiligen Gegebenheiten ein solcher ergeben kann. Für die Fallbearbeitung in der Ausbildung im mittleren Polizeivollzugsdienst werden hier hauptsächlich die §§ 42 und 42a WaffG relevant.

In beiden Normen wird ein Führungsverbot für bestimmte Waffen in bestimmten Situationen dargestellt.

Gem. § 42 Abs. 1 WaffG ist es generell untersagt, sämtliche Waffen bei öffentlichen Vergnügungen, Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen zu führen. Auch wenn die jeweilige Erlaubnis für ein Führen vorläge, dürfte man dennoch die Waffe nicht bei diesen Anlässen führen.

Beispiel:

Eine Person (P) hat eine Pistole und besitzt für diese eine Waffenbesitzkarte (WBK) und einen Waffenschein. P wird auf einer Demonstration im Hamburger Hauptbahnhof angetroffen. P ist 20 Jahre alt und führt neben den Erlaubnissen auch seinen Personalausweis mit.

P hat die für den Umgang (Erwerb/Besitz und Führen) erforderlichen Erlaubnisse. Außerdem ist er mindestens 18 Jahre alt und führt die Erlaubnisse sowie seinen Personalausweis mit sich. Demnach sind zunächst alle Voraussetzungen für einen erlaubten Umgang vorhanden. Da sich P jedoch auf einer Demonstration und damit auf einer öffentlichen Veranstaltung befindet, ist ihm gem. § 42 Abs. 1 WaffG das Führen der Pistole nicht gestattet.

Den häufigsten Anwendungsfall in einer Klausur oder auch in der Praxis stellt der § 42a WaffG dar. Im Gegensatz zu § 42 Abs. 1 WaffG wird hier nicht auf bestimmte Veranstaltungen abgestellt. Vielmehr untersagt der § 42a Abs. 1 WaffG generell das Führen von Anscheinswaffen, Hieb- und Stoßwaffen nach Anl. 1 Abschn. 1 UA 2 Nr. 1.1 oder Messern mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm. Demzufolge dürfen diese Gegenstände außerhalb der eigenen Wohnung oder des eigenen befriedeten Besitztums nicht mitgeführt werden (vgl. Definition der Umgangsform Führen). Anscheinswaffen sind in Anl. 1 Abschn. 1 UA 1 Nr. 1.6 WaffG definiert. Vereinfacht ausgedrückt sind dies Gegenstände, die Schusswaffen optisch gleichen. Wichtig für die Anwendung des § 42a Abs. 1 WaffG sind die dort genannten Messer. Für Gegenstände, die als Hieb- und Stoßwaffe bestimmt sind wie beispielsweise Schwerter oder Kampfmesser, ist die Nr. 2 einschlägig. Das Führverbot des § 42a WaffG erfasst aber auch Messer, die keine Waffen i. S. d. WaffG sind.

Ein Einhandmesser ist demzufolge ein Messer, das bauartlich so geschaffen ist, dass sich die Klinge mit nur einer Hand aufklappen lässt. Der dafür vorgesehene Mechanismus ist nicht speziell festgelegt. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Sperrvorrichtung existiert, die die Klinge nach dem Aufklappen daran hindert, von allein zurück zu klappen. Im Gegensatz dazu sind die Klingen der sog. feststehenden Messer nicht versenkbar oder auf andere Weise einklappbar.

Für dieses Führverbot gibt es auch im § 42a WaffG speziell geregelte Ausnahmen, die sich in § 42a Abs. 2 Nrn. 1–3 WaffG finden. Die ersten beiden Nummern im Absatz 2 gelten für alle aufgeführten Waffen (Anscheinswaffen, Hieb- und Stoßwaffen, Einhandmesser und Messer mit feststehender Klinge über 12 cm). Die Anscheinswaffen sind für die Ausnahme der Nummer 3 ausgenommen. Nach § 42a Abs. 2 Nr. 1 WaffG gilt das Führverbot nicht für die Verwendung bei Foto-, Film-, oder Fernsehaufnahmen oder Theateraufführungen. Ebenfalls als Ausnahme des Führverbots gilt der Transport in einem verschlossenen Behältnis gem. § 42a Abs. 2 Nr. 2 WaffG. Ein solcher Transport setzt jedoch einen Anfangs- und einen Zielpunkt voraus, weshalb ein bloßes „immer dabeihaben“ nicht als Transport gilt. Ein Behältnis i. S. d. Vorschrift ist ein Raumgebilde, welches zur Aufnahme von Sachen dient und nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden. Beispiele für solche Behältnisse sind u. a. eine Aktentasche oder ein Koffer. Um sich auf die Ausnahme nach § 42a Abs. 2 Nr. 2 WaffG berufen zu können, muss das Behältnis jedoch verschlossen sein. Verschlossen bedeutet hier abgeschlossen.

Verschlossene Behältnisse sind unter anderem:

•Verschließbare Aktentasche

•Abgeschlossenes Handschuhfach

•Rucksack, soweit der Reißverschluss durch ein Schloss gesichert ist

Zuletzt besteht ebenfalls eine Ausnahme vom Führverbot des § 42a Abs. 1 WaffG, wenn ein berechtigtes Interesse gem. § 42a Abs. 2 Nr. 3 WaffG vorliegt. Der Begriff des berechtigten Interesses wird im § 42a Abs. 3 WaffG näher erläutert. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die dort vorgenommene Aufzählung nicht abschließend, sondern beispielhaft ist.