Einsatzrecht kompakt - Recht des unmittelbaren Zwanges - Patrick Lerm - E-Book

Einsatzrecht kompakt - Recht des unmittelbaren Zwanges E-Book

Patrick Lerm

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Beschreibung

Lernhilfe für das UZwG Dieses Buch unterstützt Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärter des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei (BPOL) dabei, den im Unterricht dargebotenen Stoff zum Recht des unmittelbaren Zwanges anhand einer kurzen Übersicht mit Fällen nachzuvollziehen. 8 Fälle für Zwischen- und Laufbahnprüfung Das Lernbuch enthält 8 Fälle zur Zwangsanwendung nach dem Bundesrecht. Jeder Fall betrifft einen für die Ausbildung relevanten Aspekt. Die Autoren bieten den Leserinnen und Lesern so eine optimale Vorbereitung auf die Zwischen- und Laufbahnprüfung des mittleren Polizeivollzugsdienstes. Mit Lösungsskizze und ausformulierter Lösung Die Fälle sind immer nach dem gleichen Schema aufgebaut: Zunächst ist der Sachverhalt abgedruckt. An diesen Sachverhalt schließen sich die notwendigen Vorüberlegungen mit Erläuterungen zu den relevanten Normen und Vorschriften und weiterführende Hinweise zur Lösung an. Danach wird für den jeweiligen Fall eine kurze Lösungsskizze aufgezeigt. Schließlich formulieren die Autoren für jeden Sachverhalt am Ende eines jeden Kapitels eine Lösung aus. Optimale Ergänzung Die Lernhilfe baut auf den ebenfalls im Richard Boorberg Verlag erschienenen Broschüren »Einsatzrecht kompakt – Definitionswissen, Zwischenprüfung erfolgreich bestehen« und »Einsatzrecht kompakt – Sachverhaltsbeurteilung für die Grundausbildung« auf. Kompaktes Format Das Format ist bewusst kompakt gewählt, damit die Sammlung auch in jede Hosen- oder Jackentasche passt. Ideal, um zu jeder Zeit und an jedem Ort einen Blick in das Zwangsrecht zu werfen! Optimal für ... ... Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärter des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei (BPOL).

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

2. Auflage, 2022

ISBN 978-3-415-07279-4

© 2020 Richard Boorberg Verlag

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelfoto: © Robert Kneschke – stock.adobe.com

E-Book-Umsetzung: abavo GmbH, Nebelhornstraße 8, 86807 Buchloe

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart

Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden

www.boorberg.de

Vorwort

Dieses Buch hat das primäre Ziel, den Polizeimeisteranwärter[1] des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei (BPOL) in die Lage zu versetzen, den im Unterricht dargebotenen Stoff zum Recht des unmittelbaren Zwanges in einer kurzen Übersicht mit Fällen nachzuvollziehen. Die damit einhergehende Sachverhaltsbeurteilung ist ein wichtiger Bestandteil sowohl der Zwischenprüfung (am Ende des 1. Dienstjahres[2]), als auch in der Laufbahnprüfung am Ende der Ausbildung. Daher ist dieses Buch für alle Auszubildenden geeignet, unabhängig davon, in welchem Ausbildungsabschnitt sich diese gerade befinden!

In diesem Buch finden Sie acht Fälle zur Zwangsanwendung nach dem Bundesrecht. Jeder Fall greift dabei einen – für die Ausbildung relevanten – Aspekt auf. Die Fälle sind dabei immer nach dem gleichen Schema aufgebaut. Zunächst erhalten Sie den Sachverhalt. An diesen Sachverhalt schließen sich die notwendigen Vorüberlegungen zur Lösung des Sachverhaltes an. Hier erhalten Sie Erläuterungen zu den relevanten Normen und Vorschriften und weiterführende Hinweise zur dargestellten Problematik. Anschließend wird für den jeweiligen Fall eine kurze Lösungsskizze aufgezeigt. Die Anfertigung einer Lösungsskizze wird grundsätzlich bei jeglicher Fallbearbeitung empfohlen. Schließlich wird für jeden Sachverhalt am Ende des jeweiligen Kapitels eine Lösung dargeboten. Am Ende eines jeden Kapitels finden Sie eine Möglichkeit, eigene Notizen zu machen.

Die in der Broschüre dargestellten Problemstellungen stellen eine subjektive Auswahl der Verfasser dar.

Diese Broschüre baut auf die ebenfalls im RICHARD BOORBERG VERLAG erschienenen Broschüren Einsatzrecht kompakt – Definitionswissen – Zwischenprüfung erfolgreich bestehen – und Einsatzrecht kompakt – Sachverhaltsbeurteilung leicht gemacht – auf.

Das gesamte Format wurde bewusst kompakt gehalten, damit die Sammlung auch in jede Hosen- oder Jackentasche hineinpasst – ideal um einen Blick in das Zwangsrecht zu jeder Zeit und an jedem Ort zu werfen!

Für die kritische Durchsicht und die hilfreichen Kommentare möchten wir uns bei Herrn Ass. jur. Philipp Ketteler und Frau Rechtsanwältin Kristin Heyder (beide sind ebenfalls Dozenten am Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum Bamberg) herzlichst bedanken.

Bamberg, Oktober 2019

Die Verfasser

Vorwort zur 2. Auflage

An dem grundlegenden Ziel dieses Buches hat sich mit der Neuauflage nichts geändert. Weiterhin soll den Anwärterinnen und Anwärtern des mittleren Polizeivollzugsdienstes die Möglichkeit geboten werden, den teilweise als kompliziert empfunden Lehrstoff zum Recht des unmittelbaren Zwanges in acht Fällen schnell und unkompliziert nachzuvollziehen. Im Übrigen sind auch Studierende des gehobenen Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei angesprochen sowie sonstige Interessierte aus Theorie und Praxis.

Mit der im Jahr 2021 gescheiterten Reformierung des Bundespolizeigesetzes und einer damit eigentlich verbundenen Änderung des UZwG (z. B. Einführung des finalen Rettungsschusses in das UZwG) war für die Neuauflage dieses Buches ein weiteres Kapitel zu dieser Thematik geplant. Aufgrund der Ablehnung des Gesetzesvorhabens im Bundesrat wurde die Novelle des Bundespolizeigesetzes und die Änderung des UZwG nicht durchgeführt, so dass für die Bundespolizei(en) weiterhin keine gesetzliche Regelung zum finalen Rettungsschuss ersichtlich ist.

Hilfreich:

Diverse Lernvideos zum Thema Einsatzrecht ergänzen dieses Buch. Sie finden diese auf dem YouTube-Kanal So geht Einsatzrecht!Dieser Kanal wird von PHK Lerm betrieben.

Link: https://www.youtube.com/channel/UCg77frCU3HoKOx1cZ1JvvyQ

Um auf diesen Kanal zu gelangen, einfach den nachfolgenden QR-Code scannen:

Als Ergänzung zum genannten Kanal sind ausgewählte Lernvideos auch über die Plattform elopage verfügbar. Diese Plattform wird ebenfalls von PHK Lerm betrieben.

Link: https://elopage.com/s/SogehtEinsatzrecht

Um auf die Plattform zu gelangen, einfach den nachfolgenden QR-Code scannen:

Dieses Buch baut auf die ebenfalls im RICHARD BOORBERG VERLAG erschienenen Broschüren Einsatzrecht kompakt – Definitionswissen – Zwischenprüfung erfolgreich bestehen – und Einsatzrecht kompakt – Sachverhaltsbeurteilung für die Grundausbildung – Zwischenprüfung erfolgreich bestehen – auf.

Das gesamte Format wurde bewusst kompakt gehalten, damit die Sammlung auch in jede Hosen- oder Jackentasche hineinpasst – ideal, um einen Blick in das Zwangsrecht zu jeder Zeit und an jedem Ort zu werfen!

Bamberg, Juni 2022

Die Verfasser

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Vorwort zur 2. Auflage

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 – Einführung in die Fallbearbeitung

Kapitel 2 – Die Allgemeine Lage

Kapitel 3 – Gestrecktes Verfahren

1. Sachverhalt

2. Lösung

a) Einführende Hinweise

b) Lösungsskizze

Kapitel 4 – Sofortvollzug

1. Sachverhalt

2. Lösung

a) Einführende Hinweise

b) Lösungsskizze

c) Lösung

Kapitel 5 – Repressiver Zwang

1. Sachverhalt

2. Lösung

a) Einführende Hinweise

b) Lösungsskizze

c) Lösung

Kapitel 6 – Einsatz des Pfeffersprays

1. Sachverhalt

2. Lösung

a) Einführende Hinweise

b) Lösungsskizze

Kapitel 7 – Fesselung

1. Sachverhalt

2. Lösung

a) Einführende Hinweise

b) Lösungsskizze

Kapitel 8 – Einsatz der Schusswaffe

1. Sachverhalt

2. Lösung

a) Einführende Hinweise

b) Lösungsskizze

Kapitel 9 – Einsatz des Schlagstockes

1. Sachverhalt

2. Lösung

a) Einführende Hinweise

b) Lösungsskizze

c) Lösung

Kapitel 10 – Präventiver oder repressiver Zwang

1. Sachverhalt

2. Lösung

a) Einführende Hinweise

b) Lösungsskizze

Kapitel 11 – Ein paar Tipps zum Schluss

Tipps

A.Kapitel 1 – Einführung in die Fallbearbeitung

Die Fallbearbeitung im Rahmen des Rechtes des unmittelbaren Zwanges stellt die Auszubildenden erfahrungsgemäß vor ungewohnte Schwierigkeiten. Mit einer kurzen Vorbereitung und einer durchdachten Lösungsskizze lassen sich alle zwangsrechtlichen Fallkonstellationen in relativ kurzer Zeit richtig lösen.

Merke: Je nach Fragestellung sind alle oder nur einzelne Punkte des Schemas zu prüfen.

Hat man den zugrunde liegenden Sachverhalt erfasst und weiß, welche Punkte des Prüfungsschemas laut Aufgabenstellung zu bearbeiten sind, ist es empfehlenswert, sich folgende fünf Stichpunkte in Gedanken nochmals vor Augen zu führen.

Gedankliche Vorprüfung (5er-Schritt)

Vor der Prüfung, ob die Anwendung unmittelbaren Zwanges rechtmäßig war, sollte man gedanklich folgende Fragen beantworten:

Warum wende ich Zwang an?

Handle ich präventiv

oder

repressiv?

Welche Maßnahme setze ich mit Zwang (als Beugemittel) durch?

Wehre ich eine Gefahr für mich, Kollegen

oder

Dritte ab

oder

setze ich den Strafverfolgungsanspruch des Staates durch?

Hatte ich noch Zeit, eine Maßnahme und die Androhung auszusprechen?

Hat man diese fünf Stichpunkte für sich beantwortet, hat man die Aufgabe im Prinzip schon gelöst. Bevor man aber mit dem eigentlichen Schreiben beginnt, sollte man sich mit Hilfe einer Lösungsskizze den Lösungsweg aufzeichnen. Beim Erstellen der Lösungsskizze wird die Gedankenleistung erbracht. Bei der eigentlichen Anfertigung der Lösung sollte es sich immer um reine „Schreibarbeit“ handeln.

Die Prüfung des unmittelbaren Zwanges erfolgt mit folgendem Schema (entspricht den geltenden Vorgaben für die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes):

4.1

Benennung der Art des Zwanges

4.2

Zulässigkeit des Zwanges

4.3

Adressat des Zwanges

4.4

Zur Anwendung des unmittelbaren Zwanges berechtigte Personen

4.5

Besondere Vorschriften

4.6

Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

4.7

Feststellung der Rechtmäßigkeit der Durchsetzung der Maßnahme mit Zwang

Diese Prüfungspunkte lassen sich mit Hilfe von Fragen lösen. Eine einfache Möglichkeit zur Bearbeitung zwangsrechtlicher Fragestellungen bietet das MAZUABEVE-Schema.

MAZUABEVE-Schema

Mit Hilfe des MAZUABEVE-Schemas und den dahinterstehenden Fragen lassen sich alle Sachverhalte mit Bezug zum unmittelbaren Zwang lösen.

 

Wie aber funktioniert nun die eigentliche Prüfung des unmittelbaren Zwanges? Die hinter dem Schema stehenden Fragestellungen sollen im Folgenden kurz skizziert werden:

Zu Beginn der Sachverhaltslösung muss der Bearbeiter sich festlegen, ob er eine getroffene Maßnahme mit präventivem oder repressivem Zwang durchsetzt.

Zweck des unmittelbaren Zwanges

Der unmittelbare Zwang ist das schärfste Schwert, das einer Verwaltungsbehörde zur Durchsetzung ihrer Maßnahmen zur Verfügung steht. Unmittelbarer Zwang hat jedoch keinen Selbstzweck, noch dient dieser der Bestrafung. Wenn ein Polizeivollzugsbeamter oder eine Polizeivollzugsbeamtin Zwang anwenden will, dann geschieht dies immer, um eine (Grund-)Maßnahme durchzusetzen. Diese Maßnahme muss der Beamte nicht tatsächlich ausgesprochen haben, vielmehr kann diese auch fiktiver[3] Natur sein. Hier gilt der Grundsatz: Wenn der Beamte noch Zeit gehabt hätte, dann hätte er die Maßnahme auch ausgesprochen.

Was mache ich, wenn das polizeiliche Gegenüber ­meiner Aufforderung nicht nachkommen will!?

Zwang dient der Durchsetzung des staatlichen Willens und ist ­somit keine Strafe, sondern ein Beugemittel.

Merke: Der Einsatz von Zwangsmitteln hat keinen Selbstzweck, sondern dient dazu, eine polizeiliche oder strafprozessuale Maßnahme durchzusetzen.

Hier sollte man gedanklich schon vorskizziert haben, welche Zwangsart man prüft.

Die Zwangsarten

Grundsätzlich werden in der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes drei Zwangsarten vermittelt:

Präventiver Zwang

Repressiver Zwang

Gestrecktes Verfahrengem. § 6 I VwVG

Sofortvollzug[4]gem. § 6 II VwVG

Repressiver ZwangUmkehrschlussvon § 81c VI StPO

Zu Beginn der Sachverhaltsbearbeitung muss festlegt werden, welche Zwangsart nachfolgend geprüft wird. Dabei hilft die bereits vorgestellte Vorprüfung, die man vor der eigentlichen Bearbeitung kurz durchführen sollte. Diese gedankliche Vorprüfung soll nachfolgend an einem verkürzten Beispiel erläutert werden:

Übersicht Zwangsverfahren (Darstellung des Punktes 4.2 des Schemas)

■Die eingesetzten Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizeiinspektion Hamburg Hauptbahnhof treffen in der Wandelhalle auf den X. Unvermittelt rennt X auf die Streife zu und versucht, auf diese einzuschlagen. Mit einer gekonnten ETR[5]-Technik wehrt die Streife die Schläge ab und bringt den X mittels eines Arm­streckhebels zu Boden.

Wie kann man nach dem Lesen des Sachverhalts nun feststellen, welche Zwangsart zu wählen ist? Um eine Entscheidung treffen zu können, helfen fünf kleine Fragen. Anhand des obigen Beispiels sollen diese fünf Fragen nun erläutert werden:

Gedankliche Vorprüfung

Vor der Prüfung, ob die Anwendung unmittelbaren Zwanges rechtmäßig war, sollte man gedanklich folgende Fragen kurz prüfen:

Warum wende ich Zwang an?

Die Beamten wenden Zwang an, um den Angriff des X zu unterbinden.

Handle ich präventiv

oder

repressiv?

Im vorliegenden Fall liegt zum einen eine Gefahr vor, weil der X versucht, die Streife zu verletzen. Dies kann zu Verletzungen bei den eingesetzten Polizeivollzugsbeamten führen. Zum anderen liegen hier auch Straftaten vor (versuchte Körperverletzung gem. §§ 22, 223 I StGB und ein tätlicher Angriff gem. § 114 StGB). Wägt man dies nun gegeneinander ab, kommt man zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die Gefahrenabwehr zunächst überwiegt und die eingesetzten Polizeivollzugsbeamten präventiv handeln müssen.

Welche Maßnahme setze ich mit Zwang (als Beugemittel) durch?

Hier könnte die fiktive Grundverfügung „Halt, Polizei! Stellen Sie den Angriff ein!“ gem. § 14 I, II S. 1 BPolG in Frage kommen.

Wehre ich eine Gefahr für mich, Kollegen

oder

Dritte ab

oder

setze ich den Strafverfolgungsanspruch des Staates durch?

Die eingesetzten Polizeivollzugsbeamten wehren eine Gefahr für sich selbst ab.

Hatte ich noch Zeit, eine Maßnahme und die Androhung auszusprechen?

Im Sachverhalt ist kein Hinweis zu finden, dass die eingesetzten Polizeivollzugsbeamten die Maßnahme ausgesprochen haben oder das Zwangsmittel angedroht und festgesetzt haben.

Nach Beendigung dieser gedanklichen Vorprüfung liegt die Erkenntnis vor, dass die Gefahrenabwehr überwiegt und repressiver Zwang somit ausscheidet. Daher handeln die Beamten präventiv. Mithin ist erkennbar, dass die Polizeivollzugsbeamten handeln, um eine Maßnahme (Verwaltungsakt) i. S. d. § 14 I, II S. 1 BPolG durchzusetzen. Weiterhin hatten die Beamten keine Zeit, eine Maßnahme auszusprechen. Schließlich wurde festgestellt, dass laut Sachverhalt keine Androhung des Zwanges erfolgt ist und daher eine Zwangsanwendung gem. § 6 I VwVG ausscheidet. Somit kann das Ergebnis festgehalten werden, dass hier eine Zwangsprüfung gem. § 6 II VwVG erfolgen muss. Ob eine Androhung des unmittelbaren Zwanges erfolgt ist, wird bei 4.5 des Prüfungsschemas geprüft.

Grundsätzlich wird im Rahmen der Gefahrenabwehr zwischen dem gestreckten Verfahren oder auch Normalvollzug gem. § 6 I VwVG und dem sofortigen Vollzug gem. § 6 II VwVG unterschieden.

Gesetzestext

§ 6 VwVG (Zulässigkeit des Verwaltungszwanges)

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.

Das präventive Zwangsverfahren im Überblick

Die Zulässigkeit eines repressiven Zwangsverfahrens ergibt sich aus dem Umkehrschluss von § 81c VI StPO.

Im Ergebnis muss hier festgestellt werden, dass Zwang angewendet werden darf. Hier muss die Entscheidung der Zwangsart aus A (4.1) erläutert werden. Es wird also herausgearbeitet, ob Zwang überhaupt angewendet werden darf.

Hinweis: Eine ausführliche Darstellung finden Sie in den jeweiligen Kapiteln:

§ 6 I VwVG (Kapitel 3),

§ 6 II VwVG (Kapitel 4),

Repressiver Zwang (Kapitel 5),

Abgrenzung präventiver oder repressiver Zwang (Kapitel 10).

Exkurs: Abgekürztes Verfahren[6]

In der Praxis tritt häufig der Fall auf, dass die eingesetzten Polizeivollzugsbeamten zwar eine Maßnahme ausgesprochen haben, jedoch hatten die Beamten keine Zeit mehr, den unmittelbaren Zwang zur Durchsetzung der Maßnahme anzudrohen.

■Die Polizeivollzugsbeamten wollen den X zur Eigensicherung[7] durchsuchen. Die Beamten kündigen dem X gegenüber an, dass nun eine Durchsuchung folgt. Gemäß den erlernten Verhaltensweisen wollen die Polizeivollzugsbeamten den X belehren und diesem ein Zwangsmittel androhen, falls er sich gegen die Durchsuchung wehrt. Bevor die Polizeivollzugsbeamten jedoch den X belehren können, will dieser weglaufen. Einer der eingesetzten Polizeivollzugsbeamten greift X geistesgegenwärtig am Arm und bringt den X mittels eines Armstreckhebels zu Boden.

Hier stellt sich nun die Frage, welche Zwangsart anzuwenden ist. Repressiver Zwang scheidet aus. Einen Hinweis hierfür gibt der Sachverhalt. Die eingesetzten Polizeivollzugsbeamten wollen den X zur Eigensicherung durchsuchen. Eine Eigensicherungsdurchsuchung ist von Natur aus eine gefahrenabwehrende Maßnahme. Somit kommt nur eine Zwangsanwendung zum Zwecke der Gefahrenabwehr i. S. d. § 6 I VwVG oder § 6 II VwVG in Frage.

Vordergründig problematisch erscheint, dass bereits ein Verwaltungsakt erlassen worden ist (hier: die Durchsuchung zur Eigensicherung; entweder gem. § 43 I Nr. 1 BPolG oder § 43 III BPolG). Dies würde für eine Zwangsanwendung gem. § 6 I VwVG sprechen. Zugleich wurde aber keine Androhung des Zwangsmittels ausgesprochen, obwohl grundsätzlich gem. § 13 I S. 1 VwVG und § 13 II VwVG i. V. m. § 37 II VwVfG Zwangsmittel anzudrohen und gem. § 14 VwVG festzusetzen sind. Das Fehlen einer Androhung und eines Festsetzens eines Zwangsmittels spricht in der Regel für den Sofortvollzug gem. § 6 II VwVG.

Dieser Fall – das sogenannte abgekürzte Verfahren – ist gesetzlich nicht geregelt. Es wurde ein Verwaltungsakt erlassen, aber aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit konnten die weiteren Verfahrensschritte des Zwangsverfahrens nicht eingehalten werden.

Dieses Problem lässt sich im Rahmen eines Erst-Recht-Schlusses lösen:

Wenn schon ohne zugrunde liegenden Verwaltungsakt eine Zwangsanwendung ohne Androhung und Festsetzung des Zwangsmittels möglich ist, dann muss dies erst recht möglich sein, wenn ein Verwaltungsakt zwar ausgesprochen wurde, aber aufgrund zeitlicher Dringlichkeit der Zwang nicht angedroht und festgesetzt werden konnte.

Konkret heißt dies, dass das sog. gestreckte Verfahren i. S. d. § 6 I VwVG in den Sofortvollzug gem. § 6 II VwVG übergeht. D. h. die Prüfung der Punkte 4.1–4.4 erfolgt gem. dem Schema § 6 I VwVG. Ab 4.5 wird gem. dem Schema § 6 II VwVG weitergeprüft.

Nachdem festgestellt wurde, welche Zwangsart überhaupt angewendet wird und „OB“ Zwang überhaupt Anwendung finden darf, wird in diesem Abschnitt geklärt, „WIE“ Zwang im konkreten Einzelfall angewendet wird.

Übersicht Zwangsmittel

Im Verwaltungsvollstreckungsrecht gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten, um eine Maßnahme zu vollstrecken:

Gesetzestext (Auszug)

§ 9 VwVG (Zwangsmittel)

(1) Zwangsmittel sind:

a)Ersatzvornahme (§ 10),b)Zwangsgeld (§ 11),c)unmittelbarer Zwang (§ 12).

(2) […].

Im täglichen Streifendienst dürfte in aller Regel nur der unmittelbare Zwang gem. § 12 VwVG für den Polizeivollzugsbeamten von Bedeutung sein. Dennoch sind die beiden anderen Vollstreckungsarten für die Polizei als Behörde nicht ganz ohne Bedeutung.

Ersatzvornahme

Gesetzestext

§ 10 VwVG (Ersatzvornahme)

Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist (vertretbare Handlung), nicht erfüllt, so kann die Vollzugsbehörde einen anderen mit der Vornahme der Handlung auf Kosten des Pflichtigen beauftragen.