Eisen: Das Lebenselement - Eberhard J. Wormer - E-Book

Eisen: Das Lebenselement E-Book

Eberhard J. Wormer

0,0
4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die gesunde Balance von Eisen in Ihrem Körper

Der Mineralstoff Eisen ist lebenswichtig. Zu viel oder zu wenig davon gefährdet Ihr Leben. Es geht um die gesunde Balance von Eisen in Ihrem Körper.

Für Ihr Wohlbefinden ist entscheidend, dass immer ausreichend Eisen im Körper zur Verfügung steht und die Eisenversorgung ausgeglichen ist. Häufig liegt es am Eisenmangel, dass Sie sich müde, abgeschlagen und ständig gestresst oder schlecht gelaunt fühlen - und nicht wissen warum! Auch wenn Ihr Arzt sagt, Ihr Eisenwert im Blut wäre »normal«, kann bei Ihnen dennoch Eisenmangel herrschen, der zu einer langen Leidensgeschichte führt. Das sollten Sie nicht zulassen!

Der menschliche Eisenstoffwechsel ist eine komplizierte Sache und die wenigsten Mediziner kennen sich auf diesem Gebiet aus. Sensationelle neue wissenschaftliche Erkenntnisse über den Eisenstoffwechsel wurden erst in der jüngeren Vergangenheit gewonnen. Nach wie vor ignoriert die Ärzteschaft mehrheitlich das Gesundheitsproblem des Eisenmangels und verordnet munter gefährliche und risikoreiche Medikamente - statt den Eisenmangel zu beheben und das Leiden zu beenden.

Die Leidensgeschichte der Betroffenen kann Monate und Jahre andauern: Haarausfall, Störung der Schilddrüsenfunktion, Infektanfälligkeit, Antriebsschwäche, Erschöpfung, Burn-out, Konzentrationsstörungen bis hin zu depressiven Verstimmungen, ja sogar ein Zusammenhang zwischen Eisenmangel und der Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis wird vermutet. Die Lösung des Problems könnte so einfach sein: Eisengaben beseitigen in vielen Fällen erfolgreich den Mangel und die Beschwerden!

Gleichermaßen gefährlich für unsere Gesundheit ist auch die Überfülle an Eisen. Bei der sogenannten Eisenspeicherkrankheit oder Hämochromatose sammelt sich überschüssiges Eisen im Gewebe und in Organen an - oftmals lange unbemerkt. Eine tickende Zeitbombe!

Der Autor erzählt in diesem Buch die faszinierende und spannende Geschichte des Eisens im menschlichen Körper. Darüber hinaus werden die neuesten Erkenntnisse zur Eisenbiologie verständlich aufbereitet. Sie erfahren, wie Sie Ihren Eisenstatus bestimmen und selbst feststellen können, ob Sie von Eisenmangel betroffen sind. Sie finden auch Informationen darüber, wie Eisenmangel behandelt wird - von der Homöopathie bis zur Eiseninfusion.

Wird die Eisenbalance im Körper wieder hergestellt, verschwinden die Beschwerden häufig sehr rasch. Niemand sollte heute an den Beschwerden des Eisenmangels leiden müssen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



1. Auflage September 2016 Copyright © 2016 bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Stefanie Huber Satz und Layout: opus verum, München Fachlektorat: Dr. med. Ernst Girth, Cardioconsulting, Offenbach Nährwertberechnung: Dipl.-Oecotroph. Astrid Büscher, Hamburg ISBN E-Book 978-3-86445-326-7 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-0 Fax: (07472) 98 06-11Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Vorwort

Auf jedem Weg, den meine Füße treten, folgt mir ein unsichtbares Geflecht aus Eisen, von Tausenden in diesen Grund gesäten Kanälen, Schienen, Kabeln und Geleisen.

Der deutsche Arzt und Dichter A. De Nora (1864–1936) brachte mit diesen Zeilen eine Beklemmung zum Ausdruck, die ihn befiel, als er zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Land in die eisenvernetzte Großstadt München kam. Hätte er geahnt, dass die moderne Menschheit nicht nur eisenhaltig umzingelt ist, sondern dass sogar die Zellen jedes menschlichen Wesens geradezu von Eisen durchdrungen sind, wäre das Gedicht vielleicht anders ausgefallen.

Eisen ist ein wahrhaft kosmisches Element. Es gehört zu den grundlegenden Zutaten, die für die Genesis des Lebens erforderlich waren. Selbst unsere Welt ist nur die dünne Kruste eines Planeten, in dessen Kern heißes Eisen rotiert. Tatsächlich gibt es kaum ein Lebewesen, das nicht die wunderbare Reaktionsfreudigkeit des Eisens zu nutzen weiß. Eisen kann chemische Reaktionen vermitteln, die Energiegewinn versprechen. Deshalb war es für die Evolution des Lebens eine Herausforderung, dieses spröde Metall irgendwie in lebende Organismen einzubauen – ohne dass die elementare Reaktionsfreudigkeit Schaden anrichtet.

Die Eisenbiologie des Menschen ist ein faszinierendes und komplexes Thema, dessen Einzelheiten noch immer nicht gänzlich geklärt sind. Unsere Kenntnisse der Eisenbalance, des Gleichgewichts des Eisenstoffwechsels im Körper, sind nicht einmal 100 Jahre alt. Aber je mehr wir auf diesem Gebiet erfahren, desto mehr staunen wir über den Erfindungsreichtum der Natur, der immer wieder verblüffend ökonomische und effiziente Problemlösungen gelingen.

Dieses Buch handelt von der Integration eines anorganischen Stoffs in organische Funktionszusammenhänge. Eisen ist ein lebenswichtiges Spurenelement für die Gesundheit des Menschen. Es ist so wertvoll, dass immer die richtige Menge im Körper vorhanden sein muss – und dass es deshalb keinen Mechanismus zur Ausscheidung von Eisen gibt. Man kann von einem Kontinuum des Eisenstatus sprechen, das von zu wenig Eisen (Eisenmangel) bis zu viel Eisen (Eisenüberladung) reicht.

Am bekanntesten ist der Eisenmangel, der mit Blutarmut (Anämie) verbunden ist. Für die Medizin ist dieser Zustand relativ einfach zu erkennen: Müdigkeit und Erschöpfung in Verbindung mit zu wenig Hämoglobin, dem Sauerstoff transportierenden Hauptbestandteil des Bluts. Anders sieht die Sache aus, wenn Sie an solchen Symptomen leiden, aber keine Anämie vorliegt. Würde man an die Möglichkeit eines Eisenmangels denken, könnte Abertausenden von Patienten relativ einfach und wirksam geholfen werden – vor allem Frauen. Das weibliche Geschlecht ist von Natur aus benachteiligt, was die Eisenbalance betrifft. Frauen verlieren mit der Menstruation in jedem Monat Blut und wertvolles Eisen. Eisenmangel zählt heute zu den weltweit häufigsten Mangelzuständen, die die Gesundheit beeinträchtigen.

Das Syndrom des Eisenmangels ohne Anämie ist zwar seit mehr als 150 Jahren bekannt, dennoch zeigte die praktische Medizin wenig Neigung, sich mit dem Thema ernsthaft zu befassen. Das hat sich erst seit etwa zehn Jahren geändert. Von der Schweiz ausgehend setzt sich zunehmend ein Behandlungskonzept des Eisenmangelsyndroms durch, das in vielen Fällen sehr erfolgreich ist. Gut verträgliche moderne Eisenpräparate zur Infusion ermöglichen die rasche Aufsättigung leerer Eisenspeicher, die oft jahrelang Beschwerden verursacht haben.

Viel wichtiger ist aber, dass ein Mangelzustand als Quelle von Gesundheitsstörungen überhaupt anerkannt wird. Eisenmangel teilt oft aus Sicht der Ärzteschaft das Schicksal des Vitamin-D-Mangels. Man interessiert sich wenig dafür und man weiß wenig darüber – und verordnet meist irgendwelche Mittel gegen die Beschwerden: Schlafmittel, Antidepressiva, andere Psychopharmaka, Schmerzmittel und dergleichen mehr. Am Mangelzustand und dem Leiden der Betroffenen, in der Regel sind das Frauen, ändert das nichts. Tatsächlich teilte mir eine Patientin mit nachgewiesenem Eisenmangel folgendes Statement ihres Arztes mit, sinngemäß: Eisenmangel? Den haben doch fast alle Frauen. Wo kommen wir hin, wenn wir uns auch noch darum kümmern müssen?

Um den eigenen Vitamin-D-Mangel kann man sich noch (wenn es denn sein muss) selber kümmern. Auch den eigenen Speichereisenwert können Sie zunächst selbst testen lassen. Zusammen mit den Antworten aus dem Eisenmangel-Selbsttest kommen Sie dann zur individuellen Verdachtsdiagnose. Für die Behandlung des Eisenmangelsyndroms wird aber ein Arzt gebraucht, der sich gut damit auskennt. Zum Glück sieht es so aus, dass immer mehr Ärzte, vorzugsweise Internisten, Gynäkologen und Allgemeinmediziner, den Stellenwert des Eisenmangelsyndroms erkennen und fundierte Therapien anbieten. Wenn Sie denken, dass bei Ihnen möglicherweise ein Eisenmangelsyndrom vorliegt, suchen Sie sich einen solchen Arzt oder ein Eisenzentrum in Ihrer Nähe aus und lassen Sie sich dort beraten. Die Adressen finden Sie im Anhang.

Die Hälfte der Menschheit ist weiblich. Und die Mehrheit der Frauen weltweit lebt mit dem Gesundheitsproblem Eisenmangel. Ich hoffe, dass dieses Buch dazu beiträgt, dass Eisenmangel als Ursache vieler Leidensgeschichten häufiger als bislang erkannt und behandelt wird.

Es gilt, die Balance des Wunderelements Eisen im Körper zu bewahren.

Eberhard J. Wormer

only women bleed

Alice Cooper

Planet Eisen

Nach allem, was bekannt ist, entstand das Universum vor etwa 13,7 Milliarden Jahren. Der Beginn der »kosmologischen Eisenzeit« wird 200 Millionen Jahre nach dem Big Bang angesetzt. Die Erde und unser Sonnensystem bildeten sich schätzungsweise 9 Milliarden Jahre nach dem Urknall. Die Erde selbst ist rund 4,6 Milliarden Jahre alt.

Eisen ist das am häufigsten auf Erden vorkommende Element. Der heiße innere und äußere Kern der Erde besteht aus Eisen. In der Erdkruste ist Eisen das vierthäufigste Element. Und der rotierende Eisenkern im Zentrum erzeugt das irdische Magnetfeld, das vor lebensfeindlichen Sonnenwinden und kosmischer Strahlung schützt.

Eines ist gewiss: Ohne die Integration von sprödem Eisen hätte es die biologische Evolution, die wir heute kennen – Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere, Mensch –, und die kulturelle Entwicklung der Menschheit niemals gegeben.

Das reaktionsfreudige Metall

Eisen ist ein chemisches Element mit der Ordnungszahl 26 im Periodensystem und dem Symbol Fe (von lat. ferrum). Es ist ein Übergangselement, das leicht Elektronen abgibt und aufnimmt. Mit einigen anderen Elementen gehört Eisen zur sogenannten Eisengruppe, in der Werkstoffkunde zur Gruppe der Eisenmetalle. In Meteoriten und in sauerstoffarmer Umgebung kommt Eisen in elementarer gediegener Form vor. Die Oberfläche von frischem Eisen erscheint grau-silbrig glänzend. Zudem hat Eisen magnetische Eigenschaften. Reines Eisen ist geruchlos. Biologisch ist Eisen ein wichtiger Bindungspartner für den Sauerstoff- und Elektronentransport sowie für energetisch bedeutsame Oxidations- und Reduktionsreaktionen.

Eisen ist in Sauerstoff- und Wasserumgebungen sehr reaktionsfreudig und gibt leicht Elektronen ab oder nimmt Elektronen auf. Es fungiert dann als Donator (Abgabe) oder Akzeptor (Aufnahme) von Protonen (H+). Am bekanntesten ist die Reaktion von Eisen in Gegenwart von Wasser, die als Oxidation bezeichnet wird: Eisen gibt ein H+ – Ion ab und wird oxidiert, es bildet sich Rost (Korrosion). Nimmt Eisen ein Proton auf, wird es reduziert. Diese reaktiven Redoxeigenschaften von Eisen spielten eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten. Nicht zuletzt ermöglichten sie die Entwicklung eines biologischen Mechanismus zur Sauerstoffaufnahme und – abgabe durch rote Blutkörperchen – eine lebenswichtige Energiequelle für tierische Organismen.

Freies Eisen ist giftig – Eisen(III) stärker als Eisen(II) – und wird in Lebewesen immer organisch gebunden. Eisen(II) plus Wasserstoffperoxid kann schädliche zerstörerische Sauerstoffverbindungen erzeugen. Bevorzugte Bindungspartner von Eisen sind Sauerstoff-, Stickstoff- und Schwefelatome. Von besonderer Bedeutung sind chemische Verbindungen von zweiwertigem Eisen(II) und dreiwertigem Eisen(III), die einzeln und kombiniert vorkommen.

Ferro: zweiwertiges Eisen, Eisen(II), Fe2+

Zweiwertiges Eisen ist sehr gut wasserlöslich und reaktionsfreudig. Eisen(II)-chlorid ist ein wichtiger Ausgangsstoff für die Produktion von weiteren Eisenverbindungen und wird in Kläranlagen, Waschmitteln und Biogasanlagen als Reinigungsmittel eingesetzt. Eisen(II)-oxid ist eine Verbindung von Sauerstoff und Eisen und ist für die Stahlerzeugung von Bedeutung. Eisen(II)-sulfat entsteht durch Erhitzen von pulverisiertem Eisen in 20-prozentiger Schwefelsäure. Seit dem Mittelalter war die wässrige Lösung desselben als »Kupferwasser« (Eisenvitriol) Handelsgut. Im Nahen Osten stellte man daraus Tinte (Eisengallustinte) her.

Eisen(II) kommt innerhalb von Zellen vor (intrazellulär). Die größte biologische Bedeutung haben komplexe Eisen(II)-Verbindungen mit einem Porphyrinmolekül als Bindungspartner (Häme). An Eiweißkörper gekoppelt ist zweiwertiges Eisen Bestandteil von Blutfarbstoff (Bluteisen/Hämoglobin), Muskelfarbstoff (Muskeleisen/ Myoglobin) und Enzymen. Im Eiweißstoffwechsel kann das Membrantransportprotein Ferroportin Fe2+ – Ionen binden. Der Eiweißkomplex Ferritin (Speichereisen) oxidiert Fe2+ zu Fe3+.

Tierische Nahrungsmittel wie rotes Fleisch enthalten überwiegend zweiwertiges Eisen. Eisensulfat kommt bereits in mittelalterlichen Heilrezepturen vor (Theriak). Eisen(II)-sulfat und – gluconat stehen heute in Tablettenform und als Infusion bei der Behandlung von Eisenmangel zur Verfügung.

Ferri: dreiwertiges Eisen, Eisen(III), Fe3+

Dreiwertiges Eisen ist in der Regel nicht wasserlöslich. Eisen(III)-oxid ist unter anderem im Rost enthalten. Man gewinnt daraus auch ein Farbpigment (Eisenoxidrot) und verwendet es zur Beschichtung von Magnettonbändern. Es ist zudem Bestandteil von EisenoxidNanoteilchen und Kontrastmitteln in der Magnetresonanztomographie. Eisen(III)-chlorid kommt mineralisch in der Natur vor, als Hämatit (Blutstein) und Maghämit. Man benutzt es beispielsweise auch zur Ätzung von Leiterplatten für gedruckte Schaltungen und Druckplatten.

Eisen(III) kommt außerhalb von Zellen vor (extrazellulär). Methämoglobin ist ein Bluteiweiß, das dreiwertiges Eisen enthält und nicht zum Sauerstoffaustausch befähigt ist. Im Eisenstoffwechsel verfügt das Transportprotein Transferrin über zwei Bindungsstellen für Eisen(III)-Ionen, und Ferritin (Speichereisen) kann intrazellulär Eisen(III)-Ionen transportieren.

Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten überwiegend dreiwertiges Eisen. In der Medizin kann dreiwertiges Eisenchlorid als blutstillendes Mittel eingesetzt werden.

Die irdische Eisenzeit

Das Blut und das Schwert sind gleichermaßen eisenhaltig. Sowohl die Biologie als auch die Kultur des Menschen sind vom Element Eisen durchdrungen. Urgeschichtlich zählt die sogenannte Eisenzeit, eine nach der Nutzung von Eisen zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen benannte Zeitperiode, zur menschlichen Frühgeschichte – nach den Metallzeitaltern der Kupfersteinzeit und der Bronzezeit. Abhängig vom jeweiligen Kulturkreis folgten auf die Eisenzeit historisch die Antike, die Frühgeschichte oder das Mittelalter.

Natürliche Eisenverbindungen liegen als vermengte Eisenerzminerale in Gestein vor. Wirtschaftlich bedeutende Eisenerzminerale sind meist Eisenoxide oder Eisenkarbonate, gelegentlich auch schwefelhaltige Erze. Eisenerzvorkommen sind häufig vulkanischen Ursprungs, wenn flüssiges Magma bis in die Erdkruste vorgedrungen ist, dort abkühlt und mineralisch auskristallisiert.

Auch an hydrothermalen Quellen in der Tiefsee (sogenannte Schwarze Raucher) hat man Eisenerzbildung beobachtet. Dieses Eisenerz trägt die Spuren des Lebens in sich. Manche Bakterien produzieren dort elementaren Sauerstoff als Stoffwechselprodukt. Sie können zweiwertiges Eisen (Fe2+) zu dreiwertigem Eisen (Fe3+) oxidieren. Produzieren die Bakterien viel Sauerstoff und ist genügend zweiwertiges Eisen im Meerwasser, bilden sich rote Eisenoxide. Bei niedrigen Temperaturen und geringem Nahrungsangebot für Bakterien entstehen Silikate oder verfestigtes Kieselsäuregel, die hellgrau erscheinen. Die größte Eisenerzlagerstätte befindet sich im Amazonasurwald Brasiliens. Mehr als 80 Prozent der heutigen weltweiten Eisenerzförderung kommen aus China, Brasilien, Australien und Indien. Deutschland ist unter den Top Ten der internationalen Roheisenproduzenten.

Die frühgeschichtlichen Menschen glaubten, das Eisen käme »vom Himmel«. Tatsächlich findet man häufig gediegenes Eisen in Meteoriten (erkennbar am Nickelgehalt), die nach langer Reise auf der Erde gelandet sind (»siderisches Eisen«). Im antiken Ägypten nannte man Meteoriteneisen »Eisen des Himmels«. Eine hethitische Keilschrift um 1500 v. Chr. bemerkt, dass »Eisen vom Himmel herbeigebracht« wurde. Die Sumerer bezeichneten Meteoriteneisen als »Kupfer des Himmels«. Und in der Stadt Ur fand man einen Dolch mit Meteoriteneisenklinge und Goldgriff aus der Zeit um 3100 v. Chr.

© Felipe Gomez/Europlanet 2020 RI

Die Rezeptur des Lebens: Die Danakil-Senke im Grenzgebiet von Eritrea und Äthiopien ist einer der unwirtlichsten Orte der Erde – trocken und heiß, unter Meeresniveau gelegen und mit oberflächennahen Magmaströmen. Hoch konzentrierter Schwefel (gelb), Eisensalze (rot), Kupfersalze (blau) und Wasser gelten als Basisstoffe für die Entwicklung des Lebens. Forscher der Europlanet 2020 Research Infrastructure hoffen, in diesem hydrothermalen System Antworten auf die Frage nach der Evolution des Lebens zu finden.

Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. ist wohl schon Eisen bearbeitet worden, wie ein Dolch aus Gold und Eisen belegt, den man in Anatolien gefunden hat. Im Nahen Osten, in Süd- und Mitteleuropa beginnt die Nutzung von Eisen etwa von 1200 bis 700 v. Chr., in Nordeuropa und in Ägypten später. Ab dem 13. Jahrhundert v. Chr. ist die Eisenverhüttung in Indien nachweisbar, in China seit dem Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. Die ältesten europäischen Gegenstände aus Eisen, Speere und Zelte, wurden in etruskischen Gräbern entdeckt und sind etwa 3000 Jahre alt. In Deutschland fand man ein eisernes Verbindungsstück einer Lanze aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. Eisen zählte zunächst zu den seltenen und teuren Rohstoffen. In der Antike rangierte Erzeisen als Wertstoff in Tributlisten hinter dem Silber, aber vor Kupfer.

Bis ins nachchristliche 18. Jahrhundert verhüttete man Eisenerz in einfachen, sogenannten Rennöfen, die aber kein flüssiges Roheisen lieferten. Solche Öfen erreichten nur Temperaturen von bis zu 1200 °C – der Schmelzpunkt von reinem Eisen liegt bei 1538 °C. In Schmieden wurde dann das Eisen weiter bearbeitet. In Schweden gelang im 13. Jahrhundert die Entwicklung von Gusseisen, das sich mit den eisernen Kanonenkugeln in ganz Europa weiter verbreitete. Gibt man Eisenerzen bei der Verhüttung eine geringe Menge Kohlenstoff zu, entsteht Stahl, der geschmiedet werden kann und dann eine größere Härte, Bruchfestigkeit und Elastizität aufweist als Gusseisen.

Der eiserne Ursprung des Lebens

Vermutlich begann sich vor etwa 3,5 Milliarden Jahren Leben auf der Erde zu entwickeln. Damals gab es noch keine Sauerstoffatmosphäre und es war mit Temperaturen um 100 °C recht warm. Das planetare Milieu mit Hitze und Überdruck begünstigte chemische Reaktionen, die Energie produzierten, die nutzbar gemacht werden konnte. Unter solchen Bedingungen kommt der Übertragung von Elektronen aus mineralischen Quellen (insbesondere reaktionsfreudigem Eisen(II)-oxid, Schwefelstoffen und Wasserstoff) auf Elektronenempfänger eine Schlüsselrolle für die Entwicklung von Leben zu. Der Elektronentransfer ermöglichte die Fixierung von Kohlenstoffoxiden wie Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2), die das Redoxgefälle verringerten und gleichzeitig organische Verbindungen hervorbrachten.

Wie entstand das Leben auf dem Planeten Erde? Eine Antwort darauf gibt die Eisen-Schwefel-Welt-Hypothese, die in den 1990er-Jahren formuliert wurde. Demnach fand die frühe Lebenschemie auf mineralischen Oberflächen (z.B. Eisenpyrit) im Umfeld hydrothermaler Quellen in der Tiefsee statt – die zuvor erwähnten »Schwarzen Raucher«. Mikroorganismen inkorporierten Eisenoxide (wie Magnetit) und nutzten sie für primitive Stoffwechselmechanismen mit dem Ziel der Energiegewinnung. Solche Bakterien mit magnetischen Eigenschaften aufgrund von verinnerlichtem Eisen (Magnetosomen) hat man nicht nur in Gewässern und Meeren gefunden, sondern auch im Erdboden. Ein Großteil des magnetischen Materials im Boden stammt demnach wohl von solchen Bakterien und ist nicht anorganischen Ursprungs.

Für die Evolutionsbiologie spielte es offenbar eine große Rolle, wie ein Mikroorganismus Eisen aufnehmen und auf Dauer »behalten« konnte, um von der energetischen Eisenchemie profitieren zu können. Sobald die passende Antwort gefunden war, konnten sich Frühformen des Stoffwechsels entwickeln. Solche primitiven Stoffwechselzyklen ermöglichten in der Folge die Produktion zunehmend komplexerer biochemischer Verbindungen. Der Chemiker R. J. P. Williams kommentierte im Fachblatt Nature (1990) den Stellenwert dieser evolutionären Errungenschaft so: »Die auf Eisen-Schwefel-Verbindungen basierende Energiegewinnung – heute und vielleicht sogar bevor das Leben existierte – ist für die Geschichte des Lebens genauso bedeutungsvoll wie die DNA.« [Williams 1990]

Anfangs war Eisen(II)-oxid für die ersten Lebensformen in Überfülle vorhanden und sehr leicht verfügbar. Doch die Vertreibung aus dem »Eisenparadies« begann etwa vor drei Milliarden Jahren, als es durch Anreicherung der Atmosphäre mit Sauerstoff zum massiven oxidativen Eisenschwund kam – das Werk von Cyanobakterien, die die Photosynthese beherrschten. In den nachfolgenden 1,5 Milliarden Jahren stieg der atmosphärische Sauerstoffgehalt auf 21 Prozent an und veränderte das Leben auf Erden dramatisch – reaktionsfreudiges Eisen(II)-oxid wurde knapper, weil es durch den nun omnipräsenten Sauerstoff in reaktionsträges Eisen(III)-oxid verwandelt wurde.

© Caulobacter subvibrioides, wikimedia: M.gryphiswaldense

Ein Lebewesen mit magnetischer Persönlichkeit: Das Bakterium Magnetospirillum gryphiswaldense hat sich perlschnurartig angeordnete Ketten von Magnetitkristallen (Eisen[II,III]-oxid, sogenannte Magnetosome) intrazellulär einverleibt (rot markiert), die für den eigenen Stoffwechsel genutzt werden. Es ist auch ein Musterorganismus zur Erforschung der Organellbildung, Biomineralisation und Zellteilung (elektronenoptische Aufnahme: M. gryphiswaldense) bevorzugt stehende oder langsam fließende Süßgewässer mit geringer Sauerstoffkonzentration. Die intrazellulären Nanopartikel erlauben die Ausrichtung am Erdmagnetfeld.

Obwohl Sauerstoff für nicht angepasste Organismen giftig sein kann, vervielfacht er andererseits bei angepassten Organismen die Effizienz von Stoffwechselprozessen: Stoffwechsel ohne Sauerstoff (Fermentierung) produziert 2 ATP-Energiemoleküle (pro Zuckermolekül), Stoffwechsel mit Sauerstoff 36 ATP-Moleküle – ein enormer Energiegewinn mit Überlebensvorteil! Auf der anderen Seite kam es durch zunehmende Sauerstoffanreicherung der Ozeane zur vermehrten Oxidation von wasserlöslichem Eisen(II)-oxid zu dem unlöslichen Eisen(III)-oxid. Reaktionsfreudiges und stoffwechselaktives Eisen war nun Mangelware. Somit gieren bis heute alle sauerstoffabhängigen Organismen nach dem kostbaren Element Eisen. Sie kämpfen darum, es zu bekommen, es aufzunehmen und zu speichern.

Der Homo sapiens betrat erst vor ungefähr 200 000 Jahren die Weltbühne. Und relativ spät (vor ca. 3000 Jahren) erlebte die Menschheit ihre eigene Eisenzeit. Frühgeschichtliche Zivilisationen im Assyrischen Reich und der Mittelmeerregion benutzten schon Eisen zu Heilzwecken. Der spanische Arzt und Botaniker Nicolás Monardes (1493–1588) verordnete seinen Patienten Eisen als Heilmittel, unter anderem bei Gicht, Akne und Haarausfall (Alopezie). Er vermutete zu Recht, wie wir heute wissen, dass Eisen zu »großartigen Wirkungen und fabelhaften Leistungen« befähigt ist. Die aktuelle Forschung bestätigt diesen Befund. [Sheftel 2012]

Der elementare Biostoff

Wenn das Element Eisen offensichtlich eine ähnlich große Bedeutung für die Entwicklung von Leben auf der Erde hatte wie die Erbsubstanz DNA, stehen jede Menge Fragen im Raum.

Welche Mechanismen mussten im Verlauf von Milliarden Jahren gefunden werden, um die energetischen Vorteile von Eisen in belebten Organismen dauerhaft nutzen zu können? Wie haben sich auf Sauerstoff angewiesene Lebewesen Eisen einverleibt? Wie haben sie gelernt, den wertvollen Mineralstoff zu speichern? Auf welchen Wegen gelangt Eisen in den menschlichen Körper? Welche Signalwege sind nötig, um Eisen in Zellen hinein- und wieder herauszubekommen? Wie sieht der Eisenstoffwechsel im Körper aus? An welchen Funktionen ist Eisen beteiligt? Was passiert, wenn sich zu viel oder zu wenig Eisen im Körper befindet? Wie werden schädliche Eisenwirkungen im Organismus verhindert?

Mit einem Wort, Fragen über Fragen – und manche Fragestellungen sind bis heute unbeantwortet geblieben. Schon an dieser Stelle ist klar: Das Thema Eisen ist hoch kompliziert – ein veritables riesiges biologisches Puzzle. Und Eisen ist ein paradoxes Element: es ist für jede Lebensform zugleich lebenswichtig und potenziell toxisch.

Das Säugetier Mensch hat im Lauf der Evolution ganz besonders raffinierte Mechanismen entwickelt, um sich die Vorteile von Eisen zunutze zu machen – und um seine (noch) dominierende Position in der belebten Welt aufrecht zu erhalten. An erster Stelle steht die Nutzung von reaktionsfreudigem Eisen zur hochwirksamen Energiegewinnung aus Sauerstoff. Der Mensch ist optimal an die atmosphärische Sauerstoffumgebung angepasst. Sauerstoff in der Atemluft und reaktionsfreudiges Eisen in roten Blutkörperchen spielen die Hauptrollen. Die roten Blutkörperchen fungieren als Träger, Transporteure und Verteiler von Sauerstoff, der an das Eisen im Blutfarbstoff gebunden und zur Energiegewinnung an Körpergewebe abgegeben wird.

Drei Eisenpools

Wo befindet sich Eisen im menschlichen Körper? Das Spurenelement Eisen ist in drei wichtigen Pools vorhanden.

Bluteisen: Rote Blutkörperchen enthalten den größten Anteil Körpereisen. Man kann den Eisengehalt indirekt durch Messung des Hämoglobinwerts im Blut bestimmen.

Transporteisen: Transferrin enthält wenig Eisen. Der Eisengehalt kann durch Bestimmung der Transferrinsättigung beurteilt werden.

Speichereisen: Im Retikuloendothelialen System (RES) und in Leberzellen ist Körpereisen in Form von Ferritin gespeichert. Durch Messung von Ferritin im Blut kann der Eisengehalt abgeschätzt werden.

Und in der nachhaltig organisierten Blutphysiologie geht wertvolles Eisen nicht verloren, wenn die Transportvehikel verschlissen sind. Bluteisen wird durch Recycling wiederverwendbar gemacht. Darüber hinaus hat die biologische Entwicklungsgeschichte noch weitere äußerst nützliche Verwendungsmöglichkeiten für reaktionsfreudiges Eisen gefunden. Zahlreiche Enzyme, die als Stoffwechselbeschleuniger aktiv sind, funktionieren nur mit Eisen.

Damit anorganisches Eisen in Zellen und Gewebe lebender Organismen »eingebaut« werden kann, ist die Ankopplung der Eisenionen an Eiweißkörper (Proteine) oder Komplexbindung nötig. Darüber hinaus mussten komplizierte Transport-, Speichermechanismen und Signalsysteme entwickelt werden, um das Metall im biologischen Stoffwechsel zielgerichtet nutzbar zu machen. Alles in allem ist Eisen ein lebenswichtiges Spurenelement für den menschlichen Organismus. Es kann als Element des Lebens per se betrachtet werden.

Eisenverteilung

Wie viel Eisen befindet sich im menschlichen Körper? Wo und in welcher Form ist das Eisen im Körper vorhanden?

Eisen ist einer der wichtigsten anorganischen Stoffe, die Leben ermöglichen. Eisen spielt Hauptrollen beim Sauerstofftransport (Bluteisen), für die Speicherung von Sauerstoff (Muskeleisen) und für die Energiegewinnung (Enzyme). Eisen kommt im Körper in unterschiedlichen Formen und in unterschiedlichen Zellen/Geweben vor und ist an unterschiedlichen Funktionen beteiligt – intra- und extrazellulär.

Im Körper gesunder Erwachsener zirkulieren täglich 20 bis 25 Milligramm Eisen. 1 bis 2 Milligramm Eisen werden pro Tag aus Nahrungsmitteln absorbiert und gleichen den Eisenverlust durch abschilfernde Darmschleimhautzellen aus. Bei normaler Ernährung werden zwar täglich 10 bis 15 Milligramm elementares Eisen aufgenommen, wovon aber nur 1 bis 2 Milligramm (7 bis 20 Prozent) in das Blut gelangen. Frauen mit Regelblutung absorbieren bis zu 3 Milligramm pro Tag. Die Menge an Transporteisen beträgt 3 Milligramm.

Die zirkulierende Eisenmenge dreht demnach innerhalb von 24 Stunden sieben bis acht Runden. Bemerkenswert ist, dass nur 1 bis 2 Milligramm, das sind 4 bis 10 Prozent, des zirkulierenden Eisens (ca. 25 Milligramm) aus der Nahrung kommen. Das meiste zirkulierende Eisen kommt aus der Milz, wo rote Blutkörperchen von Fresszellen (Makrophagen) zerlegt werden und anschließend Eisen recycelt und zum Knochenmark transportiert wird.

Die Eisenverteilung im Körper sieht wie folgt aus: 300 Milligramm im Knochenmark, 1800 Milligramm in zirkulierenden roten Blutkörperchen, 600 Milligramm in Milzmakrophagen, 300 Milligramm in der Muskulatur und 1000 Milligramm in der Leber. Der Gesamteisengehalt des Erwachsenen ist variabel und kann je nach Bedarf insgesamt 2,5 bis 5,0 Gramm betragen. [Winter 2014]

© Archiv Eberhard J. Wormer

Gesamteisengehalt und Eisenverteilung im Körper

Die nachfolgenden beispielhaften Eisengehalt-Angaben beziehen sich auf Männer mit etwa 70 Kilogramm Körpergewicht. [Löffler 2002]

Art des Eisens

Eisenhaltige Komponenten

Menge

Funktionseisen (Blut-, Muskel-, Transporteisen, Enzyme)

Hämoglobin

Myoglobin

Häm-Enzyme

Nicht-Häm-Enzyme

Transferrin

2800 Milligramm

200 Milligramm

10 Milligramm

420 Milligramm

10 Milligramm

Summe

 

3,44 Gramm

Speichereisen

Ferritin, Hämosiderin

800 Milligramm

Gesamteisengehalt

 

4,24 Gramm

Hier noch einige Angaben zur Eisenverteilung im Körper:

Etwa 67 Prozent des Gesamteisens werden für den Sauerstofftransport (z.B. Hämoglobin in roten Blutkörperchen) verwendet.

Etwa 3,5 Prozent des Gesamteisens werden für die Sauerstoffspeicherung in der Muskulatur (Myoglobin) verwendet.

Etwa 3 Prozent des Gesamteisens dienen der Energiegewinnung (z.B. Enzyme).

Etwa 2 Prozent des Gesamteisens sind in Nicht-Häm-Enzymen enthalten.

Etwa 75 Prozent des Gesamteisens werden für eisenabhängige Funktionen (z.B. Sauerstofftransport) benötigt.

Etwa 25 Prozent des Gesamteisens liegen in Zellen gespeichert vor.

Eisenverteilung in Organsystemen

Blut: rote Blutkörperchen

1800 Milligramm

Leber

1000 Milligramm

Milz

600 Milligramm

Knochenmark

300 Milligramm

Muskulatur

300 Milligramm

Summe (Schätzwerte)

4,0 Gramm

Bluteisen: Hämoglobin

Hämoglobin (Hb) ist der Hauptbestandteil (90 Prozent der Masse) von roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Die Gesamtanzahl der Erythrozyten im Blut beträgt bis zu 20 Billionen. Darin sind beim erwachsenen Menschen bis zu 1000 Gramm Hämoglobin mit etwa 18 Gramm Eisen enthalten. Hämoglobin ist einer der am besten erforschten Eiweißkörper. Es wurde 1840 entdeckt, seine Sauerstoffbindungsfunktion 1866 beschrieben, 1928 vollständig synthetisiert und 1959 in seiner Struktur aufgeklärt.

© Archiv Eberhard J. Wormer

Hämoglobin β – Untereinheit: Strukturformel und Kugelmodell mit Häm (Eisen(II)-Komplex) und Sauerstoff (re.)

Hämoglobin im Labor

Hämoglobin-Referenzwerte

Frauen

115–160 g/l

7,1–9,9 mmol/l

Männer

135–178 g/l

8,3–11,0 mmol/l

Kinder (bis 12 Jahre)

100–150 g/l

6,2–9,3 mmol/l

Säuglinge

150–250 g/l

9,3–15,5 mmol/l

Erhöhte Hämoglobinwerte

Erhöhte Hämoglobinwerte gelten wie die erhöhte Erythrozytenzahl als Hinweis auf eine Polyglobulie oder Polyzythämie (Erhöhung der Anzahl aller Blutzellen), die häufig auf ein verringertes Sauerstoffangebot im Körper zurückgeht. Aufenthalt in großen Höhenlagen und Rauchen kann zu erhöhten Hämoglobinwerten führen.

Verminderte Hämoglobinwerte

Verminderte Hämoglobinwerte gelten wie die verminderte Erythrozytenzahl als Hinweis auf eine Anämie (z.B. bei Eisenmangel, Blutverlust).

Grenzwerte Anämie (WHO)

Frauen

<120 g/l

7,4 mmol/l

Frauen (Schwangerschaft)

<110 g/l

6,8 mmol/l

Männer

<130 g/l

8,0 mmol/l

[Thomas 2012]

Ein Hämoglobinmolekül kann vier Sauerstoffmoleküle binden, da es aus vier eisenhaltigen Untereinheiten besteht. Wird ein Sauerstoffmolekül gebunden, wird das zentrale Eisen(II)-Häm zum Eisen(III)-Häm oxidiert. Die Fähigkeit von Hämoglobin, Sauerstoff aufzunehmen, ist von vielen Faktoren abhängig. Sie verringert sich etwa dann, wenn der pH-Wert ansteigt (basisch wird), wenn die Konzentration von Kohlenstoffdioxid oder die Temperatur sinkt – das ist nützlich für Tiere, die Winterschlaf halten. Ein starker Konkurrent für Sauerstoff ist das giftige Kohlenmonoxid (z.B. in Rauch- oder Autoabgasen), das 25 000fach stärker an Hämoglobin binden kann.

Es gibt zahlreiche Varianten oder Typen von Hämoglobin. Von besonderer Bedeutung sind Glykohämoglobine und Methämoglobin.

▸ Glycohämoglobine (wie HbA1c) entstehen durch den Kontakt von Hämoglobin mit Blutzucker – HbA1c ist ein wichtiger Laborwert bei Diabetikern zur Beurteilung der durchschnittlichen Höhe des Blutzuckers der vergangenen Wochen.

▸ Methämoglobin kann schlecht Sauerstoff aufnehmen, da es reaktionsträges Eisen(III) enthält. Beim Menschen liegen etwa zwei Prozent des Hämoglobins als Methämoglobin vor – ein höherer Wert weist auf mangelhafte Sauerstoffversorgung hin.

Nach etwa 120 Tagen haben rote Blutkörperchen ihre maximale Lebensdauer erreicht und werden in der Milz in ihre Bestandteile zerlegt. Beim Abbau werden Eisen(II)-Ionen freigesetzt und andere Komponenten wandern beispielsweise in die Galle, von wo sie mit dem Stuhl ausgeschieden werden.

Bei Eisenmangel kann der Hämoglobingehalt in den Erythrozyten um 40 bis 60 Prozent verringert sein.

Muskeleisen: Myoglobin

Myoglobin ist ein eisenhaltiger Eiweißkörper, der in Herz- und Skelettmuskelzellen von Säugetieren vorkommt. Im Gesamtgewicht von etwa 30 Kilogramm Muskulatur sind 60 bis 180 Gramm Myoglobin und 200 bis 600 Milligramm Eisen enthalten. Die Strukturen von Myoglobin und Hämoglobin wurden fast zeitgleich aufgeklärt.

Der Laborwert Myoglobin wird bei Verdacht auf Herzinfarkt zur Frühdiagnose oder zum Ausschluss eines Infarkts (heute meist durch das Herzmuskeleiweiß Troponin ersetzt) sowie zur Erfolgskontrolle der blutgerinnungshemmenden Therapie (Thrombolyse) benutzt.

Bei Eisenmangel kann der Myoglobingehalt in Skelettmuskelzellen um 40 bis 60 Prozent verringert sein.

Myoglobin im Labor

Myoglobin im Serum kann entweder aus der Herz- oder Skelettmuskulatur stammen und wird vor allem nach schweren Muskelgewebeverletzungen freigesetzt.

Myoglobin-Referenzwerte

Blut

< 70–110 µg/l

Urin

< 0,3 mg/l

Erhöhte Myoglobinwerte

Myoglobin ist im Blut bereits zwei bis vier Stunden nach dem Einsetzen der Schmerzen nach einem Herzinfarkt erhöht.

[Thomas 2012]

Transporteisen: Transferrin

Transporteisen wird für die Blutbildung und die Produktion von eisenhaltigen Enzymen gebraucht. Insbesondere das Knochenmark benötigt reichlich Eisen. Deshalb wird 70 Prozent der Eisenfracht durch Transferrin dort abgeliefert. Das Transporteisen stammt überwiegend aus dem Abbau verbrauchter Hämoglobine.

Transferrin im Labor

Die Bestimmung der Transferrinwerte und der Transferrinsättigung ist bei Verdacht auf Eisenmangel oder Eisenüberladung empfehlenswert.

Der Begriff »Transferrinsättigung« (TfS) kennzeichnet die Beladung des Transportproteins mit Eisen. Man berechnet die Transferrinsättigung aus der Eisenkonzentration im Serum geteilt durch die Transferrinkonzentration. Bei gesunden Erwachsenen ist Transferrin nur zu einem Drittel (ca. 30 Prozent) mit Eisen gesättigt.

Transferrin (Tf)-Referenzwerte

Frauen

2,0 – 3,1 g/l

Männer

2,1 – 3,4 g/l

Transferrinsättigung (TfS):

16 – 45%

Erhöhte Transferrinwerte

z.B. bei Eisenmangel

Verminderte Transferrinwerte

z.B. bei Eisenüberladung oder Anämie (durch Entzündungen, Tumoren)

Erhöhte Transferrinsättigung

z.B. bei Anämie, Bluttransfusionen, Eisenüberladung, Hämochromatose und Lebererkrankungen

Verminderte Transferrinsättigung

z.B. bei Eisenmangel oder chronischen Erkrankungen mit Anämie

[Thomas 2012]

Die Transferrinsättigung ist reduziert, wenn bei gleichbleibendem Bedarf zu wenig Eisen aus der Nahrung zugeführt wird, eine Schwangerschaft oder eine chronische Erkrankung mit Anämie vorliegen. Die Transferrinsättigung steigt dann an, wenn zu viel Eisen über den Darm aufgenommen wird, etwa bei Hämochromatose.

Liegt anhaltender Eisenmangel vor, reagiert der Körper mit erhöhter Bildung von Transporteisen, um auch noch das letzte Eisenmolekül im Blut aufzuspüren. Je höher der im Blut gemessene Transferrinwert ist, desto länger besteht meist der Eisenmangel.

Speichereisen: Ferritin

Ferritin ist ein eisenbindender Eiweißkörper in Körperzellen, dessen einzige Aufgabe darin besteht, atomares Eisen zu isolieren und zu speichern. Es besteht aus einer Proteinhülle mit 24 symmetrisch angeordneten Proteineinheiten. Diese Hülle kann im Inneren bis zu 4500 Eisenatome aufnehmen und speichern.

Ferritin ist zur Aufrechterhaltung der Eisenhomöostase, das heißt des dynamisch regulierten Gleichgewichtszustandes des Eisenstoffwechsels, von größter Bedeutung. Ferritin bindet im Zellinneren Eisen. Dadurch kann das Eisen nicht giftig wirken und rasch wieder verfügbar gemacht werden. Ferritin ist in fast allen Körperzellen vorhanden, in größerer Menge in eisenspeichernden Zellen.

© Archiv Eberhard J. Wormer

Struktur des Ferritinmoleküls mit einer Apoferritin-Hülle aus zwei verschiedenen Untereinheiten (H- und L-Untereinheit) und kristallinem Eisen im Zentrum des Moleküls. Die Hülle kann bis zu 4500 Eisenatome speichern (nach [Thomas 2012]).

Diese Speicherzellen sind vor allem Makrophagen des Retikulo-endothelialen Systems (RES; z.B. Knochenmark, Milz) und Leberzellen. Ferritin, das sich außerhalb von Zellen im Blut befindet, wird im Labor als Serumferritin gemessen. Die Serumferritinwerte sind ein guter Indikator zur Bewertung des Eisenstatus und lassen Rückschlüsse auf die Speichereisenreserve des Körpers zu. Die Bestimmung des Ferritinwerts ist der primäre Test, um einen Eisenmangel zu diagnostizieren. Ist der Ferritinwert niedrig, weist dies darauf hin, dass die Eisenspeicher entleert sind, was einem Verlust von 25 bis 30 Prozent des Gesamtkörpereisens entspricht. Ist der Ferritinwert zu hoch, sind die Eisenspeicher komplett gefüllt, was zur Eisenüberladung (z.B. bei Hämochromatose) und toxischen Eisenwirkungen auf Organe beitragen kann. Anders als Serumeisen ist der individuelle Ferritinwert im Blut sehr stabil. Er wird weder tageszeitlich noch durch andere biologische Faktoren wesentlich beeinflusst. Der Ferritinwert bildet im Wesentlichen den Status der RES-Eisenspeicher ab.

Ferritin im Labor

Die Bestimmung des Ferritinwerts im Serum gilt als Standardtest zur Diagnostik des Eisenmangels. Die Ferritinwerte werden mit der Einheit µg/l (oder ng/ml) angegeben.

Ferritin-Referenzwerte

Nabelschnurblut

 

 

> 70 µg/l

Säuglinge

0,5 Monate

 

90 – 628 µg/l

 

1 Monat

 

144 – 399 µg/l

 

2 Monate

 

87 – 430 µg/l

 

4 Monate

 

37 – 223 µg/l

 

6 Monate

 

19 –142 µg/l

 

12 Monate

 

1– 99 µg/l

Kinder

bis 15 Jahre

 

9 – 59 µg/l

Erwachsene

20 – 60 Jahre

10(–20 ) –140 µg/l (Frauen)

18 – 360 µg/l (Männer)

 

20 – 95 Jahre

≥ 13 µg/l (Frauen)

≥ 21 µg/l (Männer)

Erhöhte Ferritinwerte

Erhöhte Ferritinwerte (> 1000 µg/l) weisen auf eine Vermehrung des gesamten Körpereisens hin (betrifft nur die Eisenspeicher) und kennzeichnen eine Eisenüberladung (z.B. Bluttransfusionen, Hämochromatose).

Verminderte Ferritinwerte

Verminderte Ferritinwerte weisen auf die Entleerung der Eisenspeicher hin (z.B. Eisenmangel mit oder ohne Anämie, Blutspender, Leistungssportler, Vegetarier). [Thomas 2012]

Hämosiderin: Speichereisen zweiter Klasse

Anders als Ferritin ist Hämosiderin keine physiologische Speicherform von Eisen. Es besteht aus Bruchstücken von Ferritin und ist chemisch ein wasserunlöslicher Eisen-Eiweiß-Komplex. Hämosiderin kommt nur intrazellulär vor, meist in Makrophagen. Es entsteht vermehrt in Regionen, die von größeren Blutungen betroffen sind. Erkrankungen mit vermehrter Eisenansammlung in Geweben nennt man Hämosiderosen. Herrscht Eisenüberladung, wird zehnfach mehr Eisen in Hämosiderin gespeichert als in Ferritin.

Freies Eisen: Serumeisen

Nur ein Tausendstel des im Körper befindlichen Eisens kommt im Blut als freies Eisen vor – freies Eisen ist für Zellen prinzipiell giftig. Für die Beurteilung des Eisenstatus und die Diagnose Eisenmangel ist der Serumeisenwert nicht geeignet. Der Wert schwankt zu stark, innerhalb eines Tages und auch von Individuum zu Individuum ist er sehr unterschiedlich. Wenn überhaupt, ist der Serumeisenwert ein Spätindikator von Eisenmangel. Generell zeigt der Serumeisenwert Eisenmangel nicht verlässlich an.

Erhöhte Serumeisenwerte werden gelegentlich bei gesunden Menschen beobachtet, kommen aber häufiger erkrankungsbedingt vor. Etwa bei Knochenmarkerkrankungen, bei Leberschädigung (Alkohol, Hepatitis C), nach Bluttransfusionen oder überdosierter Eisentherapie.

Freies Eisen im Labor

Der Serumeisenwert ist zur Beurteilung des Eisenstatus und zur Diagnostik des Eisenmangels ungeeignet, da die Werte von Tag zu Tag sowie intra-/interindividuell stark schwanken.

Serumeisen-Referenzwerte

Frauen (40 Jahre, nicht schwanger)

23–134 µg/dl

4,1–24,0 µmol/l

Männer (40 Jahre)

35–168 µg/dl

6,3–30,1 µmol/l

Erhöhtes Serumeisen

Erhöhte Eisenwerte sind vor allem ein Kennzeichen der Hämoglobin-Überladung, etwa bei Hämochromatose, durch Bluttransfusionen oder bei Eisenvergiftung.

[Thomas 2012]