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Sie leiden unter Erschöpfung und Müdigkeit, anhaltend gedrückter Stimmung und einer unerklärlichen Gewichtszunahme? Dass die Schilddrüse dahintersteckt, würde man nicht gleich vermuten. Genau das ist das Problem: Wie die Schilddrüse funktioniert und womit man bei Störungen rechnen muss, ist viel zu wenig bekannt - weder in der breiten Öffentlichkeit noch bei vielen Ärzten. Viel zu oft wird die autoimmune Schilddrüsenerkrankung nicht rechtzeitig erkannt oder nicht richtig behandelt. Hashimoto-Patienten müssen es ertragen, dass ihre Beschwerden verharmlost werden oder keine passende Therapie mit Schilddrüsenhormonen durchgeführt wird. Die nach ihrem Entdecker, dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto (1881 - 1934), benannte Hashimoto-Thyreoiditis wirft nach wie vor viele Fragen auf: Wie entsteht die Erkrankung? Gibt es Risikofaktoren? Welche Medikamente sind wirksam? Wie kann man am besten mit der Erkrankung leben? Der kompakte Taschen-Ratgeber stellt den aktuellen Kenntnisstand über Ursachen und Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis vor und gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen, wie man diese Schilddrüsenerkrankung erkennen, behandeln und bewältigen kann. Darüber hinaus finden Sie eine Zusammenstellung von Therapie- und Selbsthilfekonzepten sowie die hilfreichsten Kontaktadressen im Serviceteil.
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Seitenzahl: 82
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Dr. med. Eberhard J. WormerHashimotoKompakt-Ratgeber E-Book (epub): ISBN 978-3-86374-177-8 (Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-175-4, 1. Auflage 2014)
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eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de
Vorwort
Der mit einem Eigennamen verknüpfte Begriff Hashimoto-Thyreoiditis suggeriert, dass es um eine seltene exotische Krankheit geht. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist die häufigste bekannte Autoimmunerkrankung – eine fortschreitende Entzündung von Schilddrüsengewebe mit nachfolgendem Funktionsverlust.
Gesunde werden nichts davon bemerken, dass die Schilddrüse die Aktivität fast aller Organe beeinflusst. Anders sieht die Sache aus, wenn Störungen auftreten. Dann gerät das komplizierte Regelwerk durcheinander, und das Gleichgewicht der Hormone ist dahin. Das hat zur Folge, dass eine Vielzahl mitunter hartnäckiger und rätselhafter Beschwerden auftritt. Kein Zweifel, es besteht großer Informationsbedarf über die Schilddrüse im Allgemeinen und die autoimmune Hashimoto-Thyreoiditis im Besonderen.
Der vorliegende Kompakt-Ratgeber präsentiert in gebotener Kürze Basiswissen zur Schilddrüsenfunktion, endokrinologische Diagnostik, Kennzeichen der Erkrankung, Risikofaktoren, aktuelle Therapiekonzepte und Bewältigungsstrategien.
Dr. med. Eberhard J. Wormer
Inhalt
Vorwort
Einführung
FOKUS Schilddrüse
Drüse mit Kontrollfunktion
Anatomie und Histologie
Schilddrüsenfunktion
Schilddrüsenhormone
Die Schilddrüse im Regelkreis
TSH
Schilddrüsenhormon-Muster
TRH
Normale Schilddrüsenfunktion
Schilddrüsenunterfunktion – Hypothyreose
Schilddrüsenüberfunktion – Hyperthyreose
Struma
Möglichkeiten der Schilddrüsenuntersuchung
Anamnese
Körperliche Untersuchung
Laborwerte
Ultraschalluntersuchung
Szintigrafie
Histologie
FOKUS Hashimoto-Thyreoiditis
Wenn das Immunsystem kränkelt
100 Jahre Hashimoto
Steckbrief der Krankheit
Krankheitsverläufe
Krankheitshäufigkeit
Ursachen
Immunmechanismen
Genmechanismen
Symptome
Symptome der Unterfunktion
Symptome der Überfunktion
Symptome von Autoimmunerkrankungen
Risikofaktoren
Genetische Faktoren
Infektionen
Jodbelastung
Arzneistoffe
Vitamin-D-Mangel
Selenmangel
Glutenintoleranz
Psychische Belastung
Hormonelle Veränderungen
Diagnose
Hashimoto-Thyreoiditis bei Frauen, Männern und Kindern
Das gebärfähige Alter
Schwangerschaft
Die Wechseljahre
Die Krankheit bei Kindern
Die Krankheit bei Männern
Therapeutische Möglichkeiten
Hormonersatz
Behandlung mit L-Thyroxin
Behandlung mit T3/T4-Kombination
Antioxidantien
Vitamin D
FOKUS Selbsthilfe
Der Weg der Eigeninitiative
Stressfaktor Arzt
Stressfaktor persönliches Umfeld
Stressfaktor Partner
Stressabbau durch Entspannung
Gesunde Ernährung
Risikofaktoren vermeiden
Infoservice
Hilfe im Netz
Deutschland
Österreich
Schweiz
GlossarRegister
Einführung
Der japanische Arzt Hakaru Hashimoto berichtete erstmals 1912 über das feingewebliche Erscheinungsbild dieser Erkrankung: ein Entzündungszustand der Schilddrüse (Thyreoiditis). Fehlfunktionen und Beschwerden werden aber nicht von der Schilddrüse selbst verursacht, sondern sind das Ergebnis einer Immunstörung: Das Immunsystem attackiert fälschlich die eigene Schilddrüse, was den Entzündungsprozess auslöst und schleichend oder schubweise zum Verlust von funktionsfähigem Schilddrüsengewebe führt. Die Hashimoto-Thyreoiditis gilt demnach als Autoimmunerkrankung wie Typ-1-Diabetes, rheumatische Erkrankungen, die Weißfleckenkrankheit Vitiligo oder Morbus Addison (Nebennieren-Erkrankung). Fest steht: Bei all diesen Erkrankungen greift das Immunsystem aus bislang unbekannten Gründen körpereigenes Gewebe an.
Das größte Problem ist die Tatsache, dass die Erkrankung sowohl in der breiten Öffentlichkeit als auch bei der Ärzteschaft zu wenig bekannt ist – ein klassisches Informations- und Kommunikationsproblem. Und das vor dem Hintergrund, dass bis zu 10 Prozent der Bevölkerung betroffen sind.
Das zweite Problem betrifft die Medizin, die sich mit Hashimoto äußerst schwertut. Das hat viele Gründe. Das innersekretorische System (Endokrinium) ist kompliziert und beansprucht überdurchschnittliches Vorstellungs-vermögen. Darüber hinaus sind Erkrankungen unbekannter Ursache aus naheliegenden Gründen für die Medizin problematisch: Die Behandlung ist schwierig, oftmals frustrierend oder gar erfolglos. Zudem werden neue Erkenntnisse häufig zu langsam in die praktische Medizin umgesetzt. Im Fall der Hashimoto-Thyreoiditis betrifft dies vor allem die Bewertung von Laborbefunden, etwa den TSH-Wert: Sind die Schilddrüsenwerte normal, ist für den Arzt die Diskussion beendet – obwohl manche Patienten unübersehbar an Beschwerden leiden. Betroffene landen dann rasch in der Schublade »eingebildete Kranke«, »Hypochonder« oder »Psycho« – einmal mehr sind es überwiegend Frauen, die so abgefertigt werden. Gibt es gute Nachrichten? Ja. Es gibt in Deutschland eine sehr aktive Gemeinde von Betroffenen, die sich bevorzugt via Internet um eine Verbesserung der Information über diese Erkrankung bemüht (www.hashimotothy-reoiditis.de). Hier findet man in Diskussionsforen und Selbsthilfegruppen wertvolle Hinweise auf Problemlösungen.
Erfreulich ist auch, dass die Mehrheit der Patienten relativ gut mit der Erkrankung zurechtkommt und ein fast normales Leben führen kann. Etwa ein Fünftel der Betroffenen leidet allerdings unter teilweise anhaltenden und mitunter schweren Symptomen. Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf.
Was die Hashimoto-Therapie betrifft, gibt es gleichfalls gute Nachrichten – vorausgesetzt, man nimmt das Management der Erkrankung in die eigene Hand. Je besser informiert, desto größer das Erfolgserlebnis! Auch der kritische Blick auf ärztliche Befunde ist empfehlenswert. Das betrifft vor allem die Diskrepanz von normalen Schilddrüsenwerten und vorliegenden Beschwerden sowie die Anwendung von Schilddrüsenhormonen. Nur die individuelle und auf den Stoffwechsel abgestimmte Hormontherapie ergibt einen Sinn.
Das Beste zum Schluss: Es mehren sich Hinweise darauf, dass ein gesunder Lebensstil, der insbesondere auf ein starkes Immunsystem abzielt, wirksam dazu beiträgt, dass man die Schilddrüsenfunktion langfristig günstig beeinflussen und ein weitgehend beschwerdefreies Leben mit Hashimoto erreichen kann. Ernährung, Bewegung, Entspannung, Antioxidantien und die Beachtung von Risikofaktoren spielen eine Rolle. Deshalb ist die frühzeitige Diagnose von großer Bedeutung. In jedem Fall können Sie selbst die Bedingungen für ein normales Leben mit Hashimoto-Thyreoiditis schaffen.
FOKUS Schilddrüse
In diesem Kapitel erfahren Sie alles Wichtige über die Schilddrüse, ihre Funktion für den Organismus und ihre möglichen Störungen.
Drüse mit Kontrollfunktion
Man könnte die Schilddrüse (glandula thyreoidea) salopp als »Agentur« oder »Börse« zur Bereitstellung von Energie durch Stoffwechselaktivierung betrachten. Sie ist in ein Regelwerk bzw. Kontrollsystem übergeordneter »Agenturen« (Hypophyse und Hypothalamus) eingebunden und gehört zu den innersekretorischen (endokrinen) Drüsen. Solche Drüsen produzieren Hormone. Das sind Botenstoffe, die über das Blut zu den Organen gelangen, dort an passende Zellstrukturen (Rezeptoren) andocken und so bestimmte Wirkungen auslösen.
Man muss die Schilddrüse als Teil des gesamten endokrinen Systems sehen. Alle Hormon produzierenden Organe bilden ein komplexes Netzwerk mit geschlossenen Funktionskreisen (Hormonproduktion), das zudem vom vegetativen Nervensystem beeinflusst wird. Die Hormonspiegel im Blut werden von Messfühlern kontrolliert (Istwert), bewertet und dem tatsächlichen Bedarf (Sollwert) angepasst. Zudem gibt es positive und negative Rückkopplung im System. All diese komplizierten Vorgänge dienen nur einem Zweck: der Aufrechterhaltung des inneren Gleichgewichts der Organfunktionen (Homöostase).
In Bezug auf Störungen der Schilddrüse ist es nützlich, den Gesamtzusammenhang mit den Hormon produzierenden Drüsen im Blick zu behalten. Dann versteht man »unerklärliche« Symptome der Schilddrüsenunter-/überfunktion besser. Kommt es zur Störung der Schilddrüsenfunktion, hat dies auch Auswirkungen auf die Regelkreise anderer endokriner Drüsen. Das kann den Zuckerstoffwechsel betreffen (Diabetes, Übergewicht), die Sexualfunktion (Fruchtbarkeit), die Stressresistenz (Kortison), die Darmfunktion (Nährstoffverwertung) oder das Herz-Kreislauf-System (Blutdruck). Der Bogen spannt sich von höheren Hirnfunktionen (der Hypothalamus kommuniziert mit dem limbischen System) bis zur Muskelzelle – das erklärt Symptome von der Depression bis zum Rückenschmerz.
Hormon produzierende Organe
Organ
Hormone
Wirkungen
Hypothalamus
ADH, Oxytocin, RH, IH
Wasserretention, Wehenförderung, Releasing-Hormone (Liberine)
Hypophyse (Adenohypophyse)
ACTH, FSH, LH, TSH, GH, Prolaktin
Wachstum, Follikelreifung/Spermienproduktion, Geschlechtsdrüsen-, Schilddrüsenhormon-Aktivierung, Milchbildung
Schilddrüse
T3 (Trijodthyronin), T4 (Thyroxin/Tetrajodthyronin), Calcitonin
Wachstum, Entwicklung, Stoffwechselaktivierung, Wärmebildung, Sauerstoffverbrauch, Herzaktivierung; Calcitonin: Calciumstoffwechsel, Knochenaufbau
Nebenschilddrüse
Parathormon
Calciumstoffwechsel, Knochenabbau
Bauchspeicheldrüse
Insulin, Glukagon, Somatostatin
Zuckerstoffwechsel; Somatostatin: Wachstumshemmung
Nebennierenrinde
Aldosteron, Cortisol, Androgene
Blut-/Kreislaufregulierung, Stresshormone, Eiweißauf-/abbau
Nebennierenmark
Adrenalin, Noradrenalin
Beeinflussung der Aktivität zahlreicher Organe (Herz, Lungen, Blutgefäße, Magen, Darm, Harnblase, Fettgewebe, Augen) durch α-/β-Rezeptoren
Nieren
Erythropoetin, Thrombopoetin, D3-Hormon
Blutbildung, Vitamin-D-Produktion
Eierstöcke
Östradiol, Progesteron, Testosteron
weibliches/männliches Geschlechtshormon
Hoden
Testosteron
männliches Geschlechtshormon
Plazenta
HCG, Östrogene, Gestagene
Schwangerschaftshormone
Andere Organe: Leber, Herzvorhöfe, Verdauungsorgane Gewebehormone: Prostazykline/-glandine, Histamin, Serotonin
Anatomie und Histologie
Die Schilddrüse des Menschen besteht aus zwei Lappen, die durch einen schmalen Steg (Isthmus) miteinander verbunden sind. In frontaler Aufsicht erscheint das Drüsenorgan schmetterlingsförmig. Es befindet sich vor der Luftröhre und grenzt oben an den Schildknorpel des Kehlkopfes (»Adamsapfel«). Beidseits seitlich auf der Rückseite, außerhalb der aus Bindegewebe bestehenden Organkapsel der Schilddrüse, befinden sich die reiskorngroßen Epithelkörperchen der Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyreoideae), die das Parathormon produzieren (Calcium-/Knochenstoffwechsel).
Die Schilddrüse wird durch Gefäße, die aus der Schlüsselbein- und Halsarterie entspringen, mit arteriellem Blut versorgt. Venöses Blut fließt hauptsächlich in Richtung obere Hohlvene ab. Das Lymphsystem der Schilddrüse ist mit Knoten und Gefäßen gut ausgebildet. Sympathische und parasympathische Fasern des vegetativen Nervensystems versorgen die Schilddrüse. Seitlich hinter der Schilddrüse verläuft beidseits ein Stimmbandnerv, auf dessen Unversehrtheit bei Operationen besonders geachtet werden muss.
Im Schnittbild unter dem Mikroskop (Histologie) fallen typische kleine Bläschen (Schilddrüsenfollikel) als Strukturmerkmal von Schilddrüsengewebe auf. Sie werden von den T3-/T4-produzierenden Zellen (Thyreozyten) gebildet und umschließen das Lumen (den rundlichen Innenraum). Im Follikellumen befindet sich das Eiweiß Thyreoglobulin, eine Vorstufe der Schilddrüsenhormone. Es handelt sich um eine zähflüssige Masse (Kolloid), ein gespeicherter Hormonvorrat für bis zu drei Monate – bei Gesunden. Der Follikeldurchmesser kann je nach Drüsenaktivität stark variieren. Die Größe des Drüsenorgans kann stark nach oben und unten vom Durchschnittswert abweichen, ohne dass krankhafte Zustände vorliegen müssen. Hashimoto-Thyreoiditis kann ein Kloßgefühl im Hals und Heiserkeit auslösen – sowohl bei Vergrößerung als auch bei Verkleinerung des Organs. Heiserkeit entsteht durch Beeinträchtigung der Stimmbandnerven, die der Schilddrüse seitlich hinten anliegen.