Endlich wieder Montag! - Christiane Nill-Theobald - E-Book

Endlich wieder Montag! E-Book

Christiane Nill-Theobald

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  • Herausgeber: Wiley-VCH
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Christiane Nill-Theobald zeigt in ihrem Buch auf eingängige und motivierende, dabei gleichzeitig wissenschaftlich fundierte Weise, wie wir im Beruf unser Feuer neu entfachen und eine nie gekannte Lust auf Leistung erleben können. Auf der Basis von Erkenntnissen der "positiven Psychologie" räumt sie mit falschen Vorstellungen von "Work-Life-Balance" in Unternehmen auf. Lust auf Leistung entsteht nämlich nicht, wenn wir Ausbrennen vermeiden wollen, sondern wenn wir wissen, wofür wir brennen. Damit das keine hohle Floskel bleibt, gibt die Autorin ihren Lesern systematische und integrative Methoden und Tools an die Hand. Die Autorin bietet somit kein bloßes "Patchwork" aus Geschichten, Erkenntnissen und Denkanstößen, sondern hat die konkrete Umsetzung beim Individuum und in den Unternehmen stets im Blick. Sie zeigt ihren Lesern, wie sie ihre Potenziale heben und ihre Ressourcen nutzen können. Die "neue Lust auf Leistung" aktiv zu leben bedeutet, auch im beruflichen Kontext Dinge zu tun, die wir wirklich tun wollen. Wer Arbeitsziele und Lebensziele harmonisiert, trennt nicht mehr zwischen "Work" und "Life" und braucht sich demzufolge über "Work-Life-Balance" keine Gedanken mehr zu machen. Dieses Buch ist Motivation pur für alle, die Leistungsträger sein und bleiben wollen - also alle, die jede Woche am Montag gern zur Arbeit gehen wollen!

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Seitenzahl: 296

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1. Auflage 2014

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinemFall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisenund Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung.

 

© 2014 Wiley-VCH Verlag & Co. KGaA, Boschstr. 12, 69469 Weinheim, Germany

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Umschlaggestaltung: init GmbH, Bielefeld

Coverbild: calendar © TwilightEye/istock

Gestaltung: pp030 – Produktionsbüro Heike Praetor, Berlin

Satz: inmedialo Digital- und Printmedien UG, Plankstadt

Print ISBN: 978-3-527-50786-3epub ISBN: 978-3-527-68422-9mobi ISBN: 978-3-527-68423-6ePDF ISBN: 978-3-527-68424-3

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort

Vorwort der Autorin

1. Kapitel: Warum Leistung einen schlechten Ruf hat

2. Kapitel: Wenn das Wesentliche fehlt

3. Kapitel: Wer arbeitet noch für Geld? Wir alle!

4. Kapitel: Turning Point – Wenn die Zeit gekommen ist

5. Kapitel: Brennfaktor Anerkennung

6. Kapitel: Brennfaktor Selbstentfaltung

7. Kapitel: Das Streichholz entzünden

8. Kapitel: Mehr leisten, mehr leben

9. Kapitel: Lustressourcen für mehr Leistung

10. Kapitel: Woher kommt die Luft zum Brennen?

11. Kapitel: Erfolg oder Zufriedenheit? Beides!

12. Kapitel: BurnOn – stetig und freudig weiterbrennen

Quellen

Die Autorin

Danksagung

Stichwortverzeichnis

Geleitwort

Liebe Leserinnen und Leser,

mal Hand aufs Herz, gehören Sie zu den Menschen, die sich auf den Montag freuen? Sehen Sie dem Beginn einer neuen Woche mit Freude, Leidenschaft und Leistungsbereitschaft entgegen? Sind Sie, trotz der alltäglichen Herausforderungen, die das Leben mit sich bringt, zuversichtlich und voll freudiger Erwartung auf das, was jeder Tag in Ihrem Berufsleben für Sie bereit hält?

Wenn Sie hier aus voller Überzeugung „ja“ sagen können, dann freut es mich für Sie, denn Sie gehören zu denjenigen Menschen, die dieses Buch bestimmt gerne als weitere Bestätigung für ihre Lebenseinstellung lesen werden. Auch werden Sie bestimmt die eine oder andere Anregung finden, die für Sie hilfreich sein wird, den bisher eingeschlagenen Weg fortzusetzen.

Wenn Sie zu denjenigen zählen, bei denen Montage Abneigung auslösen, dann wird Ihnen dieses Buch die Augen öffnen, wie Sie im Leben Ihr „inneres Feuer“ mit Lust auf Leistung wieder mit Freude entfachen und im nächsten Schritt pflegen können.

Als ehemaliger Spitzensportler und Olympiateilnehmer weiß ich nur zu gut, was es heißt, das „innere Feuer“ mit Lust auf Leistung nachhaltig am Brennen zu halten. Grundsätzlich gilt es, sich nicht vor dem „Ausbrennen“ zu fürchten, sondern sich lieber auf das zu konzentrieren, was Ihnen Freude bereitet. Der Erfolg ist nur die logische Konsequenz dieser Geisteshaltung. Glauben Sie mir, es gibt keine SportlerInnen, die sich auf Angst oder negative Gefühle konzentrieren. Nachhaltige Lust auf Leistung ist geprägt durch den Fokus auf das Ziel und dem Wissen wofür wir brennen.

Dr. Christiane Nill-Theobald lernte ich als geschätzte Kollegin 2013 an der Asgodom Coach Akademie kennen – wir sind dort beide als Lehrcoaches tätig. Sie hat mit Ihrer Art sofort meine Sympathie gewonnen. Auch wenn unsere Lebensläufe komplett unterschiedlich sind, haben wir schnell festgestellt, dass unser allgemeines Verständnis von Coaching und unser ganzheitlicher Coaching-Ansatz eine hohe Übereinstimmung aufweisen. Ein wichtiger Aspekt in der Arbeit von Christiane Nill-Theobald ist es, das „Entweder-Oder“-Denken gegen ein „Leben im Sowohl-Als-Auch“ einzutauschen. Uns beiden geht es in unserer Beratung nicht um „entweder“ Effizienz „oder“ Menschlichkeit, sondern schlichtweg um beides. Der von ihr beschriebene Appell, sich von der Selbstverwirklichung, dem Ichbezogen sein auf Kosten anderer, hin zur Selbstentfaltung, also zu dem wie wir uns gemäß unseren Talenten und Interessen mit Freude im Arbeitsleben einbringen, zu entwickeln – genau das ist für mich eine der elementarsten Aussagen des Buches. Lust auf Leistung entsteht nicht im permanenten Vergleich mit anderen. Sie entsteht auch nicht im Erzeugen einer künstlichen Zufriedenheit, in der wir vergessen uns auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren und stattdessen Erfolgen und deren kurzfristigen positiven Glücksgefühlen nachjagen. Lust auf Leistung entsteht durch individuelle, persönlich sinnvolle Ziele, die in einem Team bzw. einer Gemeinschaft eingebracht werden, welche ebenfalls sinnhafte Ziele dauerhaft und eben miteinander verfolgt. Genau diese Kombination hält das „innere Feuer“, die Lust an der Arbeit, am Brennen und beschert uns ein erfülltes Berufsleben.

Wie dies im Detail zu bewerkstelligen ist, genau das verrät uns Christiane Nill-Theobald in diesem Buch, das Businessratgeber und Sachbuch in sich vereint. Durch Übungen und Reflexionsfragen am Ende eines jeden Kapitels bietet es zudem wertvolle praktische Tipps, Hilfestellungen und Methoden an. In Übereinstimmung zu Nill-Theobalds Lehrmethodik basiert das Buch auf „positiver Psychologie“ und einem ganzheitlichen Konzept, das ganz einfach Lust auf persönliche Spitzenleistung macht.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen und viele gute Einsichten.

Ihr Edgar Itt Olympiamedaillengewinner und Mentalcoachfür die deutsche Leichtathletik-Nationalmannschaftwww.edgar-itt.de

Vorwort der Autorin

In den Unternehmen und an den Schreibtischen der Selbstständigen geht die Angst um: Macht Arbeit krank? Wird der Leistungsdruck immer schlimmer? Droht uns allen der Burn-out? Oder die kollektive Neurose? Es ist wie mit dem Essen: Wenn man sich zu lange mit den Inhaltsstoffen von Lebensmitteln beschäftigt, hat man irgendwann keinen Appetit mehr. Und das, obwohl unsere Lebensmittel noch nie so sauber waren wie heute! Wenn wir uns noch länger in die Risiken des Arbeitslebens hineinsteigern, dürfte uns die Lust auf Leistung restlos vergehen. Das aber wäre verheerend. Denn wie, wenn nicht mit überragenden Leistungen, wollen wir die enormen ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen der nächsten Jahre bewältigen?

Mittlerweile hat Leistung einen schlechten Ruf. Bei Leistung denken manche sofort an Leistungsdruck und chronische Überlastung. Ich habe selbst einen Burn-out hinter mir. Und gerade deshalb sage ich: Das negative Gerede über Leistung kann ich nicht mehr hören! Burnout wird undifferenziert diskutiert und die grassierende Angst davor ist deshalb völlig übertrieben. Ich strotze heute vor Arbeitsfreude und purer Lust auf Leistung. Und ich behaupte: Jeder und jede kann diese Lust für sich entdecken und entwickeln. Deshalb war es mir ein Herzensanliegen, dieses Buch zu schreiben.

Mit meiner positiven Einstellung zur Leistung bin ich zum Glück nicht allein. Ja, das Blatt scheint sich gerade zu wenden. Der bekannte Zukunftsforscher Prof. Horst W. Opaschowski bezeichnet die „Lust zu schaffen“ und eine „Leistungsexplosion der jungen Generation“ bereits als einen der zehn wichtigsten Zukunftstrends. Für Opaschowski hat die Leistungsgesellschaft eine große Zukunft. Ich freue mich über solche Einschätzungen von Experten. Wir müssen jedoch aufpassen, dass wir wirklich Leistung honorieren und nicht bloßen Erfolg. Auch dazu werden Sie in meinem Buch etwas lesen.

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen Auswege aus einem Dilemma zeigen. Weder die übertriebene Problematisierung von Arbeitsleistung bringt uns weiter noch ein blindes „Weiter-So“ in den Unternehmen und bei den Selbstständigen. Dieses Buch will Augenöffner sein und gleichzeitig konkrete Anregungen geben. Deshalb habe ich immer wieder Reflexionsfragen und Übungen eingebaut. Diese sollen Ihnen helfen, Ihre ganz persönliche Lust an Leistung neu zu entdecken und schrittweise zu steigern. Als Juristin habe ich gelernt, differenziert zu denken und Argumente gegeneinander abzuwägen. Deshalb bietet Ihnen dieses Buch auch keine einfachen Antworten und keine platten Rezepte. Ich gehe den Dingen auf den Grund und stelle größere Zusammenhänge her. Weil ich davon überzeugt bin, dass sich diese intellektuelle Anstrengung lohnt.

Egal, ob Berufseinsteiger, Führungskraft oder Unternehmenslenker – jeder soll sich von diesem Buch angesprochen fühlen. Weil jeder in der Verantwortung steht und die Möglichkeit hat, etwas zu ändern. Wir müssen endlich unsere Entweder-oder-Denke über Bord werfen und uns dem Sowohl-als-auch zuwenden. Es geht nicht um Effizienz oder Menschlichkeit, sondern um beides. Es geht nicht darum, viel zu leisten, um schneller fertig zu sein. Die Arbeitswelt soll andererseits kein Spielplatz für Erwachsene werden – aber trotzdem Spaß machen! Es geht mir nicht darum, alles anders zu machen, sondern vieles besser zu machen. Das gilt für jeden Einzelnen von uns, für die Unternehmen, ja für die gesamte Gesellschaft. Es gibt nicht die Arbeit hier und das Leben dort. Solche Polarisierungen sind künstlich und schädlich.

Machen wir die Arbeit lebens- und liebenswert! Für uns selbst und andere. Hören wir auf, uns über Frust zu beklagen, und steigern wir unsere Lust. Das betrifft uns selbst, unseren Umgang miteinander und unsere Organisationen – diese drei Ebenen. Und es ist gar nicht so schwer. Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.“ Tun Sie ihn jetzt!

Herzlich Ihre Dr. Christiane Nill-Theobald www.nill-theobald.de

1 Warum Leistung einen schlechten Ruf hat

„Wenn Leistung negativ besetzt ist, und das ist es bei uns, dann haben wir auf lange Sicht auch eine miese Gesamtfitness … Wer Freude will, der muss etwas leisten. Wer die Anstrengung zurückschraubt, kriegt weniger Lust.“

Klaus Dehner, Verhaltensforscher

In diesem Kapitel geht es um die Gründe, warum wir überhaupt neue Lust auf Leistung brauchen. Was hat uns die ursprüngliche Lust verdorben? Unter welchen Bedingungen kann Leistung zur Last werden? Sie sind eingeladen, über Ihre eigene Einstellung zu Leistung nachzudenken und den Level Ihrer persönlichen Leistungslust zu bestimmen.
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Karoshi am Potsdamer Platz – zum Glück nur ein Gag
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Am Potsdamer Platz in Berlin steht ein futuristisches Bürogebäude. Entworfen hat es der britische Stararchitekt Richard Rogers, von dem auch das Centre Pompidou in Paris und das Lloyd’s Building in der Londoner City stammen. An einem der mehrgeschossigen verglasten Zylinder, die dem Neubau seine charakteristische Form verleihen, steht in großen Leuchtbuchstaben „Caroshi“. Ja, tatsächlich: An diesem Bürohaus in bester Lage prangt ein japanisches Wort, das auf Deutsch „Tod durch Überarbeiten“ bedeutet. Der Begriff kam in Japan in den 1980er-Jahren auf, nachdem mehrere Manager nach fast ununterbrochener Arbeit buchstäblich tot umgefallen waren. Seit 1987 wird im Arbeitsministerium in Tokio die Zahl der plötzlichen Todesfälle infolge von Stress statistisch erfasst.

Doch was hat die Leuchtschrift „Caroshi“ am Potsdamer Platz verloren? Des Rätsels Lösung ist einfach: So heißt eine Bar im Erdgeschoss des Bürohauses. Hier wird nicht gearbeitet, sondern höchstens getrunken bis zum Umfallen. Der Barbesitzer, dem dieser Name eingefallen ist, scheint einen zynischen Humor zu haben. Karoshi ist in Japan allerdings ein ernstes Problem. Und ein erschreckendes. Warum erschreckend? Ganz einfach: Plötzlich hat Arbeit wieder mit Leben und Tod zu tun. Das hatte unsere Wohlstandsgesellschaft eigentlich längst überwunden. Wer nichts leisten kann oder nichts leisten will, dem geht es nicht gerade prickelnd. Aber er muss nicht verhungern. Das war die meiste Zeit in der Menschheitsgeschichte anders. Wir haben gerackert fürs Überleben. Da kommen wir her, das ist Teil unserer Evolution. Und das wirft seine Schatten bis heute.

Vom Überlebenskampf zum Müßiggang und wieder zurück

Vor langer Zeit haben unsere Vorfahren begonnen, sich im täglichen Überlebenskampf erste kleine Freiräume zu schaffen. Alles, was die Beschaffung der lebensnotwendigen Nahrung und den Schutz vor den Launen der Natur ein wenig einfacher machte, bedeutete einen Zugewinn an Lebensqualität. So kamen erst Werkzeuge und Nutztiere, später Geräte und Maschinen, zwischenzeitlich – leider – auch Sklaven ins Spiel. Arbeit war dann am schönsten, wenn sie andere machten. In den frühen Hochkulturen, die dank Arbeitsteilung und Vorratshaltung erstmals so etwas wie einen stabilen Wohlstand hervorbrachten, war körperliche Arbeit schließlich regelrecht verpönt. Der griechische Dichter Homer erklärte den Müßiggang des Adels zum Ideal. Und der Philosoph Aristoteles meinte, ein Mensch, der zur Arbeit gezwungen sei, könne kein freier Mensch sein. Die alten Griechen bewunderten militärische Leistungen. Und natürlich sportliche – siehe Olympia. Für die Arbeitsleistung, den Broterwerb, hatten sie nichts übrig.

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Mal war Müßiggang das Ideal, mal harte Arbeit
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Durch das Christentum änderte sich das. Jesus und seine Jünger, aber auch der Apostel Paulus, kamen aus dem Milieu der Handwerker und Fischer, also der arbeitenden Mittelschicht. Das blieb nicht ohne Folge für die Religion, die unsere westliche Kultur entscheidend geprägt hat. „Ora et labora“ hieß die lateinische Devise in den mittelalterlichen Klöstern – bete und arbeite! Spiritualität und Arbeitsleistung gingen Hand in Hand. Das schien zu funktionieren, denn die reichen und mächtigen Klöster mit ihren Niederlassungen überall in Europa waren so etwas wie die Konzerne des Mittelalters. Der Reformator Martin Luther setzte im 16. Jahrhundert schließlich noch einen drauf, indem er schrieb: „Müßiggang ist Sünde wider Gottes Gebot.“ Das protestantische Bürgertum der Neuzeit orientierte sich daran und machte die Arbeitsleistung zum Dreh- und Angelpunkt von Wohlstand und Rechtschaffenheit. Der Müßiggang des Adels, den Homer einst so gepriesen hatte, wurde nun als unmoralisch angeprangert.

Doch dann schlug das Pendel auch schon wieder zurück: Die rasant um sich greifende Industrialisierung zerstörte die christliche und bürgerliche Arbeitsidylle innerhalb weniger Jahrzehnte. Jetzt wurden massenhaft Arbeiter gebraucht, die in den Fabriken wie menschliche Maschinen zum Einsatz kamen und kaum mehr als ihre reine Muskelkraft zur Verfügung stellten. Das Ganze sechs Tage die Woche und bis zu 16 Stunden am Tag. Eine Alternative bot sich dem Proletariat, das als entwurzelte Landbevölkerung in die Industriegebiete strömte, kaum. Anders als mit der kräftezehrenden „Maloche“ waren die Familien nicht zu ernähren. Und manchmal nicht einmal damit. So war plötzlich alles wieder wie vor Tausenden von Jahren: Es ging ums Überleben, und jede kleine Erleichterung angesichts des Arbeitsdrucks war willkommen. Für Linderung sorgte schließlich die Arbeiterbewegung, deren Einfluss auf die Politik den modernen Sozialstaat hervorbrachte. Sein Anspruch ist es, Leistung zu honorieren und gleichzeitig niemanden fallen zu lassen, der es aus eigener Kraft nicht schafft, seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Mit Vollgas durch die Überflussgesellschaft

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18-mal häufiger Burn-out binnen acht Jahren in Deutschland
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Wo stehen wir heute? Paradoxerweise hat der gefühlte Leistungsdruck gerade in dem Moment dramatisch zugenommen, wo unser Überleben nicht mehr von der Dauerleistung jedes Einzelnen abhängt und uns alle möglichen Sicherungssysteme zur Not auffangen können. Es geht längst nicht mehr um unsere Existenz – und trotzdem schuften einige bis zum Umfallen. Der Karoshi in den japanischen Büroetagen ist lediglich das extremste Beispiel. In Deutschland hat sich die Zahl der Krankheitstage wegen Burn-outs binnen acht Jahren um das 18-Fache gesteigert, berichtete das Magazin Stern im Januar 2013 unter Berufung auf Statistiken der Krankenkassen. Die Techniker Krankenkasse verzeichnet laut Stern eine Steigerung der von Ärzten verordneten Antidepressiva zwischen 2007 und 2012 um rund 50 Prozent.

Unser Wohlstand ist – allen Finanzkrisen zum Trotz – mittlerweile so groß, dass wir eigentlich einen Gang herunterschalten könnten. Ein deutscher oder österreichischer Durchschnittsverdiener würde mit seinem Einkommen in den meisten Ländern der Welt zu den Reichsten zählen. Wir reden uns die Köpfe heiß über die Vorteile oder Nachteile von Mac gegenüber PC, weil wir über das Lebensnotwendige längst nicht mehr nachdenken müssen. Aber statt entspannter zu Werke zu gehen und die Früchte unserer Arbeitsleistung zu genießen, geben wir jetzt erst recht Vollgas. Der Unternehmensberater und Buchautor Bolko von Oettinger spricht deshalb von einer „Leistungsüberdrehung“. Er sagt: „Unser Leistungsbild hängt schief und schadet längst allen.“ Doch warum überziehen wir maßlos, statt den Druck zu reduzieren? Vielleicht, weil wir es nicht anders gelernt haben?

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wir haben es in unserer Kulturgeschichte bis heute nicht geschafft, ein gesundes und natürliches Verhältnis zu Arbeit und Leistung zu entwickeln. Stattdessen schwanken wir immer wieder zwischen den Extremen. Als Leistung noch überlebensnotwendig war, hatte das zumindest den Vorteil, dass niemand ihren Sinn infrage stellte. Heute fühlt sich unser Beitrag zum Überleben der Gesellschaft abstrakt und entkoppelt an. Wir haben das Gefühl, dass alles auch dann weiter seinen gewohnten Gang ginge, wenn wir aussteigen und unsere Leistung verweigern würden. Und das Gefühl täuscht ja nicht einmal, denn solange die Zahl der Aussteiger nicht allzu groß wird, ändert sich tatsächlich nichts. Nur unter solchen Bedingungen können wir Leistung überhaupt grundsätzlich infrage stellen. Erst wenn der eigene tägliche Beitrag nicht mehr absolut notwendig ist, kann es zu Sinnkrisen kommen. Gleichzeitig haben wir kein Maß mehr, wann es genug ist. Mehr geht scheinbar immer: noch mehr PS im Auto, noch schnellere Computer, noch mehr Produkte im Supermarktregal. Wann reicht es? Das sagt uns keiner. Wir müssen es selbst herausfinden.

Wer nicht zur Besinnung kommt, kann schnell untergehen

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Spitzensport und Drecksarbeit – ist Leistung gleich Leistung?
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Leistung hat einen schlechten Ruf, weil wir nicht mehr wissen, an was für einer Art von Leistung wir uns orientieren sollen. Wir bewundern die Leistung von Spitzensportlern, Klaviervirtuosen oder Nobelpreisträgern – und verdammen die „Drecksarbeit“, die „Nine-to-five-Jobs“, die Wiederholungsschleifen des schnöden Broterwerbs. Da gibt es nur eines: Wir müssen nachdenken und neue Lösungen entwickeln! Zwar können wir die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht außer Acht lassen – und ich werde noch mehrfach in diesem Buch auf sie eingehen –, doch wirklich etwas ändern kann sich nur bei jedem einzelnen arbeitenden Menschen und in jedem einzelnen Unternehmen. Wenn Mitarbeiter wissen, worauf sie Lust haben, und Unternehmen bereit und in der Lage sind, Umgebungen zu schaffen, die diese Lust gezielt fördern, dann ist es egal, ob Leistung einen schlechten Ruf hat. Dann ist sie einfach das, was wir täglich selbstverständlich und gerne zeigen.

Ich werde in den späteren Kapiteln noch darstellen, dass Lust auf Leistung in Unternehmen, die diese Leistungslust fördern, keine Utopie ist, sondern in ganz konkreten Schritten umgesetzt werden kann. Doch vor jeder nachhaltig positiven Veränderung steht die Einsicht, dass die Dinge sind, wie sie sind. Wir müssen den Ist-Zustand annehmen, um ihn verändern zu können. Diese allgemeine Erkenntnis aus der Psychologie gilt auch beim Thema Leistung. Auf den folgenden Seiten geht es deshalb um unsere persönliche Einstellung zur Leistung. Welche Erfahrungen haben uns geprägt? Welche Glaubenssätze haben wir verinnerlicht? Welche Leitbilder zum Thema Leistung und Erfolg bietet uns die Mediengesellschaft an? Ich lade Sie ein, über diese Fragen nachzudenken, um sich selbst besser kennenzulernen und im nächsten Schritt das möglicherweise verschüttete Lustpotenzial Ihrer Leistung freizulegen.

Performer, Lebenskünstler, Aussteiger: Wer will wie viel leisten?

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Wenn Leistung in der Familie liegt – oder auch nicht
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Etwas leisten, mich anstrengen, Ziele erreichen – das hat mir schon als Kind Spaß gemacht. Vielleicht ist es in meiner Familiengeschichte angelegt. Ich bin das jüngste von drei Kindern. Meine Schwester ist 14 Monate und mein Bruder zweieinhalb Jahre älter als ich. Immer habe ich mich mit meinen älteren Geschwistern gemessen und wollte mindestens so gut sein wie sie. Ich kam mit fünf Jahren in die Schule, wurde also früher eingeschult, wie zuvor schon meine Schwester. Kaum 18 geworden, hatte ich Abitur. So fühlte es sich für mich immer genau richtig an! Ein Lehrer sagte zu meinen Eltern einmal: „Bevor Christiane etwas anfängt, legt sie die Latte erst mal so hoch.“ Dabei zeigte er mit der Hand bis weit über seinen Kopf. Als Kinder und Jugendliche haben wir auch alle viel Leistungssport gemacht. Meine beiden Geschwister sind allerdings groß und schlank, haben richtige Leichtathletenfiguren. Ich bin dagegen 1,70 Meter groß und von der Statur her eher kompakt, mit kürzeren Beinen. Da musste ich also erst recht powern, um mit meinen Geschwistern mitzuhalten! Und mit der Extraportion Kraft und Ausdauer habe ich es meistens geschafft.

Lust auf Leistung hatte ich also schon immer. Trotzdem ist auch mir diese Lust zwischenzeitlich vergangen. Davon werde ich gleich noch berichten. An dieser Stelle ist mir wichtig, Ihre Aufmerksamkeit auf die Prägungen in Ihrer Kindheit und Jugend zu lenken. Vielleicht erkennen Sie sich in meiner Geschichte wieder. Möglicherweise war es bei Ihnen aber auch ganz anders. Nehmen wir einmal an, Sie waren ein etwas überbehütetes Einzelkind und hatten keine Geschwister, die Sie zur Leistung anspornten und mit denen Sie sich messen konnten. Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie heute andere Lustressourcen aktivieren müssen, um mehr Spaß an Leistung zu haben, als jemand wie ich. Wichtig ist mir: Akzeptieren Sie Ihre Prägungen und Erfahrungen, so wie sie sind. Und vergleichen Sie sich nicht mit komplett anderen Persönlichkeitstypen. Wenn Sie nicht das Gefühl haben, dass Ihnen die Lust auf Leistung in die Wiege gelegt worden ist, können Sie trotzdem heute Aufgaben entdecken, bei denen Sie die Uhr vergessen. Sie brauchen dazu aber möglicherweise andere Anreize als jene Leute, die sich mit voller Power auf jede Herausforderung stürzen, weil sie es nie anders gekannt haben.

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Hier ehrgeizige Frauen, dort Männer mit bunten Biografien
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In meiner Arbeit als Coach für Führungskräfte nehme ich übrigens einen gewissen Unterschied zwischen Frauen und Männern wahr. Viele Frauen, die heute Führungskräfte sind, haben schon als Kinder und Jugendliche einen enormen Ehrgeiz an den Tag gelegt. Ich denke da zum Beispiel gerade an eine 33-jährige stellvertretende Personalleiterin, die ebenfalls ein Jahr früher in die Schule kam und sich, genau wie ich, gerne mit ihren Geschwistern gemessen hat. Oder an eine 43-jährige IT-Leiterin, deren Kindheit meiner eigenen bis in die Details ähnelt. Bei den Männern sind die Biografien dagegen bunter. So war der Geschäftsführer eines größeren Unternehmens in der Schule ein richtiger Loser. Sein Vater war Medizinprofessor, doch er selbst hatte während der gesamten Schulzeit einfach keine Lust. Erst nach dem Abitur, im Ausland, hat er dann Gas gegeben. Er studierte BWL und wollte allen zeigen, was in ihm steckt. Solche Spätzünder gibt es auch.

Reflexionsfragen

Wie haben Sie als Kind und als Jugendlicher Ihre Leistungen erlebt? Sind Sie gerne zur Schule gegangen, haben Sie gerne Sport gemacht und sich mit anderen gemessen? Oder waren Sie eher lustlos?
Erleben Sie sich heute im Erwachsenenalter noch genauso oder anders? Falls Sie Ihre Leistung heute anders erleben als früher: Können Sie dafür Auslöser nennen?

Machen Sie sich bitte bewusst, dass es keine richtigen oder falschen, guten oder schlechten Prägungen gibt. Unsere Vergangenheit ist unsere Vergangenheit und in jedem Fall vorbei. Wenn Sie mit 14 ein Loser waren, dann können Sie mit 40 Spitzenleistungen erbringen. Oder Sie können dann immer noch „keinen Bock“ haben. Beides ist möglich. Ihre Prägungen sagen auch wenig darüber aus, ob Sie gefährdet sind, einen Burn-out zu erleben oder nicht. Es gibt Menschen, für die Leistung immer selbstverständlich war und die trotzdem irgendwann einen Burn-out erleiden. Dazu zähle ich. Andere waren vielleicht Spätzünder und haben dann in ihrer Aufholjagd völlig überzogen.

Hören Sie am besten ganz auf, sich mit anderen zu vergleichen. Aus meiner Coaching-Praxis weiß ich: Jeder Mensch bringt genügend Ressourcen für Lust auf Leistung mit. Egal, was ihn geprägt hat. Es kommt darauf an, dass wir alle unsere ganz eigenen Potenziale entdecken und nutzen. Dafür sollten wir uns auch davor hüten, Leistung automatisch mit Spitzenleistung gleichzusetzen. Nicht alle Menschen haben Lust auf Spitzenleistung – und das ist auch okay so. Entscheidend ist die große und kontinuierliche Lust auf die uns jeweils gemäße Leistung. Denn es geht nicht darum, unser Letztes zu geben, sondern unser Bestes.

Stehen wir alle kurz vorm Burn-out? Eher nicht

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Burn-out als Modethema und bequeme Ausrede
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Leistung hat auch deshalb einen schlechten Ruf, weil sich die Gedankenkette „Leistung – Leistungsdruck – Burnout“ in vielen Köpfen festgesetzt hat. Wir erleben seit einigen Jahren eine lebhafte Burn-out-Debatte. Diese hat einerseits eine reale Grundlage, weil die Diagnose „Burn-out“ nachweislich immer häufiger gestellt wird und die Fehlzeiten wegen Burn-out in den Unternehmen dramatisch angestiegen sind. Anderseits wird in der Debatte auch oft übertrieben. So zum Beispiel, wenn bereits bei schlichter Überanstrengung, während harmloser Verstimmungen oder in Stressphasen, die einfach zum Leben dazugehören, das Wort „Burn-out“ fällt. Früher hieß es: „Der ist urlaubsreif.“ Heute hört man: „Der steht kurz vorm Burn-out.“

Die Süddeutsche Zeitung sprach sogar ironisch vom „Phantomschmerz“, der unser ganzes Land befallen habe: „Das öffentliche Bekenntnis einiger Prominenter, sie hätten unter einem ‹Burn-out› gelitten, hat sie selbst ins Rampenlicht und das Thema in die Mitte der Arbeitsgesellschaft gebracht“, schreibt die Autorin Sibylle Haas in der SZ. Und weiter: „In manchen Runden drängt sich gar der Eindruck auf, wer noch immer keinen hatte, der leistet zu wenig, zu Deutsch: Der ist faul!“ Das ständige Gerede von Burn-out hält Sibylle Haas für gefährlich. Echte Erkrankungen würden so verharmlost. Und man habe ein Schlagwort gefunden, um von der Verantwortung für das eigene Wohlbefinden abzulenken: „Es ist verführerisch, der Arbeit oder dem Chef die Schuld zu geben. Es ist im Übrigen auch der einfachere Weg. Weil man sich dadurch selbst der Verantwortung entziehen kann. Doch es ist möglich, selbst Grenzen zu ziehen: Jeder kann das Mobiltelefon nach Feierabend ausschalten oder E-Mails erst am nächsten Tag beantworten – oder eben auch nicht.“

Ich hatte immer gehofft, niemals mit meinem Burn-out kokettieren zu müssen. Doch neulich kam nach einem meiner Vorträge eine Zuhörerin lächelnd auf mich zu und sagte: „So einen echten Burn-out hatten Sie doch sicher nicht, Frau Theobald?“ Sie glaubte anscheinend, wenn ich von meinem Burn-out spreche, dann meine ich die „Society-Variante“, die, laut Sibylle Haas in der Süddeutschen, inzwischen „schicker als ein Bandscheibenvorfall“ sei. „Doch, doch“, antwortete ich der Dame. „Ich hatte einen echten Burn-out und war deswegen in fachärztlicher Behandlung.“ Da bewegte sich ihre Kinnlade leicht nach unten und der Mund öffnete sich. Aber nicht, um noch etwas zu sagen.

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Gelebt wie ein gehetztes Wild – und nichts gemerkt
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Heute brenne ich vor Tatendrang – doch selbst mir ist die Lust auf Leistung zwischenzeitlich restlos vergangen. Kurz vor dem Burn-out lebte ich wie ein gehetztes Wild. Als Juristin und Spezialistin für Energierecht hätte ich pausenlos arbeiten können. Die Themenvielfalt ist enorm, und das Fachgebiet interessierte mich ja auch sehr. Ich mag es bis heute. Doch irgendwann strich ich sogar die Mahlzeiten – zugunsten eines paradoxen Effizienzgedankens – und stopfte mir nur noch während der Arbeit etwas hinein. Ich schlief schlecht und war ständig nervös. Spätestens ein Jahr vor dem Aus hätte ich etwas merken können. Ich kann mich erinnern, wie ich einmal Freunde zum Grillen im Garten unseres Hauses in Berlin-Steglitz eingeladen hatte. In allerletzter Minute raste ich mit dem Auto in die Einfahrt. Da standen die Gäste schon vor der Tür. Aber solche Warnsignale ignorierte ich. Vielen meiner Coaching-Klienten ging es ähnlich. Etliche Jahre, meistens so bis um die 40, ist es völlig selbstverständlich, sehr viel zu arbeiten und die Karriere in den Mittelpunkt zu stellen. Dann ist plötzlich die Krise da.

Mal Pause machen und Nachdenken kann Wunder wirken

Im Urlaub beobachte ich immer öfter mit Kopfschütteln, wie andere Urlauber gar nicht mehr abschalten können. Mein Mann und ich sind im Urlaub gerne sportlich aktiv. Da bietet sich hin und wieder ein Cluburlaub an, weil diese Variante einen Break vom Arbeitsleben erlaubt, ohne dass es größerer Organisation bedarf. Sonne und Meer und die Möglichkeit, täglich jede Menge Sport zu machen, das gefällt uns daran. Das letzte Mal waren wir in einem Ferienclub, in dem offensichtlich fast nur Businessleute Erholung suchten. Und ich traute meinen Augen kaum: Es gab niemanden, wirklich niemanden, der nicht mehrmals täglich mit iPad, Smartphone oder Laptop online gewesen wäre, um E-Mails zu bearbeiten oder Geschäftszahlen zu studieren. Da überall das WLAN funktionierte, wäre das theoretisch sogar noch in der Sauna möglich gewesen.

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Leitung braucht Selbstdisziplin, Pausen, Regeneration
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Es sind solche Leute, die dann irgendwann zu mir und anderen Coachs kommen und klagen, die ständige Erreichbarkeit mache sie fertig. Das sind diese Gewinnertypen, die für ihre Firma alles machen, die immer Ja sagen, die sofort ihre Familie die Koffer packen lassen, wenn jemand gesucht wird, der für ein Jahr nach China geht. Doch ist das alles wirklich noch „Leistung“? Kein Leistungssportler könnte so leben. Regenerationsphasen und ausreichender Schlaf, einschließlich Mittagsruhe, sind im Spitzensport Pflicht und werden mit großer Selbstdisziplin eingehalten. Hat das ständige Daddeln mit iPad und Smartphone noch mit Arbeitsdisziplin zu tun? Arbeiten die ständig Erreichbaren wirklich effektiv?

Die Antwort lautet allzu oft: Nein. Das hat die sogenannte Generation Y, die alle nach 1980 Geborenen umfasst, schon wesentlich besser verstanden. Immer öfter verlangen junge Talente schon in Einstellungsgesprächen, dass über Grenzen gesprochen wird: Grenzen der Belastbarkeit und der Erreichbarkeit. Die über 40-Jährigen, die ich kenne, ticken da in der Regel anders. Oft ging ihre Karriere mit Mitte 20 richtig los, und seitdem geben sie Vollgas, ohne das jemals wirklich infrage gestellt zu haben. Erst bei Schicksalsschlägen, wie zum Beispiel der Trennung vom Partner oder einer schweren Krankheit eines der Kinder, wird zum ersten Mal innegehalten. Das ist kein Klischee, sondern Realität. Aber wollen Sie wirklich auf einen Schicksalsschlag warten, um nachzudenken? Wie wäre es, wenn Sie freiwillig und regelmäßig kritisch hinterfragten, was Sie den ganzen Tag tun?

Das klingt so banal, dass ich mich kaum traue, es hier hinzuschreiben. Doch mir begegnen immer wieder Führungskräfte, die sich keine echte Reflexionszeit zugestehen. Mal ein paar Tage rausgehen aus der Firma, um nachzudenken – alleine, mit einem Coach oder in einer Gruppe von Gleichgesinnten –, gilt als Zeitverschwendung. Da lieber Urlaub machen, damit die Familie zufrieden ist – und dann am Pool heimlich mit dem iPad weiterarbeiten. Leistung wird einen schlechten Ruf behalten, solange wir Dauerstress, Hyperaktivität und permanentes Vollgasgeben mit Leistung verwechseln. Wer keine Achtsamkeit besitzt und nicht auf sich aufpasst, dem muss die Lust auf Leistung vielleicht zwangsläufig irgendwann vergehen.

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24 Prozent aller Angestellten sollen „innerlich gekündigt“ haben
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Also lieber Vollbremsung als Vollgas? Längst hat sich „Bore-out“ als Gegenbegriff zum Burn-out eingebürgert. Ein klarer Hinweis, dass Nichtstun auch keine Lösung ist. Wenn Mitarbeiter zwischen den Extremen von Überreizung und Lustlosigkeit hin- und herpendeln, leidet nicht nur die Produktivität des Unternehmens, sondern sie leiden auch selbst. Die aktuellen Umfragedaten von Gallup sind alarmierend: „Fast ein Viertel (24 Prozent) der Beschäftigten in Deutschland hat innerlich bereits gekündigt“, heißt es in der Pressemitteilung zum Gallup Engagement Index 2012. „61 Prozent machen Dienst nach Vorschrift. Nur 15 Prozent der Mitarbeiter haben eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber und sind bereit, sich freiwillig für dessen Ziele einzusetzen.“ Haben wirklich nur noch 15 Prozent der Beschäftigten Lust auf Leistung? Spiegeln diese Zahlen etwa unser gesellschaftliches Klima wider?

Was für ein Leistungstyp sind Sie?

Leistung ist – auch – Physik: Energie pro Zeit! Wird zum Beispiel eine Kilowattstunde Strom in einer Zeitspanne von einer Stunde bezogen, dann beträgt die Leistung 1 Kilowatt. Wird dieselbe Energie in einer halben Stunde bezogen, sind es 2 Kilowatt.
Bei Menschen ist es ähnlich: Die einen leisten gerne kontinuierlich über einen langen Zeitraum. Die anderen haben extreme Leistungsspitzen und brauchen dann wieder längere Erholungspausen. Unterm Strich ist die Energiebilanz bei beiden annähernd gleich.
Überlegen Sie doch einmal: Welcher Typ sind Sie? Eher der „On-Off-Performer“, der erst alles gibt und dann gerne wieder ausruht? Oder eher der ruhige und stetige Typ, der wie ein Flugkapitän seine Stunden im Cockpit verbringt?
Machen Sie sich klar: Weder der eine noch der andere Typ leistet „mehr“. Auch wenn es manchmal fälschlicherweise so aussieht. Jeder Typ sollte seinen passenden Rhythmus leben (dürfen).

Erfolgsgeil und statussüchtig? Fragwürdige soziale Leitbilder

Glaubt man dem Frankfurter Soziologen Sighard Neckel, dann sind wir schon lange keine „Leistungsgesellschaft“ mehr, sondern eine „Erfolgsgesellschaft“. In Medien und Öffentlichkeit werden keine Leistungen gefeiert, sondern Erfolge. Zwar kann weiterhin auch Leistung zum Erfolg führen. Doch wie Erfolg zustande kommt, ist letztlich zweitrangig geworden. Ein Musiker kann jahrelang auf eine Chartplatzierung hingearbeitet haben – oder sein Hit-Wunder einer Castingshow verdanken. Unterm Strich ist das egal. Erfolg ist immer weniger abhängig von der zuvor erbrachten Leistung. Auch wer beispielsweise über ein großes Erbe verfügt, muss nicht viel leisten, um Erfolg zu haben. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Menschen in Deutschland, die 40, 50 oder gar 60 Stunden in der Woche arbeiten und trotzdem auf keinen grünen Zweig kommen.

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Nicht Leistung wird bewundert, sondern Erfolg – auch der unverdiente
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Sighart Neckel diagnostiziert für unsere Gesellschaft, dass soziale Anerkennung immer stärker von bloßem Erfolg und dem zur Schau gestellten Status abhängt. Die Folge sei ein regelrechter „Erfolgskult“, samt Begleiterscheinungen wie Promikult oder Starkult. Leistung verliert als Grundlage für soziale Anerkennung an Bedeutung. Die Frage, ob man seinen Erfolg auch verdient hat, spielt eine immer geringere Rolle. Für den sozialen Zusammenhalt und den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand ist diese Entwicklung doppelt bedenklich. Wenn Leistung nicht mehr anerkannt wird und es nur noch darauf ankommt, irgendwie „Erfolg zu haben“ und diesen vorzeigen zu können, dann wird auf längere Sicht auch immer weniger geleistet werden.

Als ich von dieser soziologischen Analyse zum ersten Mal gehört habe, musste ich spontan an die Doku-Soap Die Geissens denken. Der Quotenhit auf RTL II bezieht seinen alleinigen Reiz daraus, wie eine Millionärsfamilie ihren Besitz auf vulgäre Weise zur Schau stellt. Auch wenn Familienoberhaupt Robert Geiss inzwischen ins Mode-Geschäft zurückgekehrt ist und wieder Geld verdient, wurden die „Geissens“ lediglich mit der Art und Weise berühmt, wie sie die Millionen aus dem Verkauf ihrer ersten Firma ausgaben. Leistung als Voraussetzung für Erfolg wird hier vollständig ausgeblendet. Natürlich haben solche und ähnliche Vorbilder ihre Folgen. In dem Film The Bling Ring von Sofia Coppola, der 2013 bei den Filmfestspielen in Cannes Premiere hatte, bricht eine Clique von Jugendlichen aus gutem Hause in die Villen von Hollywoodstars ein, um an deren Statussymbole zu gelangen. „Wir wollten Teil des Lifestyles sein, den alle wollen“, sagt einer der Jugendlichen im Film. Das Drehbuch basiert auf einem authentischen Fall. Eine Einbruchserie von statussüchtigen Jugendlichen hat es in Los Angeles tatsächlich gegeben.

Leben auf großem Fuße – doch wer zahlt die Rechnung?

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Status durch Leistung statt Vererbung ist eine soziale Errungenschaft
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Wenn nur der Erfolg zählt – oder sogar nur der Lifestyle des Erfolgs –, dann sind die Abkürzungen irgendwann attraktiver als der Weg über die Leistung. Fast noch bedenklicher ist es, wenn gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Einfluss immer weniger nach Leistung vergeben wird. Sighart Neckel hält das Zeitalter der sozialen Aufsteiger längst für beendet. „Ein dreihundert Jahre währender Trend zur stärkeren sozialen Durchlässigkeit“ habe sich „mittlerweile dauerhaft umgekehrt“. Entsprechend hätten wir es mit einer „Refeudalisierung“ der Gesellschaft zu tun, bei der „die Schichtzugehörigkeit heute wieder weitgehend auf der dauerhaften sozialen Vererbung des gesellschaftlichen Status beruht.“ Mit anderen Worten: Nicht was wir leisten, entscheidet über unseren Wohlstand, sondern wer unsere Eltern sind.

Auch der Philosoph Gernot Böhme sieht die Leistungsgesellschaft in der Krise. Nach seiner Analyse leben wir zwar im Überfluss, sind aber im Knappheits- und Mangeldenken gefangen: „Die Unternehmer leben unter der Drohung der Marktverdrängung und fühlen sich deshalb zu Rationalisierung und zum Wachstum gezwungen. Die Arbeitnehmer bangen um ihren Arbeitsplatz und fühlen sich dauernd zu Höchstleistungen getrieben. Alle Konsumenten, auch die gutverdienenden, haben das Gefühl, zu wenig Geld zu haben, weil sie dem Konsumangebot … nur mit Mühe entsprechen können.“ Die Behauptung, dass wir im Hamsterrad rennen, um uns Dinge leisten zu können, die wir eigentlich nicht brauchen, ist keineswegs neu. Sie ist aber nicht deshalb automatisch falsch, weil sie wenig originell ist.

Überhaupt das Thema Geld: Die Zockerstaaten und Kasinobanken haben in den letzten Jahren den Eindruck erweckt, als hätten Geldverdienen und Leistungserbringung kaum noch etwas miteinander zu tun. Dem Staat scheint das von seinen Steuerzahlern gefüllte Portemonnaie so locker zu sitzen wie nie zuvor. Allein auf die Rettung der Commerzbank musste der deutsche Staat jüngst 2,5 Milliarden Euro abschreiben. Geld, das der Fiskus nie wiedersehen wird. Schon mit diesem einen Buchungsposten hat jeder Erwerbstätige in Deutschland der Commerzbank rund 60 Euro „geschenkt“. Die Gesamtkosten der jüngsten Finanzkrise für die Steuerzahler sind noch gar nicht absehbar.

Der konservative Sozialwissenschaftler Meinhard Miegel schätzt, dass die Deutschen, wollten sie die Schulden in den Griff bekommen, ihren Lebensstandard auf 40 Prozent des derzeitig Gewohnten senken müssten. Sie lebten dann wieder auf dem Niveau der 1960er Jahre. Ähnlich sehe es auch in den anderen europäischen Ländern aus. Das berichtet die Deutsche Welle in einem Beitrag. Kann Leistung sich dann noch lohnen? Für was sollen wir uns zukünftig anstrengen? So wird die Finanzkrise geradewegs zur Sinnkrise.

Die neue Lust auf Leistung braucht keine falschen Vorbilder

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Leitbilder und Werte hinterfragen, statt sie ungeprüft zu übernehmen
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