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Beschreibung

Endokrinologie für das Studium ganz kompakt: Geordnet nach (Organ-)Systemen und Krankheitsbildern vermittelt dieses Buch die kompletten vorklinischen Grundlagen zur Anatomie, Biochemie, Physiologie, Pathologie und Pharmakologie – darüber hinaus aber auch die notwendigen klinischen Basics zu Labordiagnostik, Bildgebung und Therapie. Eine praktische Ergänzung zu bestehenden Lehrbüchern, die sich jeweils überwiegend auf Teilaspekte beschränken.

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Florian Kiefer, Anton Luger (Hg.)

Endokrinologie und Stoffwechsel

Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Florian Kiefer, PhD

Medizinische Universität Wien

Universitätsklinik für Innere Medizin III

Währinger Gürtel 18–20

1090 Wien

Univ.-Prof. Dr. Anton Luger

Medizinische Universität Wien

Universitätsklinik für Innere Medizin III

Währinger Gürtel 18–20

1090 Wien

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

11., aktualisierte Auflage 2024

© 2007 Facultas Universitätsverlag

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der

Verbreitung sowie der Übersetzung sind vorbehalten.

Umschlag: sakramir – stock.adobe.com

Satz & Druck: Facultas Verlags- und Buchhandels AG

Printed in Austria

ISBN 978-3-7089-2457-1 (print)

ISBN 978-3-99111-853-4 (E-Pub)

Vorwort

Die nunmehr vorliegende 11. Auflage dieses Buchs spannt den Bogen von der (Patho-)Physiologie zur Klinik und Pharmakologie endokriner und metabolischer Erkrankungen. Wesentliche neue Entwicklungen der letzten Jahre, insbesondere im Bereich der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 und der Hyperlipidämie wurden bereits in der letzten Auflage eingearbeitet. Das Thema Adipositas, welches uns aufgrund einer zunehmenden Bekanntheit der neuen Therapiemöglichkeiten im vergangenen Jahr medial intensiv begleitet hat, nimmt auch in dieser Auflage einen wichtigen Stellenwert ein.

Bedanken möchten wir uns bei allen Autor:innen und auch beim facultas Verlag, insbesondere Frau Theresa Gapp und Frau Lea Schenner, für die Unterstützung, die eine regelmäßige Neuauflage möglich macht.

Wir hoffen, dass dieses Werk in gewohnter Qualität weiterhin vielen Leserinnen und Lesern bei der medizinischen Ausbildung behilflich ist und als Nachschlagelektüre für alle Interessierten dient.

Florian Kiefer & Anton Luger

Jänner 2024

Inhaltsverzeichnis

Physiologie des Intermediärstoffwechsels

M. Bischof, M. Kraupp, M. Slak Rupnik

Autoimmunendokrinologie

P. Pietschmann

Nebenniere

M. Kraupp, K. Kaserer, O. Koperek, W. Marktl, C. Nanoff, M. Willheim, R. Dudczak, G. Karanikas, W. Schima, M. Bischof, A. Luger

Hypophyse

A. Luger, K. Kaserer, O. Koperek, W. Marktl, C. Nanoff, W. Schima

Diffuses endokrines System

K. Kaserer, O. Koperek, G. Karanikas

Diabetes mellitus

F. Kiefer, M. Bischof, B. Ludvik, M. Kraupp, M. Slak Rupnik, M. Willheim, C. Nanoff, V. Parzer, A. Luger

Schilddrüse

K. Kaserer, O. Koperek, M. Krebs, M. Kraupp, M. Willheim, R. Dudczak, A. Luger, M. Bischof, G. Karanikas, F. Kiefer

Lipidstoffwechsel

F. Kiefer, M. Bischof, B. Ludvik, C. Nanoff, V. Parzer, T. Stulnig

Knochen-, Kalzium- und Phosphat-Stoffwechsel, Erkrankungen der Nebenschilddrüse

P. Pietschmann, C. Nanoff, R. Dudczak, R. Marculescu

Adipositas

V. Parzer, F. Kiefer

Autor:innenverzeichnis

Physiologie des Intermediärstoffwechsels

M. Bischof, M. Kraupp, M. Slak Rupnik

Abb. 1. Hauptwege des Intermediärstoffwechsels. Makromoleküle wie Fette, Proteine/Polipeptide, Kohlenhydrate und Polynukleotide können zu kleinen, monomeren Einheiten abgebaut werden, bevor sie in AcCoA umgewandelt werden, das gemeinsame Zwischenprodukt mit zwei Kohlenstoffatomen (2C), das im TCA-Zyklus oxidiert wird. Fette und ketoplastische Aminosäuren werden direkt und meist reversibel zu AcCoA verstoffwechselt, während Kohlenhydrate, Glycerin, Laktat und glucoplastische Aminosäuren zunächst zu Pyruvat, einem Zwischenprodukt mit drei Kohlenstoffatomen (3C), verstoffwechselt werden. Eine irreversible Pyruvat-Dehydrogenase-Aktion ist der Switch zwischen dem 2C- und 3C-Stoffwechselregime. Der 2C-Stoffwechsel allein verbraucht im Prozess der Kataplerose die intermediären Metaboliten, so dass die Anaplerose aus den 3C-Stoffwechselwegen erforderlich ist, um die Stoffwechselintermediate im TCA-Zyklus wieder zu regenerieren.

Glukosestoffwechsel

Glukose wird zum größten Teil über spezifische Transportproteine in die Zelle aufgenommen. Im Zytoplasma wird die freie Glukose durch Hexokinasen (in der Leber: Glukokinase) zu Glukose-6-Phosphat (G-6-P) phosphoryliert. Im Darm, in der Niere, in der Leber und im Gehirn sind Glukosetransporter an der Plasmamembran der Zelle reichlich konstitutiv exprimiert und ihre Anzahl nicht physiologisch regelbar. In einigen Geweben, vor allem in Skelettmuskelzellen und Adipozyten kann die Anzahl der Glukosetransporter an der Zellmembran durch Insulin weiter erhöht werden. Gut trainierte Skelettmuskelzellen reagieren empfindlicher auf Insulin als wenig trainierte Muskelzellen. Auch der Glukosetransport in der Leber ist insulinabhängig. Insulin stimuliert dort die Expression von Glukokinase und steigert Glukosephosphorylierung zu G-6-P.

G-6-P ist ein zentraler Drehpunkt des Glukosestoffwechsels, von dem aus folgende Stoffwechselwege beschritten werden können:

• Glykolyse

• Speicherung in Glykogen

• Pentosephosphatzyklus

• Freisetzung von Glukose durch G-6-Phosphatase in Leber und Niere

Glykolyse

Der anaerobe Abbau der Glukose erfolgt nach Zerfall in 2 Triosephosphate bis zum Pyruvat. Die meisten Reaktionen sind reversibel und können während der Glukoneogenese auch zur Synthese von Glukose herangezogen werden. Die Reaktionen der Hexokinase, der Phosphofruktokinase und der Pyruvatkinase sind jedoch irreversibel und müssen während der Glukoneogenese von anderen Enzymen überbrückt werden. Dadurch kann der Substratfluss durch Glykolyse und Glukoneogenese den Anforderungen des zellulären Stoffwechsels angepasst und ein sinnloses, energievernichtendes Cycling G-6-P → Pyruvat → G-6-P vermieden werden.

Das Schlüsselenzym zur Regulation der Glykolyse ist die Phosphofruktokinase. Auch die Pyruvatkinase ist an der Regulation der Glykolyse beteiligt, wobei dieses Enzym durch hohe ATP-Konzentrationen gehemmt wird.

Pyruvat ist ein weiterer Knotenpunkt im Intermediärstoffwechsel. Folgende Wege können von hier aus beschritten werden:

• unter anaeroben Bedingungen erfolgt die Reduktion zu Laktat durch die Laktatdehydrogenase

• im Mitochondrion Bildung von Oxalacetat durch Pyruvat-Carboxylase und von hier

a) in den Citratzyklus oder

b) aus dem Mitochondrion zurück ins Zytosol und in die Glukoneogenese

• Bildung von Acetyl-CoA durch Pyruvat-Dehydrogenase und von hier

a) in den Zitratzyklus oder

b) über Citrat wieder in Zytosol zur Fettsäuresynthese

Der Citratzyklus ist die gemeinsame metabolische Endstrecke für Aminosäuren, Glukose und Fettsäuren. Der Übergang von der anaeroben Glykolyse zum aeroben Katabolismus ist die Decarboxylierung von Pyruvat zu Acetyl-CoA, das dann nur mehr im Citratzyklus oxidiert oder zu Fettsäuren synthetisiert werden kann.

Glukoneogenese

Als Glukoneogenese wird die Neubildung von Glukose aus C3-Bruchstücken bezeichnet. Bei kurzem und auch bei längerem Fasten erfolgt die Glukoneogenese in der Leber und in der Niere. Schon bei nächtlicher Nahrungskarenz trägt die Niere fast 50 % zur Glukoneogenese bei.

Die wichtigsten Präkursoren der Glukoneogenese sind: 1) Laktat (32 %), das aus dem Muskel stammt (Cori-Zyklus) und über Pyruvat in die Glukoneogenese eingeht, 2) Aminosäuren (Glutamin (30 %), Alanin (20 %)), die bei langem Fasten durch Glucocorticoide aus Protein freigesetzt werden und über Pyruvat oder Oxalacetat in die Glukoneogenese eingehen, und 3) Glycerin (8 %), das bei der Lipolyse aus Triglyzeriden freigesetzt wird und über Dihydroxyacetonphosphat in die Glukoneogenese eingeht.

Die Schlüsselenzyme zur Regulation der Glukoneogenese sind die Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (PEP-CK) und die Fructose-1,6-bisphosphatase.

Glykogen

Glykogensynthese

Drei Enzyme sind an der Glykogensynthese beteiligt: UDP-Glukose-Pyrophosphorylase, Glykogen-Synthase und Glykogen-Verzweigungs-Enzyme.

Zur Glykogensynthese wird Glukose-6-Phosphat zunächst in Glukose-1-Phosphat und dann weiter in Uridindiphosphatglukose umgewandelt. Als Startermolekül dient eine Proteinkette (Glykogenin). An das Glykogenin werden von der Glykogen-Synthase Glukosylreste von UDP-Glukose auf die bereits vorhandene Kette in α(1→4)-Bindung übertragen. Damit wird die Kette schrittweise um je eine Glukoseeinheit verlängert. Die Verzweigung bei der Glykogenbildung geschieht durch die Amylo-(1,4→1,6)-Transglykosylase (Verzweigungs-Enzym oder Branching-Enzym). Zur Bildung von Glykogen kann entweder vorhandene Glukose (direkter Weg) oder glukoneogenetisch gebildete Glukose (indirekter Weg) herangezogen werden.

Glykogenabbau

Auch am Glykogenabbau sind drei Enzyme beteiligt: Die Glykogen-Phosphorylase, das Glykogen-Debranching-Enzym und die Glukosephosphat-Mutase.

Die Glykogen-Phosphorylase katalysiert die Phosphorolyse von Glykogen zu Glukose-1-Phosphat. Das Glykogen-Debranching-Enzym beseitigt die Verzweigungen des Glykogens, wodurch dessen vollständiger Abbau durch die Glykogen-Phosphorylase möglich wird. 90 % der Glukosereste des Glykogens können so in Glukose-1-Phosphat umgewandelt werden. Die restlichen 10 %, die an den Verzweigungsstellen liegen, werden direkt als Glukose freigesetzt. Das aus der Glykogenolyse stammende Glukose-1-Phosphat wird durch die Glukosephosphat-Mutase in Glukose-6-Phosphat umgewandelt. In Leber (und Niere) wird Glukose-6-Phosphat durch die Glukose-6-Phosphatase hydrolytisch gespalten und als freie Glukose an das Blut abgegeben.

Aminosäurestoffwechsel

Aminosäuren werden einerseits zur Synthese von Proteinen benötigt, andererseits können sie im Hungerzustand zur Glukoneogenese und Lipidsynthese verwendet werden. Überschüssige Aminosäuren werden im Harnstoffzyklus ausgeschieden. Während der menschliche Körper zahlreiche Aminosäuren selbst erzeugen kann (nicht-essentielle Aminosäuren), müssen einige Aminosäuren mit der Nahrung zugeführt werden (essentielle Aminosäuren).

Durch Transamierung und oxidative Desamierung werden Aminosäuren in die entsprechenden α-Ketonsäuren umgewandelt. Das Kohlenstoffgerüst der α-Ketonsäuren wird in den Citratzyklus eingeschleust. Alle Aminosäuren, die Pyruvat oder Zwischenprodukte des Citratzyklus bilden, können zur Glukoneogenese verwendet werden und werden daher als glukoplastische Aminosäuren bezeichnet. Aminosäuren, die über Acetyl-CoA oder Acetoacetat in den Citratzyklus eingehen, werden als ketoplastische Aminosäuren bezeichnet. Wenn im Hungerzustand Aminosäuren zur Glukoneogenese herangezogen werden, sind dafür nur die glukoplastischen Aminosäuren geeignet, während das Acetyl-CoA, welches aus den ketoplastischen Aminosäuren entstanden ist, aus Mangel an Oxalacetat nicht in den Citratzyklus eingehen kann und daher zu Ketonkörpern weiterreagiert.

Fettstoffwechsel

Lipolyse

Fettsäuren werden hauptsächlich in den Fettzellen als Triglyzeride gespeichert. Die Freisetzung von Fettsäuren erfolgt durch die Aufspaltung in freie Fettsäuren und Glycerin durch Adipose Triglyzerid Lipase (ATGL), weiters durch die Hormonsensitive Lipase (HSL) und letztendlich durch Monoglyzerid Lipase. Das durch die Lipolyse frei werdende Glycerin geht über Glycerinaldehyd-3-P in die Glykolyse ein. Die Aktivierung von ATGL und HSL erfolgt durch: Katecholamine, Glukagon (pharmakologisch) und ACTH über den second messenger cAMP. Gehemmt wird die Aktivität der Lipase durch Insulin (physiologisch) und Nikotinsäure (pharmakologisch).

β-Oxidation

Die Fettsäuren werden über β-Oxidation im Mitochondrion abgebaut. Zunächst erfolgt im Zytoplasma durch die Acyl-CoA-Synthetase die Aktivierung der Fettsäure zu Acyl-CoA unter Verbrauch von ATP. Da die mitochondriale Wand für langkettige Fettsäuren nicht permeabel ist, erfolgt der Transport von langkettigen Fettsäuren ins Mitochondrion durch Veresterung mit Carnitin. Das aus der β-Oxidation im Mitochondrion stammende Acetyl-CoA kann nur in den Citratzyklus eingeschleust werden, wenn ausreichend Oxalacetat zur Verfügung steht. Wenn dieser Weg nicht offen steht, erfolgt die Bildung von Ketonkörpern: Acetoacetat, β-Hydroxybutyrat und Aceton. Acetyl-CoA kann von Tieren nicht in Oxalacetat oder Pyruvat umgewandelt werden, das bedeutet, dass Fette nicht in Glukose umgewandelt werden können.

Synthese von Fettsäuren

Die Synthese von Fettsäuren findet im Cytosol statt, wobei entweder vorhandene Fettsäuren durch Anlagerung von Acetyl-CoA verlängert oder eine Fettsäure durch Synthese von Malonyl-CoA neu gebildet wird. Diese Reaktionen werden durch einen Multienzymkomplex katalysiert, der als Fettsäure-Synthase-Komplex bezeichnet wird. Das dazu benötigte Acetyl-CoA wird als Citrat aus dem Mitochondrion geschleust, wobei das nach Abspaltung von Acetyl-CoA verbleibende Oxalacetat nach Umwandlung in Pyruvat wieder in das Mitochondrion zurückkehren kann.

Das Schlüsselenzym der Fettsäuresynthese ist die Acetyl-CoA-Carboxylase.

Stoffwechsel einzelner Organe und Bedeutung einzelner Organe für den Intermediärstoffwechsel

Gehirn

Leber

Die Leber ist das zentrale Organ im Intermediärstoffwechsel. Sie erhält über die Pfortader resorbierte Stoffe direkt aus dem Darm (Ausnahme: Lipide, die über das Lymphsystem in den Körperkreislauf gelangen). In der Leber können folgende Stoffwechselprozesse ablaufen:

• Aufgenommene Glukose wird in Glukose-6-Phosphat umgewandelt, welches verwendet werden kann

– zur Glykogensynthese

– zum Abbau zu Acetyl-CoA (u. a. Ausgangsstoff zur Fettsäure-, Cholesterin- und Gallensäuresynthese)

– zum Abbau über den Pentosephosphatweg (Bereitstellung von NADPH)

• Bei Bedarf kann die Leber Glykogen mobilisieren und – da sie Glukose-6-Phosphatase besitzt – Glukose ins Blut abgeben

• Bei prolongiertem Fasten wird eine ausreichende Versorgung mit Glukose durch Glukoneogenese gewährleistet

• Fettsäuresynthese, Veresterung von Fettsäuren und Abgabe als VLDL ans Blut

• Ketonkörperbildung (in Mitochondrienmatrix)

• Proteinsynthese

• Harnstoffsynthese

Ihren eigenen Energiebedarf deckt die Leber in erster Linie durch α-Ketosäuren aus dem Aminosäure-Abbau.

Skelettmuskel

Glukose: Speicherung in Form von Glykogen (ca. 5000 kJ). Muskelzellen haben keine Glukose-6-Phosphatase, daher kann Muskelglykogen nicht bis zu Glukose metabolisiert und ans Blut abgegeben werden. In Ruhe decken Fettsäuren 85 % des Energiebedarfs des Muskels. Außerdem kann der Muskel Ketonkörper verwerten.

Herz

Das Herz hat keine Glykogenreserven und deckt seinen Energiebedarf hauptsächlich durch Fettsäuren.

Abb. 2. Stoffwechselbeziehungen zwischen Muskel und Leber

Fettgewebe

Veresterung von Fettsäuren, Speicherung von Triacylglycerinen (im Allgemeinen > 500.000 kJ), Freisetzung von Fettsäuren aus Triacylglycerinen (Steuerung über hormonsensitive Lipase). In Fettzellen bestimmt der Glukosespiegel, ob Fettsäuren ans Blut abgegeben werden.

Energiespeicher des Organismus

Kohlenhydrate: Glykogen ist die Speicherform von Glukose in Leber, Muskulatur und Astrozyten. Leber-Glykogen (nicht jedoch Muskel-Glykogen) ist ein Puffer zur Konstanthaltung des Blutglukosespiegels zwischen den Mahlzeiten. Aus Glykogen kann Glukose rasch mobilisiert werden und auch in Abwesenheit von Sauerstoff (im Gegensatz zu Fettsäuren) zur Energiebereitstellung genutzt werden.

Fett: Triacylglycerine (Fettgewebe): Vorteil: Eine große Menge Energie kann in relativ wenig Gewicht/Volumen gespeichert werden.

Proteine: Können prinzipiell zur Energiegewinnung verwendet werden, allerdings zu Lasten von Struktur bzw. Funktion.

Tab. 1. Brennstoffreserven eines 70 kg schweren Mannes(nach Cahill (1976): Clin. Endocrinol. Metab.)

Stoffwechselanpassung bei Nahrungszufuhr/ Substratspeicherung

Leber

•Kohlenhydrate: Glykogensynthese, kaum de novo Lipogenese

•Triacylglycerine: VLDL-Synthese und -Sekretion

•Aminosäuren: Substrate für Protein- und Glykogensynthese

Skelettmuskulatur

• Aufnahme von Glukose über GLUT4

• Steigerung der Glykogensynthese

• Erhöhte Lipoproteinlipase-Aktivität im Kapillarendothel: Spaltung von Triacylglycerinen in Chylomikronen und VLDL und vermehrte Aufnahme von Fettsäuren, gesteigerte Synthese von Triacylglycerinen

Fettgewebe

•Erhöhte Lipoproteinlipase-Aktivität: Spaltung von Triacylglycerinen in Chylomikronen und VLDL und vermehrte Aufnahme von Fettsäuren in Fettzellen.

• Aufnahme von Glukose über GLUT 4, gesteigerte Synthese von Triacylglycerinen

Die Steuerung der Substratspeicherung (Aufbaustoffwechsel) nach Nahrungszufuhr erfolgt in erster Linie durch Insulin. Das heißt auch, dass ohne Insulin keine Substratspeicherung erfolgen kann und katabole Prozesse dominieren.

Insulin

Beim Fasten ist die Insulinkonzentration im Plasma niedrig und Glukoneogenese überwiegt. Nach der Nahrungsaufnahme erfolgt die Sekretion von Insulin. Nach Sekretion in die Pfortader unterliegt Insulin in der Leber einem ausgeprägten First-Pass-Effekt, sodass nur ein geringer Teil des sezernierten Insulins in die periphere Zirkulation gelangt. Die Plasmahalbwertszeit beträgt ca. 3–4 Minuten, weil Insulin sehr schwach an Plasmatransportproteine bindet und durch glomeruläre Filtration rasch renal eliminiert wird. Die renale Elimination wird durch zyklische Freisetzung von Insulin kompensiert. Die Wirkung von Insulin erfolgt über den membranständigen Insulinrezeptor.

Sofort (innerhalb von Sekunden):

• vermehrte Aufnahme von Glukose, Aminosäuren und K+ in Insulin-sensitive Zellen (Fettzellen, Muskelzellen)

Mittelfristig (innerhalb von Minuten):

• Stimulation der Proteinsynthese

• Hemmung des Protein-Abbaus

• Stimulierung der Glykolyse und der Glykogen-Synthese

• Hemmung des Glykogen-Abbaus

Langfristig (innerhalb von Stunden):

• vermehrte Neusynthese von lipogenetischen und anderen Enzymen

Wirkungen von Insulin auf verschiedene Gewebe

Allgemein

Zell-Housekeeping, Zellwachstum und Substratspeicherung

Leber

Gesteigerte Protein- und Lipidsynthese, verminderte Glukoneogenese und gesteigerte Glykogensynthese, daher verminderte Freisetzung von Glukose, verminderte Ketogenese

Muskulatur

Vermehrte Aufnahme von Glukose, Aminosäuren, Ketonkörpern und K+, gesteigerte Protein- und Glykogensynthese; verminderter Protein-Abbau und verminderte Freisetzung glukoneogenetischer Aminosäuren

Fettgewebe

Vermehrte Aufnahme von Glukose und K+, vermehrte Fettsäuresynthese, vermehrte Glycerin-Phosphatsynthese, Aktivierung der Lipoproteinlipase, Hemmung der Hormonsensitiven Lipase, daher insgesamt vermehrte Speicherung von Triacylglycerinen

Nahrungskarenz oder physische Aktivität

Im Zustand der Nahrungskarenz ist es das Ziel des Organismus, die Blutglukosekonzentration bei ≥ 80 mg/dl aufrechtzuerhalten. Das geschieht durch Mobilisierung von Glykogen und Freisetzung von Glukose aus der Leber, durch Freisetzung von Fettsäuren aus Fettgewebe und Verwertung von Fettsäuren (statt Glukose) durch Muskeln und Leber.

Hormonelle Steuerung: Bei Nahrungskarenz oder im Rahmen physischer Aktivität kommt es zum Anstieg der Konzentrationen von Glukagon, Katecholaminen, Cortisol und Wachstumshormon, sowie zum Abfall der Insulinkonzentration. Das ist für den katabolen Metabolismus verantwortlich.

Daraus ergeben sich folgende Stoffwechselveränderungen:

• Lipolyse im Fettgewebe

• Glykogenolyse und Glukoneogenese in der Leber

• Fettsäureoxidation in vielen Geweben

• Steigerung der Synthese von Ketonkörpern und Abgabe durch die Leber

Probleme bei längerer Nahrungskarenz

Gehirn und andere Gewebe (z. B. Erythrozyten) brauchen Glukose, die nur aus Glycerin (wenig) bzw. Aminosäuren herstellbar ist. Die Bereitstellung erfolgt durch die eiweißkatabole Wirkung von Glukocorticoiden. Proteinabbau bewirkt langfristig eine Funktionseinschränkung des Organismus.

Autoimmunendokrinologie

P. Pietschmann

Einleitung

Unter Autoimmunität versteht man einen immunpathologischen Prozess, bei dem eine abnorme Immunantwort auf Autoantigene entsteht. In der Humanmedizin ist eine Vielzahl von Autoimmunerkrankungen bekannt; Beispiele für solche Erkrankungen sind in Tab. 1 angegeben. Autoimmunerkrankungen können organspezifisch sein (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis) aber auch eine Vielzahl von Organen oder Organsystemen befallen (z. B. Systemischer Lupus erythematodes). Die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen verläuft meist sehr komplex. Grundsätzlich kann eine Autoimmunerkrankung durch Veränderung des Autoantigens entstehen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass ein abnorm funktionierendes Immunsystem zu einer Störung der immunologischen Selbsterkennung führt. Schließlich besteht noch die Möglichkeit der Kombination der vorher beschriebenen Mechanismen.

Tab. 1. Spektrum der Autoimmunerkrankungen

organspezifisch

systemisch

• Hashimoto-Thyreoiditis

• Morbus Basedow

• Perniziöse Anämie

• Typ-1-Diabetes mellitus

• Idiopathische thrombozytopenische Purpura

• Primär biliäre Zirrhose

• Chronische Polyarthritis

• Sklerodermie

• Mixed Connective Tissue Disease

• Systemischer Lupus erythematodes

Milgrom und Witebsky haben folgende Postulate zur Klassifikation einer Erkrankung als Autoimmunerkrankung aufgestellt (zit. nach G. Wick 2007):

1. Nachweis von Antikörpern oder lymphoiden Zellen des Patienten, welche mit körpereigenem antigenem Material reagieren.

2. Das Antigen ist genau definiert.

3. Im Tierexperiment muss das Autoantigen immunogen sein. Die beim Tier ausgelöste Erkrankung soll der anatomischen Verteilung des Antigens entsprechen.

4. Die Autoimmunerkrankung ist durch Serum oder lymphoide Zellen übertragbar.

Risikofaktoren für die Entstehung von Autoimmunerkrankungen

MHC-Genotyp

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass Autoimmunerkrankungen mit bestimmten HLA-Allelen assoziiert sind. Bei Autoimmunerkrankungen, welche das endokrine System betreffen, finden sich häufig Assoziationen mit HLA-DR 3 und HLA-DR 4 (Tab. 2). HLA-Klasse-2-Moleküle spielen eine wichtige Rolle bei der Antigenpräsentation (Abb. 1). Antigenpräsentierende Zellen (z. B. dendritische Zellen) nehmen Antigene auf, prozessieren diese und präsentieren die Antigene unter Zuhilfenahme von HLA-Klasse-2-Molekülen an T-Helferzellen. Eine der Erklärungen für die Assoziation von Autoimmunerkrankungen mit dem HLA-System besagt, dass bestimmte Autoantigene bevorzugt über bestimmte Varianten der HLA-Moleküle präsentiert werden.

Tab. 2. HLA und Autoimmunität

HLA und Autoimmunität

Typ-1-Diabetes mellitus

HLA-DR 3, HLA-DR 4

Morbus Addison

HLA-B8, HLA-DR 3

Hashimoto-Thyreoiditis

HLA-DR 3, HLA-DR 4, HLA-DR 5

Morbus Basedow

HLA-DR 3

Chronische Polyarthritis

HLA-DR 4

Morbus Bechterew

HLA-B 27

Abb.1. Antigenpräsentation und Aktivierung von T-Helferzellen. Modifiziert nach Trowsdale 2006 APC: Antigenpräsentierende Zelle; TH: T-Helferzelle; ICAM-1: Intercellular adhesion molecule-1; LFA-1: Leucocyte functional antigen-1; HLA-II: HLA-Klasse II-Molekül; AG: prozessiertes Antigen; TCR: T-Zellrezeptor, B7-1, B7-2; CD28: Co-stimulatorische Moleküle;CTLA-4: Cytotoxic T-lympho-cyte associated antigen-4

Cytotoxic T-lymphocyte associated antigen 4

Cytotoxic T-lymphocyte associated antigen-4 (CTLA-4) ist ein Molekül, welches für T-Lymphozyten ein negatives Signal bedeutet und deren Aktivierung hemmt. CTLA-4 kann die antigenspezifische Apoptose von T-Lymphozyten mediieren und so die autoreaktive Proliferation von T-Lymphozyten unterdrücken. CTLA-4 ist für die Autoimmun-Endokrinopathie insofern von Bedeutung, als eine Assoziation zwischen CTLA-4 Polymorphismen und dem Erkrankungsrisiko für Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow gefunden wurde.

Genderspezifität der Autoimmunerkrankungen

Bei einer Vielzahl von Autoimmunerkrankungen wurde beobachtet, dass Frauen häufiger als Männer betroffen sind (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow, Morbus Addison). Endokrine Faktoren (z. B. 17β-Östradiol) könnten als Erklärung für die Genderspezifität der Autoimmunerkrankungen herangezogen werden; die genaueren Mechanismen konnten allerdings noch nicht eindeutig definiert werden.

Auslösende Mechanismen bei Autoimmunerkrankungen

An der Entstehung von Autoimmunerkrankungen können exogene und endogene Mechanismen beteiligt sein.

Ein wichtiger exogener Mechanismus ist die molekulare Mimikry (Kreuzreaktion von gegen Mikroben gebildeten Antikörpern mit körpereigenen Strukturen).

Beispiele für endogene Auslösungsmechanismen von Autoimmunerkrankungen sind:

• Veränderungen des Autoantigens

• Veränderungen der Funktion von antigenpräsentierenden Zellen

• gesteigerte Funktion von T- oder B-Lymphozyten

Die Gewebszerstörung bei Autoimmunerkrankungen kann einerseits durch Autoantikörper (Blockierung/Inaktivierung oder Antibody-dependent cellular cytotoxicity) oder durch die Lymphozyten (zelluläre Zytotoxizität, Produktion bestimmter Zytokine) erfolgen.

In der Folge wird die Autoimmunpathogenese ausgewählter endokriner Erkrankungen exemplarisch dargestellt.

Hashimoto-Thyreoiditis

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine der häufigsten endokrinen Erkrankungen. Es wird vermutet, dass Viren an der Auslösung der Erkrankung beteiligt sind. Gesichert gilt dies lediglich für das human T-cell lymphotropic virus 1.

Humorale Immunität

Bei der Hashimoto-Thyreoiditis finden sich Autoantikörper gegen Thyreoperoxidase (TPO), gegen Thyreoglobulin sowie (seltener) das die TSH-Bindung inhibierende Immunglobulin (TBII).

Zelluläre Immunität

Histologisch findet sich in frühen Stadien der Erkrankung eine deutliche Infiltration der Schilddrüse durch Lymphozyten und Plasmazellen (Abb. 2). In der Folge kommt es zu einer Zerstörung des Schilddrüsengewebes durch CD8+-zytotoxe Zellen. An der Gewebszerstörung sind weiters Zytokine (Tumor-Nekrosefaktor, Interferon-γ) beteiligt. Zusätzlich wird eine Hinaufregulation von HLA-Klasse-1- und Klasse-2-Molekülen sowie bestimmter Adhäsionsmoleküle beobachtet.

Abb. 2. Dichtes lymphozytäres Infiltrat bei Autoimmunthyreoiditis (M. Hashimoto)

Morbus Basedow

Der Morbus Basedow (englisch: Grave Disease) ist bei Frauen etwa 10-mal häufiger als bei Männern. Über die auslösenden Faktoren der Erkrankung ist wenig bekannt. Es gibt lediglich indirekte Evidenz, dass Stress hier beteiligt sein könnte.

Humorale Immunität

Bei Morbus Basedow kommt dem TSH-Rezeptor-Autoantikörper (TRAK), auch als Thyreoidea-stimulierendes Immunglobulin (TSI) bezeichnet, eine direkte pathogenetische Bedeutung zu. In der Schilddrüse, dem Knochenmark und Lymphknoten kommt es zu einer Produktion des TRAK. TRAK bindet sich an den TSH-Rezeptor und bewirkt dadurch eine Stimulation der Schilddrüsenhormonproduktion (Abb. 3).

Zelluläre Immunität

Es findet sich eine diffuse lymphozytäre Infiltration der Schilddrüse.

Abb. 3. Auslösung einer Hyperthyreose durch TSH-Rezeptor-Autoantikörper (TRAK) modifiziert nach Burmester & Pezzuto 1998

Bei einem Teil der Patienten mit Morbus Basedow (nicht aber bei anderen Formen der Hyperthyreose) wird eine Endokrine Ophthalmopathie beobachtet. Durch eine vermehrte Zytokinproduktion im Bereich der Orbita (Interferon-γ, Tumor-Nekrosefaktor, Interleukin-1) kommt es zu einer Fibroblastenaktivierung, einer gesteigerten Glukosaminoglykansynthese und damit zu einer Schwellung der Augenmuskeln.

Typ-1-Diabetes mellitus

Humorale Immunität

Bei mehr als 75 % der frisch manifestierten Typ-1-Diabetiker können Inselzellantikörper (ICA) nachgewiesen werden. Die ICA sind gegen Inselzellantigene wie z. B. gegen Glutamic acid decarboxylase (GAD) gerichtet. Darüber hinaus werden bei Typ-1-Diabetikern auch Autoantikörper gegen Insulin beobachtet.

Zelluläre Immunität

Bei der Erkrankung wird histologisch eine Insulitis, d. h. eine Infiltration der Langerhans’schen Inseln des Pankreas durch mononukleäre Zellen beobachtet. Die Destruktion der β-Zellen erfolgt im Wesentlichen durch zytotoxe CD8+-T-Lymphozyten. Darüber hinaus sind auch Zytokine wie TNF-α, Interferon γ und Interleukin-1 an der Gewebsdestruktion beteiligt.

Morbus Addison

In den entwickelten Ländern ist die Autoimmunität bei 70–80 % der Fälle die Ursache einer primären Nebennierenrinden-Insuffizienz (die zweithäufigste Ursache ist die Tuberkulose).

Humorale Immunität

Bei Patienten mit Morbus Addison können Antikörper gegen die 21-Hydroxylase nachgewiesen werden (die pathogenetische Bedeutung dieser Antikörper ist unklar, ihre Bestimmung kann jedoch eine diagnostische Hilfestellung bieten).

Zelluläre Immunität

Histopathologisch findet sich eine Fibrose und mononukleäre Infiltration der Nebennierenrinde, gelegentlich treten Plasmazellen auf. Wahrscheinlich erfolgt eine autoimmune Zerstörung der Nebennieren durch zytotoxe T-Zellen.

Literatur

Wick G: Immunsystem. In: Schwarz S, Förster O, Peterlik M, Schornstein K, Wick G (Hg): Pathophysiologie. Molekulare und zelluläre systemische Grundlagen von Krankheiten, Maudrich Verlag, Wien 2007, 11-2 bis 11–69

Lipsky BE, Diamond B: Autoimmunity and Autoimmune Diseases. In: Kasper DL, Braunwald E, Fauci AS, Hauser SL, Longo DL, Jameson JL(Eds) Harrison’s Principles of Internal Medicine, 16th edition, 2005. The McGraw-Hill Companies, 1956–1960

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Burmester GR, Pezzutto A. In: Taschenatlas der Immunologie, 1998, Thieme Verlag Stuttgart – New York

Danksagung

Der Autor möchte sich bei Frau Birgit Schwarz für ihre Hilfe bei der Abfassung des Manuskripts und bei Univ.-Prof. Dr. Roland Sedivy (Zentrum für Pathologie, Danube Private University, Krems) für die Überlassung der Abbildung 2 bedanken.

Nebenniere

M. Kraupp, K. Kaserer, O. Koperek, W. Marktl, C. Nanoff, M. Willheim, R. Dudczak, G. Karanikas, W. Schima, M. Bischof, A. Luger

Anatomie

Bei den Nebennieren (NN) handelt es sich um paarig angelegte Organe des Retroperitonealraums. Wie der Name beschreibt, finden sie sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Nieren den Nierenpolen aufgelagert. Die lappenartigen Organe (rechte NN dreieckig, kapuzenförmig, linke NN halbmondförmig) weisen eine maximale Ausdehnung von ca. 6 cm auf und wiegen 4–10 g. Auf lamellierenden Schnittflächen der ca. 1 cm dicken Organe zeigt sich außen eine sattgelbe Rinde und zentral das eher graue Mark. In der Rinde werden die Steroidhormone Aldosteron, Cortisol, Androgene und Östrogene gebildet und im Mark die Katecholamine Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin.

Die Kenntnis der Lagebeziehungen der Nebennieren zu anderen Organen des Peritoneal- und Retroperitonealraums sowie die Kenntnis der Gefäßversorgung sind von erheblicher Bedeutung (Abb. 1).

Abb. 1. 3D-Rekonstruktion einer Multidetektor-CT (MDCT) in coronaler Schichtführung zeigt die normalen Nebennieren beidseits (Pfeile).

Lagebeziehung rechte Nebenniere

•Facies posterior – Pars lumbalis des Zwerchfells

• Facies renalis – oberer Pol der rechten Niere

• Facies anterior – Leber

• Medialer Rand – V. cava inferior

Lagebeziehung linke Nebenniere

• Facies posterior – Pars lumbalis des Zwerchfells

• Facies renalis – medialer Rand und oberer Pol der linken Niere

• Facies anterior – Bursa omentalis, Pankreas und Milzgefäße

• Medialer Rand – Aorta abdominalis

Gefäßversorgung der Nebennieren

• A. suprarenalis sup. aus A. phrenica inf.

• A. suprarenalis med. aus Aorta abdominalis

• A. suprarenalis inf. aus A. renalis

Venöse Gefäßableitung

• V. suprarenalis dext.: mündet direkt in V. cava inf.

• V. suprarenalis sin.: mündet in V. renalis sin.

Histologie

Nebennieren-Rinde

Die äußerste Schicht der Nebennierenrinde (NNR) stellt die nur fokal ausgebildete Zona glomerulosa dar. Die in rundlichen eiförmigen Gruppen angeordneten Zellen weisen eine hohe Kern/Plasma-Relation auf und sind die einzige Aldosteronquelle.

Die mittlere Schicht, die den Großteil der Zellmasse der Nebenniere ausmacht, ist die Zona fasciculata oder Bündelzone. Die in Trabekeln angeordneten wasserhellen Zellen produzieren Cortisol, Testosteron und Östrogene.

Die innerste Schicht wird Zona reticularis genannt und ist aus kompakt angeordneten Zellen mit eosinophilem Zytoplasma aufgebaut, auch sie produzieren Cortisol, Testosteron und Östrogene.

Nebennieren-Mark

Die Zellen des Nebennierenmarks (NNM) heben sich in mehreren Aspekten von den Zellen der NNR ab. Einerseits rein morphologisch durch ihre polygonale Zellform und ihr basophiles Zytoplasma, andererseits funktionell, da es sich um nicht-epitheliale Zellen neuralen Ursprungs mit intrazytoplasmatischen Neurosekretgranula handelt. Sie produzieren und sezernieren Katecholamine (vor allem Adrenalin). Die Zellen des NNM sind als Zellen des zweiten Neurons analog den Katecholamin-produzierenden Zellen der sympathischen Ganglien anzusehen.

Embryologie

Die Zellen der NNR sind mesodermalen Ursprungs und bilden sich in der etwa 6. Woche aus dem Zölomepithel am oberen Pol der Urnierenanlage aus. Die Zellen des Nebennierenmarks sind ektodermalen Ursprungs. Ab der 4. Woche lösen sich aus der Neuralleiste die Zellen, die die Anlage der sympathischen und parasympathischen Ganglien bilden. Aus diesen Anlagen wandern in der 7. Woche sog. Sympathikoblasten oder Chromaffinoblasten in die oben beschriebene embryonale NNR ein.

Die Nebennieren sind während der Fetalperiode aufgrund des Steroidbedarfs unverhältnismäßig groß und zeitweise größer als die fetalen Nieren. Beim Neugeborenen wiegt die NN noch ca. 1/3 der Niere, beim Erwachsenen 1/20. Histologisch sieht man als Ausdruck dieses erhöhten Steroidbedarfs den sog. fetalen Cortex der NNR, der zwischen Mark und dem nur rudimentär ausgebildeten, außen liegenden definitiven Cortex lokalisiert ist.

Fehlbildungen und ektopes Nebennierengewebe

Die Nebennieren nehmen unabhängig von den Nieren ihren Platz ein und sind auch bei verlagerten oder fehlgebildeten Nieren im oberen Retroperitonealraum lokalisiert.

Ektopes Nebennierengewebe wird am häufigsten bei Kindern im Samenstrang beobachtet, kann aber auch im Ovar und Lig. latum uteri, in der Milz, im Retroperitoneum unterhalb der Nieren, entlang der Aorta, im Becken und im Bereich des Plexus coeliacus gefunden werden. Die näher an der orthotopen Lage befindlichen ektopen NN weisen häufig NNR und NNM auf, ansonsten findet man ektop ausschließlich Gewebsanteile der NNR.

Pathologie

Pathologische Prozesse der Nebennieren können in Veränderungen, die mit einer Überfunktion des Organs verbunden sind und solche, die mit einer Unterfunktion der Nebenniere assoziiert sind, unterteilt werden. Diese Unterscheidung muss getrennt für die NNR und das NNM getroffen werden:

Morphologische Veränderungen mit

a) Überfunktion der NNR:

Hyperplasie

Adenom

Karzinom

b) Unterfunktion der NNR:

Destruktion durch Autoimmunerkrankung

Tuberkulose oder andere Infektionen

Metastasen

vaskulär

c) Überfunktion des NNM:

Phäochromozytom

d) Unterfunktion des NNM:

Waterhouse-Friderichsen-Syndrom (Meningokokken-Sepsis)

a)–d) wird im Abschnitt „Klinik“ behandelt.

Hyperplasie der Nebennierenrinde

Die NNR Hyperplasie stellt eine reaktive, diffuse oder knotige Verbreiterung der NNR dar. Sie hat ihre Ursache entweder in einer abnormen ACTH-Stimulation oder tritt im Rahmen einer Atherosklerose auf.