Endometriose - Francisco Carmona - E-Book

Endometriose E-Book

Francisco Carmona

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Beschreibung

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, von der jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter betroffen ist. Sie hat tief greifende Auswirkungen auf das Leben der Patientinnen und kann im schlimmsten Fall zur Unfruchtbarkeit führen. Trotzdem ist sie noch weitgehend unbekannt und es wird selten offen darüber gesprochen. Dieser illustrierte Ratgeber für Betroffene erklärt detailliert und verständlich, was Endometriose ist, warum sie auftritt, welche Symptome damit einhergehen und welche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, geht aber auch auf die emotionalen Auswirkungen ein, die sie auf eine Frau, ihre sozialen Beziehungen und ihr Arbeitsumfeld haben kann. Das Buch gibt Frauen wertvolle Informationen und Ressourcen an die Hand, damit sie ihren Alltag besser bewältigen können: Ernährungsempfehlungen, Atem- und Dehnübungen, begleitende Therapiemethoden sowie Tipps für Anlaufstellen, bei denen sie sich Hilfe holen können

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Seitenzahl: 167

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Dr. Francisco Carmona

ENDOMETRIOSE

Dr. Francisco Carmona

ENDOMETRIOSE

EIN RATGEBER FÜR BETROFFENE, UM DIE SYMPTOME NACHHALTIG ZU LINDERN

Illustrationen von Lyona

Aus dem Spanischen von Angelika Pfaller

Wichtiger Hinweis

Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften nicht für nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

1. Auflage 2022

© 2022 by Yes Publishing – Pascale Breitenstein & Oliver Kuhn GbR

Türkenstraße 89, 80799 München

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Die spanische Originalausgabe erschien 2021 bei Grijalbo, Penguin Random House Grupo Editorial S.A.U., unter dem Titel Endometriosis. La guía para entender qué es y como cuidarte. © Texte 2021 by Francisco Carmona, © 2021 by Penguin Random House Grupo Editorial, S.A.U., Travessera de Gràcia, 47–49, 08021 Barcelona, Spanien, © Illustrationen 2021, Lyona.

All rights reserved.

Redaktion: Dr. Mathilde Fischer

Umschlaggestaltung: Ivan Kurylenko (hortasar covers)

Satz: Müjde Puzziferri, MP Medien, München

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-96905-154-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96905-159-7

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96905-158-0

Für alle meine Patientinnen

INHALT

Einleitung

Endo-was?

Symptome

Diagnose

Behandlung

Fruchtbarkeit

Emotionale Auswirkungen

Lebensstil

Wo Hilfe suchen?

Schlussbemerkung

Bibliografie

EINLEITUNG

Mit dem Thema Endometriose habe ich mich in zweifacher Hinsicht beschäftigt: zum einen als Arzt, zum anderen als Privatperson.

In meiner Familie gibt es nämlich Frauen mit schwerer Endometriose, die durch ihre Krankheit in allen Lebensbereichen stark eingeschränkt sind. Ich habe in meiner unmittelbaren Umgebung hautnah erlebt, wie sehr diese Frauen leiden.

Beruflich habe ich mich als Gynäkologe durch Forschung, Weiterbildung, insbesondere aber durch den täglichen Kontakt mit meinen Patientinnen intensiv mit Endometriose beschäftigt. Als mir klar wurde, wie hilflos die betroffenen Frauen dieser Krankheit ausgeliefert sind, entstand in mir der Wunsch, mehr für sie zu tun.

Eines Tages Mitte der 1990er-Jahre – ich hatte Bereitschaftsdienst in der Geburtshilfe (damals war ich auf junge schwangere Frauen mit chronischen Erkrankungen spezialisiert) – erschien eine Patientin in der Notaufnahme, die eine ansteckende Fröhlichkeit verbreitete, obwohl sie unter fürchterlichen Schmerzen leiden musste. Ich diagnostizierte eine tief infiltrierende Endometriose im hinteren Scheidengewölbe und nahm die Patientin stationär zur Behandlung in der Gynäkologie auf. Danach verlor ich sie aus den Augen.

Zwei oder drei Jahre später, also Ende der neunziger Jahre – es gab damals immer noch niemanden, der sich näher mit Endometriose, einer Krankheit aus dem Fachbereich Gynäkologie, beschäftigte –, sah ich dieselbe Frau plötzlich bei meiner Stationsvisite wieder, immer noch genauso fröhlich wie bei unserer ersten Begegnung. Ich fragte sie, wie es ihr denn ginge, und zu meiner großen Überraschung meinte sie, genauso wie ein paar Jahre zuvor, als ich die Diagnose gestellt und sie stationär aufgenommen hatte: dieselben Schmerzen, dasselbe Leid und dieselben Probleme … und sie hätte kaum noch Hoffnung, dass sich all das jemals bessern könnte.

Sie war die erste Patientin mit Endometriose, die ich behandelt hatte. Sie war auch diejenige, die mir die Augen geöffnet und mir bewusst gemacht hatte, wie verlassen sich Frauen mit dieser chronischen Krankheit fühlen müssen, die mit starken Schmerzen bei der Regelblutung und beim Eisprung einhergeht und die mitunter auch unerträgliche Beschwerden beim Geschlechtsverkehr erzeugt. Eine Krankheit, die das ganze Leben einer Frau auf den Kopf stellt und es für sie außerdem manchmal auch schwierig bis sogar unmöglich macht, schwanger zu werden.

Ab jener Zeit widmete ich mich dieser Krankheit, über die so wenig bekannt war, mit zunehmender Aufmerksamkeit. Ich erweiterte mein Wissen über Endometriose, nahm Kontakt mit Fachleuten aus aller Welt auf, teilte meine Erkenntnisse, forschte, spezialisierte mich auf Diagnose, Behandlung, Nachsorge … Was mich antrieb, war die Tatsache, dass es sich um eine unterschätzte und in der Gesellschaft gerne vertuschte Erkrankung handelte.

Aus diesem Grund fasste ich auch den Entschluss, für Betroffene ein Buch zu schreiben. Bis heute ist diese Krankheit, an der mindestens 10 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter leiden, zu wenig bekannt und auch die verfügbaren Informationen sind spärlich. Es sollte ein Buch werden, das alle Aspekte dieser Krankheit abdecken würde und für Laien verständlich sein sollte. Ich wollte dabei systematisch vorgehen, die fachliche Perspektive wie auch meine praktische Erfahrung einfließen lassen, meine Nähe zu den Patientinnen, und das in einer Sprache, die sie auch verstehen würden. Ein Buch für die Frauen, ihre Partner und Partnerinnen, ihre Freundinnen und Freunde, ihre Bekannten, ihre Familien; ein Buch für die allgemeine Öffentlichkeit und – warum nicht? – auch für medizinisches Fachpersonal, das nicht auf Endometriose spezialisiert ist und das dennoch eine wichtige Rolle bei ihrer Diagnose spielen kann.

Wir müssen viel Aufklärungsarbeit leisten und in der Gesellschaft auf breiter Ebene grundlegendes Wissen um die Krankheit vermitteln. Die Menschen sollten davon überzeugt werden, dass die Monatsblutung nicht wehtun sollte, dass Leiden nicht als »normal« anzusehen ist, dass man als Frau Hilfe in Anspruch nehmen sollte, wenn die Menstruation so schmerzhaft ist, dass sie zur Qual wird. Es geht hier nicht um eine »Schwäche«, sondern um eine schwere chronische Erkrankung mit eigenen Symptomen, einer eigenen Diagnose und eigenen Behandlungsmöglichkeiten. Mit diesem Buch möchte ich betroffene Patientinnen begleiten und ihnen helfen, ihre Symptome besser zu verstehen. Denn wenn sie all diese Informationen haben, wird es ihnen auch viel leichter fallen, die Krankheit zu akzeptieren und zu bewältigen.

Was genau ist Endometriose? Was sind die Symptome und wie wirkt sich die Krankheit aus? Wie wichtig ist eine frühzeitige Diagnose? Kann man mit Endometriose schwanger werden? Wie sehr hat die Erkrankung Einfluss auf familiäre und emotionale Beziehungen? Was kann eine Patientin selbst dazu beitragen, sich besser zu fühlen und für sich mehr Lebensqualität zu erreichen? Sport treiben? Sich anders ernähren? Yoga? Physiotherapie?

Mit dem richtigen Wissen wird eine Frau in der Lage sein, auch bei etwaigen Entscheidungen das Heft in der Hand zu behalten, sie wird im Alltag gut für sich selbst sorgen können und die nötige Aufmerksamkeit der medizinischen Fachkräfte einfordern, um ihr zu mehr Lebensqualität zu verhelfen.

Wir haben heute ein viel besseres Verständnis von der Krankheit, den Wechselwirkungen zwischen genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen; es gibt auch neue Medikamente, die gute Ergebnisse bei der Schmerztherapie und der Behandlung von Fruchtbarkeitsstörungen erzielen. Die Forschung trägt Früchte, und all dies wird es uns in Zukunft ermöglichen, Endometriose vorzubeugen und den Krankheitsverlauf besser nachvollziehen zu können.

Es gibt Anlass zur Hoffnung.

Kapitel 1

ENDO-WAS?

WAS, WIE, WANN UND WARUM

Endometriose ist eine chronische Krankheit, die bei jungen Frauen im gebärfähigen Alter auftreten und über eine ganze Zeitspanne – vom Einsetzen der Periode bis zu den Wechseljahren – dauern kann. Wir sprechen also von einem Zeitraum zwischen dem 10. bis 15. bzw. dem 35. bis 50. Lebensjahr einer Frau (wobei die Symptome vereinzelt auch in den Wechseljahren bestehen bleiben, aber dazu später mehr). Es handelt sich um eine Erkrankung, die mit starken Schmerzen während der Regelblutung und des Eisprungs verbunden ist sowie häufig mit ständigen Beschwerden im Bereich des Beckens und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr einhergeht. Diese körperlichen Leiden sind oft unerträglich und können ein normales Leben verunmöglichen. Manchmal erschweren oder verhindern sie sogar eine Schwangerschaft.

Die Gebärmutter als Organ im weiblichen Körper dient ausschließlich dazu, den Fötus während der Schwangerschaft aufzunehmen und das Baby bei der Geburt nach draußen zu befördern. Sie besteht aus zwei Teilen: einem äußeren Teil aus Muskulatur und einem inneren Teil, den wir als Gebärmutterschleimhaut oder Endometrium bezeichnen. Jeden Monat bereitet sich das Endometrium unter Einwirkung der in den Eierstöcken produzierten Hormone auf eine mögliche Schwangerschaft vor, genauer gesagt auf die Aufnahme des Fötus nach einer Befruchtung der Eizelle. Kommt es zu keiner Schwangerschaft, stößt das Endometrium über die Menstruation die Eizelle ab. Dieser Zyklus wiederholt sich etwa alle 28 Tage.

Bei Endometriose siedelt sich Gebärmutterschleimhaut aus bislang ungeklärten Gründen an unüblichen Stellen des weiblichen Körpers an und wird daher als ektopisches (am falschen Ort liegendes) Endometrium bezeichnet. Von dort aus bereitet sie sich jeden Monat auf eine mögliche Schwangerschaft vor und reagiert ebenfalls auf die Eierstockhormone. Da sich die Gebärmutterschleimhaut aber am falschen Ort befindet, kann die Regelblutung nicht abfließen und verbleibt im Körper. Diese Blutreste aus der Menstruation sind verantwortlich für die Schmerzen, unter denen Frauen mit Endometriose leiden. Es handelt sich um eine Flüssigkeit mit klebriger Konsistenz, die außerdem Anhaftungen (Adhäsionen) verursachen kann. Das heißt, bestimmte Organe, wie etwa Teile des Darms oder die Eierstöcke, verkleben miteinander, was zu weiteren Schmerzen und zu Unfruchtbarkeit führt.

Dieses ektopische Endometrium ist häufig im Beckenraum, im Unterleib nahe dem Enddarm, am Sigma (dem letzten Abschnitt des Dickdarms), an den Eierstöcken und an der Blase anzutreffen, doch auch andere Körperstellen wie Leber, Darm, Blinddarm oder gar weiter entfernte Bereiche wie Zwerchfell, Brustfell, Lunge, Gehirn, Augen, Augenlider, Nase, Finger usw. können betroffen sein. Tatsächlich hat man Endometriose schon in praktisch allen Organen des Körpers festgestellt – mit Ausnahme von Milz und Herz.

Auch wenn wir Endometriose als Krankheit eindeutig bestimmen und erkennen können, ist ihre Ursache bis heute nicht bekannt. Es gibt jedoch viele Theorien dazu:

Wir wissen nicht genau, wie die Gebärmutterschleimhaut an die für sie unüblichen Stellen gelangt. Eine theoretische Erklärung dazu liefert die sogenannte »retrograde Menstruation«. Stellen Sie sich eine mit Flüssigkeit gefüllte Plastiktüte mit kleinen Löchern vor: Drückt man auf diese Tüte, so quillt die Flüssigkeit aus allen Löchern heraus. Wenn die Gebärmutter, die sich bei der Menstruation mit Blut füllt, nun, um im Bild zu bleiben, ebenfalls Löcher hätte, würde der Muskel, der sich für die Abstoßung des Menstruationsblutes zusammenzieht, dieses Blut auch durch die Eileiter (die »Löcher« der Gebärmutter) pressen und es würde so Zellen der Gebärmutterschleimhaut ausschwemmen, die sich an anderer Stelle ansiedeln könnten. Diese Theorie, die besagt, dass Endometriumzellen über das Menstruationsblut bis in die Beckenhöhle transportiert werden können, ist die am breitesten akzeptierte.

Manche Ärztinnen und Ärzte vertreten die Ansicht, dass sich bereits zu dem Zeitpunkt, als die Frau selbst noch ein Embryo im Mutterleib war, Reste von noch nicht vollständig ausdifferenzierten Endometriumzellen abgelöst hätten (aus denen später, wenn das Mädchen zur Frau heranwächst, die innere Gebärmutterschicht wird). Diese Zellen hätten sich dann durch unterschiedliche Mechanismen entwickeln und an für sie unübliche Stellen gelangen können – etwa über die Blutbahn. Außerdem, wird behauptet, bestünde die Möglichkeit, dass abgelöste Zellen sich an Vorläuferzellen anderer Zelltypen oder an sogenannte Stammzellen anheften, die beispielsweise im Knochenmark zu finden sind.

Andere Fachleute vermuten, dass sich normale Zellen des Bauchfells in Endometriumzellen verwandeln könnten – zum Beispiel infolge der Einwirkung von Giftstoffen wie Dioxinen, die durch chemische Reaktionen in der Industrie entstehen, etwa bei der Müllverbrennung oder der Herstellung umweltschädlicher Chemikalien. Dioxine wirken als endokrine Disruptoren (Elemente, die die normalen Mechanismen in unserem Körper verändern können). Glücklicherweise ist die Industrie in den westlichen Ländern gesetzlich dazu verpflichtet, die Erzeugung von Giftstoffen zu vermeiden. Da Dioxine über die Nahrung in unseren Körper gelangen, ist es, schon zur allgemeinen Vorbeugung, ratsam, den übermäßigen Verzehr von tierischen Fetten zu vermeiden, da sich diese Art von Giftstoffen üblicherweise im Fettgewebe von Tieren ansammelt.

Wenn die Gebärmutterschleimhaut nun an für sie untypische Stellen gelangt, müssen auch noch bestimmte Veränderungen stattfinden, damit sie wachsen kann. Das Immunsystem ist dafür verantwortlich, den Körper vor äußeren Einflüssen und Krankheiten zu schützen und so unser Überleben zu sichern. Genau dies geschieht, wenn eine Frau ihre Regelblutung hat und Zellen der Gebärmutterschleimhaut in die Beckenhöhle gelangen: Dann zerstört das Immunsystem jene Endometriumzellen, die hier nicht hingehören. Doch bei manchen Frauen werden diese Zellen, die sich im Becken ansiedeln, nicht zerstört. Die Wissenschaft hat hierfür keine eindeutige Erklärung, doch es könnte sein, dass das Immunsystem dieser Frauen nicht richtig funktioniert oder dass die Endometriumzellen anomal sind bzw. den Angriffen des Immunsystems widerstehen. Wir werden später noch darauf eingehen, warum wir letzlich so wenig über Endometriose wissen und so wenig darüber geforscht wird. Wir können allerdings feststellen, dass sich die Situation langsam ändert. Wie dem auch sei, was wir definitiv wissen, ist: Bei Frauen mit Endometriose gibt es eine Reihe von Mechanismen, die verhindern, dass das ektopische Endometrium durch das Immunsystem zerstört wird und verschwindet.

Obwohl es noch vieles über diese Krankheit zu lernen gibt, wissen wir, dass Frauen mit Endometriose überdurchschnittlich viele antinukleäre Antikörper haben (antinukleäre Antikörper sind charakteristisch für Autoimmunerkrankungen) und dass ihre Gebärmutterschleimhaut andere Proteine aufweist als das normale Endometrium. Noch ist unklar, was zuerst passiert – die Veränderungen im Endometrium oder die Veränderungen im Immunsystem. Derzeit ist lediglich bekannt, dass bei Frauen mit Endometriose sowohl die Gebärmutterschleimhaut als auch das Immunsystem nicht normal funktionieren und es auch eine genetische Veranlagung für die Erkrankung gibt.

Bei Endometriose siedelt sich Gebärmutterschleimhaut an unüblichen Stellen an. Von dort aus bereitet sie sich jeden Monat auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Da sich die Gebärmutterschleimhaut aber am falschen Ort befindet, kann die Regelblutung nicht abfließen und verbleibt im Körper. Diese Blutreste aus der Menstruation sind für Schmerzen verantwortlich und verursachen Anhaftungen (Adhäsionen). Das heißt, bestimmte Organe, wie etwa Teile des Darms oder der Eierstöcke, verkleben miteinander, was zu weiteren Schmerzen und Unfruchtbarkeit führt.

WAS IST NORMAL UND WAS NICHT?

Schätzungen zufolge leiden weltweit etwa 10 Prozent der weiblichen Bevölkerung im gebärfähigen Alter an Endometriose1, 2. Das ist ein wirklich großer Anteil. In Deutschland entspricht dies 1,7 Millionen betroffenen Frauen. Ein Viertel von ihnen, also mehr als 400 000, hat die schwerste Form der Erkrankung.

Trotz dieser Zahlen dauert es im Durchschnitt acht Jahre, bis eine Frau mit Endometriose die Diagnose erhält – was aber nicht bedeutet, dass sie in der Zwischenzeit keine Hilfe gesucht hätte. Wahrscheinlich hat sie mehrere Gynäkologinnen und Gynäkologen konsultiert, ehe ihr die Diagnose Endometriose gestellt wird. Bis es so weit ist, wird vielen der Frauen unterstellt, an einer psychosomatischen Krankheit zu leiden, Depressionen zu haben oder wehleidig zu sein.

»Als meine Endometriose noch nicht diagnostiziert war und ich mich immer wieder beim Frauenarzt untersuchen ließ, hörte ich ständig denselben Satz: ›Das sieht alles ganz normal aus.‹ Ich konnte einfach nicht verstehen, wie diese Schmerzen, die mich Monat für Monat lahmlegten, normal sein konnten. Letztendlich hält man es wirklich für möglich, dass man sich den Schmerz nur einbildet.«

EUNICE

Wenn man so starke Schmerzen hat, dass man außerstande ist, ein normales Leben zu führen, die Ärztinnen oder Ärzte einem aber sagen, dass man nichts hat und dass auch nichts Ungewöhnliches zu sehen sei, dann kann das wirklich frustrierend sein. Es ist höchste Zeit klarzustellen, dass die Periode nicht wehtun sollte. Während der Regelblutung oder an den Tagen des Eisprungs ein unangenehmes Gefühl im Unterleib zu haben, ist eine Sache, doch es ist unter keinen Umständen zu akzeptieren, dass Regelschmerzen einen komplett außer Gefecht setzen. Eine solche völlig ungerechtfertigte Einstellung ist wahrscheinlich unter anderem durch Erziehung, Kultur und Geschlechterrollen zu erklären.

Dazu kommt, dass die Menstruation ein Tabuthema ist. Wenn wir sie immer nur mit beschönigenden Worten umschreiben, wird eine Frau mit Endometriose nicht frei darüber sprechen können. Und so wird es für sie auch schwieriger werden, sich verstanden zu fühlen. In unserer Gesellschaft gibt es viel zu viele Vorurteile. Wenn eine Kollegin nicht zur Arbeit kommt, weil sie ihre Regel hat, wird über sie gelästert, es heißt, dass sie ganz schön übertreibe oder ziemlich unverschämt sei, schließlich hätten doch alle Frauen die Periode, und die würden trotzdem zur Arbeit gehen.

“Ich erinnere mich an eine Patientin, die zuvor bei vielen Gynäkologen gewesen war und jahrelang an unerträglichen Schmerzen gelitten hatte. Als ich ihr sagte, dass sie an einer sehr schweren Endometriose leide, brach sie in Tränen aus – aber nicht aus Besorgnis über die Diagnose, sondern aus Erleichterung, weil sie sich endlich gehört und verstanden fühlte. Von diesem Moment an konnte sie sich auf den Weg der Besserung und Heilung begeben, ihr junges Leben in die Hand nehmen und vor allem wieder hoffnungsvoller in die Zukunft blicken.”

Häufig wird Frauen mit Endometriose unterstellt, verrückt zu sein, sich die Schmerzen nur einzubilden oder mehr als andere psychische Probleme zu haben. Wenn Sie an so starken Regelschmerzen leiden, dass Sie Ihrer Alltagsroutine nicht nachkommen, nicht arbeiten oder zur Schule gehen können, wenn Sie beim Geschlechtsverkehr mit Ihrem Partner jedes Mal schlimme Schmerzen haben, wenn Ihnen ein Orgasmus unmittelbar oder am Tag danach wehtut, sollten Sie sich unbedingt ärztliche Hilfe suchen, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit leiden Sie an Endometriose. Sie sind nicht verrückt, lassen Sie sich nicht einreden, dass das Problem in Ihrem Kopf sei. Das Problem ist in Ihrem Becken, genauer gesagt, in den Fortpflanzungsorganen – und es heißt Endometriose.

»Seit ich 17 war, hat mir nie jemand zugehört. Weder meine Familie noch meine Freunde noch die Ärzte … Zum Glück habe ich nach vielen Jahren einen Spezialisten gefunden, der mich verstanden hat und mit dem ich über meine Situation sprechen konnte.«

PILAR

DIE WEIBLICHE ANATOMIE

Um die Erklärungen in diesem Buch besser zu verstehen, ist es wichtig, die Anatomie der inneren Geschlechtsorgane der Frau, die sich im Zentrum des Beckeninneren befinden, zu kennen. Grundsätzlich handelt es sich dabei um drei Organe, die alle eine bestimmte Funktion erfüllen: Eierstöcke, Gebärmutter und Eileiter.

Eierstöcke

Die Eierstöcke haben eine Doppelfunktion: Zum einen produzieren sie Hormone und zum anderen beherbergen sie Eizellen und sorgen Monat für Monat dafür, dass diese heranreifen. Es handelt sich dabei um parallel ablaufende und miteinander zusammenhängende Funktionen. Das heißt, wenn eine Eizelle heranreift, werden Hormone ausgeschüttet; ist die Reifung der Eizelle jedoch beeinträchtigt, funktioniert auch die Hormonausschüttung nicht richtig – und umgekehrt. In beiden Fällen kann die Frau nicht schwanger werden.

Die Hormone wandern durch das Blut und entfalten an vielen Stellen ihre Wirkung: in der Haut – daher ist die Haut von Frauen in den Wechseljahren weniger glatt und hat mehr Falten; am Herzen – die Koronararterien von Frauen in den Wechseljahren sind enger als die jüngerer Frauen, die ein geringeres Herzinfarktrisiko haben; in den Knochen – Östrogen, das weibliche Hormon schlechthin, sorgt dafür, dass die Knochen mehr Kalzium enthalten und stärker sind, ein Rückgang der Östrogene lässt Frauen in den Wechseljahren anfälliger für Osteoporose werden, sie haben schwächere Knochen und folglich ein höheres Risiko, einen Knochenbruch zu erleiden.

Gebärmutter

Die Aufgabe der Gebärmutter besteht darin, die befruchtete Eizelle, den Embryo, aufzunehmen. Dieser kann sich in der Gebärmutterschleimhaut einnisten und dort zum Menschen heranwachsen. Östrogene, Eierstockhormone, die über das Blut in die Gebärmutter gelangen, bereiten diese auf die Schwangerschaft vor. Daher haben auch Frauen ohne Eileiter sowie Frauen, bei denen diese im Rahmen einer Sterilisation durchtrennt wurden, immer noch ihre Periode; ihr Körper bereitet sich weiterhin auf eine Schwangerschaft vor, obwohl sie gar nicht mehr schwanger werden können.

Die Gebärmutter besteht aus zwei Teilen: Gebärmutterkörper und -hals, wobei der Gebärmutterkörper der wichtigere Teil ist. Er hat die Form eines Dreiecks: Einer seiner Winkel weist nach unten, in Richtung des Gebärmutterhalses, und die anderen beiden Winkel weisen nach oben, dort gehen dann jeweils die Eileiter ab. Der Gebärmutterkörper besteht aus zwei klar voneinander unterscheidbaren Schichten: einer äußeren, die das aus Muskulatur bestehende Myometrium umschließt, und einer inneren, die einer Tasche ähnelt. Dort befindet sich die Gebärmutterschleimhaut, auch Endometrium genannt – das Gewebe, das sich jeden Monat durch Einwirkung der Eierstockhormone auf eine Schwangerschaft vorbereitet. Das Endometrium lagert Nährstoffe ein, die den Embryo in den ersten Lebenstagen versorgen. Bei einer Schwangerschaft wandert der Embryo über die Eileiter zur Gebärmutter und nistet sich dort sechs Tage nach der Befruchtung in der dichten Schleimhaut ein. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Schwangerschaft. Wird eine Frau dagegen nicht schwanger, wird das Endometrium durch die Regelblutung über den Gebärmutterhals abgestoßen.

Eileiter

Bei den Eileitern handelt es sich um zwei kleine Kanäle an den beiden seitlichen Enden der Gebärmutter. Sie verbinden die Gebärmutter mit den Eierstöcken. Ihre Funktion besteht darin, die Eizelle aufzunehmen, wenn sie den Eierstock verlässt, und dafür zu sorgen, dass die Samenzellen auf die Eizelle treffen und der Embryo nach der Befruchtung die Gebärmutter erreicht.