Entfalte die Kraft deines Seelenplans - Derek Rydall - E-Book

Entfalte die Kraft deines Seelenplans E-Book

Derek Rydall

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Beschreibung

Wie viel Zeit verwenden wir auf den Versuch, erfolgreicher zu werden, gesünder, kreativer oder glücklicher! Doch was, wenn wir uns gar nicht anstrengen müssen, irgendetwas zu werden, weil wir die Fülle bereits in uns tragen? Denn in uns existiert ein Seelenplan, der sich entfalten will. Derek Rydall führt uns einfühlsam durch die sieben Stufen der Entfaltung und zeigt, wie wir das Leben führen können, für das wir bestimmt sind.

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Derek Rydall

Entfalte die KraftdeinesSeelenplans

Die eigene Lebensaufgabefinden und verwirklichen

Aus dem Amerikanischen vonAstrid Ogbeiwi

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Die amerikanische Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »Emergence. Seven Steps For Radical Change« bei Atria Books/Beyond Words, Simon & Schuster, Inc., New York, USA.

© 2015 by Derek Rydall

© 2017 der deutschsprachigen Originalausgabe Trinity (jetzt Scorpio Verlag),ein Imprint der Europa Verlage GmbH, München

Logoentwurf: Hauptmann und Kompanie, Zürich

Umschlaggestaltung: Danai Afrati, München,unter Verwendung eines Motivs von Adobe Stock

Satz: Robert Gigler, München

1. eBook-Ausgabe 2022

Konvertierung: Bookwire

ePub-ISBN: 9-783-95803-458-7

Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

Alle Rechte vorbehalten.

www.scorpio-verlag.de

Inhalt

VorwortDas Ende der Selbstoptimierung

EinführungDer radikale Weg nach Hause

Das FundamentDas Gesetz der Entfaltung

Die sieben Stufen der Entfaltung

Stufe einsDie vollendete Vision sehen

Stufe zweiStimmige Bedingungen schaffen

Stufe dreiDen Quantenplan erstellen

Stufe vierGeben, was scheinbar fehlt

Stufe fünfHandeln, als wäre es wahr

Stufe sechsDen Schatten annehmen

Stufe siebenDem Gesetz dienen

Die große ReiseDas Gesetz der Entfaltung leben

Danksagung

Nachwort von Michael Bernard Beckwith

Glossar

Anmerkungen

Vorwort

Das Ende der Selbstoptimierung

Was hinter uns liegt und was vor uns liegt, sind Kleinigkeiten verglichen mit dem, was in uns liegt. Ralph Waldo Emerson zugeschrieben

Es heißt, das Universum flüstere einem zunächst ins Ohr, tippe einem dann auf die Schulter … und versetze einem schließlich einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf.

Ich musste zweimal beinah sterben, bevor ich kapierte, was es mir sagen wollte.

Ich war pleite, wohnte in einer Einzimmerwohnung und ernährte mich von den billigsten Fertiggerichten. Mein Herz war gebrochen, die Liebe meines Lebens hatte mich wegen eines anderen Mannes verlassen. Außerdem war ich orientierungslos, hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte, und keine Hoffnung, dass es je wieder anders würde. Das Schmerzlichste daran aber war, dass ich nach mehreren Jahren ernsthafter Selbsthilfetherapie an diesem Punkt angelangt war. Ich hatte intensiv daran gearbeitet, meine Vergangenheit zu heilen, mein inneres Kind zu lieben und mein Selbstwertgefühl aufzubauen, und doch tobten in mir derartige Kämpfe und ein solcher Schmerz, dass ich kaum über eine Brücke fahren konnte, ohne gegen den Drang ankämpfen zu müssen, mich hinunterzustürzen.

Wenn der Arzt Ihnen sagt: »Sie haben Glück, dass Sie noch leben«, und dies für Sie eine schlechte Nachricht ist, dann wissen Sie, dass es finster um Sie bestellt ist. Am Vorabend hatte ich mich fast zu Tode gesoffen. Nun lag ich in der Notaufnahme, aus meinem Arm schlängelte sich ein Infusionsschlauch, die Monitore sagten mir, dass ich tatsächlich noch unter den Lebenden weilte, und ich konnte nur denken: »Wie ist das bloß passiert? Ich habe mich doch so abgemüht, wie konnte es dahin kommen, dass ich hier gelandet bin?« Optimiert hatte ich nach Jahren der Selbstoptimierung lediglich meine Fähigkeit zu beschreiben, warum ich so verkorkst war. Ich hatte alles ausprobiert, was ich kannte; ich war allen Ratschlägen sogenannter Experten gefolgt. Lag es daran, dass ich einfach noch nicht den richtigen Weg gefunden hatte? Oder lag es an mir? Hatte ich einen irreparablen Schaden?

Die meisten Menschen, die an ihrer Heilung arbeiten oder ihr Leben optimieren möchten, erleben diesen Moment – den Krisenpunkt, an dem sie alles getan haben, was sie sollten, und ihr Leben dennoch nicht rundläuft. In solchen Augenblicken, wenn wir wieder einmal aus der Bahn geworfen worden sind und uns ernsthaft fragen, ob wir überhaupt noch aufstehen wollen, stellen wir uns folgende Grundsatzfragen: Warum? Warum gerade ich? Warum geht alles schief, obwohl ich doch alles richtig gemacht habe?

Ich habe mir diese Fragen gestellt. Sehr oft. Bis ich eine Antwort erhielt, die nicht nur meine Sicht des Lebens veränderte, sondern mir auch klarmachte, dass ich die ganze Zeit die falschen Fragen gestellt hatte. Die Antwort kam in zwei Teilen, zwischen denen ein paar Jahre lagen, gerade so wie auch eine Fernsehserie im spannendsten Moment abbricht, bevor es auf das aufregende Finale in der nächsten Folge zugeht. Die Handlungslinie meines Lebens, die Rolle, die ich spielte, und das Stück, in dem ich auftrat – endlich ergab alles einen Sinn.

Der erste Teil ereignete sich kurz nach jener Nacht im Krankenhaus, als ich gerade wieder begonnen hatte, den meiner Meinung nach »richtigen« Lebensweg entlangzustolpern. Mittlerweile gelang es mir ziemlich gut, die Rolle eines Mannes zu spielen, der sein Leben im Griff hat, während ich innerlich immer noch völlig zerfahren war. Aber meinem Agenten zufolge war ich ein am Hungertuch nagender Schauspieler, der kurz vor dem Durchbruch stand, daher hatte ich keine Zeit für einen Kollaps.

Ich war sehr gern Schauspieler. In meinem Beruf konnte ich viele Ideen ausprobieren und neue Möglichkeiten ausleben, und er verschaffte mir eine vorübergehende Atempause von dem echten Schmerz, in dem ich steckte. Außerdem war ich gut. Ich dachte, die Schauspielerei sei meine Bestimmung. Nachdem ich jahrelang brav meine Beiträge bezahlt hatte, ergatterte ich schließlich eine Filmrolle, von der ich glaubte, damit würde für mich alles gut werden und ich könne das Leben führen, das mir bestimmt war.

Ich sollte recht behalten, allerdings ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte.

Der Dreh erwies sich von Anfang an als problemgeladen. Die Location auf Jamaika war wunderschön, nicht aber das Skript. Als schließlich der Regisseur und die Hauptdarstellerin gefeuert worden waren, geriet alles gänzlich aus den Fugen. Hinzu kamen ein paar unschöne Affären während des Drehs und ein allgemeiner Mangel an kreativer Erfüllung, bis mich die Unruhe ergriff. Ich musste irgendetwas finden, was mich inspirierte. An einem drehfreien Tag entschloss ich mich daher zum Schnorcheln an einem Fleckenriff weit vor der Küste einer abgelegenen Bucht.

Ich schwamm zwischen wogenden Ästen von Elchgeweihkorallen, Seefächern und Fingerkorallen hindurch und folgte erstaunlich bunten Fischen, die zwischen See-Anemonen und Schwämmen spielten. Einen Augenblick lang stellte ich mir vor, ich wäre einer von ihnen und frei von den Belastungen des Lebens jenseits der Wasseroberfläche. Das hier unten war eine andere Welt, beinah mystisch. In ihr wollte ich mich verlieren.

Man soll aufpassen, was man sich wünscht, nicht wahr?

Immer tiefer begab ich mich in dieses Labyrinth und machte mir keinerlei Gedanken, wo ich war. Ich verlor mich wirklich. Meine Orientierung war auf einmal völlig weg. Panisch suchte ich die Korallenkorridore nach Hinweisen darauf ab, woher ich gekommen war, doch je mehr ich es versuchte, desto orientierungsloser wurde ich. »Wie konnte ich nur so dumm sein!«, dachte ich, und in meinem Kopf prasselten Unmengen von »Wenn-ich«- und »Hätte-ich-doch«-Sätzen auf mich ein. Ich schwamm schneller, meine Züge wurden wütender, als könnte ich irgendwie mit schierer Willenskraft aus diesem Unterwasser-Irrgarten ausbrechen. Kaum bog ich um einen Korallenstock, der aussah wie ein riesiges Hirn (was mir offensichtlich schmerzlich fehlte), da steckte ich plötzlich in einer schmalen Einbuchtung fest, auf allen Seiten umgeben von Feuerkorallen (die bei der geringsten Berührung brennen wie Hunderte Quallenkontakte), und unter mir, nur Zentimeter vor Bauch, Brust und Gesicht, reihenweise Dornenkorallen. Das Ganze sah aus wie eine Grabstätte aus einem »Indiana-Jones«-Film, in der gleich alles in die Luft fliegt. Nur war dies hier kein Filmset, und ich war kein Schauspieler, der den Helden gab. Ich steckte in echten Schwierigkeiten, das war mir klar.

Ich konnte kaum mit den Händen paddeln, um mich in der Schwebe zu halten. Hätte ich den Kopf aus dem Wasser gehoben, wäre mein Körper aus dem Gleichgewicht geraten, und mein Hals und meine Brust wären mit Korallendornen gespickt worden. Ich konnte kaum atmen, nur ganz flach hecheln; ein voller Atemzug hätte Brust und Bauch in die Dornen gedrückt. Das schnelle Atmen verstärkte meine ohnehin wachsende Angst und löste eine merkwürdige Euphorie aus, was mich zwang, mich mit jedem Jota meiner Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren, nur ja nicht ohnmächtig zu werden. Mit dem bisschen Freiraum, der mir zum Nachdenken blieb, spielte ich gefühlt stundenlang jede denkbare Möglichkeit durch, wie ich aus meiner Lage entkommen konnte. Ich stellte mir alles vor, angefangen damit, dass ich durch ein vorbeifahrendes Fischerboot gerettet würde, bis zu der Möglichkeit, dass ich mit blauen Lippen, aufgedunsen und glotzäugig an Land gespült würde, dass die Umstehenden fassungslos den Kopf schüttelten und dächten: »Schade um den jungen Mann«, und meine Filmkollegen einander in ihrer Trauer um den tragischen Verlust beistünden. Ich brachte es sogar fertig, mir auszumalen, dass ich es auf die Titelseiten der Hollywoodblätter schaffen würde, die den viel zu frühen Tod eines »so vielversprechenden Schauspielers« betrauerten.

Ich war kurz vor dem Ertrinken, und mein Ego wollte immer noch seinen Auftritt …!

Doch als die Sonne allmählich unterging und Sandhaie durch die wogenden Dornenkorallen unter mir strichen, war mein Körper erschöpft, und meinem Hirn gingen sowohl die Rettungsmöglichkeiten als auch die dramatischen Sterbeszenen aus, die mich posthum berühmt machen würden. Ich konnte mir keinen Ausweg aus meiner Lage mehr denken oder zusammenfantasieren. Mein ganzer (eingebildeter) Esprit und Charme waren nutzlos. Alle meine Bewältigungsstrategien und Abwehrmechanismen – sogar mein ganzes positives Denken – waren machtlos. Endlich hob sich der Vorhang vor meinem Verstand, und er erwies sich durchaus nicht als der Herr der Welt, als der er sich ausgab, sondern als verängstigter kleiner Junge, der hinter dem Steuerknüppel kauerte und eigentlich überhaupt nichts auszurichten vermochte.

Ich würde ertrinken. Das wusste ich. Mein Körper hatte nichts mehr, womit er mich in der Schwebe halten konnte, und ohne jeden Ausweg hatte ich auch keine Hoffnung mehr, an die ich mich klammern konnte.

Mir blieb nur noch, mich zu ergeben.

Aber nicht nach dem Motto: »Lieber Gott, wenn du mich da rausholst, verspreche ich dir, dass ich jeden Sonntag in die Kirche gehe.« Ich hatte bereits versucht, mit Manipulationen und Verhandlungen aus meiner Lage befreit zu werden, aber das Universum ließ sich auf keinen Deal ein.

Mir blieb nichts anderes übrig, als loszulassen.

Also ließ ich los.

In diesem Moment – genau in dem Augenblick, in dem ich geistig und körperlich aufgegeben hatte – hob mich eine Welle auf den einzigen sicheren Korallenbereich, der aus dem Wasser ragte. Endlich konnte ich stehen. Zum ersten Mal konnte ich jetzt auch sehen, wo ich stecken geblieben war.

Der Ausweg war die ganze Zeit nicht weit entfernt gewesen.

Aber ich sah auch etwas anderes. Beim Blick in das Riff erkannte ich, dass ich seit Jahren durch einen Irrgarten geschwommen war, einem bunten Ding nach dem anderen hinterher, immer auf der Suche nach etwas, was mich erfüllte, bis ich schließlich in einem so engen Selbstempfinden stecken geblieben war, dass es mir die Luft zum Atmen nahm und ich innerlich ertrank. Doch in jener Haltung völliger Ergebung, in dem Moment, in dem mein Verstand am Ende seines Lateins angelangt war, in jener Lücke zwischen den Gedanken, brach etwas. Mein Ego wurde aus seiner Verankerung gerissen. Ich zerfiel sozusagen in tausend Stücke. Aber aus der zerbrochenen Hülle trat etwas anderes hervor. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dies genügte jedoch, um meine Identität dramatisch zu verändern; der egoistische Schauspieler, der in das Riff hineingeschwommen war, war nicht derselbe, der wieder herausschwamm.

Dies war aber erst der Anfang meiner Schwimmstrecke durch unkartierte Gewässer.

In den darauffolgenden Monaten quälten mich Zerstörungsträume und eine unerklärliche Todesangst. Die Wahrheit ist: Ich lag im Sterben. Nicht physisch, sondern als Ego – und das Ego kennt keinen Unterschied zwischen dem Tod einer Identität und dem tatsächlichen Tod. Doch in dem Freiraum, den dieser »Tod« schuf, erhaschte ich einen Einblick in ein Selbst, das niemals stirbt, ein Selbst, das keine Optimierung braucht. Für mich, den Schauspieler, der unablässig versuchte, ein bodenloses Fass der Unzulänglichkeit zu füllen, war das wie die Befreiung aus einem Gefängnis, in dem ich gesessen und es noch nicht einmal bemerkt hatte. Wieder war es nur ein kurzer Einblick, und mir fehlten die Worte, um zu beschreiben, was ich gesehen hatte, aber dieses Mal war die Botschaft angekommen.

Ich gab die Schauspielerei auf, schränkte den Kontakt zu meiner Familie ein, kündigte mein Kabelfernsehen und verbrachte die nächsten Jahre mit Meditation, andächtigem Lauschen zu Füßen spiritueller Meister, Versenkung in uralte Weisheitslehren und mit der Suche nach einer vertieften Beziehung zu diesem Selbst, das mir bei meiner ersten spirituellen Öffnung buchstäblich den Boden unter den Füßen weggezogen hatte. Kurzfristig besuchte ich ein Priesterseminar und versuchte mich als Mönch. Doch beim klösterlichen Fasten entwickelte ich so großen Hunger, dass ich nachts in die Küche einbrach und Essen stahl, womit meine Klosterkarriere beendet war.

Schließlich wurde ich lizenzierter spiritueller Berater am Agape International Spiritual Center, einer der größten überkonfessionellen spirituellen Gemeinschaften meines Landes, der Michael Bernard Beckwith als Mentor vorsteht. Gut gerüstet mit den metaphysischen Manifestationsprinzipien, beriet ich Künstler, Medienprofis und Suchende aus der ganzen Welt bei der Verwirklichung ihres vollen Potenzials. Eine florierende Beratungspraxis und ein paar Buchveröffentlichungen später stand anscheinend alles zum Besten. Ich erzielte Resultate. Meine Klienten erzielten Resultate. Es funktionierte wirklich!

Dann stieß ich an meine Grenzen.

Alles wurde mühsamer, fast ein Kampf. Techniken, die ich bisher angewandt hatte, wirkten nicht mehr richtig. Wenn ich »manifestierte«, was ich zu wollen glaubte, trat keine wirkliche Befriedigung mehr ein. In manchen Fällen wurde alles sogar umso schlimmer, je mehr ich versuchte, es besser zu machen. Nicht nur bei mir, sondern auch bei zahllosen anderen, die nach den neuesten Erfolgslehren arbeiteten. Ich hielt durch, aber unter der Oberfläche brodelte es.

Hier stimmte etwas nicht. Etwas fehlte. Ich versuchte, mir doppelt so viel Mühe zu geben, aber dadurch kam ich noch schlechter voran. Als würde ich auf Gaspedal und Bremse zugleich stehen, drehten die Räder durch, aber es ging nicht vorwärts. Mich beschlich das Gefühl, dass ich wieder in den Unterwasser-Irrgarten geraten war. Weil ich jedoch nicht wusste, was ich anders machen könnte, unterrichtete ich weiter. Kurz danach kam bei einem meiner Vorträge Durchbruch Nummer zwei.

Es war in einem spirituellen Zentrum, das sich in einem Shoppingcenter auf der grünen Wiese zwischen eine Textilreinigung und ein Bräunungsstudio quetschte. Die Leute hörten aufmerksam zu, als ich vor ihnen auf und ab ging und ihnen leidenschaftlich erklärte, wie sie ihr Potenzial verwirklichen konnten. Über dieses Thema hatte ich schon viele Male gesprochen, und nach objektiven Maßstäben war ich bestens in Form. Doch an jenem Abend war alles anders. Spannung lag in der Luft. Den Menschen stand nicht Inspiration ins Gesicht geschrieben, sondern Frust. Sie hatten alles schon gehört, alles schon ausprobiert. Trotz meines enthusiastischen Vortrags kauften sie mir meine Worte nicht ab.

Ich beugte mich vor und versuchte, sie verbal aus ihrer Erstarrung zu rütteln und ihrem Herzen Glaubensbereitschaft einzuimpfen. Doch je mehr ich versuchte, sie zu inspirieren, desto uninspirierter wurde ich. Den Worten, die ich sprach, fehlte jegliche zündende Wirkung, und ich konnte förmlich spüren, wie mir die Energie ausging. Dann geschah etwas. Ich befand mich wie im freien Fall, doch statt dass ich auf dem Boden aufschlug, tat sich dieser unter mir auf. Meine Realitätswahrnehmung teilte sich wie eine gemalte Kulisse. Nach einem Überraschungsmoment öffnete sich eine innere Weite.

Dann sah ich es.

Im Grunde konnte ich sehen, dass das gesamte Modell der Persönlichkeitsentwicklung falsch war. Wir müssen nichts »anziehen«, weil uns gar nichts fehlt. Wir müssen uns nicht optimieren, weil das Selbst bereits vollständig ist. Genau wie die Eiche bereits in der Eichel angelegt ist, ist auch in uns alles vorhanden, was wir sein sollen und was wir brauchen, um es zu verwirklichen – ein perfektes Muster und göttliche Bestimmung. Wie die Eiche aus der Eichel tritt auch dieses angeborene Potenzial, wenn die Bedingungen stimmen, naturgemäß in Erscheinung.

Dies war das Gesetz der Entfaltung – oder wie ich es in diesem Buch meist nenne: das Gesetz der Emergenz.1 (Der Begriff »Emergenz« leitet sich vom lateinischen emergere für »auftauchen, herauskommen, emporsteigen« her und bezeichnet die Herausbildung neuer Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente.)

Durch jenen tief greifenden Perspektivenwechsel wurde mir deutlich, dass unsere sehnlichsten Wünsche nichts sind, was wir erlangen müssen; sie sind Hinweise darauf, was in uns steckt und nach außen drängt. Wir müssen uns nicht darum bemühen, heil zu werden, sondern es ist vielmehr unsere Aufgabe, unser falsches Äußeres abzustreifen und unsere innere Ganzheit zu offenbaren.

Wenn wir bereits von Natur aus vollständig sind, dann führen all unsere Bemühungen, etwas zu korrigieren, anzuziehen oder zu erreichen – aufgrund der Gesetze der absichtlichen Schöpfung –, zu einer Verschärfung unserer Probleme. Deshalb funktionieren unsere Versuche der Selbstoptimierung so häufig nicht oder machen alles nur noch schlimmer. Wir ziehen einen neuen Partner an, führen aber nach wie vor dieselben Auseinandersetzungen. Wir manifestieren ein höheres Gehalt, sind am Ende aber nur in einer höheren Einkommensklasse pleite. Als wollten wir uns aus einem Loch herausgraben, geraten wir nur umso tiefer hinein, je eifriger wir buddeln. Wenn wir von der falschen Prämisse ausgehen, dass wir gebrochen oder unzulänglich sind, kann dies – egal, welche Technik wir anwenden oder wie aufrichtig unsere Bemühungen sind – nie zu wahrer Erfüllung führen, sondern es hält uns in einem unendlichen Kampf um die Optimierung eines Selbst gefangen, das es gar nicht gibt, höchstens als fiktionale Vorstellung in unserem Kopf.

Dies waren die fehlenden Bindeglieder, nach denen ich gesucht hatte; hier lag der Grund, warum ich und sehr viele andere um dauerhafte Ergebnisse kämpfen mussten – und warum ich mich bei dem Versuch fast umgebracht hätte.

Noch während diese Erkenntnisse mir ins Bewusstsein drangen, setzte ich mit meinem Vortrag für mein Publikum wieder ein: »Die Wahrheit ist, es gibt nichts an euch, was nicht in Ordnung wäre, euch fehlt gar nichts. Alles, was ihr braucht, um eure Bestimmung zu erfüllen, ist bereits in euch und wartet darauf, in Erscheinung zu treten – und mit den meisten Bemühungen, dies zu erreichen, verhindert man es in Wirklichkeit nur! Dies ist keine neue Selbstoptimierungstechnik. Ja, dies ist das Ende der Selbstoptimierungsbewegung.«

Ich war selbst schockiert darüber, was ich da gerade sagte. Ich hatte das Ende einer Bewegung verkündet, zu deren führenden Vertretern ich eigentlich gehören wollte. Ich hatte mich selbst enttarnt. Doch plötzlich stand mir etwas völlig eindeutig vor Augen: Flimmernd wie eine Autobahn in der Wüste lag vor mir ein radikal neuer Weg zur Transformation, ein Weg, der alles umspannt, was wir brauchen, um unser Potenzial vollständig umzusetzen und unser Leben auszufüllen. Vielleicht war dies das Ende der Selbstoptimierung, aber es war auch der Anfang von sehr viel mehr.

Um es deutlich zu machen, ich sagte nicht, dies sei das Ende der Persönlichkeitsentwicklung – des natürlichen Prozesses der Entwicklung unserer angeborenen Begabungen und Fähigkeiten. Ich sagte, dies sei das Ende der Illusion, dass wir gebrochene, unzulängliche Wesen seien, an denen etwas korrigiert oder hinzugefügt werden muss, damit wir vollständig sind. Ich sprach vom Ende des zwanghaften Strebens, ein vermeintlich bodenloses Loch zu füllen oder eine Stange zu erreichen, die so wenig greifbar ist wie der ständig weiter zurückweichende Horizont. Die gesamte Art und Weise, wie man uns beigebracht habe, unser Potenzial zu verwirklichen, sei genau umgekehrt wie nach unserem eigentlichen inneren Wachstumsplan vorgesehen. Schlimmer noch, sie führe uns weiter von unserem wahren Selbst und damit von der Quelle all dessen fort, was wir suchen.

Schnell wurde mir klar, wenn tatsächlich zutraf (und angewandt wurde), was ich mit dem Konzept der Entfaltung, dem Gesetz der Emergenz, entdeckt hatte, bestünde bald kein Bedarf an Selbstoptimierungsprogrammen und -lehrern mehr. Zugegeben, für einen aufstrebenden »Selbsthilfe-Guru« war dies nicht gerade eine wohlgeplante Geschäftsstrategie. Wenn meine Klienten das Gesetz der Entfaltung befolgten, hätte ich irgendwann keine Stammkunden mehr!

Natürlich ist genau dies die Absicht aufrichtiger Lehrer. Ihr Ziel ist es nie, Mitläufer um sich zu scharen, sondern sie wollen den Menschen sich selbst wiedergeben. Im Rahmen des Emergenzkonzepts bedeutet dies, nicht mehr der Klügere auf der Bühne, sondern der Begleiter an der Seite zu sein.2 In diesem Lichte betrachtet, wurde mir klar, dass es für mich wohl doch noch etwas zu tun gäbe. Genau wie es nicht Aufgabe des Bauern ist, die Pflanze in den Samen zu stecken und dafür zu sorgen, dass sie wächst, sondern vielmehr die Bedingungen zu schaffen, damit Samen und Boden tun können, wozu sie von Natur aus geschaffen sind, verhält es sich auch mit der Rolle derjenigen, die Emergenz praktizieren. Ich erkannte, dass die Wahrheit, die ich entdeckt hatte, sich wie ein Gesetz verhielt – wie die Schwerkraft. Genau wie die Gravitation musste ich auch sie nicht erst in Gang setzen; ich musste mich lediglich damit in Übereinstimmung bringen und andere darin unterstützen, es mir nachzutun – die Hauptarbeit würde das Gesetz dann selbst erledigen.

An jenem Abend wusste ich bei einem Blick ins Publikum, dass die Botschaft der Emergenz genau das war, was die Menschen hören mussten. Was dann folgte, bestätigte mir dies: Die Zuhörer stießen einen kollektiven Seufzer der Erleichterung aus, als wollten sie sagen: »Endlich frei.«

Die Spannung im Raum hatte sich in Luft aufgelöst.

Ich schloss die Augen und atmete auch selbst tief durch, damit sich alles setzen konnte. Als ich wieder ins Publikum schaute, waren die Menschen nicht mehr dieselben. Statt Leuten, die an ihrer Optimierung arbeiten müssten, sah ich vollkommene Wesen, die nur darauf warteten, in Erscheinung zu treten. Ich fühlte mich wie Michelangelo, der glaubte, Gott habe bereits alles erschaffen und seine Aufgabe sei es lediglich, das vollendete Meisterwerk aus dem Stein zu befreien. Beim Blick in die Gesichter dieser Zuhörer sah ich göttliche Meisterwerke, die in sterblichem Stein verborgen lagen. Da wusste ich, dass es von diesem Tag an meine Aufgabe war, niemanden mehr zu korrigieren oder zu verändern, sondern den Menschen zu helfen, dass sie sich selbst befreien.

Angesichts der ständigen Bedrohung durch Geldnot, Arbeitslosigkeit und Verlust der Wohnung wurden uns viele äußere Sicherheitsstrukturen genommen. Nach der Welle der Vermögensbildungsratgeber, die schnellen Reichtum versprachen – und auf die paradoxerweise der größte Finanzcrash seit der Weltwirtschaftskrise folgte –, waren viele Suchende desillusioniert. Mehr denn je suchen die Menschen heute nach authentischen Möglichkeiten, ihrem Leben Stabilität zu geben und ihre Freiheit wiederzuerlangen. Emergenz vermittelt Ihnen jenen festen Boden unter den Füßen am einzigen Ort, an den die Welt nie herankommt – in Ihrem Inneren. In einer Zeit, in der sehr viele besorgt und entwurzelt sind, bringt Emergenz Sie wieder nach Hause, wo Sie Ruhe, Inspiration und die Kraft finden, endlich die Lebensaufgabe zu erfüllen, für die Sie geboren wurden.

Dieses Buch ist der Höhepunkt meiner Lehrtätigkeit, durch die ich das Gesetz der Entfaltung Tausenden Menschen auf der ganzen Welt nahegebracht habe. Meine Hoffnung ist, dass es Sie befreit: von dem Bedürfnis, Antworten und Autoritäten im Außen zu suchen, von dem Versuch, Stellen aufzufüllen, die Sie als leer empfinden, oder sogar von dem Bestreben, Dinge »anzuziehen«. Auf den Seiten dieses Buches werde ich Ihnen das Geheimnis Ihrer wahren Souveränität und Macht enthüllen: die uralte Wahrheit, die die großen Mystiker zu lehren versucht haben, die aber weithin verloren gegangen ist – ein Prinzip, das alle großen Persönlichkeiten auf ihrem jeweiligen Fachgebiet angewandt haben, um Meisterwerke zu erschaffen, und das doch nur selten verstanden oder ausgesprochen wurde.

Bis jetzt.

Verabschieden wir uns gemeinsam von der »Selbstoptimierung«, und beginnen wir den Prozess der Befreiung unseres wahren Selbst.

Einführung

Der radikale Weg nach Hause

Wir lassen niemals vom Entdecken Und am Ende allen Entdeckens Langen wir, wo wir losliefen, an Und kennen den Ort zum ersten Mal.T. S. Eliot3

Meine Freundin beschreibt den Weg zu ihrem Haus mit einer Eiche als Orientierungshilfe. Sie sagt: »Du kommst an eine Biegung in der Straße. Pass auf die leider ziemlich großen Schlaglöcher auf. Als Nächstes siehst du einen Schüler-Überweg, und gleich dahinter steht eine große Eiche. Da wohne ich. Parke einfach darunter, und komm rein, die Tür ist offen.«

Sehr viele Menschen auf der ganzen Welt könnten Wege anhand von Eichen beschreiben. Es gibt rund sechshundert Arten, sowohl immergrüne als auch laubabwerfende. Wie große Familien sind sie weit verstreut und haben sich überall angesiedelt. Man findet sie im kühlen Klima ebenso wie in tropischen Breiten. Sie leben auf jedem Kontinent, außer in der Antarktis – es sei denn, man wollte die Schiffe mitzählen, die früher aus Eiche gezimmert waren und die tückische See befuhren, um ihre Schätze ins Land des ewigen Eises zu bringen.4

Die Eiche vor dem Haus meiner Freundin ist weit über hundert Jahre alt, was bedeutet, dass ihre Pfahlwurzel sich sehr tief eingegraben hat, fast so tief wie die knapp zehn Meter Höhe, auf die der Baum bei einem Stammumfang von über zwei Metern und einem Wurzelsystem, das sich über ein Drittel der Kronenfläche ausbreitet, angewachsen ist. Stellenweise gibt die tief zerklüftete Rinde das glatte Holz frei, abgeschabt von Witterungseinflüssen und Generationen menschlicher Hände, die das freiliegende Hartholz berühren, als wollten sie nach einem verbindenden Puls fühlen.

Die Vorstellung von einer Verbindung erscheint durchaus passend, wenn man bedenkt, dass die Eiche symbolisch als Torhüterin oder Tor betrachtet wurde – als Tor zur nächsten Jahreszeit, weil sie zu- und abnimmt wie die Jahreszeiten, oder als Pforte zwischen Erde und Himmel, weil sie sowohl im Boden verwurzelt ist als auch den Himmel zu berühren scheint. Sie war Tor der Gastfreundschaft, ein Portal, das zugleich in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft führt.5

Außer als Tor galt sie auch als Hüterin von Wissen und Recht. Die Eiche vermittelte den Menschen der alten Kulturen Wissen. Sie erzählte ihnen vom Wald und bot mit ihrem Holz (als Grün- und als Hartholz), ihren Blättern, Tanninen, Eicheln, Galläpfeln und ihrer Rinde Beispiele für Flexibilität und Großzügigkeit. Wer über große Weisheit verfügte, von dem hieß es, er »kenne die Eiche«. Daher ist es kein Wunder, dass die Menschen lange danach strebten, die Eigenschaften, die der Eiche in Mythos, Kultur und Geschichte zugewiesen wurden, auch für sich selbst beanspruchen zu können: stark, stützend, zuverlässig, majestätisch und mit dem Göttlichen verbunden.

Die Eiche vor dem Haus meiner Freundin ist altehrwürdig. Dies ist ein gutes Wort für eine weise alte Eiche, denn sie hat viel gesehen, und ihr Charakter zeichnet sich in ihrem knorrigen, gewundenen Stamm und in ihren ausladenden Zweigen ab, die sich so überschwänglich in die Breite und Höhe erstrecken. Diese Hundertjährige hat ihr Leben bewundernswert gemeistert. Von der Eichel bis zur Baumgroßmutter hat sie sich in einer erstaunlichen und, wenn man es recht bedenkt, radikalen Verwandlung von der Nuss über den Jungbaum zur ausgewachsenen, voll verwirklichten Eiche entwickelt. Sie hat jede Stufe auf ihrem Weg vollkommen (im Sinne göttlicher Ganzheit) ausgelebt, sich nie dem Impuls der Emergenz widersetzt, der zuerst ihre schützende Hülle gesprengt und sie dann gezwungen hat, in ihrer Identität als Eichel zu sterben. Sie ist nie vor dem Boden zurückgescheut, wenn ihre Wurzeln ins Dunkel getrieben wurden, damit ihre Zweige sich zum Licht erheben konnten. Sie hat nie die Trockenheit gefürchtet, sondern vielmehr weitergegraben, um ihre tiefer liegenden Ressourcen zu finden. Sie hat sich nie gegen die Stürme gewehrt, sondern ihnen standgehalten, wenn sie konnte, oder sich gebeugt, statt zu brechen. Und sie hat nie die eine Stufe als besser oder schlechter beurteilt als die andere.

Die Eiche kann uns etwas über Emergenz lehren.

Samen, Boden, Wurzeln, Früchte

Zwar werde ich mich in diesem Buch auch der Hilfe anderer Metaphern bedienen, um Prinzipien und Praxis der Emergenz zu erklären, doch auf die Eiche will ich ausführlicher eingehen. Ich hätte auch viele andere Bäume wählen können. In gewissem Sinne spiegeln alle die dem Wachstum zugrunde liegenden Prozesse – vom Samen zur Wurzel, zur Blüte und zur Frucht – den Prozess der Entfaltung wider. Doch die Eleganz der Eiche ist kaum zu überbieten.

Dieser große Baum beginnt als kleine Eichel, der wir ohne Weiteres niemals zutrauen würden, dass sie eine derart mächtige Ausdrucksform hervorzubringen vermag, die über Generationen hinweg leben und Hunderten von Lebewesen Nahrung, Schatten, Obdach und vieles mehr spenden kann. Doch in dieser Eichel steckt das unsichtbare Muster, das in vollkommener Weise dafür ausgelegt ist, eine Eiche zu werden – und nicht nur eine einzige, sondern ihre Sprösslinge könnten zu Äonen überdauernden Eichenwäldern werden. In diesem beinah unbedeutenden Stückchen Kohlenstoffmaterial liegt ein unendliches, ewiges Potenzial.

Dasselbe gilt für Sie und mich.

Genau wie die Eichel hier nicht als »leere Hülle« ankommt und sich dann anschickt, »etwas draus zu machen«, sind auch wir nicht so geplant. Der Same, als der Sie angefangen haben, enthielt bereits das Material und die Methoden zu seiner Erfüllung – und zur Erfüllung von allem und jedem, was sich aus unserem Leben entwickelt.

Machen Sie sich einmal bewusst, was diese Tatsache bedeutet: So wie eine einzige Eichel das Potenzial für endlose Wälder in sich birgt, enthält der Same Ihres Seins alle Ideen, Beiträge und Konsequenzen, die Ihr Leben je haben kann – ebenso wie den Welleneffekt, den Ihr Dasein auf Ihr Umfeld im engeren und weiteren Sinne ausübt. Notwendig sind einzig die richtigen Bedingungen für seine Emergenz.

Während die Eichel wächst, graben sich die Wurzeln in den Boden, in die »Abfälle« all dessen, was seine Nützlichkeit überlebt hat und nun der Verwesung anheimgefallen ist. Dabei arbeitet sie mit der Natur statt gegen sie und nutzt das, was existiert, statt sich ihm zu widersetzen – so werden die Bedingungen für die Emergenz der Eiche kultiviert. Wenn wir den ganzen »Dreck« in unserem Leben annehmen, wenn wir uns die ungeschönten Erfahrungen zunutze machen, in die wir eingepflanzt wurden, von denen wir umgeben sind und die uns manchmal beinah unter sich begraben, dann verwandelt der Emergenzprozess diese dunklen, scheinbar verwesten Teile in die Nährstoffe, die neues Wachstum fördern. Wir lassen die Kämpfe, die Urteile und die Scham eines Lebens hinter uns, in dem wir immerzu versucht haben, das, was ist oder war, zu vermeiden, zu unterdrücken oder zu leugnen. Stattdessen verwandeln wir alles in etwas Nützliches und Stärkendes. Wir schlagen tiefe Wurzeln, bringen reiche Frucht hervor und entwickeln uns so, wie die Natur es vorgesehen hat.

Wenn die Eiche in Erscheinung tritt, treibt sie ihre Wurzeln gleichzeitig in die Tiefe und Breite. Ihre Triebe wachsen nach oben und in die Breite, dem Licht entgegen. Je tiefer die Wurzeln reichen, desto höher können die Äste wachsen. Das der Natur innewohnende Gleichgewicht weiß, dass das eine nicht ohne das andere zu haben ist. Wenn der Baum nach dem Licht strebte, ohne sich im dunklen Boden zu erden, könnte er sein Höhenwachstum nicht aufrechterhalten. Eine ordentliche Dürre würde ihn austrocknen, ein Feuerchen ihn gleich verzehren und ein starker Sturm ihn umreißen.

Mit unserem menschlichen Emergenzprozess ist es das Gleiche. Wenn wir unsere Wurzeln vernachlässigen und uns nur auf unser Wachstum konzentrieren, verlieren wir unseren Schwerpunkt und unsere Stütze. Falls wir nicht in etwas Tieferem verankert sind, in etwas, was uns unter der Oberfläche unseres umtriebigen Lebens nährt, dann verdorren wir nur allzu leicht, wir brennen aus, und die Winde der Veränderung pusten uns um. Finden wir aber durch den Prozess der Entfaltung zu unserem natürlichen Gleichgewicht, können wir höher und breiter wachsen, als sich unser kleines »Eichel-Selbst« es je hätte träumen lassen – und dies oft schneller als erwartet. Gerade so wie der Jungbaum »schießt« – plötzliche Wachstumsschübe hat, manchmal mehrmals in einer Saison –, können auch wir Quantensprünge vollziehen: mental, körperlich, spirituell, kreativ und in jedem anderen Lebensbereich. Je stärker wir im Boden unserer Seele verwurzelt sind, desto besser sind wir mit dem Samen unserer wahren Natur verbunden. Und je mehr wir mit beidem im Einklang sind, umso größere Höhen kann unser Leben erklimmen.

Schließlich wird die Eiche zum ausgewachsenen Baum, spendet Schatten und Lebensraum und beschenkt die Welt mit neuen Eicheln, aus denen neue Bäume werden. Wenn wir uns zu unserem vollen Potenzial entfalten und unseren tiefsten Daseinszweck aktivieren, schaffen und erhalten die Gaben, die wir weitergeben, ein Ökosystem, durch das unsere Welt sich weiterentwickeln und aufblühen kann.

Dies ist die Verwirklichung der Eiche; sie vollzieht sich jedes Mal, wenn eine Eichel sich so entwickeln darf, wie die Natur es vorgesehen hat. Wenn die Bedingungen stimmen, erfüllt die Natur ihr Versprechen immer. Sie kann gar nicht anders. Die Eichel ist ganz, vollständig und vollkommen in ihrer »Eichenhaftigkeit«, auch deshalb, weil unter ihrem Hütchen immer eine Eiche schlummert. Keine Tanne. Kein Apfelbaum. Sondern eine Eiche. Jedes Mal. Wir wissen, dass dies so ist. Wir wissen, dass es unsinnig wäre zu glauben, aus der Eichel könne ein anderer Baum werden. Wir würden niemals erwarten, dass aus einer Eichel ein »Christbaum« würde, und wenn sie noch so viel »Tannentraining« durchliefe. Wir wollten das auch gar nicht. Alles erfüllt seine Funktion, die wiederum in einem sich ständig erweiternden, selbst erhaltenden System alles andere unterstützt.

In ähnlicher Weise verläuft unsere Verwirklichung als Mensch, wenn wir dem natürlichen Lauf unserer Entwicklung anvertraut werden. Doch leider erleben wir diesen »Luxus« kaum einmal. Das kollektive Bewusstsein der Trennung, Einschränkung und Selbsterhaltung hat ein falsches Selbstempfinden und eine tiefe Abkopplung vom Samen unserer wahren Natur geschaffen. Statt diesen Schutt wegzuräumen, der sich über der Stelle angesammelt hat, an der wir gepflanzt wurden, und den Boden unserer Seele zu bestellen, haben wir uns in dem Versuch verloren, etwas anderes zu werden, als wir in Wirklichkeit sind. Glücklicherweise gilt die Metapher von der Eiche – von allem, was natürlich wächst – hier ebenfalls: So wie die Eichel und ihre »Eichenhaftigkeit« vollkommene Ideen sind, die unter den richtigen Bedingungen immer wieder in Erscheinung treten können, geschieht dies auch bei uns.

Bitte lassen Sie diese universelle Wahrheit in Ihr Bewusstsein dringen. Es gibt wirklich eine allem zugrunde liegende Ordnung, auf die wir uns stützen, auf die wir uns verlassen und der wir trauen können. Wir sehen sie jeden Tag in der uns umgebenden Natur. Es ist eine Ordnung, die uns nicht braucht, damit sie sich verwirklicht, wohl aber, wie Michael Bernard Beckwith sagt, »damit sie begrüßt wird«.6 Der Emergenzprozess gibt Ihnen wieder den festen Boden unter den Füßen, auf dem Ihr Leben endlich zu seinem vollen Potenzial aufblühen kann.

Warum Emergenz? Warum jetzt?

Da uns bereits sehr viele Bücher und Programme zur Optimierung unseres Lebens zur Verfügung stehen, ließe sich mit Recht fragen: »Warum Emergenz? Warum jetzt?« Darauf würde ich mit einer Gegenfrage antworten: »Wie haben sich die anderen Optionen bewährt?« Oder, um Anleihe bei einer Frage zu nehmen, die in den USA häufig vor Präsidentschaftswahlen gestellt wird: »Geht es Ihnen heute besser als vor vier Jahren?« Und nicht nur Ihnen, sondern auch allen anderen? Zwar haben wir als Gesellschaft große Fortschritte gemacht, doch eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Menschen aus unserer Mitte leidet immer noch Hunger, ist pleite und hat Angst. Manche morden sogar oder wählen den Freitod. In den Vereinigten Staaten beispielsweise gibt es doppelt so viele Suizide wie Tötungsdelikte.7 Viele andere bringen sich langsam um – durch ihre Ernährung, Drogen, Stress oder die Unterdrückung ihrer wahren Herzenswünsche. In gewisser Weise sind wir so etwas wie Zombies geworden und betäuben den Schmerz, den wir empfinden, mit allen möglichen schnellen Scheinlösungen und Ablenkungen.

Bevor Sie jetzt zur Flasche Grauburgunder greifen, um die beunruhigenden Tatsachen hinunterzuspülen, sollten Sie wissen, dass ich kein Skeptiker bin. Manchmal bringe ich die Leute mit meinen idealistischen und romantischen Ideen richtiggehend auf die Palme. Aber ich weiß auch, dass man nicht heilen kann, was man nicht spürt, und dass man erst dahin kommt, wo man hinwill, wenn man sich selbst gegenüber vorher ehrlich zugibt, wo man steht. Es ist wie der Pfeil auf Orientierungskarten (»Sie befinden sich hier«): Sie brauchen eine exakte Bestimmung Ihres Ausgangspunktes, sonst gehen Sie nur ziellos im Kreis. Doch wenn wir uns den Stand der Dinge ohne Verurteilungen, Schuldzuweisungen oder Scham bewusst machen – wirklich bewusst –, geschieht noch etwas: Wir fangen an, uns zu verändern.

Wenn wir nicht bewusst leben, nutzt unser Ego jeden Trick in seinem Drehbuch, damit wir so bleiben, wie wir sind. Dabei gaukelt es uns entweder vor, wir veränderten uns, macht uns weis, wir könnten uns nicht verändern, oder lullt uns einfach mit der nächsten Folge einer Reality-Doku-Soap ein. Die Aufgabe des Egos ist Selbsterhaltung, oft um jeden Preis, und echte Veränderung ist eine Bedrohung für sein Betriebssystem. Es ist ein evolutionäres Artefakt, mit dem sichergestellt werden sollte, dass das Experiment namens Menschheit gelingt. Angesichts der Milliarden Menschen auf der Erde hat es offensichtlich funktioniert. Leider ist es inzwischen eher das, was unsere Überlebenschancen schmälert.

Sehen wir den Tatsachen ins Auge: So wie wir es in den meisten Fällen machen, funktioniert es nicht. Mit immer noch »mehr vom selben« werden wir unsere Probleme nicht lösen, weder individuell noch kollektiv. Wir müssen begreifen, dass wir unsere Probleme niemals auch nur annähernd nachhaltig lösen können, wenn wir so weitermachen oder dieselben bleiben wie bisher. Wir müssen uns weiterentwickeln. Weiterentwicklung geschieht aber nur durch das Erreichen einer höheren Ebene. Auf eine höhere Ebene gelangt man wiederum nur durch Zugang zum Evolutionsimpuls jenseits des konditionierten Verstandes und seiner endlosen Geschichten von Sorge und Leid – weil der konditionierte Verstand nur eine neue Variante seines gegenwärtigen Zustands erzeugen kann.

Durch das Gesetz der Emergenz und den Prozess der Emergenzentwicklung findet man den Zugang zu diesem Evolutionsimpuls (und beschleunigt ihn sogar noch).

Wir haben bereits angesprochen, warum dies im Vergleich zu dem, was man uns bisher beigebracht hat, ein so einzigartiger, ja revolutionärer Weg ist. Weil sich aber das Ego oft jeder Idee widersetzt, die echte Veränderung bewirken könnte, und behauptet: »Das kenne ich schon«, »Daran ist doch nichts Neues« oder einfach »Das verstehe ich nicht«, und weil die Akzeptanz der Grundprämisse des Emergenzgesetzes für dessen erfolgreiche Anwendung unbedingt notwendig ist, möchte ich ein wenig mehr Zeit darauf verwenden zu erklären, was daran so anders ist.

Das Emergenzprinzip zeigt, wie schon gesagt, dass alles, was wir je brauchen könnten, bereits in uns angelegt ist – das genaue Gegenteil von dem, worauf wir zumeist konditioniert worden sind. Wenn wir glauben, jemand oder etwas außerhalb von uns sei unser Quell der Sicherheit oder Unterstützung, dann kämpfen und streben wir, dann streiten und sterben wir und verbiegen uns im Allgemeinen nach allen Regeln der Kunst, damit wir bekommen, was wir nicht zu haben glauben, oder halten an dem fest, was wir bereits besitzen. Die Folge sind endlose Angst, Verbitterung, Burn-out und viel zu viele nächtliche Gänge zum Kühlschrank, ganz zu schweigen von all dem, was bereits über die gegenwärtige Lage gesagt wurde.

Dieser Konflikt endet, wenn Sie das Emergenzprinzip leben. Und dann geht der Spaß erst richtig los.

Stellen Sie sich einmal vor, wie Ihr Leben aussähe, wenn Sie jeden Morgen in der Gewissheit und mit dem sicheren Gefühl aufwachten, dass Sie in Ihrem Inneren alles haben, was Sie je brauchen könnten. Wie würden Sie mit anderen umgehen? Wie viel offener, großzügiger, liebevoller und gelassener wären Sie? Wenn Sie wüssten, dass Sie in sich über die Pläne, die Instrumente und die Macht verfügten, das Leben Ihrer Träume zu erschaffen, welche neuen Entscheidungen würden Sie dann treffen? Wie mutig würden Sie handeln?

Emergenz ist die Lebensweise, zu der Sie bestimmt sind.

Das ist keine Übertreibung. Jeder große spirituelle Meister oder erleuchtete Philosoph hat dies zum Ausdruck gebracht. Das ganze Universum ist so aufgebaut. Es begann aus dem Nichts, aus dem alles hervorbrach. Der Urknall ist das Sinnbild der Emergenz. Sie sind das Universum im Kleinen und als solches ein Mini-Urknall, der auf seinen Ausbruch wartet. Sie sind ein individualisierter Ausdruck unendlicher Vollkommenheit, Sprössling des Göttlichen. Sie besitzen dieselbe kreative Fähigkeit wie die schöpferische Intelligenz des Kosmos.

Wenn Sie immer noch zweifeln und es Ihnen bei all den Ausführungen über Ihre Lebensaufgabe und Ihr Potenzial ein wenig unbehaglich ist, wenn Sie unsicher sind, wie Sie diese inhärente Macht und Schönheit in Erscheinung treten lassen sollen, dann sind Sie nicht allein. Schließlich ist dies die Reise, auf die wir uns gerade erst begeben wollen. Eine Reise, die Sie wieder nach Hause führt, wo Ihre Eiche bereits steht, groß und mächtig, Hüterin Ihrer Seele und Tor zu Ihrem großartigen Leben. Vielleicht befinden Sie sich schon seit Langem auf einem bestimmten Weg und warten auf ein Zeichen, dass Sie Ihrem Ziel näher kommen. Vielleicht haben Sie viele Wege beschritten und dabei nichts als felsiges Gelände, ausgewaschene Pfade und Sackgassen vorgefunden. Oder Sie haben am Wegesrand angehalten, zu ermattet, um weiterzugehen. Durch welche Irrungen und Wirrungen Ihr Weg Sie auch geführt haben mag, jetzt hat er Sie hierhergebracht. Zu diesem Buch, diesem Moment, dieser Landkarte.

Aus englischen Übersetzungen von Vergils Änäis stammt die Wendung, jemand habe ein »Herz aus Eiche«, wenn er aufrichtiger Gesinnung ist. Das, was Sie getrieben hat, über Berge, durch Stürme und raue See hierherzufinden, ist Ihr Eichenherz, das Sie nach Hause ruft.

Es ist mir die größte Ehre und das höchste Privileg, Sie auf dieser befreienden Reise zurück zu Ihrem wahren Selbst zu begleiten. Machen wir uns also auf den Weg.

Was Sie erwartet

Dieses Buch ist in neun Kapitel unterteilt, beginnend mit dem »Gesetz der Entfaltung«, das die spirituellen, wissenschaftlichen und philosophischen Grundlagen für die erneute Beschäftigung mit diesem altbewährten Prinzip sozusagen in einem Update legt. Dabei klären wir den entscheidenden Unterschied zwischen Anziehung und Emergenz, nehmen den Mythos von Ursache und Wirkung auseinander und drehen die von außen nach innen gekehrte Welt wieder von innen nach außen, damit Ihr Herz und Ihr Verstand für die Emergenz wohlbestellt sind. Von da an beginnen Sie mit den »Sieben Stufen der Entfaltung« – sieben Kapiteln, die die konventionellen Vorstellungen von Selbsterkenntnis und Manifestation innerhalb des Emergenzmodells neu einordnen und Sie Schritt für Schritt durch diesen revolutionären persönlichen Transformationsprozess führen.

Auf »Stufe eins: Die vollendete Vision sehen« erlernen Sie einen einzigartigen Ausgrabungsprozess, mit dem Sie Ihre wahre Bestimmung entdecken – den Potenzialsamen, der bereits in den Boden Ihrer Seele gelegt ist.

Auf »Stufe zwei: Stimmige Bedingungen schaffen« lernen Sie, Ihr Innenleben mit der Vision in Übereinstimmung zu bringen. Dazu stellen Sie die Frequenz Ihres Geistes wie ein Radio auf den Sender ein, der Ihre Musik bereits spielt. So beenden Sie den Kampf darum, etwas zu verwirklichen, und meistern die Fähigkeit, es zu begrüßen.

Auf »Stufe drei: Den Quantenplan erstellen« entwickeln Sie die innere und äußere Vision zu einer Lebensweise, bei der Sie nicht mehr nach dem Zufalls-, sondern nach dem Sinnprinzip leben.

»Stufe vier: Geben, was scheinbar fehlt« enthüllt das Geheimnis, dass immer nur das fehlt, was wir nicht geben. Fest verschlossen in unserem Bewusstsein haben wir ein unerschöpfliches Reservoir des Guten. In diesem Kapitel lernen Sie, den Fluss umzukehren: Statt etwas von außen zu erhalten, lassen Sie dieses eingeschlossene Potenzial heraus, was Sie von jeglicher Abhängigkeit von allem und jedem befreit.

»Stufe fünf: Handeln, als wäre es wahr« klärt ein für alle Mal die üblicherweise missverstandene und falsch dargestellte Rolle rechten Handelns, weil dieses unerschlossene Potenzial nämlich kanalisiert und nicht erreicht wird, wodurch ein Stromlinieneffekt entsteht, der den inneren Widerstand verringert, die Latenzzeit verkürzt und zu schnelleren Ergebnissen führt.

Auf »Stufe sechs: Den Schatten annehmen« erlernen Sie einen wirkungsvollen Transformationsprozess, der Ihnen die Instrumente an die Hand gibt, jene kritischen Verstandesschwellen zu überwinden, die Ihren Erfolg unbewusst sabotieren. Sie lernen außerdem, Ihre Fehler und Ängste in den Dünger zu verwandeln, durch den tiefere Wurzeln und reichere Früchte wachsen. So wird das wahrhaft Außergewöhnliche in Ihnen aktiviert.

»Stufe sieben: Dem Gesetz dienen« bespricht eine der größten Besonderheiten der Emergenz: Der überwiegende Teil der Arbeit wird unter der Oberfläche geleistet, außerhalb des Blickfelds. Genau wie der Bauer die Saat pflegen und den Boden kultivieren muss, bis sie stabil anwurzelt, müssen Sie dem treu bleiben, was Sie angepflanzt haben, statt auf der Suche nach dem schnellen Profit von Samenkorn zu Samenkorn zu springen, sonst trägt Ihre Saat niemals Früchte. Durch die Anwendung dieses Prinzips entwickelt sich »die unendliche Geduld, die sofortige Ergebnisse garantiert«, wie es im Kurs in Wundern heißt, und dies ist der erste Schritt auf dem Weg zur Meisterschaft.8

Ihren Höhepunkt erreicht die Geschichte im Kapitel »Das Gesetz der Entfaltung leben«, das Sie einlädt, eine visionäre Führungspersönlichkeit und damit ein Werkzeug für eine Idee zu werden, die größer ist als Sie – wodurch Sie nämlich durch Ihr Leben und Ihren Beitrag die nächste Stufe in der Evolution des Menschen einleiten könnten.

Die Arbeit mit diesem Buch

Bücher sind großartige Werkzeuge. Aber es besteht immer die Gefahr, dass es bei den angelesenen Informationen bleibt und sich keine wirkliche Weisheit einstellt. Die Worte, die Sie auf jeder Seite lesen, können Ihr Bewusstsein erweitern, sodass es erste Einblicke in Ihr größeres Potenzial gewinnt und sieht, was möglich ist. Aber nur wenn Sie sich aktiv mit dem Material auseinandersetzen und eine tägliche Praxis entwickeln, werden Sie echte Transformation sowie die Geschenke größerer Lebendigkeit, Fülle und Erfüllung erfahren.

Dieses Buch ist so strukturiert, dass jedes Kapitel auf dem vorherigen aufbaut. Deshalb ist es zunächst wohl am besten, es einmal von vorn bis hinten durchzulesen und die Konzepte und Prinzipien im Großen und Ganzen zu erfassen. Sobald Sie die Grundlagen im Griff haben, können Sie sich nach Belieben in ein Gebiet vertiefen, das Sie inspiriert, und damit arbeiten, auch zum wiederholten Mal. Ich würde Ihnen jedoch empfehlen, sich Zeit zu lassen. Achten Sie beim Lesen jedes Kapitels auf Ideen oder Sätze, die Sie innehalten lassen und zum Nachdenken bringen. Dies ist ein Hinweis Ihrer Intuition, dass hier mehr für Sie drinsteckt, dass hier etwas zwischen den Zeilen und hinter den Worten steht. Kommen Sie zur Ruhe, stimmen Sie sich auf jenen Anteil in Ihnen ein, der bereits alle Antworten kennt, und öffnen Sie sich der tieferen Weisheit, die in Erscheinung treten will. Auf diese Weise lesen Sie das Buch vielleicht nicht so schnell wie gewohnt, doch wenn Sie es abgeschlossen haben, sind Sie nicht mehr derselbe wie zu Beginn Ihrer Reise.

Denn schließlich ist es genau dies: eine Reise und kein Ziel. Wenn Ihnen klar wird, dass es in Wirklichkeit keine Zeit und keinen Raum gibt – dass alles hier und jetzt geschieht –, dann erkennen Sie auch, dass es keinen Ort gibt, an den Sie gelangen, und kein Ziel, das Sie erreichen müssten. Es gibt nur das unentwegte Entdecken und Zum-Ausdruck-Bringen Ihres unendlichen Potenzials in diesem Moment. Das einzige Rohmaterial, mit dem Sie arbeiten müssen, alles, womit Sie es je zu tun haben werden, ist dieser Moment. Und wie Sie durch den Prozess, so hoffe ich, entdecken werden, ist das mehr als genug.

Das Fundament

Das Gesetz der Entfaltung

Über erhörte Gebete werden mehr Tränen vergossen als über nicht erhörte.Mutter Teresa

Stellen Sie sich ein Baby einen Monat nach seiner Geburt in einem gelben Strampelanzug mit aufgestickten Häschen vor. Das Baby schläft, vielleicht sanft an jemandes Brust geschmiegt. Behalten Sie dieses Bild vor Ihrem inneren Auge, und achten Sie auf Ihre Gedanken dazu. Welche Gefühle empfinden Sie gegenüber dem Kind?

Denken Sie: »Es ist sehr klein, völlig unfähig, und an den Schenkeln sollte es unbedingt ein paar Zentimeter abnehmen«? Oder: »Es hat total dünnes Haar und noch gar keine Zähne, außer essen und schlafen tut es nichts. Wann kommt es endlich selbst zurecht? Es ist eine große Last«?

Das wäre absurd, oder?

Doch genauso betrachten wir uns im Prinzip selbst, wenn wir erwachsen werden und uns von den Überzeugungen hypnotisieren lassen, denen zufolge sich nach weitverbreiteter Meinung Wert, Nutzen und Erfolg bemessen. Wir vergleichen uns (und unsere Mitmenschen) so lange mit anderen, bis wir fast völlig das Bewusstsein für unsere ureigene Unschuld und Vollkommenheit zu verlieren drohen.

Doch es gibt etwas in Ihnen, das nie aufhört, Sie mit den Augen der Liebe zu betrachten, genau wie Eltern ihr neugeborenes Kind. Es ist das Göttliche in Ihrem Inneren, die Präsenz, die Sie ewig im Arm hält und weiß, dass Sie in Wahrheit vollkommen sind. Mit dieser ursprünglichen Wahrheit wieder in Einklang zu kommen ist das Fundament der Emergenz. Wenn wir uns jene angeborene Vollkommenheit nicht von Anfang an zur Prämisse machen, kann uns nichts, was wir tun, je die Freiheit und Erfüllung schenken, die wir suchen. Wir geraten vielmehr in eine unendliche Tretmühle, in der wir versuchen, zu korrigieren, zu verändern oder zu verbessern, was wir für verkehrt halten oder was uns angeblich fehlt, nur damit wir endlich »gut genug« sind.

Meine Klientin Bonnie kannte diesen unendlichen Kampf. Sie war ein kleiner Wirbelwind und immer in Bewegung – Weltverbesserin, Tatmensch und Helferin zugleich. Verstehen Sie mich nicht falsch, sie ist ein wunderbarer Mensch, aber viel von ihrem Schwung rührte daher, dass sie glaubte, sie sei nicht gut genug – und wenn sie nur mehr sein oder mehr tun könnte, dann wäre sie endlich eine gelungene Ausgabe ihrer selbst.

»Ich muss bloß noch herausfinden, wie ich dieses Geschäft zum Laufen bringe«, sagte mir Bonnie bei einer unserer ersten telefonischen Sitzungen. »Ich bin kurz davor, mein Haus zu verlieren, und wenn das passiert, dann weiß ich nicht, wo meine Kinder und ich hinsollen. Ich habe so vieles ausprobiert, so viel Geld ausgegeben – Geld, das ich nicht hatte – und kriege mein Leben trotzdem nicht auf die Reihe. Ich weiß nicht, warum ich mich immer wieder in diesen Schlamassel wirtschafte. Was habe ich verpasst, was alle anderen offensichtlich kapiert haben?«

Bei diesen Sätzen war sie den Tränen nahe. Ich konnte ihrer Stimme anhören, was hinter ihr lag: Die unterschwellige Botschaft war heftig, jedes Wort wog schwer unter der Last vieler ausgestandener Kämpfe. Noch bevor sie zum Ende kam, wusste ich, worauf es hinauslief. Ich habe mit vielen Menschen in dieser Lage gearbeitet, und die Bitte lautet in Variationen immer gleich: »Können Sie mir helfen herauszufinden, wie ich zu Geld komme?« Aber ich will Ihnen ein kleines offenes Geheimnis verraten: Geld ist selten oder nie das Problem, selbst wenn es ums Geld geht.

»In meinem Leben klappt einfach gar nichts« – dies verweist auf das eigentliche Problem Bonnies. Was wiederum ein Euphemismus ist für ihren Glaubenssatz: »Bei mir klappt einfach gar nichts. Ich habe eine Macke. Mit mir stimmt was nicht. Ich fürchte, das kriegt man nicht mehr hin. Ich habe Angst, dass ich nicht gut genug oder es gar nicht wert bin zu bekommen, was ich wirklich möchte und brauche.« Bonnie ist eine starke Frau mit sanfter Seele, der die Umstände übel mitgespielt haben. Das kennen wir, so ist es vielen von uns schon einmal ergangen – und dort, ganz unten, haben die meisten noch einen Koffer stehen. Sie wollte einfach nicht mehr so sehr unter Druck sein, auch einmal die Nase vorn und eine gewisse Sicherheit haben, dass es ihren Kindern gut ginge, und endlich einmal wieder eine Nacht durchschlafen können.

»Zuallererst: Es tut mir ehrlich leid, dass Sie das durchmachen müssen«, sagte ich. »Es klingt, als hätten Sie sich wirklich sehr große Mühe gegeben. Ganz offensichtlich sind Sie eine gute Mutter.«