Entführung ins Serail - Tina Charcoal Burner - E-Book

Entführung ins Serail E-Book

Tina Charcoal Burner

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Beschreibung

Lilith Gray wird auf der Suche nach ihrem verschollenen Vater, einem bekannten Archäologen, in der Wüste verschleppt und in einen Harem verbracht. Ihr Entführer Raschid reicht sie an seinen Bruder Amir weiter, der sie ebenfalls weiter verkaufen will, da sie extrem rebellisch ist. Lilith kann flüchten und wird währen eines Sandsturmes von einem extrem giftigen Skorpion gestochen. Ihre Entführer sind ihr bereits auf den Fersen und bringen sie schwer verletzt wieder zurück. Sie gerät immer wieder in gefährliche Situationen und verliebt sich in ihren Entführer. Sie konvertiert, um einen Verkauf zu vermeiden. Lilith möchte das Projekt ihres Vaters in der Felsenstadt Petra beenden und wird erneut verletzt.

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Seitenzahl: 299

Veröffentlichungsjahr: 2021

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- Naher Osten -

Das Verschwinden der archäologischen Gruppe aus Deutschland ging durch alle Medien der Welt und sorgte für heftige Diskussionen.

Kurze Zeit später fand man, bis auf Professor Gray dieser Expedition, die Leichen seiner Mitarbeiter mit durchschnittenen Kehlen.

Man ging davon aus, dass diese Freiheitskämpfern zum Opfer gefallen waren, um Lösegeld zu erpressen.

Irgendetwas schien dann aus dem Ruder gelaufen zu sein und man tötete sie.

Bis jetzt gab es noch keinen Bekennerbrief.

Wochen vergingen und dann handelte die Tochter des Professors auf eigene Faust.

„Lilith, bist du dir sicher, diese Gefahr auf dich zu nehmen, um deinen Vater zu finden?“

„Ja, das bin ich ihm schuldig. Eigentlich sollte ich diese Expedition leiten und wurde von einer heftigen Grippe ausgebremst. Ich werde ihn finden!“

„Dein Wort in Gottes Ohr! Viel Glück und melde dich in regelmäßigen Abständen.“

„Keine Sorge, wird schon alles gut gehen, George. Bis bald.“

George war ein Freund und Sponsor meines Vaters.

Dad hatte vorgehabt, später auch einen Abstecher in die Felsenstadt Petra zu machen, um einem Hinweis nachzugehen.

Meine Koffer waren gepackt und ich war reisebereit.

In wenigen Tagen würde ich in Bagdad ankommen und mich dann endlich auf die Suche nach meinem Vater begeben.

Irgendwo in dieser verdammten Wüste, musste ein Hinweis von ihm zu finden sein.

Seit zwei Tagen suchte ich bereits verzweifelt nach einer Spur meines Vaters, die ich dann auch kurz darauf fand und noch mehr – seine Leiche.

Als ich gegen Abend an einer dieser Oasen, die mein Vater zuletzt besucht hatte, meine Wasserflaschen neu auffüllen wollte, fand ich Teile seiner Ausrüstung und auf Nachfrage, der durchreisenden Nomaden, gab man mir widerwillig Auskunft.

Ich wurde zu einem ausgiebigen Essen eingeladen, was ich aus Gründen der Gastfreundschaft nicht ablehnte.

Der Anführer der Gruppe, war freundlich und extrem bemüht, dass es mir an nichts fehlte.

„Masa` el-cher – Guten Abend!“

„Al-salamu alaikum - Segen sei mit dir!“, gab ich zur Antwort.

Lauernd wurde ich fixiert und in mir schrillten alle Alarmglocken auf.

Hier war irgendetwas faul und ich vermied es ab da, weiterhin arabisch zu reden, obwohl ich diese Sprache bestens beherrschte. Meine weiteren Unterhaltungen führte ich deshalb in Deutsch und mit Händen und Füßen weiter.

Im Laufe der Begrüßungszeremonie trat ein junger Araber aus der Gruppe.

„Miss Gray, ich beherrsche ihre Sprache etwas und kann für sie übersetzen.“

Ich bedankte mich bei ihm, erklärte um was es ging und hoffte auf Hilfe. Diese bekam ich auch, aber nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Man führte mich in ein Zelt und da sah ich die gut verschnürte Leiche meines Vaters.

Aufschreiend drehte ich mich um und dann schlug mich jemand bewusstlos.

Ich erwachte am nächsten Morgen mit schmerzendem Schädel.

Das Einzige was man mir gelassen hatte, war eine leere Flasche, mein Rucksack und die Überreste meines Vaters.

Mein Pferd und meine hochwertige Ausrüstung waren komplett verschwunden.

Verdammte Schweine dachte ich nur und schüttelte über meine eigene Dummheit den Kopf. Wie konnte ich auch so doof sein und alleine in diese unwirtliche Gegend aufbrechen. Geschah mir ganz recht!

Was nun?

Ich musste hier weg, sonst war ich verloren.

Wer weiß, was sich noch für Gesindel hier herumtrieb.

Während ich noch nachdachte und meine Flasche mit Wasser auffüllte, sah ich eine Horde Reiter auf die Oase zukommen.

Wüstensöhne und entsprechend gekleidet.

Das tiefblau ihrer Umhänge, stand im Gegensatz zu dem Schwarz ihrer Pferde.

Ich erhob mich langsam und starrte in deren Richtung.

Einer der Reiter stieg ab und schritt zu mir.

Er begrüßte mich auf Arabisch und ich ihn diesmal auf Deutsch.

Als er vermeintlich bemerkte, dass ich seiner Sprache nicht mächtig war, wobei ich ihm in dem Glauben ließ, versuchte er es mit gebrochenem Deutsch.

„Wie ich bemerke, kommen sie aus Deutschland. Was ist passiert und was führt sie an diesen verlassenen Ort?“, fragte er.

Ich tat überrascht.

„Sie verstehen mich?“

Er nickte.

„Ja, ich habe fünf Jahre in Deutschland verbracht. Was ist passiert? Wieso sind sie hier alleine unterwegs?“ Ich erzählte ihm im Telegramstil meine Geschichte und er versprach mir zu helfen.

„Ich habe hier in der Nähe eine Unterkunft, zu der ich sie jetzt bringen werde. Danach können sie sich etwas erfrischen und telefonieren.“

Ich bedankte mich.

Er gab einem seiner Männer einen Befehl abzusteigen und sich bei einem seiner Kameraden aufs Pferd zu setzen. Dann überließ man mir dessen Pferd und ich ritt mit der Gruppe, mehr schlecht als recht zurück.

„Wie heißen sie?“, fragte er mich.

„Mein Name ist Lilith Gray und mit wem habe ich das Vergnügen?“

„Entschuldigung, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe. Mein Name ist Raschid. Einfach nur Raschid.“

Nach ungefähr einer Stunde kamen wir an einem mehr als gigantischen Bau an.

„Wow, was für ein herrliches Prunkstück, mitten in dieser Wüste. Wie in Tausendundeiner Nacht“, gab ich von mir.

Raschid lachte.

„Sagen wir eher eine Sommerresidenz, die ich mit meinem Bruder Amir teile. Davon gibt es hier noch mehr.“

Hätte ich allerdings gewusst, was mich hinter diesem Gemäuer erwarten würde, wäre ich geflüchtet.

Die Truppe hielt und plötzlich war die Freundlichkeit meines Retters verschwunden.

Er gab einige Befehle an seine Leute weiter, die ich nur bruchstückweise verstand.

Mit Gewalt wurde ich vom Pferd gerissen und man schleifte mich ziemlich grob in das Innere des Baus.

Ich war im ersten Moment so geschockt, dass ich alles mit mir geschehen ließ. Kaum realisierte ich, was man mit mir vorhatte, trat ich um mich und versuchte mich zu befreien. Allerdings hatte ich keine Chance und ergab mich erstmal in mein Schicksal. Ich war wohl in die Hände von Mädchenhändlern geraten, die mich in einen riesigen Raum mit Frauen sperrten. Aus den Unterhaltungen verstand ich immer nur, dass ich mich im Harem eines reichen Herrschers befand und verkauft werden sollte.

Die Zeit und einige Tage vergingen.

Ich hatte nichts zu lachen und wurde dauerhaft schikaniert, denn man sah mich als Nebenbuhlerin an, die außerdem noch ungläubig war.

Das eine oder andere Mal, musste ich mehr als kräftig zurückschlagen, sonst wäre ich untergegangen.

In der Zwischenzeit zierten meinen Körper, ein blaues Auge, mehrere blaue Flecke von den Schlägen und einige Kratzspuren.

Diese Aktionen blieben allerdings nicht unbemerkt.

Nachdem ich dort einige Tage verbracht hatte, wurde ich abgeholt und kurz darauf stand ich diesem Raschid gegenüber, den ich nur an seinen Augen erkannte. Er trug weiterhin einen Umhang, der nur seine Augen preisgab.

„Wie geht es dir Lilith Gray? Ich habe gehört, dass du im Saal nur Unfrieden gestiftet hast! Das blaue Auge steht dir gut. Ich werde dich nicht behalten, sondern an meinen kleinen Bruder Amir weitergeben.“ Ich spuckte. Trat in seine Richtung und verlor für den Moment meine Beherrschung.

„Dreckiger Mädchenhändler! Der Teufel soll dich Mistkerl und deine Schergen holen!“, brüllte ich ihn an.

Er lachte.

„Kein Mädchenhändler, Lilith! Du befindest dich hier in einem Harem. Eigentlich habe ich dich für klüger gehalten und gehofft, dass du dies bereits bemerkt hast. Leider bist du der landesüblichen Sprache nicht mächtig und ich habe schon vier Frauen. Der Rest meiner Gespielinnen lebt hier und einige Damen, die auf ihren Verkauf warten. Du bist mir zu stressig und zu streitsüchtig. Ich könnte dich zwar züchtigen, damit du spurst, allerdings hat Amir Interesse an dir bekundet und wird gleich erscheinen. Also, benimm dich! Du weißt doch, anderes Land, andere Sitten!“, riet er mir.

„Bevor ich hier in einem Harem verrotte, nehme ich mir lieber das Leben! Ich habe Freunde, die wissen wo ich bin und sicher nach mir suchen werden!“ „Dich wird keiner vermissen! Dafür wurde bereits schon gesorgt! Wir haben eine falsche Fährte gelegt und jeder wird denken, du wurdest entführt und für viel Geld verkauft. Den Tod deines Vaters haben wir schon an die hiesige Polizei gemeldet und auch seinen Leichnam an die Behörden überstellt. Du giltst jetzt schon als verschollen und uns wird keiner ein Haar krümmen, denn wir sind hier die Herrscher dieses Gebietes. Deinen Ausweis haben wir übergeben, mit der Begründung, ihn an einer Oase mit der Leiche deines Vaters gefunden zu haben!“, erklang urplötzlich eine Stimme hinter mit.

Ich schnellte herum und erstarrte.

Vor mir stand ein gut aussehender Typ in meinem Alter und ganz nach meinem Geschmack. Überlegen grinste er mich an.

„Sie sprechen Deutsch?“, fragte ich stotternd.

„Nicht nur das! Ich habe eine zeitlang in Deutschland studiert und gelebt. Eure Gepflogenheiten sind mir nicht fremd. Du bist also diese Lilith? Auf arabisch auch als Nachtdämon und Nachtwind bekannt. Ich bin Amir, aber das hat mein Bruder dir schon erklärt.

Nun, dann lass dich einmal begutachten, ob du meiner würdig bist?“, gab er von sich und griff nach mir.

Wütend schlug ich gegen seinen Arm.

„Nimm deine dreckigen Finger von mir. Amir oder auch Prinz, Befehlshaber und Anführer auf Arabisch genannt. Gucken sie nicht so blöde, denn auch ich weiß, was ihr Name bedeutet“, brüllte ich und ging wieder ins Sie über.

Sämtliche Anwesende im Raum, hielten den Atem an und schon griff mir Amir in die Haare.

„Du verstehst meine Sprache? Nun, mir bleibt immer noch die Option dich zu verkaufen. Dein blondes Haar ist recht beschaulich und wird den Preis in die Höhe treiben. Jetzt wollen wir doch mal deine Zähne begutachten und danach den Rest.“

„Nein, ich verstehe überhaupt kein arabisch, bis auf wenige, gängige Begrüßungen und ich bin kein Pferd, dem man das Gebiss begutachtet“, blaffte ich.

Bevor er reagieren konnte, biss ich ihm in die Hand.

„Zufrieden mit meinen Beißerchen?“, gab ich von mir.

Ein Aufschrei ging durch die Anwesenden und dann schlug Amir zu.

Zumindest saß die Ohrfeige. Ich zuckte erschrocken zusammen und rieb mir die Backe.

„Du kleines, verschlagenes Biest! Weißt du eigentlich, wen du vor dir hast? Diese Frechheit kann ich dir auf keinen Fall durchgehen lassen! Zehn Peitschenhiebe, die ich dir gleich persönlich verabreichen werde und da darfst du dich schon glücklich schätzen. Schafft sie mir aus den Augen! In den Kerker! Ich komme sofort nach! Legt schon alles bereit und ich kläre dich dann auf, warum und wofür du diese Schläge bekommst!“, kam der Befehl.

Ich schluckte, hielt alles für einen Scherz und fing zu lachen an, was mir allerdings verging, als man mich mehr als brutal wegschleifte.

Aus dem Gespräch der beiden Wärter erfuhr ich, dass ich mich gerade an einem Herrscher, einem reichen Scheich dieses Gebietes vergriffen hatte und froh sein durfte, dass man mich nicht köpfen wollte.

Die Peitschenhiebe, die ich erhalten sollte, waren eher harmlos. Eigentlich waren über neunzig Standard. Da aber der Prinz an mir Gefallen fand, waren sie nur eine minimale Art von Züchtigung, um mich in meine Schranken zu verweisen.

Kaum waren wir im Kerker, wurde ich an beiden Gelenken gefesselt und man zog meine Arme nach oben.

Dann ertönte auch schon Amirs Stimme hinter mehr.

„Entfernt ihr Shirt und falls sie sich mit ihren Füßen wehrt, bindet auch diese. So, Lilith und nun zu uns beiden. Hier, du kleiner Teufel! Dieses Stückchen Holz solltest du zwischen die Zähne nehmen. Es verhindert, dass du dir in die Zunge oder auf die Lippen beißt und dich ernsthaft verletzt.“ Ich schüttelte den Kopf.

„Ich brauch das nicht! Schieben sie es sich doch selbst wohin!“, blaffte ich ihn an.

„Gut, wie du meinst! Ich denke ein Nachtdämon hält das auch locker aus! Ich beginne jetzt“, entgegnete er und trat hinter mich.

Ich schloss meine Augen und schwor, keinen Ton von mir zu geben, so heftig er auch zuschlug.

„Ich schwöre ihnen Amir, dass werden sie mir eines Tages büßen!“, gab ich von mir und versteifte mich.

„Das glaube ich allerdings kaum. Bleib locker Lilith, sonst spürst du die Schläge extrem heftig“, antwortete er und dann schlug er zu.

Ich zuckte zusammen und mir stiegen die Tränen in die Augen.

Kein Ton kam über meine Lippen.

Der zweite Schlag, war etwas heftiger und ich sackte in die Knie.

Der dritte Hieb war so extrem, dass ich mir die Lippe blutig biss und dies auch in meinem Mund schmeckte.

Der vierte und fünfte Schlag raubten mir die Luft und beim sechsten verlor ich das Bewusstsein.

Mir wurde schlecht und dann schwarz vor Augen.

Um sein Gesicht zu wahren, vollendete Amir die zehn Schläge. Die letzten vier fielen etwas stärker aus, aber das spürte Lilith schon nicht mehr.

Nicht ein Laut war über ihre Lippen gekommen, was ihm irgendwie imponierte.

An ihrem Rücken lief das Blut herunter und einig der Striemen, würden definitiv sehr langsam verheilen.

Amir hoffte, dass keine großen Narben zurückbleiben würden.

Langsam wandte er sich an den Kerkermeister.

„Bindet sie los! Bringt sie vorsichtig nach oben in das Zimmer gegenüber meinem und schickt nach dem Arzt. Er soll sie sorgsam verbinden und ihr etwas gegen die Schmerzen geben. Ich komme später nach“, gab er den Befehl, der auch sofort ausgeführt wurde.

Ich erwachte. Meine Handgelenke schmerzten. Sie waren von den Stricken blau angelaufen und ich schaute mich vorsichtig um.

Man hatte mich in ein riesiges Zimmer verfrachtet, dass dem Stil dieses Landes entsprach und wohl auch Standard für eine der höhergestellten Damen, im Serail war. Mir kamen da einige Filmszenen in den Sinn und ich musste trotz Schmerzen auflachen. In was war ich da wieder hineingeraten.

Da mich Amir auserwählt hatte, bekam ich nun dieses Privileg. Ich seufzte und setzte mich in diesem riesigen mit hunderten von Kissen bestücktem Bett auf.

Zumindest lag ich weich.

Während ich noch über meine auswegslose Situation grübelte, bemerkte ich im vorderen Teil des Raumes, eine Bewegung.

„Nun, wie ich sehe, bist du endlich aufgewacht! Was findest du denn so lustig? Wie fühlst du dich? Bist du noch schmerzfrei oder muss ich den Arzt holen? Ich möchte, dass es dir an nichts bei mir fehlt, Lilith“, entgegnete Amir.

Ich schaute an mir herunter und bemerkte erst jetzt, dass ich nur im Slip vor ihm saß.

Mein Oberkörper war verbunden und somit konnte er nur einen Teil von mir erhaschen.

Langsam zog ich eine der Decken an mich, um meine Nacktheit wenigstens etwas zu verbergen und rutschte im Bett zurück.

Amir grinste und kam auf mich zu, während in mir voll die Panik ausbrach.

Was hatte er vor?

„Lilith, du hast meine Frage noch nicht beantwortet!“

Ich schluckte.

„Was fragen sie eigentlich so doof? Warum ich etwas lustig finde, hat sie nicht zu interessieren! Sie müssten doch wissen, wie ich mich fühle, denn sie haben ja die Strafe selbst an mir vollzogen! Mein Schmerz geht sie nichts an! Es ist meiner und sie werden ihn in dem Maße nicht nachvollziehen können, wie ich ihn empfinde! Stecken sie sich ihre Besorgnis an ihren Turban, sie Mistkerl! Das Einzige, was mir fehlt, ist eine Waffe, um mich an ihnen zu rächen! So, nun können sie mich wieder züchtigen lassen, aufgrund meiner frechen Antworten oder sie verpissen sich und lassen mich in Ruhe!“, gab ich provozierend von mir.

Mein Gegenüber brach in schallendes Gelächter aus.

„Autsch, das hat gesessen. Raschid hatte recht. Du bist eine extreme Rebellin, Unruhestifterin, aber auch eine Herausforderung für mich in dieser Hinsicht. Ich werde dich schon zähmen und du wirst mir in wenigen Monaten aus der Hand fressen, denn ich habe Mittel und Wege dazu“, konterte er.

„Einen Dreck werden sie! Außerdem können sie sich Einschüchterungen jeglicher Art sparen! Bevor sie an mich noch einmal Hand anlegen, bringe ich sie oder mich vorher um! Ich spucke auf sie! Und so einer hat in Europa studiert! Dazugelernt allerdings nichts!

Zustände herrschen hier vor, wie im Mittelalter! Am besten ist, sie kriechen in ihre Höhle zurück, aus der sie gekommen sind! Ihr islamitischen Bastarde lernt es nie, eine Frau mit Respekt zu behandeln!“, schrie ich ihn an.

Auflachend kam er noch näher auf mich zu und hatte bevor ich mich versah, seine Hand in meine Haare verkrallt.

Erschrocken schrie ich auf und schon zog er mich zu sich.

„Ein kleiner Teufel ganz nach meinem Geschmack.

Wir beide werden uns in jeder Hinsicht gut verstehen Lilith und da wir uns schon etwas näher gekommen sind, darfst du mich duzen. Ich geb dir schon einmal einen Vorgeschmack, was auf dich zukommt.“

Entsetzt erwiderte ich seinen Blick und dann küsste er mich.

Ich stieß ihn von mir, versetzte ihm eine Ohrfeige, was bewirkte, dass er erneut nach mir griff und dann spürte ich seine Hand zwischen meinen Beinen.

Allerdings hatte er damit meine Toleranzgrenze völlig überschritten und ich schlug und trat nach ihm.

Mein Tritt gegen ihn, war so heftig, dass er regelrecht aus dem Bett flog.

Ich sprang auf, wickelte die Decke provisorisch um mich und rannte Richtung Tür.

„Lilith, es reicht mir jetzt! Du hast eh keine Chance!

Was denkst du, wo du dich befindest? Wir sind in der Wüste!“, brüllte er und verfolgte mich.

Kurz vor der Tür erreichte er mich und schlug zurück.

Nicht nur einmal.

Ich ging zu Boden, blieb ihm nichts schuldig und trat nach ihm. Es gab ein heftiges Gerangel. Nach kurzer Zeit verließ mich allerdings meine Kraft, denn er hatte einige Male meinen Rücken erwischt, der daraufhin schmerzte.

Ich war mit meinem Kopf unsanft an die Tür geknallt, als ich aufstehen wollte und in meiner Decke hängen blieb. Meine Nase blutete bereits und ich rechnete mit dem Schlimmsten.

In meiner Not schrie ich um Hilfe und wusste bereits, dass es absolut keinen Sinn machte.

Ich war die Sklavin eines Herrschers, der mit seinen Frauen tun und lassen konnte, was er wollte und ich saß in dieser verdammten Wüste fest.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und erwischte mich abermals ungünstig. Ich stöhnte auf.

Raschid erschien, ging dazwischen und zog Amir von mir weg.

„Amir! Nicht! Hör auf damit! Was tust du da? Lilith ist verletzt und kann sich nicht wehren! Stehst du schon wieder unter Drogen? “, brüllte er ihn an.

„Von wegen, nicht wehren! Dieses Biest ist hinterlistig und falsch wie eine Schlange und mit allen Wassern gewaschen! Sie hat ihren Namen nicht umsonst!

Sobald sie gesund ist, sperre ich sie in meinen noch leeren Harem. Dort kann sie sich austoben. Alleine. So zumindest kommt sie als meine Lieblingsfrau, nicht in Betracht.“, gab er zurück.

Ich blickte Raschid an.

„Ich verzichte gerne darauf, die Lieblingsfrau dieses Schlägers zu werden! Danke! Gerade von dir hätte ich keine Hilfe erwartet! Ich habe mich wohl doch in dir getäuscht. Amir wollte gerade übergriffig werden und ich habe mich nur gewehrt“, erklärte ich ihm.

„Laut genug hast du geschrieen, denn man konnte dich durchs ganze Haus hören. Yasmina bat mich unverzüglich nach dir zu sehen. Zum Glück ist unser Vater auf Geschäftsreise. Ich hole jetzt unseren Arzt und dieser soll dich untersuchen. Bis gleich und du Amir, lass die Finger von Lilith! Hast du mich klar und deutlich verstanden?“, hakte er nach.

Dieser nickte, schaute mich an, schritt auf mich zu und reichte mir die Hand.

Erschrocken wich ich zurück.

„Entschuldige! Es tut mir wirklich leid, dass ich so ausgerastet bin! Nun lass dir endlich hoch helfen, Lilith“, forderte er mich auf.

Ich ignorierte seine Hand, schüttelte mit dem Kopf und kroch auf allen Vieren zum Bett. Aufstöhnend legte ich mich hin, schloss meine Augen und öffnete sie erst wieder, bis der Arzt sich mehr als besorgt nach meinem Befinden erkundigte.

„Miss Gray, wie fühlen sie sich?“

Ich blickte ihn an.

„Dumme Frage, das sieht man doch?“, gab ich mehr als genervt und gereizt zurück.

„Ich gebe ihnen jetzt etwas gegen die Schmerzen. Ihre Nase ist zum Glück nicht gebrochen. Allerdings werden an ihrem Körper die blauen Flecken noch länger sichtbar sein. Wenn sie noch etwas benötigen, geben sie Bescheid. Ich werde morgen nochmals nach ihnen sehen. Schlafen sie etwas. Gute Besserung.“

Mir kamen die Tränen und ich drehte mich zur Seite, damit sie keiner sehen konnte. Mein weiteres Schicksal war wohl besiegelt und ich würde mich wohl oder übel fügen müssen. Vorerst zumindest.

Minuten später war ich vor Erschöpfung eingeschlafen und bekam nicht mehr mit, dass Amir die Tränen aus meinen Augen wischte, mich küsste und sich dann auf den Weg zu Raschid machte.

Amir traf Raschid im unteren Innenhof, dem Zentrum der Familie.

Er brauchte unbedingt jemand zum Reden „Raschid ich muss mit dir sprechen und benötige einen Ratschlag von dir!“

Dieser sah ihn nur an.

„Geht es um Lilith?“

Amir nickte.

„Ja Raschid, es tut mir fürchterlich leid, was ich ihr angetan habe. Das war alles überflüssig, was ich mit ihr veranstaltete! Ich bin wirklich ein Idiot!“ „Das hättest du dir im Vorfeld überlegen sollen.

Anscheinend hast du als Kind zu viele orientalische Filme angesehen, in denen die Frauen des Scheichs gezüchtigt wurden. Hör endlich mit den Drogen auf, die du dauerhaft über deine Shisha konsumierst! Lilith ist zwar ein kleiner Rebell, aber auch sehr zerbrechlich und du hast mit dieser Bestrafung überreagiert. Sie muss den Tod ihres Vaters, erst überwinden und sie reagiert auf unsere Gepflogenheiten deshalb mit Gegenwehr. Mit Gewalt erreichst du nichts bei ihr. Sag mal, hast du dich etwa in sie verliebt? Kommt mir so vor! Falls ja, bring ihr jetzt viel Geduld entgegen.“

„Ich finde Lilith sehr erotisch und sinnlich und denke in Sachen Liebe, könnte sich etwas entwickeln. Nach dieser Aktion habe ich wohl keine Chance mehr bei ihr. Sie hat mich als islamitischer Bastard tituliert, der in seine Höhle zurückkriechen soll“, gab er zurück.

„Wow! Harter Tobak! Sie traut sich was! Das nenn ich mal Courage! Versuch es einfach, Amir. Sie muss sich erst auf die Situation einstellen. Nicht jeder wird so knallhart aus seinem Umfeld gerissen und eingesperrt.

Ich hätte sie gerne behalten, aber ich denke, sie ist eher etwas für dich, auch vom Alter her. Mir wäre sie in allen Aktivitäten zu stressig. Sie besitzt Pfeffer. Mir reicht da Yasmina schon, Amir. Ich überlege sowieso, ob ich meinen Harem auflöse, denn ich habe bereits alle Hände voll mit Yasmina zu tun. Wir beide sind durch unser Studium auf europäischem Boden, viel zu westlich eingestellt. Falls du allerdings weitere Ratschläge benötigst, stehe ich zur Verfügung. So, nun geh und sei präsent, wenn sie aus dem Schlaf erwacht.

Lies ihr jeden Wunsch von den Augen ab und verwöhne sie. Vielleicht verzeiht sie dir. Irgendwann wird sie dir wirklich aus der Hand fressen. Vertrau mir und viel Glück“, erteilte er den Vorschlag und lachte.

Amir dankte ihm, machte sich auf den Weg zurück in Liliths Raum und legte sich an ihre Seite.

Mitten in der Nacht wachte ich vor Schmerzen auf.

Stöhnend drehte ich mich auf die andere Seite und fühlte einen Körper neben mir liegen.

Es war Amir.

Ich wollte schon schreien, besann mich aber eines Besseren und taxierte genau sein Gesicht im spärlichen Licht der Öllampen.

Zu meinem Leid musste ich gestehen, dass er mir sehr gut gefiel und auch in mein Beuteschema passen würde. Hätte ich ihn unter besseren Voraussetzungen kennen gelernt, wäre ich nicht abgeneigt gewesen.

Wie auf Kommando öffnete er seine Augen und sah mich forschend an.

Ich zuckte zusammen.

„Was ist, Lilith? Hast du Schmerzen?“, fragte er.

Ich nickte mit dem Kopf.

„Nicht nur das, sondern auch entsetzlichen Durst“, gab ich zurück.

Amir stand auf.

„Gut, dem kann abgeholfen werden. Ich hole dir etwas für deine Schmerzen und etwas zum Trinken.

Wo hast du Schmerzen?“, wollte er wissen.

„Ich glaube meine Wunden am Rücken bluten wieder.

Es fühlt sich zumindest so an“, erklärte ich ihm.

„Lilith, darf ich mir deinen Rücken anschauen?“

„Kleiner Prinz, da wirst du nicht viel sehen, denn er ist immer noch verbunden.“

„Aber erkennen, ob es erneut durchgeblutet hat. Nun dreh dich schon um.“

Ich tat ihm den Gefallen und hörte, wie er seinen Atem geräuschvoll einsog.

„Bei Allah, alles rot. Ich hol den Arzt und bin sofort wieder hier“, sprachs und verschwand.

Einige Minuten später stand er mit diesem wieder im Zimmer.

„Lilith? Was ist los? Amir hat mich informiert, dass du Schmerzen hast. Würdest du mir bitte deinen Rücken zeigen?“, bat er mich.

Ich nickte und drehte mich erneut um.

„Sieht nicht gut aus. Ich werde jetzt die Verbände ganz vorsichtig, Stück für Stück entfernen. Es könnte höllisch wehtun. Falls du es nicht aushältst, sag sofort Bescheid.“

Ich nickte.

Die ersten drei Bandagen ließen sich problemlos lösen, aber bei den restlichen schrie ich ein paar Mal auf und verkrallte mich in meiner Decke. Einige der Verbände, klebten an meinem Körper fest. Ich hatte das Gefühl, man zog mir die Haut bei lebendigem Leibe ab.

„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich. Die drei oberen Narben verheilen bereits mehr als zufrieden stellend. Nur die restlichen bereiten mir etwas Kopfzerbrechen. Sie müssen genäht werden, und zwar sofort, damit sich nichts infiziert.“

„Ja, mein Gott, dann tun sie es doch!“, gab ich zurück.

„Jetzt kommt die schlechte Nachricht. Ich habe kein Betäubungsmittel mehr zur Hand.“

Ich schluckte und blickte in Amirs Richtung.

„Du dreckiger Bastard! Daran bist nur du schuld!“,

brüllte ich ihn an.

Doc versuchte mich zu beruhigen.

„Es gibt eine Möglichkeit.“

„Welche?“; wollte ich wissen.

„Das hält nicht einmal ein Kerl aus, Lilith. Komplett ohne Betäubung nähen“, bekam ich zur Antwort.

„Ich halte das aus. Nun fangen sie schon an.“

„Nicht dein Ernst, Lilith!“

„Mein voller Ernst, Doc! Es wurden bereits zwei Verletzungen dieser Art, auf meinen Expeditionen so behandelt. Es ist also nichts Außergewöhnliches für mich. Ich versetze mich vorher in eine Art Trance und sie können jederzeit mit der Näherei aufhören, wenn ich es nicht mehr aushalte und sie darum bitte! Falls ich vorher in Ohnmacht fallen sollte, hat sich eine Betäubung sowieso erledigt. Da können sie beruhigt weitermachen. Was ist jetzt?“

Der Arzt schaute fragend in Amirs Richtung.

„Komische Logik, Lilith! Gut wenn du meinst!“

„Amir hat in diesem Fall nichts zu melden! Sie brauchen nicht in seine Richtung zu blicken! Es ist immer noch mein Körper und sind meine Schmerzen!

Diese Logik ist mehr als realistisch!“

„Gut, wie du willst. Ich desinfiziere jetzt die Wunden und wenn du es da schon nicht aushältst, verschieben wir alles auf übermorgen, bis ich wieder etwas von dem Betäubungsmittel habe. Ich verbinde dich dann nur. Amir, ich benötige allerdings jetzt deine Hilfe. Du wirst dich vor Lilith setzen und ihre Hände halten.“

Er nickte.

„Muss da sein?“, fragte ich nach und wunderte mich, dass er bei der Unterhaltung, in ein Du übergegangen war.

„Es muss sein und du wist es mir danken, wenn du dich irgendwo verkrallen kannst. Ist das für dich dann so weit okay?“

Ich nickte.

„Bevor sie anfangen, hätte ich gerne gewusst, warum sie so gut deutsch sprechen und verstehen. Wie heißen sie? Wir wurden uns noch nicht richtig vorgestellt.“

„Sorry! Ich bin Amerikaner und habe in Deutschland ein paar Jahre verbracht. Ich habe Medizin studiert.

Mein Name ist Mike und Amir ist einer meiner Campusfreunde. Irgendwann bin ich hier hängen geblieben, da meine Hilfe dringend benötigt wurde.

Bleiben wir doch bei einem Du und Mike oder Doc.“

„Okay, anscheinend haben hier alle in Deutschland studiert. Ich bin Lilith Gray und mehr oder weniger, unfreiwilliger Gast in diesem billigen Theaterstück, das hoffentlich bald beendet ist. Sicher hat dir Amir schon erklärt, wer ich bin. Für dich einfach Lil. So werde ich von meinen guten Freunden genannt.“

„Aha, dann bin ich wohl eher ein Feind für dich“, kam es von Amirs Seite.

Intensiv taxierte er mich.

„Erraten, Prinz Amir! Unbestrittener Herrscher und Bezwinger über alle Nachtdämonen. Einer meiner größten Erzfeinde! Bist du nun zufrieden, mit dieser Antwort?“, hakte ich nach.

„Sehr interessant und gut zu wissen, Lilith! Mutter aller Dämonen!“, konterte er.

Mike grinste und blickte Amir an.

„Seid ihr jetzt mit eurem gegenseitigen, verbalen und völlig idiotischem Schlagabtausch fertig? Falls ja, setz dich endlich zu Lilith, damit ich anfangen kann. Der Eingriff dauert etwas und ich würde gerne noch ein paar Stunden schlafen.“

Amir setzte sich vor mich. Ich ergriff meine Decke, um meine Nacktheit zur verbergen. Er grinste, reichte mir seine Hände, die ich mit Widerwillen ergriff, als Mike schon anfing.

Ich schrie auf, blickte erschocken in Amirs Augen und krallte meine Fingernägel in seine Hände.

Das Desinfektionsmittel brannte wie Feuer auf meinen Wunden.

„Soll ich aufhören?“; wurde ich gefragt.

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein! Noch schlimmer kann es nicht werden, denn das war schon der Höhepunkt. Das Zeug brennt wie Säure und kommt einer Betäubung schon recht nahe.“

„Okay, Lilith. Jetzt geht es ans Eingemachte. Einfach nur durchhalten.“

Ich versuchte mich zu entspannen, was auch teilweise gelang und zuckte das eine oder andere Mal nur kurz zusammen.

Geht es dir noch gut, Lilith?“, fragte Mike.

„Ja, alles noch im grünen Bereich. Warum?“, gab ich zurück.

„Weil die letzten zwei Narben sehr tief sind und dir jetzt heftige Schmerzen bereiten werden“, erklärte er mir.

„Ich werde es überleben! Weitermachen!“, befahl ich und schrie im gleichen Moment auf.

Mike hatte nicht zuviel versprochen.

Ich ließ die Hände von Amir los, zog ihn spontan an mich, drückte meinen Kopf in seine Halsbeuge und verkrallte mich gleichzeitig in seinen Schultern, dass er laut aufstöhnte.

Mir wurde schlecht und ich kämpfte extrem gegen eine Ohnmacht an.

Ich fluchte und schrie zwischendurch auf.

Nach zehn Minuten war die Tortur beendet.

„Lilith wir sind fertig! Ich werde dir keinen von den Verbänden anlegen. Frische Luft lässt die Wunden viel schneller heilen. Außerdem hast du dich gerade sehr tapfer gehalten. Beim Schlafen empfehle ich dir, die Bauchlage einzunehmen. Gegen Abend komme ich nochmals vorbei, um nach dir zu sehen. Schlaf den Rest der Nacht gut und Amir du bleibst an ihrer Seite.

Lilith soll sich so wenig wie möglich bewegen. Ich lass ihr noch eine starke Tablette hier, für den Notfall.“

Ich schob Amir von mir.

Dieser dankte Mike, verabschiedete sich von ihm und ich ließ mich erschöpft und mit Tränen in den Augen ins Kissen fallen.

„Wie fühlst du dich, Lilith? Benötigst du etwas?“

„Amir, hast du mir etwas zum Trinken besorgt? Falls ja, würde ich es gerne zu mir nehmen. Ich bin völlig ausgetrocknet. Außerdem habe ich noch eine Bitte an dich. Könnte ich meinen Rucksack bekommen?“

„Dein Getränk bekommst du sofort. Was willst du mit deinem Rucksack?“, fragte er argwöhnisch nach.

„Ich hätte gerne mein Handy, auf dem sich einige von meinen Lieblingssongs befinden. Ich bitte dich darum.

Es hilft mir zu entspannen und meine Schmerzen zu reduzieren“, erklärte ich ihm.

„So, du bittest mich also darum. Ausgerechnet mich?

Deinem Erzfeind! Woher kommt denn plötzlich dieser Sinneswandel? Wie nanntest du mich doch gleich noch…islamitischer Bastard.“

Ich schaute ihn an und schluckte.

„Okay Amir, du hast mich gerade schachmatt gesetzt.

Vergiß es einfach, denn ich habe keine Nerven und schon gar nicht die Kraft dazu, um mich mit dir heute noch zu streiten. Dann hole mir bitte nur das Getränk, oder muss ich es selbst tun“, erwiderte ich und wollte mich erheben.

Er blickt mich nachdenklich an und stand auf.

„Bleib liegen, ich bin gleich wieder hier!“ Fünf Minuten später kam er zurück und hielt mir eine Flasche Wasser und meinen Rucksack entgegen.

Erstaunt sah ich ihn an.

„Ich danke dir. Könntest du mir bitte diese Flasche öffnen?“

Zwischenzeitlich entnahm ich dem Rucksack mein Handy, meine Kopfhörer und mein Ladekabel.

Als Amir die Wasserflasche an mich weiterreichte, gab ich ihm den Rucksack mit meinem Laptop zurück.

Fragend schaute er mich an und ich grinste.

„Ich benötige nur meine Musik. Mehr nicht. Danke!“

Bevor er reagieren konnte, drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange und erntete dafür einen mehr als verwirrten Blick von ihm.

Nachdem ich reichlich Flüssigkeit zu mir genommen hatte, stöpselte ich meinen Kopfhörer ein und suchte mir die Playlist meiner gespeicherten Lieder. Ich setzte den Vorschlag von Doc um. Seufzend legte ich mich auf den Bauch und genoss meine Musik.

Amir war über den Sinneswandel von Lilith mehr als erstaunt. Konnte er ihr vertrauen oder versuchte sie ihn zu überlisten, um Hilfe über ihr Handy zu rufen.

Spätestens morgen würde er es erfahren. Er blieb eine zeitlang neben ihr sitzen und als sie entspannt atmete, schaute er nach ihr. Langsam beugte er sich über sie.

Lilith schien zu schlafen und er entfernte vorsichtig ihre Kopfhörer.

Ihr Handy schaltete er aus und legte es zur Seite.

Nachdenklich eilte er in den unteren Innenhof, wo er auf Raschid traf, der ihn bereits erwartet hatte und berichtete die Neuigkeit.

„Der ganze Palast hat schon erfahren, was Lilith heute abgezogen hat. Wunden vernähen lassen ohne eine Betäubung, da gehört schon einiger Mut dazu. Die Frau hat Stil!“ „Das ist nicht die einzige Überraschung. Sie hat mich vorhin auf die Wange geküsst, weil ich auf ihre Bitte hin, das Handy mit ihrer gespeicherten Lieblingsmusik an sie ausgehändigt habe.“

Raschid grinste.

„Ich hoffe nur, das war kein Fehler von deiner Seite.

Anscheinend machst du aber Fortschritte in Sachen den Dämon in ihr zu erobern. Hoffen wir das Beste, Amir, denn ich gönne es dir.“ „Ich versuche ihr zu vertrauen und hoffe nur, sie enttäuscht mich nicht. Warten wir es ab.“

„Bis morgen, Amir. Schlaf gut.“ Amir dankte seinem Bruder und eilte zurück.

Lilith lag noch immer unverändert vor ihm und er legte sich wieder zu ihr. Bevor er einschlief, fiel sein Blick auf ihren malträtierten Rücken und er verfluchte, was er ihr da angetan hatte.

Keine Stunde später wachte er wieder auf.

Lilith wälzte sich unruhig neben ihm hin und her und stöhnte mehrmals.

Er weckte sie und sah in ihr völlig verstörtes Gesicht.

„Was ist los? Hast du Schmerzen?“, fragte er.

„Nein, nur einen fürchterlichen Albtraum. Mir ist jetzt noch ganz schlecht. Amir ist es zuviel verlangt, wenn ich etwas näher zu dir rutsche?“ „Nein! Du kannst dich gerne bei mir anlehnen. Denk aber dabei an deinen Rücken. Ich soll dir Grüße von Raschid ausrichten. Deine Aktion hat sich bereits hier im Palast herumgesprochen.

Ich lachte, legte meinen Kopf auf Amirs Brust, hörte seinen beschleunigten Herzschlag und schloss meine Augen wieder.

„Bis später, kleiner Prinz. Ich hoffe ich kann jetzt traumlos weiterschlafen.“

„Schlaf gut, Lilith“, gab er zurück und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.

Ich erwachte noch vor dem Sonnenaufgang.

Welcher Teufel hatte mich gestern geritten, dass ich so freundschaftlich mit meinem Peiniger umging.

Ich hasste Amir, für das, was er mir angetan hatte. Ich hatte aber bemerkt, dass ich nur mit List und Taktik bei ihm zum Erfolg kam. Also, ließ ich mich auf sein Spiel ein.

Vorsichtig, um Amir nicht zu wecken, stand ich auf und stieg aus einem der Fenster, da ich keine Tür finden konnte.

Auch hier befand sich wie unten ein kleiner Innenhof.

Allerdings mit Aufgang zu einer Dachterrasse.

Viel hatte ich von diesem Sommerpalast noch nicht sehen können und nutzte jetzt die Gelegenheit.

Der An- und Ausblick erstaunte mich.

Überall standen Palmen und Kakteen.

Auch hier befand sich eine Liegefläche, bestückt mit einer Unzahl von riesigen Kissen und einem weißen Sonnensegel.

Von hier oben hatte man einen wunderschönen Blick über die Wüste und ich war mir sicher, dass dies einer meiner Lieblingsplätze wurde. In der Ferne entdeckte ich einen Gebirgszug.

Nachdenklich nahm ich dieses Bett in Beschlag und war wohl erneut eingeschlafen, als mich Gelächter aus meinem Schlaf riss.

Erschrocken schoss ich hoch.

Amir und Raschid standen vor mir und konnten sich vor Lachen nicht mehr halten.

Verwirrt blickte ich sie an, als ich bemerkte, dass etwas meine Beine abschleckte.

Da sah ich dieses silbrige, behaarte Untier zu meinen Füßen liegen, erschrak fürchterlich und zog diese zurück.

Dieses undefinierbare helle Bündel rutschte nach und schlabberte erneut an mir herum.

„Mein Gott, was ist das?“, brüllte ich.

Raschid lachte, schritt auf mich zu und erlöste mich von diesem Ding, indem er es hochnahm.

„Bleib ruhig, Lilith. Hierbei handelt es sich nur um einen jungen Silberlöwen. Wir haben ihn schon überall gesucht. Anscheinend hat er Gefallen an dir gefunden und dich ins Herz geschlossen. Ab jetzt hast du wohl einen neuen Freund. Er verhält sich bei anderen sonst nicht so zutraulich und beißt und fährt seine Krallen aus. Hier haben sich zwei Seelenverwandte gefunden.

Wenn du keine Angst vor ihm hast, würde ich ihn gerne in deine Obhut zur Pflege geben, bis er alt genug ist und wir ihn in die Freiheit entlassen können.

Traust du dir das zu?“, gab er von sich.

Argwöhnisch blickte ich Raschid an.