Entrepreneurship - Dietmar Grichnik - E-Book

Entrepreneurship E-Book

Dietmar Grichnik

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Beschreibung

Das Lehrbuch präsentiert den aktuellen Stand der internationalen Entrepreneurshipforschung. Von der Geschäftsidee über die Frühphase bis zur Markteinführung und Etablierung zeigen die Autoren, wie neue Geschäftsmodelle entdeckt und entwickelt werden. Außerdem im Fokus: Entrepreneurship im sozialen und wissenschaftlichen Bereich. Geeignet sowohl für die Gründung von Unternehmen und junge, wachsende Unternehmen als auch für etablierte Unternehmen und NPOs. In der 2. Auflage ergänzt um aktuelle Themen wie Lean-Start-up-Ansatz, Crowdfunding und -sourcing, unternehmerische Ökosysteme, Digitalisierung und Vernetzung wie in der Sharing Economy. Jedes Kapitel enthält Lernziele, Aufgaben und weiterführende Literaturhinweise. Außerdem: inklusive Fallstudien, die auch zum Download auf myBook+ zur Verfügung stehen.

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Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort zur zweiten AuflageTeil A Formen und Bedeutung unternehmerischen Handelns1 Erscheinungsformen unternehmerischen Handelns1.1 Unternehmertum und unternehmerisches Handeln1.2 Entwicklung von Entrepreneurship als eigenständige Disziplin2 Gesamtwirtschaftliche Bedeutung unternehmerischen Handelns2.1 Unternehmertum und ökonomische Entwicklung2.2 Fallbeispiel: Unternehmerisches Ökosystem in der SchweizTeil B Unternehmerische Gelegenheiten und Denkweisen3 Opportunity Map des unternehmerischen Entscheidungsprozesses3.1 Die Opportunity Map als Bezugsrahmen3.2 Entstehungsursachen für unternehmerische Gelegenheiten3.3 Grundtypen unternehmerischer Gelegenheiten3.4 Wahrnehmung und Bewertung der unternehmerischen Gelegenheit3.5 Entscheidung zur Ausschöpfung3.6 Ergebnis des Ausschöpfens der unternehmerischen Gelegenheit3.7 Zusammenfassung4 Entstehung unternehmerischer Gelegenheiten4.1 Unternehmerische Gelegenheiten: erkannt, entdeckt oder erschaffen?4.2 Erklärungsansätze unternehmerischen Handelns: Causation, Effectuation und Bricolage4.2.1 Causation4.2.2 Effectuation4.2.3 Bricolage4.2.4 Zur Bedeutung von Causation, Effectuation und Bricolage im Entrepreneurship-Prozess4.3 Entrepreneure als Entdecker4.4 Entrepreneure als Schöpfer4.5 Zusammenfassung4.6 Fallstudie: Avrios5 Bewertung und Wahrnehmung unternehmerischer Gelegenheiten5.1 Der Wert einer unternehmerischen Gelegenheit5.2 Einflussfaktoren auf den Bewertungsprozess5.2.1 Personenbezogene Faktoren5.2.2 Opportunity-bezogene Faktoren5.3 Verfahren zur Bewertung unternehmerischer Gelegenheiten5.3.1 Unternehmerische Gelegenheiten als Investitionsprojekt5.3.2 Discounted-Cashflow-Verfahren5.3.3 Entscheidungsbaumverfahren5.3.4 Multiplikatorverfahren5.3.5 Venture-Capital und First-Chicago-Methode5.4 Zusammenfassung5.5 Fallstudie: On6 Prozesse und Methoden unternehmerischen Handelns6.1 Historische Einordnung6.2 Ungewissheit im unternehmerischen Prozess6.3 Methoden der Ungewissheitsreduktion im unternehmerischen Prozess6.3.1 Ursprünge und Einordnung6.3.2 Effectuation als Prozess6.3.3 Improvisation und Bricolage als Prozesse6.3.4 Design Thinking als Prozess6.3.5 Lean Startup als Prozess6.3.6 Gründen in Komponenten6.3.7 Ausblick Geschäftsmodelldesign und Geschäftsplanung6.4 Zusammenfassung6.5 Fallstudie: Salonmeister7 Geschäftsmodell7.1 Zur Bedeutung des Geschäftsmodells für den Gründungserfolg7.2 Charakteristika der verschiedenen Gestaltungsthemen eines Geschäftsmodells7.3 Kombination von Gestaltungsthemen in einem Geschäftsmodell7.4 Geschäftsmodell und interne Organisation7.5 Design von Geschäftsmodellen7.6 Fallstudie: Hitflip Media TradingTeil C Ressourcenbeschaffung zur Nutzung unternehmerischer Gelegenheiten8 Organizational Capital als intangible Ressource8.1 Intellektuelles Kapital8.2 Die Organisation8.2.1 Unternehmenspersönlichkeit8.2.2 Rechtsform8.2.3 Bürokratie (Red Tape)8.2.4 Rechtsanwalt und Steuerberater8.2.5 Beirat und Coaches8.3 Geistiges Eigentum (Intellectual Property)8.3.1 Patente8.3.2 Gebrauchsmuster8.3.3 Marke8.3.4 Geschmacksmuster8.3.5 Urheberrecht8.3.6 Hinweise zum Umgang mit Schutzrechten8.4 Institutionen und Prozesse zu gewerblichen Schutzrechten8.4.1 Institutionen8.4.2 Arbeitnehmererfindungen8.4.3 Schutzrechtsanmeldung8.4.4 Verwertung von Patenten8.5 Verträge8.6 Versicherungen8.7 Zusammenfassung8.8 Fallstudie: PURON9 Human Capital als intangible Ressource9.1 Begriff und Definitionen9.2 Elemente des Humankapitals9.2.1 Ausbildung9.2.2 Erfahrung9.2.3 Wissen und Fähigkeiten9.3 Persönlichkeit9.4 Die Gründungsentscheidung9.4.1 Unternehmerische Absicht9.4.2 Selbstwirksamkeit9.5 Unternehmerteams9.5.1 Heterogenität der Fähigkeiten in Teams9.5.2 Teamrollen9.5.3 Teamprozesse9.6 Zusammenfassung9.7 Fallstudie: Incelltec10 Social Capital als intangible Ressource10.1 Bedeutung von Social Capital für den Gründungserfolg10.2 Charakteristika sozialer Verbindungen10.3 Analyse sozialer Netzwerke10.4 Kosten-Wert-Relation der Netzwerkbildung10.5 Fallstudie: ComfyLight11 Financial Capital als tangible Ressource11.1 Zur Rolle der Finanzierung für junge Unternehmen11.2 Finanzierungsplanung11.3 Bootstrapping und Finanzierung durch Verwandte und Freunde11.4 Business Angels11.5 Venture Capital11.6 Corporate Venture Capital11.7 Crowdfunding11.8 Fremdkapital von Banken11.9 Öffentliche Fördermittel als Finanzierungsinstrument11.10 Zusammenfassung11.11 Fallstudie: Policen DirectTeil D Grundformen unternehmerischen Handelns12 Geschäftsplanung12.1 Pläne und Unternehmen12.2 Definitionen des Geschäftsplans12.3 Adressaten des Geschäftsplans12.4 Prozess der Geschäftsplanung12.5 Elemente des Geschäftsplans12.5.1 Geschäftsidee12.5.2 Markt12.5.3 Marketing12.5.4 Gründerteam, Management, Organisation12.5.5 Realisations- und Finanzplanung12.5.6 Chancen und Risiken12.5.7 Executive Summary12.6 Zusammenfassung12.7 Fallstudie: MRI.TOOLS13 Markteintritt, Marketing und Positionierung13.1 Markteintritt als Realisierung der Unternehmensgründung13.2 Markteintrittsstrategieprozess13.2.1 Markteintrittsstrategieentwicklung13.2.2 Zielkundenbestimmung bei jungen Unternehmen13.2.3 Marktanalyse und Identifikation der Markteintrittsbarrieren13.2.4 Optionen und Zeitpunkt des Markteintritts13.3 Marketing-Mix13.3.1 Produktpolitik13.3.2 Preispolitik13.3.3 Vertriebspolitik13.3.4 Kommunikationspolitik13.4 Zusammenfassung13.5 Fallstudie: Twitch.tv14 Wachstumsplanung und Wachstumsmanagement14.1 Wachstumsunternehmen: Von Mäusen und Gazellen14.2 Wachstumstheorien und -modelle14.2.1 Traditionelle Erklärungsmodelle14.2.2 Moderne Erklärungsansätze der Entrepreneurship-Forschung14.2.3 Kritische Würdigung und ganzheitliche Modellentwicklung14.3 Wachstumsprozesse junger Unternehmen14.3.1 Wachstumsfördernde und -hemmende Faktoren14.3.2 Methoden der Wachstumsplanung14.3.3 Wachstumsstrategien14.3.4 Wachstumsmanagement14.4 Zusammenfassung14.5 Fallstudie: getAbstract15 Unternehmensaustritt15.1 Unternehmensaustritt als Teil des unternehmerischen Handlungsprozesses15.2 Exit-Strategien: Möglichkeiten zur Realisierung des Unternehmenswerts15.2.1 Börsengang15.2.2 Unternehmensverkauf15.2.3 Liquidation15.2.4 Phasenabhängigkeit der Exit-Alternativen15.3 Einflussfaktoren auf die Entscheidung zum Unternehmensaustritt15.3.1 Entrepreneur15.3.2 Unternehmen15.3.3 Umwelt15.4 Auswirkungen des Unternehmensaustritts15.5 Unternehmensaustritt und Neuanfang: Serial Entrepreneurship15.6 Zusammenfassung15.7 Fallstudie: DeinDealTeil E Sonderformen unternehmerischen Handelns16 Corporate Entrepreneurship16.1 Der Gedanke des Corporate Entrepreneurship16.2 Dimensionen, Modelle, Ausprägungsformen16.2.1 Dimensionen16.2.2 Modelle16.2.3 Ausprägungsformen16.3 Corporate Entrepreneurship und Management16.3.1 Entwicklung einer unternehmerischen Organisation16.3.2 Nachhaltige Verankerung einer unternehmerischen Kultur16.4 Corporate Entrepreneurship und Open Innovation16.4.1 Closed Innovation16.4.2 Open Innovation16.5 Zusammenfassung16.6 Fallstudie: P&G und der Passion Club17 Academic Entrepreneurship17.1 Definition und Ausprägungen17.2 Hochschulgesetze und Arbeitnehmererfindungsgesetz17.3 Technologietransfer17.3.1 Lizenzierung, Patentverkauf und Drittmittelprojekte17.3.2 Ausgründungen (Spin-offs)17.4 Prozesse im Rahmen einer Ausgründung17.5 Ausgründungsförderung17.6 Forschung zu akademischem Unternehmertum17.7 Ausgründungen als gesamtwirtschaftliches Innovationselement17.8 Zusammenfassung17.9 Fallstudie: RWTH Aachen18 Social Entrepreneurship18.1 Einführung18.2 Entstehung von Social Entrepreneurship18.3 Der Social Entrepreneur18.4 Einordnung in den Kontext der Wirtschaftswissenschaften18.5 Messung des Social Impact18.6 Finanzierungformen für Social Entrepreneurs18.7 Zusammenfassung18.8 Fallbeispiel: Jivana VitalityLiteraturStichwortverzeichnismyBook
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Hinweis zum Urheberrecht

Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH, Stuttgart

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print:ISBN: 978-3-7910-3659-5Bestell-Nr.: 20212-0002ePDF:ISBN: 978-3-7910-3660-1Bestell-Nr.: 20212-0151ePub:ISBN: 978-3-7910-4095-0Bestell-Nr.: 20212-0100

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2017 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht [email protected]

Umschlagentwurf: Goldener Westen, BerlinUmschlaggestaltung: Kienle gestaltet, StuttgartSatz: Claudia Wild, Konstanz

Juni 2017

Schäffer-Poeschel Verlag StuttgartEin Tochterunternehmen der Haufe Gruppe

Vorwort zur zweiten Auflage

Unsere unternehmerische Reise der letzten Jahre führt zur zweiten Auflage dieses Lehrbuchs. Das Phänomen Entrepreneurship hat durch neue technologische Entwicklungen noch einmal an Dynamik gewonnen. Die Digitalisierung und Vernetzung wirken auf nahezu alle Branchen ein und fordern innovative Lösungsansätze für neue Kundenprobleme mit unternehmerischem Potenzial. In einer Shared Economy sind andere Geschäftsmodelle mit größerer Reichweite möglich, als dies in der Old Economy der Fall war. Junge Unternehmen gewinnen auch in etablierten Märkten zunehmend an Einfluss und fordern die vorhandenen Marktteilnehmer heraus. Mit den neuen Marktverhältnissen wächst die Unsicherheit, mit bestehenden Strategien, Geschäftsmodellen, Technologien, Produkten und Dienstleistungen auch in Zukunft noch wettbewerbsfähig zu sein. Die beiden Welten der innovativen Gründer und der arrivierten Managerinnen verzahnen sich, indem der eine vom anderen lernt und neue Kooperationsformen und Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette entstehen.[2]

Der Fokus in der Forschung hat sich entsprechend von der Sicht auf den einzelnen Entrepreneur und die unternehmerische Gelegenheit (Individual-Opportunity-Nexus) verlagert auf unternehmerische Prozesse und die Interaktionen, die die neuen Technologien ermöglichen (Action-Interaction-Nexus). Dazu enthält die Neuauflage ein neues Kapitel zu Prozessen und Methoden unternehmerischen Handelns, das Ansätze wie Bricolage, Improvisation, Effectuation, Design Thinking, Lean Startup und das Gründen in Komponenten als systematische und wirkungsvolle Prozesse zur Reduzierung der unternehmerischen Unsicherheit erfasst.

Unsere zahlreichen Praxis- und Forschungsprojekte mit Start-ups, etablierten Unternehmen und staatlichen Stellen hat zu neuen Erkenntnissen geführt, die unmittelbar in die Neuauflage dieses Lehrbuchs eingeflossen sind und zu einer kompletten Überarbeitung aller Kapitel geführt haben. Beispiele sind das Bootstrapping, Crowdfunding und Crowdsourcing sowie neue Social-Impact-Messungen. Die Zusammenarbeit mit international führenden Forschern und unseren Hauptpersonen – den Unternehmerinnen und Unternehmern – hat uns persönlich weiterentwickelt und geprägt. Alle Autoren dieses Buches schauen auf die neue digitale Welt und die unternehmerischen Herausforderungen sowohl als Forscher als auch als praktizierende Entrepreneure. Nur so lässt sich empirische Evidenz aus wissenschaftlichen Studien mit den praktischen Einzelfällen zu einem sinnvollen Handlungsleitfaden für den Leser entwickeln.[3]

Die dargestellten Konzepte wurden mit Studierenden in den Bachelor-, Master-, Doktorats-, MBA- und EMBA-Programmen unserer vier beteiligten Hochschulen über die Jahre getestet, verfeinert und ergänzt. Die Universität St. Gallen, die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, die WHU – Otto Beisheim School of Management und die ESCP Europe stehen im deutschsprachigen Raum und im europäischen Kontext für eine einzigartige unternehmerische Exzellenz. Im Lehrbuch spiegelt sich dies in fünfzehn Fallstudien wider, von denen zehn Cases für die zweite Auflage neu erstellt wurden. Mit den neuen Fallstudien Avrios, Salonmeister, On Running, ComfyLight, Twitch.tv, getAbstract, DeinDeal, P&G Passion Club, Jivana Vitality und zum unternehmerischen Ökosystem der Schweiz sowie den aktualisierten Fällen zu Incelltec, Puron, Policen Direct, MRI Tools und RWTH Aachen erwarten den Leser ein reichhaltiges Reservoir an Best Practices aus verschiedenen Branchen.[4]

Eine solche umfassende Neuauflage ist nur möglich durch mehrere Teams, die hinter den Autoren stehen und denen wir zu großem Dank verpflichtet sind. An erster Stelle zu nennen ist Barbara Burkhard, die die Neuauflage mit großer Akribie und Umsicht organisatorisch und inhaltlich in St. Gallen begleitet hat. Ihr ist es maßgeblich zu verdanken, dass ein solches Ensemble von Mitwirkenden an verschiedenen Standorten orchestriert werden konnte. Einzelne Kapitel sind unter Mitwirkung weiterer wissenschaftlicher Assistentinnen und Assistenten an den beteiligten Lehrstühlen be- und überarbeitet worden. In der Übersichtstabelle sind alle Mitwirkenden namentlich erwähnt. Mit dem Schäffer-Poeschel Verlag stand uns erneut ein professioneller Partner zur Seite. Frau Marita Rollnik-Mollenhauer und Frau Claudia Knapp danken wir für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Geduld, die wir ihnen abverlangt haben.

Nr.Kapitelunter Mitarbeit vonAFormen und Bedeutung unternehmerischen Handelns 1Erscheinungsformen unternehmerischen HandelnsBarbara Burkhard 2Gesamtwirtschaftliche Bedeutung unternehmerischen HandelnsBarbara BurkhardBUnternehmerische Gelegenheiten und Denkweisen  3Opportunity Map des unternehmerischen EntscheidungsprozessesHenrik Wesemann 4Entstehung unternehmerischer Gelegenheiten 5Bewertung und Wahrnehmung unternehmerischer Gelegenheiten 6Prozesse und Methoden unternehmerischen HandelnsAlexander Meister, David Lehmann 7GeschäftsmodellCRessourcenbeschaffung zur Nutzung unternehmerischer Gelegenheiten 8Organziational Capital als intangible RessourcePhilipp Bierl 9Human Capital als intangible RessourceNicolas van de Sandt10Social Capital als intangible RessourceRonny Baierl, Manuel Heß11Financial Capital als tangible RessourceAnna-Christina FredershausenDGrundformen unternehmerischen Handelns12GeschäftsplanungDavid Lehmann, Alexander Meister13Markteintritt, Marketing und Positionierung14Wachstumsplanung und Wachstumsmanagement15UnternehmensaustrittESonderformen unternehmerischen Handelns16Corporate EntrepreneurshipNael Ahmad17Academic EntrepreneurshipSebastian Szambelanczyk18Social EntrepreneurshipFlorian Forster, Torben Antretter[5]

Übersichtstabelle Mitwirkende

Uns alle eint die Überzeugung, dass unsere veränderte Welt unternehmerisch denkende und handelnde Menschen benötigt, um die neuen Herausforderungen bewältigen zu können. In diesem Lehrbuch lernen Sie die besten Konzepte kennen, um unternehmerisch erfolgreich zu sein. Bei der Anwendung wünschen wir Ihnen viel Freude. Bekanntlich zählen Unternehmerinnen und Unternehmer zu den glücklichsten Menschen der Welt. Gehören auch Sie dazu!

St. Gallen, Aachen, Vallendar, Zürich und Berlin, im Januar 2017

Dietmar Grichnik, Malte Brettel, Christian Koropp und René Mauer

Teil A Formen und Bedeutung unternehmerischen Handelns

1 Erscheinungsformen unternehmerischen Handelns

[6]
Lernziele

Unternehmerisches Handeln ist das Ergebnis eines Prozesses, der den Kern von Entrepreneurship ausmacht. In diesem Kapitel lernen Sie, welche Formen unternehmerischen Handelns existieren und welche Elemente Entrepreneurship als wissenschaftliche Disziplin beschreiben.

Nachdem Sie dieses Kapitel durchgearbeitet haben, werden Sie insbesondere:

Ausprägungsformen von Entrepreneurship in der Realität beschreiben können,

das Erfahrungsobjekt von Entrepreneurship kennen und damit Entrepreneurship vom reinen Management kleiner und neuer Unternehmen unterscheiden können,

Definitionen von Entrepreneurship diskutieren und das Erkenntnisobjekt im Entrepreneurship identifizieren können,

die Entwicklung neuer Technologien als Treiber unternehmerischer Aktivität kennen,

Entrepreneurship von anderen wissenschaftlichen Disziplinen mit dem Individual-Opportunity-Nexus und dem Action-Interaction-Nexus abgrenzen können,

die Entwicklung der Forschung und Schulen zu unternehmerischen Gelegenheiten und neuen Forschungsfeldern im Entrepreneurship kennen.

1.1 Unternehmertum und unternehmerisches Handeln

Entrepreneurship-Formen in der Praxis

Im Alltag wird unternehmerisches Handeln oft mit erfolgreichen Persönlichkeiten assoziiert, die als Gründer und Unternehmenslenker das Bild der Wirtschaft prägen. Prominente Beispiele sind Steve Jobs (Apple-Gründer) als Vorbild für innovatives Handeln und Bill Gates und Paul Allen (Microsoft-Gründer) als Unternehmer mit Weitblick für das Marktpotenzial. Diese US-amerikanischen Protagonisten für das Hero Entrepreneurship sind gleichwohl wenig repräsentativ für das Phänomen und die Bedeutung unternehmerischen Handelns in einer Volkswirtschaft. Schon das Solo Entrepreneurship der Britin Anita Roddick ist weniger bekannt, wenngleich die von ihr gegründete Kosmetikkette „The Body Shop“ mit ihrer ökologisch nachhaltigen Produktionsweise große öffentliche Wahrnehmung genießt. Auch das Serial Entrepreneurship, das die Gründung gleich mehrerer Unternehmen durch Entrepreneure als „Serientäter“ kennzeichnet, wird durch Persönlichkeiten wie den Briten Richard Branson (Virgin Group) noch publik, aber könnten wir ad hoc hier ein deutsches Beispiel nennen? – Die Aldi-Brüder oder Otto Beisheim, der Metro-Gründer, scheuten die Öffentlichkeit und sind als Rollenmodelle wenig präsent.[7]

Eine Zwischenform von Entrepreneurship ist Hybrid Entrepreneurship. Es bezeichnet eine Alternative zur Vollzeitgründung, bei der der Entrepreneur parallel zu einem Angestelltenverhältnis gründet. So reduziert er die Opportunitätskosten und das Risiko, welche im Zusammenhang mit der Neugründung stehen (Raffiee und Feng, 2014; Schulz et al., 2016). Gegenüber den angloamerikanischen Unternehmerpersönlichkeiten tritt im deutschsprachigen Raum das Family Business Entrepreneurship in den Vordergrund, bei dem Unternehmerfamilien über mehrere Generationen erfolgreich unternehmerisch handeln. Die Personen treten jedoch oft nach der Gründung und dem schnellen Wachstum hinter das Unternehmen zurück, wie das Beispiel der Quandt-Familie und BMW zeigen.[8]

Im Kontext großer etablierter Unternehmen (Corporates) gewinnt die Form des Corporate Entrepreneurship zunehmend an Bedeutung (Grichnik und Gassmann, 2013). Unternehmen wie Google, Hewlett-Packard oder 3M versuchen, ihren unternehmerischen Ansatz zu bewahren, indem sie unternehmerische Rahmenbedingungen für innovative Teams schaffen, die wie im Fall 3M zu innovativen Produktideen wie den „Post-Its“ oder zu Ausgründungen innovativer und technologieorientierter Unternehmungen (Ventures) führen, wie im Fall von Steve Jobs und Steve Wozniak, beide Apple Computers Inc. und ehemalige Mitarbeiter von Hewlett-Packard Corporation. Technologiegründungen kennzeichnen das besonders potenzialreiche Technology Entrepreneurship mit technischen Entwicklungen, die zu einem marktfähigen Produkt geführt werden. Neben Corporates sind vor allem Universitäten (Academic Entrepreneurship), technische Hochschulen und Forschungseinrichtungen (Scientific Entrepreneurship) Quellen für Technologiegründungen. Im Umkreis dieser Forschungseinrichtungen bilden sich ganze Forschungscluster wie das IT-Cluster Silicon Valley oder das Münchner Biotech-Cluster, die in ihrer Netzwerkstruktur (Interpreneurship) ideale Bedingungen für die Entwicklung neuer Start-ups bieten.

Auf der Ebene der handelnden Personen können drei verschiedene Unternehmeridentitäten unterschieden werden. Fauchart und Gruber (2011) identifizieren in einer qualitativen Studie den sogenannten Darwinisten, bei welchem der Wettbewerb und das ökonomische Eigeninteresse Hauptmotive sind, um ein Unternehmen zu gründen und zu führen. Beim Kommunitaristen steht bei einer unternehmerischen Tätigkeit die Anerkennung seiner Bezugsgruppe im Vordergrund. Er sieht seine Tätigkeit als Entrepreneur als wichtigen Katalysator für die Entwicklung der Gemeinschaft mit der er die Passion für sein Produkt teilt. Der Antrieb der dritten Unternehmeridentität, der Missionarin, liegt darin, die Welt ein Stück besser zu machen. Missionare verfolgen ihre Vision, welche in der Regel von sozialer oder ökologischer Natur ist, und glauben, dass ihr Unternehmen Agent des Wandels in der Gesellschaft ist. Die Darwinisten, Kommunitaristen und Missionare unterscheiden sich nicht nur in ihrem Selbstverständnis, sondern auch in ihren unternehmerischen Entscheidungen. Gemeinsam ist ihnen das unternehmerische Streben nach neuen und besseren Lösungen für existierende Kundenprobleme.[9]

Erfahrungsobjekt: Innovative und technologieorientierte Unternehmungen

Innovative und technologieorientierte Unternehmungen bilden das reale Erfahrungsobjekt dieses Lehrbuchs. Entrepreneurship – so wie wir es verstehen mit dem Fokus auf Innovationen – darf damit nicht mit dem Handeln in vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oder vielen neuen Unternehmen gleichgesetzt werden.

Technologische Entwicklungen spielen eine wichtige Rolle bei der Entdeckung und Schaffung von unternehmerischen Gelegenheiten. Beim sogenannten Technologieschub, „technology push“ ,[10] erfolgt der Impuls zur Innovation durch technologische Neuerungen. Entrepreneure erkennen dabei die ungenutzten oder nur zum Teil genutzten Ressourcen und versuchen, deren Anwendungsmöglichkeiten zu optimieren (Homburg und Krohmer, 2009; Martin, 1994). Die Schlüsseltechnologie ist in der Regel verfügbar, bevor das entsprechende Anwendungsgebiet dafür gefunden wurde. Dabei handelt es ich oft um bahnbrechende, radikale Innovationen. Ein anschauliches Beispiel für einen Technology Push ist die Entwicklung des World Wide Web am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf. Das Internet wurde ursprünglich konzipiert und entwickelt, um den automatischen Informationsaustausch zwischen Wissenschaftlern an Universitäten und Instituten weltweit zu ermöglichen. Damals entschied das CERN, die World Wide Web-Software der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich zu machen, ohne das genaue Anwendungsgebiet zu kennen.

Die vierte industrielle Revolution, die durch eine zunehmende Digitalisierung und Vernetzung von Produkten, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodellen gekennzeichnet ist, bietet den Entrepreneuren neue Chancen, unternehmerische Gelegenheiten auszuschöpfen. Diese sogenannte Industrie 4.0, welche für die intelligente Vernetzung von Produktentwicklung, Produktion, Logistik, Produkten und Kunden steht, ermöglicht und erfordert eine Reihe von neuen Geschäftsmodellen, die zuvor nicht realisierbar waren.[11]

Eine weitere Quelle von unternehmerischen Gelegenheiten sind die Kundenbedürfnisse. Ausgangspunkt beim sogenannten Marktsog oder „market pull“ sind die Bedürfnisse der Gesellschaft und des Marktes. Anders als beim Technology Pushbesteht beim Market Pull die Marktnachfrage bereits und der Anreiz zur Innovation wird durch das Kundenbedürfnis bestimmt (Homburg und Krohmer, 2009; Martin, 1994). Es handelt sich dabei meistens um inkrementelle Innovationen. Ein Beispiel für den Market Pull ist die Erfindung der Digitalkamera. Die Digitalkamera war die Reaktion auf die Marktnachfrage nach einer Kamera ohne Film, welche unzählige Sofortbilder machen kann.

Nicht selten gehen Technology Push und Market Pullmiteinander her. Es gibt beispielsweise einen klaren Technologieschub des Internet of Things (IoT) – das Internet der großen und kleinen Dinge – zum Beispiel durch leistungsstärkere mobile IT-Technologie, 5G-Netzwerke und Big Data Analytics. Gleichzeitig gibt es einen Marktsog von Kunden, die ein Bedürfnis nach anspruchsvollen IoT-basierten Lösungen haben, um ihr Leben zu verbessern oder die Arbeitsproduktivität zu erhöhen. Ein weiteres prominentes Beispiel sind innovative Geschäftsmodelle der Sharing Economy, deren Haupttreiber die Kombination von neuen digitalen Technologien (z. B. Apps, mobiles Internet) und veränderte Kundenbedürfnisse (Nutzen statt Besitzen) sind. Mithilfe der digitalen Technologien wurden die Transaktionskosten für die Vermittlung von Gütern und Dienstleistungen gesenkt. So entstanden Märkte, die in dieser Form mit großer Reichweite zuvor nicht organisiert werden konnten. Das veränderte Kundenbedürfnis – zu nutzen statt zu besitzen – und die damit verbundene Bereitschaft, auf Eigentum zu verzichten und lediglich für die Nutzung online zu bezahlen, hat zur Entstehung der Sharing Economy beigetragen (Eichhorst und Spermann, 2015).[12]

Der Exkurs „Die zehn wichtigsten Zukunftstechnologien“ zeigt aufkommende Technologien, die alle das Potenzial haben, das Entdecken und Schaffen unternehmerischer Gelegenheiten maßgeblich zu beeinflussen.

Exkurs
Die zehn wichtigsten Zukunftstechnologien

(World Economic Forum (WEF), Top 10 Emerging Technologies of 2016)

1. Nanosensoren und Internet of Nanothings: Das Internet of Things (IoT) wird sich in den nächsten Jahren massiv ausweiten: Bis 2020 wird mit weltweit über 30 Milliarden Gegenständen, Maschinen und Geräten gerechnet, die mit dem Internet verbunden sein werden. Das Internet of Nanothings (IoNT) ist der nächste Schritt. Dabei geht es um kleinste Sensoren, die im menschlichen Körper zirkulieren oder Baustoffen zugesetzt werden können, um Informationen zu sammeln. Sobald diese Informationen mit dem Internet verbunden sind, verspricht sich das WEF vom Internet of Nanothings großen Einfluss auf die Medizin, Agrarwissenschaft und Pharmazie.

2. Die nächste Generation der Power-Batterien: Nur etwa 5 % des Elektrizitätsbedarfs wird durch erneuerbare Energie gedeckt. Neue Batterien, die auf Natrium, Aluminium oder Zink basieren, sollen eine Alternative darstellen. Der Vorteil dieser Batterien verglichen mit den Lithium-Batterien ist der niedrigere Preis und deren Sicherheit. Somit können auch kleinere Stromnetze mit sauberer, zuverlässiger 24-Stunden-Elektrizität ganze Fabriken und Städte versorgen. Durch diese Technologie lassen sich unterversorgte Regionen an das Stromnetz anbinden. So speist zum Beispiel die Firma Fluid Energy rund 100 Dörfer in Madagaskar mit Energie aus solarbetriebenem Mini-Grid mittels Zink/Sauerstoff-Batterien.[13]

3. Blockchain: Blockchain ist die Technologie hinter der Kryptowährung Bitcoin. Vereinfacht muss man sich diese Technologie wie ein großes digitales Kassenbuch vorstellen, in der Geldein- und -ausgänge verzeichnet werden und deren Kopien auf tausenden Rechnern liegen. Das Kassenbuch wird aber nicht zentral geführt, sondern stattdessen gleichzeitig dezentral von einem Netzwerk von Computern gepflegt und unveränderbar abgespeichert. Das WEF sieht darin mehr als ein Mittel für monetäre Transaktionen. Vielmehr bietet die offene, globale Infrastruktur Einzelpersonen neue Möglichkeiten geschäftlicher Tätigkeiten. Alleine im Jahr 2015 wurden über 1 Milliarde US-Dollar in Start-ups investiert, die sich mit der Blockchain-Technologie beschäftigen. Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie stehen noch am Anfang.

4. Zweidimensionale Substanzen: Zweidimensionale Substanzen wie Graphen werden dank verbesserter Produktionstechniken zunehmend erschwinglicher. Die Substanz Graphen, eine spezielle Variante des chemischen Elements Kohlenstoff, zählt zum bekanntesten einatomigen Schichtmaterial. Diese Substanz ist stärker als Stahl, härter als Diamant, leichter als fast jedes andere Material, transparent, flexibel, und sie dient als ultraschneller elektrischer Leiter. Da die Produktionskosten von Graphen stark gesunken sind, bietet dieses Material ein breites Spektrum von Anwendungsmöglichkeiten. Laut dem WEF haben Graphen zum Beispiel das Potenzial in Wasserfiltern zum Einsatz zu kommen und so zu einer besseren Aufbereitung von Trinkwasser beizutragen.[14]

5. Selbstfahrende Autos: Die Massennutzung von selbstfahrenden Autos ist nach dem WEF nur eine Frage der Zeit. Bis dahin sind zahlreiche rechtliche Hürden zu überwinden und versicherungstechnische Fragen zu klären. Das Potenzial selbstfahrender Autos, wie Leben zu schützen, Umweltverschmutzung zu verringern und die Lebensqualität für ältere und jüngere Menschen zu verbessern hat zu einer schnellen Entwicklung der Schlüsseltechnologien von teilautonomen hin zu vollautonomen Fahrsysteme geführt. Die Technologie überzeugt, sodass die Massennutzung nur zu einer Frage des „wann“ und nicht des „ob“ wird.

6. Organ-Chip-Technologie: Miniaturmodelle von menschlichen Organen in der Größe von Memory Sticks könnten die medizinische Forschung und Pharmazie revolutionieren. Die Idee ist, Miniatur-Organe auf Mikrochips herzustellen um reale Vorgänge des menschlichen Organismus zu simulieren. Mit der Organ-Chip-Technologie können medizinische Tests durchgeführt und Verhaltensweisen des biologischen Mechanismus erforscht werden, was zum Beispiel Tierversuche ersetzen kann.[15]

7. Perowskit-Solarzellen: Perowskit sind metallorganische Verbindungen, die durch eine spezielle Kristallstruktur gekennzeichnet sind. Das neue Photovoltaik-Material bietet drei Verbesserungen gegenüber der klassischen Silizium-Solarzelle: Es ist einfacher und kostengünstig herzustellen, kann vielfältig verwendet werden und Energie effizienter erzeugen.

8. Open-AI(Artificial-Intelligence)-Ecosystem: Künstliche Intelligenz wie der Sprachassistent Siri von Apple bieten die Grundlage für ausgefeiltere digitale persönliche Assistenten. Offene AI(Artificial Intelligence)-Ecosysteme verbinden nicht nur die mobilen Geräte und Computer, sondern vernetzen beispielsweise das Smartphone mit der Heizung zu Hause, dem Armband am Handgelenk und dem Auto in der Einfahrt. Durch die Möglichkeit, mit dem persönlichen Assistenten zu sprechen, wird dem Einzelnen der Alltag erleichtert. Dies kann die Produktivität im Arbeitsleben erhöhen und gleichzeitig die Gesundheit der Menschen verbessern.

9. Optogenetik: Die Optogenetik verwendet Licht, um genetisch modifizierte Zellen zu kontrollieren. Die Idee ist, bestimmte funktionelle Ereignisse in spezifischen Zellen oder lebenden Geweben mithilfe des Lichts an- oder abzuschalten. Diese Methode birgt großes Potenzial bei der Erforschung von chronischen Schmerzen, Depression und der Parkinson-Krankheit.[16]

10. Systems Metabolic Engineering: Mithilfe der Disziplin Systems Metabolic Engineering sollen möglichst viele Produkte aus lebenden Organismen wie aus Mikroben gewonnen werden, welche im Gegensatz zu fossilen Energieträgern unbegrenzt erneuerbar sind und relativ wenig Treibhausgas ausstoßen. Ziel ist es, Rohmaterialien herzustellen, statt nach Bodenschätzen zu graben.

Entrepreneurship in der Wissenschaft

Diese Vielfalt der Formen unternehmerischen Handelns in der Realität hat in der Wissenschaft dazu geführt, dass für Entrepreneurship keine einheitliche Definition existiert. Vielmehr findet sich eine Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen, die je nach Blickrichtung und Zielsetzung variieren. Da Definitionen weder wahr noch falsch sein können, vielmehr immer zweckorientiert sind und daran gemessen werden müssen, wie sie einen gewünschten Zweck am besten erfüllen, lassen sich auch diese Definitionen nur nach ihrem Grad der Zweckerfüllung beurteilen.

Allen Definitionen ist gemein, dass sie einen klassisch ökonomischen Input-Output-Prozess auf unterschiedlichen Untersuchungsebenen von der Individual- über die Organisations- bis hin zur makroökonomischen Ebene der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung betrachten. Entsprechend lassen sich die prominenten Definitionen in der Entrepreneurship-Theorie in input-bezogene und output-bezogene Definitionen einordnen:

Input-bezogene Definitionen

Input-bezogen definiert z. B. Stevenson (1999) Entrepreneurship als das Verfolgen einer unternehmerischen Gelegenheit ohne Rücksicht auf fehlende verfügbare eigene Ressourcen und Mittel. Dagegen formulieren Morris et al. (2008) – in Rückgriff auf Schumpeters Vorstellung von Innovation als die Rekombination existierender Ressourcen – Entrepreneurship als Prozess der Wertschöpfung durch die Kombination einzigartiger Ressourcen, um eine unternehmerische Gelegenheit auszuschöpfen. Sarasvathy (2008) gibt einen Hinweis darauf, dass diese Definition nicht im Widerspruch zu Stevensons „Mittellosigkeit“ des Unternehmers beim Verfolgen der unternehmerischen Gelegenheit steht, indem sie die Mittel und Ressourcen eines jeden Entrepreneurs mit den Fragen adressiert „Wer bin ich?“, „Was habe ich?“ und „Wen kenne ich?“: Damit sind die Input-Faktoren beschrieben, die jedem (potenziellen) Gründer und Unternehmer ganz individuell zur Verfügung stehen, von persönlichem Wissen und Fähigkeiten, der eigenen Identität, über das eigene Sach- und Geldkapital bis hin zum Sozialkapital, über das ich weitere Ressourcen aus meinem Umfeld erschließen und sie im Sinne Morris et al. in einer einzigartigen Kombination zusammenbringen kann.[17]

Output-bezogene Definitionen

Output-bezogen definieren Hisrich et al. (2009) Entrepreneurship als Prozess der Kreation von etwas Neuem mit Wert unter Annahme der damit verbundenen Risiken und Entlohnungen. Das Risiko und die Entlohnung sind zwei Seiten einer Medaille, die sich in monetären, psychischen oder sozialen Ausprägungen wie Rendite, Selbstwertgefühl und sozialem Status äußern können. Wenngleich Baron und Shane (2008) das Fehlen einer allgemeingültigen Definition für Entrepreneurship feststellen – nicht überraschend in diesem frühen Stadium der Disziplin –, kann die Definition von Shane und Venkataraman (2000) als die in der Literatur am weitesten verbreitete angenommen werden: Entrepreneurship als Bereich der Ökonomie versucht zu verstehen, wie unternehmerische Gelegenheiten zur Schaffung von etwas Neuem (neue Produkte oder Dienstleistungen, neue Märkte, neue Produktionsprozesse oder Rohstoffe, neue Wege der Organisation existierender Technologien) entstehen und entdeckt oder geschaffen werden durch bestimmte Individuen, die dann verschiedene Mittel und Ressourcen einsetzen, um diese unternehmerischen Gelegenheiten auszuschöpfen und damit eine breite Spanne von Effekten erzielen (Baron und Shane, 2008). Sarasvathy (2008) kontrastiert zu Shanes Entrepreneur den Effectual Entrepreneur, der unternehmerische Gelegenheiten nicht entdeckt, sondern auf Basis seiner individuellen Ressourcen und Wertesysteme kreiert.[18]

Erkenntnisobjekt: Unternehmerisches Denken, Entscheiden und Handeln

Zentral für beide Sichtweisen und die zugrunde liegenden Schulen der „discovery theory“ und der „creation theory“ sind die Individuen und die unternehmerische Gelegenheit als Opportunität (Alvarez, 2005). Dieses Verständnis von Entrepreneurship erfasst neben dem Erfahrungsobjekt „innovative und technologieorientierte Unternehmungen“, die wir in der Realität in vielfältiger Form beobachten und die Untersuchungsgegenstand mehrerer Disziplinen wie im Innovationsmanagement und im Technologiemanagement sind, auch das Erkenntnisobjekt für Entrepreneurship und damit für dieses Lehrbuch. Analog zu Wöhe (2002), dem Klassiker der Betriebswirtschaftslehre, kann als Erkenntnisobjekt die Summe der unternehmerischen Entscheidungen rund um die unternehmerische Gelegenheit bzw. in innovativen und technologieorientierten Unternehmungen definiert werden. Dies schließt das der Entscheidung vorgelagerte Denken und nachgelagerte Handeln des Unternehmers mit ein. Das unternehmerische Denken, Entscheiden und Handeln ist somit ein kognitiv und emotional geprägter Prozess des Entdeckens oder Kreierens, des Bewertens und Ausschöpfens einer unternehmerischen Gelegenheit, der in einer innovativen und technologieorientierten Unternehmung münden kann.[19]

1.2 Entwicklung von Entrepreneurship als eigenständige Disziplin

Wie aber lässt sich geleitet von diesem Erkenntnisinteresse eine Annäherung an den Kern des Entrepreneurships als eigenständige wissenschaftliche Disziplin begründen? Zunächst einmal ist dazu die Feststellung wichtig, dass es sich beim Entrepreneurship um eine eigenständige Disziplin handelt. Als wissenschaftliche Disziplin muss sie lehrbar und erforschbar sein. Dann ist auf die Entwicklung verschiedener Denkschulen und Forschungstheorien einzugehen.

Entrepreneurship Education

Auch wenn die eingangs genannten Hero Entrepreneurs den Eindruck erwecken, sie seien als solche geboren, räumt die Forschung mit dem Mythos des geborenen Unternehmers eindeutig auf. Schon Drucker (1985) stellte zur „entrepreneurial mystique“ fest: Es ist nicht magisch, es ist nicht geheimnisvoll und es hat nichts zu tun mit den Genen. Es ist eine Disziplin. Und, wie jede Disziplin, kann sie gelehrt werden (Kuratko und Hodgetts, 2008; Grichnik, 2016). Weitere Studien (Gorman, Hanlon und King, 1997; Rauch und Hulsink, 2015; Walter und Block, 2016) untermauern diesen Standpunkt wie auch die Untersuchung des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) (Metzger et al., 2010), die den Mythos des jungen High-Tech-Gründers statistisch entlarvt. Das Zerrbild eines typischen High-Tech-Gründers zeigt demnach junge Unternehmerinnen und Unternehmer – wie den amerikanischen Facebook-Gründer Mark Zuckerberg –, die direkt vom Hörsaal aus ein eigenes, dynamisch wachsendes Unternehmen gründen. Dagegen belegt die ZEW-Studie, dass High-Tech-Gründerinnen und -Gründer immer älter werden und dass entgegen dem Stereotyp die deutschen High-Tech-Gründer im Vergleich zu den USA im Schnitt jünger sind. Mithin ist der Mythos eindeutig widerlegt, und auch andere Studienergebnisse zeigen, dass die Erfahrung und das Lernen eine große Rolle im Entrepreneurship spielen (Mayer-Haug et al., 2013). Entrepreneure sind wie auch große Sportler und virtuose Künstler nicht als solche geboren, sondern „gemacht“ – they are made, not born. Auch ein Roger Federer oder eine Ann-Sophie Mutter werden nicht als Weltranglistenerster im Tennis oder beste Geigerin der Neuzeit geboren. Vielmehr bedarf es jahrelangen Trainings, bevor sie diesen Erfolg erzielen. Ronstadt (1987) fragte konsequent zur Entrepreneurship Education demnach nicht mehr, ob unternehmerisches Handeln lehrbar sei, sondern was man lehren sollte und wie man es lehren sollte. Martin et al. (2013) bestätigen in einer Meta-Analyse, dass Entrepreneurship Education und Training einen positiven Einfluss auf Entrepreneurship-spezfisches Humankapital und unternehmerische Aktivität ausüben. Die Meta-Analyse von Bae et al. (2014) zeigt auf, dass Entrepreneurship Education die Intention, unternehmerisch aktiv zu werden, positiv beeinflusst und dass dieser Effekt stärker ist verglichen mit der betriebswirtschaftlichen Ausbildung. Walter und Block (2016) weisen darauf hin, dass Entrepreneurship Education im unternehmerfeindlichen institutionellen Rahmen, d. h. hohe regulatorische Vorschriften, geringe Verfügbarkeit von Finanzierungen, geringe Kontrolle der Korruption, negatives Image von Unternehmern, effizienter ist, als im unternehmerfreundlichen institutionellen Umfeld.[20-21]

Entrepreneurship Research

Zu einer wissenschaftlichen Disziplin bedarf es des Weiteren, dass sie eine zu erforschende Einheit darstellt, die klare Konturen und Grenzlinien zu anderen Disziplinen aufweist. Die Theoriebildung zum Entrepreneurship zeigt den Bedarf, das ökonomische Denken, Entscheiden und Handeln mit ökonomischen, psychologischen und soziologischen Ansätzen nicht losgelöst voneinander – multidisziplinär – anzuwenden, sondern – interdisziplinär – zu verzahnen, damit sowohl Variationen zwischen den beteiligten Personen und den zugrunde liegenden unternehmerischen Gelegenheiten als auch die jeweiligen Kontextbedingungen Berücksichtigung finden (Grichnik, 2006a). Die mit dem Erkenntnisobjekt eingeführte entscheidungsorientierte Perspektive bietet für das Integrationserfordernis der ökonomischen, psychologischen und soziologischen Perspektiven den geeigneten Ansatz, da sich die Entdeckung, Kreation, Bewertung und Ausnutzung unternehmerischer Gelegenheiten in ihrem Fassettenreichtum auf das Entscheidungsverhalten der Beteiligten zurückführen lässt. (Um das Potenzial, aber auch die Grenzen der Disziplin auszuloten, analysiert Grichnik (2006b) aus dieser Perspektive, was den Kern des „Entrepreneurship“ als eigenes Paradigma – als wissenschaftliche Denkschule – ausmacht. Die Wissenschaftstheorie liefert hierfür das notwendige Instrumentarium.)[22]

Creation- und Discovery-Schule

Obwohl Entrepreneurship kein neues Phänomen ist, kann das Forschungsfeld als relativ jung bezeichnet werden. Die Entrepreneurship-Forschung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten von einem „embryonalen“ und fragmentierten Zustand (Shane und Venkataraman, 2000; Busenitz et al., 2003; Zahra, 2005; Schildt et al., 2006) hin zu einer eigenständigen und international akzeptierten Disziplin entwickelt (Busenitz et al., 2014; van Burg und Romme, 2014). Im Mittelpunkt der Disziplin stand lange die Frage nach der Herkunft der unternehmerischen Gelegenheit (Alvarez und Barney, 2008; McMullen et al., 2007). Die Debatte drehte sich um die Frage, ob unternehmerische Gelegenheiten kreiert (Creation Theory) oder entdeckt (Discovery Theory) werden. Diese Frage ist in den wissenschaftstheoretischen Diskurs über empiristische, realistische und konstruktivistische Paradigmen eingebettet, welcher die organisationswissenschaftliche Forschung seit über vier Jahrzehnten beschäftigt (Moldoveanu und Baum, 2002). Sowohl die Creation- als auch die Discovery-Schule gehen davon aus, dass unternehmerische Gelegenheiten aufgrund des unvollkommenen Wettbewerbs in einem Markt entstehen und dass es das Ziel des Entrepreneurs ist, die unternehmerischen Gelegenheiten auszuschöpfen (Shane und Venkatraman, 2000; Shane, 2003).[23]

Allerdings unterscheiden sich die beiden Theorien in ihrer Analyse in der Herkunft des unvollkommenen Wettbewerbs. Die Discovery Theory nimmt an, dass unternehmerische Gelegenheiten exogen entstehen (Kirzner, 1973). Als Quelle für unternehmerische Gelegenheiten nennt Shane (2003) technologische, politische und regulatorische sowie soziale und demografische Veränderungen, welche das Wettbewerbsgleichgewicht in einem Markt stören können. Diese Sichtweise basiert auf Annahmen des wissenschaftstheoretischen Empirismus. Unternehmerische Gelegenheiten existieren als reale und objektive Phänomene unabhängig von der Handlung oder Wahrnehmung des Entrepreneurs und warten darauf, entdeckt und ausgeschöpft zu werden. Der einflussreichste Beitrag zur Discovery Theory ist der Artikel von Shane und Venkataraman (2000) „The Promise of Entrepreneurship As a Field of Research“. Die Autoren beschreiben die Entdeckung und Ausschöpfung von objektiven unternehmerischen Gelegenheiten als definierendes Merkmal des Entrepreneurship-Phänomens. Zentral dabei ist der sogenannte Individual-Opportunity-Nexus (Alvarez, 2005), der mit der Verbindung aus Individuum und unternehmerischer Gelegenheit den Kern von Entrepreneurships definiert. Seit dieser Publikation lag der Schwerpunkt der Entrepreneurship-Forschung insbesondere auf den Charakteristika der unternehmerischen Gelegenheiten. Die Definition von Entrepreneurship als Prozess – anstelle eines Ereignisses oder der Verkörperung eines bestimmten Typus Mensch – wird im Forschungsfeld bis heute aufrechterhalten. Obwohl der Bezugsrahmen von Shane und Venkataraman (2000) mit fast 10.000 Zitationen die moderne Entrepreneurship-Forschung nachhaltig geprägt hat, ließ der Beitrag auch kritische Stimmen aufkommen. In die Kritik gerieten insbesondere die Ansicht der objektiven, exogen vorhandenen unternehmerischen Gelegenheiten, die fehlende Berücksichtigung des Kontexts und der sozialen Faktoren. Letzteren pflichtete Shane in einer späteren Publikation bei (Shane, 2012). Venkataraman selber hat sich in der Rückschau (Venkataraman et al., 2012) distanziert und sich mit der konstruktivistischen Neuorientierung deutlich in Richtung der Creation Theory bewegt.[24-25]

Die Creation Theory betrachtet unternehmerische Gelegenheiten als endogen geschaffen durch die Aktionen, Reaktionen und Handlungen der Entrepreneure. Im Mittelpunkt steht der Perspektivenwechsel von der Verbindung zwischen Individuum und der unternehmerischen Gelegenheit hin zum handlungsorientierten Nexus. Die Aktion und die Interaktion der Entrepreneure mit anderen Personen und Artefakten werden damit in den Fokus gerückt. Dieser sogenannte Action-Interaction-Nexus postuliert, dass das Schaffen einer unternehmerischen Gelegenheit davon abhängt, wie die Faktoren innerhalb eines Individuums (z. B. Kognitionen, Emotionen) und die Elementen der äußeren Umgebung (z. B. sozialer Austausch, Institutionen, Ressourcen) miteinander interagieren. Der Interaction-Learning Nexus von Grichnik, Dew, Read und Sirén (2016) geht der jüngsten Aufforderungen nach, unternehmerische Gelegenheiten als aktive und sich entwickelnde Möglichkeitsräume zu rekonzeptualisieren (Dimov, 2011) und die Interaktion zentral im unternehmerischen Prozess zu positionieren (Shepherd, 2015). Die Annahme, dass unternehmerische Gelegenheiten durch den Entrepreneur subjektiv wahrgenommen werden (Kirzner, 1979; Shane, 2000), wird damit infrage gestellt. Stattdessen schlagen die Autoren vor, dass Entrepreneure mittels sogenannter „boundary objects“, wie Prototypen, Geschäftsmodelle oder Businesspläne, interagieren und lernen.[26]

Eine neue Richtung der Entrepreneurship-Forschung ist die „actualization theory“ von Ramoglou und Tsang (2016). Diese Sichtweise basiert auf der von Karl Popper vorgeschlagenen objektivistischen Interpretation von Wahrscheinlichkeiten und stützt sich auf die Annahmen des Realismus. Unternehmerische Gelegenheiten sind demnach objektive Wahrscheinlichkeiten, die unabhängig von Entrepreneuren in Form von ungedeckten Marktnachfragen existieren und in Gewinne umgesetzt werden können. Sie weist damit Elemente der Discovery Theory auf, auch wenn die Autoren eine eigenständige Denkschule für sich proklamieren.

Situated Cognition

Die aktuelle Entwicklung der Kognitionsforschung im Bereich Entrepreneurship beschäftigt sich mit der Frage, wie kognitive Leistungen – also Strukturen oder Prozesse des Erkennens und des Wissens wie beispielsweise Denken, Entscheiden und Erinnern – durch Handeln in einem bestimmten Umfeld beeinflusst werden (z. B. Dew et al., 2015; Mitchel et al., 2011). In diesem Zusammenhang wird von „situated cognition“ gesprochen. Dabei geht es um die Betrachtung von Kognition und Umwelt als ein System: Die kognitiven Leistungen beschränken sich nicht nur auf eine zentrale Verarbeitungseinheit wie das Gehirn, sondern beziehen die reziproke Interaktion des menschlichen Gehirns mit seiner Umwelt mit ein (Walther, 2014). Hierzu zählen das Denken mit technischen Geräten wie Computern oder Smartphones genauso wie die Interaktion mit anderen Menschen, deren Denken zum Beispiel im Gründerteam den eigenen Denkprozess beeinflusst und damit das Ergebnis des gemeinsamen Handelns.[27]

Emotionen

Die lange vernachlässigte emotionale Seite des Unternehmertums hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend als Forschungsgegenstand etabliert (z. B. Shepherd, 2015; Grichnik et al., 2010; Welpe et al., 2012). Es wurde erkannt, dass das Erforschen der reinen Kognition des unternehmerischen Denkens und Handelns unvollständig ist, ohne die emotionale Seite zu berücksichtigen (Foo et al., 2015; Cardon et al., 2012). Entrepreneurship ist eine emotionale Reise (Baron, 2008). Ein neues Unternehmen zu gründen, ist ein langwieriger und herausfordernder Prozess. Die extreme Erfahrung (Schindehutte et al., 2006), die enge Bindung zwischen Gründer und Unternehmen (Cardon et al., 2005) sowie die hohe Unsicherheit und das damit verbundene persönliche Risiko (Baron, 2008) verstärken die emotionale Natur des unternehmerischen Prozesses. Gegenstand der zunehmend prominenter werdenden Forschung über Emotionen im Entrepreneurship ist der Begriff der „hot cognitions“, welcher die Wechselwirkung zwischen Kognition und Emotion betrachtet und der Frage nachgeht, welchen Einfluss Emotionen auf die kognitive Verarbeitung im unternehmerischen Kontext haben (Shepherd, 2015).

Unternehmerische Teams

Die Entrepreneurship-Forschung hat sich lange Zeit auf den Solo Entrepreneur konzentriert. Die überwiegende Mehrheit der Start-ups wird aber von einem Team gegründet und nicht von Einzelpersonen. In den letzten Jahren wurde dieser Erkenntnis in der Forschung zunehmend Rechnung getragen (Klotz et al., 2013). Dabei wurden insbesondere die Teamzusammensetzung (z. B. Jin et al., 2016; Schjoedt et al., 2013) und verschiedene Teamprozesse wie Veränderungen im Gründungsteam (z. B. Boeker und Wiltbank, 2005) und Teamkonflikte (z. B. Butler und Williams-Middleton, 2014) untersucht.[28]

Digitalisierung und Vernetzung

Ein Schwerpunkt der Entrepreneurship-Forschung liegt im Verständnis des Kontextes und der Quellen von Unsicherheit, die dem unternehmerischen Prozess zugrunde liegen. Durch die Einführung neuer digitalen Technologien und der Vernetzung, wie zum Beispiel Mobile Computing, Cloud Computing, Social Media und 3D-Druck, hat sich die Art der Unsicherheit und die Art und Weise damit umzugehen, grundlegend verändert. Diese Veränderung des Phänomens an der Schnittstelle digitaler Technologien und unternehmerischer Aktivitäten hat neue Forschungsmöglichkeiten eröffnet (Nambisan, 2016). Durch die Digitalisierung wurden die Grenzen von unternehmerischen Prozessen und Outputs fließender. Beim unternehmerischen Output handelt es sich um strukturelle Grenzen des Produkts oder Services (z. B. Merkmale, Umfang, Reichweite eines Angebots). Durch die Modifikation von digitalen Artefakten oder Komponenten war es Tesla beispielsweise möglich, neue Funktionalitäten und Produktnutzen einzuführen, auch nachdem die Fahrzeuge bereits auf dem Markt waren. Bei den unternehmerischen Prozessen sind räumliche und zeitliche Grenzen der unternehmerischen Aktivitäten (z. B. wann und wo Aktivitäten durchgeführt werden) relevant (Nambisan, 2016). Dank neuer digitaler Infrastrukturen – wie der 3D-Druck, digitale Makerspaces – ist es möglich, Produktideen und Geschäftsmodelle schnell zu konstruieren, zu modifizieren und in wiederholten Zyklen umzusetzen (Ries, 2011b), sodass es nicht mehr eindeutig definiert ist, wann eine bestimmte Phase beginnt oder endet. Außerdem hat die Digitalisierung dazu geführt, dass der Ort der unternehmerischen Aktivität weniger vordefiniert ist (d. h., der Ort, wo die unternehmerischen Ideen entwickelt und Ressourcen gesammelt werden). Neue Arten von digitalen Infrastrukturen wie Crowdfunding-Systeme (Mollick, 2014), digitale 3D-Drucksysteme, digitale Makerspaces (Mortara und Parisot (in press), Rayna et al., 2015) und Social-Media-Plattformen (Fischer und Reuber, 2011) haben zu kollektiveren Formen von unternehmerischer Aktivität geführt (Aldrich, 2014). Die intelligente Vernetzung in Form der Industrie 4.0, bietet eine Vielzahl an unternehmerischen Gelegenheiten und neue Möglichkeiten, diese auszuschöpfen. Die Entrepreneurship-Forschung der intelligenten Vernetzung steht noch in ihren Anfängen; sie wird aber in Zukunft einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung des Forschungsbereiches Entrepreneurship ausüben.[29]

2 Gesamtwirtschaftliche Bedeutung unternehmerischen Handelns

Lernziele

Unternehmerisches Handeln ist ein zentraler Wachstumsfaktor für unternehmerische Volkswirtschaften. In diesem Kapitel lernen Sie, welche Faktoren unternehmerisches Handeln bestimmen und welche Bedeutung unternehmerisches Handeln für die volkswirtschaftliche Entwicklung eines Landes hat.[30]

Nachdem Sie dieses Kapitel durchgearbeitet haben, werden Sie insbesondere:

die gesamtwirtschaftliche Bedeutung unternehmerischen Handelns verstehen,

die spezifischen Einflussparameter unterschiedlich entwickelter Volkswirtschaften kennen,

Necessity Entrepreneurship von Opportunity Entrepreneurship abgrenzen können,

die Entrepreneurship-Indikatoren nach dem OECD-Modell beschreiben können,

die Rahmenbedingungen für das Entrepreneurship im GEM-Modell erklären können,

die Grundpfeiler eines unternehmerischen Ökosystems verstehen.

2.1 Unternehmertum und ökonomische Entwicklung

Entrepreneurial Economy

Unternehmertum und unternehmerisches Handeln (Entrepreneurship) sind zentral für die Entwicklung einer Volkswirtschaft. Entsprechend untersucht die Ökonomie die effiziente Allokation knapper Ressourcen als Antwort auf unsere unbegrenzten Bedürfnisse. Wir, das sind Konsumenten, die nach maximaler Bedürfnisbefriedigung streben, Unternehmen mit maximalem Gewinnstreben und Staatsregierungen, die eine maximale soziale Wohlfahrt anstreben. Den ökonomischen Akteuren auf der Anbieter- und Nachfragerseite stehen dazu verschiedene Ressourcen zur Verfügung, die einen bestimmten Preis haben, der die bestmögliche Allokation der Ressourcen steuert. Neben den klassischen volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital nach Adam Smith und David Ricardo kommen in unternehmerischen Ökonomien („entrepreneurial economy“) auch die Ressourcen Technologie und Entrepreneur(-ship) hinzu. Während der Preis für Boden mit einem Miet- oder Pachtzins, für Arbeit mit dem Lohn oder Arbeitsentgelt, für Sachkapital mit dem Güterpreis, für Geldkapital mit dem Zins angesetzt wird, manifestiert sich der Preis für Technologie in den Investitionskosten für Forschung und Entwicklung („R&D“) oder dem damit verbundenen Patent und für das unternehmerische Handeln in einem Unternehmerlohn oder auch einer Prämie für das übernommene Risiko beziehungsweise die eingegangene Unsicherheit. Baumol et al. (2007) formulieren entsprechend als die zwei Hauptquellen für das ökonomische Wachstum einer Volkswirtschaft: (1) Die Erhöhung des Inputs für die klassischen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital und (2) Innovationen und technologischer Wandel als Kennzeichen für eine Entrepreneurial Economy.[31]

Entrepreneurial Economy

Baumol, W. et al. (2007) : „Our four elements of a well-oiled economic growth machine, the successful entrepreneurial economy, are the following:

1. First, and perhaps quite obviously, in the successful entrepreneurial economy, it must be relatively easy to form a business, without expensive and time-consuming bureaucratic red tape. As a corollary, abandoning a failed business (that is, declaring bankruptcy) must also not be too difficult because, otherwise, some would-be entrepreneurs may be deterred from starting in the first place. A reasonably well-functioning financial system must also exist, one that channels the funds of savers to the users of funds, entrepreneurs in particular. And the importance of flexible labor markets cannot be overstated: if entrepreneurs cannot attract new labor, they cannot grow if labor rules are overly restrictive (especially if rules limit the ability of firms to fire nonperforming workers or shed workers they no longer need).[32]

2. Second, institutions must reward socially useful entrepreneurial activity once started; otherwise individuals cannot be expected to take the risks of losing their money and their time in ill-fated ventures. Here, the rule of law – property and contract rights in particular – is especially important.

3. Third, government institutions must discourage activity that aims to divide up the economic pie rather than increase its size. Such socially unproductive (though, in a sense, entrepreneurial) activities include criminal behavior (selling of illegal drugs, for example) as well lawful „rent-seeking“ behavior (i. e. political lobbying or the filing of frivolous lawsuits designed to transfer wealth from one pocket to another).

4. Finally, in the successful entrepreneurial economy, government institutions must ensure that the winning entrepreneurs and the larger established companies (which were launched at some earlier time by entrepreneurs) continue to have incentives to innovate and grow, or else economies will sink into stagnation. The ostensible importance of effective antitrust laws her comes to mind, but we place greater emphasis on openness to trade (which works automatically and without the long lead times inherent in legal antitrust enforcement).”[33]

Ökonomische Entwicklung

Unternehmerisches Handeln wird entsprechend als Triebfeder für die ökonomische Entwicklung bezeichnet, da es Innovation beschleunigt, wirtschaftliches Wachstum, Produktivitätssteigerung und Beschäftigung positiv beeinflusst (Acs und Armington, 2006) und strukturelle Veränderungen fördert. Nicht zuletzt die Entwicklung der Volkswirtschaft selbst wird durch Unternehmensgründungen positiv beeinflusst. So ist unternehmerisches Handeln ein grundlegendes Element der Entwicklung von einer faktorbasierten Volkswirtschaft über eine effizienzbasierte bis hin zu einer innovationsbasierten Volkswirtschaft, wie sie in Deutschland existiert. Umgekehrt wird das Fehlen ausreichenden unternehmerischen Handelns oft zur Erklärung für ein sinkendes Wirtschaftswachstum herangezogen (Mettler, Landau und Rosenberg, 1986). Doch welche gesamtwirtschaftliche Bedeutung hat unternehmerisches Handeln wirklich?

Spezielle Bedeutung des Entrepreneurships

Für das Entrepreneurship kann ein positiver Zusammenhang mit der ökonomischen Entwicklung, Beschäftigung, Innovation und Wohlfahrtseffekten unterstellt werden (Wennekers und Thurik, 1999; Baumol, 2002). Dies wird zudem durch das kontinuierlich zunehmende Angebot an Gründungslehrstühlen und akademischen Kursen flankiert, welches einen Ausblick auf den Stellenwert unternehmerischen Handelns in der Bildung vermittelt (Hisrich et al., 2009). Dieser Trend wird international auch von Regierungen, internationalen Organisationen, wie z. B. der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), und regionalen Interessengruppen in Form von Entwicklungsprogrammen und Stipendien gefördert. Auf staatlicher Ebene sind in Deutschland z. B. das EXIST-Programm (EXIST: Existenzgründungen aus der Wissenschaft) der Bundesregierung zur Förderung von technologieorientierten und wissensintensiven Existenzgründungen aus der Hochschule oder die Aktivitäten des High-Tech-Gründerfonds zu nennen. In der Schweiz fallen die Förderungsaktivitäten der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) in diese Kategorie.[34]

Bedeutung unternehmerischen Handelns in der Krise

Insbesondere in Zeiten ökonomischer Krisen wird die Bedeutung unternehmerischen Handelns als Schlüsselfaktor für die Dynamik der Ökonomie deutlich. Seit Schumpeters Aussagen zu volkswirtschaftlichen Wachstumszyklen ist bekannt, dass Innovationen, die während einer Wachstumsphase entwickelt wurden, erst in der folgenden Phase des wirtschaftlichen Abschwungs den Markt durchdringen können. Der Markteintritt und das Wachstum junger, innovativer Unternehmen offenbaren hierbei die Schwächen etablierter, weniger flexibler Unternehmen. So wird die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Technologien durch Krisen begünstigt. Innovative Produkte und Prozesse sowie neue Organisationsstrukturen können sich verstärkt durchsetzen. Die Einschränkung der Finanzierungsmöglichkeiten begünstigt dabei insbesondere Prozesse, welche in eine verstärkte Kostenführerschaft münden.[35]

Exkurs
Stufen der ökonomischen Entwicklung (Bosma et al., 2009)

Faktorbasierte ÖkonomienVolkswirtschaften mit geringer Wirtschaftskraft. Die Entwicklung ist geprägt von Veränderungen der Produktionsfaktoren und einer Produktivitätssteigerung. Mit zunehmenden Wachstum der Wirtschaftsleistung finden starke Verschiebungen zwischen ländlichen und urbanen Gebieten statt.

Effizienzbasierte ÖkonomienVolkswirtschaften, in denen sich die Industrie entwickelt und durch Skaleneffekte eine Produktivitätssteigerung erreicht wird. In der Regel wird die Bildung großer nationaler Unternehmen aktiv gefördert. Ausländische Direktinvestitionen und eine resultierende Steigerung der Produktivität prägen die Entwicklung, Nischen in den Wertschöpfungsketten werden besetzt. In Kombination mit vom Bankensektor unabhängigen Kapitalgebern verbessern sich die Bedingungen für kleine und mittlere produzierende Betriebe.

Innovationsbasierte ÖkonomienMit zunehmender Reife einer Volkswirtschaft und steigendem Wohlstand nimmt die Anzahl innovativer unternehmerischer Tätigkeiten zu (Opportunity Entrepreneurship) und der Anteil an Personen, die in Ermangelung an Alternativen zur Einkommensgenerierung gründen (Necessity Entrepreneurship), nimmt ab. Der Schumpeter’sche Prozess der kreativen Zerstörung kann sich entfalten und innovative Unternehmensgründungen können ihren Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten. Grenzen dieses Wachstums werden durch die verfügbaren Kapitalressourcen des Finanzsektors markiert.[36]

Um den Stellenwert unternehmerischen Handelns international zu erfassen, ist es notwendig, international vergleichbare und aussagekräftige Faktoren zu verwenden. Ein Entrepreneurship-Modell, welches diesen Anforderungen gerecht werden soll, muss die unregelmäßige Verfügbarkeit empirischer Daten berücksichtigen. Um die gesamtwirtschaftliche Bedeutung unternehmerischen Handelns zu verstehen, ist es weiterhin unerlässlich, vergleichbare Daten zugrunde zu legen. Dies gestaltet sich in der praktischen Umsetzung jedoch schwierig, da kaum ein Land explizit Statistiken zum Entrepreneurship erhebt. Gleichwohl werden seit 2006 im OECD-Eurostat Entrepreneurship Indicators Programme (OECD, 2009) die von der Politik direkt wie indirekt beeinflussbaren Faktoren zusammengefasst. Hierauf aufbauend wird über die Entrepreneurial Performance, die Gründungseffizienz, der Einfluss unternehmerischen Handelns im gesamtwirtschaftlichen Kontext gemessen. Das empirische Modell trägt dazu bei, die Vergleichbarkeit und auch das Verständnis für das globale unternehmerische Handeln kontinuierlich zu verbessern.

Entrepreneurship-Indikatoren

Die erste Stufe des OECD-Modells beinhaltet verschiedene gründungsbezogene Determinanten, die weitestgehend von der Politik beeinflussbar sind und die wiederum die zweite Stufe, die Gründungseffizienz, beeinflussen. Letztere misst über Indikatoren unternehmerische Handlungen, die dazu beitragen können, gewünschte Ziele zu erreichen. Da die Interessen der beteiligten OECD-Länder jedoch heterogen sind, messen diese teilweise unterschiedliche Indikatoren und somit Ziele in Abhängigkeit ihrer nationalen politischen Bestrebungen. Die dritte Stufe stellt den Einfluss des Entrepreneurships auf übergeordnete, makroökonomische Ziele dar. Innerhalb dieses dreistufigen Modells werden verschiedene Unterkategorien identifiziert, die das übergeordnete Modell stützen und die Auswahl der Indikatoren beeinflussen. Zur Vereinfachung der komplexen Zusammenhänge wird in der Abbildung 2-1 für die Darstellung der verschiedenen Bausteine eine lineare Darstellung gewählt.[37]

Abb. 2-1 Kategorisierung von Entrepreneurship-Indikatoren

Die Determinanten des OECD-Modells enthalten eine Vielzahl zugrunde gelegter Umwelteinflüsse und sozialer Faktoren und kombinieren diese mit individuellen Charaktereigenschaften des Gründers. Hieraus ergeben sich sechs Subkategorien, die im Folgenden näher beschrieben werden.

Der Zugang zu Finanzierungsquellen beeinflusst unternehmerisches Handeln maßgeblich in allen Unternehmensphasen. In der Vorgründungs- und Unternehmensgründungsphase steht der Zugang zu Eigenkapital in Form von Business-Angel-Finanzierung und Venture Capital im Vordergrund. Mit zunehmender Entwicklung gewinnt in späteren Phasen der Zugang zu Fremdkapital und zu einer größeren Bandbreite an Eigenkapitalquellen z. B. über den Kapitalmarkt an Bedeutung. Forschung, Entwicklung und Technologie beeinflussen alle Erfindungen, die der Gründer in neue Produkte und Prozesse umwandeln kann. Von besonderer Bedeutung sind hierbei spezifische Investitionen und Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und anderen Marktteilnehmern. Jedoch spielen auch grundlegendere Faktoren eine wichtige Rolle, wie Technologiestandards oder Infrastrukturen wie Breitbandzugänge. Die gründungsspezifischen Fähigkeiten bauen auf gründungsspezifischer Bildung und Erfahrung sowie der Bildungsinfrastruktur auf. Die Marktlage umfasst Wettbewerb, Marktzugang, Beschaffung, kartellrechtliche Bestimmungen und die Regulierung der öffentlichen Einflussnahme auf die Geschäftstätigkeit. Die rechtlichen Rahmenbedingungen adressieren eine große Bandbreite an Faktoren. Exemplarisch sind hier der Verwaltungsaufwand für Gründung und Wachstum zu nennen, Sicherheits-, Arbeits- und Umweltbestimmungen, das Rechtssystem und die Rechtssicherheit, Sozialleistungen und die Steuerlast. Die Kultur umfasst die Einstellung der Gesellschaft zum Risiko und zu Unternehmensgründungen sowie die Bereitschaft, unternehmerisch tätig zu werden.[38]

Die Gründungseffizienz, welche die zweite Stufe des OECD-Modells darstellt, ist ebenfalls nicht über einen separaten Parameter zu bestimmen. Um die relevanten Faktoren besser einordnen zu können, bietet es sich an, diese zu segmentieren. Im Detail sind dies Parameter, welche die Unternehmen selbst betreffen, Parameter, die in Zusammenhang mit dem Grad der Beschäftigung stehen, und weitere Parameter der Gründungseffizienz, wie die generierte Wertschöpfung. Diese drei übergeordneten Kategorien fassen jeweils ein Spektrum an Faktoren zusammen. Im ersten Fall Faktoren, welche den Unternehmen selbst zuzuordnen sind, insbesondere die Anzahl neuer Unternehmen und der Auflösung von Unternehmen. Der zweite Parameter, der Grad der Beschäftigung, umfasst den Zuwachs oder die Reduzierung der Beschäftigung im Unternehmen. Dies setzt die Annahme voraus, dass auch bestehende Unternehmen im Sinne des Entrepreneurships aktiv werden können (Corporate Entrepreneurship). Der dritte Parameter umfasst ein erweiterbares Spektrum an Faktoren, wie die Wertschöpfung in Unternehmen. In der Gesamtbetrachtung leisten diese Parameter einen essenziellen Beitrag, um die Gründungsperformance einer Volkswirtschaft international vergleichen zu können und im Modell den Einfluss des Entrepreneurships abzuleiten.[39]

Die dritte Stufe des OECD-Modells befasst sich mit dem Einfluss von Gründern und deren unternehmerischem Handeln auf die Wertschöpfung in der Volkswirtschaft. Dieser kann über vier Kategorien gemessen werden: die nachweisliche Auswirkung auf die Beschäftigung und auf das wirtschaftliche Wachstum (Wennekers und Thurik, 1999) sowie die Reduzierung der Armut und die Formalisierung des informellen Sektors der Volkswirtschaft, wie z. B. die Intention, steuerliche Abgaben zu leisten.[40]

Global-Entrepreneurship-Monitor

Als derzeit einzige internationale Longitudinalstudie erfasst der Global-Entrepreneurship-Monitor (GEM) unternehmerische Aktivitäten im Jahresvergleich. Seit 1999 erhebt er die unternehmerischen Aktivitäten in Verbindung mit dem ökonomischen Wachstum und ist damit konsistent zu den Annahmen des OECD-Modells. Der GEM basiert auf einem kontinuierlich weiterentwickelten Modell, welches in seinen wesentlichen Grundzügen jedoch unverändert geblieben ist. Zentrale Annahmen des Modells sind: 1) Unternehmerisches Handeln ist keine heroische Tat eines Einzelnen unabhängig von der Umgebung, in der die Aktivität durchgeführt wird. 2) Unternehmerisches Handeln ist der Output der Wechselwirkung zwischen der Wahrnehmung einer unternehmerischen Gelegenheit und der Kapazität (Motivation, Fähigkeit), diese umzusetzen sowie der unterschiedlichen Bedingungen der jeweiligen Umgebung, in welchem sich das Individuum befindet. In Abbildung 2-2 ist das derzeit verwendete Modell abgebildet.

Abb. 2-2 Modifiziertes GEM-Modell

Im Modell wird unterstellt, dass die Basis des unternehmerischen Handelns durch den sozialen, politischen und ökonomischen Kontext definiert ist. In diesen eingebettet finden sich auch wesentliche nationale und unternehmerische Rahmenbedingungen. Dabei wird nach Basisanforderungen, Effizienzverstärkern sowie Innovation und Komplexität des Unternehmenssektors unterschieden. Die Basisanforderungen umfassen Institutionen, die für die Finanzierung und die Rechtssicherheit maßgeblich sind. Zu dieser Kategorie zählen zum Beispiel Banken und Patentgerichte. Außerdem spielt die Infrastruktur innerhalb des Landes und für den Export der Güter eine maßgebliche Rolle. Weitere Basisanforderungen sind die makroökonomische Stabilität, die Gesundheit und die Schulbildung. Für die nachhaltige Existenzsicherung gilt es jedoch, eine Bandbreite an Effizienzverstärkern zu etablieren. Neben den Hochschulbildung- und Coaching-Angeboten und einem ausgereiften Kapitalmarkt gilt ein effizienter Arbeits- und Gütermarkt als förderlich. Ebenso ist die Größe des Absatzmarktes entscheidend für die langfristige Ansiedlung der Unternehmen. Die Bereitschaft der Kunden und Marktteilnehmer, kontinuierliche technologische Innovationen zu akzeptieren, rundet die Effizienzverstärker ab. Für die Ansiedlung und Entwicklung junger Unternehmen im Markt müssen zusätzliche Anforderungen an Innovation und Komplexität des Unternehmenssektors erfüllt werden. Neben einer gründungsbezogenen Ausbildung für zukünftige Unternehmer ist das Angebot an Finanzierungsmöglichkeiten für junge Unternehmen eine wichtige Voraussetzung. Eine staatliche Gründungsförderung kann dies teilweise abdecken, sollte jedoch über die Finanzierung hinaus Anreize für unternehmerisches Handeln schaffen. Der Transfer von Know-how, z. B. aus der Hochschule, aus Forschungsinstituten oder auch aus etablierten Unternehmen, muss auch vor dem Hintergrund häufig geringer Kapitalausstattung möglich sein. Hierzu bedarf es unter anderem einer geeigneten kommerziellen und rechtlichen Infrastruktur, welche die Anforderungen junger Unternehmen berücksichtigt. Für komplexe Technologien, wie im Maschinenbau oder im Pharmabereich, muss zusätzlich die Markteintrittsregulierung den Eintritt neuer Marktteilnehmer ermöglichen.[41-42]

Dieser Kontext prägt und beeinflusst gesellschaftliche Werte in Bezug auf Unternehmertum und individuelle Attribute. Zu den gesellschaftlichen Werten zählen beispielsweise, wie die Gesellschaft Unternehmertum als Berufsweg würdigt, der soziale Status von Unternehmern und die Aufmerksamkeit der Medien. Die individuellen Attribute unterteilen sich in demografische Faktoren (Geschlecht, Alter, geografische Lage), psychologische Faktoren (wahrgenommene Fähigkeiten und unternehmerische Gelegenheiten, Angst vor dem Scheitern) und motivationsbezogene Aspekte („necessity-based“ vs. „opportunity-based venturing“ etc.). Kontext, gesellschaftliche Werte und individuelle Attribute beeinflussen die unternehmerische Aktivität sowohl positiv als auch negativ. Das gesamte Spektrum an Anforderungen für die Unternehmen beruht sowohl auf sozialen, kulturellen als auch auf politischen Rahmenbedingungen. Diese können für einzelne Länder recht heterogen sein und die genannten Anforderungen teilweise stark beeinflussen. Diese Rahmenbedingungen beeinflussen den gesamtwirtschaftlichen Output unternehmerischen Handelns nachhaltig. Zwar kann dies durch den relativen Zuwachs an Arbeitsplätzen durch unternehmerisches Handeln und der Grad der technischen Innovation gut gemessen werden. Allerdings stellt der Entwicklungsstatus der Volkswirtschaft (siehe Exkurs oben) im Rahmen des Modells eine Grenze für den absoluten Nutzen dar. Während in schwächer entwickelten Ökonomien Necessity Entrepreneurship eine größere Rolle spielt und somit Kleinstunternehmen einen maßgeblichen Anteil der Neugründungen ausmachen, sind in entwickelten Volkswirtschaften Gründungen von innovativeren Unternehmen wahrscheinlicher.[43]

2.2 Fallbeispiel: Unternehmerisches Ökosystem in der Schweiz

Das Fallbeispiel „Unternehmerisches Ökosystem in der Schweiz“ basiert auf dem Swiss Entrepreneurial Ecosystem Report 2015/2016 (Grichnik et al., 2016).

Die Schweiz zählt zu den wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt und wird regelmäßig zum Innovationsweltmeister gekürt. So belegt sie im internationalen Ranking zur Wettbewerbsfähigkeit im Global Competitiveness Report 2014–2015 des World Economic Forum (WEF) zum siebten Mal in Folge den ersten Platz. Zudem nimmt sie im Ranking 2016 des vom IMD erstellten World Competitiveness Yearbook Platz 2 hinter Hong Kong ein. Im Ranking des Global Innovation Index 2016, der von der INSEAD und der Weltorganisation für geistiges Eigentum erstellt wird, belegt sie den ersten Platz. Sie ist auch Spitzenreiterin im Ranking der innovativsten Länder Europas, dem von der Europäischen Kommission erstellten „Union Innovation Scoreboard“.[44]

Das Land verdankt seinen Erfolg einer Kombination von unterschiedlichen Faktoren. Einerseits bilden stabile, transparente und effektive Institutionen eine gute Grundlage für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Andererseits spielen aber auch die gesunde Fiskalpolitik, die attraktive Steuerpolitik und die ausgezeichnete Infrastruktur eine ausschlaggebende Rolle. Zu erwähnen ist auch das exzellente Bildungssystem und die stabilen Beziehungen zwischen den Akteuren innerhalb eines flexiblen und attraktiven Arbeitsmarktes. Als ein weiterer positiver Faktor präsentiert sich eine hoch entwickelte Geschäftswelt und -kultur. Trotz all diesen außergewöhnlichen Rahmenbedingungen für unternehmerische Aktivität liegt die Gründungsaktivität der Schweiz im Vergleich zu anderen innovationsbasierten Ländern unter dem Durchschnitt. Gemäß Global-Entrepreneurship-Monitor Schweiz 2014 beträgt sie (gemessen an der erwerbstätigen Bevölkerung) nur 7,1 % (Durchschnitt innovationsbasierte Länder: 8,5 %) und ist im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht rückgängig. Um dieser Diskrepanz auf den Grund zu gehen und die Gründungsaktivität zu erhöhen, ist es notwendig, die zugrunde liegenden wirtschaftlichen, ökologischen, soziokulturellen und politischen Faktoren zu verstehen, welchen Entrepreneure in bestimmten Regionen, Ländern oder Branchen begegnen. Der Ansatz des unternehmerischen Ökosystems setzt genau an diesem Punkt an.[45]

Definition unternehmerisches Ökosystem

Das unternehmerische Ökosystem wird als eine interaktive Gemeinschaft innerhalb einer geografischen Region definiert. Es setzt sich aus vielfältigen und voneinander abhängigen Akteuren (z. B. Unternehmer, Institutionen und Organisationen) und Faktoren (z. B. Märkte, Rechtsrahmen, Support, Entrepreneurship-Kultur) zusammen, die miteinander interagieren und sich im Laufe der Zeit entwickeln (Vogel, 2013). Das unternehmerische Ökosystem unterstreicht die Bedeutung des Kontexts für die Schaffung neuer Unternehmen. Genauer gesagt betont der Ansatz des unternehmerischen Ökosystems die wichtige Rolle des lokalen und regionalen Umfelds, um Neugründungen zu fördern und zu unterstützen (Mason und Brown, 2014). Das Unternehmertum ist also in eine Gemeinschaft von miteinander verbundenen Einheiten eingebettet, die in ständiger Wechselwirkung untereinander stehen. Erfolgreiche Neugründungen sind somit nicht nur vom Entrepreneur abhängig, sondern auch von den Ressourcen und Akteuren innerhalb dieser Gemeinschaft und von der Art und Weise, wie diese Interaktionen ausgeübt werden. Um ein effizientes unternehmerisches Ökosystem zu schaffen, ist es entscheidend, die zugrunde liegenden wirtschaftlichen, bildungs- und soziokulturellen Bedingungen, welche die Gründer in bestimmten Regionen, Ländern oder Branchen antreffen, zu verstehen (Vogel und Grichnik, 2014).

Der Ansatz des unternehmerischen Ökosystems beinhaltet etablierte Konzepte wie Cluster, Industriebezirke, Innovationssysteme und lernende Regionen. Gemeinsam richten diese Konzepte den Fokus auf externe Bedingungen für Innovation und Geschäftsentwicklung. Allerdings unterscheidet sich der unternehmerische Ökosystem-Ansatz von den anderen Konzepten darin, dass der Entrepreneur im Mittelpunkt steht und nicht das Unternehmen. Im Blickfeld der Analyse steht daher nicht die Innovation und die wirtschaftliche Entwicklung im Allgemeinen, sondern die Fähigkeit des lokalen Umfelds, den Entrepreneur zu unterstützen. Aus dieser Perspektive betrachtet sind Gründer nicht nur das Ergebnis eines gesunden Ökosystems, sondern wichtige Akteure bei dessen Bildung und Aufrechterhaltung (Stam, 2014).[46]

Grundpfeiler des unternehmerischen Ökosystems

Ein unternehmerisches Ökosystem besteht aus einer Vielzahl von Komponenten, welche die unternehmerischen Aktivitäten stark beeinflussen (Abbildung 2-3). Die Komponenten können in drei übergeordnete Kategorien unterteilt werden: (1) die Rahmenbedingungen (Markt, Infrastruktur, Innovation, staatliche Bestimmungen, geografische Lage), (2) die Entrepreneurship-spezifischen Faktoren (Finanzierung, Kultur, Sichtbarkeit, Support, Ausbildung, Netzwerke) und (3) die individuelle Ebene des Entrepreneurs.

Abb. 2-3 Faktoren des unternehmerischen Ökosystems

Rahmenbedingungen

Zu den Rahmenbedingungen zählen sämtliche Faktoren, die nicht im direkten Zusammenhang zum Unternehmertum stehen, sondern indirekten Einfluss auf die Gründungsaktivitäten ausüben wie der Markt, die Infrastruktur, Innovationen, staatliche Bedingungen und die geografische Lage.[47]

Die Schweiz ist ein relativ kleiner, aber sehr attraktiver Markt für Unternehmer. Insbesondere die gute Konjunkturlage und die Stabilität des Marktes bieten eine solide Grundlage, um eine Geschäftstätigkeit aufzunehmen. Oftmals gilt die Schweiz als ein interessanter „Testmarkt“ für junge Unternehmen, die ihre internationalen Aktivitäten aufbauen, insbesondere wenn Nachbarländer wie Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien nächste Zielmärkte sind (Medtech Schweiz, 2005). Mit ihrer hoch entwickelten, modernen Infrastruktur ist die Schweiz ein sehr attraktives Gründungspflaster. Ein einfacher Zugang zum europäischen Markt, starke Handelsbeziehungen und eine effiziente Nutzung von Investitionsgütern helfen den Start-ups, ihre Produkte schnell und marktnah anzubieten. Die hohe Innovationsfähigkeit der Schweiz generiert einen fruchtbaren Boden für Unternehmensgründer. Positiv zu werten sind auch die staatlichen Bedingungen in der Schweiz, welche den Entrepreneuren eine große Unterstützung bieten. Effiziente administrative Prozesse sorgen für eine reibungslose Geschäftstätigkeit und die fortschrittliche Gesetzgebung garantiert Nachhaltigkeit (SGE, 2014). Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern fördert das vorteilhafte steuerliche Umfeld die Standortattraktivität für Unternehmensgründungen. Ebenso bietet die zentrale geografische Lage der Schweiz und das vielsprachige und multikulturelle Umfeld ein erhebliches akquisitorisches Potenzial für Start-ups (Amcham und BCG, 2006). Die Schweiz als Kommunikations- und Verkehrsknotenpunkt zwischen Nord- und Südeuropa erleichtert den Neugründungen den Austausch mit dem europäischen Markt. Allerdings verursacht die geringe Größe des Marktes erhebliche Herausforderungen bei der Skalierbarkeit neuer Projekte und dem Wachstum der Start-ups zu Scale-ups.[48]

Die Entrepreneurship-spezifischen Faktoren

Die Entrepreneurship-spezifischen Faktoren stehen unmittelbar im Zusammenhang mit der Gründung von Unternehmen. Dazu zählen die Entrepreneurship-Unterstützung, die Sichtbarkeit, die Netzwerke, die Finanzierung, die Gründungsausbildung und die Unternehmerkultur.

Die Entrepreneurship-Unterstützung ist ein zentraler Faktor in einem unternehmerischen Ökosystem. Darunter sind sämtliche staatlichen und nicht-staatlichen Maßnahmen zur Förderung von Unternehmertum zu verstehen. In der Schweiz haben Entrepreneure Zugang zu einer großen Vielfalt von Unterstützungsmaßnahmen, sowohl von staatlicher, als auch von privatwirtschaftlicher Seite. Dazu zählen unter anderem Coaching-Initiativen, Inkubatoren und Coworking Spaces. Der Großteil der Maßnahmen bietet den Start-ups eine breite Palette von Dienstleistungen zum Unternehmensaufbau bis hin zur Internationalisierung. Das Ziel der Maßnahmen ist immer, den Entrepreneuren die nötige Unterstützung zu bieten, damit diese die nächste Entwicklungsstufe erreichen.[49]