Scale-up Navigator - Dietmar Grichnik - E-Book

Scale-up Navigator E-Book

Dietmar Grichnik

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Beschreibung

Mit Case Studies von Scale-ups wie DeepL, SumUp, 1KOMMA5°, Frontify oder Ledgy! Europa hat mit seinen über 700 Millionen EinwohnerInnen einen großen Binnenmarkt, auf dem aber keine Technologieunternehmen vom Kaliber globaler Big Techs wie Apple, Alphabet/Google, Amazon, Meta/Facebook oder Microsoft gelistet sind. In der ersten Digitalisierungswelle des Internets genossen die USA durch ihren homogenen Heimatmarkt einen klaren Wachstumsvorteil. Dies mag sich durch maschinelle Übersetzungstools und weitere KI-unterstützte Lösungen ändern. Hierzu muss die Skalierung von europäischen Unternehmen erlernt werden. Sie ist eine entscheidende Fähigkeit in einem Spiel auf Zeit: Start-ups müssen wachsen, bevor ihre Konkurrenz aus anderen Start-ups oder etablierten Unternehmen an ihnen vorbeizieht. Dazu gilt es, den gestiegenen Anforderungen an die soziale und ökologische Nachhaltigkeit sowie Unternehmensführung (ESG) gerecht zu werden. Dieses Buch vermittelt Leitlinien für GründerInnen, Mitarbeitende, Investoren/Investorinnen, Mentoren/Mentorinnen und weitere Stakeholder von skalierenden Start-ups, sogenannten "Scale-ups", die sie beim schnellen und nachhaltigen Wachstum unterstützen. Sie entwickeln damit ein besseres Verständnis für verschiedenste Herausforderungen bei der Skalierung ihres Unternehmens und meistern diese besser, wie beispielsweise die Entwicklung und Führung ihres Teams, die Bewertung von Wachstums- und Finanzierungsoptionen sowie die Implementierung effizienter Organisationsstrukturen und Kommunikationsprozesse. Die LeserInnen profitieren konkret von: - einer Strukturierung der Skalierung, basierend auf einem iterativen Prozess-Framework; - einem durchgehenden Fokus auf für den Kapitalmarkt relevante ESG-Kriterien; - Handlungsempfehlungen inklusive digitaler Tools, welche sie bei der Skalierung ihrer Unternehmen unterstützen.

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Seitenzahl: 469

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Print ISBN: 978-3-527-51158-7ePub ISBN: 978-3-527-84396-1

Umschlaggestaltung: Susan BauerCoverbild: Knut - stock.adobe.com

Inhalt

Cover

Titelblatt

Impressum

Inhalt

Vorwort – Zeitenwende für prägende Technologie-Unternehmen in Europa!

Anmerkungen

Der richtige Navigator?

Anmerkungen

Tour des Scale-up Navigators

Notiz

ESG: Teil der Scale-up-DNA

Anmerkungen

Teil I: ONBOARDING: DUE DILIGENCE

Anmerkungen

1 Team

1.1 Qualität-Fit

1.2 Setup-Fit

1.3 Culture-Fit

Anmerkungen

2 Produkt & Services

2.1 Langfristigkeit des USPs

2.2 Product-Market-Fit

2.3 Skalierbarkeit

2.4 ESG-Implikationen

Anmerkungen

3 (Go-to-)Market

3.1 Marktsegmente

3.2 Markteintrittsstrategien

3.3 ESG-Implikationen

Anmerkungen

4 Finanzen

4.1 Unit Economics

4.2 Finanzielle Kennzahlen

5 Scale-up-Strategie

Notiz

Teil II: TAKE-OFF: GROWTH ENGINE

6 Technologie & Product

6.1 Von der Gantt-Tabelle zur Badass-Roadmap

6.2 Produktpositionierung

6.3 Preisgestaltung

6.4 ESG-Implikationen

Notiz

7 Marketing

7.1 Marketingplan

7.2 Kooperation mit anderen Abteilungen

7.3 Marketing Tech Stack

7.4 Marketingkanäle

7.5 Marketingorganisation

7.6 Marketing-Frameworks und -Werkzeuge

7.7 ESG-Implikationen

8 Sales

8.1 Die Verkaufsorganisation

8.2 Verkaufsmethoden

8.3 Verkaufsprozess

8.4 Kompensation

8.5 Ethische Aspekte

Anmerkungen

9 Customer Success

9.1 Phasen des Customer Success

9.2 Organisatorische Aspekte

9.3 KPIs und Fallstricke

9.4 ESG-Implikationen

Anmerkungen

Revenue Growth (Recap: Bucket I)

Teil III: FLYING: OPERATIONS

Anmerkungen

10 People & Culture

10.1 Leadership & Growth Mindset

10.2 OKR-Routinen

10.3 Culture

10.4 Beschleunigtes Kennenlernen

10.5 ESG-Implikationen

Anmerkungen

11 Infrastruktur

11.1 Personelle Infrastruktur

11.2 Physische Infrastruktur

11.3 IT-Infrastruktur

11.4 Prozesse

11.5 ESG-Implikationen

12 Legal & Finance

12.1 IP-Management und ESOPs

12.2 Budgetierung und Finanzmanagement

12.3 ESG-Implikationen

Anmerkungen

13 Sustainability Monitoring [ESG]

13.1 Terminologien

13.2 Rechtsvorschriften

13.3 Messen und Berichterstatten

Anmerkungen

Operational Excellence (Recap: Bucket III)

Teil IV: SPEED-UP: IMPACT SCALING

14 Fundraising

14.1 Investmentprozess

14.2 Besonderheiten von Series-B+ Runden

14.3 Alternative Finanzierungswege

14.4 ESG-Implikationen

Anmerkungen

15 Mergers & Acquisitions

15.1 Anorganisches Wachstum

15.2 Technologische Ergänzung

15.3 Roll-up als beschleunigter Marktzugang

15.4 ESG-Implikationen

Anmerkungen

16 Exit Management

16.1 Verkauf

16.2 Börsengang

16.3 ESG-Implikationen

Anmerkungen

Sustainable Outlier (Recap: Bucket IV)

Teil V: SCALE-UP-»HABITS«

Anmerkungen

17 Self-Leadership

Anmerkungen

18 Shared Leadership

Anmerkungen

19 S-Kurven-Management

20 Arbeitsbalance

Anmerkungen

Die Autoren

Tabellen-und Abbildungsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

Tabellenverzeichnis

Tour des Scale-up Navigators

Tabelle E.1: Auswahl einiger Playbooks

Kapitel 1

Tabelle 1.1: Kapitel 1 – Team

Tabelle 1.2: Definition von KSA

Tabelle 1.3: Definition von Vision, Mission und Werten

Tabelle 1.4: Übersicht von SumUp's Teamentwicklung

Kapitel 2

Tabelle 2.1: Kapitel 2 – Produkt

Tabelle 2.2: Entwicklung des Produktportfolios von DeepL

Tabelle 2.3: Due Diligence der Produktskalierbarkeit

Tabelle 2.4: Produkt-spezifische Analyse von ESG-Variablen

Tabelle 2.5: Übersicht von Frontify's Entwicklung zum PMF

Kapitel 3

Tabelle 3.1: Kapitel 3 – (Go-to-)Market

Tabelle 3.2: Playbook – Der »Go-to-Market-Funnel«

Tabelle 3.3: Markteintrittsrelevante ESG-Variablen

Tabelle 3.4: Frontify's Meilensteine und Markteintritte

Kapitel 4

Tabelle 4.1: Kapitel 4 – Finanzen

Tabelle 4.2: Auswahl von wichtigen finanziellen Kennzahlen

Kapitel 6

Tabelle 6.1: Kapitel 6 – Technologie & Product

Tabelle 6.2: Tech/Produkt-spezifische ESG-Variablen

Tabelle 6.3: Übersicht von Ledgy's Produktiterationen

Kapitel 7

Tabelle 7.1: Kapitel 7 – Marketing

Tabelle 7.2: Marketing-spezifische ESG-Variablen

Kapitel 8

Tabelle 8.1: Kapitel 8 – Sales

Kapitel 9

Tabelle 9.1: Kapitel 9 – Customer Success

Tabelle 9.2: Customer Success-spezifische ESG-Variablen

Kapitel 10

Tabelle 10.1: Kapitel 10 – People & Culture

Tabelle 10.2: People/Culture-spezifische ESG-Variablen

Kapitel 11

Tabelle 11.1: Kapitel 11 – Infrastruktur

Tabelle 11.2: Infrastruktur-spezifische ESG-Variablen

Kapitel 12

Tabelle 12.1: Kapitel 12 – Legal & Finance

Tabelle 12.2: Legal & Finance-spezifische ESG-Variablen

Kapitel 13

Tabelle 13.1: Kapitel 13 – Nachhaltiges ESG-Monitoring

Tabelle 13.2: Maßnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit

Kapitel 14

Tabelle 14.1: Kapitel 14 – Nachhaltiges ESG-Monitoring

Tabelle 14.2: Fundraising-spezifische ESG-Variablen

Tabelle 14.3: Übersicht von Ledgys Finanzierungsrunden

Kapitel 15

Tabelle 15.1: Kapitel 15 – Mergers & Acquisitions

Tabelle 15.2: Entwicklung von SumUp

Tabelle 15.3: Entwicklung von 1KOMMA5°

Tabelle 15.4: M&A-spezifische ESG-Variablen

Kapitel 16

Tabelle 16.1: Kapitel 16 – Exit Management

Tabelle 16.2: Entwicklung von dress-for-less (bis 2011)

Tabelle 16.3: Exit-spezifische ESG-Variablen

Kapitel 17

Tabelle 17.1: Zentrale Strategiedimensionen der Selbstführung

Illustrationsverzeichnis

Der richtige Navigator?

Abbildung E.1: St.Gallen Venture Growth Lifecycle

Tour des Scale-up Navigators

Abbildung E.2: Scale-up Navigator: Framework

ESG: Teil der Scale-up-DNA

Abbildung E.3: St.Gallen Venture ESG Model

Teil I

Abbildung T1.1: Komponenten der Scale-up Due Diligence

Abbildung T1.2: Due Diligence – Teil I des Scale-up Frameworks

Kapitel 1

Abbildung 1.1: Übersicht der Teammitglieder eines Scale-ups

Abbildung 1.2: Entwicklung der Teamgröße und GründerInnen-Aufgaben

Abbildung 1.3: Funktionales Organigramm

Abbildung 1.4: »Tribe«-basiertes, interfunktionales Organigramm

Abbildung 1.5: Divisionales Organigramm

Abbildung 1.6: Erarbeitung einer sinnstiftenden Routine

Kapitel 2

Abbildung 2.1: Stufen des PMFs im Venture Growth Lifecycle

Teil II

Abbildung T2.1: Komponenten der »Growth Engine«

Abbildung T2.2: Growth Engine – Teil II des Scale-up-Frameworks

Kapitel 6

Abbildung 6.1: Zeithorizonte der Roadmap-Planung

Abbildung 6.2: Beispielhafte Wettbewerbsmatrix

Abbildung 6.3: Beispielhafte Feature-Matrix

Kapitel 7

Abbildung 7.1: Der Marketing-Funnel

Kapitel 8

Abbildung 8.1: Zusammenspiel mit der Sales-Abteilung

Abbildung 8.2: Fiktives Beispiel einer Kundenkarte (basierend auf Lucidchart...

Teil III

Abbildung T3.1: Operations – Teil III des Scale-up Frameworks

Kapitel 10

Abbildung 10.1: Special Operations's Model von McRaven

Abbildung 10.2: Prinzipien der Special Operations im Start-up-Lebenszyklus –...

Abbildung 10.3: Pixability's »Betriebssystem«

Teil IV

Abbildung T4.1: Impact Scaling – Teil IV des Scale-up Frameworks

Kapitel 14

Abbildung 14.1: Investmentprozess

Kapitel 19

Abbildung 19.1: S-kurvige Entwicklung eines Scale-ups

Orientierungspunkte

Cover

Titelblatt

Impressum

Vorwort – Zeitenwende für prägende Technologie-Unternehmen in Europa!

Der richtige Navigator?

Tour des Scale-up Navigators

ESG: Teil der Scale-up-DNA

Inhaltsverzeichnis

Fangen Sie an zu lesen

Die Autoren

Tabellen-und Abbildungsverzeichnis

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

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Vorwort – Zeitenwende für prägende Technologie-Unternehmen in Europa!

Es ist Zeit umzudenken! Alex Lazarow formuliert es im Harvard Business Review 2020 so »Time to Think Like Camels – Not Unicorns«1. Es ist die Zeit, in der sich in der Welt Krisen überlagern und verstärken, von der weltweiten Gesundheitskrise durch Covid-19, über Naturkatastrophen, Kriege und Energiekrisen zu weltweiten Rezessionen. Parallel dazu beschleunigt sich der technologische Wandel durch Künstliche Intelligenz (KI), was wiederum beides schürt – Ängste und Optimismus. »ChatGPT« von »OpenAI« hatte bereits nach zwei Monaten 100 Millionen NutzerInnen – eine Marke, für welche Instagram noch zweieinhalb Jahre gebraucht hatte. Gleichzeitig steht die Illusion von den Fabelwesen des Silicon Valleys, wie Einhörnern, die schnelles, unbeschränktes Wachstum von Start-ups symbolisieren, auf dem Prüfstand. Die Jagd nach Fabelwesen weicht einem facettenreicheren Blick auf produktives und nachhaltiges Unternehmertum2. In Krisenzeiten lohnt der Blick auf Start-ups als Kamelunternehmen. Kamele sind reale Wesen, die für einen unbändigen Überlebenswillen unter widrigsten Bedingungen über einen langen Zeitraum stehen. Scale-ups als Kamele stehen für ausgewogenes Wachstum, eine langfristige Perspektive und Diversifizierung im Geschäftsmodell.

Das Modell des Unicorns (ein Scale-up, das mehr als eine Milliarde US-Dollar Wert hat) kann durch schnelles Wachstum um jeden Preis unter optimalen Bedingungen in Bullenmärkten funktionieren, oder aber – am anderen Ende des Spektrums – durch äußerst kapitalintensive »bootstrapped« Firmen, die zunächst deutlich langsamer wachsen. In Bärenmärkten und außerhalb der Silicon-Valley-Bubble oder, wie Lazarow formuliert, jenseits der »Frontier der Bay-Area« herrschen nicht die gleichen Bedingungen für Unternehmen beim Zugang zu Finanz- und Humankapital. Dies gilt schon für Europa und erst recht für Schwellenländer, die besonders anfällig für exogene, unvorhergesehene makroökonomische Schocks sind. In einem solchen Habitat werden Kamele zur überlegenen Spezies, die auf die Langstrecke ausgelegt sind und in den rauesten Gegenden der Erde überleben können. Auch wenn es nicht besonders ansprechend klingt, sind Kamele als reale Wesen für das Start-up-Ökosystem insbesondere in Europa eine gute Metapher. Und gleichwohl müssen wir uns die unangenehme Frage stellen, wo die europäischen Amazons, Googles und Metas geblieben sind.

Wir stehen an einer Zeitenwende! Im europäischen Kontext liefern Scale-up-Kamele sowohl für schnell-skalierende Low-Tech-Branchen als auch für langsamer skalierende Deep-Tech-Industrien wichtige Lektionen, wie man unter widrigen Bedingungen Resilienz aufbaut und aus Krisen nachhaltig wachsen kann. In beiden Feldern kann sich gleichwohl Europa verstärkt das Mindset des »Hypergrowth« aus dem Silicon Valley zu eigen machen und mit dem werthaltigen Anspruch der Nachhaltigkeit kombinieren. Europa muss größer denken, und es gibt keinen Grund, warum dieser 500 Millionen Einwohnermarkt nicht die globale Technologie-Landschaft der Zukunft prägen sollte. Die Autoren dieses Buches wollen hierzu einen Beitrag leisten.

Anders als beim »Blitzscaling« bzw. dem Blitzwachstum von Unicorns mit hohem Cash-Burn in Zeiten des Kapitalüberflusses, gilt es in Zeiten geringer Liquidität an den Kapitalmärkten auf ausgewogenes Wachstum zu setzen, bei dem Qualität vor Quantität geht. Nicht hemmungsloses Wachstum um jeden Preis ist Strategie, sondern das Managen von Kosten und Effizienz ist das Gebot der Stunde. UnternehmerInnen der Siegerklasse passen ihren Wachstumspfad den Bedingungen an. Sie sind nicht weniger ambitioniert und zielen genauso auf Risikokapitalfinanzierung. Die Skalierungskurve ist aber weniger extrem und soll kontrollierter verlaufen. Resilienz erzielen sie durch Wirtschaftlichkeit bei der Nutzerakquise und Ressourceneinsatz, zum Beispiel beim Personal, bevor der Wachstumsschub beim Umsatz einsetzt. Wenn der Markt die Gelegenheit bietet, beschleunigen die sprintstarken Kamele und investieren mit Mitteln ihrer bestehenden und neuen KapitalgeberInnen, falls dies sinnvoll erscheint. Während der Spurts wird der Wachstumspfad an die Gegebenheiten angepasst, wodurch Unternehmen nach Rückschlägen zu Nachhaltigkeit und oft auch Rentabilität zurückkehren können – Faktoren, die für Investoren und Investorinnen in Krisenzeiten in den Vordergrund rücken.

Warum tut sich Europa schwerer damit, Scale-ups mit Bewertungen von EUR 100 bis 1000 Milliarden hervorzubringen als Unternehmen in den USA und China? Human- und Finanzkapital ist einigermaßen fluid und Europa holt diesbezüglich auf. Vor allem aber ist es die Größe der jeweiligen Heimatmärkte, in welchen Start-ups ihre Entwicklung beginnen, die der begrenzende Faktor Nummer eins ist. Sprachbarrieren, unterschiedliche Mehrwertsteuer-Systeme und etliche weitere rechtliche und regulatorische Grenzen verhindern das rasche Ausbreiten von erstklassigen Waren und Dienstleistungen. Abstrakt zusammengefasst und in der Sprache der Ökonomen stellen diese Barrieren »Informations- und Transaktionskosten« dar. Die Hypothese der Autoren ist, dass diese in der kommenden Dekade aufgrund von Automation und KI gegen null absinken werden. Es gilt umzudenken und Europa neu zu bauen!

Anmerkungen

1

.  Lazarow, A. (2020). Start-ups, it's time to think like camels-not unicorns.

Harvard Business Review

. Abgerufen von (06.11.2023):

https://hbr.org/2020/10/startups-its-time-to-think-like-camels-not-unicorns

2

.  Kuckertz, A., Scheu, M., & Davidsson, P. (2023). Chasing mythical creatures–A (not-so-sympathetic) critique of entrepreneurship's obsession with unicorn startups.

Journal of Business Venturing Insights

,

19

, e00365.

https://doi.org/10.1016/j.jbvi.2022.e00365

Der richtige Navigator?

Spätestens seit Reid Hoffman, Mitgründer von LinkedIn, sein Buch Blitzscaling1 veröffentlichte, ist ein richtiger Hype um das Thema »Scale-ups« und skalierende Start-ups entstanden. Doch was ist überhaupt ein Scale-up, und was ist der Unterschied zwischen Start-up und Scale-up? Ist Dein Start-up bereits ein Scale-up?

Warum ist es wichtig, dies zu wissen? Weil das richtige Timing im Wettbewerb ein entscheidender Erfolgsfaktor ist. Wo steht man im Vergleich zur Konkurrenz und wie ordnen potenzielle Investoren das Wachstumspotenzial ein und welcher Investor ist wann relevant für Dein Scale-up? Die einzelnen Wachstumsstufen von Start-ups sind nicht eindeutig definiert, sodass sich Entrepreneure wie Du oftmals schwer tun, ihre Wachstumsstufe schnell und einfach zu benennen. Oftmals wird hier die Finanzierungsstufe zu Hilfe genommen.

Mit dem St.Gallen Venture Growth Lifecycle leisten wir Abhilfe. Wir helfen Dir, eine präzisere Antwort auf wachstumsbezogene Fragen zu geben – und herauszufinden, was Du wirklich willst und ob der Start-up Navigator oder der Scale-up Navigator der richtige Navigator für Dich und Dein Start-up ist.

Eine Einführung in den Wachstumszyklus von Start-ups

Prinzipiell existieren fünf verschiedene Entwicklungsstufen von einer Idee bis hin zum etablierten Unternehmen: (1.) Entrepreneur, (2.) Start-up, (3.) Gazelle oder schnellwachsendes Venture, (4.) Scale-up und (5.) etabliertes Unternehmen.

Infobox:

Die folgenden Abgrenzungen der Wachstumsstufen treffen nicht auf Start-ups aus allen Branchen zu. Sie sind beispielsweise gut auf softwarebasierte Unternehmen anwendbar (zum Beispiel ICT), aber nur eingeschränkt auf Start-ups aus dem Bereich Lifesciences.

Geburtsphase

Um als Entrepreneur zu gelten, musst Du ein unternehmerisch relevantes Problem erkannt haben und auf der Suche nach einer Lösung hierfür sein. Das kann beispielsweise im Rahmen eines Forschungsprojektes oder lokalen Inkubatorprogramms sein. Zu diesem Zeitpunkt ist weder eine Unternehmensgründung noch eine Finanzierung durch professionelle Investoren erforderlich. Die meisten UnternehmerInnen finanzieren sich selbst (sog. »Bootstrapping«) und werden finanziell von Familie, Freunden und »Fools« (sog. »Family, Friends, and Fools« (FFF)) unterstützt.

Start-ups sind bereits fortgeschritten und erfüllen weitere Kriterien. Erstens konnten sie ein relevantes Problem in einem großen (zukünftigen) Markt identifizieren. Zweitens ist ihre Problemlösung innovativ, d. h. entweder kostensparender oder qualitativ deutlich besser (oder beides) als die bisherigen Lösungen. Darüber hinaus werden Start-ups im weiteren Verlauf als juristische Personen gegründet und sichern sich eine ausreichende Finanzierung, um ihre ehrgeizigen Wachstumspläne umzusetzen. Das Team bekommt weiteren Zuwachs und erste Umsätze werden generiert – oftmals durch einen Test eines innovativen Prototyps.

Infobox:

Solltest Du Dich auf einer diesen beiden Stufen befinden, empfehlen wir Dir, einen Blick in den St.Galler Startup Navigator zu werfen. Dieser führt Dich durch die Geburtsphase Deines Unternehmens und ermöglicht Dir einen systematischen Aufbau Deines Start-ups. Das Buch ist ein praktisches Handbuch, das auf den neuesten Erkenntnissen der Entrepreneurship-Forschung und den Best Practices einiger der erfolgreichsten UnternehmerInnen Europas basiert.

Wachstumsphase

Sobald Euer Umsatz dank mehreren Produkt-/Service-Weiterentwicklungen (»Prototyping«) und mittels eines initialen »Product-Market-Fits« (PMF) über einen bestimmten Zeitraum signifikant wächst (zwischen jährlich 100 bis 300 Prozent und ein Vielfaches hiervon in der Anfangsphase), habt Ihr – je nach Alter Eures Unternehmens – die Stufe einer »Gazelle«2 oder eines schnellwachsenden Ventures3 erreicht. Oftmals haben Unternehmen auf dieser Stufe erfolgreich Kapital von Venture-Capital-Fonds im Zuge einer »Series-A«-Finanzierungsrunde eingesammelt. Außerdem wächst das Team nun deutlich, was die Kosten erhöht und die Profitabilität zunächst in den Hintergrund rückt.

Sobald Euer Unternehmen über ein skalierbares Produkt oder eine skalierbare Dienstleistung verfügt und ein exponentielles Umsatzwachstum bei vergleichsweise geringer wachsenden Kosten eintritt (»Economies of Scale«), kann Euer Unternehmen als Scale-up bezeichnet werden. Unternehmen auf dieser Stufe haben in der Regel einen nachhaltig skalierbaren PMF und bereits erfolgreich eine Finanzierungsrunde auf »Series-B«-Level oder höher von Venture-Capital-Investoren eingesammelt. Zudem muss oftmals in sehr hohem Tempo die Mitarbeitendenzahl vergrößert werden, um weitere (geografische) Märkte erschließen zu können. In den besten skalierenden Unternehmen ist gleichzeitig die Profitabilität inzwischen analysier- und planbar, sofern die Profitabilität nicht ohnehin bereits aufgrund der exponentiell wachsenden Einnahmen realisiert werden konnte.

Reifephase

Um sich als Unternehmen zu etablieren und international weiter zu wachsen, wird eine finanzielle Unabhängigkeit angestrebt. Diese kann bspw. durch einen Initial Public Offering (IPO) an einer Börse erreicht werden. Die meisten Venture-Capital- bzw. Private-Equity-Investoren werden ihre Anteile am Unternehmen hiernach sukzessive reduzieren, da sie ihre originären Kapitalgeber zurückzahlen müssen. Konkret wird das Unternehmen zu einem gelisteten und etablierten Unternehmen, dessen Aktien an einer Börse gehandelt werden können. Im Idealfall sind Unternehmen zu diesem Zeitpunkt profitabel, verfügen über ein Produkt-/Service-Portfolio und weisen ein weiter steigendes Umsatzwachstum auf. Immer mehr Investoren bleiben dem Unternehmen noch lange über den IPO hinaus verbunden, wie die UnternehmerInnen auch. Alternativ tritt der häufige Fall eines Unvernehmensverkaufs (»Trade Sale«) als »Exit« ein, der als Plan A oder B schon früh mitgedacht werden sollte. Weitere Optionen sind ein »Management Buyout« durch das aktuelle oder ein externes Management des Unternehmens (in dem Fall »Management Buy-in«), oder ein Zusammenschluss (»Merger«) mit Wettbewerbern.

Der Scale-up Navigator

Der Scale-up Navigator unterstützt Euch während der gesamten Wachstumsphase vom Start-up zur Gazelle bis hin zum Scale-up und im Idealfall positiver Outlier in einem Venture-Capital-Fonds. Im Folgenden werden wir Euch auf die größten Erfolgschancen und Misserfolgsfallen aufmerksam machen, Eurem Unternehmen ein nachhaltiges Wachstum mit Blick auf ESG-Kriterien, das heißt Wirtschaftswachstum im Einklang mit guten Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien, zu ermöglichen, und das Unternehmen langfristig auf einen Börsengang oder den erfolgreichen Unternehmensverkauf vorzubereiten. Mehr dazu im Einführungskapitel »Die Tour des Scale-up Navigators«.

Scanne den QR-Code in der Randleiste, um auf die Webseite des Buches zuzugreifen (www.stgaller-navigator.com). Dort findest Du auch eine digitale Version des »St.Gallen Venture Growth Lifecycle« zum Herunterladen.

Abbildung E.1: St.Gallen Venture Growth Lifecycle

Anmerkungen

1

.  Hoffman, R., & Yeh, C. (2018).

Blitzscaling: The lightning-fast path to building massively valuable companies

. Currency.

https://www.blitzscaling.com

2

.  Gazellen sind laut OECD schnellwachsende Firmen unter fünf Jahren (>20% p.a.)

3

.  In der englischen Literatur als »High-Growth Firm (HGF)« bekannt.

Tour des Scale-up Navigators

Der Scale-up Navigator unterstützt GründerInnen, Mitarbeitende, Investoren/Investorinnen, Mentoren/Mentorinnen und andere Stakeholder von Unternehmen in der Wachstumsphase, im Folgenden »Scale-ups« genannt, in ihrem nachhaltigen Skalierungsprozess. Das Buch basiert auf einem klar strukturierten, iterativen Prozess, der auf der Grundlage jahrzehntelanger Erfahrung in der Venture-Capital-Industrie und der Begleitung von über 500 Unternehmen und zehn »Unicorns« mit einer Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar entwickelt wurde. Diese Erfahrungen haben wir mit Erkenntnissen aus der Forschung kombiniert und in einer benutzerfreundlichen Form aufbereitet. Dies ermöglicht es Dir, ein besseres Verständnis für Deine anstehende Skalierung zu entwickeln und eine Vielzahl von Skalierungsherausforderungen zu meistern. Du lernst, Deine Optionen für nachhaltiges Wachstum zu bewerten, Dein Team zu entwickeln, effiziente Organisationsstrukturen aufzubauen und funktionierende Kommunikationsprozesse zu etablieren.

Was zeichnet den Scale-up Navigator aus?

Drei Besonderheiten zeichnen den Scale-up Navigator aus.

1. Strukturierter, iterativer Prozess

Basierend auf unserer Erfahrung mit digitalen Scale-ups über den gesamten Lebenszyklus haben wir die Skalierung in einem klaren, iterativen Prozess abgebildet und in vier zentrale Phasen mit erfolgskritischen Handlungsfeldern unterteilt.

Die erste Phase ist eine »Due Diligence«, in der Ihr den Scale-up-Reifegrad Eures Unternehmens analysieren könnt. Diese Due Diligence ermöglicht Euch, Skalierungslücken zu identifizieren und eine entsprechende Skalierungsstrategie abzuleiten, die in den folgenden Phasen umgesetzt werden kann. Die Due Diligence kann als ein erster, vorbereitender Schritt der Skalierung angesehen werden, der jedoch in regelmäßigen Abständen wiederholt werden sollte.

Die zweite Phase der »Growth Engine« (dt. »Wachstumsmaschine«) dreht sich dann um das Thema Umsatzwachstum. Hier wird ein detaillierter Überblick über die Struktur und die Zusammenarbeit aller notwendigen Teams innerhalb Eures Unternehmens gegeben, die durch ihren Kundenkontakt das Umsatzwachstum direkt beeinflussen.

Die dritte Phase »Operations« konzentriert sich auf den effizienten und nachhaltigen Betrieb Eures Scale-ups. Hier werden die Themen Personalmanagement, Technologie, IP, Prozess- und Lieferkettenmanagement angesprochen. Auch liegt der Fokus auf dem Aufbau einer effizienten Rechts- und Finanzabteilung mit einem finanziellen und nicht-finanziellen Reporting und ESG-Monitoring.

Die vierte Phase »Impact Scaling« fokussiert sich auf anorganisches Wachstum, die weitere Kapitalbeschaffung und potenzielle »Exit-Strategien«. Wir schreiben »Exit« bewusst in Anführungszeichen, denn der langfristige Aufbau eigenständiger, börsennotierter Unternehmen bedeutet, dass der IPO ein Zwischenschritt ist, der das Unternehmen in die nächste Reifephase zwingt. Der Börsengang ist nicht der »Ausstieg« aus etwas, sondern die Zementierung der Eigenständigkeit.

Begleitend werden in dem Cockpit »Scale-up Habits« wichtige Maßnahmen erfasst, die in den Skalierungsphasen durchgängig zum Einsatz kommen. In diesem Segment vermitteln wir Euch verschiedene Konzepte und Ideen, die Euer Selbstmanagement verbessern, Eure Zusammenarbeit im Team erleichtern, und insgesamt den nachhaltigen Erfolg Eures Scale-ups wahrscheinlicher machen. Die »Habits« sollten ein automatisierter Bestandteil Eurer alltäglichen Arbeit werden – sofern sie dies noch nicht sind.

Scanne den QR-Code und lade eine digitale Version des Scale-up Navigator Tools herunter.

2. ESG-Fokus

Ein weiterer fester Bestandteil aller Kapitel ist das Thema »ESG«, d. h. Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards. Deren Einhaltung ist eine Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg, was sich bereits seit einiger Zeit in einem zunehmenden regulatorischen und finanziellen Druck auf Start-ups und Investoren widerspiegelt.

Auch wenn viele Unicorns noch einen großen Nachholbedarf beim Thema ESG aufweisen, erwarten Experten, dass die nächsten 1000 Unicorns als Vorreiter beim Thema ESG einen wichtigen Beitrag zur Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen leisten werden. Dementsprechend wird Eure Scale-up-Reise in diesem Buch in den ESG-Kontext eingebettet. Mehr dazu im folgenden Einführungskapitel »ESG: Teil der Scale-up-DNA«.

Abbildung E.2: Scale-up Navigator: Framework

Infobox: St. Galler Management-Modell1

Das St. Galler Management-Modell (SGMM) wurde in den 1960er Jahren an der Universität St. Gallen entwickelt und 1972 von Hans Ulrich, dem Pionier der systemorientierten Managementlehre im deutschsprachigen Raum, zusammen mit Walter Krieg erstmals veröffentlicht. Es ist ein ganzheitliches Managementmodell, welches Unternehmen als komplexe Systeme versteht und darauf abzielt, eine integrative Perspektive auf Kernaufgaben des Topmanagements zu entwickeln.

Das SGMM war für Unternehmen bereits in den 1960er Jahren ein Vorreiter des ESG-Ansatzes. Hier wollen wir anknüpfen und mit diesem Buch ESG-Aspekte im Kontext des unternehmerischen Wachstums- und Skalierungspfades tiefer beleuchten.

3. Playbooks

Neben dem ESG-Kontext enthalten einige Kapitel außerdem Handlungsleitfäden, die sogenannten »Playbooks«. Diese wurden von den Autoren entwickelt, gemeinsam mit Scale-ups getestet und in einzelne konkrete, digitale Tools übersetzt. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass der Scale-up Navigator Euch bestmöglich in der nachhaltigen, ESG-konformen Skalierung Eures Unternehmens unterstützt.

Kapitel

(Exemplarische) Playbook(s)

 1

Team

Erarbeitung einer sinnstiftenden Routine

 2

Produkt

Analyse des aktuellen Product-Market-Fits

 3

(Go-to-)Market

Go-to-Market Trichter

 4

Finanzen

Effektive Messung und Bilanzierung

 6

Tech & Product

Definition Preismodell & -niveau

 7

Marketing

Kooperation mit anderen Abteilungen

 8

Sales

Vergütung des Sales Teams

 9

Customer Success

Einführung eines effizienten CS-Teams

10

People & Culture

Beschleunigtes Kennenlernen

11

Infrastruktur

Bürophilosophie

12

Legal & Finance

Employee Stock Option Plans (ESOPs)

13

Sustainability Monitoring

Messen und Berichterstatten

14

Fundraising

Series B+ Einsammeln

Tabelle E.1: Auswahl einiger Playbooks

Notiz

1

.  Ulrich, H. & Krieg, W. (1972).

Das St. Galler Management-Modell

. Bern: Haupt. Abrufbar via:

https://www.sgmm.ch

ESG: Teil der Scale-up-DNA

Warum ESG ein Teil Eurer DNA sein sollte

Man könnte annehmen, dass Scale-up-UnternehmerInnen keine Zeit haben, sich Gedanken über ESG zu machen, da die Aufgaben, den Umsatz des Unternehmens erfolgreich zu steigern und die finanziellen Erwartungen der Investoren zu erfüllen, schon groß genug sind.

Dem ist nicht so, zumindest nicht für die Unicorns und Scale-ups der jüngsten Zeit. Tatsächlich integrieren viele Scale-ups heute ESG-relevante Aspekte in ihre Skalierungsstrategien, und die UnternehmensvertreterInnen von Flixbus, SumUp oder Shopify vertreten diesen Ansatz auch offensiv in der öffentlichen Debatte.

Im Folgenden findest Du fünf Hauptgründe, warum ESG-Compliance Teil Eurer eigenen Scale-up-DNA sein sollte und das Thema von hoher Bedeutung für Dich als GründerIn, InvestorIn, MentorIn oder Stakeholder eines Scale-ups ist.

1. Finanzielle Rendite – Es lohnt sich

Wer sich dem Thema nicht stellt, wird eines Tages von zusätzlichen Kosten belastet werden, da der gesellschaftliche und regulatorische Druck die Kosten für die Internalisierung negativer Effekte steigen lässt. Die unternehmerische Herangehensweise an das Problem allerdings bietet Chancen – insbesondere da hiermit verbundene Informations- und Transaktionskosten durch die Digitalisierung in den kommenden Jahren weiter sinken werden. Darüber hinaus wird in ESG-Diskussionen häufig das »G« für Governance unter den Tisch gekehrt, obwohl dahinter die Professionalisierung der Unternehmensführung steht. Nicht selten sind indes ökologisch wertvolle Ideen in unternehmerisch schlecht geführten Unternehmen vorzufinden, sodass sich die Firma trotz bemerkenswert nachhaltiger Produkte erst gar nicht entwickeln und ihr Potenzial realisieren kann.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass eine positive Beziehung zwischen der Einhaltung von ESG-Kriterien und der finanziellen Leistung eines Unternehmens existiert1. Unternehmen, die ESG-Kriterien einhalten, zeigen eine höhere initiale Bewertung auf als Unternehmen, die dies nicht tun2,3.

Und es gibt einige gute Gründe, warum dies der Fall ist. Wenn Ihr zum Beispiel hinterfragt, wie nachhaltig Euer Produktionsprozess ist oder wie die Energie für die von Euch genutzten IT-Server erzeugt wird, verbessert Ihr das Risikomanagement Eures Unternehmens. Euer Unternehmen wird robuster gegenüber verschiedenen Arten von Geschäftsrisiken, wenn ihr nach innovativen Lösungen sucht, die die Prozesse Eures Unternehmens langfristig nachhaltig und resilient aufstellen. Dies bietet bei sozialen oder wirtschaftlichen Krisen einen unternehmerischen Schutz. Denkt nur an die Gas- und Energiekrise in Europa aufgrund des Ukraine-Kriegs oder an die Covid-Pandemie. Shopify zum Beispiel war während der Pandemie dank seiner Digital-/Remote-First- und CO2-neutralen Politik nicht nur auf die Home-Office-Politik vorbereitet, sondern auch auf die Energiepreiskrise.

2. Vorausschauende Compliance – Der regulatorische Druck nimmt zu

Um ESG-konformes Verhalten finanziell attraktiver zu machen, erhöht die Politik den regulatorischen Druck. Regierungen auf der ganzen Welt haben begonnen, die Kosten für nicht-konformes Verhalten zu erhöhen.

Im Jahr 2015 haben sich 195 Länder im Pariser Abkommen (QR-Code) verpflichtet, die globale Erwärmung unter 2°C zu halten. Auf europäischer Ebene hat die Europäische Kommission im Dezember 2019 den »European Green Deal« im Umfang von 1 Billion Euro vorgestellt, der darauf abzielt, »die EU in eine moderne, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft« zu verwandeln, die bis 2050 netto keine Treibhausgase mehr ausstößt – und damit Europa zum ersten »klimaneutralen Kontinent« macht. Darüber hinaus haben die Vereinten Nationen 169 globale Ziele definiert, die in 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zusammengefasst sind.

Während das Übereinkommen von Paris (»Paris Agreement«) und der »European Green Deal« für die teilnehmenden Länder rechtlich bindend sind und sie durch mögliche Sanktionen zwingen, die vereinbarten Ziele zu erreichen, sind die SDGs ein Aufruf zum Handeln für alle Länder dieser Welt (siehe QR-Code). Die einzelnen Nationen haben bereits begonnen, die supranationalen Abkommen in nationales Recht und Verpflichtungen umzuwandeln. Dieser Wandel in der Politik, der alle betrifft – BürgerInnen, Unternehmen jeglicher Größe, Investoren und Investorinnen –, wird zunehmend spürbar.

So müssen in der Europäischen Union alle Finanzmarktteilnehmer, auch VC Fonds als »alternative Investmentfondsmanager«, zeitnah gegenüber europäischen Staaten über bestimmte ESG-Kriterien berichterstatten (siehe EU Regulation 2019/2088). Falls solch ein Investor in Euer Unternehmen investiert hat, werdet Ihr also mit der Berichterstattung einzelner Kriterien bereits konfrontiert sein. In Kapitel 14 »Impact Monitoring« findet Ihr eine Einführung zur Regulierung, den resultierenden Pflichten für Euch und Eure Investoren. Es zeigt Euch konkret auf, wie Ihr Euer ESG-Monitoring umsetzen könnt.

3. Finanzierung – Investoren favorisieren ESG-konforme Unternehmen

Einhergehend mit dieser Regulierung ist die Einhaltung von ESG-Kriterien für viele Investitionen eine Grundvoraussetzung geworden. Selbst die großen Vermögensverwalter wie Blackrock passen ihre Anlagestrategien entsprechend an. Diese institutionellen, professionellen Investoren können für Scale-up-Projekte als direkte oder indirekte Investoren, in Form von Investoren (»Limited Partners«) von Investmentfonds, eine wichtige Rolle im Laufe der Skalierung spielen. Nicht zuletzt verkaufen VC Fonds oftmals ihre Anteile an die großen Public oder Private Equity Investoren (PEs).

Larry Fink, der CEO des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock (mit einem verwalteten Vermögen von 10 Billionen USD Ende 2021), schrieb in seinem »Brief an CEOs« im Jahr 20224:

»[…] Few things will impact capital allocation decisions – and thereby the long-term value of your company – more than how effectively you navigate the global energy transition in the years ahead. […] Every company and every industry will be transformed by the transition to a net zero world. The question is, will you lead, or will you be led? […] The next 1,000 unicorns won't be search engines or social media companies, they'll be sustainable, scalable innovators – startups that help the world decarbonize and make the energy transition affordable for all consumers. […] We focus on sustainability not because we're environmentalists, but because we are capitalists and fiduciaries to our clients. That requires understanding how companies are adjusting their businesses for the massive changes the economy is undergoing. As part of that focus, we are asking companies to set short-, medium-, and long-term targets for greenhouse gas reductions. These targets, and the quality of plans to meet them, are critical to the long-term economic interests of your shareholders. It's also why we ask you to issue reports consistent with the Task Force on Climate-related Financial Disclosures […]«5

4. Eure Konkurrenz macht es Euch bereits vor

Es gibt eine Vielzahl von Unternehmen, die den ökologischen und sozialen Druck bereits in Geschäftsmöglichkeiten umgewandelt haben. In den letzten Jahren haben erfolgreiche GründerInnen damit begonnen, etwas der Gesellschaft nicht erst am Ende ihrer unternehmerischen Laufbahn der Allgemeinheit zurückzugeben, sondern bereits zu aktiven Zeiten entsprechende Entscheidungen zu treffen. In der Vergangenheit waren dies oftmals GründerInnen, die zwar finanziell erfolgreich aus ihren Unternehmen ausgestiegen sind, allerdings aufgrund nicht nachhaltiger Handlungsweisen und Entscheidungen in der Vergangenheit ein schlechtes Gewissen hatten. So bringen überraschend viele Unicorn-UnternehmerInnen schon eigene Anteile am Unternehmen in gemeinnützige Stiftungen ein und schließen so eine persönliche Beteiligung am möglichen Exit-Erlös aus oder reduzieren ihn maßgeblich. Sicher ein extremes Beispiel, was nicht unbedingt Schule machen wird, aber doch viel über die Grundhaltung zur Nachhaltigkeit von VertreterInnen einer neuen GründerInnen-Generation aussagt.

In Europa gibt es einige Scale-ups, die bereits heute herausragen und Vorreiter sind in Bezug auf ESG-Kriterien. Eines dieser Unternehmen ist Shopify, ein kanadisches Unternehmen, das von einem Deutschen in Kanada gegründet wurde. Shopify bietet Cloud-basierte E-Commerce-Lösungen für Unternehmen auf der ganzen Welt an und ermöglicht es Unternehmen jeder Größe, ihr Geschäft online zu stellen. Es wurde 2004 gegründet, ging 2015 an die Börse und wächst seither kontinuierlich weiter. Um nur einige seiner Maßnahmen zu nennen, betreibt Shopify seine E-Commerce-Plattform auf Servern, die zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, und veröffentlicht seit 2018 einen Nachhaltigkeitsbericht. Seit 2019 versorgt das Unternehmen alle Heimbüros seiner Mitarbeiter in Nordamerika mit Windenergie und gleicht alle reisebedingten Emissionen aus6. Im Jahr 2021 hatte das Unternehmen 10 000 Mitarbeitende.

Ein weiteres spannendes Unternehmen ist bspw. SumUp, das Unternehmen jeder Größe vor Ort Kartenzahlungslösungen am Point-of-Sale anbietet. Das 2012 gegründete Unternehmen hat das SDG Nr. 8 »Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum« von Anfang an direkt gefördert, insbesondere das Unterziel Nr. 8.3 »[…] das Unternehmertum unterstützen […] und das […] Wachstum von Kleinst-, Klein- und mittleren Unternehmen fördern, auch durch den Zugang zu Finanzdienstleistungen«. Bis heute hat SumUp laut Crunchbase Kapital von 1,4 Mrd. USD eingesammelt und wurde im Sommer 2022 mit rund 8 Mrd. USD bewertet7.

5. Dringlichkeit – Die Zukunft hängt von unserem jetzigen Handeln ab

Laut dem »Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)«, dem Gremium der Vereinten Nationen für die wissenschaftliche Bewertung des Klimawandels, sollten wir dringend die Erderwärmung seit Beginn der Industrialisierung auf 1,5° Celsius begrenzen. Der Einschätzung der Experten und Expertinnen zufolge wäre eine Erwärmung über diesen Punkt hinaus nicht mehr umkehrbar und somit fatal (sog. »Kipppunkt«, eng. »tipping point«). Besorgniserregend ist dabei, dass wir in 2022 bereits bei circa 1.15° Celsius8 standen. Um unter den 1.5° Celsius zu bleiben, »müssen die globalen Treibhausgasemissionen spätestens 2025 ihren Höhepunkt erreichen und bis 2030 um 43 % reduziert werden«. Wir haben also noch sieben Jahre Zeit nach Erscheinen dieses Buches, um unsere Netto-Kohlenstoffemissionen zu halbieren.

Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass wir in den letzten 10 000 Jahren von einer Temperaturstabilisierung auf unserem Planeten bei etwa 15° Celsius profitiert haben. Diese Periode der Temperaturstabilität, die sogenannte Holocene (Spratt & Sutton, 20089), wurde beendet, als der Mensch seit der ersten industriellen Revolution (vor 150 Jahren) begann, enorme Mengen an Treibhausgasen auszustoßen.

Heute befinden wir uns in der sogenannten Anthropocene (Lewis & Maslin, 201510), einer Periode exponentiellen Wachstums (auch »Große Beschleunigung« genannt) der globalen Temperatur und anderer sozial-ökologischer Trends wie der Weltbevölkerung, der Domestizierung von Land und dem Fang von Meeresfischen. In der Wissenschaft besteht kein Zweifel daran, dass die Industrieländer diesen Anstieg verursacht haben und dass unser Energieverbrauch der Haupteinflussfaktor für die Kohlenstoffemissionen ist.

Das Problem ist, dass in dem Moment, in dem Unternehmen skalieren, oftmals die Treibhausgasemissionen massiv steigen – und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Software-as-a-Service (SaaS)-Unternehmen, Legaltech, Spacetech, Foodtech oder Healthtech handelt. Die Skalierung von Unternehmen unter Einsatz von Technologie hat einen unmittelbaren Einfluss auf künftige Emissionen.

Um es noch komplexer, aber auch realistischer zu erfassen: Kohlenstoffemissionen sind nur ein Faktor, der die ökologischen Systeme beeinflusst. Es gibt noch eine Reihe anderer Faktoren, die für Euren Weg der Skalierung von großer Bedeutung sind, wie zum Beispiel der Süßwasserverbrauch und die Veränderungen, die unter dem Begriff »Planetary Boundaries« zusammengefasst werden können11. Sie definieren im Allgemeinen »den sicheren Handlungsspielraum für die Menschheit in Bezug auf das Erdsystem«12.

Erfassung von ESG – mehr als nur CO2

Eine wirklich nachhaltige Entwicklung erfordert weit mehr als die Verringerung der Kohlenstoffemissionen oder anderen Maßnahmen zur Förderung des Umweltschutzes. Die Dimensionen des »S« und des »Gs« sind mindestens so wichtig und werttreibend wie das »E«.

Definition von ESG

Gillan et al. (2021)13 definieren ESG und unterscheiden es von Corporate Social Responsibility (CSR):

»ESG is an acronym developed in a 2004 report by 20 financial institutions in response to a call from Kofi Annan, Secretary-General of the United Nations. As it implies, ESG refers to how corporations and investors integrate environmental, social and governance concerns into their business models.«

St.Gallen Venture ESG Model

Worum geht es bei der sozialen und der Governance-Dimension, abgesehen von der ökologischen? Was sind die jeweiligen Faktoren oder Kennzahlen, die GründerInnen und InvestorInnen kennen sollten?

Wir geben Euch im so genannten »St.Gallen Venture ESG Model« – mit Verweis auf das in den 1960er Jahren entwickelte St. Galler Management Modell – einen ganzheitlichen Überblick über das Thema. Dort könnt Ihr einsehen, dass ESG keine lästige Compliance-Übung, sondern ein wertstiftendes Führungskonzept für Euch als GründerIn, MitarbeiterIn, InvestorIn oder sonstigen Stakeholder eines Scale-ups heute und in Zukunft sein kann.

Grundsätzlich ist es hilfreich, zwischen drei Dimensionen zu unterscheiden: der Wertschöpfungskette, Eurem Unternehmen und den Produkten Eures Unternehmens. Alle drei Dimensionen beeinflussen natürlich Eure ESG-Bilanz, allerdings unterscheiden sie sich wesentlich in Eurer direkten Kontrolle auf die jeweiligen Dimensionen sowie deren Komplexität. Normalerweise haben Scale-ups eine direkte Kontrolle auf Produkt/Service und Unternehmen, sie können also Veränderungen herbeiführen, ohne auf Dritte angewiesen zu sein (hier gibt es Unterschiede zwischen Industrien und Geschäftsmodellen). Gleichzeitig ist das Ändern von ganzen Wertschöpfungsketten bestehend aus einer Vielzahl von Unternehmen in einer globalisierten Welt von hoher Komplexität. Daher empfehlen wir, Euch auf Euer Produkt und Euer Unternehmen zu fokussieren, während Ihr für die wesentlichen Sourcing- und Partnerschaftsentscheidungen sensibel für ESG-Informationen aus Eurer Wertschöpfungskette bleibt.

Entsprechend ist das St.Gallen Venture ESG Modell gegliedert, welches für Euer Scale-up sowie Euer Produkt pro ESG-Dimension die relevanten Kriterien gruppiert und auflistet. Auf der linken Seite findet Ihr eine Übersicht der Unternehmensspezifischen ESG-Kriterien. In der unternehmensführenden Dimension (Governance) sind eine Vielzahl von hochrelevanten allgemeinen Kriterien aufgeführt, wie bspw. das Definieren von Unternehmenswerten und Purpose, sowie unternehmensinterne Verhaltensregeln (»codes of conduct«), oder die Schaffung von Transparenz und das Verhindern von Bestechung/Korruption. Des Weiteren existieren hier weitere Executive- (Dualität, Vergütung, Diversität), Board- (Unabhängigkeit, Vergütung, Diversität) und Shareholder-spezifische Kriterien (Rechte, Pflichten, ESG-Fokus)14. In der sozialen Dimension spielen die Arbeitsplatz- und ArbeitnehmerInnen-spezifischen Kriterien eine gewichtige Rolle, welche von Diversität und Inklusion, Arbeitsstunden und -flexibilität, bis zu einer fairen Vergütung sowie Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien reichen. Zuletzt sind hier auch ökologische Faktoren wichtig. Hier sind u. a. die Treibhausgasemissionen der Logistik, des Pendelns und des Reisens zu nennen. Gleiches gilt für die Gebäude und sonstige Infrastruktur, bei denen weitere Faktoren, wie das Müllmanagement und bei großen Greenfield-Anlagen die Kovertierung von Wäldern, der Verlust von Biodiversität oder die Veränderung von natürlichen Süßwassersystemen hinzukommen.

Abbildung E.3: St.Gallen Venture ESG Model

Auf der rechten Seite des Modells findet Ihr die Produkt-/Service-spezifischen ESG-Kriterien. Hier geht es um soziale und ökologische Aspekte. Zu den sozialen Kriterien zählen produktspezifische Eigenschaften, wie die Zugehörigkeit zu bestimmten Industrien (bspw. Tabak, Waffen, Glücksspiel) oder die verfügbaren Produktinformationen, und kunden-/nutzerspezifische Kriterien, wie deren Sicherheit bzw. Gesundheitsgefährdung und Datensicherheit. Die ökologischen Kriterien von Produkten/Services können in Material-, Transport und Aufbewahrungs-, Nutzungs- und Verwertungsspezifische (»End-of-life«) Kriterien unterteilt werden. Zu Letzteren zählen die Recyclebarkeit des Produkts und der Grad des tatsächlichen Recyclings. Hinzu kommen bspw. die Produktlebenszeit sowie der Ausstoß von Treibhausgasen bei der Nutzung des Produkts. Auch die Größe des Produkts und dessen Verpackung(en) (transportspezifische Kriterien), sowie die Zusammensetzung des Produkts aus tierischen oder langlebigen, giftigen Stoffen (materialspezifische Kriterien) sind maßgebliche Faktoren.

Über den QR-Code könnt Ihr auf die Webseite des Buches zugreifen (www.stgaller-navigator.com) und von dort eine digitale Version des Venture ESG Modells herunterladen. Die Datei kann bspw. auf DIN A3 gedruckt und zu Informationszwecken im Büro aufgehängt werden.

Integration in das Buch

Nahezu alle Kapitel des Scale-up Navigators gehen explizit auf die jeweiligen ESG-Implikationen ein.

Zusätzliche digitale Quellen und Literatur

Paris Agreement:

https://unfccc.int/process-and-meetings/the-paris-agreement

European Green Deal:

https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal_en

SDGs:

https://sdgs.un.org

Planetary Boundaries:

https://www.stockholmresilience.org/research/planetary-boundaries.html

IPCC:

https://www.ipcc.ch

|

https://www.ipcc.ch/sr15/

Anmerkungen

1

.  Whelan, T., Atz, U., Van Holt, T., & Clark, C. (2021). Uncovering the Relationship by Aggregating Evidence from 1,000 Plus Studies Published between 2015–2020. Abgerufen von (06.11.2023):

https://sri360.com/wp-content/uploads/2022/10/NYU-RAM_ESG-Paper_2021-2.pdf

2

.  Für die Post-funding Performance wirkt es sich gleichwohl negativ aus.

3

.  Mansouri, S., & Momtaz, P. P. (2022). Financing sustainable entrepreneurship: ESG measurement, valuation, and performance.

Journal of Business Venturing

,

37

(6), 106258.

https://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3997723

4

.  Fink, L. (2022). Larry Fink CEO Letter [WWW Document].

BlackRock

. Abgerufen von (06.11.2023):

www.blackrock.com/corporate/investor-relations/larry-fink-ceo-letter

5

.  »[…] Nur wenige Dinge werden Entscheidungen zur Kapitalallokation - und damit den langfristigen Wert Ihres Unternehmens - mehr beeinflussen als die Frage, wie effektiv Sie die globale Energiewende in den kommenden Jahren bewältigen. […] Jedes Unternehmen und jede Branche wird sich durch den Übergang zu einer [CO2] 'Netto-Null-Welt' verändern. Die Frage ist: Werden Sie führen oder werden Sie geführt werden? […] Die nächsten 1000 Einhörner werden keine Suchmaschinen oder Social-Media-Unternehmen sein, sondern nachhaltige, skalierbare Innovatoren - Start-ups, die der Welt bei der Dekarbonisierung helfen und die Energiewende für alle Verbraucher erschwinglich machen. […] Wir konzentrieren uns auf Nachhaltigkeit, nicht weil wir Umweltschützer sind, sondern weil wir Kapitalisten und Treuhänder für unsere Kunden und Kundinnen sind. Das setzt voraus, dass wir verstehen, wie Unternehmen ihre Geschäfte an die massiven Veränderungen in der Wirtschaft anpassen. Im Rahmen dieses Schwerpunkts fordern wir die Unternehmen auf, kurz-, mittel- und langfristige Ziele für die Reduzierung von Treibhausgasen festzulegen. Diese Ziele und die Qualität der Pläne zu ihrer Erreichung sind entscheidend für die langfristigen wirtschaftlichen Interessen Ihrer Aktionäre. Das ist auch der Grund, warum wir Sie bitten, Berichte in Übereinstimmung mit der Task Force für ‘Climate-related Financial Disclosures' zu veröffentlichen […]«

6

.  

www.shopify.com/climate

(abgerufen am 06. November 2023)

7

.  Was bemerkenswert ist vor dem Hintergrund, dass Unternehmensbewertungen allgemein seit Anfang 2022 aufgrund der Marktlage nachgegeben haben.

8

.  World Meteorological Organization (17.05.2023). Global temperatures set to reach new records in next five years. WMO. Abgerufen von (06.11.2023):

https://public.wmo.int/en/media/press-release/global-temperatures-set-reach-new-records-next-five-years

9

.  Spratt, D., & Sutton, P. (2008). Climate code red. Carlton North: Scribe Publications., 2008.

https://g.co/kgs/puvAx6

10

. Lewis, S. L., & Maslin, M. A. (2015). Defining the anthropocene.

Nature

,

519

(7542), 171-180.

https://doi.org/10.1038/nature14258

11

. Stockholm Resilience Centre (2023). Planetary Boundaries [

Overview of topic and research papers

]. Abgerufen von (06.11.2023):

https://www.stockholmresilience.org/research/planetary-boundaries.html

()

12

. Röckstrom, J. (2020). 10 years to transform the future of humanity – or destabilize the planet.

TED talk

. Abgerufen von (06.11.2023):

www.youtube.com/watch?v=8Sl28fkrozE&t=26s

13

. Gillan, S. L., Koch, A., & Starks, L. T. (2021). Firms and social responsibility: A review of ESG and CSR research in corporate finance.

Journal of Corporate Finance

,

66

, 101889.

https://doi.org/10.1016/j.jcorpfin.2021.101889

14

. Im Sinne eines holistischen Nachhaltigkeitsmanagements, bei dem das finanzielle Performance-Management Teil der Governance ist, zählen natürlich auch OKR^d XE "OKRs"-Routinen (siehe

Teil III

»Operations«) und andere Führungstools zur Governance – dies auf allen Ebenen vom Topmanagement bis ganz unten im Organigramm.

Teil IONBOARDING: DUE DILIGENCE

»Für die UnternehmerInnen und Investoren und Investorinnen gibt die Forschung einen klaren Hinweis: Umso genauer eine Due Diligence und die dazu verfügbaren Daten, desto besser – ceteris paribus – die Performance.«1,2

Michael Greger

Der Mehrheit der Start-ups misslingt das Erreichen ihrer Ziele bereits vor der Scale-up-Stufe, während die wenigsten Scale-ups es zum etablierten, öffentlichen Unternehmen schaffen. Wie könnt Ihr die Chancen einer erfolgreichen Skalierung erhöhen? Eine Scale-up Due Diligence ermöglicht es Euch und den Investoren, die aktuelle Scale-up-Reife Eures Start-ups zu analysieren und die entscheidenden Schritte auf dem Weg zur erfolgreichen Skalierung abzuleiten.

Was ist eine Due Diligence?

Eine Due Diligence ist eine tiefgreifende Analyse und Bewertung einer Reihe von Faktoren einer spezifischen Unternehmung, wie bspw. des Managements, der Wettbewerber, sowie der finanziellen Kennzahlen und Prognosen.3 Eine Due Diligence ist ein fester Bestandteil eines jeden Investitionsprozesses von Investoren, wie beispielsweise Venture-Capital-Gesellschaften, um die Angaben von GründerInnen zu überprüfen.

Ziel der Scale-up Due Diligence ist es, alle wesentlichen Bereiche zu identifizieren, welche der anstehenden Skalierung Eures Unternehmens im Wege stehen könnten respektive diese befördern. Es handelt sich also um eine Ist-Analyse des aktuellen Skalierungspotenzials Eures Unternehmens.

Warum solltet Ihr selbst eine Scale-up Due Diligence durchführen?

Dir und Deinem Team ermöglicht eine Scale-up Due Diligence, die Scale-up-Reife Deines Unternehmens einschätzen zu können. Dabei werden in einem ersten Schritt mögliche »Skalierungslücken« identifiziert. Skalierungslücken sind solche Bereiche, welche nicht ausreichend entwickelt sind und möglicherweise einer erfolgreichen Skalierung des Start-ups im Wege stehen könnten. Die Identifikation dieser Lücken ist ein entscheidender Schritt, um im Team eine bewusste Entscheidung für oder wider eine Skalierung des Start-ups treffen zu können. Zudem schafft sie Bewusstsein und Transparenz über aktuelle Stärken und Schwächen Deines Start-ups, welche – im Skalierungsfall – auch mit der Unterstützung der Investoren verbessert werden können.

Aus der Scale-up Due Diligence könnt Ihr anschließend Eure Scale-up-Strategie ableiten. Diese Strategie ist ein klarer Wachstumsplan, der in nach Prioritäten geordnete Schritte untergliedert ist und den jedes Teammitglied kennen sollte. Die Forschung zeigt, wie wichtig es als Unternehmung ist, eine gemeinsame Strategie im Team zu erarbeiten und nach außen und innen zu kommunizieren, die jedes Teammitglied versteht und respektiert. Erfolg entsteht nur sehr selten ohne einen klaren Plan in Form einer Strategie, die von allen Teammitgliedern mitgetragen wird. Leider zeigt eine im Harvard Business Review zitierte Studie4, dass im Durchschnitt 95 Prozent der Teammitglieder die Strategie des Unternehmens nicht kennen oder nicht verstehen – weshalb ein Großteil der Wachstumsstrategien von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist.

Daher solltest Du die Scale-up Due Diligence und die resultierende Scale-up-Strategie als dynamische Werkzeuge nutzen, die Du regelmäßig anwendest. Du solltest sie beispielsweise einmal jährlich gemeinsam mit Deinem Team durchlaufen und aktualisieren.

Was sind die Komponenten einer Scale-up Due Diligence?

Die Bestandteile der Scale-up Due Diligence sind Euer Team, Euer Produkt und/oder Service, Eure Märkte, Eure Finanzen und finanziellen Kennzahlen (siehe Abbildung T1.1). In Kapital 1 zeigen wir Dir auf, welche Team-spezifischen Fragen Du Dir stellen sollst. In Kapital 2 analysieren wir die Skalierbarkeit Eures Produkts und/oder Services. Anschließend führen wir Dich in Kapitel 3 durch die Analyse Deiner aktuellen und zukünftigen Märkte. In Kapitel 4 gehen wir schließlich auf Eure Finanzen und finanziellen Kennzahlen ein, um mögliche Kapitalbedarfe und Entwicklungsbereiche auf Kosten- und Umsatzseite identifizieren zu können. In den Kapiteln vermitteln wir zunächst die theoretischen Grundlagen, bevor wir Dir konkrete Umsetzungsempfehlungen an die Hand geben – unterstützt mit digitalen Tools und einer Case Study.

Abbildung T1.1: Komponenten der Scale-up Due Diligence

Abbildung T1.2: Due Diligence – Teil I des Scale-up Frameworks

Anmerkungen

1

.  3-Jahres-ROA und EBITDA/Umsatz-Performance

2

.  Cumming, D., & Zambelli, S. (2017). Due diligence and investee performance.

European Financial Management

,

23

(2), 211-253.

https://doi.org/10.1111/eufm.12100

3

.  Cumming, D., & Zambelli, S. (2017). Due diligence and investee performance.

European Financial Management

,

23

(2), 211-253.

https://doi.org/10.1111/eufm.12100

4

.  Kaplan, R. S., & Norton, D. P. (2005). The office of strategy management.

Harvard business review

,

83

(10), 72. Abgerufen von (06.11.2023):

https://hbr.org/2005/10/the-office-of-strategy-management

1Team

GründerInnen mit technischem Hintergrund (»Techie«): »Unsere Technologie ist so genial, dass sie sich von selbst verkaufen wird! Vertrieb und Marketing sind so triviale Aufgaben.«

GründerInnen mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund: »Unsere Geschäftsidee ist fantastisch, und wir wissen genau, wie wir sie verkaufen können. Die Entwicklung des Produkts ist unsere kleinste Sorge. Wir werden einfach jemanden in Osteuropa anheuern.«

GründerInnen im Allgemeinen: »Ein VC-Investor zu sein ist so ein einfacher Job, einige von ihnen haben noch nicht einmal erfolgreich ein Start-up gegründet. Wie wollen sie uns operativ helfen?«

Investoren/Investorinnen: »Wenn der Gründer/die Gründerin endlich härter arbeiten würde, wäre er/sie endlich erfolgreich.«

Du hast solche Aussagen wahrscheinlich schon einmal gehört oder sie selbst als Anfänger verwendet. Inzwischen dürfte dir klar geworden sein, dass die Dinge in der Realität etwas anders aussehen. Tatsächlich wissen die Fachleute in unserem unternehmerischen Umfeld, dass Personen, die solche Aussagen tätigen, systematisch unterschätzen, wie schwer die jeweilige Arbeit wirklich ist.

Psychologen nennen dies den Dunning-Kruger-Effekt: die Neigung, zu glauben, dass man mehr über einen Bereich außerhalb seines Fachgebiets weiß, als es tatsächlich der Fall ist, und zu unterschätzen, wie kompetent die tatsächlichen Experten/Expertinnen in diesem Bereich sind1. Wir alle haben das während der Pandemie erlebt, als plötzlich alle Epidemiologen/Epidemiologinnen waren. Natürlich ist es ganz einfach, sich ein wenig in einem anderen Bereich auszuprobieren. Ein kluger Ingenieur kann sich schnell ein bisschen Finanzwissen aneignen. Aber das ist etwas ganz anderes als die Brillanz, die ein/e erfahrene/r CFO vollbringen kann. Eine clevere Marketingfachperson kann ein wenig Python lernen und einige Dinge automatisieren. Aber das ist etwas ganz anderes, als ein skalierbares, technisches Produkt zu entwickeln, wie es erfahrene Ingenieure/Ingenieurinnen oder ProgrammiererInnen können. Der Versuch, sich zusätzliches Wissen aus anderen Bereichen anzueignen, ist großartig, aber das bedeutet nicht, dass man auch nur annähernd ein/e MeisterIn seines/ihres Fachs ist. Wir alle sollten lernen, unsere Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachbereichen für ihre spezifischen Fähigkeiten zu respektieren und zu bewundern, von denen wir oftmals die meisten nicht einmal verstehen.

Wenn erfahrene Investorinnen und Investoren Gründungsteams von Start-ups beurteilen, achten sie entsprechend auf zwei wichtige Faktoren: Decken die Teammitglieder alle zentralen Bereiche mit ausreichender Kompetenz und Tiefe ab? Und haben die GründerInnen großen Respekt voreinander und vor den Fähigkeiten der anderen? Wissen sie um ihre Lücken und welches Qualitätslevel erreichen sie im Recruiting?

Doch wer sind überhaupt die Mitglieder eines Scale-up-Teams? Wir unterscheiden hier zwischen externen Stakeholdern, Angestellten ohne wesentliche Führungsverantwortung (»Non-core FTE«) und dem Kernteam bestehend aus folgenden Mitgliedern: Führungskräfte, Topmanagementteam (CEO und C-Level Executives), sowie Board-Mitgliedern (Investoren/Investorinnen) (siehe Abbildung 1.1). Im Folgenden konzentrieren wir uns auf dieses Kernteam, welches entscheidend für den Erfolg der anstehenden Skalierung ist.

Probleme innerhalb des Teams sind nicht nur beim Start einer Unternehmung, sondern vor allem in den frühen, sensiblen Wachstumsphasen für viele Misserfolge von Start-ups verantwortlich – auch auf der Scale-up-Ebene. Wenn ein Team nicht gut ausbalanciert ist und noch keine Probleme aufgetaucht sind, werden diese sehr wahrscheinlich während der Scale-up-Reise aufkommen, sofern alle Teammitglieder an ihren Positionen festhalten wollen.

Aus diesem Grund ist das Team die erste wesentliche Komponente der Scale-up Due Diligence. Um die Erfolgswahrscheinlichkeit der anstehenden Scale-up-Phase zu maximieren, braucht man qualitativ kompetente Teammitglieder (»Qualität-Fit«, Kapitel 1.1), die für die nun anstehende Entwicklungsstufe des Unternehmens geeignet sind, einen passenden organisatorischen Aufbau (»Setup-Fit«, Kapitel 1.2), und eine gemeinsame Grundhaltung des Teams (»Culture-Fit«, Kapitel 1.3).

Abbildung 1.1: Übersicht der Teammitglieder eines Scale-ups

Leitfrage:Ist unser Team bereit zu skalieren, sind sie dem gewachsen und wachsen selbst schnell genug mit?

Leitsatz:Vom selbst Machen zum Führen

Kapitel

Thema

1.1

Qualität-Fit

1.2

Setup-Fit

1.3

Culture-Fit

Tabelle 1.1: Kapitel 1 – Team

1.1 Qualität-Fit

Neue Mitarbeitende anstellen aufgrund ihrer Motivation oder Fähigkeiten, oder doch aufgrund ihres Wissens, Resilienz oder Vielfalt?

Die Qualitätsansprüche an Investoren und an das Kernteam eines Scale-ups unterscheiden sich wesentlich. Informationen zu den Analysen Eures Investorenteams findet Ihr im Kapitel 4 »Finanzen« sowie im Kapitel 14 »Fundraising«.

Kernteam

Durch welche Eigenschaften sollte sich das Scale-up-Kernteam auszeichnen? Erfolgreiche Scale-up-Teams zeichnen sich durch folgende drei Eigenschaften aus: ausbalancierte Fähigkeiten, eine hinreichende Diversität, sowie eine hohe Resilienz (Tabelle 1.1).

Fähigkeiten

Fähigkeiten werden in der Literatur in Wissen (»knowledge«), Fertigkeiten (»skills«) und Begabungen (»abilities«) unterschieden (insgesamt »KSA«). Alle drei Arten von »KSA« können entscheidend sein bei der Evaluation der Qualität eines einzelnen Teammitglieds sowie eines gesamten Teams – u. a. in digitalen Teams2. Die Unterscheidung wurde ursprünglich von Forschern für die Auswahl von Teammitgliedern entwickelt, die kritischen Arbeitsaktivitäten nachgehen3 – und bei der Scale-up-Reise ist jede Aktivität kritisch.

Knowledge

Skills

Abilities

Tabelle 1.2: Definition von KSA

Welche spezifischen KSAs für ein Scale-up benötigt werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab: der jeweiligen Branche, den Produkten/ Services und den dafür eingesetzten und immer weiter entwickelten Technologien, aber auch dem Geschäfts- bzw. Umsatzmodell, welches zum finalen Product-Market-Fit führt. Innerhalb des KSA-Mixes eines Scale-ups kommen oftmals die Führungsfähigkeiten der aktuellen und zukünftigen Führungskräfte deutlich zu kurz. Dies liegt in der Regel – wenn nicht bereits Gründungserfahrungen vorliegen – an mangelnder Erfahrung: 2021 war das Durchschnittsalter der GründerInnen in Deutschland 35 Jahre, wie eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zeigt4. Entsprechend fehlen einer Vielzahl der GründerInnen Führungserfahrungen aus vorherigen Tätigkeiten.

Das hört sich alles komplexer an, als es wirklich ist. 99 % aller Probleme Deines Start-ups sind schon über 1000-mal gelöst worden. Es sind Standardprobleme, und wir helfen Dir mit diesem Buch, die entsprechenden Lösungen schneller zu finden, damit Du und Dein Team Euch auf diejenigen Probleme konzentrieren könnt, die bislang noch niemand gelöst hat. Um Dir Abhilfe bei den Standardproblemen zu schaffen, haben wir ein digitales Template entwickelt, welches Dich durch die Analyse der aktuellen KSAs Deines Teams, die Definition der künftig benötigten KSAs sowie die Ableitung der KSA-Skalierungslücken Deines Teams führen kann (siehe Team-Playbook). Gleichzeitig hilft es Dir bei der Due Diligence der Diversität und Resilienz Deines aktuellen Teams.

Infobox: Welche Skills sind am schwersten zu finden für Scale-ups?

Die meisten Leute würden wahrscheinlich sofort »Software-Ingenieure« sagen, und das ist absolut gesehen auch richtig. Allerdings gibt es drei weitere Schlüsselpositionen, die für den Erfolg absolut entscheidend sind. In absoluten Zahlen gibt es weniger offene Stellen für sie, aber großartige Leute für diese Jobs sind so selten, dass sie unglaublich schwer zu finden sind.

(Full-stack) Go-to-Market LeiterIn

. Es gibt eine ganze Reihe großartiger VertriebsleiterInnen und eine ganze Reihe von Leuten, die eine starke Marketingorganisation aufbauen können. Aber es ist äußerst selten, jemanden zu finden, der/die den gesamten GTM-Trichter versteht. Erst recht ist es schwer, diese Magier zu finden, die sowohl mit 10 als auch 100 und 1000 Mitarbeitenden im eigenen Team volle Wirkung entfalten und die Organisation entlang dieses Weges entwickeln. Wenn Marketing und Vertrieb an einem Strang ziehen, können magische Dinge geschehen. Aber leider gibt es in den meisten Unternehmen viele Spannungen zwischen diesen Abteilungen – und das beginnt oft an der Spitze. Ein gut geölter GTM-Motor, der alle verfügbaren Synergien nutzt, ist ein unglaublicher Wettbewerbsvorteil.

»

Product owners

«, die sich ständig mit den Kundenbedürfnissen auseinandersetzen und ein tiefes Einfühlungsvermögen für die Kunden/Kundinnen haben. In vielen Unternehmen werden die Produktprioritäten in erster Linie durch das bestimmt, was das Management glaubt, dass die Kunden wollen würden, oder sogar durch rein interne Bedürfnisse (»Welche Funktionen würden unseren Investoren/Ingenieuren gefallen?«). Natürlich führt der einzige Weg zu einem herausragenden Produkt über die ständige Frage, was die Kunden/Kundinnen wirklich wollen. Aber das geht nicht nur durch Kundenumfragen und UX-Forschung. Es braucht einen inneren Antrieb des Product owners, um durch Aggregieren vieler formellen und informellen Informationen ein echtes, tiefes Verständnis der Situation der Kundschaft zu erlangen.

»Product marketers

«

, die großartige »Storyteller« sind. Das Produktmarketing ist der Dreh- und Angelpunkt des Marketings, insbesondere bei B2B-Start-ups. Doch allzu oft führt es zu endlosen Vergleichsdiagrammen mit der Konkurrenz, trockenen Positionierungserklärungen und langweiligen Messaging-Tabellen. Die wahre Kunst des Produktmarketings besteht darin, Geschichten zu erfinden – für jede Kundenpersönlichkeit, für jedes Schlüsselmerkmal, für jeden Mitbewerber. Wenn es Euch gelingt, die Dinge nicht nur für die Kunden/Kundinnen, sondern auch für Eure eigenen VertriebsmitarbeiterInnen und CX-Mitarbeitenden einprägsam zu gestalten, könnt Ihr Großes erreichen.

Menschen mit diesen Fähigkeiten sind überall auf der Welt sehr selten, aber in Europa noch viel seltener. In der Regel erkennt man, wenn jemand das nötige Talent hat, und es ist daher oft eine gute Idee, ihn/sie – mit engmaschigen Feedbackschleifen – damit arbeiten zu lassen.

Diversität

»Wenn ich mir die Start-ups ansehe, bei denen ich gearbeitet oder in die ich investiert habe, dann gibt es einen Aspekt, der den Erfolg besser vorhersagt als jeder andere: die Vielfalt des Teams, in allen relevanten Aspekten, die man sich vorstellen kann.«

Andreas Goeldi