Entwicklungsperspektiven öffnen - Christian Hawellek - E-Book

Entwicklungsperspektiven öffnen E-Book

Christian Hawellek

4,7

Beschreibung

This is in effect a compact course on Marte Meo, demonstrating the premises, basics and practical steps employed in this innovative method of counseling.Activating one´s own strengths to overcome problems and to support developmental processes represent the core ideas behind the method known as Marte Meo, literally "under own power." Christian Hawellek, one of the leading experts in Marte Meo, presents the basics of this counseling and therapy format, in particular the characteristic steps of setting up a contract, video observation, video interaction analysis, video counseling and follow-up video. Many case examples are also presented. The author makes it clear that the Marte Meo method has become an established method in the field of psychosocial intervention.

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Christian Hawellek

Entwicklungsperspektiven öffnen

Grundlagen beobachtungsgeleiteter Beratung nach der Marte-Meo-Methode

Mit einem Vorwort von Arist von Schlippe

Mit 31 Abbildungen und 11 Tabellen

Vandenhoeck & Ruprecht

Mit 25 Illustrationen von Elisabeth Gube

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-525-40217-7ISBN 978-3-647-40217-8 (E-Book)

Umschlagabbildung: elsone/photocase.com

© 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.www.v-r.deAlle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.Printed in Germany.Satz: SchwabScantechnik, GöttingenDruck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Vorwort von Arist von Schlippe

1  Einleitung

2  Kernelemente professioneller Beratung

2.1  Auftragsklärung

2.2  Charakteristische Abläufe von Beratungsprozessen

2.3  Zwischen Sicherheit und Neugier – die beraterisch-therapeutische Beziehung

2.4  Das erzählte »Problem«: Wirkungen und Nebenwirkungen

2.5  Eine Metaperspektive: Wie aus Beobachtungen Geschichten werden

3  Von den Problemgeschichten zur beobachtungsgeleiteten Beratung

3.1  Methodische Grundlagen beobachtungsgeleiteter Beratung

3.2  Leitperspektiven für unterschiedliche Zielgruppen

3.3  Leitperspektive: Entwicklung unterstützen

4  Vor-Bilder: Entwicklungsunterstützende Dialoge

4.1  Die Struktur entwicklungsunterstützender Kommunikation

4.2  Die Dynamik entwicklungsunterstützender Dialoge

4.3  Grundformen entwicklungsunterstützender Kommunikation

4.4  Entwicklungsunterstützende Kommunikation und kindliche Erfahrungswelten

4.5  Entwicklungsunterstützende Kommunikation und die Öffnung von Erfahrungsräumen

4.6  Entwicklungsunterstützende Kommunikation und klinische Konzepte

5  Unterstützung entwickeln: Beobachtungsgeleitete Erziehungs- und Familienberatung

5.1  Videobeobachtungen

5.2  Videointeraktionsanalysen

5.3  Videoberatungen

5.4  Beobachtungsgeleitete Entwicklungsförderung und Psychotherapie

6  Schluss

Anhang A: Orientierungshilfen für Videointeraktionsanalysen (VIAS)

Anhang B: Mustervereinbarungen

Literatur

Webadressen

Vorwort

Die Fähigkeit des Menschen, sich selbst zu beobachten und daraus zu lernen, ist vermutlich recht alt, wenn auch wohl lange nicht so alt wie die Menschheit selbst. Denn – wir wissen dies natürlich nicht genau – es wird einige Zeit gedauert haben, ehe Menschen sich über Sprache so weit koordinieren konnten, dass es ihnen möglich wurde, ein explizites Bewusstsein zu entwickeln. Doch nicht nur das, sie mussten auch ein Bewusstsein über dieses Bewusstsein entwickeln, also wissen, dass sie ein Bewusstsein »haben«, und damit, dass auch der Andere über eines verfügt. Diese Vorgänge, für die das Vorhandensein von Sprache eine Bedingung ist, sind die Grundlage für das, was »theory of mind« genannt wird: die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, eine Idee davon zu haben, dass sie sich ebenfalls bewusst in dieser Welt bewegen. Erst so wird es möglich zu verstehen, dass das Handeln des Anderen in dessen Erfahrungen, Überlegungen und Motiven wurzelt. Und erst wenn er dies weiß, wird es einem Menschen möglich, sich seinerseits zu beobachten und seine eigenen Erfahrungen, Überlegungen und Motive zum Gegenstand von Beobachtung und Reflexion zu machen – und nur mit diesen Fähigkeiten ist Psychotherapie als systematische Form der Selbstbeobachtung denkbar.

Über lange Zeit stand für die beschriebenen Prozesse nur die Sprache als Werkzeug zur Verfügung, anfangs sogar nur die gesprochene. Die großen Erfindungen der Menschheit, die Schrift und der Buchdruck, brachten die Möglichkeiten der Selbstreflexion dann in großen Sprüngen voran. Anders als allein durch die gesprochene Sprache war es nun möglich, Wissen unabhängig von der unmittelbaren Beziehung zweier Personen weiterzugeben. Über Schrift konnten nun auch räumlich Abwesende zeitlich versetzt kommunizieren und man konnte die Gedanken von Menschen, die vor hundert Jahren lebten, nutzen, um über sich selbst nachzudenken. Der Buchdruck potenzierte anschließend gar die Möglichkeiten der Weitergabe von Wissen und damit die Möglichkeiten, wie Menschen sich mit den inneren und äußeren Welten anderer Menschen, der Autoren, auseinandersetzen konnten. Und im Medium des Computers beginnen nun Maschinen mit einem eigenen Gedächtnis und eigener Dynamik, sich an der gesellschaftlichen Kommunikation zu beteiligen. Mit dem Computer stehen wir vor der »nächsten Gesellschaft«, wie der Friedrichshafener Soziologe Dirk Baecker1 schreibt, deren Qualitäten wir noch gar nicht genau abschätzen können. Wir werden mit Informationen überschüttet, ohne einschätzen zu können, welches Wissen wissenswert ist, zugleich erreicht jede Information blitzschnell fast jeden Winkel der Welt. Für die überlieferten Formen, wie eine Gesellschaft gemeinschaftlich erzeugten Sinn verarbeitet, bekommen diese Veränderungen, Schrift, Buchdruck und Computertechnologie, jeweils den Charakter einer »Katastrophe«, wie Baecker schreibt: Die Gemeinschaft der Menschen muss die Art ihres Zusammenlebens mit jeder Revolution jeweils grundlegend verändern.

Wenn man diese Überlegungen aufgreift und sie auf die Psychotherapie bzw. auf alle Formen der professionellen Beratung bezieht, dann wird deutlich, dass diese noch vergleichsweise junge Kulturtechnik über Jahrzehnte in Sprache und Schrift verwurzelt war und ist: Im Gespräch, in der Begegnung zwischen Rat suchender und Rat gebender Person entstehen neue Möglichkeiten. Ratsuchende können sich mit sich selbst anders auseinandersetzen als gewöhnlich und sich im Spiegel des Gegenübers auf eine neue Weise selbst beobachten, um sich über sich selbst klarer zu werden. Der Gegenstand der gemeinsamen Aktivität besteht dabei in Erzählungen, es sind Erzählungen über die persönliche Geschichte und die persönlichen Notlagen, in denen sich der Ratsuchende befindet, und im Gespräch entstehen neue Überlegungen, neue Erfahrungen und damit heilende Prozesse. Die therapeutische Begegnung und die sich darin entfaltende Beziehung sind dabei schulenübergreifend als wesentliches Moment therapeutisch induzierter Veränderung anerkannt: Ein Mensch bezieht sich im Gespräch direkt auf den Anderen und lernt sich so sprechend und reflektierend besser, anders kennen.

Und auch hier zeichnet sich seit einigen Jahren eine Veränderung ab. Mit der Erfindung und Popularisierung der Videotechnik zieht in das therapeutische Gespräch ein Aspekt ein, von dem die Mütter und Väter der Psychotherapie keine Ahnung haben konnten: An die Stelle der berichteten Erfahrung tritt das Video, an die Stelle der Erzählung der Film über die konkrete Erlebenswelt, über die gesprochen wird. Vielleicht werden Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen der Zukunft über die sich abzeichnenden Veränderungen im Rückblick auch einmal sagen, dass sie den Charakter einer dramatischen »Katastrophe« hatten, weil sie das Denken über beraterische Möglichkeiten und therapeutische Wirkmechanismen ganz grundlegend verändert haben. Wie weit diese Veränderungen greifen werden, können wir heute noch nicht ermessen. Sicher werden die zentralen Momente therapeutischer Beziehungsgestaltung nicht an Gültigkeit verlieren, wird die Grundlage einer vertrauensvollen und tragfähigen persönlichen Beziehung nach wie vor Voraussetzung therapeutischen Arbeitens bleiben. Doch zugleich verändert sich der Fokus beraterischer Arbeit: Berater/Beraterin und Klient/Klientin sitzen nebeneinander und schauen gemeinsam auf den Bildschirm, auf dem sich die »Erzählung« der problembeladenen Geschichten ganz konkret entfaltet. Zugleich treten dem geschulten Betrachter die einer Erzählung noch nicht zugänglichen Ressourcen unmittelbar vor Augen, Chancen für die Einführung konstruktiver Beschreibungen in problematische Geschichten. So tritt die konkrete Alltagswelt viel stärker in das Behandlungszimmer ein, die Erzählung ist viel näher an ihr »dran«.

Für diese veränderten Blicke braucht es veränderte therapeutische Strategien und Methoden. Denn die neuen Formen sind nicht sozusagen vollautomatisch schon entwicklungsfördernd. Vielmehr brauchen Berater und oder Therapeut ein spezifisches Wissen, wie das Medium auf eine Weise genutzt werden kann, dass die Chancen der vertieften Selbstbeobachtung optimal genutzt werden. Der konkrete Blick macht es leichter, aus dämonisierenden Beschreibungen herauszutreten und neue Möglichkeiten unmittelbarer wahrzunehmen, den »Möglichkeitssinn« also, von dem Robert Musil einmal schrieb, lebendig werden zu lassen.

In diesem Sinn sind Sie als Leserin oder Leser vielleicht Zeuge einer aufregenden Weiterentwicklung unserer Behandlungsmöglichkeiten. Ich sehe dieses Buch als einen wichtigen Markierungspunkt dieser professionellen Entwicklung. Es fasst eine große Zahl von bereits vorhandenen therapeutischen Fertigkeiten im Umgang mit dem neuen Medium zusammen. Der Autor, ein erfahrener Kliniker und Berater, ergänzt und erweitert sie in gut lesbarer und sehr praxisnaher Weise, indem er sich auf seinen breiten Wissensfundus bezieht. Da ich Christian Hawellek seit Jahrzehnten persönlich sehr gut kenne, ist es mir eine Freude und Ehre, dieses Vorwort zu schreiben. Ich bin sicher, dass jede Leserin und jeder Leser von der Lektüre dieses Werkes profitieren wird.

Arist von Schlippe

______________

1  Baecker, D. (2007). Studien zur nächsten Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

1 Einleitung

In den letzten Jahrzehnten hat sich im Bereich der professionellen Beratungsarbeit – offenbar nahezu unbemerkt oder zumindest noch nicht breiter diskutiert – ein bedeutsamer Wandel vollzogen. Dies gilt für viele Bereiche der psychosozialen Beratung wie Erziehungs- und Familienberatung, Paar- und Eheberatung sowie verschiedenen Arbeitsfelder der Jugend- und Altenhilfe, bei denen Beratung ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Die Rede ist von der zunehmenden Ausbreitung der videobasierten, das heißt beobachtungsgeleiteten Beratungsarbeit. Mit der Entwicklung und Verbreitung der Videotechnik wurde es ab Anfang der 1970er Jahre erstmals möglich, den Klienten in professionellen Beratungskontexten Gelegenheit zur Selbstbeobachtung anzubieten.

Eine solche Erweiterung des Beratungssettings erfordert grundlegende Veränderungen im (Selbst-)Verständnis von Beratung auf der einen und der Rollen von Ratsuchenden und Beratern auf der anderen Seite. In den einschlägigen Fachdiskursen ist den damit einhergehenden Veränderungen bisher eher wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden.

Dieses Buch versteht sich als ein Beitrag dazu, diese Diskussion anzuregen. Nach einem einleitenden Teil bietet das 2. Kapitel eine kurze Übersicht über die Kernelemente professioneller psychosozialer Beratung im Allgemeinen. Die weitere Darstellung geht der Frage nach, wie aus problematischen Erfahrungen von Klienten Problemgeschichten werden, die dann die Themen von Beratungen bilden.

Im 3. Kapitel werden die Wege untersucht, die vom erzählten Problem zum beobachteten Problem beschritten werden können. Es werden wesentliche methodische Grundfragen und Grundlagen beobachtungsgeleiteter Beratung beschrieben. Beobachtungsgeleitete Beratung erweist sich als ein eigenes professionelles Genre, das zwar an viele bewährte und Beratungs- und Gesprächsführungsprinzipien anknüpft, an entscheidenden Punkten aber darüber hinausführt. Dabei wird insbesondere das Verhältnis zwischen Beobachtungen und den Geschichten und Erfahrungsberichten »über« die Beobachtungen betrachtet.

Im 4. Kapitel werden die Modellvorstellungen und Hintergrundkonzepte beobachtungsgeleiteter Beratung am Beispiel der Marte-Meo-Methode, der derzeit wohl bedeutsamsten videobasierten Beratungsform, verdeutlicht. Hier gilt ein besonderes Augenmerk den Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten, die entwicklungsunterstützende Dialoge allen daran Beteiligten eröffnen.

Das 5. Kapitel gibt einen Überblick über die Methode beobachtungsgeleiteter Beratung. Dabei steht das konkrete Vorgehen – Vorklärung, Videobeobachtung, Videointeraktionsanalyse und Videoberatung – im Fokus des Interesses. Einzelne Beispiele aus der beobachtungsgeleiteten Erziehungs- und Familienberatung illustrieren die methodischen Kernaspekte.

In Anhang finden sich Orientierungshilfen für Vereinbarungen über beobachtungsgeleitete Beratungen und zur Erstellung von Videointeraktionsanalysen bei bestimmten Klientengruppen und Fragestellungen.

2 Kernelemente professioneller Beratung

Beratung kann unter formalen oder inhaltlichen Gesichtspunkten betrachtet und diskutiert werden. Die nachstehende Darstellung hebt formale Aspekte hervor, die für Beratung im Allgemeinen, also sowohl für konventionelle wie für beobachtungsgeleitete Beratungen, gelten.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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