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Die Beschäftigung mit existenziellen Fragen, das Sich-einlassen mit Herz und Verstand auf den christlichen Glauben, seine Kraft und Schönheit zu entdecken, ist für mich mit das faszinierendste, das mich nicht mehr loslässt. Die folgenden Texte stammen aus Aufzeichnungen, die bei meinem Suchen und Finden als interessierter, sogenannter Laie entstanden sind. Franz Ehrwald
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
I. Das Wunder der Schöpfung - drei Versuche einer Annäherung an ein Geheimnis
Erster Versuch 1. Das Universum
2. Der Urknall
3. Von nichts kommt nichts
Zweiter Versuch 1. Der schöpferische Urgrund allen Seins
2. Das Universum und das Leben sind keine Zufälle
3. Der uranfängliche, absolute Ursprung ist auch eine bewusste, personale Wirklichkeit
4. Gott ist schöpferische Lebenskraft
Dritter Versuch 1. Unser Leben und Bewusstsein sind keine "High-End-Produkte" unserer Körper- und Gehirnzellen
2. Gott lässt sich in unserem Leben finden
II. Jesus Christus, der Weg, die Wahrheit und das Leben 1. Jesus Christus ist eine besondere Herabkunft Gottes, eine göttliche Inkarnation. Er ist eines Wesens mit Gott, unserem Vater.
2. Jesus Christus - wahrer Gott und wahrer Mensch
3. Gott kommt immer selbst im Menschen Jesus
4. Das Selbst-Verständnis Jesu als der verheißene Erlöser
5. Jesus unterscheidet bei seinen Selbstzeugnissen und Wundern die Geister
6. In Jesus Christus wird Gott für uns be-greifbar und berührbar
7. Jesus Christus der gute Hirte
8. Die göttliche Vollmacht Jesu
9. Den "historischen" Jesus als den erkennen, in dem Gott selbst gekommen ist
10. Dem Menschen Jesus war seine göttliche Wesensnatur nicht verborgen
11. Jesus und die Torah
12. Das Wort vom Kreuz
13. Von der Auferstehung Jesu
III. Jesus Christus unser Erlöser 1. Gott war nie unversöhnt
2. Die Gemeinschaft Jesu mit unseren Leiden
3. Jesus Christus hat die negative Rückwirkung unserer Verfehlungen auf sich genommen
4. Jesus Christus - Erlöser aller Menschen
5. Noch ein Wort vom Kreuz
IV. Jesus Christus - das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet 1. Wir sind alle auf Ihn hin geschaffen
2. Der Mensch ist Ebenbild Gottes
3. Jesus Christus - das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet
4. Im "Gericht" geschieht Heilung und Befreiung
V. Mensch sein – das Menschenbild der Bibel 1. Der Mensch ist weit mehr als nur ein biologisches Wesen
2. Wir sind aus dem Garten Gottes, aus Eden
3. Der tagtägliche Sündenfall
4. Jesus Christus - der wahre Weinstock
5. Unser Einssein ist eine erfahrbare Tatsache
6. Von der Gotteskindschaft und der Taufe
7. Wir haben Anteil an der göttlichen Natur des Sohnes und werden ihm gleichgestaltet
8. Gottes Therapie: In Jesus Christus versöhnt uns Gott mit uns selbst
VI. Über den Umgang mit Leid 1. Schmerzhafte Gefühle werden durch das "Denkkarussell" verstärkt
2. Inmitten des Leids passiv zu verharren, kann seine Auflösung bewirken
3. Innere Wandlung - wirkliches Verzeihen
4. Traumatisierende Erfahrungen
5. Ein Fazit
VII. Vom Beten und der Meditation 1. Herr lehre uns beten
2. Sich regelmäßig Zeit nehmen
3. Gegenwärtig sein
VIII. Vom Loslassen und Sterben 1. Herr lehre uns zu bedenken, dass wir sterben müssen
2. Wenn (einst) unser letzter Tag kommt...
3. Tod wo ist dein Schrecken?
IX. Von der Gottesliebe 1. Die Freude am Schönen, Wahren und Guten ist eigentlich Freude an der gestaltlosen göttlichen Schönheit
2. Die Hinwendung zu Gott auch um seiner selbst willen
3. Wer Gott von ganzem Herzen sucht, von dem will er sich finden lassen
IX. Von der Nächstenliebe 1. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst und als dich selbst
2. Sich wehren lernen
X. Von der einen Eucharistie Die Eucharistie und das Abendmahl sind keine "leeren" Zeichen
XI. Über die katholische Kirche 1. Warum ich in die katholische Kirche gehe
2. Warum werden unsere Kirchen immer leerer?
3. Formale und tiefergehende Kirchenmitgliedschaft
4. Überlegungen zum Priestermangel in der katholischen Kirche
5. Frauen als Diakoninnen und Priesteramt für Frauen!
6. Anmerkungen zum Kommunionempfang wiederverheirateter Geschiedener
7. Von der Marienverehrung
XII. Von der Ökumene 1. Ökumene - die Einheit von innen her sehen
2. Das Einssein ist uns bereits gegeben
3. Die apostolische Nachfolge ist bei den Kirchen der Reformation gegeben
4. Über das katholische Amtsverständnis
5. Die anderen Jünger Jesu
6. Der eine Hirte und die eine Herde
7. Die katholische Priesterweihe und die evangelische Ordination sind in der Eucharistie und im Abendmahl vereint
8. Die Eucharistie- und Abendmahlsgemeinschaft
XIII. Von falschen geistlichen Autoritäten und fehlgeleitetem Glauben
XIV. Ausblick: Die von neuem geborene Schöpfung – Hoffnungsbilder und Verheißungen der Bibel
Impressum
Wer an Gott glaubt und sich ihm anvertraut, findet in seinem Leben Ruhe, innere Kraft und viel Freude (nach Johannes 12,25). Wer nur auf sich selbst fokussiert ist, sich nur um sich selbst dreht, gerät immer wieder in eine Sackgasse und verpasst etwas Wesentliches.
Die Beschäftigung mit existenziellen Fragen, das Sich-einlassen mit Herz und Verstand auf den Glauben an Jesus Christus und an Gott - und dass man dabei auch über den eigenen Zaun schaut und so den eigenen Blick weitet und schärft - ist für mich mit das Faszinierendste, das mich nicht mehr loslässt.
Die folgenden Texte stammen aus Aufzeichnungen, die bei meinem Suchen und Finden von Halt und Orientierung als interessierter, sogenannter Laie entstanden sind. Sie wurden bereits im Mai 2023 als Ebook und im März 2024 als Buchausgabe veröffentlicht. Das Buch und das Ebook werden nun in einer durchgesehenen und verbesserten Fassung unter dem jetzigen Titel erneut herausgegeben. Die aus meiner Sicht notwendigen oder hilfreichen Wiederholungen wollen unterstreichen, dass “der Glaube von Wiederholungen lebt“ (Anselm Grün) und dass jedes Kapitel auch für sich steht.
Die Darlegungen und wiedergegebenen Bibelstellen zeigen, dass in Jesus Christus die große Fülle des göttlichen Lebens selbst sichtbar geworden ist und wir uns in ihm finden können. Möge Sie die Anzahl der Bibelstellen anregen, hin und wieder die Bibel zum Nach-lesen einzelner Bibeltexte auch selber in die Hand zu nehmen.
Mögen Sie an der Freude, der Kraft, an der Schönheit und an dem Reichtum des christlichen Glaubens teilhaben oder seine Schätze ganz neu entdecken und für Ihren eigenen Weg von dem berührt werden was hinter den Worten ist!
Mein herzlicher Dank gilt an dieser Stelle meinen Freunden Andreas, Michael und Peter für die hilfreichen Hinweise bei der Durchsicht der Texte sowie den Inhabern von Urheberrechten für die Abdruckerlaubnis einzelner Textstellen.
Franz Ehrwald, im Februar 2025
(Jahrgang 1954, Diplom-Verwaltungswirt (FH), arbeitete bis 2018 in öffentlichen Verwaltungen in Bayern)
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Titelbild: Auferstehungskreuz, Exerzitien-Haus Werdenfels, 93152 Nittendorf
Foto: Franz Ehrwald
Mit der Entstehung unserer wunderbaren Erde voller Leben und des Menschen mit seinen großartigen Fähigkeiten hat sich ein in diesem Universum wirkendes, enormes schöpferisches Potential und eine sich darin ausdrückende, außerordentliche Intelligenz und Ordnung, an einem einzigartigen Ort des Weltalls gesammelt, gebündelt und ist - wie aus dem Nichts - offenbar geworden. Anhand von Gegebenheiten wird versucht, gleichsam flussaufwärts sich dem Quellgrund, sich der dem Ursprung der Schöpfung und allen Lebens zugrundeliegenden Wirklichkeit anzunähern.
Als am 24. Dezember 1968 die Apollo 8-Rakete den Mond umkreiste, sahen die Astronauten die Erde über dem Mondhorizont aufgehen - in Wolken gehüllt, leuchtend wie ein wunderbarer Diamant im Blau der Ozeane. Die Astronauten waren von diesem Anblick überwältigt und tief ergriffen.1
Unsere Erde - dieser herrliche, lebendige "Garten Eden" in der Weite und stillen Unendlichkeit des Universums,2 voller Wunder, außerordentlicher Schönheit und großer Verletzlichkeit - ist der Ursprung und die Heimat alles uns bekannten Lebens. Sie hat einem Umfang von etwa 40 Tausend Kilometern. Die Erde dreht sich mit einem Neigungswinkel von 23,27 Grad in äußerster Präzision in 24 Stunden einmal um ihre eigene Achse, das sind am Äquator 1.666 Kilometer pro Stunde. Sie kreist (besser: saust) in ebensolcher Präzision mit unvorstellbaren, schier unglaublichen 107 Tausend Kilometern pro Stunde! um die Sonne in Ellipsenform in einem Jahr in einer mittleren Entfernung von etwa 149,6 Millionen Kilometern. Die jährliche Erd-Umlaufbahn beträgt etwa 940 Millionen Kilometer.
Die Sonne ist ungefähr 1,3 Millionen mal größer als die Erde. Sie besteht aus 92 % Wasserstoff, 7,8 % Helium und weiteren Elementen. Das Licht, das in der Sekunde 300 Tausend Kilometer zurücklegt, braucht von der Sonne bis zur Erde acht Minuten. Ein Lichtjahr sind 9,5 Billionen Kilometer.
In unserem Sternensystem, der Milchstraße, einer Galaxie mit einem größten Längs-Durchmesser von etwa 100.000 bis 200.000 Lichtjahren sowie einer Dicke von etwa 3.000 bis 16.000 Lichtjahren, befinden sich möglicherweise 100 bis 200 Milliarden der Sonne vergleichbare Sterne. Und im Zentrum unserer Galaxie ist ein sogenanntes "Schwarzes Loch" mit einer Masse von etwa 4,1 Millionen Sonnenmassen.
Mit unseren heutigen Teleskopen können wir Sterne in bis zu 13,5 Milliarden Lichtjahren Entfernung wahrnehmen. Insbesondere das um die Erde kreisende Hubble-Weltraum-Teleskop hat uns phantastische Bilder von Sternenansammlungen geliefert. Die bislang detailreichsten Bilder auch aus dieser Entfernung oder von noch weiter weg kommen nun seit Juli 2022 von dem „James Webb“-Teleskop. In diesem unermesslichen Universum gibt es unzählige der Milchstraße vergleichbare Galaxien und auch Riesensterne mit einer vielfachen Masse und Helligkeit unserer Sonne.
Wer vermag die Myriaden von Sternen zu zählen?
Außerdem gibt es vermutlich mindestens so viel diffus verteilte, nicht leuchtende, unsichtbare, feinstoffliche Masseteilchen ("dunkle Materie"), als es Masse in den Sternen gibt (Quelle: Internet und Allgemeinwissen).
Vgl. dazu das Photo „Earthrise“ („Erdaufgang“) und die Zitate von Astronauten in: „Overview-Effekt“ bei Wikipedia. Siehe dort auch das schöne Photo „Blue Marble („Blaue Murmel“, „Der blaue Planet“) der Apollo 17-Besatzung vom 7. 12. 1972 aus einer Entfernung von rund 29.000 km.↩
Es gibt ein berührendes Foto von der Erde als einen winzigen Licht-Punkt von der Raumsonde Voyager 1 aus dem Jahr 1990 aus einer Entfernung von ca. sechs Milliarden Kilometern mit dem Namen „Pale Blue Dot“ (Blasser Blauer Punkt) – siehe Internet.↩Nach dem sogenannten "Urknallmodell" (englisch: „Big Bang“) habe es vor circa 13,8 Milliarden Jahren eine "Singularität" mit einem Zustand extrem hoher Energiedichte gegeben, aus der heraus in einem Schöpfungsmoment alle Energie und Materie ihren Ursprung genommen habe und ins Dasein getreten sei. Hierbei habe sich binnen weniger Sekundenbruchteile (10-¹⁹ sec) diese uranfängliche, enorme Energie als alle Materie bildenden, subatomaren Elementarteilchen manifestiert.
Diese Elementarteilchen vereinten sich sodann zu sogenannten Protonen, Neutronen und Elektronen. Diese wiederum manifestierten sich in den extrem hohen Temperaturen und dem extrem hohen Druck zu Wasserstoff- und Heliumatomen. Darauf aufbauend bildeten sich im Laufe der Zeit nicht eine einheitliche uniforme Masse, sondern die bisher bekannten 118 unterschiedlichen Atome oder chemischen Elemente.
“Die Mischung aller Elemente, wie wir sie heute zum Beispiel auf der Erde finden, ist erst im Laufe der Jahrmilliarden in Sternen entstanden, durch Supernovaexplosionen immer wieder ins All versprüht worden, sodass dann immer wieder neue Sterne entstehen konnten” (Anna Frebel).1
Diese ursprüngliche, einförmige Energie aus dem "Urknall" oder besser: Uranfang, hat in dem jeweiligen chemischen Element also lediglich jeweils eine andere materielle Erscheinungsform, jeweils eine andere materielle Struktur angenommen. Alle subatomaren Teilchen, alle Atome, alle Moleküle und damit alle Materie sind aus dieser einzigartigen Energie "gewebt" und haben darin ihren Bestand. Das ist schon das erste Wunder: Wie ist es dieser nicht-materiellen Energie möglich, als unterschiedliche, subatomare Masseteilchen in Erscheinung zu treten? Wie kann sie Masse sein und sich als 118 chemische Elemente manifestieren?
Der Ozean kann ohne die Wellen sein, nicht aber die Wellen ohne den Ozean. Diese uranfängliche Energie aus dem Urknall kann ohne diese materiellen Manifestationen sein, aber jegliche Materie nicht ohne diese ursprüngliche Energie. In ihr haben alle auflösbaren chemischen (materiellen) Elemente ihre nicht-materielle Grundlage. Diese Energie ist in aller Materie dynamisch in Aktion. Sie geht allen materiellen, anorganischen und organischen, lebenden Systemen voraus und erhält sie jeden Augenblick. Denn: „Es gibt keine Materie an sich“ (Max Planck).2
Das was wir als feste Körper „begreifen“ können, ist nicht reine Materie. Die ganze uns im Universum umgebende materielle Wirklichkeit, von den kleinsten subatomaren Teilchen bis zu den größten Galaxien mit ihren unzähligen Sternen, unsere Sonne, unsere Erde, wir alle, sind somit keine abgetrennten, isolierten, einzelnen Objekte.
Sondern das ganze sichtbare und unsichtbare Universum ist so gesehen gleich Wellen auf dem Ozean auf der Subjekt-seite und eins mit jener uranfänglichen, unermesslichen Energie aus dem Urknall, ein einziges, kreatürliches, "ewiges Subjekt". Unsere Erde als Ganzes hat in ihr ihren nicht-materiellen Bestand. Unserer Welt, unserem Universum, liegt daher eine tiefe Einheit und Komplexität zugrunde.
Auch durch die im Jahr 1900 von Max Planck entwickelte Quantenphysik beginnen wir mit unseren Sinnen und unserem Verstand dieses wunderbare Ganze so nach und nach zu verstehen. Doch vieles davon entzieht sich immer noch unserem Begreifen.
Noch ein weiteres Natur-Wunder und eine lebens-notwendige „Erfindung“ von vielen: Zwei Teile Wasserstoffatome und ein Teil Sauerstoffatome - zwei unsichtbare, brennbare Gase - haben sich in eins verbunden und sind zu einer sichtbaren, nicht-brennbaren Flüssigkeit geworden, die wir "Wasser" (H₂O) nennen. Wasser macht erst alles biologische Leben hier auf der Erde möglich. Sehr viel Wasser stammt vermutlich aus Wassermolekülen, die in der heißen Erdmasse in Kristallen aufgrund früherer Zusammentreffen mit großen Eismassen, gebunden waren. Dieses Wasser hat sich dann bei der Ausformung der Erde vom glühenden Erdmantel als Wasserdampf gelöst, ist nach und nach abgekühlt und hat sich angesammelt.3
Vermutlich stammt weiteres Wasser auch von riesigen Eis-und Staubklumpen am Rande unseres Sonnensystems. Daraus haben sich Teile gelöst und Kurs Richtung inneres Sonnensystem genommen – wie heißt es doch in einem Lied: „Brüder zur Sonne, zur Freiheit!“ (Hermann Scherchen). So ist eine Vielzahl großer Eismassen auf die noch heiße Erde herabgestürzt, um so miteinander in eins zu verschmelzen. Dadurch haben sie zur Abkühlung der Erde sowie mit dem bereits vorhandenen Wasser zu den Bedingungen bei der Entstehung der Uratmosphäre und der „Ursuppe“ beigetragen. Diese Bedingungen waren für die Entwicklung des biologischen Lebens in seiner schier unendlichen Vielfalt hier notwendig. Circa 71 % der Erde sind mit Meer bedeckt, "stehen unter Wasser".
Und so ist aus der, gleich einer Kartoffel unförmigen Erde,4 (zufällig?) eine wunderbare Kugel geworden.
"Bei der Beschreibung des Anfangs versagen all unsere physikalischen Gleichungen. Die Wahrheit ist: Wir können über die Geburt des Universums keine seriösen Aussagen treffen - geschweige denn darüber, was vor dem Beginn der Zeit war" (Sabine Hossenfelder). 1
Im Ursprung aller Schöpfung war nicht das "Nichts", sondern: "Im Ursprung war das göttliche Schöpferwort, der Logos, und das WORT war bei Gott, und Gott war das WORT. Alles ist durch das schöpferische WORT geworden, und ohne das WORT wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben...". Das Leben allen Lebens (vgl. Johannes 1,1-4; Genesis 1,1 folgende).
Auch wenn es in diesem Universum einen sogenannten Urknall, einen derartigen Uranfang, gegeben haben mag - dafür spricht die sogenannte kosmische Hintergrundstrahlung, die immer noch gemessen werden kann - bleibt doch die interessante und wesentliche Frage:
Was war eigentlich vor dem Schöpfungsgeschehen des "Big-Bang"? Woher kommt diese unermessliche Energie, die sich aus einer enormen Energiedichte heraus, in dem Sinne von nicht-materiell, jenseits aller Zeit und Relativität, in einer möglicherweise gigantischen Urexplosion in diesem unfassbaren Ausmaß an sichtbarer (und unsichtbarer) Materie in Sternen und Galaxien in dem uns (bisher) bekannten Weltall manifestiert hat? Wie konnte sie ins Dasein treten?
Wenn diese ursprüngliche, sich in allen 118 chemischen Elementen manifestierende Energie, einfach so, also zufällig aus „Nichts“ entstanden wäre, sich sozusagen aus Null-Komma-Null Energie selbst erzeugt und vervielfacht hätte, müsste diese Möglichkeit, dass Energie aus nicht vorhandener Energie entstehen kann, überall im Universum gelten. Dann müsste es folglich auch bei uns, in diesem winzigen Teil des Welt-Raums möglich sein, auch jede andere Art von Energie zumindest aus bereits vorhandenen kleinsten Energiequellen nicht nur zu erzeugen, sondern auch zu vervielfachen.
Aber wir vermögen ja nicht einmal unsere alltägliche Verbrauchs-Energie aus „Nichts“ zu erzeugen. Das würde unsere Energie-Probleme im Handumdrehen lösen. Doch das ist offensichtlich physikalisch nicht möglich. Warum nicht? Weil eine Energiequelle nicht dazu verwendet werden kann, daraus mehr Energie zu gewinnen, als dort im Potential vorhanden ist (man kann höchstens den Wirkungsgrad der Energieausnutzung verbessern). Das bedeutet, dass die freiwerdende Energie sich nicht durch Kettenreaktion immerfort, also unbegrenzt, selber weiter erzeugen kann. Es gibt kein Perpetuum Mobile.
Da es hier bei uns in diesem “Welt-Raum-Abschnitt” auf der Erde völlig unmöglich ist, zum Beispiel aus einer bestimmten Menge vorhandener Uran- oder Wasserstoff-Atome durch Kernspaltung oder Kernfusion unbegrenzt Energie zu erzeugen, ist es logischerweise nirgendwo im Universum möglich. Dieses Gesetz gilt im ganzen Weltall.
Demzufolge ist es erst recht nicht möglich, dass durch den "Urknall" aus „Nichts“, aus Null Energie - einfach so, also zufällig - diese uranfängliche und seit Milliarden von Jahren bestehende, enorme Energie entstanden sein soll. Diese ist ja – wie bereits ausgeführt - von Anfang an die masselose Grundlage aller Materie im Universum, in ihr hat alle Materie ihren Bestand – auch unsere Körper.
Ein materialistisches Weltbild, das nur beim Materie-sein stehen bleibt, glaubt (dennoch), dass alles zufällig aus "Nichts" entstanden sei. Der “gläubige” Verstand kommt hier an seine Grenzen und nennt es deshalb "Zufall". Ein solcher Zufalls-Glaube ist jedoch ein unreflektierter Glaube. Das sogenannte "Nichts", das heißt, das was man sich darunter vorstellt, hat in sich keine Energie. Wo nichts ist, bewegt sich nichts und keine Energie kann aus sich selbst heraus entstehen. Es gibt keine Schöpfung aus „Nichts“. Die gedanklich-gefühlsmäßige Assoziation, die man mit diesem Wort verbindet, ist nur eine (philosophische) vage Vorstellung über das „Nichts“ innerhalb des eigenen Denkhorizonts. Aber jenseits dieses Wortes und der damit verbundenen Assoziation ist eine Andere Dimension, ist eine große schöpferische Fülle, aus der heraus dieses Weltall ins Dasein gekommen ist.
Ein Fazit:
Einer zufälligen Entstehung des Universums durch einen sogenannten Urknall steht daher entgegen, dass keine Kraft oder Energie weder hier noch woanders im Universum einfach so aus „Nichts“ entstehen kann, sich nicht selbst aus nicht vorhandener Energie erzeugen und vervielfachen kann. Es ist eine physikalische Unmöglichkeit, die im ganzen Weltall gilt.
„Im Ursprung war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Ursprung war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das (schöpferische) Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben“ (Johannes 1,1-4).
Ohne eine tiefere Ursache hätte es keine Wirkung gegeben, das heißt, keinen sogenannten Urknall und keine Schöpfung. Was war also eigentlich vor diesem Uranfang?
Da diese immense, nicht-materielle Energie, die im "Big Bang" in Erscheinung getreten ist, nicht einfach zufällig aus „Nichts“ entstanden sein kann, muss sie daher im Urbeginn da gewesen sein. Aber wo hat sie dann ihre Ursache? Diese uranfängliche Energie muss aus einer unendlichen, unermesslichen, unerschöpflichen Energie-Quelle kommen, also aus einem zeitlosen Potential, das vor dem "Urknall", am Anfang vor allem Anbeginn des Universums bereits da gewesen sein muss. Diese Annahme liegt nicht außerhalb der Vernunft.
Woher kommt dann diese totale Energiequelle? Wo hat diese Ursache ihre Ursache? Man könnte sagen, sie kommt wiederum aus einer noch höheren Dimension und so weiter und so weiter. Diese Frage dreht sich im Kreis und übersteigt unser Vorstellungsvermögen.
Dieser zeitlose, unveränderliche Urgrund, aus dem über den Uranfang alle Energie und sodann alle Materie herkommt, ist vor dem "Urknall" immer schon da gewesen, ohne Anfang (in Raum und Zeit) und daher ohne Ende (in Raum und Zeit). Da diese Wirklichkeit vor dem Beginn aller Schöpfung war, ist sie ewig, ursachlos, unzerstörbar, jenseits allen Maßes und daher absolut. Absolut meint, dass es darüber hinaus nicht noch etwas Höheres geben kann. Dieses Unermessliche ist das, was wir – um es zu begreifen – „göttlich“, „Gott“, nennen - und es ist in unserem Leben erfahrbar. Dieses Ewige umfängt und trägt das ganze Universum in sich.
In diesem unerschöpflichen Ur-Grund, der sich im unermesslichen Universum nicht erschöpft hat, hat die ganze enorme Energie aus dem sogenannten Big-Bang ihren Ursprung und alle aus ihr entstandene Materie ihren atomaren Bestand. Es gäbe keine Entstehung unseres Sonnensystems und unserer Erde. Es gäbe auch kein Leben und keine immateriellen, genetischen Ur-Informationen, die für jede weitere Entwicklung und Entfaltung allen Lebens in seiner großen Vielfalt notwendig sind.
Wie vorhin bereits dargelegt, ist das ganze sichtbare und unsichtbare Universum gleich Wellen auf dem Ozean jener uranfänglichen, unermesslichen Energie aus dem Absoluten ein einziges, kreatürliches, "ewiges Subjekt", das „als Geschaffenes … in die Selbständigkeit eines für sich bestehenden, eigenen nichtgöttlichen Seins gesetzt ist“ (Joseph Ratzinger).1 Die ganze Schöpfung ist geborgen in zeitloser Ewigkeit, geborgen in Liebe, die alles umfängt und die Gott ist: "Denn in allem ist dein unvergänglicher Geist" (Weisheit 12,1). „Bin nicht ICH es, der Himmel und Erde erfüllt?“ (Jeremia 23,24).
Joseph Ratzinger, Gesammelte Schriften (JRGS), Band 11, S. 292, Freiburg i. Breisgau 2008↩
Albert Einstein, Mein Weltbild, Hrsg. von Carl Seelig, Frankfurt/M, August 1983, S. 10+18.↩
Dass dieser unveränderliche, absolute Urgrund, Gott, aus dem alles Leben hervorgegangen ist, von Anfang an in der Schöpfung gegenwärtig ist und wirkt, wird in schöner, poetischer Sprache im Schöpfungsbericht der Bibel ausgedrückt:
"Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und leer, Finsterns lag über der Urflut, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern und sprach: „Es werde…“.
Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde: Gott formte den Menschen aus (anorganischen, toten) Erdboden vom Acker und hauchte ihm den Atem seines Lebens ein, seinen unsterblichen Geist; so wurde der Mensch zu einem lebendigen und bewussten, Geist be-gabten Wesen“ (frei nach Genesis 1,26-27; 2,7).
Es bedurfte (daher) hier auf der Erde nicht erst der Entwicklung menschlichen Lebens und Bewusstseins in "irdenen Gefäßen", damit sich durch uns diese Welt, dieses Universum oder gar dieser göttliche Urgrund seiner selbst bewusstwerden kann. Denn wenn diese „höhere Denkkraft“ (Albert Einstein) zuerst alle Energie, Materie, alle genetischen Ur-Informationen und dann auf der materiellen Ebene auch Leben und Bewusstsein hervorbringen kann, dann musste “also hierfür bereits ´Leben´ vorhanden gewesen” sein (Frederic Vester, s. o.): Dann ist dieses Absolute, Gott, erst recht auch in sich selbst Leben und Bewusstsein.
„Denn nicht ein personales Gegenüber ist der Urgrund des Seins, sondern alles entsteht aus einer nichtrationalen Potenz“ (Willigis Jäger).1 Diese These halte ich für unzutreffend, denn dieser „Urgrund des Seins“, diese „nichtrationale Potenz“ ist seiner/ihrer Natur nach seiner/ihrer selbst gewahr. Niemand kann für eine solche Aussage dieses Ewige, das alles Begreifen völlig übersteigt (vgl. 1. Korintherbrief 2,9), mit der bloßen Beschaffenheit seines eigenen Geistes als ein davon getrennter Beobachter erfahren, so wie man durch ein Mikroskop oder auf den Sternenhimmel schaut.
Man kann dann zwar philosophisch etwas über, aber nichts von dem Inneren dieses „Unerforschlichen“ (Albert Einstein) erkennen, also etwas von Gott, außer durch den Geist Gottes: "Denn uns hat es Gott enthüllt durch seinen Geist. Sein Geist ergründet nämlich alles, auch die unermessliche Tiefe der Göttlichen Wirklichkeit, den Urgrund seines Seins. Wer kennt das Innere des Menschen außer dem Geist, der im Menschen ist. Ebenso kennt auch niemand das Innere Gottes, als nur der Geist Gottes. (Das bedeutet: Gott ist seiner selbst gewahr und erkennt sich selbst in seinem Geist). Wir (aber) haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott stammt. Damit können wir das erkennen, was wir von Gott empfangen" (vgl. 1. Korintherbrief 2,10-12). Denn nur „in seinem Lichte sehen wir das Licht“ (Psalm 36,10). Dies kann uns in den verschiedensten Lebenslagen und in Gebet und in der Stille vor Gott zuteilwerden.
Dieses „unendlich geistige Wesen höherer Natur“ (Albert Einstein) offenbarte sich dem Mose in einem Dornbusch, der brannte und sich doch nicht verzehrte. Mose durfte wohl die Energie-Seite des Dornbuschs erkennen und durfte inmitten dieses Geschehens die Gegenwart jener zeitlosen, göttlichen Wirklichkeit erfahren, die sich ihm mit dem Namen "ICH bin der, der da ist, der ICH-BIN-DA", offenbarte (vgl. Exodus 3,2-14). Und das zeigt: Dieser Urgrund allen Seins, Gott, ist nicht eine bewusst-lose, „nicht-personale,nichtrationale Potenz“, sondern erkennt sich selbst durch seinen Geist, „weiß sich selbst“ (Verf. unbekannt), ist seinem Wesen nach Seiner-Selbst-Gewahrsein, ist unermessliches, reines, sich selbst erkennendes Bewusstsein.
Aber wie kann dieses Absolute, dieses Unfassbare wissen, dass es da ist? Wie kann dieses Ewige, dieses Unsagbare wissen, dass es seiner selbst gewahr ist, dass es also ein Bewusstsein seiner selbst hat?
Wie kommt ihm zu Bewusstsein, dass es sich selbst weiß als „ICH bin“? ? Was ist das für eine Identität, die sich selbst begreift, die ihrer selbst gewahr sein kann? Dieses Absolute, hat sich im brennenden Dornbusch als eine bewusste Selbst-Identität geoffenbart. Da dieses Unermessliche, Gott, seiner selbst gewahr ist als ICH BIN DA,ist es gerade deshalb auch eine personale Wirklichkeit, die alles umfängt. Das erklärt sich aus sich selbst. Es ist „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet und in Jesus Christus in die Welt gekommen ist“ (vgl. Johannes 1,9).
Auch dem Menschen als sein Ebenbild hat Gott verliehen, sich selbst im Licht des Lebens als „Ich bin“ zu erkennen. Auch für uns gilt: Woher weiß unser Bewusstsein, dass es sich selbst wahrnimmt, dass es da ist? Die sogenannte Künstliche Intelligenz (KI) hat keine bewusste Identität ihrer selbst, sie ist nicht beseelt, sie hat keinen Begriff von dem, was sie tut: sie ist bewusst-los. Sie ist „ein statistisches Hochleistungswerkzeug, das niemals Bewusstsein erlangen kann“ (Prof. Miriam Meckel, Der Spiegel Nr. 10/10.02.2024, S. 90).
Auch unsere Fähigkeit, unserer selbst bewusst zu sein, ist personale Identität. Der Unterschied: Unser Person-sein ist individuell, die Personalität Gottes, sein ICH-BIN-DA, ist über-individuell, die die ganze Schöpfung umfängt, weil sein Zentrum raumlos und daher überall ist.
Gott ist uns ein personales Du, aber nicht ein von uns getrenntes Gegenüber. Sondern er hat sich mit uns verbunden, uns seinen göttlichen Lebensatem, seinen Geist in unser Herz gegeben, aus dem unser Leben geboren ist: Er in uns und wir in ihm.
Um uns diese zeitlose, göttliche, personale Wirklichkeit, die Gott ist, in einem menschlichen Maß verständlicher, vertrauter, be-greifbarer zu machen, nennen wir Gott, auf dem Hintergrund des jüdischen und christlichen Glaubens vertrauensvoll auch „Jahwe“,"Vater", "Dreifaltiger oder Dreieiner Gott”, "Geist Gottes", "Heiliger Geist", "Herr", "Reich Gottes", "Himmelreich", aber auch "Mutter". Mit diesen Worten verbinden unzählige Menschen alles Heilige, alle Hoffnung, Liebe, Gottvertrauen, Vergebung, Ruhe und Frieden, ewiges Leben, Unsterblichkeit. Mit Gott kann man in eine innige persönliche, liebevolle, heilende Beziehung treten und sich in Ihn hineinfallen lassen. Dazu lädt er uns auch ein. Das ist von ihm „auch ausdrücklich gewünscht“ (Marianne Schlosser).
Dass diese alles umfangende Liebe in unserer Welt zugegen und wirksam ist, ist in Jesus von Nazareth auf eine ganz besondere Art und Weise sichtbar geworden, in seinem Leben, in seinem machtvollen, heilenden Handeln und in der Hingabe seines Lebens: Denn Jesus Christus „istdas Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ (Kolosserbrief 1,15) in seiner unmittelbarsten und reinsten Form: „Wer MICH gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (vgl. Johannes 14,9b). Denn „der Sohn tut alles, was er den Vater tun sieht und was dieser tut, das tut in gleicher Weise auch der Sohn“ (vgl. Johannes 5,19).
Da ist nicht irgendein ferner Gott, der über der Schöpfung thront, alles bestimmt und wie ein Buchhalter die Guten belohnt und die Bösen bestraft. Ein solcher "Gott", geschaffen nach unserem Bild, nach unseren Projektionen, existiert nicht. Leider wurde und wird das Bild eines strafenden Gottes immer wieder von unwissenden Menschen missbräuchlich verwendet, um Menschen zu disziplinieren und zu moralischem Verhalten anzuhalten. Im Namen Gottes wurde und wird Menschen immer noch Angst und großes Leid zugefügt.
Verwenden wir das Wort Gott daher nur in seinem ursprünglichen, lauteren, reinen Wortsinn! Denn ER ist ein alles umfangendes, überindividuelles, göttliches, personales, schöpferisches, liebendes ICH bin da. Weil er raumlos ist, ist sein Zentrum überall.
Und wenn für jemand das Wort „Gott“ nichts bedeutet, wenn er/sie damit (noch) nichts anfangen kann, weil er/sie nicht gläubig ist? Das heißt, mit der Assoziation, mit dem inneren Bild und Gefühl, das dieses Wort bei ihm/ihr auslöst? Dann kann an seine Stelle auch das Wort Liebe treten, denn dieses Ewige, Gott, ist Liebe (vgl. 1. Johannesbrief 4,7-8). Jeder Mensch ist Ebenbild Gottes und daher zur Liebe fähig und zu Handlungen, die von solidarischer, uneigennütziger, selbstloser Liebe getragen sind (vgl. 1. Korintherbrief 13,4-8), unabhängig davon, ob er gläubig ist oder nicht. Und Liebe ist die Ursache aller Schöpfung, denn die Schöpfung ist nicht zufällig geschehen. Jedes einzelne Atom unseres Leibes ist geworden: "Bei euch aber sind sogar die Haare eures Hauptes alle gezählt" (vgl. Matthäus 10,30; Lukas 12,7). Diese Liebe aus dem Ursprung ist auch uns ins Herz gelegt: "Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, durch seinen göttlichen Lebensatem, der uns gegeben ist" (vgl. Römerbrief 5,5).
Willigis Jäger, Geboren aus dem göttlichen Urgrund, Benediktushof Unterwegs, Rundbrief Nr. 3/2008.↩
"Im Ursprung war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Lebens-Licht der Menschen" (vgl. Johannes 1,1-4).
Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Die Erde war wüst und (völlig) leer: absolut leb-los, und der Geist Gottes, seine schöpferische Lebenskraft, schwebte über den Wassern und sprach: „Es werde…“ (frei nach Genesis 1,1).
Diese Leben spendende, uranfängliche Kraft, diese Liebe und Ordnung aus dem göttlichen Urgrund, der Geist Gottes, ist von Anfang an in der Schöpfung als "Gesetze des Lebendigen" (Frederic Vester), als das „Leben des Lebens aller Schöpfung“ (Hildegard von Bingen) gegenwärtig.
Aus diesem Schöpfer-Wort, wird alle Schöpfung ewig von neuem geboren, denn sie ist ein immerwährendes Geschehen: "...Dann sprach Gott: Das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen. So geschah es...Dann sprach Gott: Das Wasser wimmle von lebendigen Wesen, und Vögel sollen über dem Land am Himmelsgewölbe dahinfliegen...Dann sprach Gott: Das Land bringe alle Arten von lebendigen Wesen hervor. So geschah es.
Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde. Zum Bilde Gottes schuf er ihn. Gott formte den Menschen aus Erde vom Acker und hauchte ihm den Atem seines Lebens in seine Nase. …Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war - und es ist - sehr gut!" (in eigenen Worten frei nach Genesis 1,1 folgende; 2,7). "Die Erde ist voll der Güte des Herrn". "Betrachtet die Lilien des Feldes. Selbst Salomon in all seiner Pracht war nicht so gekleidet, wie eine einzige von ihnen" (vgl. Psalm 33,5; Matthäus 6,29).
Dieses „ICH bin da“ gilt im ganzen Weltall. In ihm ist das ganze Universum geborgen: „Stiege ich zum Himmel empor, (bis zur fernsten Galaxie), so bist du dort; lagerte ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. Nähme ich Flügel der Morgenröte und ließe mich nieder am Ende des Meeres, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten“ (Psalm 139,8-10). In diesem alles in sich tragenden, personalen „ICH bin da“, lebt alles, bewegt sich alles und ist alles (vgl. Apostelgeschichte 17,28). Gott ist immer da wo du und ich sind und in seiner Schöpfung all-gegenwärtig, ihr zugetan und mit ihr verbunden: „Bin nicht ICH es, der Himmel und Erde erfüllt?“ (Jeremia 23,24). Dieses unveränderliche, personale Höchste erhält alles; es hält die Welt im Innersten zusammen. Aus ihm ist unsere Lebenskraft und der alles Lebendigen geboren.
„Atem des Lebens“ ist ein anderes Wort für den Geist Gottes, für seine eigene, zeitlose Wirklichkeit; hebräisch: „die Ruach“. Es ist ein weibliches Wort, das die mütterliche, zärtliche Seite dieser Wirklichkeit ausdrückt: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“ (Jesaja 66,13). Durch die "Einhauchung" der „Ruach“ in den Menschen, ist diese göttliche Wirklichkeit von Anfang an in uns als unser innerster Quell-Grund gegenwärtig. So ist der Mensch von Anfang damit verbunden und hat damit Anteil an dieser unsterblichen Lebens-Kraft (vgl. Psalm 27,1). Der Mensch empfängt durch das "wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet" sein Lebenslicht und sein Bewusstsein, also auch die Fähigkeit, seiner selbst bewusst zu sein: "Bei dir ist die Quelle des Lebens und in deinem Lichte sehen wir das Licht" (vgl. Johannes 1,9; Psalm 36,10).
Bildlich gesprochen, gleicht daher die Menschheit von Anfang an einer ununterbrochenen Lichterkette, durch die der eine göttliche Lebensstrom, der eine Lebensatem fließt. Aus diesem Lebensstrom wird das Lebens-Licht eines jeden Menschen geboren und verbindet uns alle miteinander in eins auch über den Tod hinaus. Wir alle leben durch Gottes Leben.
"Wisst ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt?" (vgl. 1.Korintherbrief 3,16; 6,19). Auf den Geist Gottes, auf diese unbedingte, mitfühlende Liebe gründet sich unser Leben und hat in ihr seinen unzerstörbaren Bestand. "Wir wissen, dass wir aus Gott sind" (1. Johannesbrief 5,19). Diese Liebe macht uns auch selber liebesfähig.
"Nach dem Tod kommt nichts. (...) Ich glaube an nichts. Lebe dein Leben und denk nicht daran, was dann kommt, denn es kommt nichts" (Jean Marie Christo 1935-2020, Verhüllungskünstler).1
Für einen rationalen Menschen scheint es klar auf der Hand zu liegen, dass nach dem körperlichen Tod Denken, Fühlen und auch alles andere aufhört zu sein. Es scheint für ihn (noch) nicht nachvollziehbar zu sein, warum es außer unserem irdischen Leben noch etwas darüber hinaus Beständiges geben soll. Auch wenn man das Entstehen von biologischem Leben als bisher unerforschtes oder nicht hinreichend erforschtes Mysterium ansehe: Wenn das leibliche Leben ende, dann gelte das auch für alles, was damit verbunden ist.
Vom Standpunkt des Ich als Vorstellung einer gesonderten Existenz mag einem das so erscheinen. Eine vordergründige Betrachtungsweise, die von einer zufälligen Entstehung der Welt und des Lebens ausgeht, kann sich außer Materie-sein nichts darüber Hinausgehendes vorstellen. Weil sie (noch) nichts von der in unserem Inneren gegenwärtigen, zeitlosen Wirklichkeit des Geistes Gottes weiß, geht diese Ich-Vorstellung davon aus, dass unser Leben und Bewusstsein (ausschließlich) die Erzeugnisse unserer Körper- und Gehirnzellen sind und enden, wenn unser Leib stirbt.
Von einer solchen, rein materialistischen Denkweise aus betrachtet, wäre ein Weiter-Leben über den Abgrund des leiblichen Todes hinaus jedoch dann vorstellbar, wenn von uns etwas erhalten bliebe, weil es eine zeitlose Kraft oder Wirklichkeit gäbe, von der wir von unserem Anbeginn an im Mutterleib ein nicht-materielles, geistiges Leben, eine unsterbliche "Seele", empfangen hätten. Wenn dieses Leben nicht mit unserem Körper identisch wäre, weil es kein Resultat unserer sterblichen Körper- und Gehirnzellen, sondern „aus Gott geboren“ wäre, müsste es über die endliche Lebens-Kraft unseres Körpers hinausreichen.
Oder weil wir von diesem Ewigen nach unserem leiblichen Tod ein neues Leben bekämen, eine neue Lebensenergie. Und zwar, indem es uns in ihre eigene Wirklichkeit mit hineinnähme, uns daran teilhaben ließe gleich den Wellen auf dem Ozean und uns so ein neues Leben und Bewusstsein schenkte. Das wäre dann sozusagen wie eine völlige Neuschöpfung, wie eine Neugeburt, wie eine Auferweckung und „Auferstehung“.
In der Hirnforschung (Neurowissenschaft) wird fast wie ein unabänderliches Dogma die These vertreten, dass unsere Körper- und Gehirnzellen unser Leben und Bewusstsein sozusagen als "High-End-Produkte“ erzeugen. Also Resultate höchster Qualitätsstufe, basierend auf einem Netzwerk biochemischer, neuronaler Reaktionen dieser Zellen. Wenn unser Leib stirbt, endet demzufolge auch unser Leben und unser Bewusstsein.
Folgte man dieser mechanistischen Auffassung der Neurowissenschaft, würde das bedeuten, dass auch jede religiöse (Gottes-)Erfahrung, also jede die Grenzen normalen Erlebens überschreitende, geistliche, überweltliche Erfahrung von Transzendenz demnach nur ein Resultat bestimmter überaktiver Gehirnareale, verbunden mit der vermehrten Ausschüttung von Endorphinen (Glückshormonen) wäre.
Es ist genau anders herum: Diese bei geistlichen Erfahrungen messbare Überaktivität bestimmter Gehirnareale, verbunden mit der Ausschüttung von Endorphinen, ist die Wirkung und nicht die Ursache des Erkennens von dem, was wir vom Geist Gottes empfangen. Es kommt nicht aus der Aktivität der Gehirnzellen, sondern aus dem was ewig ist.
Wenn sich solche Erfahrungen nur innerhalb des Gehirns ereigneten, bliebe für den kritischen Verstand immer noch die Frage: Wie ist die Schöpfung in ihrer ganzen Vielfalt außerhalb von uns und unser eigenes Leben samt unseres Gehirns entstanden? Denn das alles ist viel komplexer, unendlich größer und wunderbarer als unser Denken darüber und eine zufällige Entstehung aus Nichts ist ja, wie dargelegt, physikalisch völlig unmöglich.
"Willst du dahin gelangen, in allem zu sein, verlange, in nichts etwas zu sein. Willst du dahin gelangen, alles zu besitzen, verlange, in nichts etwas zu besitzen" (Johannes vom Kreuz, 1542-1591). Wie nachstehend noch ausgeführt wird, kann das Innewerden der Wahrheit eines umfassenden Verbundenseins mit Anderen und mit der Schöpfung nicht das Resultat oder die Einzelleistung individueller Gehirnzellen sein, auch nicht unter dem Einfluss psychedelischer, bewusstseinserweiternder Substanzen. Sondern wenn unser Geist ganz still („arm“) und damit ganz offen ist, kann er eines solchen (wenn vielleicht auch nur punktuellen) Erlebens zeitloser Wirklichkeit teilhaftig werden.
Denn es gibt keine zufällige Entstehung des Lebens aus toter Materie: "Eine Zufallsentstehung scheidet aus..." (Frederic Vester, s. o.).
Unser Leben (einschließlich unseres Bewusstseins) ist aus dem schöpferischen Urgrund, aus dem Geist Gottes, aus dieser zeitlosen Wirklichkeit geboren, die das Leben selbst ist. Der Mensch hat von Anfang an Anteil an dem göttlichen Geist. In ihm ist unser Leben verborgen und in eins verbunden mit ihm. So wie unsere genetische Information, unsere DNA, nur unser Bauplan, aber nicht unser innerstes Wesen ist, so ist über unsere biologische Ebene hinaus, unser immaterielles (geistliches) Leben aus dem göttlichen Urgrund nicht mit der endlichen Materie unserer Körper- und Gehirnzellen identisch. Unser geistliches Leben und unser Bewusstsein können daher nicht die Produkte unserer materiellen, endlichen Körper- und Gehirnzellen sein. Sondern sie sind ein Geschenk der göttlichen Wirklichkeit, die hinter dem sichtbaren Universum ist und alles durchdringt.
In christlicher Sprache ausgedrückt: Unser Leben und Bewusstsein sind aus dem zeitlosen Urgrund, aus Gott geboren und haben in ihm seinen unzerstörbaren Bestand über den Tod hinaus. Sie sind mit unserem Leib in eins verbunden, durchdringen ihn und offenbaren sich in und durch ihn und wirken durch ihn.
Bewusstsein und Geist entstehen nicht erst durch ein fließendes, neuronales Energiefeld im Gehirn, sondern sie stehen am Anfang unseres Menschseins, auch wenn sie dann erst im Laufe unserer körperlichen Entwicklung offenbar werden. Neuronale Vorgänge im Gehirn sind die Bewegung des Bewusstseins auf der materiellen, leiblichen Ebene, so dass sich Bewusstsein ausdrücken, offenbaren kann. Sie sind also die Wirkung und nicht die Ursache des Bewusstseins. Das was die Hirnforschung messen kann, ist diese neuronale Aktivität des Bewusstseins in den Gehirnzellen und -arealen, also die Wirkung, aber nicht dessen Ursache, nicht das Bewusstsein an sich: "Wir wissen nicht, was Bewusstsein ist" sagte einmal ein amerikanischer Bewusstseins-Forscher.2
Und wenn unser Körper, unser zeitliches Leben, unser "äußeres Menschsein", stirbt, wird unser inneres Menschsein, unser geistliches Leben, nicht abgeschnitten, nicht unterbrochen. Es erlöscht nicht, wie eine Kerze erlischt, weil es nicht das Produkt sterblicher, endlicher Körper- und Gehirnzellen ist. Da gibt es keinen "cut", denn es ist ja aus Gott und gehört Ihm an, ist in ihm verborgen. Darum sagte Jesus: "Euch aber, meinen Freunden sage ich: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, euch (also) sonst nichts tun können" (vgl. Matthäus 10,28; Lukas 12,4). „Seele“ ist ein anderes Wort für das innerste, geistliche Wesen des Menschen.
Es gibt viele Berichte von Menschen mit sogenannten Nahtod-Erfahrungen, die sich vor ihrer Wiederbelebung oder Rückführung außerhalb ihres Körpers erlebt haben. Als „Nahtod-Erfahrung wird ein breites Spektrum an tiefgreifenden persönlichen Erfahrungen bezeichnet, die häufig von Menschen gemacht werden, die sich in einer lebensbedrohlichen Situation befunden haben“ (Wikipedia, siehe dort).
Dieses Phänomen, zum Beispiel aufgrund von Sauerstoffmangel des Gehirns bei einem Herzstillstand, nur mit der Überfunktion bestimmter Gehirnareale und der erhöhten Produktion von Endorphinen (Glückshormonen) zu erklären, wie es die Neurowissenschaft versucht, greift zu kurz. Denn wie könnten dann diese Menschen, bewusstlos und bei geschlossenen Augen, sonst bestimmte äußere Gegebenheiten präzise beschreiben?
So gibt es zum Beispiel den Bericht einer Frau, die im Jahr 1993 aufgrund eines Herzstillstands kurzzeitig klinisch tot war. Sie sei über das Krankenhaus geschwebt und habe auf dem Dach an einer unzugänglichen Stelle einen roten Schuh gesehen. Den hat man dann dort nach ihrer Beschreibung auch tatsächlich gefunden. Oder der Bericht eines 82jährigen Herzinfarktpatienten aus dem Jahr 2007, der in der Notfallstation eines Krankenhauses bei seinem kurzzeitigen Herzstillstand außerhalb seines Körpers schwebte und oben auf dem hohen Herzdiagnose-Überwachungssystem eine Vierteldollar-Münze aus dem Jahr 1985 liegen sah. Das bestätigte sich dann auch, als der Arzt auf eine Leiter stieg und nachschaute.3
Viele Schilderungen von Nahtod-Erlebnissen sind - ohne Beweis zu sein - ohne ein unsterbliches Leben außerhalb oder jenseits unserer zeitlich und räumlich begrenzten Körperlichkeit nicht erklärbar.
Die Menschen, die eine solche (positive) Nahtod-Erfahrung gemacht haben, fürchten sich jedenfalls nicht mehr vor dem Sterben und ändern ihr Leben grundlegend.
Süddeutsche Zeitung vom 6./7. April 2019, Nr. 82, S. 60.↩
Für das Denken mit seinen Worten und Bildern kann man materielle Prozesse bejahen, denn wie Computer zeigen, sind die dort ablaufenden Rechenvorgänge, diese künstliche, "simulierte Intelligenz" (Jürgen Ahrens), materielle Prozesse, die den Menschen in manchen Bereichen übertreffen. „Eine körperlose künstliche Intelligenz ist ein statistisches Hochleistungswerkzeug, das niemals Bewusstsein erlangen kann“ (Prof. Miriam Meckel, Der Spiegel Nr. 10/10.02.2024, S. 90). „Die Sprachmodelle hinter Sprachbots wie ChatGPT sind viel leistungsfähiger als Eliza. Eines aber ist gleich geblieben: Sie verstehen nicht, was sie von sich geben. Ihre Antworten basieren auf statistischen Berechnungen, allerdings vermitteln sie einem stärker als Eliza den Eindruck, dass sie wüssten was sie tun“ (Prof. Jeffrey Shrager, Der Spiegel Nr. 5/25.01.2025, S. 89). „Eliza“ wurde 1965 entwickelt. Doch das sich erkennende Selbst-Bewusstsein des Menschen, seine Intuition und sein Mitgefühl sind viel mehr als nur materielle Prozesse. Computer sind vortreffliche Werkzeuge, doch diese "simulierte Intelligenz" hat keine bewusste Identität, die sich selbst begreift. Sie "weiß" daher nicht, was sie tut - sie ist bewusst-los!↩
https://www.psychologytoday.com/us/blog/mysteries-consciousness/201908/are-near-death-experiences-just-comforting-illusions ; zuletzt eingesehen am 16.11.2021.↩
Wir alle, auch Nichtglaubende, bekennende Atheisten, nicht-religiöse Menschen, die mit Gott und Jesus Christus (noch) nichts anfangen können oder wollen, sind in einem gewissen Sinne sehr „gläubige“ Menschen: Immerfort sagen und denken wir: Ich, Ich... Wir halten dieses Ich, das sich von den Anderen als getrennt erlebt, für unsere wahre und einzige Identität, für das, was Substanz hat, weil wir (noch) nichts von der verborgenen Tiefe in unserem eigenen Inneren wissen. Und dieses Ich glaubt auch zu wissen, dass eine zeitlose göttliche Wirklichkeit, Gott, gar nicht existiert.
Es gibt aber diese Andere Dimension des Lebens, diesen Ursprung, Gott, denn die Schöpfung kann, wie dargelegt, nicht aus Nichts entstanden sein und eine zufällige Entstehung des Lebens ist hier auf der Erde nicht möglich. Diese Tatsachen sind nicht unvernünftig und sie sollte sich der zweifelnde, suchende, kritische oder der sich seiner Sache angeblich sichere, rationale, "aufgeklärte" Verstand vor Augen halten.
Der Geist Gottes, diese zeitlose göttliche Kraft, ist auch in uns und trägt uns; unser Leben kommt aus ihr. "Es ist diese innere Kraft, die mir immer wieder hilft, egal wo ich bin" (Heinrich Bedford-Strohm).1
Dieses personale Ewige, Gott, diese alles umfassende Liebe, ist persönlich ansprechbar. Mit ihm/ihr kann man in eine innige, persönliche Beziehung eintreten, denn wir gehören ihm an. Wie es uns Jesus gezeigt hat, können wir ihn "Vater" (und auch "Mutter") nennen. Für diese persönliche Beziehung offenbart sich Gott in einer für uns begreifbaren, ganz besonderen menschlichen Art und Weise in Jesus Christus: „Gott hat sein ewiges Wort auf menschliche Weise ausgesprochen; sein Wort „ist Fleisch geworden“ (Joh 1,14). Das ist die frohe Botschaft…die durch die Jahrhunderte hindurch bis zu uns in unsere Zeit gelangt“ (Benedikt XVI.).2
"Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene vor aller Schöpfung. Denn in ihm wurde alles geschaffen, was im Himmel ist und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, ob Throne oder Heerscharen oder Mächte oder Gewalten, alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen. Er ist vor allem und alles hat in ihm seinen Bestand" (Kolosserbrief 1,15-17).
Die heilige Hildegard von Bingen (1098 - 1179) durfte diese Wahrheit so erfahren:
“Ich schaute (...) ein wunderschönes Bild. Es hatte die Gestalt eines Menschen. Sein Antlitz war von solcher Schönheit und Klarheit, dass ich leichter in die Sonne hätte blicken können als in dieses Gesicht. (...) Die Gestalt sprach also: Ich, die höchste und feurige Kraft, ich habe jedweden Funken von Leben entzündet (...) Allem hauchte Ich Leben ein, so dass nichts davon in seiner Art sterblich ist. Ich bin das ganz heile Leben: nicht aus Steinen geschlagen, nicht aus Zweigen erblüht, nicht wurzelnd in eines Mannes Zeugungskraft. Vielmehr hat alles Leben seine Wurzel in mir. (...) Das ewig sich gleichbleibende Leben bin Ich, ohne Ursprung und ohne Ende…”.3
Gott ist in Jesus Christus offenbar geworden, damit wir ihn aufgrund unseres Begrenzt-seins in einem menschlichen Maß, auf menschliche Art und Weise be-greifen. Jesus Christus zeigt nicht nur eine Perspektive für ein Leben in Gott auf, sondern Er selbst ist sie: "ICH bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (vgl. Johannes 14,6; 1. Johannesbrief 1,1-2). "Wer MICH sieht, der sieht den, der MICH gesandt hat“ (Johannes 12,45): "ICH bin die Auferstehung und das Leben. Wer an MICH glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist; und jeder, der im Glauben an MICH lebt, wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst du das?" (vgl. Johannes 11,25-26).
In ihm finden wir Halt, Ruhe, unsere Identität, Erfüllung und Frieden:
"Kommt alle zu mir, die ihr euch abmüht und an den Lasten des Lebens schwer zu tragen habt, ich will euch stärken, aufrichten…“ (vgl. Matthäus 11,28-30; Johannes 14,27).
So wie sich einem ein Weg im Gehen erschließt, erschließt sich auch der Weg des Glaubens an Jesus Christus, seine Tragfähigkeit, Schritt für Schritt im Gehen. (Eventuelle) Zweifel lösen sich auf, wenn man immer wieder mit dem Herzen vorangeht und sich in Ihn hineinfallen lässt. Es ist nicht schwer.
Unsere wahre Identität, unser wahres Wesen, ist nicht nur unser individuelles "Ich-für-mich-sein", unser Einzel-Ichbewusstsein. Es gibt darüber hinaus auch ein tiefes Verbunden- und Eingebundensein unseres Ich-bin in einem Bewusstsein des Einsseins mit anderen Menschen und mit der Natur. Dieses Bewusstsein ist tiefergehender als mit jemandem übereinzustimmen, einig zu sein oder derselben Gesinnung zu sein - was jedoch für sich auch sehr wertvoll und schön ist.
Jesus Christus spricht: "ICH bin der wahre Weinstock, ihr seid die Reben" (Johannes 15,4). "Wir viele sind zusammen ein Leib in Christus, einzeln sind wir Glieder untereinander" (vgl. Römerbrief 12,5). Der Weinstock und die Reben und der Leib und die Glieder sind nicht voneinander getrennt, sondern miteinander in eins verbunden. Die „Reben“ können zum Weinstock „du“ sagen und sind zugleich auch eins mit ihm.
Diese tiefen Bildworte wollen zum Ausdruck bringen, dass wir miteinander eins sind, weil unser Leben und Bewusstsein nicht die Einzelleistungen, nicht die individuellen Resultate unserer endlichen Körper- und Gehirnzellen sind. Sondern sie kommen von diesem zeitlosen Absoluten, von diesem schöpferischen Urgrund her, sie sind "aus Gott geboren " (vgl. Johannes 1,13) und haben an dieser göttlichen Lebenskraft als "Reben am wahren Weinstock" und als "Glieder am Leib Christi" Anteil: "Christsein ist nicht Selbstbestätigung, sondern Aufbruch in die große Einheit hinein, die die Menschheit aller Orte und aller Zeiten umfasst" (Joseph Ratzinger).4
So wie man bis auf den Grund eines Sees schauen kann, wenn die Kräuselungen an der Oberfläche verschwinden, können wir auch bis in den Grund unserer Existenz, bis in unseren Herzgrund schauen, in das Geheimnis unseres Seins in Gott, wenn unser Geist ganz still wird, wenn wir zur Ruhe kommen. Man muss sich wirklich darauf einlassen, das Herz von den Gedankenbildern, also von den vordergründigen, profanen Ich-Inhalten zu leeren, sich ihrer zu entäußern, auf dass der Geist ganz ruhig, "arm", werden möge.5 Dann darf man mit einem so bereiten, offenen Herzen inne werden, dass jenseits unseres bekannten Ich-Horizonts in unserem Herzen ein Raum der Gegenwart des Geistes Gottes da ist, der sich uns schenkt. Da ist ein tragender, zeitloser Seins-Grund, der auch in uns gelegt ist, "denn einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist: Jesus Christus" (1. Korintherbrief 3,11-12).
In ihm ist unser Leben verborgen (vgl. Kolosserbrief 3,3), tief verwurzelt, geborgen, eins mit ihm, geliebt und frei, denn "die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen" (Römerbrief 5,5). Unsere Fähigkeit, zu lieben, unser Verlangen frei zu sein, unsere Sehnsucht nach der Freiheit, nach Frieden und Harmonie, kommen aus unserer Teilhabe an diesem inneren Grund. "Selig sind, die arm sind vor Gott, ihrer ist das Reich Gottes" (Matthäus 5,3), das auch "in eurer (Wesens-)Mitte, inwendig in euch ist" - im Sinne von nicht-räumlich: "nicht hier oder dort", sondern in einem geistlichen Sinn (vgl. Lukas 17,20-21).
"Du stellst meine Füße auf weiten Raum" (Psalm 31,9): Der heilige Johannes vom Kreuz (1542-1591) hat in seinem Armsein vor Gott diesen weiten (Bewusstseins-)Raum des Geistes Gottes und sein/ unser Einssein mit Anderen und mit der Schöpfung so erfahren: "Willst du dahin gelangen, in allem zu sein, verlange, in nichts etwas zu sein. Willst du dahin gelangen, alles zu besitzen, verlange, in nichts etwas zu besitzen". Dieses "in allem zu sein" und "alles zu besitzen", dieses alles umfassende Verbundensein, an dem unser Geist teilhaben darf, kann nicht das Erzeugnis individueller Gehirnzellen sein. Es bezieht sich nicht auf das Ich in seiner Vorstellung eines getrennten Selbst. "Ich" kann diesen "Raum" nicht erreichen und nicht „alles besitzen“, so als ob es wie ein "Objekt" außerhalb oder gegenüber von mir wäre. Sondern dieser Raum tut sich einem - wenn vielleicht auch nur für einen Augenblick - als Geschenk im "Armsein im Geiste" auf und das ist Teilhaben an einem großen Reichtum.
"Ihr werdet mich suchen und finden, wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht Gott" (vgl. Jeremia 29,13-14).
Unsere Suche wird nicht vergebens sein. "...Das Königreich des Vaters ist über die Erde ausgebreitet, und die Menschen sehen es nicht"