Erfolg hat, wer mit Liebe führt - Mike Fischer - E-Book

Erfolg hat, wer mit Liebe führt E-Book

Mike Fischer

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Beschreibung

Mit diesem Buch erhalten Sie das E-Book (pdf oder epub/mobi) inklusive! Endlich glücklich arbeiten – Potenzialentfaltung fördern Wenn Vorgesetzte ihre Mitarbeiter dazu anleiten, über sich hinauszuwachsen und besser zu werden als sie selbst, entsteht eine wunderbare Unternehmenskultur: Erfolg und Glück ist allen Beteiligten garantiert. Wie ein solches Unternehmen tickt, in dem sich Mitarbeitende am Sonntag schon auf Montag freuen, zeigt der Ausnahmeunternehmer Mike Fischer. Seit er »Liebe« als zentralen Baustein in seine unternehmerische Philosophie integriert hat, entwickelt sich eine unvorstellbare Dynamik in seinen Unternehmen, die zu unternehmerischer Spitzenleistung führt. Hier berichtet er offen über seine Strategien und Prinzipien, ohne die Rückschläge zu verheimlichen, die überwunden werden müssen, wenn ein grundlegender Kulturwandel eingeleitet werden soll.

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Mike Fischer

Erfolg hat,wer mitLiebe führt

Vom Egoismus zum Wir

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Wie gelingt es, dass sich Mitarbeiterinnen schon am Sonntag auf den Montag freuen? Wie können Unternehmen jenseits von Profitgier und Ausbeutung einen neuen, Sinn- und Wir-orientierten Führungsstil entwickeln und leben? Die Antwort gibt der Ausnahmeunternehmer Mike Fischer: In seiner Laufbahn hat er festgestellt, dass sich ein innovativer und hierarchiefreier Spirit – etwa bei Budgetverwaltung, Entscheidungsfindung, Leistungsbeurteilung und Innovationsentwicklung – positiv auf alle Unternehmensbereiche auswirkt. Egoismus und Selbstdarstellung haben in seinen Unternehmen nichts verloren. Dies führt dazu, dass Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz nicht mehr als frustrierenden »Mittel-zum-Zweck«-Ort ansehen, sondern sinnerfüllt und glücklich ihre Talente ausleben können.

Vita

Mike Fischer ist Ausnahmeunternehmer und Querdenker aus Leidenschaft. Im thüringischen Gera begann er als Inhaber einer Fahrschule und merkte schnell, dass ihm das nicht genügte. Es folgen verschiedene weitere Unternehmungen, in denen er neue Konzepte erprobte. Seine Erfolgsgeschichte war damit noch lange nicht zu Ende. Inzwischen ist er zum umtriebigen Multiunternehmer avanciert. Als Überflieger und Erfolgsredner strebt er immer weiter – und ist zugleich bodenständiger Familienmensch, der nicht mehr verdient als die meisten Angestellten seiner Firmen. Und vielleicht das Wichtigste: Er lebt nachweislich vor, was er erzählt.

INHALT

1 BEDEUTSAM FÜHREN

2 DER EGOISMUS – ICH BIN JA SOOO WICHTIG

Die Hähne – Wir müssen den Egoismus erst verstehen, um ihn abzulegen

Niemand kommt als Egoist auf die Welt – Warum Helfen ein natürlicher Zustand ist

Drei Fahrschüler stehen rum – Warum die Egoismus-Kultur allen schadet

Tunnelblick – Was uns alles in den Egoismus treiben kann

Morgens um acht – Die überholte »Ich-Meeting«-Kultur

Frisurencomputerberatung – Von dem Friseur, der nicht wollte, wie ich wollte

Eins gleich sechs – Wie Lob und Tadel vieles verderben

3 DIE SACKGASSE: WIE EINZELKAMPF SINNLOSIGKEIT PRODUZIERT

Doofheit oder Klarheit? – Warum Liebe und Fürsorge wichtiger sind als Geld

Hintenrum – Was passiert, wenn jemand mit seinem Frust hinterm Berg hält

Trennung ohne Happy End – Wenn dem Fußbodenleger im Winter gekündigt wird

Hauptsache Aufmerksamkeit – Wenn Klickzahlen wichtiger werden als Werte

Die Zeit der Einzelkämpfer ist längst vorbei – Wem der Schwarm folgt

Machtspiele oder Brücken bauen – Was uns trennt oder zusammenführt

4 DIE PERSÖNLICHE KLARHEIT: WIE MITARBEITER UND CHEFS SICH WEITERENTWICKELN

Sag mir bitte, was du willst! – Warum auch die Mitarbeiter sagen müssen, was sie brauchen

Wir können andere nicht motivieren – schon gar nicht mit Belohnungen

A oder B? – Warum wir radikale Entscheidungen brauchen

Meine neun Wege zur Exzellenz – die persönliche Klarheit ist die Basis

1. Sei besessen!

2. Fokussiere dich

3. Denke anders!

4. Langweile dich und andere nicht!

5. Bleibe ehrlich!

6. Trage Verantwortung!

7. Denke an dich!

8. Nimm dich nicht zu wichtig!

9. Sei dankbar!

Das Werte-Spiel

Die persönliche Standortanalyse – Klar werden

Sei still und geh! – Mein Umgang mit »Hatern« im Netz

Wann ist ein Unternehmen erfolgreich? – Meine persönliche Definition und die finanzielle Seite

Was mein Beckenrand war, muss heute dein Zehnmeterturm sein – Von anderen lernen

5 DAS KLIMA DES VERTRAUENS – SICHERHEIT UND GEBORGENHEIT SCHAFFEN

Messenger-Dienst und »Daumen hoch« in der Führungskräftesitzung – Erfolge feiern als Teil der Unternehmenskultur

Jeder hat ein Mitspracherecht – Der demokratisch gewählte Chef

Als mein Fundament zu wackeln begann – Selbstführung im hierarchiefreien Unternehmen

Frühstück beim Bäcker und der Frauenverwöhntag – Was Mitarbeiterwertschätzung bewirkt

Die Mystery Shopperin – Wir verkaufen unvergessliche Lebenszeit

»Ich helfe dir, wenn auch du mir hilfst« – Das Motto der Zukunft

6 DIE WIR-KULTUR – WIR MACHEN UNS GEMEINSAM AUF DEN WEG

Disruption der Arbeitswelt – Wie aus Veränderungen Visionen entstehen

Fischschwärme haben auch keinen Vorsitzenden – Teamintelligenz

Mit Liebe und Wertschätzung – Das Geheimnis erfolgreicher Teamarbeit

»Toll, Ein Anderer Macht’s«? – Warum Teamarbeit doch mehr sein kann als Gruppenfaulheit

Hierarchie Zero – Das umgedrehte Organigramm

Wenn David nicht mehr mit Goliath mithält – Nicht nach den Regeln des Stärkeren

Hilfe, das Bürokratie-Monster kommt – Was Verhinderungspolitik mit Veränderungspotenzialen macht

Held der Herzen – Wie wir sinnvolles Handeln würdigen

7 DIE ENTFALTUNG – ALS UNSERE IDEEN PLÖTZLICH AUS DEM HERZEN KAMEN

Stelle den Zweiten ein, wenn du den Dritten brauchst – Wie wir ohne weitere Mitarbeiter noch besser arbeiten

Vom abgelehnten Auszubildenden zur Geschäftsführerin – Nancys Transformation

Unser Motto »Glücklich sein« – Glück als Unternehmensprinzip

Der Wohlfühlfaktor – Warum die Trennung von Arbeit und Freizeit eine Illusion ist

Gibt dir das Leben Saures, mach Limonade daraus – Antifragilität

8 DIE BEDEUTSAME FIRMA – WARUM WIR SINNVOLL WERDEN MÜSSEN

Felix – Wie wir besondere Mitarbeiter besonders fördern

Der Brief an die Zukunft – Warum wir jetzt schon stolz sein können

Der Sinn – Was haben andere davon, dass es mich gibt?

Der Kern ist die Liebe – Auf welcher Grundlage Organisationen wirklich funktionieren

Vertrauen ist gut … – und ohne Kontrolle sogar besser

Die Würde des Mitarbeiters ist unantastbar – Was Würde mit Neinsagen zu tun hat

Von innen heraus – So entwickelt sich Bedeutsamkeit

Wir stehen am Ende doch erst am Anfang

DANK – DANKBARKEIT KANN SO VIELES BEWIRKEN UND KOSTET NICHTS, GAR NICHTS

ÜBER DEN AUTOR

1 BEDEUTSAM FÜHREN

Da ist so ein vages Gefühl, dass etwas fehlt. Nur, was? Als Firmeninhaber eines mittelständischen Unternehmens könnten Sie dieses Gefühl kennen. Manchmal gibt es in stillen Stunden diese Ahnung, noch nicht bedeutsam genug zu sein. Mitten in all dem Tun und im rauschenden Alltagsgeschäft eine Leere zu empfinden. Sich zu langweilen. So ging es mir jedenfalls. Zugleich ist eine diffuse Zukunftsangst da: Wie wird es weitergehen, wenn es so wie bisher nicht mehr gehen kann und soll?

Ich schreibe dieses Buch für Menschen, die wie alle in meiner Firma und wie ich selbst bedeutsamer und glücklicher leben und arbeiten wollen. Ich schreibe das Buch für alle, die deshalb an neuen und sinnorientierten Denkweisen in der Wirtschaft interessiert sind. Ich schreibe nicht für diejenigen, die Dinge tun, »weil das schon immer so war«. Sondern für Sie, die Sie als erfolgreiche Unternehmer nicht stehenbleiben, sondern sich auf das nächste Level weiterentwickeln wollen. Damit Sie sich vorstellen können, wer hier aus seiner Erfahrung spricht, erzähle ich kurz von mir und meiner Firma:

Ich bin seit über 30 Jahren Unternehmer von ganzem Herzen. Genauer gesagt: Fahrschulunternehmer, Gastronom, Bildungsträger, Auto- und Fachkräfteverleiher sowie Sachbuchautor und Vortragsredner. Daneben bin ich auch bodenständiger Familienmensch und lebe mit meiner Frau und meinen beiden Söhnen in Gera, Aufgewachsen bin ich in der ehemaligen DDR. Nach der Wende habe ich mit 1 000 Euro Startkapital meine Fahrschule gegründet, die heute zu den umsatzstärksten in Deutschland gehört.

Von klein auf vertraut mit einem Wir- und Gemeinschaftsgefühl, das typisch und besonders für die Kultur in der DDR war, entwickeln wir diese Wir-Kultur heute in meinen Unternehmen weiter. Daraus entstehen schon seit Langem große Ideen wie etwa unser Fahrschulinternat, mit dem es uns gelungen ist, statt Umsatzrückgang durch die geburtenschwachen Jahrgänge eine Umsatzsteigerung von über 33 Prozent zu erreichen.

Ich sage von mir, dass ich einen unkonventionellen und leidenschaftlichen Führungsstil habe, der von Querdenken und Werten wie Ehrlichkeit, Fairness und Menschenliebe geprägt ist. Ich will mein Wissen und meine Erfahrung an andere und die nachfolgende Generation weitergeben. Genau das ist meine Motivation zu diesem Buch, und da ich ein sehr dankbarer Mensch bin, bin ich dankbar dafür, mit dem Buch diese Gelegenheit zu haben.

Die Fischer Academy GmbH mit Sitz in Gera ist eine der führenden Fahrschulen Deutschlands. Das 1990 gegründete Bildungsinstitut hat sich auf die Fahrschulausbildung in allen Führerscheinklassen, EU-Berufskraftfahrer-Weiterbildungen und Fahrlehrertrainings spezialisiert. Seit Bestehen haben wir über 15 000 Fahrschüler ausgebildet. Zu den Angeboten gehört eine 7-Tage-Kompaktausbildung mit Unterbringung im firmeneigenen Fahrschulinternat. Das mehrfach ausgezeichnete Unternehmen – unter anderem Top-Arbeitgeber 2011, 2014 und TOP 100 der innovativsten Unternehmen in Deutschland – beschäftigt derzeit 25 Mitarbeiter.

Unser neu gebautes »FischerDorf«, verkehrsgünstig gelegen im Stadtzentrum von Gera, vereint Seminarzentrum, Herberge, Restaurant, Ideenwerkstatt und Bühne zu einer lebendigen, kosmopolitischen Bildungsstätte für Jung und Alt. Es ist die 3 000 Quadratmeter große »kleinste Gemeinde Deutschlands« mit fünf multifunktional nutzbaren Gebäuden (www.fischer-academy.de).

Die Idee zu diesem Dorf entstand genau aus der zentralen Frage dieses Buchs: Wie können Unternehmen jenseits von Profitgier und Mitarbeiterausbeutung einen neuen, sinn- und wir-orientierten Führungsstil entwickeln und leben? Und dabei auch noch – oder gerade deshalb – wirtschaftlich exzellent agieren? Viele Unternehmer meinen immer noch, sie stünden vor einer Entscheidung: entweder mitarbeiterorientiert und sinnerfüllt oder unternehmerisch erfolgreich. Sie wissen nicht, dass – und wie – sich beides vereinen lässt.

Darum geht es hier. Bei mir in der Firma freuen sich – so die letzte Mitarbeiterbefragung – die meisten Mitarbeiter am Sonntagabend auf Montag. Natürlich muss sich nicht jeder immer und ständig auf Montag freuen. Der überwiegende Teil sollte es jedoch schon tun, und das ist bei uns so. Diese Vorfreude ist ein Anzeiger für glückliches Arbeiten. Wenn sich die meisten NICHT freuen, stimmt etwas nicht.

Bei uns herrscht ein innovativer, hierarchiefreier Spirit – etwa bei Budgetverwaltung, Entscheidungsfindung, Meetings, aber auch bei der Leistungsbeurteilung und Innovationsentwicklung. Wir verabreden uns morgens beim Bäcker zum Mitarbeitergespräch, und es geht bei Brötchen und Kaffee vor allem um die Frage: »Bist du glücklich bei dem, was und wie du hier arbeitest? Ist es das, was du wirklich tun willst?«

Diese Fragen führen dazu, dass Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz nicht mehr als »Mittel zum Zweck« ansehen, den sie notgedrungen zum Geldverdienen brauchen. Der sie frustriert und entkräftet. Stattdessen arbeiten und leben sie an einem Ort, an dem sie sinnerfüllt und glücklich ihre Talente ausleben können. 

Ich möchte Ihnen zeigen und erzählen, wie ich als Unternehmer denke und handle. Ich bin nicht geldgierig. Und das Letzte, was ich tue oder will, ist, meine Mitarbeiter auszubeuten. Jahrzehntelang habe ich mich in die Richtung entwickelt, mit meinem unternehmerischen Stil alle mit ins Boot zu holen und eine Atmosphäre des hierarchiefreien Miteinanders und der Begeisterung zu etablieren. Ich kann heute ohne Großspurigkeit sagen, dass ich gemeinsam mit meinen Mitarbeitern bei den Themen Bedeutsamkeit und Sinn angekommen bin. Wir haben bei uns eine Firmenkultur mit einem derartigen Wir-Gefühl bei gleichzeitiger Umsatzstärke, dass ich von dem Nutzen, anderen in einem Buch darüber zu berichten, überzeugt bin.

Welche Form der Hilfestellung erwartet Sie in diesem Buch? Es geht mir nicht um Ratschläge und Tipps – die passen dann ohnehin immer nicht so recht auf ein anderes Unternehmen, auf eine andere Person, eine andere Situation. Ich möchte lieber Insiderwissen aus meinem Unternehmen erzählen und Ihnen Inspiration, vielleicht eine Art Vorlage anbieten, die Sie auf Ihre Art umsetzen können, auf Ihre jeweils eigene Weise. Ich weiß, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss.

Also erzähle ich Geschichten. Ich bin kein Theoretiker, auch wenn ich viel lese und recherchiere. Ich bin ein Praktiker. So kommen auch alle Kapitel auf den ersten Blick hemdsärmelig daher. Ich erzähle von den Menschen, mit denen ich arbeite und die ich liebe – als Mitarbeiter, die ihr volles Engagement in die gemeinsame Arbeit einbringen. Als Menschen, die nach Erfüllung und Sinn streben. Als Teamkollegen, die diesen Sinn in meiner Firma verwirklichen sollen. Auf den zweiten Blick geht es jedoch über die Hemdsärmeligkeit hinaus. Da blicken wir in den Kapiteln gemeinsam tiefer und ziehen Schlüsse für eine gänzlich neue Art der Unternehmensführung, die es erst an wenigen Stellen in der Unternehmenslandschaft gibt. Es geht hin zu bedeutsamen Unternehmen, in dem jeder gerne arbeitet und so erst sein volles Potenzial in das Unternehmen einbringen kann. Das ist die Zukunft der Unternehmen. Ich bin sogar überzeugt: Die anderen werden untergehen. Auf Dauer haben Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ausbeuten, klein halten, hierarchisch steuern, keine Zukunft mehr. Nicht hier bei uns.

Aber warum ist das Ganze so aktuell? Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei. Nicht nur, weil Sie – und jeder andere wache Unternehmer – dieses vage Gefühl haben, dass etwas anders werden muss. Ich habe mich in den vergangenen zehn Jahren meines Lebens als leidenschaftlicher Unternehmer immer wieder gefragt: Welche DNA hat ein Unternehmen? Welches Blut fließt in den Adern einer Organisation mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die aus tiefstem Herzen sagen: »Ich freue mich am Sonntagabend schon auf Montag. Ich habe VOLL BOCK, hier zu arbeiten.«

Warum ist die Antwort auf diese Frage so wichtig? Weil ich in 30 Jahren als Unternehmer gelernt habe, dass glückliche Mitarbeiter Probleme besser lösen als unglückliche Mitarbeiter. Ganz einfach. Glückliche Mitarbeiterinnen sind weniger krank, haben bessere Ideen, verbreiten bessere Stimmung im Team und bei den Kunden, und: Es macht einfach mehr Spaß, mit glücklichen Kollegen zu arbeiten.

Ich glaube, wir sollten wieder glücklicher werden. Das ist mein großes Ziel, das ich mit diesem Buch und mit meiner Unternehmensführung verfolge. In den vergangenen Jahrzehnten sind so unendlich viele Sachbücher, Ratgeber und andere Hilfen erschienen, die uns zeigen wollen, wie wir glücklicher leben können. Wir müssten also eigentlich längst wissen, wie es geht. Und bei den äußeren Bedingungen hat sich auch vieles geändert: Wir werden vermögender, wir sind moderner geworden, der technische Fortschritt schreitet voran. Uns geht es gar nicht so schlecht. Erst recht nicht im internationalen Vergleich. Dennoch: Es gibt genügend Statistiken, die zweifelsfrei belegen: Das Gefühl des Glücklichseins ist durch all diese günstigen Rahmenbedingungen nicht vorangekommen. Deutschland ist immer noch kein wirklich glückliches Land. Das macht mich nachdenklich. Deshalb schreibe ich dieses Buch. Ich möchte, dass wir glücklicher arbeiten und dass wir dadurch glücklicher und zufriedener in unserem gesamten Leben sind. Die Arbeit macht einen großen Teil unserer wachen Zeit des Tages aus.

Deshalb kommen jetzt ein paar Zahlen. In Deutschland sind über 99 Prozent aller Unternehmen kleine und mittelständische Unternehmen – vom Ein-Personen-Unternehmen bis zu Firmen mit 500 Mitarbeitern. Das sind rund 2,5 Millionen Unternehmen in Deutschland, bei denen 59 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten angestellt sind und 36 Prozent aller Umsätze erwirtschaftet werden. Trotz dieser Zahlen wird erst seit den 1990er-Jahren diesen sogenannten KMUs gegenüber Großunternehmen und Konzernen in Bezug auf Management- und Personalfragen größere Beachtung geschenkt – zumindest von der Wissenschaft. Das mag an der wenig formalisierten Welt der Klein- und Mittelbetriebe liegen. Umso wichtiger sind dort neue Denk- und Handlungsansätze mit Pioniercharakter.

Das Problem ist nun: Viele dieser Unternehmerinnen und Firmenchefs stagnieren in ihrer unternehmerischen und persönlichen Entwicklung. Es gelingt ihnen nicht, die guten Ideen ihrer Mitarbeiterinnen und von sich selbst umzusetzen. Das kann auch nicht klappen, wenn die Basis fehlt – der Sinn für die wirklich grundlegenden Fragen: »Was haben andere davon, dass es mich gibt?« ist eine dieser Fragen, die alles verändern kann, wenn sie im Unternehmen konsequent gelebt wird. Dabei geht es um Bedeutsamkeit.

Ich beschäftige mich mit dem Thema Bedeutsamkeit mit einem besonderen Schwerpunkt: Wir-Gefühl und Liebe. Für mich sind unternehmerische Spitzenleistungen und Wir-Gefühl kein Gegensatz, und Liebe ist heute mehr denn je die Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg. In einem Unternehmen, in dem der Chef seinen Mitarbeitern das Gefühl vermittelt, er wäre aus tiefstem Herzen daran interessiert, dass die Mitarbeiter besser werden als er, und dem es wichtig ist, dass die Mitarbeiter wachsen und sich entfalten können – in solch einer Unternehmenskultur zu arbeiten bedeutet Erfolg und Glück für alle am Unternehmen Beteiligten. Für Sie, für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ja sogar für die Angehörigen und das ganze Umfeld.

Das klingt vielleicht ungewöhnlich – Liebe, oft auch Sinn, scheint ins Private zu gehören und klingt im Unternehmenskontext fast anrüchig. Doch alles, was im Leben bedeutsam ist, hat mit Liebe zu tun. Und so kommen wir erst, wenn wir Selbstliebe und Liebe zur Firma und zu allen Beteiligten leben, aus unternehmerischem Egoismus und Ich-Kultur heraus – hin zu einer Wir-Kultur, in der Bedeutsamkeit gelebt und in der Firma handfest umgesetzt wird.

Ich sehe inzwischen deutlicher, dass diese Denkweise, die ich gerade beschreibe, auf eine immer stärker werdende Sehnsucht in unserer bisher überwiegend noch Ich-orientierten Gesellschaft trifft. Die Sehnsucht heißt »Etwas gemeinsam machen und dadurch gestärkt sein«. Es ist die Sehnsucht danach, in einer Wir-Gemeinschaft etwas Bedeutsames hervorzubringen. Danach, zu etwas Großem zu gehören und stolz darauf zu sein. – »Wir sind Weltmeister«: Der Fußball hat uns daran erinnert, aber eine Fußball-WM ist nicht der Alltag.

Diese neue Wir-Kultur, von der ich im Buch erzähle, kann übrigens nicht verordnet werden. Sie muss aus uns selbst heraus kommen, aus jedem Einzelnen. Nun sind jedoch Gruppen viel stärker als Einzelne. Und so sind Unternehmen mit mehreren bis vielen Mitarbeitern der ideale Ort, solch eine Veränderung zu auszuprobieren, zu entwickeln und zu etablieren. Ich weiß, dass es geht.

Ich möchte Sie mit diesem Buch einladen, den Schritt von A nach B zu gehen, der auch bei Ihnen alles verändern wird. Von der egoistischen Ich-Kultur mit Macht- und Konkurrenzstreben sowie Neid hin zu einer Wir-Kultur. So ist das Buch auch aufgebaut: Ich-Kultur am Beginn – Wir-Kultur und umfassende Weltliebe am Schluss. Und dazwischen der Weg. Das Buch ist mein Impuls für eine Transformation von Unternehmen hin zu Bedeutsamkeit, Liebe und tief empfundener Sinnhaftigkeit aller am Unternehmen Beteiligten. Und – wichtiges Detail: mit einer Kultur, die ganz nebenbei wirtschaftliche Spitzenleistungen hervorbringt.

Ich erzähle Ihnen dafür aus meiner dreißigjährigen Erfahrung als Firmenlenker mit meiner unternehmerischen und persönlichen Entwicklung. So können Sie hier auch eine Alternative zu der sonst oft üblichen Selbstverherrlichung, Profitgier und fehlenden Mission so mancher Unternehmensführer finden. Ich möchte in diesem Buch unternehmerischen Pragmatismus und Bodenständigkeit vermitteln. Ich bin für umsetzbare Visionen, für Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit, für Leidenschaft und Menschenliebe. Mit meinen Werten lassen sich Unternehmen auf ganz neue Weise führen, Mitarbeiter jeden Alters von innen heraus motivieren und allen Beteiligten neue Perspektiven vermitteln.

Sie können beim Lesen ihre eigenen Geschäfts- und Lebensprinzipien überdenken und auch ihre eigene Bedeutsamkeit hinterfragen: Bin ich mit meiner Firma bedeutsam genug? Wie viel Sinn und Innovation stifte ich? Und noch mal: Wir kommen hier ohne Tipps aus, so etwas mache ich nicht mehr. Es passt nicht zu einer bedeutsamen Firma, den Mitarbeitern Anweisungen zu geben, Vorgaben zu machen. Also passt es auch nicht in dieses Buch, denn auch das soll bedeutsam werden.

Ich wünsche mir, dass Sie eine Idee bekommen, dass es geht und dass es sich lohnt. Wenn Sie dann auch noch motiviert sind und merken: »Es kann mir nichts passieren«, wird es richtig gut. Ihr vorheriges Gefühl, das ich eingangs beschrieben habe: »Es fehlt etwas, aber ich weiß nicht was«, Langeweile, Zukunftsangst und Sinnlosigkeitsgefühl können sich dann einfach auflösen, weil es eine neue Richtung gibt, einen Weg, wie die Transformation vom Egoismus zur bedeutsamen und mit Liebe geführten Firma gelingen kann.

Alle Wege, die ich hier vorstelle, haben sich in jahrzehntelanger Praxis unternehmerischen Erfolgshandelns bewährt. Alles ist hart erarbeitete Erkenntnis, aus der eigenen Erfahrung erwachsen. Ich wünsche mir von Herzen, dass ich dies im Buch vermitteln kann und dass Sie dadurch den neuen Unternehmer in sich entdecken.

Das Buch hat sieben Teile, in denen Sie in den Kapiteln mitverfolgen können, wie sich Menschen und Unternehmen von der Stufe des Egoismus zu einem wir-orientierten, hierarchiefreien Unternehmen entwickeln können, das unnachahmlich und unbeirrt seinen bedeutsamen Weg geht. Am Ende jedes Kapitels stelle ich Fragen, die Ihnen helfen sollen, das Gelesene auf Ihr Leben zu übertragen. Da ich viel im Internet recherchiere, habe ich zudem viele Video-, Buch- und andere Leseempfehlungen am Ende der Kapitel für Sie gesammelt. Sie können die Titel dann entweder direkt im Internet suchen, oder Sie besuchen meine Website. Dort finden Sie alle Links und weiteren Informationen: www.mike-fischer.com.

Ulrike Scheuermann, meine »Buchschreibstimme«, hat meine Gedanken auch für dieses Buch wieder aufs Papier gebracht – wie bei meinem ersten Buch »Erfolg hat, wer Regeln bricht: Wie Leidenschaft zu Spitzenleistungen führt – ein Ausnahmeunternehmer packt aus« (Linde 2014). Ulrike ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Sie hilft seit rund 25 Jahren Menschen dabei, ihr Wesentliches zu leben: mit ihren Seminaren, Coachings und Online-Programmen in ihrer Berliner »esencia Akademie« und mit ihren Sachbüchern bei renommierten Verlagen, zum Beispiel mit Themen wie »Selbstfürsorge – Self Care«, »Was im Leben wirklich zählt« und »Innerlich frei«. Ulrike steht für tief gehende Persönlichkeitsentwicklung mit modernen psychologischen Methoden. Außerdem begleitet sie in ihrer »Akademie für Schreiben« Autoren und andere Berufstätige beim inspirierten (Bücher-)Schreiben und erfolgreichen Publizieren, in diesem Bereich ebenfalls mit Büchern, zu Themen wie »Schreibdenken« und »Schreibfitness«. Ulrike ist jedoch keine Ghostwriterin, und sie schreibt sonst keine Bücher für andere. Für mich macht sie glücklicherweise eine Ausnahme. Diese Ausnahme hat ihren Grund in unserem jahrelangen Austausch über die Gedanken in diesem Buch.

Ich möchte mit einem Gedanken schließen, der meine Arbeit begleitet: »In einem Unternehmen, in dem der Chef seinen Mitarbeitern das Gefühl vermittelt, dass er aus tiefstem Herzen daran interessiert ist, dass die Mitarbeiter besser werden als er und dass es ihm wichtig ist, dass die Mitarbeiter wachsen und sich entfalten – in so einer Unternehmenskultur zu arbeiten bedeutet Erfolg und Glück für alle am Unternehmen Beteiligten.«

Ich weiß, dass das geht, und es geht auch bei Ihnen.

Ich wünsche Ihnen viel Freude, neue Erkenntnisse und Ideen beim Lesen.

Ihr Mike Fischer

2 DER EGOISMUS – ICH BIN JA SOOO WICHTIG

Die Hähne – Wir müssen den Egoismus erst verstehen, um ihn abzulegen

»Manche Hähne glauben, dass die Sonne ihretwegen aufgeht«, hat der Schriftsteller Theodor Fontane gesagt und damit eine wichtige Erkenntnis über unsere Gesellschaft auf den Punkt gebracht. Deshalb geht es auch zu Beginn dieses Buches noch ziemlich egoistisch zu. Wie bei den Hähnen von Fontane, die allein und selbstbezogen auf dem Misthaufen stehen. Das bleibt im Laufe des Buches nicht so, doch hier ist es ein guter Startpunkt. Denn die meisten Unternehmen befinden sich in einer egoistischen Unternehmenskultur. Der große Egoistenkenner Oscar Wilde schrieb: »Egoismus besteht nicht darin, dass man sein Leben nach seinen Wünschen lebt, sondern darin, dass man von anderen verlangt, dass sie so leben, wie man es wünscht.« Unsere Gesellschaft wimmelt nur so von Egoisten – die von anderen verlangen, dass sie nach ihren Wünschen leben, was wiederum dazu führt, dass diese sich ebenso egoistisch verhalten, weil sie sich die Egoisten als Vorbilder nehmen, oder weil sie meinen, damit gut durchzukommen.

Egoisten sind so in sich gefangen, dass sie meinen, sie seien der Nabel der Welt. Ihnen fehlt der Sinn für andere Menschen, sie spüren keine Verbundenheit. Sie nutzen andere Menschen aus. Diese Hähne haben keinen Platz in einem Team. Meist merkt man das ziemlich rasch. Sie merken auch selbst, dass sie nicht in ein Wir-orientiertes Unternehmen passen. Sie gehen dann bald. Ihnen entgeht viel.

An eine egoistische Grundhaltung haben wir uns wohl fast alle im Laufe unseres Lebens gewöhnt. Spätestens wenn wir zu arbeiten beginnen, oder auch schon früher, in der Schule. Wir kommen jedoch nicht als Egoisten auf die Welt. Der Egoismus ist uns nicht angeboren, sondern wir werden aufgrund ungünstiger Erfahrungen in unserem Leben – in der Familie, Schule, Lehre oder beim Arbeitgeber – zu Egoisten gemacht. Dass wir nicht egoistisch auf die Welt kommen, ist die erste gute Nachricht.

Die zweite gute Nachricht folgt aus der ersten: Egoismus und Ich-Kultur sind heilbar. Was wir gelernt haben, können wir auch wieder verlernen. Die Kunst ist nun, einen Spürsinn für Egoisten zu entwickeln und sie zu erkennen. Dann kann man sich entweder von ihnen trennen, wenn sie unheilbar sind, oder man kann ihnen nach und nach zeigen, wie eine andere Haltung aussehen könnte.

Das Buch hilft Ihnen dabei, diesen Spürsinn für Egoismus zu entwickeln: Im ersten und zweiten Teil des Buches habe ich so einige Egoismus-Beispiele für Sie. Mich selbst eingeschlossen. Niemand ist wohl ganz frei von ego-orientiertem Denken und Handeln. Was jenseits des Egoismus ganz Anderes, Großes entstehen kann, dafür haben wir in diesem Buch Platz von Teil 3 bis 5. Aber nun erst einmal zurück zum Egoismus – es bleibt uns nichts anderes übrig: Welche Gedanken kommen Ihnen bei diesem Thema in den Sinn?

Hier sind ein paar Fragen für Sie, und solche Fragen werde ich Ihnen am Ende jedes Kapitels immer wieder stellen. Ich würde am liebsten mit Ihnen darüber reden, und vielleicht klappt das ja sogar mal bei einer Gelegenheit. Ich wäre froh darüber.

Wann »riecht« es in ihrem Unternehmen nach Egoismus, sei es bei Teamsitzungen, sei es bei Absprachen, sei es im Verhalten der Mitarbeiter?

Wer ist bei Ihnen im Unternehmen eher Ego-orientiert, wer eher wir-orientiert eingestellt?

Wie egoistisch sind Sie selbst? In welchen Lebensbereichen?

Niemand kommt als Egoist auf die Welt – Warum Helfen ein natürlicher Zustand ist

Ich sitze mit einem guten Geschäftsfreund zusammen. Wir reden über die Haltung unserer Mitarbeiter zum jeweiligen Unternehmen. Ich erzähle ihm ein wenig über meine Gedanken zur Ich- und Wir-Kultur im Unternehmen. Er nickt, und ich merke gleich, dass er dazu so einiges zu sagen hat.

»Ich hatte vor Jahren einen Mitarbeiter, eine meiner wichtigsten Führungskräfte. Er war immer ein guter Mitarbeiter, aber er hat in den letzten Jahren vor seinem Austritt aus dem Berufsleben den größtmöglichen Egoismus hervorgekehrt. Das kannst du dir kaum vorstellen. Es war zum Haareraufen.«

»Erzähl, was war da los?« Mir geht es dabei nicht um ein Schlechtreden eines Mitarbeiters. Lästern interessiert mich nicht, und das ist auch nicht die Art von Gesprächen, die ich mit meinem Geschäftsfreund führe. Doch ich ahne, dass mich seine Erzählung bei meinen Gedanken über den Egoismus in Unternehmen weiterbringen kann.

»Naja, er bereitete sich bei uns in der Firma auf den Vorruhestand als Rentner vor. Und das bedeutete, er musste zwei Jahre vorher jemanden für die Nachfolge einarbeiten. Der Nachfolger ist also mit ihm mitgelaufen und sollte von ihm eingearbeitet werden. Und jetzt kommt’s, Mike: Anstatt ihm alle nur erdenkliche Hilfe anzubieten, hat er gegen ihn gearbeitet.«

»Wie denn?« Ich sitze auf der Stuhlkante.

»Er hat ihn klein gehalten und klein gemacht. Je deutlicher er gemerkt hat, wie kompetent er war, desto schlechter hat er ihn gemacht. Er war der Supermann mit geheimnisvollem Wissen, und ohne ihn funktionierte es nicht – so wollte er gesehen werden, und so wollte er sich selber sehen.«

»Ja, das ist genau das, was ich mit Egoismus meine. Man denkt die anderen nicht mit.«

»Eben, und dabei hat er ganz vergessen, dass andere ihm dabei geholfen haben, so zu werden, wie er zum Zeitpunkt seines Austritts war. Er hat tatsächlich mal zu einem Kunden gesagt: ›Wenn ich gehe, bricht hier alles zusammen und geht den Bach runter. Der Nachfolger von mir schafft das nicht.‹«

»So eine Haltung kenne ich auch. Das ist natürlich absurd, aber er konnte es vermutlich nicht verkraften, dass er den Platz für andere freimachen sollte, obwohl – oder gerade, weil – er gespürt hat, dass das, was als Nachfolge kam, kraftvoll und gut war.«

Wir sitzen da und denken nach. So etwas passiert immer wieder. Jemand stößt an seine persönlichen Grenzen, und spätestens dann kommt der Egoismus zum Vorschein.

Wenn ich so etwas höre, werde ich unruhig. Ich suche dann im Gespräch mit anderen nach Meinungen dazu. Die Erzählung ließ mich nicht los, und am Abend recherchierte ich im Internet zum Thema »Egoismus«. Zuerst stieß ich auf ein weiteres Statement des großen Dichters Theodor Fontane, den ich eingangs schon zitiert habe. Er hat sich offensichtlich intensiv mit dem Egoismus auseinandergesetzt. Er schrieb ziemlich schwarzseherisch: »Unsere ganze Gesellschaft ist aufgebaut auf dem Ich. Das ist ihr Fluch, und daran muss sie zugrunde gehen.«

Doch diese Aussage stimmt mich dann zu pessimistisch, und das liegt mir nicht. Ist es wirklich so schlimm um uns und unsere Gesellschaft bestellt, frage ich mich – und weiß eigentlich schon die Antwort. Nein. Es muss Hoffnung geben. Und wenig später finde ich bei YouTube die Videos zu einer bahnbrechenden Studie von drei Wissenschaftlern aus dem Jahr 2007, die mich fast umgehauen haben. J. Kiley Hamlin, Karen Wynn und Paul Bloom haben die Studie 2007 in einer der weltweit renommiertesten wissenschaftlichen Fachzeitschriften, der »Nature«, publiziert (Nature 450, S. 557ff. (22.11.2007). Ich klicke das erste Video an.

Da sitzt ein Papa und hat sein sechs Monate altes Baby auf dem Schoß. Die beiden sind gut im Kontakt, auch wenn diese Kleinen noch nicht sprechen können. Beide gucken auf ein Puppentheater. Der Vorhang ist geschlossen. Noch. Wir als Zuschauer wissen, dass hinter der kleinen Theaterbühne Forscher sitzen. Psychologen. Es geht um eine psychologische Studie. Nun öffnet sich der Vorhang. Man sieht einen grünen Berg. Das Kind schaut gebannt auf die Szene. Denn nun kommt ein roter Kreis mit niedlichen Glubschaugen ins Bild. Der rote Kreis will den Berg hochkommen. Er unternimmt mehrere Versuche, aber er schafft es nicht. Das Kind guckt auf den roten Kreis. Die Kamera zoomt auf das Kind und seinen Vater. Nun kommt ein gelbes Dreieck mit ins Spiel. Das hat auch diese niedlichen Glubschaugen. Das Dreieck schiebt von hinten den roten Kreis, damit der Kreis den Berg hochkommt. Irgendwann ist der rote Kreis oben angekommen. Er freut sich. Er hüpft. Der Vorhang schließt sich.

Neue Sequenz. Der Vorhang geht wieder auf. Das Kind sitzt immer noch bei seinem Papa auf dem Schoß. Es guckt zu, wie der rote Kreis wieder den Berg erklimmen will. Aber jetzt kommt ein blaues Rechteck. Es kommt nicht von unten, sondern diesmal kommt es von oben. Dieses blaue Rechteck ist auch niedlich. Doch es drückt den roten Kreis den Berg runter, während dieser versucht, den Berg hinaufzukommen. Als der Kreis bis unten heruntergedrückt worden ist, hüpft er nicht. Der Vorhang fällt wieder.

Und jetzt kommt der Hammer, wie ich finde: Eine der Forscherinnen taucht hinter dem Puppentheater mit dem gelben Dreieck (das hatte von unten geschoben) und dem blauen Rechteck (dieses hatte von oben gedrückt) auf. Die Figuren sitzen auf einem Tablett, und sie bietet dem Kind, das nach wie vor bei seinem Papa auf dem Schoß sitzt, die beiden Figuren an.

Welche Figur greift der Kleine, welche Figur greifen alle diese Kleinen? Was meinen Sie? Nun, die Studie zeigt: Ausnahmslos ALLE Kinder in der Studie, also 100 Prozent, nehmen das gelbe Dreieck, das den roten Kreis von unten nach oben unterstützt hat. Alle nehmen dieses gelbe Dreieck. Und damit würden also höchstwahrscheinlich alle Kinder dieser Welt dasselbe tun. Warum greifen sie sich dieses? Weil das gelbe Dreieck geholfen hat. Die Kinder mögen das gelbe Dreieck und wollen es anfassen, mit ihm spielen, mit ihm zu tun haben. Niemand nimmt das blaue Rechteck.

Ich wurde ganz aufgeregt und wollte dann sichergehen. Stehen Babys in diesem Alter auf Gelb? Stehen sie auf Dreiecke? Eine weitere Studie aus der Serie zeigt zweifelsfrei, dass es daran nicht liegt. Dort haben die Forscherinnen das Szenario umgedreht: Jetzt ist das blaue Rechteck der Helfer, der dem roten Kreis hochhilft. Das gelbe Dreieck ist diesmal der Verhinderer. Danach gehen die Psychologen wieder mit dem Tablett zu den Kindern. Alle Kinder nehmen jetzt das blaue Rechteck.

Zur Absicherung sehe ich mir noch eine Videosequenz an: Diesmal sitzt ein Hase in dem Theater, er versucht, eine Kiste aufzumachen. Ein Löwe hilft dem Hasen, die Kiste zu öffnen. Der Hase springt in die Kiste und freut sich. Der Vorhang fällt. Der Vorhang geht wieder auf. Der Hase versucht wieder, die Kiste zu öffnen. Diesmal kommt ein Tiger, und Sie ahnen es schon: Er hilft dem Hasen nicht, sondern setzt sich auf die Kiste. Der Hase kann diesmal nicht in die Kiste steigen und sich freuen. Die Psychologen kommen mit den Tieren. Alle Kinder greifen nach dem … – Sie wissen es längst: dem Löwen.

Die drei Forscher sagen, Menschen müssen in der Lage sein, die Handlungen und Absichten der Menschen um sie herum einzuschätzen und präzise Entscheidungen darüber zu treffen, wer Freund und wer Feind ist, wer also zum Beispiel auch ein geeigneter Teampartner ist und wer nicht. Erwachsene bewerten Menschen schnell und automatisch auf der Grundlage von Verhalten und körperlichen Merkmalen. Dies beginnt aber schon früh, mit sechs bis zehn Monaten. Da bevorzugen Babys schon eine Person, die einer anderen hilft – gegenüber jemandem, der eine andere behindert. Noch genauer: Sie bevorzugen eine helfende Person gegenüber einer neutralen Person und bevorzugen eine neutrale Person gegenüber einer behindernden Person. Diese Fähigkeit entwickelt sich später weiter – mehr oder weniger, abhängig von den Werten im Umfeld, vom Verhalten anderer, von dem, was angesehen ist, was belohnt wird und was nicht.

In uns Menschen ist es also von Beginn an angelegt, helfende Mitmenschen zu erkennen und sie zu mögen. Man will mit diesen Menschen Kontakt haben. Mit Menschen, die nicht helfen und hemmende Absichten gegenüber anderen Menschen haben, möchte man nichts zu tun haben. »Man« ist in diesem Fall allerdings »das Baby«. Deshalb können wir nicht auf spätere Lebensalter verallgemeinern. Denn ein halbes Jahr später sieht die Sache schon etwas anders aus: In einer weiteren Studie machen die Forscher Folgendes: Sie führen dasselbe Experiment ein halbes Jahr später noch einmal durch. Diesmal nehmen 20 Prozent der Kleinkinder den Verhinderer. Warum?

Weil sie in der kurzen Zeitspanne in ihrem Leben von einem halben Jahr bis zu ihrem ersten Geburtstag bereits neue Erfahrungen mit ihren Mitmenschen gemacht haben. Vielleicht haben sie bei den Eltern gesehen, dass der Vater sich gegen die Mutter durchsetzt. Oder ein älteres Geschwisterkind hat versucht, sie für irgendetwas zu benutzen, anstatt dem kleinen Geschwisterkind zu helfen. Oder sie haben etwas auf der Straße oder auf dem Spielplatz beobachtet und erkennen: »Ach, so läuft der Hase.« Diese Erfahrungen werden sich im Laufe des Lebens dieser kleinen Kinder verstärken. Sie überlagern die grundlegend gegebene Hinwendung zu den Helfern. Noch später greifen noch mehr Kinder nach dem Verhinderer. Menschen werden also zu Verhinderern gemacht!

Die wichtigste Aussage dieser Studienreihe ist deshalb für mich: Niemand wird als Egoist geboren. Erst im Laufe seines Lebens wird der Mensch so egoistisch, wie er heute ist. Daraus schließe ich, dass wir doch noch Hoffnung haben können. Die Menschheit ist noch nicht im Egoismus verloren. Niemand wird so geboren – kein Egoist, kein mieser Chef, kein unkollegialer Selbstdarsteller. Die ursprüngliche Haltung wird nur überschrieben von den Erfahrungen des Lebens. Wir werden alle zu denjenigen gemacht, die wir heute sind, und heute sind unter uns eben unendlich viele Egoisten.

Nun können wir überlegen: Genauso, wie jemand den Egoismus erlernt, kann er diesen auch wieder verlernen. Zum Beispiel, indem wir in Unternehmen ein wir-förderliches Umfeld schaffen. Wir bräuchten Organisationen, in denen wir wieder wie diese sechs Monate alten Babys sein können. Nicht in dem Sinne, dass wir zu einer gemeinschaftlichen Kinderkrippe werden, sondern dass wir sinngemäß wieder so wie die Babys sein können. Mit der Haltung, mit der wir geboren wurden. Nämlich mit einem absolut sicheren Sinn dafür, welches Verhalten richtig ist: ein Verhalten, das andere Menschen fördert.

Die Führungskraft meines Geschäftsfreundes war ein typisches blaues Rechteck, die ihr Wissen nicht teilen wollte und seinem Nachfolger sein Wissen vorenthalten hat. Heute meiden ihn alle, erzählt der Freund mir. Zugleich fällt mir nun eine Führungskraft aus meinem eigenen Unternehmen ein, mit der ich heute noch telefoniere, sie ist längst in Rente: ein typisches gelbes Dreieck. Ulli Sieber. Geschäftsführer und Mitinhaber einer meiner Firmen. Er ist jemand, der anderen hilft, und er hilft ihnen gerne. Er war immer extrem offen und hat damit auch mir geholfen. Jedes Problem hat er sofort angesprochen. Auch in der Zeit, als ich noch ein relativ junger Unternehmer war und er viel älter als ich. Er hat anderen immer geholfen, ihre Potenziale zu entfalten. Bis heute. Wir haben zusammen vieles nach vorne gebracht.

Als er dann in Rente gehen musste, war er weiterhin der Prototyp eines gelben Dreiecks. Er hat dafür gesorgt, dass seine junge Nachfolgerin besser werden konnte als er. Sie wurde so gut von Ulli Sieber eingearbeitet und immer weiter aufgebaut, dass sie – bei einem gelben Dreieck »aufgewachsen« – heute erfolgreiche Unternehmerin und Firmeninhaberin ist.

Das passt genau zu dem, was ich sagen will: Wir brauchen eine neue Wir-Kultur für unseren Unternehmenserfolg, in der jeder jedem hilft und sich alle gegenseitig voranbringen wollen. Wir können sie schaffen, denn die Menschen wollen das ohnehin. Aber jetzt sind wir noch im ersten Teil dieses Buches. Hier geht es noch um den Egoismus. Am Ende des Buches wird es nur noch um die Wir-Kultur gehen. Dann sind wir wieder bei den Babys angekommen. Es geht, das sehe ich in unserem Unternehmen. Und das macht mich glücklich.

Doch wie ist es bei Ihnen momentan? Wie schätzen sich die Mitarbeiter selbst, wie schätzen sie sich gegenseitig ein? Ich tippe auf Folgendes: 90 Prozent sehen sich selbst als »gelbe Dreiecke«, von den anderen werden jedoch viel mehr als »blaue Rechtecke« gesehen. Und was meinen Sie:

Wer in Ihrem Umfeld ist gelbes Dreieck?

Wer ist blaues Rechteck?

Wer wollen Sie sein?

Wer sollen die Mitarbeiter in Ihrer Firma sein?

Fragen Sie jeden in Ihrem Team: »Siehst du dich als gelbes Dreieck oder als blaues Rechteck?« Das ist die Selbsteinschätzung der Mitarbeiter. Und? Wie viel Prozent gelbe Dreiecke und wie viel Prozent blaue Rechtecke haben Sie in Ihrem Team?

Fragen Sie – auch anonymes Fragen kann sinnvoll sein: »Was ist jeder andere für dich – gelbes Dreieck oder blaues Rechteck?« Damit erfahren Sie, wie jedes Teammitglied von den anderen eingeschätzt wird.

Wenn Sie die Selbst- und Fremdeinschätzung gegenüberstellen:

Was sagt das über Ihr Team aus?

Meine Videoempfehlungen für dieses Kapitel:

The New York Times – Magazine: »Can Babies Tell Right From Wrong?«

https://www.youtube.com/watch?v=HBW5vdhr_PA

Treeincement: »An Experiment by Kiley Hamlin: Helpers and Hinderers«

https://www.youtube.com/watch?v=anCaGBsBOxM

Drei Fahrschüler stehen rum – Warum die Egoismus-Kultur allen schadet

Der Übungsplatz ist noch leer an diesem Sonntagmorgen. Es riecht nach nahendem Sommer und trockenem Asphalt. Ich nehme die Atmosphäre in mich auf, und vor dem inneren Auge sehe ich schon unsere vielen Internatsfahrschüler und Mitarbeiter hier stehen und feiern. Dieses Feiern machen wir immer am Sonntag, wenn an einem Wochentag mitten in der Ausbildung ein Feiertag ist. Morgen, am Montag, ist der 1. Mai. Solch ein Treffen ist freiwillig, es ist unbezahlt, und zugleich wird es wie ein Familienausflug gesehen. Neben den Mitarbeitern und Kunden sind die Familien der Mitarbeiter da, auch das eine oder andere Haustier, einfach alle, die irgendwie dazugehören: Jeder, der will, kann mit am Start sein. Verbundenheit, gute Gespräche und die Freude am Zusammensein stehen im Vordergrund.

Eine Stunde später sind dann alle da. Wir machen ein paar Übungen mit den Fahrschülern. Einparken, Abschleppen, Slalomfahren. Der Grill mit den Thüringer Rostern glüht, es gibt Kaffee, alkoholfreie Getränke und noch ein paar Leckereien als Verpflegung. Ein echter Spaß für das Team und für die Schüler. Ein Grüppchen kann gar nicht mehr aufhören zu lachen, als einem von ihnen die Bratwurst vom Teller springt.

Ich habe nichts zu tun. Ich bin weder in die Organisation noch in die Umsetzung eingebunden. Das Team hat – wie immer bei uns – volle Planungsfreiheit, Budgetfreiheit, Umsetzungsfreiheit. Als überzeugter »AM-Unternehmer« (der Begriff wird weiter unten erklärt), der aufs Unternehmen schaut und frei für den Adlerblick bleibt, anstatt sich in den Umsetzungsdetails zu verlieren, wäre Organisatorisches nun auch wirklich nicht meine Aufgabe. Ich könnte nicht mehr frei denken. Ich könnte nicht mehr beobachten. Ich könnte nicht mehr wirken lassen, was ich sehe. An solch einem Maisonntag will ich genau das aber tun können.

Natürlich ist es mir wichtig, heute jedem vom Team »Hallo« zu sagen und ins Gespräch zu kommen. Aber abgesehen davon beobachte ich: die Stimmung im Team und mit den Fahrschülern, den Zusammenhalt, den Umgang miteinander. Und da fällt mir mitten im Grillduft der Rostbratwürste, mitten im Gelächter und Stimmengewirr auf dem Platz etwas auf, das im nächsten Moment meine gesamte Aufmerksamkeit bindet.

Ich bin nämlich nicht der Einzige, der das Treiben auf dem Übungsplatz beobachtet. Da sind noch drei junge Männer, die dasselbe wie ich tun. Die dastehen und gucken. Was ist da los? Ich frage meine Mitarbeiterin Nancy, ob sie die Herren kennt.

»Das sind Schüler aus unserem Fahrschulinternat«, gibt sie mir sofort Auskunft. »Aber nicht Pkw, sondern Lkw.«

»Und, warum machen die hier nicht mit? Hast du eine Ahnung, Nancy?«

Nach und nach kommt heraus, woran es liegt. Unsere beiden Lkw-Fahrlehrer konnten an diesem Sonntag nicht dabei sein, deshalb gibt es für diese drei Lkw-Fahrschüler niemanden, an den sie sich halten können. Weil die Fahrlehrer nicht da sind, ist auch kein Lkw auf dem Übungsplatz. Es gibt also nichts für sie zu tun, deshalb stehen sie rum und gucken nur zu.

Und nun kommt ein ganz ungutes Gefühl in mir auf. Ich rufe den einen der beiden Fahrlehrer an, die heute nicht da sein können. Und spätestens in dem Moment, in dem ich mit ihm telefoniere, weiß ich, was los ist. Egoismus liegt in der Luft. Ein Nicht-Mitdenken anderer. Diese beiden nicht anwesenden Fahrlehrer sind gerade gebunden in ihren eigenen Themen: Familienfest bei dem einen, Fototermin für die Hochzeit beim anderen. Keine Frage: Das sind wichtige Dinge, und auch an so einem Sonntag Grund genug, nicht dabei sein zu wollen. Keine Frage, kein Problem, niemand muss hier dabei sein. Das Problem liegt woanders.

Die Fahrlehrer haben keine Verantwortung fürs Ganze übernommen. Sie haben ein paar Gedanken zu wenig an die anderen investiert. Und diese wenigen Gedanken hätten alles geändert. Sie haben einfach vergessen, darüber nachzudenken, was sie als Lkw-Team hätten organisieren und mit anderen abstimmen sollen, damit ihre Schüler nicht rumstehen. Mehr nicht. Sie hätten nicht anwesend sein müssen. Nur ein, zwei Telefonate. Dann hätten ihre Lkw-Fahrschüler ein Teil der schönen Veranstaltung werden und sich dazugehörig fühlen können. Sie hätten nicht wie Fahrschüler zweiter Klasse herumhängen müssen.