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Eric Holler: Gelsenblut E-Book

Roman Just

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Beschreibung

Ein Mandant von Privatdetektiv Eric Holler, für den er herausfinden sollte, ob es seine Frau mit der Treue ernst nimmt, stirbt völlig unerwartet. Da der Privatschnüffler von seinem Kunden schon vorab vollumfänglich bezahlt worden war, befürchtet, die Ehefrau könnte mit dem Ableben ihres Gatten etwas zu tun zu haben, ermittelt er weiter. Was folgt, sind Abgründe der menschlichen Seele, die nicht vorhersehbar waren.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Zur Person:

1. Akt

Treue

Untreue

Liebesgeflüster

Sorgenfalten

2. Akt

Absichten

Pläne

Lagebesprechung

Login

3. Akt

Hellrot

Rot

Dunkelrot

Blut

04. Akt

Blutspuren

Bluttropfen

Blutlachen

Gelsenblut

Impressum

Eric Holler

Gelsenblut

Gelsenkrimi

3. Staffel – Band 1

Über den Autor

Roman Just ist in der Welt der Literatur in verschiedenen Genres unterwegs. Mit den Thrillern der "Tatort-Boston-Reihe" hat er den Einstieg in die Literaturwelt begonnen, sie dann mit den "Gelsenkrimis" fortgesetzt. Neben den Thrillern und Krimis arbeitet er an einer mehrteiligen Dystopie und einer historischen Familiensaga, hinzu kommen Ausflüge in andere Genres.

Der Autor und bekennender Selfpublisher ist Jahrgang 1961, lebt in Gelsenkirchen, leidet mit dem vor Ort ansässigen Fußballclub seit 1971 zu allen Zeiten mit, spielt außerdem gerne mit Mitmenschen Schach und beschäftigt sich leider nur noch gelegentlich mit der Astronomie.

Der Selfpublisher betreibt auf seiner Homepage zu allen seinen veröffentlichten Titeln Leserunden, außerdem bietet er einen Leserkreis, an dem ebenfalls aktiv teilgenommen werden kann.

Mehr über den Autor und seine Titel gibt es hier:

https://www.gelsenkrimi.dehttps://www.gelsenkrimi.de/ueber-michhttps://www.gelsenkrimi.de/leserkreishttps://www.gelsenkrimi.de/gelsenshop

https://www.autorromanjust.de/

Zur Person:

Sternzeichen: Jungfrau

Gewicht: Im Moment viel zu viel

Erlernter Beruf: Kellner

Derzeit tätig als: Autor/Selfpublisher

Charaktereigenschaften: Impulsiv/Hilfsbereit

Laster: Nie zufrieden mit einem Ergebnis

Vorteil: Meistens sehr geduldig

Er mag: Klare Aussagen

Er mag nicht: Gier und Neid

Er kann nicht: Den Mund halten

Er kann: Zuhören

Er verachtet: Tyrannen und selbstverliebte Subjekte

Er liebt: Das Leben

Er will: Ziele erreichen

Er will nicht: Unterordnen

Er steht für: Menschlichkeit

Er verurteilt: Hass, Mobbing, Eitelkeit

Er denkt: Auch Einfaches ist nicht einfach zu erledigen

Er meint: Die Achtung und der Respekt vor der Würde eines Menschen werden durch das Gendern nicht gestärkt.

1. Akt

Treue

N

ach dem Fall auf Schalke nahm sich Holler vor, nie wieder an die Geister in seinem Kopf zu denken. In erster Linie waren es Abby, seine ermordete Frau, und Silvia Riemer, die es ihm nicht leicht machen würden, sie zu vergessen. Auch Veronika Müller drohte in diese Kategorie zu fallen, doch was sie anbetraf, wusste er inzwischen von ihren Eltern, dass die freie Journalistin sich von ihm berufsmäßig nie beeinflussen hätte lassen. Selbst wenn aus ihrer kurzen Affäre eine feste Partnerschaft geworden wäre, die Frau war hinter großen Storys her, was bedeutete, kein Risiko zu scheuen. Holler war zu ihrer Beerdigung nach München gereist, bei dieser Gelegenheit besuchte er auch seine Eltern in Prien am Chiemsee. Was nun zählte, war die Gegenwart, über die Zukunft wollte Eric sich keine Gedanken machen, schließlich kam es immer erstens anders als man zweitens denkt.

Der Privatschnüffler hätte übertrieben gesagt so oder so keine Zeit gehabt, um über das was kommt nachdenken zu können. Vor ein paar Tagen war ein Mann in seinem Büro erschienen, der ihm den Auftrag erteilte, die Treue seiner Frau in den nächsten sieben Tagen auf Herz und Nieren zu prüfen. Bevor sich Holler versah, lag sein Honorar auf dem Schreibtisch, außerdem gab ihm der Mandant eine Adresse, wohin er die Fotos und den schriftlichen Bericht seiner Observation schicken sollte, gleich danach war der Kunde mit unübersehbarer Erwartung gegangen. Bei Eric entstand deswegen der Eindruck, dass sein Klient von der Untreue seiner Gattin überzeugt war, sich auf merkwürdige Weise darüber zu freuen schien, vielleicht aus Ungeduld, endlich die Scheidung einreichen zu können.

Im Anschluss hatte der Privatschnüffler die Angaben seines Auftraggebers überprüft, keine Ungereimtheiten gefunden, sich nur darüber gewundert, dass ihm von seinem Klient nicht die Privatadresse, stattdessen die Anschrift seiner Firma aufgeschrieben worden war. Dieses Detail besaß einen Widerspruch zu Hollers erster Wahrnehmung, welche der Mann nach dem Verlassen des Büros bei ihm hinterließ. Die Erwartung und die Vorfreude deuteten auf ein Wissen, dass der Klient über seine Frau besaß, er zudem gegen sie auszuspielen gedachte. Der Erhalt der Firmenadresse sprach hingegen dafür, sein Klient würde den Gang zu einem Privatschnüffler vor seiner Ehefrau verheimlichen wollen, zudem in Hinsicht auf ihre Treue unsicher sein. Eric wäre in diesen Minuten nicht imstande gewesen plausibel erklären zu können, warum ihm dieser Punkt sonderbar vorkam. Irgendetwas stieß ihm auf, nur bekam er es nicht zu greifen. In Erinnerung an identische Aufträge verhielt sich sein neuer Klient jedenfalls ziemlich ungewöhnlich. Andere Männer, auch Frauen, waren da ganz anders. Die meisten fürchteten sich vor dem Ergebnis der Beschattungen, manche weinten oft, wenn sich der Verdacht einer Affäre ihres Lebenspartners bestätigte. Insofern verhielt sich der Unternehmer aus Erics Sicht zweideutig, geradezu komisch. Wie auch immer, die Tagessätze für eine Woche schmückten seinen Arbeitsplatz, wodurch Hollers Motivation zwar keinen aufsehenerregenden Antrieb erhielt, nur waren der Ablauf der Unterredung und das Geld Fakten, die ihn dazu veranlassten, tätig zu werden. Am nächsten Tag begann er mit der Beschattung der Dame, die ihn ganz schön auf Trab hielt.

Am fünften Tag seines Jobs, erlebte der Privatdetektiv fast so etwas wie ein Déjà-vu. Bis dahin hatte die Ehefrau seines Mandanten sich keinen Fehltritt erlaubt, trotz der hohen Stöckelschuhe, die sie trug. Sie war rührig, stundenlang unterwegs, erledigte dies und das. Dann geschah es: Die Beobachtete stieg unvermittelt in ein Auto, am Steuer saß ein Mann. Bevor Holler in seinen in der Nähe geparkten Wagen steigen konnte, hatte er den Sichtkontakt verloren, sich anschließend gefragt, ob er Zeuge einer bestehenden Affäre wäre. In das Fahrzeug eines Mannes zu steigen, bedeutete nichts, obwohl es um eine ungewöhnliche Zeit geschehen war, nämlich um zehn Uhr abends. Es war ein Indiz, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Privatdetektiv überlegte, beschattete anschließend die Immobilie seines Auftraggebers, damit das Gebäude, zu dem ihn die der untreue Bezichtigte geführt hatte. Die Observation hatte Eric nämlich auf Bitte seines Klienten im freien Gelände begonnen. Holler war einverstanden, obwohl ihm missfiel, dass ihm der Mandant seine Privatadresse verheimlichte.

Wie stets in den letzten Tagen stand Eric früh auf, um seinen Auftrag professionell nachzugehen, denn das Objekt seiner Begierde bewältigte täglich ein Mammutprogramm, dass vermutlich selbst einen Triathlon- Athleten konditionsmäßig überfordert hätte. Dabei drehte es sich nicht nur um Unternehmungen, die der Freizeitgestaltung dienten. Einkaufen, Friseur, Maniküre der Fingernägel, zur Post und Bank gehen, Sonnenstudio, dazu gesellten sich gefühlt ewig lange Aufenthalte, die den Privatdetektiv nicht begeistern konnten. Die Frau seines Auftraggebers schien ein Faible für Tageszeitungen zu haben. Täglich besorgte sie sich verschiedene Ausgaben in einem Geschäft am Gelsenkirchener Hauptbahnhof, stets benutzte sie dazu die Straßenbahn. Im Laufe des Tages studierte sie die Zeitschriften, manchmal geschah es zuhause, öfter in Cafés. Eines stand fest: Der Ehefrau seines Auftraggebers auf den Fersen zu bleiben erwies sich keineswegs so einfach wie gedacht. Beschwerlich kam hinzu, dass die Dame jeden Morgen punkt sechs Uhr auf dem "Berger Feld" zu joggen pflegte, für Erics zuletzt schwächelnde körperliche Verfassung eine optimale berufliche Ausgangslage, doch genau dieser Punkt zwang ihn früher aus dem Bett.

Holler hatte sich damit abgefunden, in dieser Woche auf sein tägliches Frühstück in Lokalen verzichten zu müssen. Er gab sich nach der Morgentoilette samt Dusche mit einem "Instant-Kaffee" zufrieden, wie gewohnt gönnte er sich dazu eine Zigarette und hörte sich die Nachrichten im Radio an. In Gelsenkirchen wurde überwiegend der Sender "Emscher-Lippe" geschätzt, auch der Privatdetektiv hatte die Frequenz eingestellt. Als er die Lokalnachrichten vernahm, wäre ihm beinahe die Zigarette zwischen seinen Fingern entglitten.

Der Sprecher sagte: »Am gestrigen Abend ist der Gelsenkirchener Unternehmer Martin Röhrich tot in seinem Haus aufgefunden worden. Die Kriminalpolizei ermittelt, gab bisher keine Einzelheiten heraus. Wir bleiben dran, berichten weiter, sobald es neue Erkenntnisse gibt.«

Eric, der kurz vor der Nachricht nach seinem Kaffeepott gegriffen hatte und einen Schluck nahm, hätte sich neben dem vermiedenen Verlust seiner Zigarette beinahe verschluckt, als er den Namen des Verstorbenen hörte. Sein Klient war tot, was ihn ausnahmsweise in eine kurz anhaltende Starre versetzte. "Wie war sein Auftraggeber gestorben, warum ausgerechnet jetzt?«, ging es ihm durch den Kopf, plötzlich sprang er wie von einer Tarantel gestochen auf, eilte in die Breddestraße, wo Kriminalhauptkommissar Werthofen wohnte. Den Weg in das Polizeipräsidium, an dem er aus seiner Richtung kommend zwangsläufig vorbeischreiten musste, sparte er sich. Es war noch zu früh, um den Kripoangehörigen im Büro anzutreffen.

F

ür die zurückgelegte Strecke zu Werthofen wurde der Privatdetektiv belohnt. Obwohl die Kirchenglocken in der Stadt der tausend Feuer noch nicht einmal sechs Uhr morgens geschlagen hatten, fand sich Eric am Frühstückstisch der Werthofens wieder, staunte, dass Heike, die Gattin des Kriminalhauptkommissars, bereit war, schon zu dieser Morgenstunde die wechselhafte Laune ihres Mannes zu ertragen. Sie war es, die ihm die Tür geöffnet und ihn mit in die Küche zog, ihn dort auf die Sitzbank drückte. Der Tisch war bereits gedeckt, zusätzliches Geschirr und Besteck wurden blitzschnell hingestellt, wofür sich Holler bedankte, im gleichen Augenblick betrat Werthofen den Raum.

Nach einem mürrischen »Guten Morgen«, nahm er Platz, sah Holler an, als ob er ihm den Tag verdorben hätte. »Sie um diese Uhrzeit hier zu sehen, mir schwant nichts Gutes«, meinte er und goss sich Kaffee ein.

»Das Üble habe ich schon hinter mir«, entgegnete Holler.

»Nicht schon wieder, oder?« erwiderte der Kriminalhauptkommissar, ahnte, weshalb der Privatschnüffler aufgetaucht war, pirschte sich verbal an seine Vermutung heran: »Gleich werde ich von Ihnen zu hören bekommen, dass es zwischen Ihnen und dem gestern verstorbenen Martin Röhrich eine Verbindung gibt. Irre ich mich?«

»Er war mein Klient«, pflichtete Holler bei.

Werthofen legte das Messer aus seiner Hand, mit dem er ein Brötchen aufgeschnitten und mit Butter und Marmelade bestrichen hatte. »Warum wundert es mich nicht«, kommentierte er das Gehörte im Vergleich zu anderen Situationen ähnlicher Art ungewohnt gelassen.

»In welchen Mist war er verstrickt?«, fragte Werthofen ein bisschen hämisch klingend, da er aus Erfahrung wusste, da Hollers Auftraggeber sich im Nachhinein vereinzelt alles andere als koscher entpuppt hatten.

»Keinen, er wollte nur erfahren, ob ihm seine Frau treu ist. Deswegen bin ich hier. Wie ist Röhrich gestorben, falls ein Verbrechen vorliegt: Gehört seine Ehefrau zu den Verdächtigen?«, antwortete Eric mit einer Gegenfrage.

»Sie kennen die Regeln, zu laufenden Ermittlungen darf ich mich nicht äußern.«

Heike setzte sich an den Tisch, sah ihren Gatten kopfschüttelnd an. »Meine Güte, kannst du wenigstens zuhause deine Vorschriften bleiben lassen.«

Werthofen blickte von seiner Frau zu Holler. »Wissen Sie, was mir meine Holde damit sagen will?« Der Privatdetektiv verneinte, woraufhin ihn der Beamte aufklärte: »Ich habe eben zu hören bekommen, dass in diesem Haus nur die Regeln meiner Frau gelten.«

Eric sah Heike verlegen an, meinte an Manfred gerichtet: »So krass hat sie es bestimmt nicht gemeint, außerdem sind wir unter uns.«

»Nur das habe ich gemeint«, warf Heike ein, bezog sich dabei auf die Aussage des Privatschnüfflers, doch damit war es nicht getan. »Eric scheint mich besser zu verstehen und zu kennen als du«, hielt sie ihrem Mann vor.

Holler sah den Zündfunken für einen Streit unter den beiden durch Heikes Vorwurf gegeben, griff verbal ein. »Bitte, keinen Zwist am frühen Morgen, all das ist es nicht wert. Es ist egal, wie Martin Röhrich starb, falls ein gewaltsamer Tod vorliegt, kann ich bezeugen, dass es seine Frau nicht gewesen sein kann, womit auch mein Kommen erklärt wäre«, gab Holler von sich, belegte nebenbei ein Brötchen mit Wurstscheiben.

»Ach, Sie geben Frau Röhrich ein Alibi?«

»Falsch, ich bin bis zu einer bestimmten Uhrzeit ihr Alibi, wenn sie eines brauchen sollte.«

»So, so«, entkam es Werthofen hörbar ironisch, kaum gesagt, schlug er in einer unnachahmlichen Art einem weich gekochten Ei den Kopf ab.

Der Privatdetektiv runzelte die Stirn. »Das ist nicht Ihr ernst, oder?«

»Leider ja! Martin Röhrich wurde enthauptet. Der Täter muss mit enormer Wut vorgegangen sein. Wäre der Mord nicht im Haus passiert, sondern im Freien, wäre der Schädel womöglich im Kanal gelandet, so brutal und mit so viel Kraftaufwand muss er vorgegangen sein.«

Heike trank unterdessen ihren Tee aus, bat mit einem Lächeln um Entschuldigung, erhob sich und verließ den Raum. Holler sah ihr nach, bis sie auf den Treppen nach oben aus seinem Sichtfeld verschwunden war, wandte sich danach vorwurfsvoll an Werthofen. »Das hätten Sie auch etwas sanfter formulieren können.«

Der Augenbrauen des Kriminalhauptkommissars hoben sich. »Wegen Heike? Quatsch, sie hält mehr aus, als ich Horrorstorys von mir geben kann.« Werthofen unterbrach sich, blickte auf die Uhr, bevor er fortfuhr: »Sie muss gleich los, seit neuestem engagiert sie sich ab sieben Uhr morgens für ein paar Stunden im "Weißen Haus". Kennen Sie es?«

»Sie meinen sicher nicht jenes in Washington. Ist es das Gebäude, wo die Obdachlosen ihre Post abholen können, Kaffee, Tee und etwas zu Essen sowie Kleidung bekommen?«

»Genau. Meine heldenhafte Gattin hat die Nase voll vom Beerdigungsinstitut ihrer Mutter, nun genug von den Toten, scheint aber vom Regen in die Traufe geraten zu sein.«

»Wieso?«, zeigte sich Eric erstaunt und interessiert.

»Sie meint, manch ein Obdachloser riecht und sieht schlimmer aus als die Kunden meiner Schwiegermutter. Jedenfalls möchte Heike helfen, was ich ihr hoch anrechne.«

»Wirklich aller Ehren wert«, stimmte Holler zu, wechselte das Thema: »Wenn Röhrich geköpft wurde, kann es unmöglich eine Frau gewesen sein. Sind Sie anderer Meinung?«

»Müsste man denken, nur haben sich die Zeiten geändert. Früher haben mordende Frauen zumeist Gift verwendet, heutzutage haben sie keine Scheu, Messer, Pistolen und andere tödliche Waffen zu gebrauchen.«

»Kommen Sie, Werthofen, dabei handelt es sich nach wie vor um Ausnahmen. Nun, wie ich sagte, die Ehefrau des Ermordeten kann es nicht gewesen sein, außer der Todeszeitpunkt liegt nach zweiundzwanzig Uhr.«

»Wovon reden Sie?«, fragte Werthofen nun irritiert.

»Ich habe Frau Röhrich den ganzen Tag über beschattet, sie keine Sekunde aus den Augen verloren. Erst um genau drei Minuten nach zehn Uhr abends erhielt ich den sichtbaren Hinweis, sie könnte ihren Mann betrügen, verlor sie erstmals seit Auftragsbeginn aus den Augen.«

Werthofen wirkte nun komplett daneben. »Sprechen Sie über Frau Röhrich?«

»Natürlich, von wem denn sonst? Ich jage ihr doch in allerherrgottsfrüh, außer heute, im Berger Feld nach, umkurve im angemessenen Abstand mit ihr den Berger See.«

Der Kriminalhauptkommissar musterte den Privatdetektiv, als ob dieser komplett verrückt geworden wäre. »Also, Holler! Keine Ahnung, welche weibliche Person Sie observiert haben, Frau Röhrich war es jedenfalls nicht.«

»Wie kommen Sie auf diesen Unsinn?«

Werthofen lächelte, eindeutig fühlte er sich in der besseren Position. »Die Gattin des Ermordeten hat ihren Mann tot aufgefunden, es geschafft uns zu verständigen. Sie hat einen schweren Schock erlitten, liegt seit gestern neun Uhr abends im "Bergmannsheil", selbstverständlich unter Aufsicht, da sie tatsächlich bisher unsere einzige Verdächtige ist. Es ist somit völlig ausgeschlossen, dass sich Frau Röhrich in Ihrem Blickfeld befand.«

Holler fasste in die Innentasche seiner leichten Sommerjacke, obwohl August, war es morgens ziemlich frisch, holte das Bild hervor, welches er von seinem Klient bekommen hatte und reichte es an den Beamten weiter. »Das ist doch Frau Röhrich, oder?«

Werthofen schüttelte verneinend den Kopf. »Nein, keinen blassen Schimmer, wer das sein soll, aber Frau Röhrich ist es nicht.«

Für den Privatschnüffler brach die Welt wegen der Aussage und der unerwarteten Erkenntnis nicht zusammen, nur schien sie mit einem Schlag unwirklich geworden zu sein.

Untreue

A

li ein gewaltloser und großer Kleinkrimineller, zugleich aktiver Polizeispitzel und Hollers Informant, der ihm gelegentlich auch tatkräftig half, hatte während der Fußball-Europameisterschaft und den großen Konzerten im Juni und Juli seine Bande losgeschickt. Niemand brachte es laut über die Lippen, aber aus dem stolzen "Swiftkirchen" war während diesen Wochen ein lukratives "Klaukirchen" geworden.

Handys, Geldbörsen mit Bargeld, die zu den vorhandenen Kreditkarten oft die zugehörigen PIN-Nummern enthielten, Schmuck, Uhren, Videokameras sowie Gepäck jeder Art und Größe wechselten unfreiwillig den Besitzer. Das "Verwaltungsgebäude" Alis, welches ländlich hinter dem Gelsenkirchener Stadtteil Resse lag, verwandelte sich dadurch zu einer beeindruckenden Schatzkammer. Der Bandenboss, der tunesische Wurzeln besaß, deswegen von der Konkurrenz und gleichwertigen Geschäftspartnern mit "Tunesier" angesprochen wurde, genoss bei seinen Jungs den Ruf, fair zu sein und anständig zu bezahlen. Sie wiederum erwiesen ihm dafür eine unzerbrechliche Loyalität, selbst dann, wenn einer geschnappt wurde und ihm mehrere Jahre Haft drohten. Fakt war: Die Bandenmitglieder machten sich für ihren Boss die Hände schmutzig, waren bei weitem nicht so friedlich gestrickt wie der Mann, von dem sie Befehle, Aufträge und Jobs erhielten. Weder Kriminalhauptkommissar Werthofen noch Privatdetektiv Eric Holler wussten, wie viele Leute für Ali tätig waren, klar war, dass der Tunesier über eine kleine Armee das Zepter schwang. Letzteres stellte auch ohne konkrete Zahlen keine unerwartete Überraschung dar, schließlich gehörte Gelsenkirchen zu den ärmsten Städten Deutschlands. Immerhin: Während der FC Schalke 04 mit den vorderen Tabellenplätzen in der zweiten Liga nichts zu tun hatte, führte die Stadt der tausend Feuer ein trauriges Ranking an, die der Arbeitslosenquote. Schon deswegen konnte Ali über Zulauf an Arbeitskräften nicht klagen, es gab sogar Leute, die der Meinung waren, dass er inzwischen mehr Leute beschäftigte als der ansässige Fußballclub, der sich mittlerweile der Zahl von 200.000 Mitgliedern näherte.

Ob Ali selbst eine Ahnung hatte, wie viele Ganoven für ihn krumme Dinger drehten blieb fraglich, doch eines nicht: Es war schlichtweg unmöglich alle "Mitarbeiter" in- und auswendig zu kennen, auch ließ es sich nicht bewerkstelligen, sämtliche Gauner bei Laune zu halten. Genau so einen Typ hatte Eric Holler ins Polizeipräsidium gehen sehen, was geraume Zeit danach dazu führte, dass Kriminalhauptkommissar Werthofen seine verlorene Hochstimmung wiederfand, diese sich später sogar in eine fast euphorische Bombenstimmung verwandelte.

Manfred Werthofen hatte in der Vergangenheit in Bezug auf Ali häufig ein Auge zugemacht, ihm als Polizeispitzel so manches durchgehen lassen, doch das "faule Ei" aus den Reihen des Tunesiers beendete seine Nachsicht. Der Mann berichtete von regelmäßigen Betrügereien und Erpressungen, selbstverständlich wurden auch die Diebstähle im Juni und Juli erwähnt, die der Kriminalhauptkommissar als einen Angriff auf die Stadt wertete. Von besonderer Bedeutung war jedoch die Stellung des Verräters in Alis Gang. Er gehörte zum engsten Kreis, damit zu den wenigen Insidern in der Gruppe, die in der "Geschäftszentrale" des Tunesiers mehr oder weniger nach Belieben ein- und ausgehen durften. Die Aussage des Abtrünnigen Clan-Mitglieds besaß eine Wucht, die es dem Kripoangehörigen strengstens verbot, weiterhin Rücksicht auf den Tunesier zu nehmen. Binnen einer Stunde war aus dem harmlosen Kleinkriminellen ein Bandenboss geworden, der seinen Männern freie Hand ließ, wegsah von den Verbrechen, die er angeordnet und geduldet hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---