Zwanzig Jahre: Die Handlanger F-K - Roman Just - E-Book

Zwanzig Jahre: Die Handlanger F-K E-Book

Roman Just

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Beschreibung

Inhalt: Werdegänge zu Größen in der Zeit des Nationalsozialismus. In diesem Band werden die Handlanger beschrieben, deren Nachname mit den Buchstaben F bis K beginnt. Unter den Handlangern befinden sich nur höchstens fünf Namen, denen nichts oder nur wenig angelastet werden konnte, überraschend viele haben den Krieg überlebt und ebenso mussten zahlreiche Handlanger ihre Haftstrafen nur bedingt absitzen.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Zur Person:

Politiker und Funktionäre

F

G

H

J

K

Impressum

Zwanzig Jahre

Die Handlanger

F - K

Recherchiert, übernommen, aktualisiert und überarbeitet von

Roman Just.

Über den Autor

Roman Just ist in der Welt der Literatur in verschiedenen Genres unterwegs. Mit den Thrillern der "Tatort-Boston-Reihe" hat er den Einstieg in die Literaturwelt begonnen, sie dann mit den "Gelsenkrimis" fortgesetzt. Neben den Thrillern und Krimis arbeitet er an einer mehrteiligen Dystopie und einer historischen Familiensaga, hinzu kommen Ausflüge in andere Genres.

Der Autor und bekennender Selfpublisher ist Jahrgang 1961, lebt in Gelsenkirchen, leidet mit dem vor Ort ansässigen Fußballclub seit 1971 zu allen Zeiten mit, spielt außerdem gerne mit Mitmenschen Schach und beschäftigt sich leider nur noch gelegentlich mit der Astronomie.

Der Selfpublisher betreibt auf seiner Homepage zu allen seinen veröffentlichten Titeln Leserunden, außerdem bietet er einen Leserkreis, an dem ebenfalls aktiv teilgenommen werden kann.

Mehr über den Autor und seine Titel gibt es hier:

https://www.gelsenkrimi.de

https://www.gelsenkrimi.de/ueber-mich

https://www.gelsenkrimi.de/leserkreis

https://www.gelsenkrimi.de/gelsenshophttps://www.autorromanjust.de

Zur Person:

Sternzeichen: Jungfrau

Gewicht: Im Moment viel zu viel

Erlernter Beruf: Kellner

Derzeit tätig als: Autor/Selfpublisher

Charaktereigenschaften: Impulsiv/Hilfsbereit

Laster: Nie zufrieden mit einem Ergebnis

Vorteil: Meistens sehr geduldig

Er mag: Klare Aussagen

Er mag nicht: Gier und Neid

Er kann nicht: Den Mund halten

Er kann: Zuhören

Er verachtet: Tyrannen und selbstverliebte Subjekte

Er liebt: Das Leben

Er will: Ziele erreichen

Er will nicht: Unterordnen

Er steht für: Menschlichkeit

Er verurteilt: Hass, Mobbing, Eitelkeit

Er denkt: Auch Einfaches ist nicht einfach zu erledigen

Er meint: Die Achtung und der Respekt vor der Würde eines Menschen werden durch das Gendern nicht gestärkt. 

Politiker und Funktionäre

F

Andreas Feickert

1934–1936 Reichsführer Deutsche Studentenschaft

A

ndreas Feickert, geboren 7. Juli 1910 in Hamburg, gestorben am 15. November 1977 in Hitzacker an der Elbe, war ein hochrangiger nationalsozialistischer Studentenfunktionär in der Zeit des Nationalsozialismus. Von 1934 bis 1936 war er Reichsführer der Deutschen Studentenschaft, kurz DSt.

Der Sohn eines kaufmännischen Angestellten studierte ab 1929 Geschichte und Volkswirtschaftslehre an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, der Universität Hamburg und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Er trat zum 1. Juli 1931 in die NSDAP ein und wurde noch im selben Jahr Hochschulgruppenführer des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds, NSDStB, in Hamburg. Nach verschiedenen Funktionen in der DSt, 1932/33 Amtsleiter für Arbeitslager, 1934 Kreisführer in der Kurmark-Nord, wurde Feickert im Juli 1934 von Reichserziehungsminister Bernhard Rust als Führer der Deutschen Studentenschaft eingesetzt.

In diesem Amt, das er bis Anfang 1936 innehatte, wurde Feickert vor allem wegen des nach ihm benannten Feickert-Planes bekannt, der die Kasernierung aller Studienanfänger in sogenannten Kameradschaften vorsah. Feickerts entsprechender Erlass vom 20. September 1934 stieß nicht nur bei den traditionellen Studentenverbindungen, die um ihren Nachwuchs fürchteten, auf erbitterten Widerstand. Er rief zugleich den NSDStB unter Führung von Albert Derichsweiler auf den Plan, der die gesamte ideologische, politische und körperliche Ausbildung aller Studenten für den Studentenbund einforderte. Auf Bitten von Ernst Schlange schaltete sogar Adolf Hitler selbst sich in den Machtkampf ein; er verwarf den Feickert-Erlass mit dem überraschenden Argument, dass die Studenten überhaupt nicht zusammenleben sollten, weil sie sonst kein normales Gesellschaftsleben mehr .hätten und die Gefahr der Homosexualität zu groß sei. Rust wies Feickert und die DSt schließlich an, die Führung und Richtungsgebung der gesamten studentischen Erziehung, insbesondere die Lösung der Kameradschaftsfrage, dem NSDStB zu überlassen.

Nachdem der NSDStB in der Folgezeit zum Teil erfolgreich versucht hatte, der DSt weitere Arbeitsfelder, Arbeitsdienst, Auslandsarbeit, Fachschaftsarbeit, streitig zu machen, trat Feickert im April 1936 unter Protest zurück, weil der Studentenschaft keine unabhängigen Aufgaben mehr blieben. Ein halbes Jahr später wurden schließlich beide Organisationen unter dem neugeschaffenen Amt des Reichsstudentenführers Gustav Adolf Scheel zusammengeführt.

Feickert wurde später zu einer siebenmonatigen Haftstrafe wegen fahrlässiger Tötung und Fahrerflucht verurteilt, weil er noch während seiner Amtszeit im betrunkenen Zustand mehrere Autounfälle verursacht hatte. Am Zweiten Weltkrieg nahm er als Unteroffizier der Luftwaffe in der Wehrmacht teil.

In der Nachkriegszeit schloss sich Feickert der SPD an. Ab 1951 arbeitete an der Heimvolkshochschule Göhrde in Niedersachsen, die er von 1972 bis 1975 leitete.

Karl Fiehler

Münchner Oberbürgermeister

K

arl Fiehler, geboren 31. August 1895 in Braunschweig, gestorben am 8. Dezember 1969 in Dießen am Ammersee, war ein deutscher Politiker und von 1933 bis 1945 Münchner Oberbürgermeister.

Karl Fiehler war ein Sohn des Baptistenpredigers Heinrich Fiehler und dessen Ehefrau Emma, geborene Wulff. Er hatte vier Brüder und zwei Schwestern. Zu seinen Brüdern gehörte der Schriftsteller Werner Fiehler, ebenfalls Mitglied der NSDAP, der 1936/37 unter anderem wegen Urkundenfälschung für zwanzig Monate im KZ Dachau interniert wurde. Gerhard und Otto, zwei weitere Brüder Karl Fiehlers, hatten sich am Hitlerputsch 1923 beteiligt. Karl Fiehlers Bruder Johannes, auch Hans genannt, war hingegen als Pazifist ein Gegner des Nationalsozialismus.

Im Jahr 1902 übersiedelte Fiehler mit seinen Eltern nach München. Dort besuchte er die Realschule, durchlief eine kaufmännische Lehre bei der Münchener Diamalt AG und arbeitete ab 1914 in Schleswig-Holstein als Handlungsgehilfe. 1914 meldete sich Fiehler als Kriegsfreiwilliger, wurde aber wegen seiner schwächlichen Konstitution zunächst abgewiesen, bis er im Mai 1915 zur Armee einberufen wurde. Im Frühjahr 1917 beförderte man ihn zum Leutnant der Reserve. Nach einer Beinverletzung infolge von Kampfhandlungen wurde Fiehler in ein Münchner Lazarett eingewiesen. Seine Entlassung aus dem Bayerischen Heer erfolgte Ende 1918. Kurz zuvor hatte man ihn mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse, EK II, ausgezeichnet. Noch im Dezember 1918 erhielt Fiehler eine Aushilfsstelle beim Münchner Einwohneramt und musste die ersten freien Wahlen im Januar 1919 vorbereiten helfen. Ab dem 19. März 1919 arbeitete er bei der Münchener Stadtverwaltung als Aushilfe in einer Lebensmittelkartenverteilstelle. 1919 schloss er sich einer Einwohnerwehr an und stand der rechtsextremen Thule-Gesellschaft nahe. Im Februar 1922 wurde er verbeamtet, nachdem er die Prüfung für den mittleren Staats- und Gemeindeverwaltungsdienst erfolgreich abgelegt hatte. Zuvor war sein Antrag im Juli 1921 auf Verbeamtung noch gescheitert.

Noch vor seiner Entlassung aus dem Militärdienst heiratete Fiehler die Münchner Spediteurstocher Regina Kiendl. Aus ihrer Ehe gingen drei Töchter hervor: Regina, Annemarie und Gertrud.

Fiehler trat bereits 1920 der NSDAP bei. Am 6. November 1923 wurde er Angehöriger des Stoßtrupps Hitler, der den NS-Führer schützen sollte. Am 8. und 9. November 1923 beteiligte er sich aktiv am gescheiterten Hitlerputsch, nach welchem der Stoßtrupp Hitler verboten wurde, aus dem jedoch 1925 die Schutzstaffel, die SS, hervorging. Fiehler wurde am 28. April 1924 vom Volksgericht München I zu 15 Monaten Festungshaft in der Festung Landsberg und zu einer Geldstrafe von 30 Goldmark wegen Beihilfe zum Hochverrat verurteilt.

Von 1924 bis 1933 war er ehrenamtlicher Münchner Stadtrat und veröffentlichte 1929 im Münchner Eher-Verlag, dem zentralen Parteiverlag der NSDAP, die Grundzüge der NS-Kommunalpolitik in seinem 80-seitigen Buch Nationalsozialistische Gemeindepolitik. In den 1930er Jahren publizierte er mehrfach zu kommunalpolitischen Themen aus nationalsozialistischer Sicht.

Nach der Neugründung der NSDAP im Februar 1925 trat Fiehler der Partei zum 1. Juni 1925 erneut bei und wurde ihr Fraktionsvorsitzender. Obwohl weder Student noch Akademiker, wurde Fiehler auch Mitglied der 1923 gegründeten Wehrschaft Palaio-Germania München, einer schlagenden Studentenverbindung, die sich ausschließlich aus Anhängern des Nationalsozialismus rekrutierte.

Als "Alter Kämpfer, somit als Angehöriger der "Alten Garde", machte er eine steile Parteikarriere: Von 1927 bis 1930 war er Ortsgruppenleiter der NSDAP in München und von 1935 bis zum Ende der NS-Herrschaft im Frühjahr 1945 bekleidete er den Rang eines Reichsleiters der NSDAP, zunächst als Schriftführer, danach als Leiter des Hauptamtes für Kommunalpolitik. Er gehörte damit zum höchsten Führungszirkel der NSDAP und zu den engsten Mitarbeitern Adolf Hitlers in der Partei. Er war Mitglied der Akademie für Deutsches Recht. Innerhalb der SS stieg Fiehler auf: Am 31. Juli 1933 wurde er Standartenführer, am 24. Dezember 1933 Oberführer und schließlich am 27. Januar 1934 SS-Ehrenführer des Oberabschnitts Süd im Rang eines SS-Gruppenführers. Am 30. Januar 1942 wurde er zum SS-Obergruppenführer befördert und war bis zum 9. November 1944 dem Stab RFSS von Heinrich Himmler zugeteilt. Von 1933 bis 1945 war Karl Fiehler Mitglied des kompetenzarmen deutschen Reichstages. Von 1934 bis 1946 war er Mitglied des Senats der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.

Am 9. März 1933, dem Tag der Machtergreifung, besetzten zwei Alte Kämpfer das Direktorium des Münchner Rathauses und übernahmen die Stadtverwaltung. Christian Weber und Max Amann entrollten aus einem der oberen Fenster des Münchner Rathauses eine überdimensionale Hakenkreuzfahne. Zwar trotzte der Erste Bürgermeister Karl Scharnagl an Münchens Stadtspitze noch für elf Tage den neuen Machthabern, aber am 20. März 1933 musste er der Gewalt weichen. Am 22. März 1933 ernannte Adolf Wagner, bayerischer NS-Innenminister und Gauleiter von München-Oberbayern, Karl Fiehler zunächst kommissarisch zum Ersten Bürgermeister. Am 20. Mai 1933 erhielt Fiehler den Titel Oberbürgermeister. Innerhalb der NSDAP galt Fiehler als wenig robust in der Durchsetzung seiner Ziele. Weder dem korrupten Strippenzieher Christian Weber noch dem maßlosen Hegemonialanspruch des Gauleiters Adolf Wagner vermochte Fiehler wirkungsvoll und dauerhaft etwas entgegenzusetzen.

1933 wurden die kommunalen Spitzenverbände gezwungen, den Einheitsverband Deutscher Gemeindetag zu gründen. Zu dessen Vorsitzenden wurde der Münchner Oberbürgermeister Fiehler bestimmt. Die Geschäftsstelle befand sich an der Alsenstraße in Berlin-Tiergarten. Im Verlauf einer Besprechung zwischen Hitler und Fiehler am 2. August 1935 erhielt München den neuen Titel "Hauptstadt der Bewegung". Dieser sollte auf die Ursprünge der NSDAP in der bayerischen Metropole hinweisen. In den 1930er Jahren wurden von Paul Ludwig Troost, der vor Albert Speer "Hofarchitekt" Adolf Hitlers war, in München eine Reihe von Musterbauten der gigantomanen NS-Architektur errichtet. Es wurde eine grundlegende Umgestaltung Münchens beabsichtigt, die Karl Fiehler 1937 als Herausgeber des Bildbandes München baut auf. Ein Tatsachen- und Bildbericht über den nationalsozialistischen Aufbau in der Hauptstadt der Bewegung illustrieren wollte. Großprojekte wie die Verlegung des Hauptbahnhofs nach Laim kamen jedoch über das Planungsstadium nicht mehr hinaus.

1937 stiftete Fiehler im Stadtteil Mittersendling zum Gedächtnis Albanus Schachleiters den Abt-Schachleiter-Platz, der bis zur Entmilitarisierung 1945 Bestand hatte. Durch großzügige Eingemeindungen in die Stadt München stieg unter Fiehler die Einwohnerzahl von 746.000 im Jahr 1936 auf 889.000 im Jahr 1943. Um Christian Weber nach dem Tod von Karl Tempel am Zugriff auf das Amt des Zweiten Bürgermeisters zu hindern, verzichtete Fiehler vehement auf die Neubesetzung. Unter Fiehler mussten gleich drei bedeutende Münchner Sakralbauten weichen. Im Jahre 1938 wurden die Hauptsynagoge, die Matthäuskirche und die Klosterkirche der Englischen Fräulein im Nordflügel von Schloss Nymphenburg abgerissen.

Fiehler setzte sich für die Steigerung des Tourismus ein. In seinem Rang als Reichsleiter konnte er dabei entscheidend mitwirken. Ergänzend bekleidete er dafür wichtige Posten. So war er Vorsitzender der Bayerischen Gemeindebank, Aufsichtsrat bei der Deutschen Lufthansa, der Deutschen Städte-Reklame GmbH und der Wirtschaftsberatung Deutscher Gemeinden AG. Im Zweiten Weltkrieg gehörte Fiehler zu den Durchhaltestrategen.

Nach schweren Luftangriffen versammelte er stets noch in der Nacht seinen Führungsstab in seiner Dienstvilla, dem Haus Thannhof in Harlaching. In den letzten Kriegstagen war er noch an der Niederschlagung der Freiheitsaktion Bayern beteiligt.

Wenn es um Aktionen gegen Juden ging, wurde München unter Karl Fiehler zum Vorreiter. Der erste planmäßige Boykott gegen jüdische Geschäfte im Frühjahr 1933 wurde von ihm ausgesprochen eifrig betrieben. Karl Fiehler ordnete den Laden-Boykott in vorauseilendem Gehorsam bereits für den 30. März an, während offizieller Termin eigentlich der 1. April war. SA- und SS-Gruppen hatten bereits Anfang März 1933 jüdische Münchner Geschäftsleute terrorisiert und 280 von ihnen in Schutzhaft genommen. Fiehler untersagte im selben Jahr, ohne legale Grundlage, städtische Aufträge an nichtdeutsche Firmen zu vergeben. SA-Posten beschmierten Schaufenster jüdischer Geschäfte mit der Aufschrift "Jude" oder "Bin in Urlaub in Dachau". Schaufenster wurden eingeschlagen und Kunden eingeschüchtert, indem sie von der SA angepöbelt, registriert und manchmal sogar fotografiert wurden. München beeilte sich auch besonders mit dem Abbruch jüdischer Gotteshäuser. Propaganda-Minister Joseph Goebbels ließ die Hauptsynagoge schon im Juni 1938 zerstören, um herauszufinden, ob die arische Öffentlichkeit schockiert oder gleichgültig reagieren würde. Das apathische Verhalten der Bevölkerung ermutigte die Nazis zu neuen Exzessen. Am 9. November 1938 versammelte sich im großen Saal des Alten Rathauses in München auf Einladung des Oberbürgermeisters Fiehler nahezu die gesamte NSDAP-Spitze zu einem Kameradschaftsabend. Eine wüste antisemitische Hetzrede von Joseph Goebbels war für die anwesenden SA- und Parteiführer das Signal für eine allgemeine Hetzjagd auf Juden. In der später euphemistisch als Reichskristallnacht verharmlosten Pogromnacht wurden deutschlandweit zahlreiche Menschen getötet, gefoltert und verletzt. Der Verwüstung und Plünderung fielen viele jüdische Einrichtungen, Synagogen und Geschäfte zum Opfer.

Das Städtische Bestattungsamt in München verhielt sich unter Fiehler auf absurde Weise streng antisemitisch. Es weigerte sich, verstorbene Christen jüdischer Abstammung im Krematorium einzuäschern. Auch durften auf den Münchner Friedhöfen so genannte Judenchristen in ihren eigenen, längst bestehenden Familiengräbern nicht mehr bestattet werden. Das Amt verwies die Angehörigen bürokratisch an die Israelitische Kultusgemeinde. Beim Begräbnis auf dem jüdisch-orthodoxen Friedhof war das Tragen des evangelischen Talars nicht mehr erlaubt. Johannes Zwanzger, der im Dezember 1938 zum Leiter der Münchner Hilfsstelle für nicht-arische Christen ernannt worden war, formulierte für den evangelisch-lutherischen Landeskirchenrat eine erfolglose Beschwerde an Oberbürgermeister Fiehler.

Der Entrechtung der Juden folgte im Zweiten Weltkrieg der Völkermord. Am 20. November 1941 fuhr der erste Deportationstransport mit 1.000 Juden von München nach Riga ab. Den verängstigten Menschen wurde vorgespiegelt, es handele sich um eine Evakuierung. Der Transport wurde in das Ghetto Kauen in der litauischen Stadt Kaunas umgeleitet, weil das Rigaer Ghetto zu diesem Zeitpunkt überfüllt war. Im Fort IX von Kaunas wurden die Menschen kurz nach ihrer Ankunft am 25. November 1941 von der Einsatzgruppe A unter dem Kommando des SS-Brigadeführers Walter Stahlecker bei einer Massenerschießung ermordet. Bis zum Februar 1945 verließen insgesamt 42 Transporte in unregelmäßigen Abständen München: Zur Vernichtung nach Kaunas, Piaski bei Lublin und Auschwitz sowie in das "Alters- und Prominentenghetto" Theresienstadt. Nach dem Holocaust war das jüdische Leben in München nahezu erloschen. Von einst 12.000 Münchner Juden konnten 7.500 rechtzeitig vor den Nationalsozialisten fliehen. Fast 3.000 wurden in KZs deportiert. Nur 430 überlebende Münchner Juden kehrten 1945 in ihre Heimatstadt zurück.

Am 30. April 1945 erreichten Soldaten der 7. US-Armee den Marienplatz, um 16.05 Uhr wurde ihnen das Rathaus übergeben. Damit endete die NS-Zeit in München. München wurde Teil der US-Besatzungszone. Am 4. Mai 1945 setzten die Amerikaner Karl Scharnagl wieder ins Amt des Oberbürgermeisters ein. Mit dem Einmarsch der US-Truppen setzte sich Fiehler zusammen mit Gauleiter Paul Giesler und weiteren Stabsbeamten nach Traunstein ab. Als am 2. Mai 1945 Hitlers Tod bekannt wurde, entließ Giesler alle, so auch Fiehler, der sich daraufhin zu Fuß über München in sein Landhaus in Buch am Ammersee durchschlug.

Am 14. Januar 1949 wurde Fiehler von der Hauptspruchkammer München als Aktivist eingestuft und zu zwei Jahren im Arbeitslager Hammelburg verurteilt, wo er als Blockfourier tätig war. Zur Verteidigung stellte sich Fiehler als geistig minderbemittelt dar, was aber als unglaubwürdige Schutzbehauptung gewertet wurde. Trotzdem gingen die Richter von einer geistigen Begrenztheit des Angeklagten aus, die es ihm nicht gestattet habe, politische Verantwortlichkeit und politische Zusammenhänge zu erkennen.

Die Verurteilung umfasste die Einziehung eines Fünftels seines Vermögens, den Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts sowie ein zwölfjähriges Berufsverbot. Als strafmildernd wurde berücksichtigt, dass Fiehler die Sprengung von Isarbrücken durch die Wehrmacht verhindert hatte und damit für München die Strom- und Wasserversorgung gesichert hatte. Die Haft musste Fiehler nicht antreten, da man ihm eine dreieinhalbjährige Internierungszeit anrechnete. Er lebte bis zu seinem Tod 1969 zurückgezogen in Dießen am Ammersee, ab 1. August 1958 in Breitbrunn am Ammersee und arbeitete als Buchhalter. Fiehlers Ehefrau starb am 17. Dezember 1949. In zweiter Ehe heiratete er eine Witwe mit vier Kindern.

1962 verpflichtete ein Verwaltungsgerichtsbeschluss die Stadt München, Karl Fiehler die Pension eines städtischen Obersekretärs zu zahlen. Diese Stellung hatte er vor seiner Ernennung zum Bürgermeister innegehabt. Fiehler legte gegen diesen Beschluss Berufung ein, um das Ruhegehalt eines Oberbürgermeisters zu erstreiten. 1963 wurde die Berufung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verworfen. 1965 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil.

Fiehler hatte vier Brüder und zwei Schwestern: Werner Fiehler, Johannes Fiehler, Otto Fiehler, Gerhard Fiehler, Frieda Anna Emma Fiehler und Elisabeth Fiehler. Fiehlers erste Eheschließung erfolgte am 25. September 1918 in München mit Regina Rosina Kiendl. Aus der Ehe gingen die Töchter Emma Regina und Annemarie hervor. In zweiter Ehe heiratete Fiehler am 2. Mai 1951 in München die Margarete Josephine Maria, verwitwete Roßmann.

Eugen Fischer

Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik

E

ugen Fischer, geboren 5. Juni 1874 in Karlsruhe, gestorben am 9. Juli 1967 in Freiburg im Breisgau, war ein deutscher Mediziner, Anthropologe, Erbbiologe, Eugeniker und nationalsozialistischer Rassenhygieniker.

Eugen Fischer besuchte das Großherzogliche Gymnasium Freiburg. Er studierte Medizin und Naturwissenschaften an der Universität Freiburg im Breisgau sowie der Ludwig-Maximilians-Universität München und wurde 1898 promoviert. 1900 habilitierte er sich auf dem Gebiet der Anatomie und Anthropologie. Von 1900 bis 1912 lehrte er als Privatdozent für Anatomie in Freiburg, ab 1904 als Titularprofessor. 1908 unternahm er eine Forschungsreise zum Studium von Rassenkreuzungen zu den Baster in Deutsch-Südwestafrika, die von der Preußischen Akademie der Wissenschaften finanziert wurde. 1910 gründete er die Ortsgruppe Freiburg der Gesellschaft für Rassenhygiene, Fritz Lenz wurde ihr erster Schriftführer.

Im Sommersemester 1912 lehrte er als außerordentlicher Professor an der Universität Würzburg, kehrte aber bereits zum Wintersemester 1912/13 wieder nach Freiburg zurück. Zwischen 1918 und 1927 war Fischer Ordinarius und Direktor des Anatomischen Instituts der Universität Freiburg. Von 1927 bis 1942 hatte er den Lehrstuhl für Anthropologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin inne. 1925 unternahm er eine Forschungsreise auf die Kanarischen Inseln. Im gleichen Jahr wurde er Mitherausgeber der neuen Zeitschrift Volk und Rasse. 1927 wurde er Mitglied der Berliner Mittwochsgesellschaft und blieb es bis zu seiner Emeritierung und seinem Wegzug aus Berlin 1942. Zwischen 1927 und 1942 war Eugen Fischer Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin-Dahlem. Von 1933 bis 1935 war er Rektor der Berliner Universität. 1932 wurde er Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte und 1937 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Am 28. Dezember 1939 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde zum 1. Januar 1940 aufgenommen. Auch war er führendes Mitglied im NS-Dozentenbund. 1944 erhielt er den Adlerschild des Deutschen Reiches als höchstmögliche Auszeichnung in der Wissenschaft.

Gemeinsam mit Carl Correns, Richard Goldschmidt und Erwin Baur betrieb er die Gründung des Kaiser-Wilhelm-Instituts, KWI, für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin, dessen erster Direktor er zwischen 1927 und 1942 war und das 1944 nach ihm umbenannt wurde. In dieser Funktion war er ein führender Befürworter der Rassengesetze und damit, laut Sheila Faith Weiss, in die Verbrechen der Nationalsozialisten verstrickt. Als Direktor des KWI war Fischer von 1927 bis 1942 Wissenschaftliches Mitglied der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Von 1933 bis 1946 war er Mitglied des Senats der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, KWG. Nach seinem Umzug nach Freiburg war er von 1943 bis 1948 Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied der KWG.

1933 sorgte Fischer als Rektor der Berliner Universität für die Entlassung vieler jüdischer Wissenschaftler. Er unterzeichnete am 4./5. März 1933 den Aufruf "Die Berliner Hochschullehrer für Adolf Hitler". Ebenso unterstützte er als Redner neben Minister Goebbels die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Am 16. Juli 1933 führte er eine im Berliner Rundfunk übertragene Diskussionsrunde, zusammen mit Otmar Freiherr von Verschuer und Walter Stölting, zum Thema "Erbforschung tut not".

1937 setzte er mit anderen Professoren die, auch damals illegale, Zwangssterilisierung vieler sogenannter "Rheinlandbastarde" durch. Er war Richter am Erbgesundheitsobergericht in Berlin, Generalarzt für rassenbiologische Fragen der Reichsstelle für Sippenforschung und Ausbilder für Eignungsprüfer zur Eindeutschung polnischer Kinder. 1941 war er im Beirat der Forschungsabteilung Judenfrage in Walter Franks Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschland und dort Mitautor des Bandes "Das antike Weltjudentum. Tatsachen, Texte, Bilder" in der Reihe "Forschungen zur Judenfrage".

1934 schrieb er in der badischen Zeitschrift Mein Heimatland, die Bekämpfung der Juden habe nicht das Ziel, wirtschaftliche Gewinner, geistige Konkurrenz loszuwerden, sondern es gehe um die Rettung der Rasse, die das Deutschtum geschaffen hat, und ihre Reinigung von Fremdem, rassenmäßig anderem, das ihre geistige Entwicklung in andere Bahnen zu bringen drohte und teilweise gebracht hat. Viele persönlich hochachtbare, gern sich einfügende wertvolle Menschen werden hart und grausam getroffen. Ist ein Opfer zu groß, wenn es gilt, ein ganzes Volk zu retten? Die wieder begründete Deutsche Gesellschaft für Anthropologie ernannte ihn 1952 zum Ehrenmitglied. 1952 wurde er Ehrenmitglied der "Gesellschaft für Konstitutionsforschung" in Tübingen unter Ernst Kretschmer. Fischer führte eine Ehe mit Else Walter, aus der drei Kinder hervorgingen. Nach dem Krieg lebte er erst in Sontra, dann in Freiburg im Breisgau.

Wissenschaftlich befasste sich Fischer mit der genetischen Variabilität des Menschen, er war einer der Exponenten der humangenetischen Richtung innerhalb der damaligen Anthropologie. Er behauptete unter anderem, dass sich menschliche Rassenmerkmale nach den Mendelschen Regeln vererben würden. Zu diesem Zweck unternahm er 1908 eine Forschungsreise nach Deutsch-Südwestafrika für eine Studie zu Rassenkreuzungen. 1913 veröffentlichte er die Ergebnisse über diese sogenannten Rehobother Bastards. Diese Studie, die den Nachweis der Vererbung der Rassenmerkmale nach den Mendelschen Regeln am Menschen erbracht haben soll, war bis in die 1960er Jahre hinein wirkungsmächtig und hat bis dahin diverse Neuauflagen erfahren. Dabei untersuchte er 300 niederländisch-afrikanische Mischlinge.

Fischer rief 1921 öffentlich dazu auf, Menschenschädel und Knochen aus den Kolonien nach Deutschland zu verschiffen. Im Jahr 2014 wurden 14 solche Schädel identifiziert und nach Namibia zurückgeführt. Fischers statischer Rassenbegriff wurde zur wissenschaftlichen Legitimation rassistischer Ideologien benutzt, er selbst unterstützte ab 1933 mit seinem Institut die Rassen- und Bevölkerungspolitik der Nationalsozialisten und gilt somit als Wegbereiter der nationalsozialistischen Rassentheorien. Er schrieb zusammen mit Erwin Baur und Fritz Lenz das Werk Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene, in späteren Auflagen bis 1936 Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene. Dies hatte Einfluss auf die nationalsozialistischen Rassentheorien und die Aktion T4. Das Buch wurde in der zeitgenössischen Fachwissenschaft, nicht nur in Deutschland, überwiegend gelobt und 1931 ins Englische übersetzt. Ebenfalls bis in die 1960er Jahre war es, eher geläufig unter dem Kurztitel "Baur-Fischer-Lenz", das Standardwerk der Anthropologie, für die Lehre an Universitäten eingesetzt.

Unstimmigkeiten mit den Nationalsozialisten gab es in der Judenfrage, da Fischer hier ethnische Gruppen anders beurteilte. Dies behielt Fischer aber für sich und zensierte sich selbst, indem er in späteren Ausgaben von Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene das Kapitel über seine Beschreibungen zu einzelnen Rassen entfernte. 1944 veröffentlichte er zusammen mit Gerhard Kittel Das Antike Weltjudentum - Forschungen zur Judenfrage.

Fischer legte Wert darauf, dass die Rassentheorie dem Nationalsozialismus vorausgegangen war. Als ein nationalsozialistischer Redner die Eugenik als Erfindung der NSDAP darstellte, unterbrach ihn der aufgebrachte Fischer mit den Worten: "Sie, gemein war die NSDAP, besteht lange nicht so lang wie unsere eugenische Bewegung."

Hugo Fischer

Stabsleiter des Reichspropagandaleiters

H

ugo Fischer, geboren 17. Januar 1902 in München, gestorben am 11. Juli 1979 in Holzkirchen, war ein deutscher Politiker und Stabsleiter der Reichspropagandaleitung der NSDAP.

Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums wurde Fischer kaufmännischer Angestellter. Schon Ende 1922 trat er der NSDAP bei. Im Jahr 1923 wurde er Mitglied der SA und kam in das 2. Bataillon des SA-Regiments München. Im gleichen Jahr beteiligte er sich am Hitlerputsch. Als Teilnehmer des Hitlerputsches wurde er mit dem Goldenen Parteiabzeichen der NSDAP und dem Blutorden ausgezeichnet. In München-Süd wurde er 1925 Propagandaleiter der NSDAP, trat der neu gegründeten Partei aber erst zum 29. März 1926 formell bei. Anschließend wurde er 1927 Adjutant von Heinrich Himmler. Zum Leiter des Versammlungswesens der NSDAP stieg er im August 1930 auf.

Im Jahr der NS-Machtübernahme wurde er im April 1933 Stabsleiter und stellvertretender Reichspropagandaleiter der NSDAP in München und Reichshauptamtsleiter der NSDAP. In dieser Eigenschaft hielt er beispielsweise den ersten Lehrgang der Gau- und Kreispropagandaleiter der NSDAP vom 24. bis 26. April 1939 auf der Ordensburg Vogelsang ab. Joseph Goebbels ernannte ihn zum Mitglied des Reichskultursenats. Am 5. September 1936 eröffnete er die "Große antibolschewistische Ausstellung" der Reichspropagandaleitung im Rahmen des Reichsparteitages in der Nürnberger Norishalle. 1940 war er neben dem Stabsleiter noch Hauptamtsleiter des Amtes Kultur und des Reichsautozugs Deutschland beim Reichspropagandaleiter des NSDAP. Im April 1942 gab er alle Ämter in der Reichspropagandaleitung der NSDAP ab. Das Amt des Stabsleiters der Reichspropagandaabteilung der NSDAP übernahm Eugen Hadamovsky.

Im Juli 1933 war er Führer der Nationalsozialistischen Reichsfachschaft Deutscher Werbefachleute, NSRDW, geworden und wurde am 15. November 1935 zum Kultursenator ernannt. Später war er Reichsfachschaftsleiter der NSRDW, Präsident des Instituts für Deutsche Kultur- und Wirtschaftspropaganda und Präsident der Vereinigung Deutscher Werbung. Am 18. März 1939 wurde er Leiter der Reichspropagandaleitung für die Volksabstimmung am 10. April 1938. Für den Wahlkreis Berlin-Ost wurde er 1936 Reichstagsabgeordneten und gehörte von März 1936 bis 1945 für den Wahlkreis 3 dem funktionslosen nationalsozialistischen Reichstag an.

Am 30. Januar 1938 war er als SA-Führer z. V. dem Stab der Obersten SA-Führung zugeteilt und wurde zum gleichen Tag SA-Oberführer. In der SA erfolgte 1941 die Beförderung zum SA-Brigadeführer.

Ludwig Fischer

Warschauer Gouverneur

L

udwig Fischer, geboren 16. April 1905 in Kaiserslautern, gestorben am 8. März 1947 in Warschau, war ein deutscher Politiker, Jurist und SA-Führer zur Zeit des Nationalsozialismus sowie von 1939 bis 1945 Gouverneur des Distrikts Warschau im Generalgouvernement Polen. Im März 1947 wurde Fischer als Kriegsverbrecher in Polen zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Ludwig Fischer war Sohn streng katholischer Eltern. Er besuchte die Volksschule 3¼ Jahre und die Oberrealschule in Kaiserslautern neun Jahre. Anschließend studierte er fünf Jahre Jura und Staatswissenschaften in Heidelberg, München, Würzburg und Erlangen. Nach Abschluss des Staatsexamens wurde er 1929 an der Universität Erlangen zum Dr. jur. promoviert. Der Titel seiner 1930 in München erschienenen Dissertation lautete: Die unterlassene Verbrechens-Anzeige. Von 1928 bis 1932 sammelte er Gerichtspraxis in München und Kaiserslautern. Er sprach fließend Englisch und Französisch.

Schon früh zeigte sich Fischer von der nationalsozialistischen Bewegung angesprochen und trat zum 20. Mai 1926 in die NSDAP und im Februar 1929 in die SA in München, Ortsgruppe Braunes Haus, ein. Dort wohnte er in Obermenzing, Lindenallee 43, später Rathochstraße 87. Am 1. März 1931 kam er in das Reichsrechtsamt der NSDAP. Dort nahm er die Position als stellvertretender Leiter der Rechtsabteilung ein. Im gleichen Jahr wurde er zum SA-Standartenführer der Abteilung III beim Stabe der Obersten SA-Führung, OSAF, befördert. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er 1933 zum Regierungsrat ernannt. Er trat der in München neu gegründeten Akademie für Deutsches Recht unter Reichsminister Hans Frank bei und hatte dort eine Position als Hauptdienstleiter inne. Fischer wurde im November 1937 Mitglied des Reichstags, Wahlkreis 23 Düsseldorf West. Zum 1. Mai 1937 erfolgte die Beförderung zum SA-Oberführer. Fischer wurde 1938 Stabsleiter des Reichsrechtsamts der NSDAP und leistete bereits 1937 seinen Wehrdienst ab.

Als am 26. Oktober 1939 durch Erlass das Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete gegründet wurde, wurde Fischer am 24. Oktober 1939 zum Verwaltungschef des Distrikts Warschau ernannt und unterstand damit direkt dem Generalgouverneur, seinem ehemaligen Vorgesetzten in der Akademie für Deutsches Recht, Hans Frank. Fischer setzte den Rechtsanwalt Heinz Auerswald zum Kommissar des Warschauer Ghettos ein. Im Dezember 1940 forderte er für Juden, die das Ghetto unbefugt verlassen hatten, die Todesstrafe. Am 25. April 1941 wurde sein Titel in Gouverneur umgewandelt. Auch in der SA stieg er weiter auf: Am 9. November 1939 erfolgte die Ernennung zum SA-Brigadeführer, am 26. Oktober 1940, anlässlich des einjährigen Bestehens des Generalgouvernements, zum SA-Gruppenführer. Fischer wohnte in einer requirierten Villa im Warschauer Nobelvorort Konstancin. Vom 10. April 1943 bis Ende Mai 1943 war Fischer in Personalunion kommissarischer Gouverneur im Distrikt Lublin.

Am 29. August 1943 befahl er seiner Wachmannschaft, mit gezielten Schüssen die Zuschauer eines Fußballspiels in Konstancin auseinanderzutreiben, dabei gab es mehrere Tote. Der Generalgouverneur hatte Sportveranstaltungen für Polen verboten. Am 9. August 1944 wurde Fischer während des Warschauer Aufstandes verwundet und erhielt dafür am 22. August das Eiserne Kreuz II. Klasse und das K. V. K I mit Schwertern. Fischers Vizegouverneur, der vorherige Abteilungsleiter im Präsidialbüro des Gouverneurs des Distrikts Warschau, Herbert Hummel, kam bei dem Aufstand ums Leben. Fischer floh am 17. Januar 1945 aus Warschau und setzte sich nach Bad Neustadt an der Saale ab, wo er am 10. Mai 1945 von Angehörigen der US-Armee verhaftet wurde. Am 30. März 1946 wurde er an die polnischen Behörden ausgeliefert und am 17. Dezember 1946 in Warschau mit drei weiteren Beschuldigten angeklagt.

Am 3. März 1947 wurde Fischer vom Obersten Nationalen Tribunal in Warschau zum Tod durch Hängen und zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit verurteilt, das Urteil wurde am 8. März im Warschauer Gefängnis Mokotów vollstreckt. Fischer war mit Freda Coblitz verheiratet und hatte zwei Töchter. Freda war die Schwester des Juristen Wilhelm Coblitz, der das im April 1940 von Hans Frank an der Universität Krakau installierte und auch in Gebäuden der Jagiellonen-Universität residierende Institut für Deutsche Ostarbeit leitete. Fischer unterhielt zu Generalgouverneur Frank private Kontakte.

Friedrich Flick

Wehrwirtschaftsführer

F

riedrich Flick, geboren 10. Juli 1883 in Ernsdorf, gestorben am 20. Juli 1972 in Konstanz, war ein deutscher Unternehmer. Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges hielt sein Flick-Konzern umfangreiche Unternehmensbeteiligungen, besonders im Rüstungsbereich. Im Flick-Prozess wurde er als Kriegsverbrecher zu sieben Jahren Haft verurteilt. In der Nachkriegszeit begann sein Wiederaufstieg, wobei er zu einem der reichsten Männer der Bundesrepublik Deutschland wurde. Seine Söhne waren Otto-Ernst Flick, Rudolf Flick und Friedrich Karl Flick. Der zweitgeborene Sohn Rudolf kam als Soldat am 28. Juni 1941, sechs Tage nach Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion, ums Leben.

Friedrich Flick kam am 10. Juli 1883 als Sohn eines Landwirts und finanziell abgesicherten Grubenholzhändlers, der auch einige Anteile an Siegerländer Erzgruben hielt, in Ernsdorf, heute Ortsteil von Kreuztal, Kreis Siegen-Wittgenstein, zur Welt. Flick besuchte das Realgymnasium in Siegen, absolvierte eine Lehre zum Kaufmann bei der Bremerhütte im heutigen Siegener Stadtteil Geisweid, leistete seinen Wehrdienst ab und begann ein Studium an der Handelshochschule Köln. Seit seiner Jugend las Flick eifrig Unternehmensbilanzen. Flick war einer der ersten Studenten, die nicht nur ein Betriebswirtschaftsstudium, sondern auch ein Studium der Volkswirtschaft absolvierten. Einer seiner Lehrer war dort Eugen Schmalenbach, der Entwickler der dynamischen Bilanztheorie. Seine erste Anstellung bekam er, nachdem er 1906 seinen Abschluss als Diplom-Kaufmann erhalten hatte, wieder bei der Bremer Hütte. Zum 1. Juli 1913 wechselte er dann in den Vorstand der Eisenindustrie zu Menden und Schwerte in Schwerte/Ruhr, einem kombinierten Werk mit Stahlerzeugung und Weiterverarbeitung. Bereits zum 31. März 1915 verließ er das Unternehmen auf eigenen Wunsch.

Sein Aufstieg begann 1915 als Vorstandsmitglied bei der Charlottenhütte in Niederschelden, in die er sich mit der Zeit einkaufte. Dies finanzierte er durch Gewinne an Betrieben, die er überteuert als Vorstandsmitglied kaufte, nachdem er sich zuvor an ihnen beteiligt hatte, oder indem er privat Schrott aufkaufte und an seine eigene Firma weiterverkaufte. Im Ersten Weltkrieg mit seinem Rüstungsboom führte er den Betrieb zu großen wirtschaftlichen Erfolgen und wurde schließlich 1919 sein Generaldirektor. Der Versuch, sich einen Stand im Ruhrgebiet zu verschaffen, scheiterte zunächst an den dortigen Industriemagnaten. Allerdings konnte Flick verhindern, dass sich diese ihrerseits im Siegerland etablierten. Über Betriebsaufkäufe in Oberschlesien und Mitteldeutschland, die er mit dank der hohen Inflation günstigen Kredite finanzierte, baute er sein Unternehmen aus. Insbesondere im an Polen abgetretenen Ostoberschlesien konnte er Betriebe sehr günstig von den deutschen Alteigentümern aufkaufen, welche eine entschädigungslose Enteignung durch den polnischen Staat fürchteten. Hierzu gründete er in den neutralen Niederlanden drei verschachtelte Holdinggesellschaften, die Metafina, Nedehand und Commerce, mit teilweise US-amerikanischer Kapitalbeteiligung zur Absicherung gegen Enteignungsrisiken. Mithilfe dieser Gesellschaften erwarb er die Kattowitzer AG für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb und die Vereinigte Königs- und Laurahütte und weitere Unternehmen. Beigetragen zur Übernahme dieser Unternehmen hatte auch die verdeckte Vergabe von zinsgünstigen Krediten durch einen Sonderfonds des deutschen Außenministeriums. Ziel der deutschen Außenpolitik in den 1920er Jahren war die Rückgewinnung Ostoberschlesiens. Daher sollten die großen Industriebetriebe in deutschem Besitz verbleiben und nicht in polnischen Besitz übergehen. Aus Gründen der Vermögenssicherung und Risikominimierung wollten die meisten deutschen Großaktionäre dieser Gesellschaften, die Industriellenfamilien Henckel von Donnersmarck, von Schaffgotsch, von Giesche, von Ballestrem und von Tiele-Winckler ihre Anteile verkaufen. Flick machte sich diese außenpolitische Interessenkonstellation zunutze und war somit in der Lage, mit einem relativ geringen eigenen Kapitaleinsatz und unter Inkaufnahme von latenten Enteignungsrisiken große Vermögenswerte zu einem relativ günstigen Preis zu erwerben.

Als Friedrich Flick den Firmensitz im September 1923 nach Berlin verlegte, kaufte er in der Zeit der Inflation nicht wahllos Unternehmen auf, sondern baute zielstrebig das Kerngeschäft im Eisen- und Stahlgewerbe sowie in der Kohlebranche aus. Die Bismarckhütte, die Kattowitzer AG für Bergbau und der Eisenhüttenbetrieb, der wichtigste Kohleförderer der Region Oberschlesien, sowie die Oberschlesische Eisenindustrie AG waren weitere Meilensteine auf dem Weg zu einem der größten Stahlkonzerne Deutschlands. Das Engagement in Oberschlesien erwies sich jedoch als Fehlentscheidung, und Schulden häuften sich auf. In der Folge gerieten weitere Werke Flicks in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Im Tausch gegen die verschuldeten mitteldeutschen und oberschlesischen Werke erlangte Flick 1926 von Hugo Stinnes Anteile, die ihm schließlich zur Mehrheitsbeteiligung in der neuen Vereinigte Stahlwerke AG verhalfen. Die Charlottenhütte blieb als Holding in Flicks persönlichem Besitz und übernahm 1929 die Aktienmehrheit der Maxhütte. 1931 erfolgte der Konzernaufbau der Unternehmen Maxhütte und Mitteldeutsche Stahlwerke in der Holdinggesellschaft Charlottenhütte AG, und er trennte sich von den Vereinigten Stahlwerken. Infolge dieser Maßnahmen, der Weltwirtschaftskrise und der hohen Verschuldung drohte Flick nach dem rasanten Aufstieg die Zahlungsunfähigkeit.

Es gelang Flick, der Reichsregierung im Juli 1932 die Aktienmehrheit der Gelsenkirchener Bergwerks-AG, die die Mehrheit an den Vereinigten Stahlwerken hielt, zu einem mehr als dreifach überhöhten Verkehrswert zu verkaufen. Später erklärte Flick diesen sensationellen Verkauf mit dem Verweis darauf, dass die Reichsregierung habe verhindern wollen, dass er an die Franzosen verkaufe. Im Nürnberger Flick-Prozess sagte Flick jedoch über den Hintergrund der Affäre aus, er habe seit 1926 als geheimer Mittelsmann für das Deutsche Reich versucht, die Kontrolle über die oberschlesischen Bergbaugesellschaften aufrechtzuerhalten, die im Versailler Vertrag größtenteils an Polen gefallen waren. Daher, so folgerte George W. F. Hallgarten, sei Flicks Drohung mit dem Verkauf nach Frankreich eine Art politischer Erpressung gewesen. Damit war Flick saniert. Dieses Geschäft, die Gelsenberg-Affäre, wurde in der Presse nicht nur wegen des Börsengeschäfts ein Skandal, sondern auch wegen der Wahlkampfspenden an Parteien im Spektrum von SPD bis NSDAP, wobei die bürgerlichen Parteien bevorzugt wurden. Sechsstellige Wahlkampfspenden erhielten Kurt von Schleicher, parteiloser Reichswehrminister ab 1. Juni 1932, Alfred Hugenberg, Medienunternehmer, DNVP, und Heinrich Brüning, Zentrumspartei, Reichskanzler bis 30. Mai 1932. Die Regierungsmitglieder des Kabinetts Brüning II erhielten zusammen 450.000 Reichsmark an Spenden für den Reichspräsidentenwahlkampf 1932 und ihren Kandidaten Paul von Hindenburg

Ebenfalls 1932 wurde Flicks Privatsekretär Otto Steinbrinck Mitglied im Keppler-Kreis. Seit 1931 bestand ein von Hitler persönlich genehmigtes Abkommen zwischen der Flick-Gruppe und Heinrich Himmler, alle Zahlungen an die SS direkt an die Reichsführung der SS zu leiten. Steinbrinck versuchte im Flick-Prozess zu leugnen, dass das Abkommen seit 1931 bestand und datierte es auf Ende 1932. Flick nutzte sein Geld, um jede öffentliche Berichterstattung über sich zu vermeiden. Als der Journalist Karl Becker eine Materialsammlung über Flick anlegte, kaufte Flick Becker das Material ab und stattete ihn auf Jahre hinaus mit einer Rente aus.

Flick drängte ab Frühjahr 1933 besonders resolut und hartnäckig in das Rüstungsgeschäft. Im Herbst 1933 startete er eine systematische Kampagne, bei der er mit Hans Posse vom Reichswirtschaftsministerium, Reichswehrminister Werner von Blomberg und Emil Leeb vom Heereswaffenamt zusammentraf und über seine Unternehmen referierte und sich mit ihnen zur Besichtigung seiner Betriebe traf. Flick baute sogar Rüstungskapazitäten auf, welche noch gar nicht gebraucht wurden um die Militärs auf Auslastung zu drängen. Der Erwerb der Essener Steinkohlenbergwerke bot nicht nur die Ausgangsbasis für den Einstieg in die Herstellung von synthetischem Benzin, sondern war für die Verhüttung von Erzen als Selbstversorgung der eigenen Stahl- und Eisenwerke von strategischer Bedeutung. 1933 kauften die Mitteldeutschen Stahlwerke die Allgemeine Transportanlagen-Gesellschaft, ATG, die nach dem Ersten Weltkrieg aus den Deutschen Flugzeug-Werken hervorgegangen war. Damit war Flick für das aufkommende Rüstungsgeschäft mit den Nationalsozialisten positioniert.

Flick war Mitglied des konservativen Deutschen Herrenklubs. 1934 wurden die Mitteldeutschen Stahlwerke Pflichtmitglied in der Pflichtgemeinschaft in der Braunkohlenwirtschaft und damit Gründungsunternehmen der BRABAG. Ab Mitte der 1930er Jahre besaß Flick eine dominierende Position im Mitteldeutschen Braunkohlen-Syndikat. Nach 1933 konzentrierte er die Spenden, rund 100.000 Reichsmark im Jahr, auf die NSDAP. Nach Ablauf der vierjährigen Mitglieder-Aufnahmesperre der NSDAP trat er der Partei zum 1. Mai 1937 bei. In einer parteistatistischen Erhebung der NSDAP vom Juli 1939 wurden folgende Mitgliedschaften von Friedrich Flick in weiteren Gliederungen, Vereinen und Verbänden angegeben: NSKK, DAF, NSV, Reichsluftschutzbund, Deutsche Jägerschaft. Flicks Mitgliedschaft im Wirtschaftsrat und im Ehrenrat der Akademie für Deutsches Recht ist durch eine Mitgliedskarte im Bundesarchiv in Berlin belegt. 1934 oder 1935 wurde er Mitglied im etwa 40-köpfigen Freundeskreis Reichsführer SS. Am 16. Februar 1933 wurde er zusammen mit anderen Spitzenvertretern der deutschen Industrie zum Geheimtreffen vom 20. Februar 1933 mit dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler eingeladen. Hitler wollte den Anwesenden die Grundsätze seiner Politik erläutern und gleichzeitig Bedenken gegen ihn aus dem Weg räumen. So war er sehr darum bemüht, das Image des Bierzelt-Agitators abzulegen und versicherte den Wirtschaftsvertretern, entgegen nur propagandistisch gemeinten Enteignungsankündigungen würden die Eigentumsverhältnisse in der Wirtschaft unangetastet bleiben.

Nachdem den Nationalsozialisten und ihren Verbündeten durch das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 die Macht übertragen worden war, Kabinett Hitler aus NSDAP, DNVP und Stahlhelm, schickte Flick im April des Jahres 1933 den Aufsichtsratsvorsitzenden der Mitteldeutschen Stahlwerke, Heinrich Koppenberg, in das Reichsluftfahrtministerium. Dort wurden ihm größere Aufträge in Aussicht gestellt. Im Dezember war der Aufbau der Luftwaffe beschlossene Sache, und die dem Konzern gehörende ATG erhielt die ersten Aufträge für den Bau von Flugzeugen. Es folgte im März 1934 ein Auftrag für die Herstellung von Bomben, Granaten und Munition. Am 15. März desselben Jahres besuchte Friedrich Flick den Stabschef des Heereswaffenamtes, Georg Thomas. Im Januar 1934 erhielt Friedrich Flick den Aufsichtsratsposten der Harpener Bergbau AG. Nach Erwerb dieser AG war der Konzern in der Lage, Werke mit ausreichend eigener Kohle zu versorgen. 1934 wurde die Siegener Eisenindustrie AG in die Firmen Mittelstahl, Maxhütte und Harpener Bergbau AG überführt. 1937 wandelte er die Siegener Eisenindustrie AG in die Friedrich Flick KG um. Dies bedeutete, dass an der Spitze kein Vorstand einer AG, sondern eine Personengesellschaft stand, die zu 95 Prozent Eigentum der Familie Flick war. Die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft ist exemplarisch für die damalige Praxis, dass Unternehmen in der NS-Zeit ihre Rechtsformen in die vom NS-Staat idealisierten Personengesellschaften überführten und Unternehmer wie Friedrich Flick diese Veränderungen mittrugen.

Bereits 1934 verfolgten das Preußische Innenministerium, Wilhelm Keppler und Heinrich Himmler das Ziel, das Waffenwerk Simson dem jüdischen Eigentümer zu nehmen, um es in deutschblütige Hände zu überführen. Der Verhandlungsführer des Übernahmeinteressenten Flick, Otto Steinbrinck, war zu dieser Zeit nur an einer juristisch einwandfreien Überführung in das Eigentum Flicks interessiert, denn es gab damals keine gesetzliche Grundlage für Enteignungen. Deshalb wurde durch die Thüringer Gauleitung, unter Federführung von Gauleiter Fritz Sauckel, so lange politischer Druck auf den jüdischen Eigentümer Simson erzeugt, bis dieser einem Verkauf zustimmte. Die einer Enteignung gleichkommende Übernahme vollzog der Staat. Flick erreichte auf diesem Weg, dass er nicht als potentieller Käufer von Simson auftrat bzw. diesen zum Verkauf genötigt hatte. Ein weiteres Beispiel für die von der nationalsozialistischen Politik so genannten Arisierungen in diesem von Flick geprägten Stil war die Übernahme des Essener Bankhauses Hirschland 1938, wobei die Essener Gauleitung den Verkaufsdruck ausübte und die Essener Steinkohlenwerke Aktienanteile übernahmen, während Flick seinerseits den Steinkohlenwerken den erforderlichen Kredit zum Kaufabschluss gewährte, also wiederum nur indirekt mit den Geschehnissen in Verbindung gebracht werden konnte.

Aufgrund dieser Anfangserfahrungen mit der Übernahme jüdischer Unternehmen in kleinerem Maßstab durch den Flick-Konzern arbeitete 1938 Hugo Dietrich, der Jurist des Flick-Konzerns, die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 für die Nationalsozialisten aus, mit deren Hilfe die Enteignung im großen Stil legalisiert wurde. Die Friedrich Flick KG profitierte anschließend an der Enteignung der Hochofenwerke Lübeck AG und der Betriebe der Aussiger Petscheks, womit er seine Interessen stärken und seinen Besitz erheblich erweitern konnte. Von den Prager Petscheks hatte Flick bereits im Mai 1938 die Anhaltischen Kohlenwerke und die Werschen-Weißenfelser Braunkohlen AG günstig erworben.

Die guten Kontakte zu Hermann Göring trugen dazu bei, dass Flick stärker als mancher seiner Konkurrenten von der Enteignung der jüdischen Minderheit profitierte. Als einziger deutscher Industrieller unterstützte er die Pläne zum Aufbau der Reichswerke Hermann Göring in Salzgitter. Er lieferte im Gegensatz zu den Unternehmen von Rhein und Ruhr Steinkohle an die konkurrierenden Hermann-Göring-Werke. Dafür erhielt er die schriftliche Zusage, dass er bei "Arisierungen" begünstigt werde. Flick war schon vor dem Dritten Reich an der Hochofenwerke Lübeck AG der jüdischen Familie Hahn und an der damit verbundenen Erzimportfirma Rawack & Grünfeld AG der jüdischen Familie Eisner interessiert gewesen. Beide Familien hielten 80 Prozent der Aktienanteile der Hochofenwerke Lübeck, die hochwertiges Roheisen herstellte. Bereits 1927 versuchte Flick durch zweifelhafte Aktiengeschäfte vergeblich eine Übernahme. 1937 erwirkte er zusammen mit dem Heereswaffenamt, dass die Firma für den Preis von 3,4 Millionen Reichsmark von ihm übernommen werden konnte. Drei Jahre zuvor hatte der Aktienwert noch 14,3 Millionen betragen.

Im besetzten Polen wollte Flick die Bismarckhütte in Kattowitz, die sich früher in seinem Besitz befunden hatte, nach der Besetzung Polens als Treuhänder übernehmen. Dieses Werk schlug die Reichsregierung allerdings dem Krupp-Konzern zu. Nach langen Verhandlungen mit der Reichsregierung über die Aufteilung der Stahlunternehmen in der besetzten Ukraine, in denen vor allem die Hermann-Göring-Werke berücksichtigt wurden, konnte im Januar 1943 die Dnjepr-Stahl-GmbH neu gegründet werden, wobei die Flick KG und die Reichswerke Hermann Göring je zur Hälfte am Kapital beteiligt waren. Das Werk musste aufgrund der Kriegslage nach kurzer Zeit nach Oderberg in Oberschlesien verlagert werden. Ebenso wenig erfolgreich war die beabsichtigte Expansion im Baltikum in der Firma Vairog, die Eisenbahnwaggons und Lafetten produzieren sollte. Im besetzten Westen war der Flick-Konzern betriebswirtschaftlich erfolgreicher. Nach der Besetzung Frankreichs im Juni 1940 konzentrierte sich Flick auf die Rombacher Hüttenwerke, die Karl Raabe durch einen früheren Aufenthalt in Frankreich kannte, und wurde am 1. März 1941 als Treuhänder eingesetzt. Rombach brachte Flick einen bedeutenden Kapazitätszuwachs. Das Werk wurde am 31. August 1944 vor den Alliierten geräumt.

Insgesamt konnte Flick seinen Firmenanteil nicht wesentlich in den eroberten Gebieten, bis auf Lothringen, mit Erfolg erweitern. Dennoch boten die Firmen in den besetzten Gebieten für Flick eine Basis für seine in Deutschland erweiterte Kapazitätsausweitung durch die erfolgten Firmenkäufe und -erweiterungen. Erstmals zog die Flick KG in der Stahlproduktion im Jahre 1941 mit seinem Konkurrenten Krupp gleich, dies war vor allem durch das Produktionsvolumen im Rombacher Hüttenwerk möglich geworden. Im Verlauf des Krieges stieg der Anteil der Zwangsarbeiter stetig an. Innerhalb des Flick-Konzerns waren im Kriegsjahr 1944 insgesamt zirka 130.000 Arbeitnehmer tätig und davon waren etwa die Hälfte als Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge beschäftigt und wurden ausgebeutet. Nach Einbezug der Fluktuation unter den Zwangsarbeitern dürften 80.000 bis 100.000 beschäftigt gewesen sein.

Anfänglich bestand, wie bei anderen Unternehmungen, aus verschiedenen Gründen weniger Interesse an der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer. Dies änderte sich im Verlauf des Krieges durch den entstehenden Arbeitskräftemangel ab Ende 1939/40. Der Anteil ausländischer Arbeiter stieg laufend an. Besonders in den Unternehmungen, die Rüstungsgüter herstellten oder im Kohleabbau tätig waren, war der Anteil der Zwangsarbeiter ab 1942 besonders hoch und bereits im November 1943 erreichte die Maxhütte der Flick KG einen Anteil von 44 Prozent. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in den zahlreichen Betrieben Flicks zehntausende Zwangsarbeiter vor allem aus Osteuropa und Sklavenarbeiter aus Konzentrationslagern eingesetzt, darunter Ignatz Bubis. Schätzungen gehen von über 10.000 Opfern aus, die in diesen Jahren mit Unterernährung und brutaler Behandlung zu Tode geschunden wurden. Die Bedingungen hier waren äußerst schlecht und die Behandlungen sehr brutal. Selbst die Behörden wiesen auf diese besonders unmenschlichen Bedingungen hin. So schrieb eine staatliche Untersuchungskommission im Dezember 1942 nach einer Besichtigung der Essener Steinkohle AG: "Die Ostarbeiter sind gegenwärtig in Baracken für Kriegsgefangene mit schwerstem Stacheldraht und vergitterten Fenster untergebracht. Entwesung mangelhaft. Viel Ungeziefer. Strohmatratzen mussten entfernt werden, daher Schlafen nur auf Drahtmatratzen. Zuweilen Prügel. Lohnfrage ungeklärt. Essen nicht besonders."

Seit 1938 war Flick Wehrwirtschaftsführer. Zudem gelangte er in einigen Großbetrieben der Kohle-, Eisen- und Stahlindustrie in die Aufsichtsräte und Verwaltungsvorstände. Er war Mitglied im vierköpfigen Verwaltungsrat der Berg- und Hüttenwerke Ost, BHO, einer staatlich-privaten Monopolgesellschaft, die in den besetzten Gebieten der Sowjetunion die systematische Ausschlachtung der Rohstoffvorkommen und die Aufnahme einer gewaltigen Kriegsproduktion mit erbeuteten Produktionsmitteln zu organisieren hatte.

Friedrich Flick war einer der größten Profiteure des von den Nationalsozialisten eingeleiteten Rüstungsbooms und der anschließenden Kriegskonjunktur. Das Konzernvermögen erhöhte sich im Zeitraum von 1933 bis 1943 von 225 Millionen auf 953 Millionen Reichsmark. Die Flick KG wuchs im Laufe des Zweiten Weltkriegs auf 132 Gesellschaften mit einem Jahresumsatz von 550 Millionen Reichsmark an. Sein privates Vermögen wurde auf rund zwei bis drei Milliarden Reichsmark geschätzt.

Als sich das Ende des Krieges abzeichnete, versuchte Flick, der die Nr. 3 auf der Liste des Kilgore Committee der 42 an den NS-Verbrechen am meisten schuldigen Industriellen war, sich auf die Folgen vorzubereiten. Seinen Söhnen Otto-Ernst und Friedrich Karl, die bereits 1941 die Mehrheit des Flick-Konzern hielten, stockte Flick mit der Änderung des Gesellschaftsvertrags am 20. März 1944 den Anteil bis auf 90 Prozent auf. Noch in den letzten Kriegstagen verlegte er die Konzernzentrale von Berlin in den von den Westalliierten kontrollierten Teil Deutschlands nach Düsseldorf, verlagerte die Zentralakten in den Westen und ließ belastende Akten in großen Mengen vernichten. Um darüber hinwegzutäuschen, wie tief er in den Nationalsozialismus involviert war, ließ er bereits ab 1944 die Spendenquittungen für die demokratischen Weimarer Parteien sammeln. Am 8. Mai 1945 verschwand er auf seinen Landsitz, den Hof Sauersberg, in Wackersberg in Oberbayern. Diesen hatte Flick 1937 von Ignatz Nacher, dem Konzernchef und Mehrheitsaktionär der Engelhardt-Brauerei, dem damals zweitgrößten deutschen Brauereikonzern, übernommen. Dort wurde er am 13. Juni 1945 verhaftet und kam anschließend ins Internierungslager Dachau. Nach dem Sieg der Alliierten verlor der Flick-Konzern etwa 75 Prozent seines industriellen Eigentums, das er in der Zeit des Nationalsozialismus besaß. Im Rahmen der Nürnberger Prozesse wurde Flick sowie fünf seiner Führungsleute in dem nach ihm benannten "Flick-Prozess" angeklagt. Mithilfe seines Rechtsanwaltes Rudolf Dix stellten Flick und auch die Mitangeklagten sich als Leidtragende des NS-Systems dar. Flick wurde am 22. Dezember 1947 wegen Sklavenarbeit, Verschleppung zur Sklavenarbeit, Ausplünderung der besetzten Gebiete und Teilnahme an Verbrechen der SS zu sieben Jahren Haft verurteilt. Aufgrund der glimpflichen Verurteilung und der vorzeitigen Entlassungen im Rahmen der allgemeinen Begnadigungswelle unter dem amerikanischen Hochkommissar John J. McCloy hatten die Verurteilten Zeit, nach der Haft im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg die Neuordnung des früheren Flick-Besitzes vorzunehmen. Nachdem Flick schon im Frühjahr 1950 entlassen wurde, flüchtete er sich in eine Opferrolle.

Die Alliierten hatten in der letzten Kriegskonferenz in Potsdam im August 1945 beschlossen, eine Entnazifizierung und Dekartellierung vorzunehmen, die sich vor allem gegen die Montanunternehmen richtete, um die Rüstungsindustrie zu zerschlagen. Dies sahen die Zonengesetze der Briten und Amerikaner in der Präambel 75 und die Nachfolgeregelung Nr. 27 des Gesetzes zur Umgestaltung des Deutschen Kohlenbergbaus und der deutschen Stahl- und Eisenindustrie vor. Die Konzernführung argumentierte, dass der Flick-Konzern keine mächtige Wirtschaftsmacht war, keine Gefahr für Frieden und für Marktfreiheit darstelle, und Flick und der Führungsstab hätten die Nationalsozialisten in keiner Weise unterstützt. Dabei wies die Führungsriege auf das milde Urteil von Friedrich Flick hin, und da Flick inhaftiert war, führte Konrad Kaletsch ab 1948 die Verhandlungen mit den Alliierten. Als die amerikanischen Behörden die Liquidierungsplanung der Friedrich Flick KG fertiggestellt hatten, intervenierte Kaletsch bei der Bundesregierung erfolgreich. 1952 wurde eine Einigung erzielt, die lediglich den Verkauf der Steinkohlegesellschaften vorsah, und dies innerhalb von fünf Jahren zu üblichen Marktpreisen. Die Eisen- und Stahlwerke blieben voll in der Verfügungsgewalt der Flick KG, und die Entflechtungsmaßnahmen erbrachten liquide Geldmittel in Höhe von insgesamt einer Viertelmilliarde DM. Nach der Entflechtung hatte der Flick-Konzern nahezu alle Verfügungsrechte seines westdeutschen Besitzes gewahrt, und der Aufstieg zu einem der größten Nachkriegskonzerne war vorgezeichnet.

Nachdem die Entflechtung im Sinne des Konzerns geregelt war, mussten die Rückerstattungsansprüche der enteigneten jüdischen Unternehmer befriedigt werden. Die Familie Hahn und Eisner, die früheren Besitzer der Hochofenwerke Lübeck, wurden nach einer Restitutionsforderung von Aktien im Wert von etwa 1,6 Millionen DM in Form von Aktien befriedigt, was hinsichtlich ihres früheren Einflusses eine unbedeutende Minderheitsbeteiligung war. Nach langen rechtlichen Auseinandersetzungen erfolgte 1957 eine Einigung mit Familienangehörigen der Prager Petscheks. Sie erhielten Aktienanteile der Anhaltischen Kohlenwerke zurück sowie Aktien im Nominalwert von 2,5 Millionen DM an der Salzdetfurth AG, die sich noch im Besitz der Restverwaltung der Anhaltischen Kohlenwerke befanden. Die Befriedung der Restitutionsansprüche der Aussiger Petschek-Erben war schwieriger, da hier ein Ausgleich zwischen drei Parteien gefunden werden musste. Ihr enteigneter Besitz wurde 1939 zunächst den staatlichen Reichswerken Hermann Göring zugeschlagen. Hiervon erwarben die Anhaltischen Kohlenwerke 1940 nach einem Bieterverfahren Aktienanteile von Gruben im Geiseltal und Oberschlesien sowie die Aktienmehrheit an der Eintracht Braunkohlenwerke und Brikettfabriken AG in Welzow. Letztlich erhielten die Aussiger Petscheks über den Bund, als Rechtsnachfolger der Reichswerke, ebenfalls Stammaktien der Anhaltischen Kohlenwerke sowie einen in der Gesamtsumme nicht veröffentlichten finanziellen Ausgleich.

Im Ergebnis dieser Verhandlungen waren die früheren jüdischen Besitzer großer und bedeutsamer Konzerne der Vorkriegszeit in ihrem Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen, im Vergleich zu früher, bedeutungslos geworden und der Flick-Konzern hatte mit diesen Vergleichslösungen kein Schuldgeständnis seiner Verflechtung mit dem NS-Regime und Erpressung der ehemaligen Besitzer gegeben. Im Gegenteil: Der Konzern konnte mit dem Überschuss an Barmitteln aus dem Ignaz-Petschek-Vergleich seine Zukunft zu Beginn der 1960er Jahre weiter wirtschaftlich gestalten.

Ein weiterer bedeutsamer Aspekt dieser erzielten Vergleichsregelungen im Sinne von Flick war, dass die Entschädigung der jüdischen Zwangsarbeiter durch den Flick-Konzern mit dem Hinweis auf die erfolgten Vergleiche stets mit dem Argument zurückgewiesen wurde, dass keinerlei Schuldeingeständnis vorliege.

Friedrich Flick war in den 1950er Jahren wieder einer der reichsten Männer Westdeutschlands geworden. Er wurde bald zum größten Aktionär bei Daimler-Benz und hatte Beteiligungen bei der Feldmühle, Dynamit Nobel, Buderus und Krauss-Maffei. 1955 besaß er wieder 100 Firmen mit einem Umsatz von rund 8 Milliarden DM. Sein persönliches Vermögen war wieder auf 88 Millionen DM angewachsen. Bis Ende der 1960er Jahre wurde Flick unumstritten der reichste Mann Deutschlands. Zu Beginn der 1960er Jahre bestimmte er seinen jüngsten Sohn Friedrich Karl zu seinem Nachfolger. Der älteste Sohn Otto Ernst klagte erfolglos dagegen und schied schließlich 1966 aus der Unternehmensführung aus. Nachdem in jenem Jahr auch seine Frau Marie gestorben war, zog sich Flick wegen einer Bronchialerkrankung nach Konstanz zurück. Dort lebte er abwechselnd im Steigenberger Inselhotel auf der Dominikanerinsel und im Schloss Ebersberg im benachbarten Kreuzlingen, im Kanton Thurgau, Schweiz.

1963 wurde ihm das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband verliehen. Die enge Verquickung von Politik und Wirtschaft beleuchtet der im Spätherbst 1974 erschienene Tatsachenroman Großes Bundesverdienstkreuz von Bernt Engelmann. Als er am 20. Juli 1972 in Konstanz starb, hinterließ er seinem Sohn und seinen beiden Enkeln Gert-Rudolf Flick und Friedrich Christian Flick einen Konzern mit 330 Unternehmen, rund 300.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von circa 18 Milliarden DM. Flick wurde in seiner Geburtsstadt Kreuztal beerdigt. Dort steht auch noch sein Geburtshaus, das nach dem Tod von Friedrich Karl Flick von seinen Erben am 4. April 2007 an die Kreuztaler Stiftung Diakoniestation verkauft wurde.

Als im Jahre 1981 der Flick-Konzern eine Steuerermäßigung in Höhe von knapp 1 Milliarde DM beim Bundeswirtschaftsministerium beantragte und er eine Genehmigung erhielt, fanden Steuerfahnder heraus, dass der Flick-Konzern an Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien Zahlungen geleistet hatte. Es kam zur sogenannten Flick-Affäre und in einem Prozess wegen Bestechlichkeit vor dem Landgericht Bonn wurden Hans Friderichs, Otto Graf Lambsdorff, beide Wirtschaftsminister der FDP, zu Geldstrafen und Eberhard von Brauchitsch zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Aufsehen erregte in den 1980er Jahren ein Artikel des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, der von Kreuztal als der gekauften Stadt sprach. In seiner Heimatstadt Kreuztal war er zu Lebzeiten zum Ehrenbürger ernannt worden. Zudem war bis 2008 das dortige städtische Gymnasium nach ihm benannt, welches er mit 3 Millionen DM über eine Stiftung teilweise finanzierte. Nachdem im April 2008 ehemalige Schüler eine Initiative gegründet hatten, um eine Debatte über den Namen der Schule anzustoßen, wurde das Gymnasium am 6. November 2008 durch Ratsbeschluss in Städtisches Gymnasium Kreuztal umbenannt. In mehreren deutschen Kommunen, darunter im siegerländischen Burbach und im oberpfälzischen Teublitz, sind Straßen nach ihm benannt. Der Rat der Stadt Maxhütte-Haidhof hat eine Umbenennung der dortigen Friedrich-Flick-Straße am 12. Juni 2009 einstimmig mit 24 zu 0 Stimmen abgelehnt. Die CSU-Fraktion im Rat führte als Begründung an, die Bevölkerung sähe bei Flick zu Recht die positiven Dinge. Die SPD-Fraktion meinte, "Kein Ortsansässiger hat etwas gegen den Namen, und deshalb soll er auch bleiben". Bürger anderer Meinung formierten sich in der Projektgruppe "Zwangsarbeit". In Rosenberg sind das dortige Stadion des ehemaligen Landesligavereins TuS Rosenberg, das Dr.-Friedrich-Flick-Stadion, und ein Park nach ihm benannt. Das Stadion wurde im Jahr 2012 umbenannt.

Richard Foerster

Präsident der Deutsch-Japanischen Gesellschaft

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ichard Foerster, geboren 31. März 1879 in Stralsund, gestorben am 9. April 1952 in Berlin, war ein deutscher Marineoffizier, Flottenchef und zuletzt Admiral. Foerster trat am 12. April 1899 als Seekadett in die Kaiserliche Marine ein und absolvierte seien Grundausbildung auf der Kreuzerfregatte Stosch. Anschließend kam er an die Marineschule, wo er am 10. April 1900 zum Fähnrich zur See ernannt wurde.

Während des Ersten Weltkrieges war er zeitweise Artillerieoffizier des Schlachtkreuzers Seydlitz und nahm in dieser Position an der Skagerrakschlacht teil. Foerster war ab Oktober 1923 Chef des Stabes der Marineleitung und dann der erste Kommandant des ersten großen Neubaus der Reichsmarine, des Schulkreuzers Emden, den er vom 15. Oktober 1925 bis zum 23. September 1928 befehligte. Er führte mit der Emden auch die erste große Ausbildungsreise um die Welt vom 14. November 1926 bis zum 14. März 1928 durch, auf der La Coruña, die Kanaren, St. Helena, Kapstadt, Sansibar, Mombasa, Mahé, Sabang, Padang und am 15. März die Kokosinseln, der Untergangsort der ersten Emden, besucht wurden. Anschließend lief Foerster über Semarang, Bali nach Makassar. Auf dem Weg nach Japan wurde im Philippinengraben das Emdentief mit 10400 m als die bis 1951 tiefste Stelle der Weltmeere gelotet. Die weiteren Stationen der Reise waren Nagasaki, Itsu Hu Shima, Shimizu, Yokohama, Hakodate in Japan, dann Dutch Harbor, Juneau, Skagway am 8. Juli 1927 als nördlichster Punkt der Reise, Haines, Sitka in den Alaska, Seattle, dann die mexikanischen Häfen Mazatlán, La Paz, Manzanillo und Panama, wo die Emden am 31. August eintraf und eine Woche verblieb. Weitere Stationen waren Guayaquil in Ecuador, Mollendo in Peru und dann die chilenischen Häfen Valparaíso, Talcahuano, Puerto Montt und Punta Arenas. Weiter ging es über Comodoro Rivadavia und Bahía Blanca in Argentinien nach die brasilianischen Häfen São Francisco, Santos, Rio de Janeiro, wo sie vom 22. Dezember 1927 bis zum 2. Januar 1928 verblieb. Auf der Heimreise wurden noch Pernambuco, Santa Barbara, Dominikanische Republik, Santa Thomas in Puerto Rico, Ponta Delgada und Villagarcía de Arosa angelaufen. In den meisten Häfen dauerten die Aufenthalte um eine Woche. Am 14. März 1928 war der Schulkreuzer wieder in Wilhelmshaven. Anschließend ernannte man Foerster zum Inspekteur der Bildungsinspektion und beförderte ihn am 1. Dezember 1928 zum Konteradmiral.

Im Februar 1930 wurde er Befehlshaber der Linienschiffe, BdL, auf der Schlesien und im September 1932 Chef der Marinestation der Nordsee. Am 1. Oktober 1932 wurde er zum Vizeadmiral befördert. Von September 1933 bis Dezember 1936 war er als Flottenchef kommandierender Admiral des Flottenkommandos erst auf der Schleswig-Holstein, dann auf der Admiral Scheer. Aus dem Jahr 1934 gibt es eine Filmaufnahme, wo er eine Rede hält. Am 1. Dezember 1935 wurde Foerster zum Admiral befördert und dann am 21. Dezember 1936 aus dem aktiven Dienst verabschiedet.

Ab 1937 war Foerster Präsident des Japaninstituts und der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Berlin, was er bis 1945 blieb. Unter seiner Leitung wurden Zweigstellen der Gesellschaft in Köln, Wien, Frankfurt am Main, Hannover, Breslau, München und Stuttgart gegründet. Foerster hielt im Januar 1939 die Taufrede für den letztlich nicht fertiggestellten Schweren Kreuzer Seydlitz, wurde am 15. Februar 1939 zur Verfügung der Kriegsmarine gestellt, jedoch nicht mehr zum aktiven Dienst herangezogen.

Albert Forster

Reichsstatthalter in Danzig

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lbert Maria Forster, geboren 26. Juli 1902 in Fürth, gestorben am 28. Februar 1952 in Warschau, war ein deutscher Politiker und Kriegsverbrecher. Von 1930 bis 1945 war er Gauleiter der NSDAP in Danzig und ab 1939 dortiger Reichsstatthalter. Albert Forster war das jüngste von sechs Kindern. Sein aus Ingolstadt stammender Vater war Gefängnisoberverwalter in Fürth, weswegen er im heute nicht mehr bestehenden Stadtgefängnis Katharinenstraße 11 geboren wurde, wo sich die Dienstwohnung befand. Forster besuchte von 1908 bis 1912 die dortige Volksschule, wechselte dann auf das Fürther Humanistische Gymnasium, das er 1920 mit der mittleren Reife verließ. Bis 1922 ging er in eine kaufmännische Lehre. Anschließend arbeitete er als Bankkaufmann beim Fürther Bankhaus Brückner.

Am 7. November 1923 trat Forster in die NSDAP und die SA ein. Am 30. Juni 1924 wurde er wegen politischer Betätigung vom Bankhaus Brückner entlassen. Anschließend betätigte er sich als Zeitschriftenwerber für die antisemitische Wochenzeitung Der Stürmer, mit dessen Herausgeber Julius Streicher er sich anfreundete. Vom 1. August 1924 bis zum 16. Februar 1925 war er der Fürther Vorsitzende der Großdeutschen Volksgemeinschaft, einer Ersatzorganisation der zeitweise verbotenen NSDAP. Nach Wiederzulassung der NSDAP war er ab 26. Februar 1925 Ortsgruppenleiter für Fürth. Im selben Monat lernte Forster Hitler in München kennen. Zum 5. April 1925 trat er regulär der NSDAP und bereits am 12. Juni 1926 der SS bei. Bis 1927 war er Führer der von ihm gegründeten SS-Gruppe Nürnberg-Fürth. Forster wird als rhetorisch begabt geschildert, schon 1925 trat er als hauptamtlicher Redner für die NSDAP auf. Ab 1928 war er Bezirksführer der NSDAP im Bezirk Mittelfranken. Ab dem 22. Februar 1928 arbeitete Forster in der Nürnberger Zahlstelle des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbandes, DHV. Im Dezember 1929 wurde er nach Hamburg versetzt und wurde im April 1930 Kreisgeschäftsführer des DHV im Bezirk Unterelbe.

Am 14. September 1930 wurde Albert Forster für den Wahlkreis Franken in den Reichstag gewählt. Von 1930 bis 1933 war er Referent für Arbeitsdienst- und Angestelltenfragen der NSDAP-Fraktion und gehörte dem Auswärtigen Ausschuss des Reichstags an. Forster war bis Kriegsende Mitglied des Reichstages, der in der Zeit des Nationalsozialismus bedeutungslos war. Am 15. Oktober 1930 wurde Forster zum Gauleiter des Gaues Danzig bestimmt. Danzig lag damals als Freie Stadt außerhalb des Deutschen Reiches. In Danzig gründete er am 1. November 1930 die Parteizeitung Danziger Beobachter, deren Herausgeber er auch wurde. Die Zeitung wurde später in Der Vorposten, ab 1. Juni 1933 in Der Danziger Vorposten umbenannt. Als Forsters Biograf wurde Wilhelm Löbsack bekannt. Nach der Machtergreifung Hitlers wurde Forster am 10. Mai 1933 zum Leiter der Fachschaft der Handlungsgehilfen und zum Führer des Gesamtverbandes der Deutschen Angestellten in der Deutschen Arbeitsfront, DAF, ernannt.

Zudem wurde er Mitglied des Großen und Kleinen Konvents der DAF. Am 11. Juli 1933 wurde er in den Preußischen Staatsrat berufen und Mitglied des Reichstages. Ab 1. September 1935 war Forster Mitglied der Reichsarbeitskammer. Am 9. Mai 1934 heiratete Forster, mittlerweile gleichermaßen Ehrenbürger von Fürth und Danzig, Gertrud Deetz. Ort der Trauung war die Berliner Reichskanzlei, Hitler und sein Stellvertreter Rudolf Heß fungierten als Trauzeugen und nahmen an den Hochzeitsfeierlichkeiten teil. 1935 verfasste Forster einen Bericht unter der Überschrift "Wie ich Hitler erlebte", in dem er sich selbst ab 1923 als glühenden Hitler-Verehrer beschrieb.

In Danzig führte Forster einen innerparteilichen Konkurrenzkampf gegen Arthur Greiser, der als Senatspräsident Regierungschef der Freien Stadt war. Am 23. August 1939 wurde Forster zum Staatsführer der Freien Stadt Danzig gewählt und war damit für wenige Tage formelles Staatsoberhaupt: Denn am 1. September 1939, zeitgleich zum deutschen Überfall auf Polen, verfügte er ein Gesetz der Wiedervereinigung Danzigs mit dem Großdeutschen Reich, womit die Position eines Danziger Staatsoberhaupts abgeschafft wurde. Der Anschluss Danzigs an das Deutsche Reich wurde am selben Tage in der Reichstagssitzung unmittelbar nach Hitlers Rede durch Reichsgesetz vollzogen. Diese Annexion war ein Bruch des Versailler Vertrags und als solcher 1946 expliziter Anklagepunkt in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen. Am 19. September 1939 begrüßte Forster als gastgebender Gauleiter im Artushof Hitler im "befreiten" Danzig. Schon seit Monatsanfang war er Chef der Zivilverwaltung für das Gebiet Danzig, ab 8. September für den Militärbezirk Danzig-Westpreußen. Am 26. Oktober 1939 übernahm er den neugeschaffenen Reichsgau Danzig-Westpreußen als NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter und den Wehrkreis XX, Danzig, als Reichsverteidigungskommissar. Im Verlauf des Krieges wurden Forster weitere Ämter im Gau übertragen: Am 15. November 1940 wurde er Gauwohnungskommissar als regionaler Vertreter des Reichswohnungskommissars Robert Ley, am 16. Mai 1941 Beauftragter für die städtebaulichen Maßnahmen in Danzig und am 6. April 1942 Beauftragter des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Fritz Sauckel.