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Norbert Rauter wird Opfer eines Überfalls, bei dem ihm eine Spritze mit unbekannten Inhalt verabreicht wird. Immer schwächer werdend, wendet er sich an Eric Holler, da ihm kein Arzt helfen kann. Der Privatdetektiv nimmt den Fall an, in der Hoffnung den Übeltäter und damit womöglich ein Gegenmittel zu finden, welches seinem Klienten das Leben retten könnte. Eric ahnt, dass er sich auf eine Suche begibt, die manch eine Überraschung bereithält.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Über den Autor
Zur Person:
Rückblende
1. Akt
Der Kunde
1. Tag
2. Tag
3. Tag
2.Akt
4. Tag
5. Tag
6. Tag
7. Tag
3. Akt
8. Tag
9. Tag
10. Tag
11. Tag
04. Akt
12. Tag
13. Tag
14. Tag
15. Tag
Impressum
Eric Holler
Gelsenfieber
Gelsenkrimi
2. Staffel – Band 5
Roman Just ist in der Welt der Literatur in verschiedenen Genres unterwegs. Mit den Thrillern der "Tatort-Boston-Reihe" hat er den Einstieg in die Literaturwelt begonnen, sie dann mit den "Gelsenkrimis" fortgesetzt. Neben den Thrillern und Krimis arbeitet er an einer mehrteiligen Dystopie und einer historischen Familiensaga, hinzu kommen Ausflüge in andere Genres.
Der Autor und bekennender Selfpublisher ist Jahrgang 1961, lebt in Gelsenkirchen, leidet mit dem vor Ort ansässigen Fußballclub seit 1971 zu allen Zeiten mit, spielt außerdem gerne mit Mitmenschen Schach und beschäftigt sich leider nur noch gelegentlich mit der Astronomie.
Der Selfpublisher betreibt auf seiner Homepage zu allen seinen veröffentlichten Titeln Leserunden, außerdem bietet er einen Leserkreis, an dem ebenfalls aktiv teilgenommen werden kann.
Mehr über den Autor und seine Titel gibt es hier:
https://www.gelsenkrimi.de
https://www.gelsenkrimi.de/ueber-mich
https://www.gelsenkrimi.de/leserkreis
https://www.gelsenkrimi.de/gelsenshop
Sternzeichen: Jungfrau
Gewicht: Im Moment viel zu viel
Erlernter Beruf: Kellner
Derzeit tätig als: Autor/Selfpublisher
Charaktereigenschaften: Impulsiv/Hilfsbereit
Laster: Nie zufrieden mit einem Ergebnis
Vorteil: Meistens sehr geduldig
Er mag: Klare Aussagen
Er mag nicht: Gier und Neid
Er kann nicht: Den Mund halten
Er kann: Zuhören
Er verachtet: Tyrannen und selbstverliebte Subjekte
Er liebt: Das Leben
Er will: Ziele erreichen
Er will nicht: Unterordnen
Er steht für: Menschlichkeit
Er verurteilt: Hass, Mobbing, Eitelkeit
Er denkt: Auch Einfaches ist nicht einfach zu erledigen
Er meint: Die Achtung und der Respekt vor der Würde eines Menschen werden durch das Gendern nicht gestärkt.
R
ückblickend konnte Privatdetektiv Eric Holler einigermaßen zufrieden sein. Er hatte einen Auftrag angenommen, bei dem es um einen scheinbar lächerlichen Nachbarschaftsstreit ging. Zwar kam alles anders als gedacht, dennoch fand die Angelegenheit ein versöhnliches Ende, davon abgesehen, dass es fünf Todesopfer gegeben hatte. In diesem Bezug hätte man diskutieren anfangen können, ob es Menschen gab, die den Tod verdient hätten, doch eine solche Diskussion wäre nie versöhnlich zu Ende gegangen. Was blieb, war, die Erkenntnis: Gleichgültig ob dumm oder gebildet, wohlhabend oder arm, arbeitslos oder beruflich engagiert, die Beispiele hätten sich wirklich endlos fortsetzen lassen können: Der Mensch, uninteressant ob Frau oder Mann, neigte dazu, sich das Leben schwerer zu machen, als es ohnehin war.
Manch ein angeblich intelligentes Lebewesen der Spezies Mensch kam nicht umhin, in Fallen zu laufen oder solche zu legen, oft nur deswegen, da die Vergangenheit den Betroffenen positiv beziehungsweise negativ geprägt hatte. Unbestritten blieb, jeder Mensch war anders, verarbeitete Erlebnisse individuell, bedauerlicherweise geschah es viel zu oft in einsamen Stunden, wodurch sich Spätfolgen in den Wesenszügen etablieren konnten. Der Privatschnüffler kannte diese seelischen Nackenschläge, allerdings waren er und seine Seele gegen gewisse Wesenszüge des menschlichen Charakters längst immun. Das abgehärtet sein, bedeutete jedoch nicht, stets gleichgültig zu fühlen oder zu handeln.
Eric Holler hatte in dieser Hinsicht einen persönlichen Mittelweg gefunden, sah es zwar ungern, akzeptierte dennoch Abläufe, von denen er wusste, ihnen nahezu machtlos gegenüber stehen zu müssen. Umgekehrt genoss er Vorgänge, die einem Menschen den ersehnten Frieden schenken konnten, so und nicht anders bewertete er seinen letzten Auftrag. Erst vor einer Woche hatte er ihn abschließen können, statt seinem Tagessatz eine Einladung zu einem Gartenfest auf eigene Initiative akzeptiert. Zu diesem war er von Kriminalhauptkommissar Werthofen, Hauptkommissar Paul Wranicki und Kommissariatsleiter Georg Himmelreich begleitet worden. Er rechnete es seinen Begleitern hoch an, mitgekommen zu sein, denn hinterher verließen sie eine Gartenparty, die viele zerstrittene und misstrauische Menschen zu der Einheit werden hatte lassen, die sie vor der Auftragserteilung gewesen waren. Seitdem hatte er seine Freunde aus dem Polizeipräsidium nicht mehr gesehen, auch keinen Kontakt anderer Art zu ihnen gehabt. Der Alltag war wieder eingekehrt, worüber der Privatdetektiv keineswegs traurig war, wieder einmal darüber nachdachte, seine in Prien am Chiemsee wohnenden Eltern zu besuchen.
Schon komisch, stets wenn er den Gedanken aufgriff, geschah unvorhergesehenes. So auch diesmal: Holler hatte wegen des angenehmen Wetters die Haus- und Bürotür offengelassen, plötzlich torkelte ein Mann in sein Büro, der mehr als ungesund aussah, sich ein Taschentuch vor den Mund hielt.
E
ric Holler sprang von seinem Bürostuhl auf, umkurvte den Schreibtisch und stützte den eingetretenen Mann, der zusammenzubrechen drohte. Er geleitete ihn zum Stuhl vor seinem Arbeitsplatz, erkannte an dem Taschentuch, dass der unangemeldet Besucher einen blutdurchtränkten Stofffetzen in der Hand hielt. Der Privatdetektiv ließ den Mann dennoch nicht los, als er saß, brachte er ihm aus dem Nebenzimmer ein Glas Wasser.
»Soll ich den Notarzt verständigen?«, fragte Holler den Unbekannten, nachdem sich dieser einigermaßen stabilisiert zu haben schien.
»Nein, danke. Ich weiß, was mir fehlt, ein Arzt könnte mir nicht helfen.«
Der Privatschnüffler kniff die Augen zusammen, von aufkommender Panik seinerseits war nichts zu sehen. »Okay, von welchem gesundheitlichen Problem sprechen Sie, oder, haben Sie mich eben mit Ebola infiziert?«
Der nach wie vor sichtbar schwächelnde und erschöpfte Herr schüttelte den Kopf, es geschah im Zeitlupentempo. Er bemühte sich um eine aufrechte Sitzhaltung, versuchte einen standhaften Eindruck zu vermitteln. »Keine Sorge, mein Zustand ist nicht ansteckend.«
»Was macht Sie da so sicher?«, erkundigte sich Eric skeptisch klingend.
»Ich weiß es«, antwortete der Gefragte bestimmend.
Der Privatdetektiv zog die Augenbrauen hoch, die kurze Aussage besaß wenig Überzeugungskraft. Trotzdem bohrte er nicht nach. »Sind Sie wegen dem Schwächeanfall in mein Büro getorkelt oder wegen Ihrem Wissen, somit bewusst?«
»Ich möchte Sie engagieren, bezahle Sie fairerweise im Voraus, denn wenn Sie es nicht schaffen, mir innerhalb von vierzehn Tagen zu helfen, werde ich den fünfzehnten nicht mehr erleben.«
Holler sah das blutige Taschentuch an, dass der Mann zwischen seinen Händen hielt, dann ihm ins Gesicht. »Wer sind und woher kommen Sie, worum geht es?«
»Mein Name ist Norbert Rauter, ich arbeite und lebe seit knapp einem Jahr in Gelsenkirchen, habe nicht vor, länger als vereinbart hier wohnhaft zu bleiben.«
»Angenehm, Eric Holler, Privatdetektiv, aber das wussten Sie ja bereits. Herr Rauter, wenn Sie meine Dienste in Anspruch nehmen möchten, sollten Sie gesprächiger, vor allem deutlicher werden.«
»Entschuldigung, ich befand mich noch nie in einer solchen Situation. Also, ich wurde gefragt und habe zugesagt, an einem Forschungsprojekt als Leiter mitzuarbeiten. Mein Arbeitsvertrag läuft in Kürze aus.«
»Ich nehme an, in zwei Wochen«, warf Holler ein.
»Richtig. Ursprünglich komme ich aus Österreich, bin alleinstehend, was meinem Beruf geschuldet ist. Wenn Sie so wollen, bin ich beruflich ein Fanatiker, dieses Laster lässt mir keine Freiheiten für ein Privatleben. Wohlgemerkt, es ist eine selbstgewählte Daseinsform. Mein Hauptwohnsitz befindet sich in Innsbruck, aber seit meiner Ankunft logiere ich hier in Buer im "Hotel Monopol". Mein Aufenthalt dort erklärt sich dadurch, dass ich für den letztlich überschaubaren Zeitraum meines Arbeitsvertrages keine Wohnung suchen und einrichten wollte. Das wäre am Ende teurer gekommen wie die derzeitige Unterkunft, auch deswegen, da mir wegen der Aufenthaltsdauer preislich entgegengekommen wurde.«
Eric nickte anerkennend, gab damit seinem vermeintlich neuen Klienten zu verstehen, auf diese Art von detaillierten Informationen wert zu legen. »Sie sprachen Ihr Problem an, damit Ihre Lebenserwartung. Sind Sie unheilbar krank? Aufgrund Ihrer Wortwahl gehe ich jedoch nicht davon aus, obwohl es danach aussieht. Klären Sie mich auf.«
»Vor ein paar Tagen wurde ich nach der Arbeit auf dem Weg zum Hotel überfallen. Ich wurde weder beraubt noch geschlagen, stattdessen festgehalten, bis mir eine Spritze verabreicht worden war. Anschließend machten sich die Täter aus dem Staub, sie sagten kein Wort, stellten keine Forderung.«
»Wann und wo fand der Überfall statt?«
»Vor genau einer Woche, direkt an der Markthalle. Es mag kurz vor oder ein paar Minuten nach Mitternacht gewesen sein.«
»Sie scheinen über ziemlich ungewöhnliche Arbeitszeiten zu verfügen?«, stellte Eric fragend fest.
»Sechzehn Stunden sind völlig normal, manchmal werden es achtzehn oder mehr, selten, aber gelegentlich kommt es vor, dass rund um die Uhr gearbeitet wird.«
»Das kenne ich«, meinte Holler, bat um eine weitere Auskunft. »Was machen Sie beruflich und wo sind Sie tätig?«
»Dazu darf und möchte ich nichts sagen, ich habe eine Verschwiegenheitsklausel unterschieben«, antwortete Norbert Rauter, entschuldigte sich und begann in sein Taschentuch zu husten.
Der Privatdetektiv wartete, ergriff das Wort erst, als der Gebeutelte den Anfall überstanden hatte und ihn mit geröteten Augen ansah. »Der Passus mag in Ihrem Arbeitsvertrag stehen, nur wird er Ihnen nicht das Leben retten. Käme ein Dritter, würde er mich über meine Auftraggeber ausfragen, wäre ich auch an eine Schweigevereinbarung gebunden, nur ist es mit Ihrer Lage im Augenblick kaum vergleichbar. Aber gut, setzen wir die Unterhaltung an dem Punkt fort, der für Sie Priorität haben dürfte. Wieso glauben Sie bald sterben zu müssen?«
»Nach dem Überfall ging es mir in rasender Geschwindigkeit schlechter. Drei Ärzte habe ich aufgesucht, alle sind ratlos, da auch die Laborergebnisse bisher keinen Hinweis darauf geben, was mir fehlen könnte.«
Holler überdachte das Gesagte, steckte sich eine Zigarette in den Mund, doch beim Anblick seines Gegenübers verzichtete er darauf, sie anzuzünden. »»Sie haben sich dennoch ein Todesurteil ausgestellt, vielleicht ist es ein Irrtum Ihrerseits. Womöglich arbeiten Sie zu lange und zu viel, weshalb Ihr Körper zu streiken anfängt und Warnsignale aussendet.«
Norbert Rauter unterdrückte einen neuen Hustenanfall, erläuterte die Umstände seines Erscheinens: »Ich erhielt einen Anruf, erst gestern am späten Abend, deswegen bin ich hier. Der Anrufer behauptete, einer der am Überfall Beteiligten zu sein. Er erklärte, dass die meinem Körper verabreichte Spritze in besagter Zeit zu meinem Tod führen würde, außer ich wäre bereit zu Kooperieren. Er forderte alle bisherigen Forschungsergebnisse preiszugeben, als Gegenleistung bot er mir ein Gegenmittel an.«
Der Privatdetektiv äußerte einen Satz, von dem er ahnte, er würde den Absichten seines Gesprächspartners widersprechen: »Nun möchten Sie von mir zu dem Austausch der Forschungsresultate für das Gegenmittel begleitet werden, irre ich mich?«
»Allerdings«, entgegnete Norbert Rauter.
»Dachte ich mir«, antwortete Eric, ergänzte: »Okay, welche Form von Hilfe erwarten Sie von mir?«
»Sie müssen meinen Auftrag so ausführen, als ob ich nie hier gewesen wäre. Sie wissen, wo ich übernachte, dass ist Ihr Ansatzpunkt«, erwiderte der unangemeldete Gast den Privatschnüffler auf.
Eric Holler lächelte, nicht aufgrund der gegebenen Sachlage, sondern in Bezug auf die Auftragslage. Noch nie zuvor war ein Klient in seinem Büro erschienen und hatte ihn darum gebeten, von ihm verfolgt und ausspioniert zu werden. »Dadurch erhoffen Sie sich, über mich rechtzeitig an das Gegenmittel zu kommen?« Norbert Rauter nickte. »Warum gestalten Sie es nicht einfacher, kooperieren? Ist Ihnen die Verschwiegenheitsklausel wichtiger als Ihr Leben?«
»Selbst wenn ich mein Wissen teilen sollte, welche Garantien hätte ich? Bekäme ich das Gegenmittel, gibt es ein solches überhaupt, falls, wirkt es auch? Auch Ihre Anwesenheit als Begleitperson könnte bei einem Austausch diese Fragen nicht klären. Wären Sie bei einem derartigen Treffen dabei, würden meine Chance laut Hörensagen erheblich steigen, um an das Mittel heranzukommen. Tatsache bleibt, befände sich eine entsprechende Ampulle oder Tablette in unseren Händen, wüssten wir nach wie vor nicht, ob die Flüssigkeit oder das Pulver mich Leben lässt.«
»Von welchen Forschungsergebnissen reden wir? Immerhin, ich wiederhole, geht es um Ihr Leben?«
»Nehmen Sie den Auftrag an oder nicht? Falls, überweise ich Ihnen auf der Stelle fünfzehntausend Euro, mit den Spesen kommen Sie mir entgegen und verzichten auf sie. Falls Sie ja sagen, ich werde das Hotel am morgigen Tag um sieben Uhr verlassen und zur Arbeit gehen, was für Sie den einzigen Ermittlungsansatz darstellen würde.«
»Herr Rauter, Sie stellen sich das zu einfach vor? Wer sagt, dass sich die Erpresser Ihnen noch einmal nähern werden?«
»Unsere Arbeit unterliegt der strengsten Geheimhaltung. Irgendjemand aus meinem Umfeld ist ein Verräter.«
Privatdetektiv Eric Holler nahm den Auftrag nicht wegen des Geldes an, stattdessen wegen der gewaltigen Herausforderung und der Prise Neugier, die er in diesem Fall nicht unterdrücken konnte.
E
s war Mitte April und selbst der Klimawandel schien wegen den Ergebnissen und dem Tabellenstand der "Blau-Weißen" einen Bogen um Gelsenkirchen zu machen. Blöd gesagt, aber es regnete nicht, die Sonne ließ sich allerdings ebenfalls nicht sehen. Zudem war es weder kalt noch warm, was den Endeffekt erzeugte, am frühen Morgen nicht zu wissen, was man anziehen sollte.
In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages, passenderweise handelte es sich dabei um einen "Diensttag", begab sich der Privatdetektiv zu Fuß zum "Hotel Monopol", da ihn am Vortag Norbert Rauter darauf hingewiesen hatte, keinen Wagen zu benötigen. Der vergangene Abend hing Eric ein wenig nach. Ließen es sein Umfeld und seine Selbständigkeit zu, schaute er am Montagabend immer fern, mit Vorliebe zu späterer Stunde das "Montagskino", da die Filme zumeist seinem Geschmack entsprachen, außerdem oft irgendetwas mit seiner Tätigkeit zu tun hatten. Der Spielfilm am Vorabend konnte ihn jedoch nicht aus dem Sessel reißen, ob es an dem Streifen lag, konnte er im Nachhinein nicht sagen. Unbestritten blieb, das Gespräch mit seinem neuen Kunden, Norbert Rauter, beschäftigte ihn über Stunden hinweg, letztlich bis tief in die Nacht hinein. Fortlaufend fragte sich der Privatschnüffler, an welchen Forschungen der Mann beteiligt war, was für Resultate aus diesen es wert sein konnten, sein eigenes Leben für unbedeutend zu erachten. Aus Hollers Sicht besaß sein Auftraggeber eine gespaltene Persönlichkeit, die einerseits Hochachtung verdiente, andererseits als naiv bezeichnet werden musste. Würde er nämlich einen Deal eingehen, dass ihm auferlegte Schweigen über Forschungserfolge brechen, wäre er womöglich in Bezug auf seine Lebenserwartung aus dem Schneider. Natürlich gab es dafür keine Garantie, auch deshalb fiel es Eric nicht schwer, seinem Klienten einen bis in die Gegenwart unausgesprochenen Respekt entgegenzubringen. Sich täglich elender zu fühlen, dabei zusehen zu müssen, wie sich ein Taschentuch in einen blutstillenden Verband verwandelte, dazu gehörten unbeschreiblicher Mut und ein unzerbrechlicher Wille. Das Risiko einzugehen, zu schweigen, zu versuchen, über Umwege über einen Privatdetektiv an ein eventuelles und fragwürdiges Gegenmittel heranzukommen, diese Kraft aufzubringen, hätten Hollers Ansicht nach nur wenige Menschen aufgebracht.
Zu all dem kam die Neugier des Privatdetektivs. Selten, in dieser Form noch nie, hatte er einen Auftrag bekommen, der sich so gestaltete wie der von Norbert Rauter. Dem eigenen Auftraggeber nachstellen sollen, um dessen Leben am Ende zu retten, der Job war außergewöhnlich. Ein besonderes Interesse weckten die unbekannten Hintergründe. Eric Hollers Konto hatte innerhalb von einigen Minuten um fünfzehntausend Euro für ein paar Sekunden durchatmen dürfen, nur verhielt es sich so, dass der Betrag zweitrangig blieb. Unbedingt wollte er in Erfahrung bringen, um welche geheimen Forschungen es sich drehte, inwieweit Norbert Rauter an ihnen beteiligt war, welche Formel ein größeres Gewicht als ein Menschenleben besaß.
Ω
06.00 – 18.00 Uhr
D
ie erste Überraschung erlebte der Privatschnüffler bereits in den ersten Minuten seines Arbeitstages. Wie mit dem Klienten abgesprochen, auch nicht in dessen Blickfeld, stand er um halb sieben Uhr morgens in der Nähe des "Hotels Monopol", folgte Norbert Rauter zu dessen Arbeitsplatz. Der Weg konnte nicht viel kürzer sein, führte Holler fast zu seinem Mietshaus, denn sein Auftraggeber verschwand durch einen Seiteneingang im Sankt-Marien-Hospital, der nur von der Mühlenstraße einsehbar war. Eric sah sich einem Dilemma ausgesetzt. Was nun? Er hatte seinen Kunden um mehr Informationen zu seiner Arbeit gebeten, aber Norbert Rauter weigerte sich strikt, seinen eingeschlagenen Kurs zu ändern. Aus seiner Perspektive besaß der Privatdetektiv sämtliche Angaben, die er benötigte, um mit den Ermittlungen anfangen zu können.
Holler hatte sich damit zufriedengegeben. Gegen zehn Uhr vormittags fing er an, seine Nachsicht zu bereuen. Ihn befiel fast so etwas wie Scham, nicht hartnäckiger gewesen zu sein, was an der Anerkennung lag, die er seinem Mandanten gegenüberbrachte. Während er nämlich tatenlos herumstand, liefen dessen Lebensstunden ab. Daran gab es keine Zweifel, zu oft waren dem Privatdetektiv todkranke Menschen über den Weg gelaufen, in dieser Hinsicht war deswegen ein Irrtum seinerseits ausgeschlossen. Auch dieser Sachverhalt nötigte Eric eine Form von Bewunderung für den womöglich nicht zu rettenden Todgeweihten ab. Statt auf die Knie zu fallen und um sein Leben zu betteln, schwieg er, verzichtete sogar darauf, den von ihm vorab bezahlten Privatdetektiv in Bezug auf sein Überleben von A bis Z zu unterstützen. Allein dieser Sachverhalt gab Holler keine Ruhe. Welche Forschungen waren dermaßen weltbewegend und was für ein Wissenschaftswahn musste vorhanden sein, damit diese Stärke bis zum drohenden Tod erhalten bleiben würde? Eric Holler war Menschen wie Norbert Rauter schon begegnet, aber die Gegebenheiten waren völlig andere. Ob im Schützengraben, im Panzer oder einem Helikopter, der Feind war in der Regel nie unsichtbar, nur geriet man dennoch in Situationen, aus denen es keinen Ausweg gab, in denen die Lebensjahre auf ein paar Sekunden schrumpften. Nicht anders war es bei der CIA, der Feind lauerte überall, vorzugsweise dort, wo er am Wenigsten erwartet wurde. Der Unterschied bestand darin, schon im Vorfeld zu wissen, worauf man sich eingelassen hatte, es einem bewusst war, dass es einen jederzeit erwischen konnte.