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Roman Just

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  • Herausgeber: Gelsenecke
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Achim Walchen, ein verurteilter Straftäter, zieht nach seiner Haftentlassung zu Inge Ammer, die er durch eine Brieffreundschaft während seiner Knastzeit kennengelernt hatte. Anfangs läuft alles mehr oder weniger perfekt, doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Wer spielt welches Spiel, wie steht es um die Zuneigung der beiden? Ist Inge die Frau, die sie vorgibt zu sein, ist Achim der Mann, der wirklich ein neues Leben beginnen möchte? Viele Fragen, doch die entscheidenden lauten: Ist die Liebe der beiden echt, haben ihre Gefühle eine Chance, werden die zwei aus der Klemme kommen, in die sie geraten sind?

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Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Vorwort

Der Überfall

Die Verhöre

Gegenwart

Offener Vollzug

Zurück ins Leben

Alltag

Gelogene Wahrheiten

Sondersitzungen

Glück und Pech

Geständnisse

Veröffentlichungen des Autors:

Kontakt zum Autor:

Impressum

 

 

Über den Autor

Roman Just ist in der Welt der Literatur in verschiedenen Genres unterwegs. Mit den Thrillern der "Tatort-Boston-Reihe" hat er den Einstieg in die Literaturwelt begonnen, sie mit den "Gelsenkrimis" fortgesetzt. Neben den Thrillern und Krimis arbeitet er an einer mehrteiligen Dystopie und einer historischen Familiensaga, hinzu kommen Ausflüge in andere Genres.

Der Autor und bekennender Selfpublisher ist Jahrgang 1961, lebt in Gelsenkirchen, leidet mit dem vor Ort ansässigen Fußballclub zu allen Zeiten mit, spielt außerdem gerne Schach und beschäftigt sich gelegentlich mit der Astronomie.

Zur Person:

Sternzeichen: Jungfrau

Gewicht: Im Moment viel zu viel

Erlernter Beruf: Kellner

Derzeit tätig als: Autor/Selfpublisher

Charaktereigenschaften: Impulsiv/Hilfsbereit

Laster: Nie zufrieden mit einem Ergebnis

Vorteil: Meistens sehr geduldig

Er mag: Klare Aussagen

Er mag nicht: Gier und Neid

Er kann nicht: Den Mund halten

Er kann: Zuhören

 

 

Vorwort

Liebe Leser und Bücherfreunde!

Mit dem vorliegenden Buch unternehme ich erneut eine Wanderung in die Welt der Literatur. Der Titel "Fanpost" hat nichts gemeinsam mit meiner Tatort-Boston-Thriller- und der Gelsenkrimi-Reihe. Wenn ein Bezug zu den bisher veröffentlichten Büchern besteht, dann nur in Hinsicht auf das Genre "Krimi". Der Unterschied zu den Gelsenkrimis wird die Handlung sein: Humor und Witz werden in diesem Buch kaum vorkommen. Während Privatdetektiv Eric Holler bei seinen Ermittlungen in Gelsenkirchen manchmal mit Fällen konfrontiert wird, bei denen Gags und zum Schmunzeln anregende Dialoge nicht zu kurz kommen, kann "Fanpost" in diesem Punkt sehr selten, eigentlich so gut wie gar nicht mithalten.

Das Ziel dieser Story ist spannende Unterhaltung zu bieten, einen Krimi vorzulegen, der bis zum Schluss in vielerlei Hinsicht raten lässt. Ich hoffe, mit "Fanpost" einen Krimi geschrieben zu haben, der zunächst den Hauptprotagonisten näherbringt, dessen Denken da und dort Vermutungen anstellen lässt. Es ist auch bewusst beabsichtigt, nicht in die Irre zu führen, um damit den spannungsbogen zu erhöhen, ebenso wurde auf unerwartete Wendungen verzichtet. Stattdessen habe ich nach einer Vorgeschichte und Einführung in die Story versucht, die Handlung so zu transportieren, dass es ihr gelingt, zu einem persönlichen Erlebnis zu werden. Anders gesagt, die Ereignisse sollen wie eine "Live-Vorstellung wirken, so als ob man anwesend wäre. Ob es dem Buch gelingt, eine Art aktive Lesereise präsentieren zu können, entscheide nicht ich, sondern Sie.

Unabhängig davon wie "Fanpost" am Ende Ihrerseits beurteilt wird, weitere Spaziergänge in die Literaturwelt werden meinerseits folgen. Meine Leidenschaft des Schreibens erfährt dadurch Lehren, Erfahrungen, zudem eine Vielfalt, die der persönlichen Fantasie nicht schädlich sein kann. Meine Hoffnung ist, dass "Fanpost" eventuelle geweckte Erwartungen erfüllen oder sogar übertreffen kann.

Es wird Zeit das Feld den Protagonisten zu überlassen. Ich wünsche eine unterhaltsame, spannende, mit einem Rätselfaktor versehene Lesezeit mit dem Krimi "Fanpost".

Ihr Roman Just

 

Fanpost

Eine

mörderische

Liebesgeschichte

von

Roman Just

Der Überfall

2009

D

ie sechs Männer gingen äußerst brutal vor. Nachdem sie den entscheidenden Tipp bekommen hatten, wann sich das Zielobjekt in Bewegung setzen würde, fertigten sie in Windeseile einen Plan an, von dem sie überzeugt waren, er besäße auf die Erlangung der Beute und der Fluchtmöglichkeiten die größte Erfolgsgarantie. Der geplante Raub sollte in der Mitte der Strecke zwischen Berlin-Lichtenberg und der Merianstraße in Köln stattfinden. Auf der rund fünfhundertachtzig Kilometer langen Strecke über die A 2 fiel die Wahl auf die Ausfahrt Hannover-Bothfeld. Dort konnte der Überfall wegen der zur Tatzeit übersichtlichen Verkehrslage nahezu ungestört durchgeführt werden, außerdem boten das Areal und Umfeld neben zahlreichen Fluchtmöglichkeiten etliche Verstecke.

Die verbleibenden sechs Tage bis zum Beutezug nutzte die sechsköpfige Männergruppe um sich mit den Gegebenheiten vor Ort und im Umkreis vertraut zu machen. Sie verbrachten die Nächte in einem unauffälligen Caravan, den sie zwischen dem Hannoverischen Kleinsee und dem Silbersee abgestellt hatten. Am entscheidenden Tag wurde der Campingbus zu früher Stunde in eine leerstehende Lagerhalle nach Halberstadt verbracht, dort gegen drei Fahrzeuge eingetauscht. Nachdem gegen Mittag die fahrende Übernachtungsstätte der vergangenen Tage mit Benzin übergossen, angezündet und das steinerne Gebäude verriegelt worden waren, verließen die Gangster die Stadt, in der sie ihren Plan ersonnen, geschmiedet und vorbereitet hatten. Seelenruhig fuhren sie in verschiedenen Richtungen davon, mit der Absicht, sich an der A 2 zu treffen. In jedem Wagen saßen zwei Männer, merkwürdigerweise befanden sie sich in Fahrzeugen der Polizei, trugen dementsprechende Uniformen.

Ein Streifenwagen nahm um zwei Uhr morgens die Position auf der Raststätte "Zweidorfer-Holz-Nord" ein. Einer der vermeintlichen Polizisten beobachtete die ankommenden und abfahrenden Fahrzeuge, der andere ließ den vorbeirasenden Verkehr nicht aus den Augen. Schließlich wurde der angebliche Geldtransporter gesichtet, durch das Team eingeholt und in sicherem Abstand verfolgt. Nicht per Funk, sondern per Prepaid-Handys standen die drei Verbrecherteams in Kontakt. Es führte dazu, dass ein von ihnen gelenktes Polizeifahrzeug auf die A 2 über die Auffahrt Hannover-Buchholz gelangte, noch bevor Verfolgter und Verfolger die Stelle passiert hatten. Über den Zubringer Hannover-Lahe begab sich der dritte Streifenwagen auf die Autobahn, ebenfalls, bevor seine Komplizen und der Transporter an der Ausfahrt vorbeigefahren waren.

Die Insassen mit der wertvollen Fracht kamen dem ersten vor ihnen mit Absicht langsam fahrenden Polizeiwagen immer näher, doch noch bevor sie zu ihm aufgeschlossen hatten, nahmen Sirene und Blaulicht des Fahrzeugs den Betrieb auf und der Wagen raste davon. »Hoffentlich kein Unfall vor uns«, gab der Beifahrer von sich, während der Kollege am Steuer im Seitenspiegel erkannte, dass auch hinter ihnen eine Streife fuhr. Zeitgleich schien auch diese Einheit einen Einsatzbefehl bekommen zu haben, denn blaues Drehlicht und durchdringendes Sirenengeheul wurden aktiviert. Dem Lenker des Geldtransporters blieb keine Zeit um sich über das Verhalten der Streife zu wundern. Statt ihn zu überholen, verlangsamte der Wagen das Tempo, blieb inmitten der Fahrbahn stehen und blockierte den Verkehr.

Sein Blick richtete sich vom Spiegel auf der Fahrerseite zum Himmel vor ihm, der sich bläulich gefärbt hatte und zu rotieren schien. Er fuhr durch eine lange, seichte Linkskurve, erkannte in einigen hundert Metern Entfernung zwei querstehende Polizeiwagen auf der Autobahn. Sie standen unmittelbar neben der Ausfahrt Hannover-Bothfeld. Zwischen den Streifenwagen und ihm wurde der Abstand immer geringer. Es befanden sich keine anderen Autos auf der Straße, weshalb die Insassen des Geldtransporters annahmen, die Verkehrsteilnehmer wären an dieser Stelle von den Polizisten zum Verlassen der Autobahn aufgefordert worden. Der Fahrer öffnete das Fenster, fragte was los sei, bekam zur Antwort eine Kugel in die Stirn. Unerlaubterweise war sein Kollege vom Beifahrersitz auf den Asphalt gesprungen, weshalb hätte er sich in Anwesenheit der Polizei die Beine nicht ein wenig vertreten dürfen? Er hatte noch keinen Schritt getan, als er von einem der Gesetzesvertreter durch Schüsse in den Bauch und in die Brust niedergestreckt wurde. Die Leichen bekamen im Kofferraum der Polizeiwagen einen Ehrenplatz,

danach teilten sich die Ganoven auf: Einer sprang in einen Polizeiwagen, fuhr zur Ausfahrt, zwei stiegen in den Geldtransporter, folgten ihm, der letzte Mann im Bunde bildete mit dem verbliebenen Streifenwagen die Nachhut. Mit Blaulicht wurde der Tatort verlassen. Unterdessen gab das dritte Team der Gruppe die Autobahn wieder frei, raste ebenfalls im Alarmzustand davon. Die Aktion war präzise abgelaufen, leichter vonstattengegangen als im Vorfeld angenommen. Die Vollsperrung der Autobahn nahm keine fünf Minuten in Anspruch, die Empörung der zu dieser Zeit wenigen Autofahrer hielt sich deshalb in Grenzen. Hätte es in jener Zeit noch kein GPS gegeben, wäre der Überfall erst viel später bemerkt worden als ohnehin.

Schlafmützen, Kaffeebeschaffer und Dampfplauderer in der Zentrale der Geldtransportfirma erkannten zu spät, dass der Firmenwagen seine strikt vorgeschriebene Route verlassen hatte. Außerdem war ihnen durch die Nachlässigkeiten der Notruf des dritten Mannes an Bord des Transporters entgangen. Er saß im Laderaum, befand sich somit in einer trügerischen Sicherheit. Die Situation gab zu verstehen, dass der Raubzug zwar schnell über die Bühne gegangen war, doch vom gewünschten Erfolg konnte bei der Gangsterbande noch keine Rede sein. Die wahren Hürden, wie das Öffnen des Laderaums und ein anschließendes unerkanntes Untertauchen lagen noch vor ihnen. Den sechs Männern war das absolut klar, auch der Umstand, dass es ihnen unmöglich sein würde, das GPS zu deaktivieren. Ihr Vorsprung betrug zunächst rund eine Stunde, doch nachdem die Mitarbeiter des Transportunternehmens endlich aus ihrem Wachkoma erwacht waren, schmolz er auf allerhöchstens dreißig Minuten. In einem Waldstück westlich von Hannover kam die Bande an, als Letzter der Streifenwagen, der den Verkehr auf der A 2 in Richtung Westen aufgehalten hatte. Vor Ort befanden sich für jeden Teilnehmer des Überfalls zivile Fluchtfahrzeuge. Die Luft knisterte vor Anspannung, die zur Verfügung stehende Zeitspanne trug nicht dazu bei, um human und besonnen handeln zu können. Der im Laderaum sitzende und um sein Leben zitternde Geldbote wurde aufgefordert aus dem schusssicheren Fenster in der Hecktür zu sehen. Ihm wurde vorgegaukelt, dass seine Kollegen nur verletzt und am Leben bleiben könnten, wenn er den Laderaum öffnen und sich ergeben würde. Aufgrund seiner Weigerung erhielt der angeblich bewusstlose Beifahrer, dessen Verletzungen durch seine Lage im Kofferraum nicht sichtbar waren, einen Kopfschuss. Gleich danach begann einer der Ganoven an den Türen zum Laderaum Sprengstoff anzubringen. Für die Nerven des in einer Falle steckenden Mannes war das Gesehene zu viel. Er gab auf, verließ den Laderaum, wurde von zwei Gangstern tiefer in den Wald geführt, die bis dahin als Einzige von ihren Schusswaffen Gebrauch gemacht hatten. Ungesehen, aber nicht ungehört von den anderen Komplizen fand eine gnadenlose Hinrichtung statt.

Der dritte Mord führte zu einem kurzzeitigen Streit unter den Gangmitgliedern, die sich darauf konzentrierten, ein Fluchtauto mit dem Inhalt des Geldtransporters zu beladen. Dabei handelte es sich nicht um Kassetten oder Säcke mit Geld, sondern um zehn Kartons, in die drei altmodische monströse Drucker gepasst hätten. Das beladene Fluchtfahrzeug fuhr vor den anderen ab, die sich im wahrsten Sinne des Wortes um fünf vor zwölf in Bewegung setzten. Beim Eintreffen der Polizei und des Sondereinsatzkommandos flogen die beim Raubzug verwendeten Streifenwagen und der überfallene Geldtransporter in die Luft. In den darauffolgenden Stunden bekamen die Medien von der Sache Wind. Spekulationen überschlugen sich, im Internet kursierten die wildesten Gerüchte. Auch deswegen sah sich die zuständige Staatsanwaltschaft dazu gezwungen, am späten Nachmittag des gleichen Tages eine Pressekonferenz anzusetzen. Aus ihr ergab sich am nächsten Morgen ein Zeitungsartikel, der insbesondere die Ganoven überrascht haben dürfte. Die fette übergroße Schlagzeile lautete: "Brutaler Raubüberfall!" Der Text gab sinngemäß an, dass mindestens sechs als Polizisten verkleidete Männer einen Geldtransporter überfallen und dabei 1,2 Millionen Euro erbeutet hatten. Weiter hieß es: Die Täter waren bei dem Raubzug skrupellos vorgegangen, ein Besatzungsmitglied des Transporters war rücksichtslos exekutiert worden. Seitens der ermittelnden Behörde kam außerdem zum Ausdruck, dass der Verbleib seiner zwei Kollegen ein Rätsel darstellte.

Der letzte Satz konnte der Presse nicht als Lüge vorgehalten werden. Die Journalisten hatten nämlich genau diesen Sachverhalt während der PK zu hören bekommen. Umgekehrt war die Vortäuschung falscher Tatsachen durch den zuständigen Oberstaatsanwalt nachvollziehbar. Zugeben zu müssen, am Einsatzort, an dem die Gangster hätten festgesetzt werden sollen, zerfetzte Leichenteile gefunden zu haben, erschien zu gewagt. Auch die begangenen Fehler in der Zentrale der Geldtransportfirma sowie die Explosionen der am Überfall beteiligten Fahrzeuge blieben unerwähnt. Dass die Detonationen weitere Tote und Schwerverletzte gefordert hatten, wäre ansonsten von den Medien als ein Versagen der Einsatzkräfte und zuständigen Behörden dargestellt worden. Die Folgen einer solchen Berichterstattung hätten unter der Bevölkerung zu einem Aufschrei und der Forderung nach Konsequenzen geführt.

Die Fahndung lief auf Hochtouren, die Suche nach Zeugen ebenfalls. Das Theaterstück der Ganoven auf der A 2 brachte die Ermittler einen entscheidenden Schritt vorwärts. Einige Verkehrsteilnehmer meldeten sich nach einem Aufruf bei der Polizei. Durch ihre Aussagen, allesamt Leute, die von zwei angeblichen Polizisten zum Stehenbleiben und Warten oder zum Verlassen der Autobahn bei der Ausfahrt Hannover-Lahe aufgefordert worden waren, ergab sich ein Gesamtbild über den Ablauf des Tathergangs. Die Beschreibungen der Streifenpolizisten ermöglichten die Erstellung von Phantombildern, was sich kurzerhand als wertvoll erweisen sollte. Eines der Bilder besaß eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem Mann, den eine neue Software der Gesichtserkennung innerhalb von wenigen Minuten einer polizeibekannten Person zuordnete. Die Dinge nahmen ihren Lauf.

 

Die Verhöre

Vor und während der Haftzeit

A

chim Walchen wurde drei Tage nach dem Überfall als erster der Sechs festgenommen. Er war nicht in seiner Wohnung überwältigt worden, sondern an seinem Arbeitsplatz. Es geschah ausgerechnet an seinem ersten Arbeitstag nach einem vierzehntätigen Urlaub. Er war langjähriger Mitarbeiter einer Sprengmeisterei, hatte eine Jugend hinter sich, die ein langes Vorstrafenregister ergab. Neben dem Phantombild, zusätzlich den Polizeifotos aus früheren Jahren, durch die der Vorbestrafte von seinem Arbeitgeber identifiziert wurde, sprachen mehrere Indizien gegen den Verhafteten: Der Zeitraum der Ferien ohnehin, die er zudem nicht wie angegeben im Oberallgäu verbracht hatte. Hinzu kam die Verwendung einer falschen Identität, um den Job in der Sprengmeisterei überhaupt zu erhalten. Der Arbeitsplatz sprach ebenfalls gegen den Verdächtigen, leichter als er, konnte vermutlich keiner seiner Komplizen an Sprengstoff herankommen. Diese Erkenntnisse reichten vollkommen aus, um den Verhafteten an der Teilnahme des Raubüberfalls zu beschuldigen.

Ohne Gedanken an einen Fluchtversuch, auch ohne Gegenwehr, ließ sich Achim Walchen Handschellen anlegen und abführen. Etwaige Überlegungen wären wegen der Anwesenheit zahlreicher Polizeibeamten und dem SEK einem Selbstmord gleichgekommen. Er landete in einem trostlosen Haftraum, wo ihm mit Absicht reichlich Gelegenheit zum Nachdenken und Schmoren blieb, nach Stunden wurde er zur Vernehmung unerwartet überführt. Walchen bekam das Ziel der Reise während der Fahrt genannt, was ihm ein Lächeln entlockte. Man hatte ihn in einem Vorort von Köln festgesetzt, trotzdem unterstand er der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, damit auch dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden. Das Vorgehen hätte bei Außenstehenden wegen der Dreistigkeit und Brutalität des Raubüberfalls Zustimmung ausgelöst, bei Achim sorgte es jedoch für Heiterkeit.

Nach der Ankunft in Wiesbaden begann für den Inhaftierten eine Leidenszeit, die sich in gewisser Weise mit einem Aufenthalt in Guantanamo vergleichen ließ. Das Gefangenenlager der US-Navy in der Guantánamo-Bucht auf Kuba besaß denselben Ruf wie ein Gulag in Sibirien. Achim Walchen wurde zwar nicht gefoltert, unterstand jedoch einem Prozess, der in einem Rechtsstaat von naiven Menschen für unmöglich gehalten wurde. Er erhielt eine Einzelzelle, die ausschließlich Personen vorbehalten war, die eine Gefahr für Recht, Ordnung und die Demokratie darstellten. Sie beinhaltete nichts: Toilette, Waschbecken, Bett, Stuhl und Tisch fehlten. Er bekam weder zu essen noch zu trinken, kaum war er eingeschlafen, musste er aufstehen und sich unsinnigerweise wiederholt durchsuchen lassen. Ihm wurde in den Mund gesehen, ebenso unter die Genitalien, auch dahin, wo am Körper eines Menschen die Sonne niemals hinkommt. Zwar wurde Achim Walchen nicht geschlagen, keinem Water-Boarding unterzogen, auch Elektroschocks blieben ihm erspart, dennoch war ihm in dieser Zeit ein Maß an Würde gestohlen worden. Kurz vor seiner ersten Befragung, die vierundzwanzig Stunden später stattfand, bekam er eine Plastikkanne mit Tee und zwei zusammengeklappte Butterbrotscheiben ausgehändigt. Danach erhielt er die Möglichkeit zum Duschen, anschließend brachte man ihn in einen Verhörraum, der in der gleichen Etage des Waschraums und seiner Zelle lag. Dort wurde er an einen Tisch geführt und gegenüber von zwei bereits anwesenden Männern auf einen Stuhl gedrückt. Anschließend nahm man an ihm zum ersten Mal seit seiner Festnahme die Handschellen ab, auf Geheiß eines Mannes am Tisch auch die Fußfesselung, der er seit seiner Ankunft in Wiesbaden ausgesetzt war. Die Leitung des Verhörs hatten ein Oberstaatsanwalt und hochrangiger BKA-Beamter übernommen, wobei sich das Duo darauf versteift zu haben schien, mit Achim einen Deal einzugehen. Die Befragung fand unter sechs Augen statt, begann durch den Mann vom Bundeskriminalamt mit einem Hinweis an den Beschuldigten.

»Herr Walchen, mein Name ist Kring, Udo Kring. Ich bin Hauptkommissar beim BKA, augenblicklich der leitende Ermittler in Ihrem Fall. Neben mir sitzt Oberstaatsanwalt Dürer, der bevollmächtigt ist, unter uns getroffene Vereinbarungen und Zugeständnisse zu erlassen. Grundvoraussetzung dafür ist natürlich Ihre Kooperation. Wären Sie zu einer solchen bereit?«

»Wenn ich überhaupt eine Silbe sagen soll, will ich zuerst eine anständige Tasse Kaffee, eine Salami-Pizza, außerdem das Grundrecht wahrnehmen können, einen Anruf tätigen zu dürfen«, sagte Walchen, dem die Torturen der vergangenen Stunden anzusehen waren.

»Kaffee und Pizza können Sie gleich haben, den Anruf dürfen Sie unmittelbar nach der Unterhaltung tätigen. Deal?«

»Von mir aus. Wie sieht es mit Rechtsbeistand aus?«, erkundigte sich der psychisch und physisch angeschlagene Gefangene.

Der Hauptkommissar stand auf, begab sich zur Tür, klopfte, wartete, gab schließlich Walchens Wünsche weiter. Nachdem er wieder Platz genommen hatte, herrschte zunächst Stille, die Walchen die Zeit gab, sich umzusehen. Der Raum glich seiner Zelle, nur war er eben mit Tisch und Stühlen eingerichtet. Das spärliche Mobiliar lag im Zentrum von Videokameras, die in den Ecken an der Decke angebracht waren. Letzter Unterschied bestand aus einem länglichen Fenster, durch das die Ereignisse und Gespräche im Verhörraum beobachtet und gehört werden konnten. Wer sich hinter der Scheibe versteckte, blieb wegen dem venezianischen Effekt des Spiegels verborgen. Auch deshalb war die Beleuchtung in der Räumlichkeit grell, unangenehm, eigentlich aufdringlich.

Nach einer Minute des Schweigens ergriff der BKA-Beamte wieder das Wort: »Es wird nicht schwer sein, Ihnen vor Gericht die Teilnahme an dem brutalen Überfall nachzuweisen. Schon jetzt sprechen alle Indizien gegen Sie. Oder wollen Sie Ihre Mitwirkung verleugnen?«

Achim Walchen blieb gelassen. »Keineswegs, ich war dabei.«

»Die Ehrlichkeit wird Ihnen sicher positiv angerechnet. Was ich nicht verstehe, warum haben Sie sich nicht abgesetzt, so wie Ihre Komplizen versteckt?«

»Was die anderen machen, ist mir egal. Ich meinerseits habe keinen Bock, ein Leben auf Flucht führen zu müssen.«

»Wie darf ich die Einstellung verstehen?«

»Ständig zu befürchten, geschnappt zu werden, dann vielleicht noch in der besten Zeit seines Lebens, nein danke! Ich sitze meine Strafe ab, danach kann ich ein neues Leben beginnen«, erklärte Walchen.

»Irgendwie klingt es logisch, obwohl merkwürdig. Ihre Worte geben uns zu verstehen, an einer Zusammenarbeit uninteressiert zu sein«, vermutete Kring.

Walchen schüttelte behäbig den Kopf. »Nein, was meine Person angeht, bin ich zur Kooperation bereit. Alles, was mich anbetrifft, kann ich Ihnen erzählen, obwohl dadurch für mich wenig bis gar nichts herausspringen wird.«

»Das ist zumindest ein Anfang, über Zugeständnisse können wir uns hinterher immer noch unterhalten«, warf der bis dahin stumm gebliebene Oberstaatsanwalt in den Raum.

Achim, in einem zum Teil verwahrlosten Zustand und sichtbar müde, entgegnete: »Wenn Sie glauben, Herr Oberstaatsanwalt, dass ich die anderen Jungs verpfeife, irren Sie sich gewaltig.«

»Dann werden wir mit der vollen Härte des Gesetzes gegen Sie vorgehen!«

Der gefasste Straftäter lächelte ungerührt. »Raubüberfall! Wie viele Jahre gibt das? Mit etwas Glück sechs bis acht, ansonsten höchstens zehn. Denken Sie, mich damit beeindrucken zu können?«

»Sie scheinen Ihre Situation zu verkennen«, antwortete das Mitglied der Bundesstaatsanwaltschaft.

Als ob abgesprochen, übernahm der Hauptkommissar die Wortführung. »Wenn es sich um einen Raum im minder schweren Fall handeln würde, lägen Sie mit der Haftprognose in Realitätsnähe. Nur haben wir es hier mit schwerem Raub und Raub mit mehrfacher Todesfolge zu tun, somit liegen Sie bei Ihrer persönlichen Zukunftsperspektive vollkommen daneben.«

»Wovon sprechen Sie?«

»Es wurden drei Mitarbeiter eines Geldtransportunternehmens getötet,« klärte der Staatsanwalt den scheinbar Unwissenden auf.

»Das machen Sie mir nicht weiß!«

»Die Sprengung der bei dem Raubüberfall benutzten Fahrzeuge hat zwei Polizisten und einem SKE-Angehörigen das Leben gekostet. Wir sprechen also nicht nur von Raub und Raub mit mehrfacher Todesfolge, sondern auch von Mord aus niederen Beweggründen«, ergänzte Dürer mit verächtlichem Ton.

»Sie lügen!«

»Nein, tut er nicht«, sagte Hauptkommissar Kring streng und ergänzte: »Sechs Menschen sind tot, vier davon waren Familienväter, es kursiert durch das Internet, steht in allen Zeitungen auf den Titelseiten, führte zu Sonderberichterstattungen im Fernsehen. Nach unserem Gespräch werden Sie wohlwollenderweise in eine Zelle verlegt, in der Sie menschenwürdige Verhältnisse vorfinden werden. Dort stehen Ihnen Tageszeitungen der letzten zwei Tage zur Verfügung, vorübergehend auch ein Fernseher. Wir geben Ihnen damit die Gelegenheit, sich zu überzeugen und nachzudenken.«

»Sie wollen mich dadurch zum Reden bringen, obwohl Sie zu wissen scheinen, dass ich mit den Morden nichts zu tun habe«, konterte Walchen zornig werdend.

Erneut brachte sich der Oberstaatsanwalt ins Spiel. »Laut Herr Hauptkommissar Kring deutet einiges darauf hin, dass Sie tatsächlich nichts mit den Tötungsdelikten am Hut haben. Nur nebenbei erwähnt: Unser Gesetz besagt, dass wenn bei einem Raub durch den oder die Täter leichtfertig ein Mensch ums Leben kommt, mindestens zehn Jahre Haftstrafe zu verbüßen sind. Nun erkläre ich Ihnen meinen Standpunkt: Wenn Sie uns nicht Ihre Komplizen nennen, werde ich Sie bei Gericht als den Kopf der Bande behandeln, somit Ihnen auch den Tod von sechs Menschen anlasten.«

»Das ist doch eine Farce, eine Erpressung«, erwiderte Achim ungläubig, diesmal deutlich gemäßigter.

»Sie sind dreiunddreißig Jahre jung?«, fragte der Mann vom BKA nach der Aussage prompt. Er erhielt ein Nicken, fügte hinzu: »Es ist uninteressant, wie Sie das Vorgehen der Staatsanwaltschaft bewerten, in Ihrem Kopf sollte nur ein Punkt eine tragende Rolle einnehmen: Ihnen droht eine lebenslange Haft, falls Pech hinzukommt, mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Ihre Träume von einem neuen Leben können Sie von daher vergessen. Aber wie gesagt, wir lassen Ihnen die Zeit eine Nacht darüber schlafen zu können. Wir sehen uns morgen wieder.«

 

D

er zweite Verhörtag wurde extremer, fing um vierzehn Uhr an, nahm bis in die frühen Morgenstunden kein Ende. Die Befragung leitete erneut Hauptkommissar Kring, diesmal in Begleitung eines Kollegen namens Strack.

»Wissen Sie Walchen, in meinen Berufsjahren bin ich schon einigen Idioten über den Weg gelaufen. Sie allerdings sprengen in Bezug auf Ihre Verhaftung jeden mir bekannten Rahmen. Sie hauen nicht ab, leisten keinen Widerstand, sondern haben vor, die drohende Gefängnisstrafe abzusitzen, um danach ein neues Leben anzufangen. Wie blöde und naiv muss man sein? Selbst wenn Sie nach zehn Jahren entlassen werden sollten, glauben Sie wirklich, dass dann noch von der bisher unauffindbaren Beute ein Cent übriggeblieben sein wird?«

»Ganz sicher«, sagte Achim überzeugt.

»Sie wissen also, wo sich das gestohlene Geld befindet?«

»Hören Sie auf mich zu verarschen!«

»Was wollen Sie damit sagen?«, erkundigte sich Kring.

»Im Gegensatz zu Ihnen scheint der Oberstaatsanwalt ganz genau zu wissen, was sich in dem Geldtransporter befunden hat. Ohne Grund wird er deshalb nicht darauf so erpicht sein, mich lebenslang wegzusperren.«

»Hätten Sie die Güte mir Ihre Worte so zu erklären, dass ich sie auch nachvollziehen kann.«

Achim Walchen schüttelte ungläubig den Kopf, legte seine Arme auf die Tischplatte, beugte sich ein wenig vor, sagte: »Wir haben also laut dem was ich lesen, sehen und hören konnte, über eine Million Euro erbeutet. Interessant! Das wären pro Mann und Nase zweihunderttausend Piepen, zu wenig, um ein solches Risiko einzugehen, wie wir es getan hatten.«

»Wollen Sie damit behaupten, dass sich in dem Transporter überhaupt kein Geld befand?«

»Sie haben es erfasst.«

»Was dann? Gold? Diamanten?«, hackte der Hauptkommissar nach.

Achim winkte ab, zog die Nase hoch. »Finden Sie es heraus oder machen mit dem Oberstaatsanwalt gemeinsame Sache. Von mir erfahren Sie nur, dass der Inhalt des Geldtransportes mehr an Wert besaß, als unvorstellbare Zahlen Nullen haben.«

»Lassen wir das Thema vorübergehend. Fest steht: Sie waren Akteur eines Raubüberfalls, bei dem es Tote gab.«

»Ich habe niemanden umgebracht!«, entgegnete Walchen laut.

»Es ändert rein gar nichts an den Tatsachen. Die Toten werden Ihnen bei der Gerichtsverhandlung lebenslänglich einbringen, auch wenn sie an ihrem Ableben nicht unmittelbar beteiligt waren. Ich wiederhole mich, rate Ihnen zu kooperieren. Mit Sicherheit werden wir Ihre Komplizen auch ohne Ihre Hilfe schnappen, doch Sie könnten unsere Suche vereinfachen und beschleunigen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass ein Entgegenkommen Ihrerseits vom Gericht garantiert mit ein paar Jahren Straferlass honoriert würde. In Ihrem Fall könnten es statt lebenslang doch nur sechs bis zehn Jahre werden.«

»Also steht mein Urteil ohne Kooperation schon fest?«

Der Hauptkommissar schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht gesagt. Allerdings hat mir der Oberstaatsanwalt klipp und klar zu verstehen gegeben, wenn Sie weiterhin auf stur schalten, wird er es ebenfalls bleiben und Ihnen eine Mitschuld an den Todesfällen geben.«

»Ich weiche von meiner Linie nicht ab«, erwiderte Achim.

»Gut. Gestern sagten Sie, wir könnten alles zu Ihnen und Ihrem Part während des Raubüberfalls erfahren, also bitte, legen Sie los.«

»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich hatte die Aufgabe, die A 2 an der Ausfahrt Hannover-Lahe abzusperren, nachdem der Geldtransporter unseren Standort an der Raststätte "Zweidorfer-Holz-Nord" passiert hatte. Wir folgten dem Transporter, ließen uns zurückfallen und blieben auf der Autobahn an besagter Stelle stehen.«

»Die Aktion hatte den Sinn, den Überfall in aller Ruhe und ohne Zeugen durchführen zu können«, stellte Kring fest.

»Logisch.«

»Wie ging es weiter?«

»Wir fuhren zum vereinbarten Treffpunkt, kamen dort als letztes Team an. Die Beute wurde in meinen Fluchtwagen verfrachtet, gleich darauf verließ ich als Erster den Standort. So und nicht anders sieht meine Beteiligung an dem Überfall aus.«

»Waren sechs oder mehr Komplizen beteiligt?«

Achim sah keinen Grund zum Lügen. »Wir waren zu sechst, drei Teams zu je zwei Mann. Die Namen bekommen Sie nicht, niemals! Letztlich habe ich mit dem eigentlichen Raub und den Toten nichts zu tun.«

Der Mann vom BKA hob die Hand an, bewegte ein paar Sekunden den senkrecht stehenden Zeigefinger seiner rechten Hand von links nach rechts »Das ist Ihre Meinung, sie ist falsch! Sie unterliegen einem gewaltigen Irrtum«, rief er plötzlich und belehrend aus.

»Klären Sie mich auf.«

»Ihr Arbeitgeber hat uns bestätigt, dass in seiner Firma Sprengstoff fehlt. Ein komischer Zufall, oder?«

»Ich gestehe, ihn entwendet zu haben, eingesetzt habe ich ihn nicht«, erwiderte Achim gelassen.

»Sie kapieren es nicht, oder? Ohne den von Ihnen besorgten Sprengstoff wären heute noch drei Menschen am Leben. Eine andere Frage: Wer hat den Überfall geplant?«

»Ich, na und?«

»Selbst wenn Sie jetzt gelogen hätten, könnte Ihre Lage kaum noch schlimmer sein. Letztlich haben Sie sich als Organisator und Drahtzieher des Überfalls den einfachsten Job gegeben, womöglich ahnten Sie sogar, dass es unter Ihren Komplizen schießwütige Bastarde gibt, es nicht ohne Blutvergießen ablaufen würde«, meldete sich ausnahmsweise der Kollege von Hauptkommissar Kring zu Wort.

Die stoische Ruhe des Befragten bekam keine Risse. »Vermutungen, die Sie niemals beweisen können.«

Kring setze das Verhör fort: »Auch diesen Punkt stellen wir mal zur Seite. Man überfällt nicht so mir nichts dir nichts einen Geldtransporter, wieso ausgerechnet diesen?«

»Wegen dem Wert der Fracht, ist doch sonnenklar! Ich hätte Sie für intelligenter gehalten«, gab Walchen zu, revanchierte sich für die vorherige Beleidigung seines IQ.

»Also wegen der etwas mehr als einer Million Euro, somit aus niederen Beweggründen«, gab der Partner des Hauptkommissars erneut einen Kommentar ab.

»Ich sagte doch schon, es befand sich kein Geld in dem Transporter.«

»Was dann?«, versuchte der Begleiter des Ermittlungsleiters zu erfahren.

»Kein Kommentar«, erwiderte Achim brüsk, wandte sich an Kring: »Wenn Sie Ihren Kollegen nicht aus dem Zimmer schicken, sage ich kein Wort mehr.«

Udo Kring kam dem Wunsch des Gefangenen nach, bat Günther Strack, den Verhörraum zu verlassen. Er zwinkerte seinem angefressenen Partner zu, gab ihm damit zu verstehen, auf diese Weise womöglich mehr aus Achim Walchen herauszubekommen. Als sie unter vier Augen waren, wiederholte er die letzte Frage seines Kollegen.

Der Inhaftierte verdrehte genervt die Augen. »Dazu sage ich nichts, basta! Nur eines könnten Sie sich fragen: Warum sollte ein Geldtransporter einen Betrag in genannter Höhe von Berlin nach Köln verfrachten? Das widerspricht doch jeder Logik, oder?«

Udo Kring bestätigte es nicht, doch an den Worten Walchens war etwas Wahres dran. Warum jedoch bezeichnete die Staatsanwaltschaft die Summe von 1,2 Millionen Euro als gestohlen, wenn laut Achim Walchen keine Geldmittel in dem Transporter vorhanden waren. Falls er die Wahrheit von sich gab, stellte sich die Frage, was der Ganove und seine Komplizen in Wirklichkeit erbeutet hatten.

D

er schockierende Raubüberfall erhielt zunehmend Umrisse eines unbeschreiblichen Mysteriums. Ermittlungen wurden behindert, blockiert, sogar untersagt. Die Untersuchungshaft von Achim Walchen wurde im gesetzlichen Rahmen verlängert, schließlich fand der Prozess gegen ihn statt. Der Angeklagte wurde wegen schwerem Raub und Raub mit Todesfolge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Einer anschließenden Sicherheitsverwahrung, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, folgte das Gericht nicht. Die Begründung dafür oblag dem Umstand, dass der Schwerverbrecher keinen der Morde von eigener Hand begangen hatte. Zwar sah es der Richter als erwiesen an, dass Achim Walchen eine Mitschuld an den Tötungsdelikten trug, allerdings hielt er ihm zugute, dass er nicht für das Handeln seiner Komplizen verantwortlich gemacht werden konnte.

Der Betroffene nahm den Urteilsspruch ohne Regung hin. Fast schien es so, als ob er sicher wäre, vorzeitig entlassen zu werden. Doch die Tatsache, dass er die nächsten Jahre im Knast verbringen würde, sie durchhalten musste, wusste niemand besser als Achim Walchen selbst. Obwohl das Urteil lebenslänglich hieß, bedankte sich der schuldig Gesprochene bei seinem Rechtsanwalt, der aus objektiver Sicht tatsächlich hervorragende Arbeit geleistet hatte. Nur wenige Stunden nach der Verhandlung wurde der Straftäter aus der Untersuchungshaft in Wiesbaden in den Strafvollzug nach Stuttgart-Stammheim verlegt, dort in einer Einzelzelle untergebracht. Ein neues Kapitel in Achims Leben hatte damit angefangen, er war dabei, seiner erträumten Zukunft den längsten Schritt entgegenzugehen, den er je während seines Daseins gemacht hatte. Der Schritt betrug fünfzehn Jahre. Im Idealfall, es hing von verschiedenen Faktoren ab, würde er trotz der Bürokratie im Justizsystem in zwei bis drei Jahren stillschweigend entlassen werden. Grundvoraussetzung dafür war, dass der von ihm verschwiegene, am Überfall nicht persönlich beteiligte siebte Komplize, sich strikt an seine Anweisungen halten würde, woran Achim keinen Zweifel hegte. Unabhängig aller Ereignisse während der Haft, ein Akt wiederholte sich viele Jahre: Mindestens einmal im Verlauf von zweiundfünfzig Wochen, manchmal sogar häufiger, erhielt Achim prominenten Besuch. Ohne Ankündigung erschienen Mitarbeiter der Justiz oder des BKA, stellten ihm immer die gleichen Fragen, die stets mit den gleichen Versprechungen verbunden waren: Für jeden Namen eines Komplizen ein Jahr Straferlass, dazu bei guter Führung, die wegen der Vorstrafen nicht gegebene Möglichkeit, einer noch früheren Entlassung aus dem Vollzug. Armin Walchen blieb sich treu und schwieg, obwohl es längst zur Gewissheit geworden war, dass er auf die Unterstützung des siebten Komplizen nicht mehr bauen konnte. In Wahrheit verhielt es sich anders: Die Namen der am Überfall beteiligten Jungs spielten für die staatlichen Behörden kaum eine Rolle.

---ENDE DER LESEPROBE---