Erinnerungen: Die Kinder des Holocaust brechen ihr Schweigen (GEO eBook) -  - E-Book

Erinnerungen: Die Kinder des Holocaust brechen ihr Schweigen (GEO eBook) E-Book

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Beschreibung

Als Kinder haben sie den Holocaust überlebt. Als Erwachsene in Israel meist geschwiegen. Nun erzählen sie von sich - mithilfe einer Frau, die Erinnerungsbücher mit ihnen verfasst: Miriam Dubi-Gazan Die großen Themen der Zeit sind manchmal kompliziert. Aber oft genügt schon eine ausführliche und gut recherchierte GEO-Reportage, um sich wieder auf die Höhe der Diskussion zu bringen. Für die Reihe der GEO eBook-Singles hat die Redaktion solche Einzeltexte als pure Lesestücke ausgewählt. Sie waren vormals Titelgeschichten oder große Reportagen in GEO.

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Herausgeber:

GEODie Welt mit anderen Augen sehenGruner + Jahr AG & Co KG, Druck- und Verlagshaus,Am Baumwall 11, 20459 Hamburgwww.geo.de/ebooks

Inhalt

Was bleibtvon Malte Henk

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Was bleibt

Als Kinder haben sie den Holocaust überlebt. Als Erwachsene in Israel meist geschwiegen. Nun erzählen sie von sich – mithilfe einer Frau, die Erinnerungsbücher mit ihnen verfasst: Miriam Dubi-Gazan

Von Malte Henk

Leben und Tod liegen auf der Zunge, lautet ein hebräisches Sprichwort, und Helène Shaked fand immer, über manche Dinge müsse man schweigen.

Als ihre Tochter Gila eines Tages meinte, Mama, bitte, du musst uns deine Erinnerungen hinterlassen, da schreckte Frau Shaked zurück. Soll man Kinder und Enkelkinder mit seiner Vergangenheit überfallen? Und sich selber auch noch einmal? Schließlich wird, wer Mitte des 20. Jahrhunderts in Europa gelebt hat, nicht um die Erinnerung an verstörende Ereignisse herumkommen.

Frau Shaked verstand den Wunsch ihrer Kinder: dass sie nun, mit Mitte achtzig, zu einem Ganzen zusammenfügen sollte, was die Jüngeren nur aus Andeutungen kennen oder als nackte Daten, als Bruchstücke einer Biografie.

Mir fehlt die Kraft, sagte sie.

Gut, antwortete Gila. Dann lass mich etwas arrangieren.

An einem hellblauen Tag im Frühjahr 2012 parkt Miriam Dubi-Gazan, Gründerin und Geschäftsführerin der Firma Docostory LTD, ihren Dienstwagen in einer verkehrsberuhigten Wohnstraße in der Stadt Aschkelon im Süden Israels. „Die Story Ihres Lebens ist ein Buch wert“, mit diesem Slogan wirbt ihre Firma um Kunden. Dubi-Gazan, sie trägt Hosenanzug und Brille, steckt Notizblock und Rekorder ein und geht mit resoluten Schritten auf die 1a zu. Man denkt an ein eifriges Schulmädchen auf dem Weg zum Unterricht.

Miriam Dubi-Gazan ist 68 Jahre alt. Ihr Spezialgebiet sind Geschichten von Menschen, die den Holocaust überlebt haben, ihnen jagt sie hinterher. Sie führt Interviews, und wenn alles glatt läuft, werden am Ende ein paar Dutzend Exemplare als Buch gedruckt; der Standardpreis liegt bei etwa 3000 Euro.

Helène Shaked steht schon in der Tür: Hausschuhe, Blümchenbluse, das Haar fein gelegt. Eine füllige Dame, an der alles weich zu sein scheint, in einer Seniorenwohnung, in der die Pastellfarben dominieren.

Mit Händen, die ein wenig zittern, gießt Helène Shaked den Kaffee ein, stellt eine Packung Toffifee auf den Küchentisch, dann kramt sie eine Schwarz-Weiß-Fotografie hervor, auf der man eine Gruppe Kinder in Mänteln sieht, irgendwo in einem Wald. Der Blick der Kinder wirkt ernst und würdig; vielleicht liegt das nur an der Distanz, den sieben Jahrzehnten, die man überwindet, wenn man ihnen in die Augen schaut.