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Wir alle wissen, dass Leidenschaft Berge versetzen kann. Peter Olsson, einer der profiliertesten und sicherlich erfolgreichsten Sportmanager, zeigt, wie jeder seine persönlichen Berge selbst aus dem Weg zu räumen vermag. Dazu muss man kein Sportler sein. Aber es schadet nicht, wenn man die zentralen Mechanismen des Sports verstanden hat. Viel von dem, was das Menschsein ausmacht, spiegelt sich darin. Das Trainieren und die mentale Vorbereitung auf ein bestimmtes Ziel hin, der Wettkampf, das Siegen, das Verlieren, das Aufstehen und Weitermachen. Selbstdisziplin, Teamgeist, das richtige Einschätzen des Gegners, die optimale Positionierung - all diese Aspekte lassen sich auf andere Lebens- und Leistungsbereiche übertragen. Erkenne dein Talent vermittelt persönliche Erkenntnisse und Lebenseinstellungen von Erfolgsmenschen und führt anhand realer Beispiele vor, welche Rolle die innere Haltung spielt, warum Freunde wichtig sind, welche Tipps einen wirklich weiter bringen - von der Karriereplanung über das Geheimnis des richtigen Gefühls bis hin zur Rolle der eigenen Werte.
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Seitenzahl: 284
Veröffentlichungsjahr: 2011
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Meinen Kindern Daniel, Larissa, Natalie und Linus. Sie erinnern mich ständig daran, was gut und wichtig im Leben ist. Ich liebe Euch von ganzem Herzen.
God bless you.
»There are some people who only see what is. There are others who dream of what could be. And then there are those who have the determination, the motivation and the means to make such dreams come true.«
E
s sind vor allem die Talente, die eine Gesellschaft voranbringen - ganz gleich ob im sportlichen, wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Bereich. Eine Gesellschaft wie die unsere, die massivem demografischem Wandel und globaler Konkurrenz ausgesetzt ist, kann es sich nicht erlauben, ihre Talente zu vergeuden. Wir müssen sie suchen und fördern, bei den Starken ebenso wie bei den Schwächeren, und dazu beitragen, dass sie sich entfalten können. Die Idee von Peter Olsson, sein Wissen als Berater großer Talente zusammen mit der Erfahrung anderer Erfolgsmenschen an jüngere Menschen weiterzugeben, hielt ich von Anfang an für unterstützenswert. Persönliche Erfolge sind noch keine Garantie dafür, gehört und verstanden zu werden. Man muss es auch erklären und die anderen dafür begeistern können, das weiß ich nicht erst, seit ich die Fußballnationalmannschaft trainierte. Man muss auch die Überzeugung und die Zuversicht rüberbringen können.
Ein Peter Olsson kann das. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich ihm das erste Mal begegnet bin, es ist viele Jahre her. Aber ich erinnere mich, dass mir etwas an ihm gleich aufgefallen ist: das Menschliche und das Lockere. Peter hat eine Freundlichkeit, die frei ist von Hintergedanken. Wenn er jemandem begegnet, macht er sich erst einmal warm mit dem anderen und erkundigt sich aus ehrlichem Interesse. In dem aufgeheizten Geschäft der Sportvermarktung, wo viele zuallererst an ihren Profit denken, ist das schon fast ein bisschen exotisch.
Als ich 1964 im Alter von 18 Jahren mein Profi-Debüt beim FC Bayern hatte, gab es den Beruf des Managers offiziell noch gar nicht. Denn es gab ja auch kaum Beratungsbedarf. Die Karrieren waren überschaubarer - und die Werbeangebote auch. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Werbevertrag mit einer Firma, die Haarcreme herstellte. Die bot den Spielern der deutschen Fußballnationalmannschaft vor der Weltmeisterschaft in England 1966 in Wembley an, in einer Kinowerbung für ihre Haarcreme aufzutreten. 800 Mark sollte es dafür pro Nase geben. Fast alle aus der Mannschaft haben damals unterschrieben. Ich natürlich auch. Einige Zeit später erzählte ich Robert Schwan davon, der unsere Familie oft besuchte und mich ehrenamtlich beriet. »Ja spinnst denn du«, rief er aus, »800 Mark. Das ist doch ein Hungerlohn.« Er machte mich darauf aufmerksam, dass ich mit meinen damals 20 Jahren noch gar nicht geschäftsfähig und der Vertrag deshalb nichtig war. Daraufhin ernannte ich ihn zu meinem persönlichen Manager. Zusammen mit Helmut Grashoff, dem ersten Manager der Bundesliga 1966, wurde er so etwas wie der Wegbereiter der Sportvermarktung.
Peter Olsson war einer der ersten, der die Vermarktung von Sportstars hierzulande auf professionelleres Niveau gehoben hat. Er hat es ins Bewusstsein gebracht und konkretisiert, dass ein Star eine Marke ist. Vor einigen Jahren habe ich den Kontakt zwischen ihm und Muhammad Ali hergestellt, den Peter Olsson über viele Jahre in Europa vertrat. Ich habe ihn mit gutem Gefühl empfohlen, weil er ein hochanständiger Kerl ist. Bei ihm gilt ein Wort noch etwas. Und eine Abmachung, die man - egal ob mündlich oder schriftlich - einmal getroffen hat. Er ist keiner, der einen Vorteil für sich zu Lasten des anderen herausschlagen würde.
Dass die Sportwelt inzwischen eine andere geworden ist, daran haben die Medien einen großen Anteil. Zu meiner Anfangszeit wurden die Spiele mit einer Kamera in Schwarz-Weiß übertragen und es gab zwei Fernsehsender. Heute sind es 30 Kameras, es gibt Hunderte von TV-Sendern und alles rennt hinter dem Fußball her. Als ich als Jungprofi beim FC Bayern trainierte, saßen maximal zehn Rentner auf der Bühne und sahen uns zu. Heute sitzen da Tausende. Der Fußball und seine Stars sind ein permanentes Medienereignis, bei dem entsprechend viel Geld im Spiel ist. Aber ehrlich gesagt: Die schönere Zeit hatten wir. Wir konnten uns noch frei bewegen, ohne überall gefilmt und fotografiert zu werden und die Bilder am nächsten Tag im Internet oder in einer Boulevardzeitung sehen zu müssen. Bei allem, was die Stars heute verdienen, muss man einrechnen, dass sie damit auch ein Stück weit für ihre eingeschränkte Freiheit entschädigt werden.
Das Business ist härter geworden, zum Teil auch unseriöser. Und die Konkurrenz größer. Die Spieler gehen dahin, wo es das meiste Geld gibt. Manche erzwingen ihren Wechsel, auch wenn im Vertrag etwas anderes steht. Weil sie daran verdienen - und ihre Berater natürlich auch. Ein Peter Olsson würde so ein Spiel nicht mitmachen. Er steht für andere Prinzipien: Respekt, Aufrichtigkeit, Verlässlichkeit und Hingabe. Er ist jemand, der diese Werte mit Leib und Seele verkörpert und dazu eine hohe Professionalität und Entschlossenheit mitbringt. Dass er all das in diesem Buch an Berufseinsteiger weitergeben möchte, kann man nur begrüßen.
Der Sport ist ein guter Lehrmeister, ein grandioses Hilfsmittel im Leben. Er lehrt uns, mit Siegen und Niederlagen umzugehen. Werte wie Solidarität, Disziplin, Respekt und Fairness bewähren sich im Sport wie im Leben. Peter Olsson hat recht, wenn er Parallelen zwischen beiden Bereichen zieht. Denn auch außerhalb des Sports ist die Konkurrenz größer geworden und die Profitsucht nicht weniger. Es wäre wünschenswert, wenn es mehr Leute gäbe, die mit ihrer Menschlichkeit dagegenhalten.
> Franz Beckenbauer
Salzburg, im Februar 2011
I
ch halte es für unsere Aufgabe, das, was wir gelernt und begriffen haben, an die nächste Generation weiterzugeben. Für Muhammad Ali und mich war das der Grund, das Ali Center in seiner Heimatstadt Louisville, Kentucky zu gründen. Muhammad will, dass andere an seinem bemerkenswerten Leben teilhaben und daraus lernen. Es kommt nicht so sehr darauf an, ob junge Menschen all diese Botschaften annehmen, man kann nur hoffen, dass der Samen auf fruchtbaren Boden fällt und irgendwann aufgeht. Wichtig ist, dass wir es versucht haben. Von wem sollen wir lernen, wenn nicht von jenen, die uns in puncto Lebenserfahrung voraus sind?
Peter Olsson ist selbst ein ewig Lernender. Er geht mit offenen Augen und Ohren durch das Leben. Und er ist ein globaler Geschäftsmann - viel von dem, was er von anderen gelernt hat, basiert auf den intensiven und teilweise internationalen Beziehungen, die er im Verlauf der letzten 25 Jahre aufgebaut hat. Ich finde es wunderbar, dass er all die Lektionen, die er gesammelt hat, nun in diesem Buch zusammenträgt.
Viele junge Menschen wissen heute nicht mehr, wo sie ansetzen sollen. Es fällt ihnen wesentlich schwerer, sich mit Leib und Seele auf etwas einzulassen, weil sie so vielen Stimuli ausgesetzt sind. Als Muhammad hier aufwuchs, gab es in Louisville zwei Fernsehstationen, heute sind es 50. Es gab keine Computer, kein Internet, kein Facebook. Wahrscheinlich war es damals einfacher, einen persönlichen Traum zu finden und dafür zu kämpfen, so wie Muhammad das tat.
Er wäre vielleicht nie Boxer geworden, wenn man ihm nicht mit zwölf Jahren sein neues rotes Fahrrad gestohlen hätte. Er war außer sich vor Wut und ging zur Polizei, wo er drohte, den Dieb zu verprügeln, falls er ihn träfe. Der Polizeibeamte sagte zu ihm: »Bevor du ihn verhaust, solltest du wissen, wie man boxt.« Er war der Verantwortliche des Sportclubs der Polizei und lud Muhammad ein, zum Training zu kommen. So fing es an. Der Zufall half mit und ein Mensch, der in diesem 12-jährigen Jungen etwas erkannte. Ich glaube gar nicht, dass das Boxen Muhammads Passion war, sondern eher ein Vehikel. Seine eigentliche Passion war es, großartig zu sein.
»Finding the great within« - die eigene Größe finden -, das ist einer der Leitsätze im Ali Center. Wir müssen jungen Menschen helfen, ihre eigene Großartigkeit zu entdecken. Nicht jeder hat das Zeug zum Raketenwissenschaftler oder zum Präsidenten, aber jeder Mensch bringt ein besonderes Talent für etwas mit. Und er sollte versuchen, darin seine persönliche Bestform zu erreichen, ob als Klempner oder als Manager. Es geht nicht darum, als Bester vom Platz zu gehen, sondern darum, sein Bestes gegeben zu haben.
Peter Olsson gibt immer 110 Prozent. Manchmal frage ich mich, wie er das schafft. Er tut alles voller Hingabe und dreht jeden Stein um. Am Ende macht genau das den Unterschied. Hingabe ist für Muhammad eine der wichtigsten menschlichen Fähigkeiten. Ganz gleich, ob wir von einem erfolgreichen Mediziner, Topathleten oder Geschäftsmann sprechen: Sie haben Erfolg, weil sie sich ihren Idealen mit ganzem Herzen verschrieben haben. »Champions werden nicht in Sporthallen gemacht«, hat Muhammad immer gesagt, »sondern durch etwas, das sie tief in sich tragen: eine Sehnsucht, einen Traum, eine Vision.« Und du gewinnst nicht erst im Ring, sondern infolge der vielen tausend Stunden, die du zuvor in das Training investiert hast.
Ich würde mir sehr wünschen, dass es Peter, der alles mit so großem Enthusiasmus angeht, gelingt, viele junge Menschen für ihre eigenen Träume und Ideale zu begeistern.
> Lonnie Ali
Louisville, im Februar 2011
K
urz nachdem ich 2004 zum »Sportmanager des Jahres 2003« gewählt worden war, rief ein deutscher Verlag bei mir an, ob ich nicht Lust hätte, ein Buch zu schreiben. Natürlich war ich geschmeichelt. Ja, warum nicht?
Etwas später trug man die Bitte an mich heran, junge Leistungssportler in einem Vortrag für das Eliteforum der Deutschen Sporthilfe zu coachen. Diese jungen Athleten - allesamt mit Olympia- oder Weltmeisterschafts-Ambitionen - stolpern oft ziemlich unvorbereitet in die Vermarktungsmaschinerie des internationalen Sportbusiness. Sie unterschreiben die falschen Verträge, geben in Interviews die falschen, weil zu privaten Antworten und wissen kaum einzuschätzen, wovon ihr persönliches Image und das ihrer Sportart abhängen.
Gerade die Athleten der Randsportarten haben mich immer besonders fasziniert. Sportler, die mit grenzenloser Passion ihrer Randspartendisziplin frönen. Öffentlich kaum beachtet, finanziell wenig gefördert und meist ohne nennenswerte Unterstützung durch ein professionelles Management. Das hält sie aber nicht davon ab, sich jeden Tag aufs Neue das Maximum abzuverlangen. Nicht des Geldes oder Ruhmes wegen, sondern aus purer Leidenschaft. Wir alle wissen, dass Leidenschaft Berge versetzen kann.
SPORT - EINE METAPHER DES LEBENS
Dieses Buch soll dir zeigen, wie du selbst Steine aus dem Weg räumen und Berge versetzen kannst. Dazu musst du kein Sportler sein. Aber die zentralen Mechanismen des Sports sind übertragbar auf viele Arbeits- und Lebensbereiche. Es lohnt sich, sie zu durchschauen. Sport ist eine der großen Metaphern des Lebens. Viel von dem, was das Menschsein ausmacht, spiegelt sich darin wider. Das Trainieren und die mentale Vorbereitung auf ein bestimmtes Ziel, der Wettkampf, das Siegen, das Verlieren, das Aufstehen und Weitermachen. Selbstdisziplin, Teamgeist, das richtige Einschätzen des Gegners, die optimale Positionierung.
In meinem Job als Celebrity-Manager bin ich vielen Persönlichkeiten begegnet. Manche sind heute meine besten Freunde. Und einigen von ihnen wirst du auch in diesem Buch begegnen. Ich habe viel von diesen Menschen gelernt, und ich möchte das, was sie und viele andere Lektionen des Lebens mich gelehrt haben, gerne weitergeben. Hätte ich damals mit Anfang zwanzig gewusst, was ich heute weiß, ich hätte mir eine Menge Fehler erspart. Fehler sind wichtig, klar, aber manchen Umweg kannst du dir einfach sparen, indem du genau hinschaust, wie es die machen, die einen gewissen Vorsprung haben, die etwas erreicht haben, das mit dem vergleichbar ist, das du dir vorgenommen hast.
Keine Angst, das ist keine weitere dieser entbehrlichen Management-Fibeln von Leuten, die selbst noch nie wirklich etwas auf die Beine gestellt haben. Auch kein esoterisches »Chaka chaka«-Gefasel, das dir einreden will, mit etwas positiver Selbstsuggestion unter der Morgendusche könntest du dein Leben in eine einzige Siegermelodie verwandeln. Was ich dir mitgeben möchte, sind persönliche Erkenntnisse und Lebenseinstellungen von Menschen, die erfolgreich sind in ihrem Beruf. Ich möchte dir zeigen, welche Rolle die richtige innere Haltung spielt, warum Freunde wichtig sind und welche Tipps einen wirklich weiterbringen im Leben.
Du wirst sehen, dass die meisten Leute auch nur mit Wasser kochen und warum wir alle - ob prominent oder nicht - letztlich auf den gleichen Kreuzungen des Lebens und vor ähnlichen Problemen stehen. Ich will dir erklären, warum sich das richtige Verständnis für deine körperlichen und seelischen Bedürfnisse auf deine persönliche Leistungsbilanz und deine innere Zufriedenheit auswirken. Du wirst nicht lernen, was dich zum besten Tennisspieler oder Fußballtrainer macht, aber du wirst einen besseren Eindruck davon bekommen, wie diese Siegertypen ticken - und was du dir von ihnen abschauen kannst.
Viele meiner Freunde und Klienten haben an diesem Buch mitgewirkt und zum Teil sehr persönliche Erfahrungen, Erfolgsgeheimnisse und Insidertipps eingebracht. Ich danke ihnen dafür, dass sie dieses Wissen an dich weitergeben in dem Wunsch, dass es dir hilft, deine Träume zu verwirklichen.
JEDER MENSCH HAT EIN BESONDERS TALENT
Das ist der Kerngedanke dieses Buchs. Ich bin überzeugt davon, dass jeder von uns eine besondere Gabe hat. Es ist eine Gabe, die darauf wartet, entdeckt und entwickelt zu werden. Oft wird Talent als eine Art Mitgift verstanden, aus der sich Kapital in Form von Ruhm und Reichtum schlagen lässt. Aber darum geht es nicht. Talent ist viel mehr als das. Es ist das, was unsere individuelle Existenz ausmacht, es beeinflusst unser Leben und entscheidet mit darüber, wie glücklich und erfüllt dieses sein wird. Wenn Talent sich mit Hingabe und Leidenschaft verbündet, wird dies in den meisten Fällen mit einer bestimmten Form des Gelingens belohnt werden.
Auf ihre Weise handeln alle folgenden Kapitel letztlich davon, wie du deine individuellen Fähigkeiten optimal einschätzen und einsetzen kannst. Beruflich und in Karrierehinsicht, aber auch, und das ist noch wichtiger, wenn es darum geht, deine persönliche Zufriedenheit zu finden.
In einer Zeit, in der wohl bald jeder 15-Jährige dieser Republik in irgendeiner TV-Show gecastet worden ist, ist der Talent-Begriff sehr überstrapaziert. Dabei haben diese Talent-Such-Spiele natürlich nicht das Geringste mit dem zu tun, was ich unter Talent verstehe. Das Leben ist nun mal keine Castingshow, in der es genügt, relativ unvorbereitet auf eine Bühne zu stolpern und vor sich hin zu probieren. Die Langzeitbilanz all dieser Castingshows ist entsprechend ernüchternd: Kein großer Star ist da entdeckt worden. Ganz im Gegenteil muss es einen nachdenklich machen, dass eine Showbiz-Größe wie Nadja Benaissa von den No Angels im Rückblick sagt, ihre Zeit als gefeierte Sängerin sei für sie »die Hölle« gewesen. Das, was sich Millionen von Mädchen als himmelsgleich ausmalen, hat sie als große Enttäuschung empfunden. Das liegt sicher nicht daran, dass sie zu wenig Talent mitgebracht hat - Nadja war eine große Begabung. Nur war sie in keiner Weise darauf vorbereitet, was ihr in dieser Verheizungsmaschinerie des Showgeschäfts widerfuhr. Weder mental, noch was ihre Erfahrung betraf. Gerade jungen Startern fehlt dazu oft das Fundament aus professionellem Know-how, Intuition und richtiger Selbsteinschätzung. Ohne diese Basis kann ein Talent niemals sein ganzes Potential entfalten.
Nur wenn du dich selbst kennst, wirst du das Maximum deiner Kapazitäten erreichen können. Und das sollte dein Bestreben sein. Du solltest versuchen, deine persönlichen 101 Prozent zu erreichen. Leider geht das nicht ohne Anstrengung. Man muss kein Leistungssportler sein, um diese Binse verstanden zu haben. Wenn du zu jenen zählst, die keinen ernsthaften Wunsch hegen, an sich zu arbeiten und mehr zu erreichen, dann kannst du das Buch jetzt zuschlagen und verschenken. Denn dann ist es definitiv nicht dein Buch.
Dieses Buch richtet sich an Menschen, die etwas aus ihrem Leben machen wollen. »Wenn du nach den Sternen greifst, kann es zwar sein, dass du keine bekommst, aber du wirst wenigstens am Ende nicht mit einer Handvoll Matsch dastehen« - so formulierte es der legendäre US-Werbetexter und Mitbegründer der gleichnamigen globalen Agentur Leo Burnett einmal. Das Gefühl der Genugtuung, das sich einstellt, wenn man um etwas gekämpft hat, ist großartig und für sich genommen schon eine Art Belohnung - sogar dann, wenn du das Ziel, das du dir gesteckt hattest, nicht erreicht hast. Selbst im Fall des Scheiterns ist dieses Gefühl vielfach befriedigender als das Eingeständnis, es gar nicht richtig versucht zu haben.
Immer wieder habe ich die traurige Erfahrung gemacht, dass Menschen sich mit einer Handvoll Matsch begnügen - obwohl ihre Talente reichen würden, um die Sterne vom Himmel zu holen. Ich habe junge Leute erlebt, denen Gott ein unglaubliches Talent in die Wiege gelegt hat und die nichts daraus gemacht haben, sondern einfach nur durch ihr Leben getapert sind, ohne den Sinn des Ganzen zu verstehen. Ich habe mit etlichen Stars gearbeitet, die unsereins als »beratungsresistent« bezeichnet, weil sie ihren Erfolg leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben, weil sie die Bodenhaftung verloren haben oder selbstdestruktiv waren.
Viele Menschen werfen viel zu eilfertig das Handtuch. Sie geben schon bei den kleinsten Widrigkeiten auf und begründen das vor sich selbst mit der Entschuldigung, dass sie offenbar nicht das Zeug dazu haben - andernfalls hätte es ja geklappt. Solchen Leuten halte ich entgegen: O. k., mag sein, dass dir der liebe Gott nicht die exzeptionellsten Begabungen mitgegeben hat, aber er hat dir definitiv die Kraft und Energie gegeben, etwas durchzustehen, für etwas zu kämpfen, hart zu arbeiten und eine positive Haltung an den Tag zu legen.
Ich bezweifle, dass ich selbst mit allzu großen Talenten gesegnet bin. Als Athlet habe ich es nicht weit gebracht - obwohl das mein Traum gewesen wäre. Aber ich habe mich deshalb nicht in meinem Antrieb bremsen lassen, sondern versucht, eine neue Passion im Bereich Marketing und Management zu finden. Auch dafür hat man mir keine besondere Genialität in die Wiege gelegt. Doch offenbar genug Entschlossenheit und Energie, um es trotzdem zu wagen und diesen langen Weg zu gehen, der mich am Ende zum Erfolg geführt hat. Die eigenen Grenzen zu akzeptieren heißt nicht, sich von ihnen einengen oder aufhalten zu lassen. Ganz im Gegenteil: Wenn man die eigenen Grenzen kennt, sieht man den Verlauf des Weges oft viel klarer vor sich.
Mach dich also auf den Weg und lerne dich selbst besser kennen.
»Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen.«
Seneca
V
on all den entscheidenden Karrierefaktoren, über die ich in diesem Buch sprechen werde, ist Zeit und der richtige Umgang mit ihr sicher einer der wichtigsten. Ich glaube, dass der Schlüssel zum Erfolg darin liegt, wie geschickt du die Gesamtheit deines alltäglichen Lebens managst und in ein gelungenes Zeitgefüge bringst. Und damit meine ich alle relevanten Bereiche des Lebens: die berufliche Karriere ebenso wie das Privatleben, Gesundheit, Spaß und Freizeit, Freundschaften, Beziehungen, Reisen, persönliche Bildung - alles, was dazugehört.
Ohne ein funktionierendes Zeitmanagement - das erlebe ich täglich bei Kunden und Klienten - läufst du Gefahr, dass dir die Fäden aus der Hand gleiten. Du wirst nur selten das Gefühl bekommen, alles wirklich unter Kontrolle zu haben. Im Zweifel wirst du dich am Erreichten auch nicht so erfreuen können. Ich bin überzeugt, dass jeder, der seine Zeit optimal organisiert und ein gewisses Gefühl dafür entwickelt, ein anderes inneres Gleichgewicht erlangt. Das macht es leichter, den diversen Rückschlägen oder persönlichen Anfechtungen zu begegnen, die das Leben und ein tougher Job manchmal bereithalten. Wer ausstrahlt, die Prozesse und Abläufe im Griff zu haben, hat einen stärkeren und positiveren Auftritt. Und wer seine Zeit und Ressourcen richtig einteilt, den wirft auch eine Phase härtester Anforderungen nicht gleich um, weil er immer noch Energiereserven hat. Das Wichtigste aber ist: Nichts schützt Körper und Seele so sehr vor gesundheitlichen Problemen, Burn-out oder anderen stressbedingten Krankheiten wie eine sinnvolle Zeitbalance.
Die fundamentale Bedeutung eines funktionierenden Zeitmanagements wird nach wie vor oft unterschätzt. In den Entscheiderkreisen war es lange Zeit mehr oder weniger verpönt, über Arbeitszeit zu sprechen. Man hatte in Projektkategorien zu denken - und nicht in Stunden, die man damit zubringen würde, das jeweilige Projekt auf das Gleis zu schieben. Entscheidend waren die Ergebnisse, nicht die Nachtschichten und durchmalochten Wochenenden, die dafür nötig waren. Darüber sprach man nicht, das wurde einfach in Kauf genommen. »Schlafen kannst du, wenn du tot bist« - das ist einer der Sprüche, den junge Trainees in Agenturen und Firmen auch heute noch zu hören bekommen. Slogans von der Sorte: »Der frühe Vogel fängt den Wurm« und »Urlaub ist was für Weicheier«. In den 80ern und 90ern war es cool, wenn du sieben Tage die Woche durchgearbeitet und damit allen bewiesen hast, wie unglaublich belastbar du bist. Es war hip, von morgens bis abends dem schnellen Geld nachzujagen, um einer dieser jungen Millionäre zu werden, die es mit Anfang 30 zu einem Penthouse, scharfen Autos und wilden Partys in Saint-Tropez gebracht hatten.
EINE 80-STUNDEN-WOCHE IST KEIN GARANT FÜR ERFOLG
Oft genug ist die Rechnung - rein materiell - auch aufgegangen. Aber jeder vernünftig denkende Mensch weiß, dass diese Strategie der Selbstausbeutung kein Garantieschein für dauerhaften Erfolg ist - ganz zu schweigen davon, dass Körper und Seele für diesen radikalen Raubbau die Zeche zahlen. Ich bin etlichen dieser Jung-Millionäre begegnet in meinem Leben. Ihr Weg hat sie nicht zum Glück geführt. Da saßen sie nun in ihren ersehnten weißen Pent-house-Wohnungen mit all ihren Preziosen, aber sie verströmten keinen inneren Frieden, kein Glücklichsein. Eher eine gewisse Leere. Und oft auch Einsamkeit - einer der bittersten Preise für ein falsch gemischtes Leben mit vielen Bekannten und Bewunderern, aber keinen richtigen Freunden.
Es ist nicht lange her, da sprach ich mit Professor Florian Holsboer, Direktor des Münchner Max-Planck-Instituts für Psychiatrie. Holsboer forscht seit Langem zu den physiologischen und genetischen Ursachen gestörter Stresshormonregulation. Die Zahl der Burn-out-Fälle bei Menschen aus dem mittleren Management, der Sport- und Entertainment-Branche habe in den letzten Jahren dramatisch zugenommen haben, erzählte er mir. Das sind Leute, die solche Probleme bis dahin nur vom Hörensagen kannten. Junge Leute, Menschen, von denen man annehmen könnte, ihre Batterien seien noch bis zum Anschlag geladen, sie würden nur so strotzen vor Energie und Enthusiasmus.
Es sind vor allem Menschen mit leistungsorientierter oder idealistischer Einstellung, die gefährdet sind. Die Faktoren, die Überforderung hervorrufen, sind vielfältig. Besonders dramatisch wirkt sich die enorme Beschleunigung des Lebens aus: Dank Handy, Smartphone, Blackberry, E-Mail etc. ist jeder Mensch jederzeit erreichbar, der Austausch von Informationen erfolgt blitzschnell, ebenso schnell müssen Entscheidungen gefällt werden. Zeit für reifliche Überlegung bleibt selten, Stress wird zum ständigen Begleiter. Aufgrund modernster Technik kann auch immer und überall gearbeitet werden, die Freizeit ist porös geworden. Das führt zu einer Daueranspannung, besonders bei Jüngeren, Erfolgsorientierten, die manchmal kaum noch Phasen wirklicher Entspannung erleben. Das Business ist anonymer geworden: Austausch von Mensch zu Mensch, persönliche Gespräche, Ratschläge, Belobigungen sind selten. Die Isolation des Einzelnen nimmt zu - und mit ihr die Angst vorm Versagen.
Der moderne Mensch ist sicher nicht schwächer als seine Vorfahren. Aber die permanente Beschleunigung und die allgemein erhöhte Renditeerwartung, die wir alle heute haben, fordern ihren Tribut. Manchmal lassen sie die Stärksten umkippen.
Einige von ihnen habe ich persönlich kennengelernt. Sven Hannawald zum Beispiel, den begnadeten Skispringer, der 2002 die weltberühmte Vierschanzentournee in allen vier Bereichen gewann und im gleichen Jahr zehn weitere Medaillen bei diversen Welt-Wettkämpfen abräumte. Danach fiel er in ein tiefes Loch, Diagnose: Burn-out. In einem Interview erzählte Hannawald, sein »Hauptding« sei immer gewesen, so viel Geld zu verdienen, dass er später die Füße hochlegen könne. »Deshalb habe ich gar nicht in die Zukunft geguckt.« Heute sagt er, dass das ein Fehler war. »Im Nachhinein wäre ich froh, ich hätte die Nerven oder die Kraft gehabt, meine Augen und Ohren weiter aufzumachen.«
Auch Ottmar Hitzfeld, mit dem ich mich in diesem Kapitel über Zeit unterhalten werde (siehe Seite 44 - 46), hat sich 2004 nach seinem Abschied als Trainer vom FC Bayern öffentlich zu einem Burn-out bekannt.
Vielleicht sind Spitzensportler und deren Trainer anfälliger für solche Tiefs, weil es deine 150-prozentige Energie und Konzentration verlangt, wenn du in die hauchdünne oberste Leistungsebene vordringen willst. Viel von dem, was ein »normales« Leben ausmacht - Familienleben, Freunde, Kultur etc. - musst du als Hochleistungssportler ausblenden, weil es dich von deinem unmittelbaren Ziel, dem nächsten Wettkampfsieg, ablenkt. Das geht an die Substanz. Mancher packt das - einige scheitern daran. Sebastian Deisler zum Beispiel. Er galt als eines der meistversprechenden deutschen Fußball-Talente, spielte mit 19 in der Nationalmannschaft, verabschiedete sich aber Anfang 2007 überraschend und endgültig aus dem Fußballgeschäft. »Ich war nicht geschaffen dafür«, sagt er heute.
DAS GLÜCK DER ERFÜLLTEN STUNDEN
Die Art, wie wir mit unserer Zeit umgehen und diese gestalten, entscheidet darüber, ob wir für bestimmte Anforderungen geschaffen sind - oder eben nicht. Wenn wir die Zeit zu unserem Freund machen, wenn wir uns mit ihr verbünden, bekommen wir einen anderen Zugang zu ihr. Viele haben noch diesen industriellen Begriff von Zeit, dieses Credo: Zeit ist nur dann Luxus, wenn ich nicht arbeiten muss. Das ist Unsinn! Wahrer Luxus ist erfüllte Zeit - und das muss nicht unbedingt Freizeit sein. Die Minuten, Stunden oder Tage, die du damit verbringst, das zu tun, was dir entspricht, die Momente, in denen du in deinem eigenen Rhythmus bist - das ist echter Luxus, es macht dich glücklich. In der Psychologie nennt man diesen Zustand »Flow«. Ein Glückszustand, in dem Raum und Zeit aufgehoben sind, weil du voll bei der Sache bist, bei deiner Sache eben. Im Idealfall verschmelzen Kreativität, Arbeit und Gelderwerb. Das gilt auch für Berufe, die auf den ersten Blick nach dröger Monotonie aussehen. Ich glaube durchaus, dass man auch als Kellner oder Kassierer seine Kreativität und Persönlichkeit einbringen kann und soll. Du solltest mögen, was du tust. So einfach ist das - und so schwer.
LOVE WHAT YOU DO – SAGEN WIR SCHWEDEN...
Es ist eine hohe Lebenskunst, das kannst du mir glauben. »Versuche, zu den Vierprozentern zu gehören«, war der Tipp, den mir der renommierte amerikanische Management-Trainer Gerald Kushel gab. Vierprozenter? Keine Angst, das ist keine geheime Loge oder Sekte. Es ist, so würde Kushel das wohl eher beschreiben, der Club der Glücklichen. Über einen Zeitraum von zehn Jahren hat Kushel, der in Amerika einige Bestseller zum Thema »Peakperformer« geschrieben hat, 1500 Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen und Gesellschaftsschichten danach befragt, ob sie der Meinung sind, glücklich zu sein. Kushel zufolge basiert das Glück eines Menschen auf folgenden Faktoren:
> Du hast einen Beruf gefunden, den du liebst.
> Du erzielst dabei beachtlichen Erfolg.
> Du hast eine intensive und liebevolle Beziehung zu deinem Lebenspartner und deinen Kindern.
Kushels trauriges Ergebnis: Nur vier Prozent der Befragten konnten von sich behaupten, dass diese drei Aspekte für sie zutreffen und sie ein glückliches und erfülltes Leben führen.
Es bleibt immer noch die Frage, wie man es schafft, all die Dinge, die man auf der Agenda hat, an einem Tag, in einer Woche, ja in einem ganzen Leben zu erledigen. Als ich jung und voller Wissbegierde war, habe ich stapelweise diese Topmanagerbiographien und Karriereratgeber verschlungen. Ich wollte von den echten »Machern« lernen, ich wollte mir ihre Tricks abschauen. Besonders beeindruckt war ich von einem Buch über einen damaligen Top-Topmanager, der für eine Giga-Summe von Pepsi zu Apple gewechselt war. Stolz referierte er seinen durchschnittlichen 21-Stunden-Arbeitstag, der um 4 Uhr früh begann. Wenn es draußen noch stockfinster war, schwitzte der Boss schon auf seinem Hometrainer und verfolgte zeitgleich die Entwicklungen an der gerade öffnenden japanischen Börse. Nach dem Training, der Lektüre aller wichtigen Tageszeitungen und einem kleinen, vollwertigen Frühstück fuhr er in sein Office. Muss ich erwähnen, dass er dieses nie vor 1 Uhr morgens verließ?
WARUM DIE ÜBEREIFRIGEN NICHT AUTOMATISCH DIE BESSEREN SIND
Wow! Ich erinnere mich noch, dass ich die schwersten Schuldgefühle und Gewissensbisse hatte, weil ich Schlappmann offenbar nicht in der Lage war, jede Nacht bei bester Laune bis 23 Uhr in meinem Büro zu verbringen und die Welt aus den Angeln zu heben. »Du bist einfach zu faul«, geißelte ich mich, »so wirst du es nie zu was bringen.« Mal davon abgesehen, dass ich es nie schaffte, nachts in ein Fitnessstudio zu gehen (die damals um diese Zeit auch meist geschlossen waren).
Heute passiert es mir öfter, dass ich, wenn ich spätabends auf dem Heimweg bin, fast einen dieser Nachtjogger überfahre, die mit einer Grubenleuchte am Kopf durch die dunklen Straßen galoppieren. Und ich frage mich jedes Mal: Sind das auch Workaholics von der Topmanagersorte, die mit drei Stunden Powerschlaf und einem kleinen Vollwertfrühstück über ihren 21-Stunden-Tag kommen? Oder sind sie einfach nur ein bisschen durchgeknallt?
Viele Menschen scheinen Quantität noch immer mit Qualität zu verwechseln, wenn es um Zeit geht. Jeder von uns kennt diese übereifrigen Kollegen, die demonstrativ vor den anderen im Büro sind und dieses so sicher wie das Amen in der Kirche stets erst dann verlassen, wenn der Rest der Belegschaft schon gegangen ist - einfach um überengagierten Eindruck zu schinden. Wir kennen die großen Windmacher, die einen randvollen, ziegelsteindicken Terminkalender wie ein Ritterschild vor sich hertragen und über ständige Zeitnot klagen. Als sei chronische, quasi lebenslange Zeitknappheit eine Art Auszeichnung, das sichere Erkennungsmerkmal aller Leistungsträger und »Over-Achiever«. Ist sie nicht! Der Apple-Manager musste - trotz Rund-um-die-Uhr-Einsatzes, körperlicher Bestform, Spitzenausbildung und vollwertiger Ernährung - seinen Chefsessel recht bald räumen. Wegen enttäuschender Zahlen. Bitter, was? Aber womöglich hatte er bei all seinem aufopferndem Engagement eines übersehen: das Leben an sich. Und in diesem Zusammenhang sein ganz persönliches Zeitmanagement. Denn darauf kommt es an.
VERLORENE ZEIT: MANAGEMENTSEMINARE
Und das lernst du in keinem Zeitmanagementseminar. Ich selbst habe einige davon besucht. Rausgeschmissenes Geld (erst das meines Chefs, später dummerweise mein eigenes). Sie versprechen dir, dass sie dir beibringen werden, deine Zeit effektiv zu planen. Sie lassen dich hoffen, all die geheimen Tricks und Kniffe zu ergründen, die dich in eine fleischgewordene Effizienzmaschine verwandeln, für die Zeitmangel und Unerledigtes fortan Fremdworte sind. Deine berufliche Performance werde nicht wiederzuerkennen sein, Karrieresprünge und eine neue Lebensqualität seien die Folge. Das Blöde ist nur: Wenig davon tritt ein. Am Ende bist du um einige Tausend Euro ärmer und hast allenfalls gelernt, wie man ein Meeting plant und ein Time-Management-Buch benutzt. In der Theorie bist du ein Experte, wenn es darum geht, deinen Tag auf einem Blatt Papier einzuteilen, vielleicht hast du dir auch den ultraschicken, ledergebundenen Manager-Organizer andrehen lassen - aber du wirst eins nicht bekommen haben: persönliche Empfehlungen, wie du in deiner speziellen Karriere und mit deinen ganz individuellen Prioritäten und Bedürfnissen deinen Alltag handhaben kannst.
Gerade für Berufsanfänger ist das eine große Enttäuschung. Denn bis dahin, ob auf der Schule oder an der Uni, gab es immer irgendjemand, der dir sagte, worauf es ankam und wofür du dich vorzubereiten hattest. Und es gab genug andere, die in einer ähnlichen Situation waren wie du und mit denen du dich besprechen konntest. Im ersten Job, konfrontiert mit der manchmal frostigen Härte eines Arbeitsalltags, müssen auch die Greenhorns oft schon große Verantwortung übernehmen und Projekte in Eigenregie managen. Nur die wenigsten Unternehmen helfen ihren jungen Rekruten dabei, ein adäquates Zeitmanagement zu entwickeln. Warum das so ist? Nun, in manchen Firmen regiert ohnehin das mittlere Chaos. Von einem Anfänger erwartet man dann einfach, dass er sich diesem Ritt anschließt. In anderen Unternehmen haben auch die Chefs noch nie etwas von effizienten Prozessen gehört, geschweige denn, dass sie diese vermitteln könnten. Und wieder andere funktionieren nach dem Prinzip: Spring ins kalte Wasser, schwimme und versuche, nicht abzusaufen.
Du musst dir selbst helfen. Das ist die nackte Wahrheit. Du musst dich hinsetzen und einen Plan für die Gestaltung deiner Zeit entwickeln. Niemand kann dir diesen Job abnehmen, weil niemand wirklich in dich reinschauen und dir sagen kann, wie du alles, was dir wichtig ist im Leben, unter einen Hut bringen kannst. Wer ein erfülltes und zugleich erfolgreiches Leben anstrebt, muss diese Aufgabe selber lösen. Je früher, desto besser. Am besten, du beginnst sofort damit.
WAS IST DIR WIRKLICH WICHTIG?
Versuche, dir zu vergegenwärtigen, dass es hauptsächlich zwei Kategorien von Zeit in deinem Leben gibt, die immer parallel laufen: die innere und die äußere Zeit. Wie zwei Uhren, die synchron ticken. Die eine Zeitkategorie ist eher eine emotionale, die andere ist rational. Wenn du diese Unterscheidung machst, hast du den ersten Schritt zu einer gelungeneren Lebensgestaltung schon getan.
Ich habe eine Menge junger Menschen erlebt, die ohne die blasseste Vorstellung von Zeit in ihren Beruf gestartet sind. Sie haben nicht den Hauch einer Ahnung von innerer und äußerer Zeit. Sie betanken ihre Rakete mit tollen Uni- oder College-Abschlüssen, Entschlossenheit und Energie und schießen sie aufs Geratewohl in den Orbit - ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie die Flugbedingungen sind und wohin die Reise überhaupt gehen soll. Das funktioniert nicht. Heute noch weniger als vor 20, 30 Jahren. Du musst wissen, in welche Richtung du willst. Du musst eine Vorstellung haben, wie lange dein Proviant reicht und wie groß deine Ambitionen sind. Du musst ein ungefähres Bild von deiner inneren und äußeren Zeit entwickeln.
DIE INNERE ZEIT
Beginnen wir mit der inneren Zeit. Sie ist die Basis allen Handelns. Die Erfahrung, die ich persönlich und mit all den Topathleten und Businessmanagern gemacht habe, lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Die Erfolgreicheren sind immer die, die eine stimmige Vorstellung ihrer inneren Zeit haben. Diese Menschen können auf eine große Gruppe echter Freunde und auf eine harmonische Familie oder Partnerschaft vertrauen und bewegen sich in einem professionellen Umfeld. Sie haben eine positive Lebenseinstellung, sie engagieren sich für wohltätige Zwecke, haben Zeit für ihre Kinder (sofern sie welche haben), sie erzählen dir begeistert von ihrer Oldtimer-Kollektion und den besonderen Momenten mit ihrer Familie. Sie haben Zeit für ihre Freunde, sie sind stolz auf das, was sie leisten und erreicht haben - und manche schreiben nebenher sogar noch ein Buch. Diese Menschen wirst du selten über Stress oder fluchbeladene Projekte oder persönliche Probleme jammern hören. Nicht, weil sie das nicht auch kennen würden, aber in der Regel sind sie frei von Selbstmitleid. Sie schauen nach vorne. Dort gibt es genug Dinge, für die es sich zu engagieren lohnt. Große Zukunftspläne, innovative Visionen oder auch kleinere Projekte, die die Welt zwar nicht grundlegend verändern, aber vielleicht einen Hauch besser machen könnten.