Ernährung im Schichtdienst - Petra Hömens - E-Book

Ernährung im Schichtdienst E-Book

Petra Hömens

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Beschreibung

Schichtdienst darf als Risikofaktor für die Gesundheit nicht unterschätzt werden. Die Arbeitszeiten wechseln sich ab: Oft wird der Dienst sehr früh begonnen oder endet spät abends. Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, entwickeln öfters höheren Blutdruck, nehmen an Gewicht zu und haben ein erhöhtes Risiko für Prädiabetes und Typ-II-Diabetes. Was können Pflegefachkräfte nun tun, um das gesundheitliche Risiko zu reduzieren? Und wie ist es möglich, einen regelmäßigen Essrhythmus zu finden, wenn sich die Dienste ständig ändern? Dieses Buch basiert sowohl auf Erkenntnissen aus der ernährungswissenschaftlichen Forschung als auch auf der langjährigen Berufserfahrung der Autorin in der ernährungsmedizinischen Praxis. Ziel ist es, Pflegefachkräften einen konkreten und zugleich praktischen Leitfaden an die Hand zu geben, damit sie das eigene gesundheitliche Risiko senken und sich zugleich gesundheitlich fitter fühlen können. Mit Beispielernährungstagen sowie bewährten und einfachen Rezepten. Für Pflegefachkräfte, Studierende und alle Angehörige von Gesundheitsberufen, die im Schichtdienst tätig sind

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Petra Hömens

Ernährung im Schichtdienst

Eine geschlechtergerechte Schreibweise wird in diesem Buch vorwiegend durch die Verwendung der Schreibung mit Doppelpunkt : realisiert. Ist eine korrekte, alle Endungen berücksichtigende Schreibung auf diese Weise nicht möglich oder erfordert sie Ergänzungen, die den Lesefluss hemmen, so wird – stellvertretend für alle Geschlechter – die weibliche Form gewählt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr, eine Haftung der Autorin oder des Verlages ist ausgeschlossen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung, sind vorbehalten.

1. Auflage 2024

Copyright © 2024 Facultas Verlags- und Buchhandels AG

facultas Verlag, 1050 Wien, Österreich

Umschlagbild: © Anna Shepoulova

Satz: Florian Spielauer, Wien

Lektorat: Laura Hödl, Wien

Druck: Facultas Verlags- und Buchhandels AG

Printed in the EU

ISBN 978-3-7089-2438-0

E-ISBN 978-3-99111-841-1

Inhalt

Vorwort

1 Die Arbeitsbedingungen und die Schichtdienstmodelle in der Pflege

2 Die gesundheitlichen Risiken im Schichtdienst

3 Schlafgesundheit: Das Grundlagenwissen

4 Der Schichtdienst beeinflusst unseren biologischen Rhythmus

4.1 Jede Uhr tickt anders – der individuelle Chronotyp

4.2 Der soziale Jetlag

5 Die Ernährungsweise und die innere Uhr

6 Das egoistische Gehirn und der Energiestoffwechsel

6.1 Die Nicht-Habituierer:innen – Entstehung der dünneren, bauchbetonten Körperform

6.2 Die Habituierer:innen und das Adipositas-Paradoxon

7 Die schlafgesunde Ernährung

7.1 L-Tryptophan – der unentbehrliche Eiweißbaustein

7.2 Natürliche Schlafmittel – die Phytotherapeutika

8 Der bewährte Ernährungsfahrplan

8.1 Der 1. Schritt: Ernährungsfundamente aufbauen

8.1.1 Mahlzeitenstruktur im Frühdienst

8.1.2 Mahlzeitenstruktur im Spätdienst

8.1.3 Mahlzeitenstruktur im Nachtdienst

8.1.4 Mahlzeitenstruktur an freien Tagen und im Urlaub

8.2 Der 2. Schritt: Nährstoffreiche Mahlzeiten einplanen

8.2.1 Eiweiß – der Baustoff für den Körper

8.2.2 Kohlenhydrate – der Treibstoff für den Körper

8.2.3 Fette und Öle – auf die Fettqualität kommt es an

8.3 Der 3. Schritt: Körperliche Bedürfnisse honorieren

8.3.1 Das Hunger-Sättigungs-System

8.3.2 Den Durst richtig löschen

9 Der Ernährungsplan als Orientierungshilfefür den eigenen Essalltag

9.1 Nährstoffreiche Mahlzeiten für den Essalltag im Frühdienst

9.2 Nährstoffreiche Mahlzeiten für den Essalltag im Spätdienst

9.3 Nährstoffreiche Mahlzeiten für den Essalltag im Nachtdienst

9.4 Nährstoffreiche Mahlzeiten für die freien Tage und im Urlaub

10 Schnelle und einfache Rezeptefür den pflegerischen Essalltag

10.1 Start in den Tag – Leckere Frühstücksvariationen

10.2 Leicht umsetzbare Hauptmahlzeiten für das Mittag- und Abendessen

10.3 Der ausgewogene Notfall-Snack für zwischendurch

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Vorwort

Im Laufe meiner Berufsjahre habe ich unter anderem auch Pflegefachkräfte sowie Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind, ernährungsmedizinisch begleiten dürfen. In erster Linie ging es vor allem darum, sowohl einen passenden Essrhythmus zu finden als auch die eigene Gesundheit mit nährstoffreichem Essen zu pflegen. Langfristig und nachhaltig wirksame Ernährungsempfehlungen in den eigenen Essalltag zu integrieren, muss nicht unbedingt herausfordernd sein.

Jene, die ihre Berufung in der Pflege gefunden haben, sind oftmals mit äußerst anstrengenden Arbeitsbedingungen konfrontiert. Pflegefachkräfte zahlen auf lange Sicht einen zu hohen Preis: den eigenen gesundheitlichen Status.

Der Schichtdienst darf hier als Risikofaktor nicht unterschätzt werden. Die Arbeitszeiten wechseln sich, je nach Schichtdienstmodell, ab. Oft wird der Dienst sehr früh begonnen oder endet spätabends. Die meisten Pflegekräfte, mehr als 70 %, arbeiten auch nachts im Schichtdienst (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kommunikation, 2021, S. 20).

Bekannt ist, dass die Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, öfter einen höheren Blutdruck entwickeln. Dadurch steigt auch das kardiovaskuläre Risiko an. Im Verlauf der Berufsjahre ist es wahrscheinlich, mehr Gewicht zuzunehmen. Nicht zu unterschätzen ist, dass das Risiko für Prädiabetes und Diabetes Mellitus Typ II ansteigt. Zudem leiden Schlafqualität und Schlafdauer, wenn über viele Jahre hinweg im Schichtdienst gearbeitet wird.

Was können Pflegefachkräfte tun, um das gesundheitliche Risiko zu reduzieren? Und wie ist es möglich, einen regelmäßigen Essrhythmus zu finden, wenn sich die Dienste ständig ändern?

Dieser Leitfaden basiert sowohl auf Erkenntnissen aus der ernährungswissenschaftlichen Forschung als auch auf meiner langjährigen Berufserfahrung in der ernährungstherapeutischen Praxis. Für ein tieferes Verständnis wird auch auf das Wechselspiel zwischen der Ernährungsmedizin, der Schichtarbeit und der Schlafgesundheit eingegangen.

Ziel ist es, Pflegefachkräften einen konkreten und zugleich praktischen Leitfaden in die Hand zu geben, damit sie das eigene gesundheitliche Risiko senken können und sich zugleich fitter fühlen. Besonders möchte ich hervorheben, dass der Leitfaden Beispielernährungstage mit Rezepten beinhaltet, die sich in der Praxis bewährt haben.

Abschließend bedanke ich mich für die Möglichkeit, diesen Leitfaden gestalten zu dürfen. Ich wünsche allen Leser:innen viel Freude beim Durchstöbern und viel Erfolg in der Umsetzung.

Pflege auch deine Gesundheit!

Diätologin und Sport-Ernährungscoach,

Petra Hömens MHPE

1 Die Arbeitsbedingungen und die Schichtdienstmodelle in der Pflege

In Österreich arbeiten derzeit rund 127 000 Menschen als Pflegepersonal im akutstationären Bereich oder im Bereich der Langzeitpflege und -betreuung. Laut dem statistischen Bundesamt sind mehr als 1,2 Millionen Pflegefachkräfte in Deutschland tätig. Die Arbeitsmarktsituation und die Arbeitsbedingungen im Pflegebereich beeinflussen die körperliche und psychische Gesundheit der Pflegefachkräfte. Zum einen wird der Bedarf an ihnen steigen. Zum anderen herrscht bereits ein Mangel an ihnen. Die Fluktuation ist im Pflegebereich höher als bei anderen Berufsgruppen, sodass sich der Fachkräftemangel hier nochmals verschärft. Nicht zu vergessen ist, dass zu wenige Pflegefachkräfte ausgebildet werden, um den Fachkräftemangel abzufedern. Aktuell sind 30 % der Pflegefachkräfte in Österreich über 50 Jahre alt und werden in den nächsten Jahren in Pension bzw. in Rente gehen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ansteigen (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kommunikation, 2021, S. 5).

Was hat diese Situation mit der Gesundheit der Pflegefachkräfte zu tun? Je eklatanter der Mangel an Pflegefachkräften ist, desto mehr steigt die körperliche und psychische Belastung im Berufsalltag. Der psychosoziale Druck, die seelisch belastende Arbeit sowie der ständige Zeitdruck nehmen Einfluss auf die psychische und körperliche Gesundheit der Pflegefachkräfte.

Durch die Schichtarbeit existiert eine pflegerische und medizinische Versorgung an 365 Tagen im Jahr, und das rund um die Uhr. Die Arbeitszeiten und Schichtdienstmodelle unterscheiden sich bei den Pflegeberufen, außerdem lassen sich Schichtdienstmodelle nach der Anzahl der zu leistenden Schichten unterscheiden. So kann beispielsweise der Zweischichtdienst (Früh- und Spätschicht) von dem Dreischichtdienst (Früh-, Spät- und Nachtschicht) getrennt werden. Die allermeisten Pflegefachkräfte, rund 70 %, arbeiten auch nachts. 12-Stunden-Dienst, Wochenenddienste sowie Dienste an Feiertagen zählen ebenso zum Arbeitsalltag in der Pflege (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kommunikation, 2021, S. 20).

Pflegefachkräfte arbeiten aufgrund der Schichtarbeit und der atypischen Arbeitszeiten gegen ihre eigene biologische Uhr. Das betrifft nicht nur Pflegefachkräfte, die Nachtdienste übernehmen, sondern auch Pflegefachkräfte, die im Zweischichtdienstmodell tätig sind oder lange Tagdienste haben.

Unabhängig davon, wie eklatant die derzeitige Situation ist bzw. sich in Zukunft verschärft, ist jedem sicher bewusst, dass es ohne Pflegefachkräfte nicht geht. Und deshalb stellt dieser Leitfaden den Pflegefachkräften ein hilfreiches Werkzeug zur Verfügung, um die eigene Gesundheit bestmöglich pflegen und erhalten zu können.

Das Zitat von Arthur Schopenhauer könnte nicht passender sein: „Die Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts“. Umso wichtiger ist es, gezielt für sich selbst Empfehlungen umzusetzen, damit gesundheitliche Probleme nicht wachsen können.

2 Die gesundheitlichen Risiken im Schichtdienst

Die Arbeit im Schichtdienst beeinflusst maßgeblich die Gesundheit und die Lebensqualität sowie das Risiko für die Entwicklung bestimmter Komorbiditäten (DGAUM, 2020). Die Schichtarbeit ist hier einer der größten Risikofaktoren, da der physiologische zirkadiane Rhythmus nicht mit diesem Arbeits-Schlaf-Rhythmus synchron ist (Spork, 2014, S. 90). Die zirkadiane Fehlausrichtung durch Schichtarbeit und auch eine ungünstige Ernährungsweise erhöhen das Risiko für Schlafstörungen, Übergewicht und chronische Erkrankungen wie Hypertonie und Diabetes Mellitus Typ II (DGAUM, 2020; Antunes et al., 2010, S. 155–168; Suter, 2019; van Drongelen et al., 2011, S. 263–275). Im Gesundheitswesen wird eine pflegerische und medizinische Versorgung an 365 Tagen im Jahr aufrechterhalten, sodass das Arbeiten in Schichtdienstmodellen unausweichlich ist. Daher ist es auch relevant, einen Überblick zu geben, welche gesundheitlichen Risiken mit der Schichtdienstarbeit einhergehen. Dadurch werden Sie noch besser für diese Thematik sensibilisiert und können das gesundheitliche Risiko über eine bewusste, nährstoffreiche Ernährung senken.

Die gesundheitlichen Folgen, die mit Nacht- und Schichtarbeit assoziiert sind, sind in der S2k-Leitlinie „Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit“ (2020) ausführlich beschrieben. Im vorliegenden Kapitel werden einzelne, besonders relevante gesundheitliche Aspekte behandelt.

Das Risiko für die Entwicklung zirkadianer Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen ist bei Schichtarbeiter:innen erhöht. Durch die wechselnden Tagesarbeitszeiten (Früh-, Spät- und Nachtschicht) kommt es zu Störungen des Schlafrhythmus sowie zu exzessiv auftretender Schläfrigkeit während der Arbeitszeit und Schlaflosigkeit während der vorgesehenen Schlafphasen (Schwab, 2020). Darüber hinaus wird Schlafmangel mit psychosozialen Beeinträchtigungen wie fehlender Konzentrationsfähigkeit, reduziertem Reaktionsvermögen, Müdigkeit, einem schlechteren Gesundheitszustand, Stress sowie mangelndem psychischen Wohlbefinden assoziiert (Schlack et al., 2013, S. 740–748). Der Schlafmangel und der damit verbundene Leistungsabfall oder die gesundheitlichen Folgen werden jedoch von den Betroffenen nicht immer wahrgenommen (Walker, 2018). Deshalb ist die Vorbeugung gesundheitlicher Probleme durch den Schichtdienst ein besonders wesentlicher Schritt. Neben den vorher genannten Empfehlungen der Schlafhygiene ist auch der individuelle Schlaf-Wach-Rhythmus zu berücksichtigen. Der individuelle Chronotyp des Menschen rückt hier mehr und mehr in den Fokus der präventiven Maßnahmen (DGAUM, 2020, S. 26).

In der folgenden Abbildung 1 werden Risiken und Indikationen dargestellt, die mit dem Schichtdienst assoziiert werden.

In der DGAUM-Leitlinie sind darüber hinaus weitere Krankheitsbilder und gesundheitliche Risiken angeführt, die nicht unerwähnt bleiben sollten. Unter anderem werden gastrointestinale, psychische und neurologische Erkrankungen sowie Krebserkrankungen mitberücksichtigt. Auch Reproduktions- und Zyklusstörungen werden in Zusammenhang mit dem Schichtdienst betrachtet. In diesem Leitfaden wird der Fokus auf die angeführten Indikationen und gesundheitlichen Risiken in Verbindung mit Schicht- und Nachtschichtarbeit gelegt.

Abbildung 1: Gesundheitliche Risiken von Nacht- und Schichtarbeit, eigene Darstellung (S2k-Leitlinie – Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit, 2020)

Schichtarbeit-Störung und Schlafstörungen

Die Schichtarbeit-Störung ist seit über 20 Jahren als eigenständige Diagnose im schlaf- und psychiatriespezifischen Klassifikationssystem ICD-11 angeführt (WHO, 2022). Schlafstörungen und/oder eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit/Fatigue oder Tagesschläfrigkeit in zeitlichem Zusammenhang mit der Schichtarbeit werden als Schichtarbeit-Störung beschrieben. Schichtdienste können den Schlaf beeinflussen und auch ein schlafspezifisches Problem herbeiführen (DGAUM, 2020, S. 26).

Einzelne Studienergebnisse zeigen auf, dass das Arbeiten im Nachtdienst mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Schichtarbeit-Störung einhergeht. Unter anderem wurde in einer repräsentativen Stichprobe mit 176 Studienteilnehmer:innen nachgewiesen, dass bei Arbeit im Nachtdienst dreimal häufiger (32,1 % versus 10,1 %) als bei Dienstzeiten, die ausschließlich tagsüber erfolgten, eine Schichtarbeit-Störung vorlag. 20 % der Personen, die von der Schichtarbeit-Störung betroffen waren, bestätigten, dass dies sehr stark sowohl das familiäre und soziale Leben als auch die Zusammenarbeit mit Kolleg:innen beeinflusst (Di Milia et al., 2013, S. 1261–1271).

Die von der DGAUM angeführten Studien in Bezug auf die Schlafdauer zeigen, dass die Schlafdauer nach Nachtdiensten im Vergleich zu Tagdiensten bzw. zu freien Tagen reduziert ist. Empfohlen wird eine Schlafdauer von 7–9 Stunden (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, 2022, S. 9). Holzinger und Klösch (2018, S. 32) geben eine Mindestschlafdauer von 4 Stunden an, damit ein Minimum an körperlicher Regeneration gegeben ist. Wird die tatsächliche Schlafdauer von Schichtarbeiter:innen mit der in den Studien der DGAUM empfohlenen Schlafdauer von 7–9 Stunden verglichen, werden meist kürzere Schlafperioden – unter 7 Stunden – angegeben (Sallinen & Kecklund, 2010, S. 121–133).

Neben der Schlafdauer müssen chronobiologische Faktoren mitberücksichtigt werden. Zwischen 2.00 und 4.00 Uhr in der Nacht entsteht ein absolutes Leistungs- und Stimmungstief. In diesem Zeitraum sind Konzentration, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit reduziert. Körperliche Empfindungen wie ein Kältegefühl und Unruhe treten auf. Zudem steigt die Lust auf hochkalorische Nahrungsmittel wie Süßigkeiten und fettreiche Lebensmittel. Heißhungerattacken und Hungergefühle während dem Nachtdienst sind keine Seltenheit (Holzinger & Klösch, 2018, S. 85). Üppige, fetthaltige und kohlenhydratreiche Mahlzeiten beeinflussen den Schlaf negativ. Zudem fördert dieses Essverhalten ein höheres Gewicht und verstärkt das Risiko für Diabetes Mellitus Typ II, Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Broussard & Van Cauter, 2016, S. 353–359; Van Drongelen et al., 2011, S. 263–275).

In Verbindung mit der Schichtarbeit-Störung wird auch eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit (Fatigue) oder Tagesschläfrigkeit beschrieben (DGAUM, 2020, S. 26). In einer Studie wurde der Zusammenhang zwischen dem akkumulierenden Schlafdefizit und der chronischen Fatigue bei Personen, die im Schichtdienst tätig sind, ersichtlich (Niu et al., 2011, S. 68–81). Wenn mindestens 3 Tage pro Woche im Schichtdienst gearbeitet wird, zeigt sich die Fatigue stärker ausgeprägt (Shen et al., 2006, S. 1–5). Weibliche Pflegefachkräfte weisen höhere Fatigue-Raten auf als männliche Kollegen (Smith-Miller et al., 2014, S. 487–494). 4 Studien kamen auch zu dem Ergebnis, dass Männer ein geringeres Risiko für die Entwicklung von Schlafstörungen und einer Tagesschläfrigkeit bzw. Fatigue durch Schichtarbeit zeigen (Saksvik et al., 2011, S. 221–235). Wird das Alter berücksichtigt, so ist erkennbar, dass ältere Menschen, die im Schichtdienst tätig sind, mehr Schlafprobleme nach Nachtschichten erleben als jüngere. Allerdings verhält sich dies konträr, wenn im Frühdienst gearbeitet wird, in diesem Fall kämpfen jüngere Menschen eher mit Schlafschwierigkeiten (Blok & de Looze, 2011, S. 221–232). Saksvik et al. (2011, S. 221–235) fanden in 11 Studien einen engen Zusammenhang zwischen Fatigue, Schläfrigkeit, Schichtdient und einem höheren Alter.

Die Schichtdiensteinteilung sowie die eigene physiologische Chronobiologie spielen eine wesentliche Rolle in Bezug auf die Schlafgesundheit. Schmal (2015, S. 13) empfiehlt, dass grundsätzlich ein vorwärtsrotierender Dienstplan (Frühdienst – Spätdienst – Nachtdienst) für den gesundheitlichen Status besser ist als rückwärtsrotierende und unsystematische Dienste.

Übergewicht und Adipositas

In der DGAUM-Leitlinie wird eine starke Korrelation zwischen Schichtarbeit und Übergewicht deutlich. In der wissenschaftlichen Arbeit von Pan et al. (2011) konnte der Zusammenhang zwischen der Dauer der Schicht- und Nachtschichtarbeit und der Entwicklung von Übergewicht bzw. einer Gewichtszunahme dargelegt werden. Ein Review, welches Studien bis zum Jahr 2015 miteinschließt, zeigt eine starke Korrelation zwischen Schichtarbeit, Body-Mass-Index und Übergewicht (Proper et al., 2016, S. 147–157). Zudem ist Übergewicht mit einem dreifach höheren und Adipositas mit einem siebenfach höheren Risiko für Diabetes Mellitus Typ II verbunden (Abdullah et al., 2010, S. 309–319). In der DGAUM-Leitlinie (2020) wird verdeutlicht, dass übergewichtige und adipöse Schichtarbeiter:innen einem höheren Gesundheitsrisiko als normalgewichtige Mitarbeiter:innen ausgesetzt sind.

Das Arbeiten im Schichtdienst stellt eine große Herausforderung in der Umsetzung einer regelmäßigen Mahlzeitenhäufigkeit sowie einer ausgewogenen Mahlzeitenzusammensetzung dar. Mehrere Studien zeigen eine Korrelation zwischen dem Körpergewicht und einer chronotypspezifischen Ernährungsweise. In einer randomisierten kontrollierten Studie wurden die positiven Auswirkungen von chronotypspezifischer Ernährung auf das Körpergewicht belegt (verglichen mit einer konventionellen, ausgewogenen Ernährung) (Muñoz et al., 2020, S. 1041–1048).

Die Studienlage legt dar, dass das Arbeiten im Schicht- und Nachtdienst mit einer höheren Prävalenz für die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas einhergeht. Darüber hinaus sind weitere Einflussfaktoren daran beteiligt, unter anderem das Essverhalten, die Umsetzung einer regelmäßigen Mahlzeitenfrequenz, die eigene individuelle Chronobiologie, die Schlafgesundheit, die Schichtdienstplanung sowie die Arbeitsbedingungen und das Stressaufkommen (Alexy et al., 2021, S. 101–102; DGAUM, 2020). Insbesondere Menschen, die sich einer zirkadianen Fehlausrichtung aussetzen, wie sie im Schichtdienst