Erst wenn der Mensch sich ändert! - Marion Höft - E-Book

Erst wenn der Mensch sich ändert! E-Book

Marion Höft

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Beschreibung

Viele Menschen retten Hunde aus dem Tierschutz und reagieren enttäuscht, wenn die erwartete Dankbarkeit ausbleibt. Für andere Menschen sind Hunde Familienmitglied, Seelentröster oder auch der einzige Freund. Sie überschütten ihre Hunde mit menschlicher Liebe und allem, was mit Geld zu kaufen ist. Trotzdem entwickeln Hunde häufig ein Verhalten, welches für viele Menschen problematisch oder gar gefährlich ist. Marion Höft, Hundetrainerin und zert. Problemhundtherapeutin, geht der Frage nach dem Warum nach. Warum die Beziehung von Mensch und Hund so häufig aus dem Lot gerät. Sie zeigt auch anhand von Beispielen aus ihrer beruflichen Praxis auf, was man als Mensch tun kann, um seinem Hund aus seinem, auch für ihn häufig stressigen, Verhalten heraushelfen zu können. Der Schwerpunkt dieses Buches liegt in einer guten Mensch und Hund Beziehung und weniger auf konditionierte Hunde. Dieses Buch erklärt, warum Hunde mehr Führung und weniger Training brauchen um in unserer, für sie fremden, Welt bestehen zu können. Dazu aber müssen sich nicht nur die Hunde ändern, sondern auch ihre Menschen. Manchmal reicht bereits eine kleine Änderung der inneren Haltung der Menschen, damit Hunde ihr problematisches Verhalten ablegen können. In einer kurzen Autobiografie beschreibt Marion Höft, dass man auch an Umwegen und Rückschlägen wachsen und sich weiterentwickeln kann, um seinen eigenen Weg finden zu können. Marion Höft lebt heute mit fünf Hunden aus dem Tierschutz, darunter drei Herdenschutzhunde, und befasst sich daher auch mit dem Thema Tierschutz. Sie geht der Frage nach, warum so viele Hunde nach ihrer Rettung verhaltensauffällig werden und zeigt auf, wie man diese Hunde von Anfang an in ihr neues Leben einführt, damit eine gesunde Bindung wachsen kann. Dieses Buch soll geplagten Hundehalterinnen und Hundehaltern Mut machen, an sich und ihre Hunde zu glauben und nicht nach erfolglosen Trainingsversuchen aufzugeben. Ändert sich der Mensch, ändert sich sein Hund fast von allein!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Marion Höft

Erst wenn derMensch sich ändert!

Warum Hunde Führung brauchen

© 2020 Marion Höft

Deutsche Erstausgabe Februar 2020

Webseite: www.problem-mensch-hund.de

Fotos: www.pjm-fotografie.bayern

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

 

Paperback:

978-3-347-00686-7

Hardcover:

978-3-347-00687-4

e-Book:

978-3-347-00688-1

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Haftungsausschluss:

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„Hunde kommen in unser Leben, um uns etwas beizuringen. Sie helfen uns zu wachsen!“

Marion Höft

Marion Höft

Erst wenn derMensch sich ändert!

Warum Hunde Führung brauchen

Inhalt

Widmung

Einleitung

Ja, aber

Plötzlich aggressiv

Der Ursprung vieler Probleme

Gassi – eines der häufigsten Probleme

Der Leinen-Rambo

Mein weiter Weg

Ausbildung und Fortbildung

Kinder und Hunde

Die Kinderhundeschule

Die Menschenschule

Oskar möchte das nicht

Meine Hunde

Retten um jeden Preis?

Der Beruf Hundetrainerin oder Hundetrainer

Leinenaggression

Die Sache mit der Dominanz

Hundetraining auf der Couch?

Die Zahl der Problemhunde steigt

Der tut nix!

Wenn sich das Jahr dem Ende neigt

Ein guter Vorsatz

Wenn sich der Mensch ändert

Danke

Zu diesem Buch:

Dieses Buch wirft eine andere Sicht auf unsere Hunde und ihre Menschen sowie deren Verhalten. Wird durch verschiedene Trainingsmethoden lediglich an den sichtbaren Smptomen der Verhaltensprobleme gearbeitet, geht Marion Höft der Frage nach, warum die Beziehung zwischen Mensch und Hund immer häufiger gestört ist. Sie beleuchtet das Verhalten der Menschen und wie dieses das Verhalten der Hunde beeinflusst. In ihrer Arbeit stellt Marion Höft häufig fest, dass die Ursache für das Fehlverhalten der Hunde eine falsche Interpretation des Verhaltens und der Kommunikation der Hunde ist.

Dieses Buch ist weder ein Erziehungsratgeber noch beinhaltet es Trainingsanleitungen. Es soll zum Nachdenken anregen und motivieren, die entstandenen Beziehungsprobleme zwischen Mensch und Hund nicht nur einseitig zu betrachten. Kommt es zu Problemen zwischen Hunden und ihren Menschen, geht es immer um Ursache und Wirkung. Trainiert man nur die Hunde, wird lediglich an der Wirkung gearbeitet, die Ursache aber bleibt außen vor.

Autorin:

Marion Höft, Jahrgang 1965, lebt seit ihrer frühesten Jugend mit Hunden. Sie hat deren Verhalten noch in ihrer Natürlichkeit erlebt, als es noch keine Hundeschulen oder Hundetrainer*innen gab und auch nicht geben musste. Für Marion Höft sind Hunde nicht nur Haustiere. Für sie sind Hunde Begleiter aber auch Lehrmeister, die ihren Menschen zeigen, dass weniger so viel mehr sein kann. Heute arbeiet Marion Höft als Hundetrainerin und zert. Problemhundtherapeutin. Auf Auslandsreisen beobachtet sie regelmäßig Straßenhunde, deren Verhalten und Kommunikation noch ohne menschlichen Einfluss und daher natürlich ist. Doch ihre eigentliche Arbeit ist die mit den Menschen. Sie führt die Menschen wieder zu ihren Hunden und begleitet sie auf ihren Weg, ihren Hunden die Persönlichkeit zu werden, die Hunde wirklich brauchen. Aus ihrer langjährigen Erfahrung heraus weiß Marion Höft, dass Hundetraining ohne Menschentraining niemals zu einem dauerhaften Erfolg führen wird.

Liebe Leserinnen und Leser,

die in diesem Buch aufgeführten Beispiele basieren auf real existierende Menschen und ihre Hunde, es sind Beispiele aus meinem beruflichen Alltag.

Um deren Privatsphäre zu schützen, habe ich die Namen von Menschen und Hunden, die Orte, die Rassen und auch das Geschlecht der Hunde geändert.

Sollten Sie sich dennoch in so machner Geschichte wiedererkennnen, seien Sie unbesorgt. Ihres ist nur ein Beispiel von sehr sehr vielen, die ich tagtäglich in meiner Arbeit erlebe.

Als bekannt wurde, dass ich dieses Buch schreiben werde, wurde ich von vielen Kundinnen und Kunden gefragt, ob sie in diesem Buch vorkommen werden.

Vielleicht freuen Sie sich sogar, dass Sie es geschafft haben, Teil dieses Buches zu werden und so anderen bei ihren Problemen mit ihren Hund Mut machen zu können.

Einen Rat möchte ich Ihnen noch an die Hand geben:

Wenn Sie Probleme mit Ihrem Hund haben, zögern Sie bitte nicht sich professionelle Hilfe zu holen. Die Beispiele in diesem Buch zeigen Lösungswege auf, die auf das jeweilige Mensch-Hund-Team abgestimmt waren. Bei Ihnen und Ihrem Hund können die Ursachen für die Beziehungsprobleme ganz woanders liegen. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht und da kann es sehr hilfreich sein, sich einen außenstehenden Profi zur Unterstützung zu holen. Denn eine universelle Bedienungsanleitung, die für alle Hunde und ihre Menschen gleichermaßen gelten kann, gibt es nicht. Jeder Mensch und auch jeder Hund hat seine individuellen Stärken, Schwächen und auch Kompetenzen. Diese gilt es zu erkennen, um den Weg zu finden, den Hund und Menschen gemeinsam gehen können.

Seien Sie unbesorgt, Sie haben nicht versagt. Sich Unterstützung zu holen, zeigt von einem großen Verantwortsbewusstsein.

Widmung

Liebe Marion,

ich gratuliere Dir ganz herzlich zu Deinem ersten Buch und freue mich sehr über die Möglichkeit, eine Widmung für Dich zu schreiben. Haben wir doch eine ganz besondere Verbindung durch meinen Rüden Miele.

Als ich im März 2018 ein Einzelraining in Petershagen bei Marion Höft gebucht hatte, wusste ich nicht, dass dieses Training ganz anderes verlaufen sollte, als ich es mir vorstellen konnte.

Ich hatte eigentlich schon aufgegeben und war mir sicher, ich schaffe es nicht mit Miele (ital. Honig) zu leben. Dieses dreitägige Intensivtraining war, meiner Meinung nach, unsere letzte Möglichkeit!

Marion hat mein ganzes Denken, eigentlich mein Leben umgekrempelt und damit den Weg für ein Leben mit Miele geschaffen.

Nicht Miele war das Problem, sondern ich!

Ich hatte vergessen wer ich eigentlich war und diese Unsicherheit und Unzufriedenheit unbewusst auf Miele übertragen. Ja, Hunde sind unser Spiegel.

Ich danke Dir von ganzem Herzen, dass Du mich so erfolgreich therapiert und mir gezeigt hast, wer ich eigentlich schon immer war – eine tolle selbstbewusste Frau, die Miele (Honigtöpfchen) ein starkes Frauchen ist und ihm Orientierung gibt.

Dein Buch wird vielen die Augen öffnen, die sich darauf einlassen können und nicht die Fehler bei anderen suchen, sondern bereit sind etwas zu verändern.

Viel Erfolg mit diesem tollen Buch und ich hoffe auf weitere Fortsetzungen.

Silvia

Einleitung

Früher war alles besser! Wer kennt nicht diesen Satz unserer Eltern und Großeltern? Es war sicher nicht alles besser, aber doch vieles entspannter. Ähnlich wie die Hunde waren die Menschen überwiegend damit beschäftigt, sich und ihren Familien das Überleben zu sichern. An einen Konsumwahn, wie wir ihn heute kennen, war gar nicht zu denken.

Die Menschen waren noch nicht von außen fremdbestimmt, sammelten ihre Erfahrungen selbst, und lebten ihr Leben, wie sie es für richtig hielten. Diskutiert wurde abends am Stammtisch von Angesicht zu Angesicht und ein freundlicher Gruß war ebenso eine Selbstverständlichkeit wie ein “Bitte” oder “Danke”.

Hunde gehörten zum Alltag und hatten eine feste Aufgabe: Sie bewachten Haus und Hof ebenso wie ihre Menschen. Die Hunde lebten meist draußen. Über die Ernährung gab es weder wissenschaftliche Studien noch Futtertempel mit einem Überangebot an überteuerten Spezialfuttersorten. Hundeschulen kamen erst in den 80er Jahrenso richtig in Mode. Die Menschen waren gezwungen, sich auf ihren gesunden Menschenverstand sowie sich auf ihre Instinkte zu verlassen. Das Zusammenleben mit ihren Hunden funktionierte ohne Grundkommandos, ohne Erziehungskurse oder “Google und Facebook” – vielleicht gerade deshalb!

In natürliche, hündische Verhaltensweisen wurden keine Probleme hineininterpretiert, die Menschen wussten mit diesen umzugehen. Kinder wurden ermahnt, Hunden mit Respekt zu begegnen und ihre Natur zu achten. Taten sie es nicht, bekamen sie einen Anpfiff. Niemand kam auf die Idee, Hunde für ihre Warnungen zu maßregeln oder ihnen diese gar abzutrainieren.

Heute werden Hunde trainiert, geclickert, kommandiert oder mit Leckerlies abgelenkt. Sie werden positiv oder negativ gelobt, klassisch oder operant konditioniert, oder es wird die positive oder negative Verstärkung angewendet. Sie werden beschäftigt und zu immer neuen Höchstleistungen getrieben. Der Mensch nennt es Spiel und Spaß, verbunden mit einer, wie auch immer, gearteten Auslastung der Hunde.

Wenn all dies die vermeintliche Funktionsstörung der Hunde nicht beheben kann, wird die nächste Stufe im Erziehungsdschungel gezündet. Die Hunde werden dominiert, unterworfen und bis zur Aufgabe all ihrer hündischen Verhaltensweisen getrieben.

Damit potentielle Kunden nicht abgeschreckt werden, wurde der Begriff „positive Bestrafung“ eingeführt. Hört sich gut an, der Widerspruch darin wird aber nicht wahrgenommen. Verspricht doch das Wort “positiv” endlich die gewünschte “Heilung” unserer Hunde.

Bei all dem wird völlig übersehen, dass man sich Lebewesen ins Haus geholt hat und keine Maschinen, die gemäß einer Bedienungsanleitung funktionieren, wie der Mensch es gerne hätte. Man hat übersehen, dass jeder Hund ganz individuell und manchmal auch speziell ist, dass Hund nicht gleich Hund ist und der Einfluss des Menschen auf seinen Hund nicht mit irgendeiner Methode ausgeschaltet werden kann.

Es verwundert daher nicht, dass sich im Lauf der Jahre ein Grundproblem in die Beziehung von Mensch und Hund eingeschlichen hat. Von vielen verschiedenen Seiten wird den Hundehalterinnen und -haltern diktiert, wie ein Hund zu sein hat, was er alles können müssen soll und dass es der Hund ist, der lernen und trainiert werden muss.

Es wird immer noch, wie seit Jahrzehnten, vorgegeben dass ein Hund die Grundkommandos beherrschen muss und keine typischen Verhaltensweisen wie Knurren oder Bellen zeigen darf. Diese Verhaltensweisen gelten in der Menschenwelt als störend und nicht Wenige bezeichnen diese hündische Kommunikation bereits als gefährlich. Mittlerweile schwingt über jeden Hund das Damoklesschwert “aggressiv”, der auch nur ansatzweise seine Zähne zeigt oder die Pfote auflegt.

Mit all diesen Informationen, den schier unendlichen Tipps und Tricks, online und offline, überrascht es nicht, dass viele Menschen mehr und mehr verunsichert werden und kaum noch wissen, was richtig und was falsch ist.

Aus diesem Grund versucht der Mensch seinem Hund alles abzuerziehen oder wegzutrainieren, was ihn ausmacht. Dafür wird viel Zeit und Geld aufgewendet, will man doch den perfekten Hund vorführen können. Einen Hund, der auf´s Wort gehorcht und Kinder liebt – man nennt es gut erzogen.

Zieht und zerrt der Hund dennoch an der Leine, muss der Hund ins Bootcamp. Er ist es, der ein Fehl- oder auch unerwünschtes Verhalten zeigt und resozialisiert werden muss.

Dass häufig der Mensch die Ursache für die Verhaltensprobleme der Hunde ist, findet immer noch viel zu wenig Beachtung. Wenn der Hund nicht wie gewünscht funktioniert, wird die Ursache für die Beziehungsprobleme bei dem Hund gesucht. Sich selbst zu (hinter)fragen, warum der Hund seinem Menschen nicht vertraut, passt nicht in die heutige, moderne Welt. Diese Sicht passt nicht in eine Welt, in der sich der Mensch als perfekt inszeniert.

Um die Bindung der Hunde zu ihren Menschen zu fördern wird gerne empfohlen, verhaltensauffällige Hunde in diversen Beschäftigungsprogrammen bis zum Anschlag auszulasten oder sie auf einer Hundespielwiese mit ihren Hundekumpels spielen zu lassen.

Wenn dies alles die Bindung stärken und eine Beziehung fördern soll, sei die Frage erlaubt, warum die Anzahl der so genannten Problemhunde rasant steigt, warum die Tierheime überfüllt sind und man beim Studieren der Hilferufe „dringend neues Zuhause gesucht“ kein Ende mehr findet.

Wir Menschen müssen uns fragen, ob wir uns in Bezug auf unsere Hunde nicht verirrt haben, uns von einer einflussreichen Industrie in die Irre haben treiben lassen? Zeigen uns diese erschreckenden Tatsachen nicht vielmehr, dass wir mit unseren Trainings- und Auslastungsmethoden auf dem Holzweg sind?

Mit unserer Entwicklung zu einer modernen Konsumgesellschaft, haben wir auch den Blick auf unsere Hunde verändert. Heute sehen wir unsere Hunde mit Menschenaugen und meinen, was uns glücklich macht bedeutet auch das größtmögliche Hundeglück.

Wir freuen uns, wenn wir unsere dressierten Hunde anderen vorführen können und sind stolz wie Bolle, wenn wir dafür Komplimente einheimsen.

Und so werden sie geübt, die Grundkommandos Sitz! Platz! Bleib!

Bei meiner Arbeit habe ich immer wieder mit Hunden zu tun, die völlig überdreht sind und nicht zur Ruhe kommen (können). Ich sehe Hunde, die nach ihren Menschen schnappen, um den nächsten Adrenalinschub zu bekommen. Ebenso sehe ich Hunde, die völlig orientierungslos auf sich selbst gestellt sind. Ich erlebe dauerbeschäftigte Hunde, denen jegliches Hundsein abtrainiert wurde.

Und es gibt Menschen, die eine feste Struktur als Freiheitsberaubung sehen. Menschen, die trotz aller Probleme nichts ändern wollen, weil der Hund so traurig drein blickt. Die ihn dann aber ohne zu zögern abgeben, sobald er das erste Mal geschnappt hat.

Statistiken zeigen, dass ca. neunzig Prozent aller Probleme während den gemeinsamen Aktivitäten auftreten. Mit diesem Wissen sollten wir das “Wundermittel” Auslastung hinterfragen. Mit unseren Hunden ist nichts verkehrt gelaufen, sie sind wie und was sie immer waren: Hunde!

Die Menschen haben sich verändert, möchten ihren Hunden (und auch Kindern) Partner auf Augenhöhe oder beste Freunde sein. Sie wollen mit ihren Hunden spielen, kuscheln und Spaß haben, sie sollen Licht in die dunkle, einsame Welt des Menschen bringen.

Wie kann ein Lebewesen, das so ganz andere Bedürfnisse hat, die menschlichen Erwartungen erfüllen, ohne überfordert zu sein?

Hunde brauchen Autoritäten an ihrer Seite, die für sie Regeln aufstellen sowie Grenzen setzen und ihnen dadurch ihre dringend benötigte Orientierung geben.

Welch ein schlimmes Wort in des Menschen Ohr: Autorität! Haben sich viele Jahre auch die Menschen an Autoritäten orientiert, wird der Begriff heute gleichgesetzt mit Gewalt und Druck, sodass die Menschheit ihr Wohl im Gegenteil gesucht hat. Antiautoritär war fortan viele Jahre der Schlüssel zum Glück. Alles laufen lassen, grenzenlose Freiheit für alle, ohne Rücksicht auf andere. Das Resultat sehen wir heute: viele junge Menschen auf der Suche nach Halt und viele Hunde, die wir als verhaltensauffällig bis gefährlich bezeichnen. Wenn wir uns mit dem Begriff Autorität auseinandersetzen, bekommt er eine ganz andere Assoziation. Laut Wikipedia ist Autorität im weitesten Sinne das Ansehen, welches einer Person zugeschrieben wird und bewirken kann, dass sich andere Menschen in ihrem Denken und Handeln nach ihr richten. Heute bezeichnen wir diese Menschen als Persönlichkeiten. Es hat sich also nur der Begriff für ein und dieselben Personen geändert.

Im Lauf der Jahre sind wir zu einer verunsicherten Gesellschaft geworden, die sich mit Autorität schwertut. Wir sind zu einer Gesellschaft geworden, die sich kaum noch traut, ihren Instinkten zu folgen. Heute wird online nach Lösungen für alle vermeintlichen Probleme gesucht, anstatt auf seinen Bauch zu hören. Es gilt die Devise, nur nicht der eigenen Meinung folgen, nur nicht anecken, nur keinen Shitstorm auslösen!

Wir Menschen haben uns verändert, nicht aber unsere Hunde. Wir sind gefordert zurückzukehren auf den gesunden Mittelweg, unsere Hunde auch mal Hunde sein zu lassen und ihnen, ihrer Rasse entsprechend, hündische Aufgaben zukommen lassen. Ihnen aber auch, wenn nötig, ihre Grenzen aufzuzeigen.

Der Mensch muss wieder lernen, mit dem natürlichen Verhalten der Hunde umzugehen!

Unter Bindung versteht man die Herstellung und Aufrechterhaltung sozialer Nähe. Daher kann man sie weder auf Spielwiesen finden noch auf Trainingsplätzen lernen. Bindung entsteht in unserem täglichen Umfeld, während unseres Zusammenlebens in unserem Alltag.

Ein ausgiebiger Spaziergang durch die Natur und gemeinsam die Welt erkunden oder auch mal zusammen ruhen, kann mehr erreichen, als den nächsten Agilityrekord zu brechen.

Unsere Hunde müssen in keine Schule, sie bringen alles mit was es für ein friedliches Zusammenleben mit uns Menschen braucht.

Wir Menschen müssen wieder lernen, dass man die Verantwortung für sein Glück nicht delegieren kann, weder auf seinen Partner, seine Kinder noch auf seine Hunde.

In diesem Zusammenhang fällt mir ein altes Sprichwort ein: jeder ist seines Glückes Schmid! Heute mehr denn je!

Begleiten Sie mich auf meiner Reise durch die Welt unserer grossartigen, aber häufig missverstanden Lehrmeister, deren einziger Fehler häufig darin besteht, dass sie Hunde sind!

Ja, aber…

Dass ich diese Worte im Laufe des Abends noch häufig zu hören bekommen würde war mir nicht bewusst, als ich auf dem Weg zu Familie Jordan war. Sie hatten mich um ein Beratungsgespräch bei ihnen gebeten, um ihre Golden Retriever Hündin Emma besser verstehen zu können.

Als ich zum vereinbarten Zeitpunkt bei der Familie eintraf, wurde ich bereits freudig von Frau Jordan erwartet, ebenso von ihrer Hündin Emma. Diese sprang unentwegt an mir hoch und war sichtlich aufgeregt. Frau Jordan erklärte mir, dass sich Emma über jeden Besuch sehr freut, Emma aber nichts tut und ich doch hereinkommen soll.

Wir gingen in die Küche und setzten uns an den großen Esstisch. Ich war ein wenig erstaunt, dass von der Familie niemand zu uns kam, um an diesem vereinbarten Gespräch teilzunehmen. Jedoch gab mir dies einen ersten Einblick in das Leben und vor allem den Stand von Frau Jordan in dieser Familie.

Frau Jordan kochte uns Kaffee, setzte sich zu mir an den Tisch und ich bat sie, mir ihre Probleme zu schildern.

Allerdings gestaltete sich die Konversation schwierig. Nach und nach kamen die vier Töchter hinzu, leisteten uns Gesellschaft, um anschließend wieder in ihre Zimmer zu gehen. Frau Jordan unterbrach unsere Unterhaltung mehrmals, um die Töchter mit Essen oder Trinken zu versorgen. Auch Herr Jordan, der eigentliche Besitzer von Emma, kam und ging, ohne sich wirklich an unserem Gespräch zu beteiligen.

Auch wenn während dieser Zeit wenig Worte gewechselt wurden, war dies für mich sehr aufschlussreich, bekam ich doch einen guten Einblick in den Alltag dieser lebendigen Familie.

Mich hat es nicht verwundert, dass auch Emma keine Ruhe fand. Sie lief die ganze Zeit aufgeregt hin und her, forderte Leckerchen ein, brachte ihr Spielzeug oder auch die Schuhe der Familienmitglieder.

In einer etwas ruhigeren Ecke der Küche bemerkte ich einen kleinen Hund, der tief und fest in seinem Bett schlief. Frau Jordan erklärte mir, dass dies Benny ist und er die meiste Zeit des Tages dort liegt und schläft. Benny war ein zwölfjähriger Rüde, fast erblindet und nur noch wenig aktiv. Gelegentlich gerieten Emma und Benny aneinander, wenn Emma sich in Bennys Bett legen will. In diesen Momenten geht Benny auf Emma los und hat sie bereits mehrfach verletzt. Frau Jordan berichtete mir, dass sie dieses Verhalten von Benny nicht versteht. Emma tut ihm ja nichts und will doch nur spielen.

Ich lenkte das Gespräch wieder auf Emma und bat Frau Jordan mir mehr zu erzählen. So erfuhr ich, dass Emma ein Geschenk für ihren Mann war. Dieser hatte sich lange einen sportlichen und aktiven Hund gewünscht. Herr Jordan unternimmt viele Radtouren und wollte für seine Aktivitäten gerne einen treuen Begleiter. Aus diesem Grund haben die Töchter und sie zusammengelegt und Emma gekauft, um ihm seinen Wunsch zu erfüllen.

Allerdings ist Emmas Erziehung an ihr hängen geblieben. Sie kümmert sich neben Beruf, Haushalt, den Kindern und ihren Mann auch noch um Emma, die zunehmend Probleme bereitet.

Da die Eltern und auch die Töchter berufstätig sind, ist es unabdingbar, dass Emma auch alleine bleiben kann. Doch mehr und mehr beginnt Emma, nicht nur die Schuhe zu zerbeissen sondern auch das Mobilar zu zerstören, sobald die Familie das Haus verlässt.

Dann berichtete mir Frau Jordan etwas, was ich während meiner Laufbahn bis dahin noch nicht gehört hatte. Familie Jordan saß abends im Wohnzimmer beim Fernsehen, wie immer war Emma dabei und verlangte nach Beschäftigung. Sie brachte ständig ihr Spielzeug, jemand warf es und Emma brachte es immer und immer wieder.

Plötzlich, so Frau Jordan, saß Emma starr vor ihnen und fiel von einer Sekunde auf die andere um. Dieser Zustand hat etwa zehn Minuten gedauert. Nach dieser Bewusstlosigkeit hat Emma sofort wieder ihr Spielzeug gebracht und die Familie hat dieses weiterhin geworfen.

Diese Aussage hat mich sehr beunruhigt und ich konnte nur vermuten, dass Emma vor Erschöpfung umgefallen war.

In diesem Moment kam Herr Jordan zu uns und fand auch kurz die Zeit, sich an unserem Gespräch zu beteiligen.

Er erzählte mir, dass er jeden Tag ausgiebige Spaziergänge mit Emma unternimmt und Emma auch frei laufen lässt. Hören allerdings tut Emma nicht, wenn er sie ruft, aber aus seiner Sicht ist dies auch nicht weiter schlimm. Emma ist schließlich ein sportlicher Hund der auch laufen und jagen muss. Ein weiterer Grund für ihn sich Rat zu holen war, dass Emma nicht vernünftig an der Leine geht und dies für ihn ziemlich nervig ist. Er berichtete, dass er engagierter Radfahrer ist und auch ausgiebige Touren unternimmt. Daher braucht er einen Hund, der sein Tempo und seine Strecken mithalten kann, dies ist mit Emma der Fall.

Allerdings ärgert er sich über sie, sobald sie zuhause sind. Emma läuft ständig im Haus umher, bellt lautstark sobald es an der Haustür klingelt und vor allem geht ihre Zerstörungswut gar nicht. Da die Familie tagsüber nicht zuhause ist, muss Emma auch alleine bleiben können. Frau Jordan erzählte mir, dass sie mit beiden Hunden bereits in einer Hundeschule war. Dort wurde ihr erklärt, dass Emma aufgrund einer mangelnden Auslastung diese Verhaltensauffälligkeiten zeigt und dringend mehr Beschäftigung braucht. Dasselbe haben auch die Nachbarn geraten.

Nach diesen Erklärungen hatte sie in der Hundeschule einen Agilitykurs gebucht und auch zuhause im Garten einen Parcurs aufgebaut, damit Emma trainiert werden konnte.

Doch Emma wurde nicht ruhiger, im Gegenteil. Ihre Unruhe und Umtriebigkeit hat sich weiter gesteigert und sie ist dazu übergegangen, nun auch das Haus zu zerstören. Sie zerbeißt Türrahmen und auch Wände. Nachdem Emma bei Abwesenheit der Familie zuletzt auch ein kostbares Möbelstück zerbissen hatte war klar, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Während der ganzen Zeit des Gesprächs herrschte weiter munteres Treiben innerhalb der Familie. Jeder kam und ging, redete dazwischen, stellte Fragen um anschließend wieder zu gehen.

Auch Herr Jordan hatte offensichtlich, trotz unseres Termins, immer wieder anderweitig zu tun und mir wurde bewusst, dass mir eine Mammutaufgabe bevorstand. Ich musste diese lebhafte Familie davon überzeugen, dass Emma dringend Ruhe lernen muss, da die Hündin vollkommen überdreht war und zu einem Adrenalinjunkie erzogen wurde.

Ich bat Frau Jordan, die ganze Familie an den Tisch zu bringen und erklärte ihr, dass Emmas Probleme nur gemeinsam in den Griff zu bekommen waren.

Nachdem alle versammelt waren erläuterte ich der Familie, dass Emmas Ohnmacht ein Alarmsignal war und auch ein Weckruf gewesen sein sollte. Emma war bis über ihre Kräfte ausgelastet und dieser Dauerstress würde mittel- und langfristig auch auf Emmas Gesundheit Auswirkungen haben.

Entgegen allen Empfehlungen, die die Familie bis dahin bekommen hatte, machte ich deutlich, dass für Emma ab sofort absolute Ruhe verordnet werden muss.

Herr Jordan sah mich mit großen Augen an, überlegte kurz und meinte: „Ja das macht Sinn, aber muss ich dann ohne Emma Fahrrad fahren?“ Ich antwortete: „Ja, und zwar solange, bis Emma ihren „Andrenalinentzug“ hinter sich gebracht hat und sich auch von alleine auf ihren Ruheplatz begibt.“ Herr Jordan sah nicht glücklich aus und delegierte diese Aufgabe an seine Frau, die nur noch die Augen verdrehen konnte. Herr Jordan machte deutlich, dass er einen Hund will, mit dem er etwas unternehmen und mit dem er Spaß haben kann, aber keinen, der ihm Arbeit macht. Mit diesen Worten verließ er unsere Runde und auch die Töchter gingen wieder ihrer Wege und vor mir saß eine Frau, die den Tränen nahe war.

Sie erzählte mir, dass dies von Anfang an so gewesen ist und dass alle Arbeit an ihr hängen bleibt. Sie ist berufstätigt, arbeitt im Schichtdienst und kommt kräftemäßig an ihre Grenzen. Von ihrem Mann bekommt sie keine Unterstützung und sobald es schwierig wird, geht er seiner Wege. Ob ich ihr nicht helfen kann? Ich soll Herrn Jordan ins Gebet nehmen, damit sich die familiäre Situation wieder bessern kann. In diesem Moment kamen die Töchter wieder hinzu und bestätigten die Ausführungen ihrer Mutter.

Ich jedoch hatte einen anderen Eindruck gewonnen. Hier hatte sich die geballte Frauenpower gegen Herrn Jordan in Stellung gebracht und keine der Frauen nahm ihn und seine Bedürfnisse wirklich ernst. Mein Gedanke war, dass Emma für Herrn Jordan die Möglichkeit zur Flucht aus diesem Zusammenhalt der Frauen war.

Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob dies nun der richtige Zeitpunkt für meine Offenheit war, teilte ich meine Gedanken den Frauen mit und was ich sah, überraschte mich sehr. Die vier Töchter und auch Frau Jordan sahen mich mit großen Augen an und ich spürte eine deutliche Betroffenheit, die sich durch ein langes Schweigen ausdrückte.

Frau Jordan fand als erste ihre Sprache wieder und bestätigte meinen Eindruck. Sie sagte, dass ihr Mann dieses bereits mehrfach angesprochen hat, er aber nicht ernst genommen wurde, im Gegenteil. Mehr als einmal haben sie und ihre Töchter ihn ausgelacht. In diesem Moment erfuhr ich auch, dass Herr Jordan nicht der leibliche Vater der vier Töchter ist.

Ich bat Frau Jordan die Möglichkeit einer Paartherapie zu überdenken, damit das Grundproblem innerhalb dieser Familie gelöst werden kann. Dazu aber müssen sie ihre eingetretenen Pfade verlassen. Ich wies die Frauen darauf hin, dass bei diesem Prozess eine therapeutische Unterstützung durchaus sinnvoll sein kann.

Dann kamen wir wieder auf den eigentlichen Grund meines Besuchs zu sprechen, Emma. Ich erklärte Frau Jordan, dass Emma in diesem Erregungszustand nicht alleine bleiben kann und dass das Weggehen der Familie für sie erheblichen Stress bedeutet, den sie auf ihre Art und Weise abbaut. Die angestaute Energie und der Stress müssen ja raus!