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"Eskimos auf Alpenflüssen - was soll denn das sein? fragt so mancher vor sich hin. Nun, es gab sie wirklich, von den dreißiger Jahren bis hin zu Beginn der Plastikboot-Ära...". So beginnt Lorenz (Lenz) Mayr seine ursprüngliche Faltkajak-Selbstbauanleitung, welche jetzt in einer zweiten Auflage von Steffen Kiesner-Barth neu verlegt wird. Aus dem ursprünglichen 120 seitigen Originalmanuskript entstand 2009 ein 400 Seiten starkes und detailliertes Faltboot-Selbstbau Standardwerk in zwei eigenen Bänden. Alle relevanten Falt-Eskimokajaks aus der Glanzzeit der Faltbootära werden ausführlich vorgestellt und deren besonderen Merkmale beschrieben. Nach dieser (vergriffenen) Erstauflage bauten und konstruierten zahlreiche Kajakliebhaber ihre eigenen Boote. Der vorliegende Band I entspricht weitgehend dem Originalmanuskript, wird aber durch zahlreiche Fahrtenberichte von Lenz Mayr ergänzt. Zusätzlich enthält Band I weitere lesenswerte Texte zum Selbstbau von Zweitautoren (Ernst Kaeufer, Hermann Cords, Wolfgang Half, Klaus Leidig, Willi Trösken u.a.). Neben der präzisen systemischen Selbstbaubeschreibung enthält das Buch Farbfotos und biographische Lebensbilder von Franz von Alber und Herbert Slanar, den Wegbereitern der sogenannten "Alpeneskimos", sowie weiterer "Leute für den Kajak", wie Mayr sie schlicht nannte. Kajakrisse in einfacher Übersicht und Maß- und Risstabellen runden das neu verlegte Standardwerk von Lenz Mayr ab. Des Weiteren finden sich Tipps und Hinweise zum Bezug von Materialen. Leider verstarb Lorenz Mayr 2008. Diese Neuauflage hält die Erinnerung und die besonderen Verdienste von Lenz - wie ihn seine Kajakfreunde liebevoll nannten - weiterhin wach und aufrecht sowie ermutigt und animiert weiterhin Faltbootliebhaber zum Selbstbau eigener Kajaks. Herausgegeben von Steffen Kiesner-Barth (Osterwohle) und Herbert Kropp (Brake).
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Seitenzahl: 342
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in Memoriam
Lenz Mayr
Dieses Buch gehörte:
(bevor es verliehen wurde)
Wiedersehen macht Freude - kauft es Euch doch selber!
nebst einem umfangreichen
Praxisteil
mit Berichten und Erfahrungen,
Fotos und Zeichnungen, Tricks und Tipps
rund um den Selbstbau von Faltkajaks,
inspiriert, neuentwickelt und nachgebaut
auf Grundlage des hier vorliegenden
Manuskripts von Lorenz (Lenz) Mayr.
Herausgegeben und editiert
von Steffen Kiesner-Barth (Jena)
und Herbert Kropp (Oldenburg)
BAND I
(Mayr`s Originalmanuskript)
Hinweise zur Neuauflage 2016:
Seite →: Einige Angaben zu den professionellen Hautschneidern auf S. → können leider aus dem alten Buchblock nicht herausgelöst werden und sind zum Stand, April 2016, überholt. Folgende professionelle Überzieher, wie L. Mayr sie nannte, existieren nicht mehr: Sport-Zimmermann, Bruchsal; Delphin Boote Martin Hellmund, Krefeld und Kathi Bredow, Eberswalde.
Seite →: Die DVD vom Faltenreich-Verlag ist nicht mehr lieferbar. Neuauflage ist geplant.
Seiten →-→: Folgende Risse wurden in der Neuauflage dem Band I hinzugefügt: Nordlichtkajak von E. Kaeufer, Schucankajak und Kajaks von der Ostküste von M. Ebert (Lübeck).
Vorwort
Wolfgang Half:
Die Geschichte des Falteskis – eine Einführung in die Thematik
Vorbemerkung von Lorenz Mayr zu:
Eskimokajaks auf Gebirgsflüssen
–
Lesebuch für Selbstbauer von Faltbooten
Kleine Stammesgeschichte
Es wird ernst: Das Prinzip der Faltboote
Gerüst für den Kajak
A) Bauunterlagen
A-1) Faltbootnachbau
A-2) Bau nach Plan
A-3) Bau nach Riß
A-4) Anpassung eines vorhandenen Risses an den jeweiligen Eskimo
A-5) Plastikbootnachbau
B) Wichtige Einzelheiten
B-1) Stabilität
B-2) Materialbeschaffung
B-2 a) Holz
B-2 b) Beschläge
B-2 c) Verbindungen
B-2 d) Handwerkliche Hinweise: Leimen, Schäften, Nieten u. Buchsen, Schrauben
B-2 e) Haut
B-3) Bauzeit
B-4) Was ein Faltboot gar nicht mag
C) Helling
D) Kiel und Steven
E) Spanten
F) Längsteile
G) Versteifungen und Sitz, »Eskimositz«
H) Süllrand, »Einsteigesituation«
I) Lackieren
Eine Haut für den Kajak
A) Vorbemerkung
A-1) Professionelle Überzieher
A-2) Selbst überziehen
A-3) Materialien
a. Haut
b. Verdeck
c. Faden
A-4) Nähmaschine
A-5) Handarbeit
A-6) Hilfen
B) Verdeck
C) Haut
D) Zusammennähen von Haut und Verdeck
E) Auf- und Abbau
Leute für den Kajak
Edi Hans Pawlata
Franz v. Alber
Herbert Slanar
Otto Hartel
Emanuel Schucan
Fritz v. Wieser
Frieder Hofmann
Karl Filous
Karl Hammermüller
Gebrüder v. Rautenfeld
Ein gewichtiger Hinweis
Bootsrisse für den Kajak
Faltbarer Eskimokajak »Aijuk«
Faltbarer Eskimokajak – »System Wieser«
Historische Episoden und Erinnerungen
Lorenz Mayr:
...und ihre Boote waren lang, spitz und schmal: Der Eskimokajak im Wildwasser
Lorenz Mayr:
Franz v. Alber – ein Lebensbild
Lorenz Mayr:
Herbert Slanar – ein Lebensbild
Lorenz Mayr:
Nachruf auf Emanuel Schucan und Herbert Slanar
Lorenz Mayr:
Weite, fröhliche, herrliche Wanderfahrt
Lorenz Mayr:
Küstenfahrt vor fast fünfzig Jahren
Lorenz Mayr et al.:
Was alles passieren kann
Lorenz Mayr:
Das erste Mal auf der Ammer
Lorenz Mayr: In Jugoslawien:
Hartwürste meterweise
Ernst Kaeufer:
Erinnerungen an selbstgebaute Falt Eskimo-Kajaks
Hermann Cords:
Von der Schönheit und Faszination des GESA- Falteskimokajaks
Wolfgang Half:
Erinnerungen an Arndt v. Rautenfeld
Willi Trösken:
Das Werden meines Eskimokajaks
Wolfgang Half :
Franz v. Alber: Erinnerungen an einen Seekajakfahrer
Klaus Leidig:
Die Emser-Schnellen – eine Geschichte in 15 Bildern:
Arnd und Klaus v. Rautenfeld:
Das Geheimnis der Eskimo-Kajaks
–
Original Grönländer und moderner Faltkajak
Vorschau auf Band II (Praxisband)
Informationen aus dem Faltenreich
... des vorliegenden Werkes von Lenz Mayr
– ein paar Gedanken zurück ...
»Eskimokajak auf Gebirgsflüssen« – bis vor einigen Jahren war mir dieses Manuskript nur als ein bibliographischer Nachweistitel unter vielen im Meer der unzähligen Bücher rund um die Faltbootliteratur bekannt. Erst im Jahre 2005, anläßlich der Festlichkeiten zum 100sten Geburtstag des Faltbootes in München, hatte ich die Ehre, Erika und Lorenz Mayr kennen zu lernen. Bei Tee und Kuchen erzählten sie aus ihrem Leben und erweckten die längst vergangenen Geschichten und Episoden rund um die Faltbootabenteuer und -abenteurer zu neuem Leben. Für mich ein wunderschöner Tag und krönender Abschluß eines lehrreichen Ausfluges in die Geschichte des Faltbootes. Dieser Begegnung mit diesen beiden warmherzigen und sympathischen Menschen folgten weitere Telephonate und interessante Gespräche und dann irgendwann das Angebot von Lenz Mayr, sein Manuskript, welches er bis dato nur als geheftete Photokopie an interessierte Faltbootselbstbauer verschickte, als eigenständiges Buch zu veröffentlichen und somit einer größeren Leserschat zugänglich zu machen.
Aus dem ursprünglich ca. 120seitigen Originalmanuskript wurde schlußendlich ein fast 400 Seiten starkes Mammutwerk, welches aus drucktechnischen Gründen in zwei Bände aufgeteilt werden mußte: Band I entspricht dem Original-Manuskript, angereichert durch bislang z. T. unbekannte Texte von Lorenz Mayr und weitere – historische – Geschichten und Beiträge aus den Anfängen des Faltbootlebens; im zweiten – dem Praxisband – sind dann Selbstbauanleitungen und Erfahrungen von acht Bootsbauern, die aufgrund des mayrschen Manuskriptes ihre eigenen Boote entwickelt und gebaut haben, hinzugekommen, nebst unzähligen Photos und Zeichnungen bzw. Bootsrissen und Anleitungen. Initiator und treibende Kraft dabei ist der Faltbootenthusiast und -bauer Steffen Kiesner-Barth aus Jena, der unermüdlich und zielorientiert im In- und Ausland Menschen ausfindig gemacht hat, die ebenfalls ihre Boote nach den mayrschen Rissen gebaut haben und diese dann zu den entsprechenden Beiträgen animiert hat. Beide Bücher zusammen (sowie eine dem Band II beigelegte DVD1 werden dadurch zu einem regelrechten Kompendium und zu DEM Grundlagenwerk für alle Falbboot-Selbstbauer.
Leider starb Lorenz (Lenz) Mayr am 5. Februar 2008, kurz vor Vollendung seines 78. Lebensjahres, an den Folgen seiner langjährigen Krebserkrankung und konnte die Veröffentlichung seines Buches nicht mehr erleben. Dank Dir, Lenz, für dieses wundervolle Buch.
Dank auch an Erika Mayr, die uns, den Herausgebern, alle Unterlagen und Schriften überlassen sowie alle Rechte an dem Werk abgetreten hat. Etwaiger Gewinn wird übrigens der Gesellschaft zur Rettung Schibrüchiger (DGzRS) zufliessen. Viel Spass beim Lesen und Stöbern und natürlich dem Selbst- und Neubauen auf der Grundlage der hier vorgestellten Anleitungen.
Herbert Kropp, Faltenreich Verlag im Februar 2009
1Weitere Informationen zur DVD siehe S. 219
... eine Einführung in die Thematik (von Wolfgang Half, Dangast)
Wieser und Hartel Falt-Kajaks bei den Olympischen Spielen 1936(Archiv Half)
Die Historie des Eskimo-Faltkajaks (im weiteren auch Falt-Eski bzw. Eski genannt), ist faszinierend, aber auch verwirrend. Man sieht keine klaren Entwicklungslinien. Man öffnet eine Tür und sieht sich Objekten und Geschichten gegenüber, die nicht so einfach einzuordnen sind. Man kann den Eindruck gewinnen, dass an der Entwicklung des echten und wahren Eskimo-Falt-Kajaks verschiedenste Leute unabhängig voneinander gearbeitet haben und dass frühere Konstrukteure sogar technisch ausgereiftere Lösungen gefunden haben könnten als spätere.
Nun – den Kajak als solchen haben die Inuit erfunden, die immerhin über eine Strecke von mehreren Tausend Kilometer entlang der Küste von den Aleuten bis Nord-Ostgrönland diese Fahrzeuge gebaut haben. Das ist unumstritten. Dann kamen wir und haben, sozusagen als Produktpiraten, »nachgebaut«. Allerdings als Faltboot, in diesem Falle als Falt-Eski, weil der Transport zu fernen Gestaden nur per Bahn und nicht per Auto möglich war. Bei dem Nachbau oder Kopieren haben wir den »Erfindern« jedoch keinen wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Mehr oder weniger ist es für uns Sport und eine Pflege der Kultur unserer polaren Vorbilder.
Ca. 1971 übernahm ich ein Falt-Eskigerüst von Arndt v. Rautenfeld. Ich sollte ihm ein neues Boot bauen, exakt nach einem Gerüst, das er mir zusandte. Bis zu dem Zeitpunkt fuhr ich ein Kajak nach dem Bauplan von Franz v. Alber, den Draukajak (5,20m x 0,47m). Das mir zugesandte Gerüst bestand aus Fragmenten eines Faltkajaks, zunächst ohne Zuordnungsmöglichkeit. Ich trug die mir zugesandten Holzteile auf den Boden, montierte sie wieder zusammen, erneuerte verschiedene Stäbe, umwickelte diese mit Klebeband, richtete alles nach der Wasserwaage aus und nahm Maß. Es war genau das Gerüst, aus dem Volker Born jetzt wieder einen brauchbaren Faltkajak erstellt hat. Es war exakt ein westgrönländischer Kajak. Das darauf geführte Gespräch mit Arndt v. Rautenfeld klärte mich über den Ursprung dieses Hartel-Kajaks auf. Allerdings berichtete Arndt auch über weit zurückliegende Entwicklungen von Eskimo-Faltkajaks der Firmen Wieser, Gesa oder über Spezialisten wie den fast asketisch lebenden Franz v. Alber, den ich selber noch zu Gast hatte, über Herbert Pressler, Theo Bock, Hans Braul, Fritz Christian oder...
Wo fängt man nun an?
Bereits 1651 gab es die Konstruktion von faltbaren oder sagen wir einmal zerlegbaren Wasserfahrzeugen. 1851 fuhren auf der sächsischen Pleiße »Grönländer«. 1860 wird in Breslau ein Grönländerklub gegründet. Von der Zerlegbarkeit ihrer Boote ist nicht die Rede. Während etwa ab 1905 mit der Produktion des Faltbootes, dem normalen Wandereiner oder Zweier sich der Faltbootsport entwickelte und verbreitete, gab es unter den begeisterten Nutzern auch die Enthusiasten, die sich mit dem normalen Boot nicht zufrieden gaben, sondern nach dem Ursprung, nach dem reinrassigen Kajak suchten. Die Besonderheit ist die bestechende Form, das spurtschnelle Fahrverhalten, die Nähe zum Element, das Außergewöhnliche. Das Problem des Faltkajaks ist neben vielen kleinen Erschwernissen das lange schmale Gerüst, das letztlich auch die Festigkeit bringen muss, diese Teile müssen durch das kleine Cockpit gebracht werden. Konstruiert man die Öffnung größer, oder sogar eckig, ist die Originalität nicht mehr gegeben, man hat damit keinen Kontakt zum Boot. Und ist eventuell eine Steueranlage an dem Boot, ist es kein reinrassiger Falt-Eski mehr.
Wer war nun der erste, der ein Falt-Eski produzierte? Schaut man in die Produktpalette der frühen Anbieter, ist meistens ein Faltkajak aufgelistet. So ist auch deutlich, dass in den USA, England, Frankreich sehr früh Faltboote oder sagen wir einmal faltbare Wasserfahrzeuge angeboten wurden. Aber reinrassige Kajaks?
Beschränken wir uns einmal auf das Thema der Historie des faltbaren Eskimo-Kajaks. 1905 baute Alfred Heurich ein faltbares Boot mit der Länge von 4,50m bei nur 0,50m Breite. Ein sicherlich sportliches Fahrzeug, jedoch war es wohl kein Vorläufer des Eskimo-Faltkajaks. Es fehlten Deck, Süllrand u. Spritzdecke. So bleibt festzustellen, dass parallel zum normalen Faltboot das reinrassige Faltkajak entwickelt wurde. Nutzer waren die vom Kajakvirus infizierten begeisterten Sportler auf der Suche nach den Ursprüngen, die oftmals bis in das hohe Alter das Boot nicht mehr wechselten. Arndt v. Rautenfeld paddelte immerhin 72 Jahre und davon mindestens 56 Jahre im Eskimokajak. Sein letzter Faltkajak war der, den Volker Born wieder auf das Wasser gebracht hat.
Das Faltkajak in der Form des klassischen, westgrönländischen Kajaks ist ein besonderes Sportgerät. So sind auch die Nutzer oftmals ebenso besondere Menschen, eben Kajakfahrer. Wer kannte noch Karl Heinz Westfried aus Schleswig-Holstein? Ein ganz besonderer Mensch im Kajak. Wer kannte noch Franz v. Alber oder ... Nimmt man die Literatur zur Hand, den Kanu-Sport (KS) z.B., in früherer Zeit eine wahre Fundgrube für dieses Thema, schreibt ein gewisser Eugen Volk im Jahr 1933 über einen reinrassigen Kajak, das allerdings kein Faltkajak war und mehr einem Rennboot ähnelte. Da es ein absolut unstabiles Boot war, wurde es von dem damaligen Trainer auch als »Kenterboot« bezeichnet. Es war ein Rundspanter von 40 cm Breite. Sicherlich war man da dem Element ausgeliefert.
Entsprechend den »Vorschriften des DKV« bietet 1926 ein gewisser Lothar Berger aus Eßlingen am Neckar das Eskimo-Kajak »Nanuk« an. »Es befriedigt die höchsten Ansprüche jedes Sportmannes« Länge 5,20m, Breite 0,51m, Knickspant, große Luke. Zwar auch kein Faltkajak, letztlich auch kein Eskimo-Kajak. Im KS findet man aber auch 1925 den Riss eines dazu vermessenen Grönländer-Kajaks aus dem hamburgischen Museum für Völkerkunde. Eine Wohltat für das Auge und mit Sicherheit Vorbild für Falt-Eski-Konstrukteure. 1927 eskimotierte Edi Hans Pawlata („Kipp Kipp Hurra! im reinrassigen Kajak“. Wien: Selbstverlag, 1928), nicht in einem Falt-Eski, aber er konstruierte 1926 den AIJUK, ein Faltkajak, Grönland-Typ 4,90m x 0,47m.
Es bot sich mir einmal die Gelegenheit, in einer Kopie dieses Fahrzeugs über den Wannsee zu paddeln. Zugegeben, es war zunächst ein Ritt auf einer Gesäßfeile. 1933 baute die Firma Otto Hartel, die den AIJUK baute und vertrieb, das Boot als Falt-Eski, welches Ernst Udet dann nach dem Film »SOS Eisberg«1932 mit nach Deutschland gebracht hatte. Während der Olympiade 1936 lockerte eine Kenterstaffel die Szenerie während der Kanuregatten auf. Natürlich überwiegend in Falt-Eskis der Firmen Wieser und Hartel.
Ein markiger Text von Wolrad Schmidt (Berlin) im Kanu-Sport (1935) ist hier durchaus zu präsentieren: „In den letzten Jahrgängen unserer Verbandszeitschrift werden Abhandlungen und Zeichnungen über »reinrassige« Eskimokajaks immer häufiger. Sollte nur, wie manche meinen, eine krankhafte Sucht nach »Angabe« Schuld sein, daß immer mehr Kajakfahrer nach dem Rassekajak streben, nur, um durch Kenterakrobatik vor vollbesetzten Wasserlokalen oder Sterndampfern den lieben Mitmenschen erst Schrecken zu bereiten und dann Bewunderung abzunötigen? – Nein, hinter dem Verlangen, einen Rassekajak zu besitzen, liegt nicht nur ein Körnchen, sondern ein ganzer Felsblock Erkenntnis, daß unsere »modernen« Kajaks zwar einen Paddler befriedigen, aber keinen Kajakfahrer.“
Der Bericht verweist im Weiteren auf einen wesentlichen Punkt beim Falt-Eski: »Die Beseitigung der Seitensprünge des Kajaks«. Die Erkenntnis, dass die Heckflosse unter dem Kajakheck die Luvgierigkeit aufhebt. So entstand bei den Falt-Eskis die sog. »Hacke«, damals von der Firma Hartel als Patent angemeldet. Auch ein Stück der Historie, die allerdings annähernd 80 Jahre vorher in Grönland »erfunden« und in der Zeitung »Atuagagdliutit« veröffentlicht wurde, zum Wohle der Fänger.
In der Literatur zum Kanusport findet man immer wieder Schwarz-Weiß-Bilder, die in prägnanter Form das Eskimokajak, besonders das Faltkajak abbilden. Sei es in dem Bootsbau-Klassiker von Arthur Tiller (»Handbuch des Wassersports« Ravensburg: Maier, 1939) in »Fluß und Zelt« (Rother-Verlag, München) einer früheren Kanuzeitung, oder im Kanu-Sport, der DKV-Zeitschrift, die Titelseiten mit Photos von H. Cords mit Ablichtungen des Faltkajaks, wobei beides, die Kajakfrau als Insassin und das Kajak eine Augenweide sind.
In den 60er Jahren hält das Polyester Einzug in die Bootswelt, und da nun fast jeder mobil wird, bleibt der Falt-Eski auf der Strecke und das Eskimokajak kommt auf das Autodach. Jedoch die Faszination des Falt-Eskis bleibt.
Aber – immer wieder gibt es Begeisterte und Investoren, die sich mit neuem Material und neuer Technik dem Falt-Eski zuwenden. Besondere Beachtung finden die Aktivitäten, die, wie es z.B. Volker Born praktiziert hat, aus einem Trümmerhaufen wieder ein fahrbares Boot erstellen. Nicht vergessen möchte ich an dieser Stelle alle die Falt-Eskibauer, die sich in den vergangenen Jahren das Gerüst des Hartel-Kajaks ausgeliehen und kopiert haben, sowie all die unbekannten Selbstbauer. Es ist nicht nur ein Stück Faltboot-Kultur, sondern eine hochwertige handwerkliche Leistung und eine lohnende sportliche Herausforderung. Man muss nicht unbedingt, wie 1935 Herr Schmidt, streng zwischen Paddler und Kajakfahrer unterscheiden. Jedoch braucht es schon eine Eingewöhnungsphase, wenn man von einer sicheren Flunder in einen Falt-Eskimokajak umsteigt. »Mal eben fahren«, wie manche glauben, damit ist es nicht getan. Das leichte, lautlose Gleiten, der Geradeauslauf, die Nähe des Elements, der Kick, in einem weitgehend historischen Boot zu sitzen und es per Bahn oder im Gepäck des PKW oder Flugzeuges an fast jede Stelle des Erdballs zu bringen, das vermittelt die letzte große Freiheit.
Wolfgang Half, Dangast
Graphik: Egon Schwartz
ein Lesebuch für Selbstbauer von Faltbooten
von Lorenz Mayr
Fünf Schönheiten bei der Miss-Kajak-Wahl:
Vier Selbstbauten und ein »GESA Möll«(Bildarchiv Mayr)
Auch diese kleine Schrift ist urheberrechtlich geschützt. Dies ist natürlich gut, denn es war ganz schön mühevoll, alle die Daten zusammenzutragen, aufzuschreiben, die Zeichnungen anzufertigen und den Text zu formulieren. Doch in der Zeit der überall verfügbaren Fotokopierer muß ich wohl erwarten, dass sich der eine oder andere selbst bedient, was mich selbstverständlich nicht besonders freuen kann. Ich möchte hoffen, daß bei solchen Kopien wenigstens die Zusammengehörigkeit von Daten, Werkstücken und Namen der Ersteller gewahrt bleibt, sodaß wenigstens das geistige Eigentum unserer Vorläufer und Erfinder im Eskimokajak anerkannt bleibt und unverändert weitergegeben wird.
Lorenz Mayr
München, Dezember 1996
Eskimos auf Alpenflüssen – was soll denn das sein? fragt so mancher vor sich hin. Nun, es gab sie wirklich, von den dreißiger Jahren bis hin zum Beginn der Plastikboot-Ära. Boote, angenähert an lange schmale Eskimokajaks, Paddler, die begeistert darin auf’s Wasser gingen; einige wenige gibt’s, die auch heute noch einen Fluß damit herunterkommen.
Diese Leute waren vor vielen, vielen Jahren, als die Alpenflüsse noch ungehemmt und nicht beschmutzt zu Tale eilten, über den ganzen Alpenraum verteilt, nicht allzu viele zwar, aber doch eine schöne Anzahl.
In den dreißiger Jahren war der »Stamm« doch so zahlreich und durch »Verwandte« an den großen Flachströmen so verstärkt, daß einige Faltbootwerten, meistens kleinere Handwerksbetriebe, Eskimokajaks in ihren Bauprogrammen anbieten konnten. In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg, dessen Ereignisse die meisten Faltboote zum Verschwinden brachte in diesen Jahren, wurden fast alle Kajaks von den tatenfrohen »Eskimos« selbst erbaut, bis dann eine Werft in Wien auf extra Bestellung hin zwei Modelle fertigte, die speziell für Flußfahrten konzipiert waren.
In den gegenwärtigen Jahren nun, im Zeitalter der Kunststoffboote, hat sich ein an den Meeresküsten ansässiger »Stamm« stark vermehrt, ausgestattet mit unglaublich beanspruchungsfähigen Kajaks aus Glasfaserstoffen, Wertprodukte allesamt, abgeschottet und versehen mit durchdachter Decksausrüstung, mit Pumpen, Mulden zur Kompaßaufnahme und Vorrichtungen zum leichteren Kurshalten. Perfekte und erstrebenswerte Boote. Und trotzdem – plötzlich haben einige »Stammesmitglieder« begonnen, ihre Kajaks selbst zu bauen, diesmal wie die Grönländer selbst, in überlieferten Bauweisen und Materialien. Die Freude und auch die Sehnsucht nach Selbstgeschaffenem bricht halt trotz aller perfekter Kaufangebote bei manchem Paddler unaufhaltsam durch.
Da zur gleichen Zeit fast alle unsere herrlichen Flüsse unserer gemeinsamen Energieverschwendung und dem Beschmutzungsbedürfnis unserer Technikzivilisation zum Opfer gefallen sind – von den obersten Oberläufen abgesehen, die aber nur Spezialpaddlern mit Spezialbooten und Spezialdraufgängertum offenstehen – erhebt sich die Frage, wo wir noch ein bißchen spritzige Wanderfahrten machen könnten, wo uns noch ein paar Küstenstreifen verlocken würden.
Da nun müssen Reisen unternommen werden, leider Gottes sehr weite sogar. Das Flugzeug wird in Betracht gezogen. Und so sind wir ganz von selbst beim Faltboot angelangt.
Wenn schon Wanderpaddler die Lust spüren, selbst ein Boot herzustellen, wie die oben erwähnten Küstenbewohner, warum dann kein Faltboot, bei der Reiseperspektive?
Wenn dieses Faltboot dann noch ein Eskimokajak ist, das schönste aller Boote, wenn die Freude am ziehenden Wasser, am silbernen Geräusch der wandernden Flußkiesel, an den einsamen Lagerplätzen, den pfeilschnellen Uferschwalben, den bleichen Kiesbänken und an den kreisenden Kehrwassern wieder aufleben kann, dann möchte ich schon wissen, was es noch schöneres geben sollte. Und dies alles ermöglicht so ein Zauberboot, gar noch unter den eigenen Händen erstanden. Wenn das kein Leben ist!
Kommen wir nicht gar zu sehr ins Schwärmen, ich glaube einfach, das alles sollte so festgehalten werden, damit jeder, der sich nach einem Stahlbad sehnt, auch in die Lage versetzt werden kann, sich eines zu verschaffen.
Ich schreibe also auf, was zum Bau eines faltbaren Gerüstbootes notwendig ist, unter bevorzugter Betrachtung des Eskimokajaks. Nicht zuletzt war es mein Anliegen, den kühn denkenden Erbauern der neuen Bootsformen, der faltbaren Eskimokajaks, Ehre zu erweisen und ihre kreativen Leistungen lebendig zu halten. Die besprochenen Bauteile können natürlich auch auf andere Faltbootformen adaptiert werden.
Die Anregung, alle diese Dinge, die schon einmal erdacht und auch praktisch ausgeführt wurden, aufzuzeichnen und festzuhalten gab mir Christian Altenhofer, München. Von ihm habe ich auch zum ersten Mal den Ausdruck »Alpeneskimo« gehört, den er sich zurechtlegte, als er für sein Buch »Der Hadernkahn« recherchierte.
Franz v. Alber verstarb im Jahre 1968. Ihm folgten Emanuel Schucan und Herbert Slanar 1999. Keiner der wahrhaften Pioniere des faltbaren Eskimokajaks, die ich noch selbst erlebt und gekannt habe, lebt mehr. Von ihnen und einigen anderen habe ich hier erzählt und hoffe, daß sie alle im Kreise der eingeschworenen Eskimopaddler in Erinnerung bleiben.
Alle Skizzen in diesem Manuskript sind ohne Maßangaben, sie stellen Systemzeichnungen von verwirklichten Lösungen dar, deren erneute Ausführung dem einzelnen Erbauer jede eigene Überlegung offen läßt. Wo es aus funktionellen Gründen ratsam erscheint, oder weil ein vorausschauender Überblick noch nicht möglich ist, sind lockere Maße angegeben, die in bewährten Grenzen liegen. Auch sind im Text, wo nötig, Orientierungsmaße genannt.
Der Urvater dieser Gebirgseskimos war Edi Hans Pawlata aus Wien. Er hatte einen Eskimokajak und richtete sich damit am 30. Juli 1927 als erster Mitteleuropäer nach einer Kenterung wieder auf. Wie konnte das geschehen? Pawlata war zu seiner Zeit ein sportlicher Paddler im Wiener Kajak Klub, WKK, und als ungefähr Mitte der zwanziger Jahre Dokumentarfilme über grönländische Eskimos, ihre Lebensweise und vor allem ihre Gerätschaften und deren Handhabung einschließlich der Kenterrolle gezeigt wurden, da saß er, genau wie viele andere Bootsfahrer auch, als begeisterter Zuschauer im Kinosessel.
Das Gesehene faszinierte ihn so stark, daß er sich auf die ganze damals erreichbare Literatur stürzte und zu guter Letzt sogar selbst nach Grönland fuhr, um, wie er sagte, »hinter das Geheimnis der Eskimos zu kommen«.
Zurückgekehrt baute er sich mit Hilfe von handwerklich geschickten Freunden nach seinen gewonnenen Einblicken ein Faltboot, wie es bis dahin noch keines gab: lang, schmal, flachaufsteigende Steven, von niedriger Seitenhöhe, mit fremdartigem Decksprung und noch nie gesehenem, kleinen, fast runden Süllrand samt vollkommen dichter Schürze: eben ein echter Eskimokajak, der lediglich auf seine mitteleuropäischen Körpermaße adaptiert war.2
Um diese schier unglaublichen Neuerungen richtig würdigen zu können, muß man schon wissen, wie damalige Einsitzerfaltboote überhaupt ausgesehen haben. Die Länge hatte sich bei 4,30 Meter bis 4,50 Meter eingependelt, die Breite aber betrug oft stolze 75 Zentimeter! Zu dieser flunderhaften Draufsicht gesellte sich noch eine beachtliche Seitenhöhe, die den Paddler bis zu den Brustwarzen im Bootsinneren versinken ließ, sodaß der Ärmste mit seinen notwendigerweise überlangen Paddelstangen nur recht hilflos im Wasser herumstochern konnte. Die riesigen Sitzluken wurden nur mangelhat von Spritzdecken verschlossen, die an ihrer Süllrandbefestigung und rund um den Paddlerkörper herum kräftige Spritzwasserströme eindringen ließen.
(Erst Mitte der dreißiger Jahre fanden die herkömmlichen Faltboote zu Formen und Bauausführungen, die sportliches Fahren erst ermöglichten und prompt erfolgten die beachtlichen Wildfluß- und auch Expeditionsfahrten. Aber noch sind wir im Jahre 1927.)
Mit dieser Art von Booten also machte Pawlata für sich selbst Schluß, indem er sich sein Kajak nach grönländischer Art mit etwa 5,0 Metern Länge und 48 Zentimetern Breite und gerade Nabelhöhe baute. Mit diesem Boot erarbeitete er sich dann, die geschickten Grönländer im Geiste vor sich, am Kärntner Weißensee die »Eskimorolle«. Aus seiner Klausur vom warmen, herrlichen Gebirgssee nach Wien heimkommend, schlug die Nachricht wie eine Bombe ein. Er versuchte zwar, das Geheimnis bis zum Erscheinen seines Büchleins »Kipp Kipp Hurra! im reinrassigen Kajak«, noch etwas zu hüten, doch die aufmerksamen Beobachter hatten ihre Augen überall und es gab schon bald erfolgreiche Nachempfinder. Adolf Anderle, Pliska, Franz Meier, auch Leo Frühwirth waren mit bei den Ersten. Und ein fünfzehnjähriger Bub, der sich nur allzu gerne bei den Bootshäusern in der Kuchelau herumtrieb, gab diesen erfolgreichen Eskimotierern solange keine Ruhe, bis sie es auch ihm, noch im selben Jahr, beigebracht hatten: Herbert Slanar. Schon für den folgenden Sommer, 1928, hatte der »Grazer Faltbootbau Otto Hartel« den »Aijuk«, wie Pawlata seinen Kajak genannt hatte, in seinem Wertangebot. Ein Prospektbild zeigt im Sentenverlauf des Vorschiffs eine Änderung gegenüber dem Originalplan, der dem Büchlein beilag, und außerdem noch einen formverleimten Schmiegesitz. So konnten sich allfällige Interessenten schon ganz bald mit kaufbaren Eskimokajaks eindecken. Fern von Wien hatten sich die Gebrüder v. Rautenfeld, Franz v. Alber und noch einige andere die erfolgreiche Eskimorolle zueigen gemacht.
Adolf Anderle aus Wien baute sich wahrscheinlich den zweiten Eskimokajak in Eigenarbeit. Er restaurierte im Wiener Völkerkundemuseum einen Grönlandkajak ohne Decksprung, also vermutlich einen ostgrönländischen. Als Helfer für diese Arbeit hatte er sich den jungen Herbert Slanar ausgesucht. Anderle nahm dann dieses Boot zum Vorbild für seinen eigenen Faltkajakbau, den er »Fram« nannte, und mit dem er später, 1932, als erster Paddler die Salzachöfen durchfuhr.
An dieser »Fram« war noch einiges verbesserungswürdig, wie Herbert Slanar fand, als er, ein wenig älter geworden, selbst einen ersten Kajakbau in Angriff nahm. Es wurde eine äußerlich etwas veränderte »Fram«, auch das Gerüst war neugestaltet und der Zippverschluß auf dem Achterdeck verschwunden. Während einer Innfahrt traf er im bayrischen Rosenheim einen Grönländer, der zusammen mit seiner Tochter ein Kajak zu den Klepperwerken brachte. Diese Tochter, Ekaluk mit Namen, ließ ihn nicht ganz unberührt, und so kam es, daß in den folgenden Sommern ein junger Paddler im Eskimoboot, das den seltsamen Namen »Ekaluk« führte – nahezu jedes Schifflein erfreute sich jenerzeit eines Namens – auf allen damals befahrbaren Wildflüssen Österreichs auftauchte und allgemeines Erstaunen hinterließ, wenn der schlanke Kajak elegant die Schwälle herunterzog oder gar eine Kenterrolle die boshafte, gefürchtete, wegversperrende Riesenwalze einfach austrickste.
Aus Otto Hartels Werft kam manch neuer Kajaktyp, darunter der mit der integrierten Flosse, andere Werten hielten mit, so die Firma Wieser, die einen eleganten, sportlichen Kajak vorstellte, der jedoch so grazil ausgelegt war, daß er außer einem nackten Mann noch höchstens dessen Brotzeit zu tragen vermochte, auch die Firma Hammer fertigte einen Kajak und sicher noch mancher andere kleine Betrieb. Der Stamm der Alpeneskimos gewann neue Brüder im lachen Land und an den Meeresküsten. Die einen verbrachten ihre Ferientage mal an den Bergflüssen, mal am Salzwasser, die anderen machten auf der See durch gewagte Überfahrten oder durch weite Wattwanderungen von sich reden. Franz v. Alber aus Kärnten, der ein kleines Erbteil aufzehrte, befuhr viele Wildflüsse in ganz Europa, etliche davon als erster, und berichtete darüber in seiner mitreißenden Art in einschlägigen Zeitschriten. Um diese glückliche Zeit möglichst auszuweiten, legte er all die Entfernungen nur in Personenzügen im billigsten Klasseabteil zurück und fristete sein tägliches Leben in asketischer Sparsamkeit. Seinen umfangreichen Erfahrungen in der Beherrschung des schmalen Kajaks und seiner Lust an einschlagender Formulierung entsprangen so Begriffe wie »Paddelstütze«, »Kajaktelemark«, »Seilfähre« und nicht zuletzt sein berühmtes »Kugelgelenk«. Damit meinte er die Hüte des Paddlers, die vollkommen frei und unangelehnt das schmale, niedrige Boot unter sich pendeln lassen sollte, ganz wie die Wellen rund herum dies erforderten. Heutzutage sind diese Dinge festetablierte Selbstverständlichkeiten, aber zur Zeit ihrer Veröffentlichung im Jahre 1932 zeigten sie den allermeisten Paddlern erst den richtigen Weg zur kontrollierten Bootsbeherrschung und damit zur Sicherheit in bewegten Gewässern.
Zu den Olympischen Spielen 1936 fanden sich viele Eskimopaddler zu einer Vorführungsgruppe zusammen, die einem staunenden Publikum Kenterrollen in verschiedenen Variationen, mit unglaublichen Unterwasserzeiten – sie stiegen aus und atmeten mit dem Kopf in der Sitzluke die Luft aus dem Bootsinnern – mit Personenwechsel, erkenntlich an verschiedenfarbigen Trikots, und beliebig langem seitlichen Stützen vorführte. Kurz, es gab ein lebhaftes Getümmel im nun weitverzweigten Eskimostamm. Aber die ganze sorglose Herrlichkeit dauerte nur noch ein paar Sommer an klaren Flüssen und sauberen Meeresküsten, dann setzte der zweite Weltkrieg dem Allem ein Ende. Den Schrecknissen des Rußlandfeldzuges gerade noch lebend entronnen und von seiner Frau Ria wieder zu Kraft und relativer Gesundheit aufgerichtet, baute Herbert Slanar 1947 wieder neue, selbstentworfene Eskimokajaks. Franz v. Alber war von den hinreißend geformten Booten so begeistert, daß er sich von H. Slanar immer wieder einmal ein neues auf den Leib schneidern ließ. Als wir Münchner 1952 an Alber herantraten – er war uns durch seine Veröffentlichungen in alten Kanusportheten bekannt – nachdem wir ihn nach manchen Irrläufen mühselig ausgegraben hatten, mit der schüchternen Bitte, uns einige Ratschläge zukommen zu lassen, ließ er uns in freundschaftlicher Weise von seinem gerade aktuellen Slanar-Kajak in mühseliger Rekonstruktion Pläne anfertigen, die dann zur Grundlage zahlreicher, in München gebauter Kajaks wurden.
In den Jahren 1947 und 1948 befuhr Herbert Slanar dann fünfmal die Salzachöfen, zu der Zeit immer noch mit die schwierigste und sicher am meisten Schneid erfordernde Fahrt, die ein Paddler machen konnte. Bei einigen dieser Öfenfahrten entstand der Film »Wasserteufel«, dessen Wildwasserpassagen auch heute noch höchste Spannung erzeugen.
Von Slanar selbst gedrehte 16-mm Wildwasserfilme lassen, heute betrachtet, erst so richtig erkennbar werden, was alles an herrlichen Flußlandschaften und darin möglichem Erleben in nur drei Jahrzehnten unwiderbringlich dahingegangen ist. Aber außerdem nehmen sie einem fast den Atem, wenn die filigranen Bootsgebilde durch die Wasserpressung pfeilen, Walzen durcheilen, sich die Wellen hinabschwingen, oder gar in einer vorweggenommenen Wasserfallbefahrung von dem 13 Meter hohen Steyrdurchbruch herabschießend in einer zimmerhohen weißgischtigen Wasserhölle verschwinden.
Auch entstanden in Selbstbaugruppen unter Herbert Slanars Leitung eine Reihe von begeisternd schönen Eskimokajaks, und nicht zuletzt verdanken viele Wiener Paddler der fünfziger Jahre, und zwar nicht nur Eskimos, seiner Unterweisung ihre Eskimotierkünste.
Als Anfang der fünfziger Jahre sich wieder Möglichkeiten für lange Wanderfahrten im Ausland auf noch ungebändigten Flüssen, zum Beispiel in Jugoslawien, in Griechenland oder der Türkei abzuzeichnen begannen, fand sich Franz v. Alber zu nächtelangen Diskussionen bei Herbert Slanar ein und stellte seine Wünsche und Überlegungen dar, die Herbert Slanar in Entwürfen festhielt, wieder änderte, und unter erneuten Erörterungen endlich zur fertigen Konstruktion brachte: Einen gepäcktragenden und trotzdem wildwasserfähigen Eskimokajak! Franz v. Alber nannte ihn »Möllkajak«. Der machte seinen Weg sogar wieder als Wertbau – Gerhartl, Wien – aber viele entstanden auch im Selbstbau, und nicht nur im Alpenraum. Einen beachtlichen Schwerpunkt bildete das Kölner Eskimolager um Ernst Kaeufer3 und Ernst Becher, wo nicht nur die Bootsgerüste selbst gebaut wurden, sondern auch die Häute in mühsamer Handarbeit in der Wohnwerkstatt entstanden. Sie unterzogen ihre Kajaks den härtesten Prüfungen, wenn sie in den unzugänglichen Weiten und Wildnissen Schwedisch- und Finnisch-Lapplands ihre Abenteuer suchten. Aber nicht nur dort, sondern auch in den Schluchten des damals noch unverbauten schweizerischen Inn erschienen die Kajaks von Ernst Kaeufer und seinen Freunden und auf noch manch schwerem Alpenfluß, der seine Katarakte noch nicht dem Kraftwerksbau hatte opfern müssen.
Franz v. Alber leitete aus dem Möllkajak für sich selbst endlich noch den 48 Zentimeter schmalen »Drau« ab, der auch von Gerhartl auf Wunsch hergestellt wurde. Auch Ernst Kaeufer aus Köln schneiderte sich seinen eigenen Kajak auf den Leib, so um die 55 Zentimeter breit, wie zu erfahren war.
Doch unwiderruflich ging die Zeit der faltbaren Gerüstboote ihrem Ende zu, die Polyesterära brach an.
Alle diese Einblicke in das frühe Wiener Eskimogeschehen brachten Gespräche und Briefe mit Herbert Slanar zu Tage, in denen er sich an die ja immerhin schon mehrere Jahrzehnte zurückliegenden Vorgänge zu erinnern versuchte.
2siehe Band II-Praxisteil (Abschnitt C-6) – Hakola Dippel: »Faltkajak in traditionell westgrönländischer Form ARDLUK II«
3siehe Band II-Praxisteil (Abschnitt H-1) – Ernst Kaeufer: »Erinnerungen an selbstgebaute Falt-Eskimokajaks«)
All den Faltbooten lag das gleiche Prinzip zugrunde: Es wurden aus mehr oder minder vielen Einzelteilen zwei Gerüsthälften zusammengesetzt, die durch die Sitzluke im Verdeck in die Bootshaut nach vorne und hinten einzuschieben waren.
Das fehlende Mittelstück wurde in der Haut eingefügt, wobei Hebelvorrichtungen die Spannung der Bootshülle überwanden. Diese Spannung entstand dadurch, daß die Haut etwas kürzer gefertigt wurde als das Gerüst an Länge aufwies. Die Elastizität der fünfschichtigen, ungefähr 1,5 mm dicken, aus Hanf und Baumwolle und Kautschuk bestehenden Haut erlaubte dies ohne weiteres. Die nun schon straffen, faltenlosen Boote wurden noch durch Süllrand, Inneneinbauten und Spritzdecke komplettiert.
Eine weitere Gemeinsamkeit waren die Baustoffe: Holz, und zwar meistens Eschenholz wegen seiner Festigkeit und Federkraft für das Gerüst, starkes, imprägniertes Segeltuch für das Verdeck und fünffache Gummihaut für das Unterschiff.
Die Konstruktion der Gerüste allerdings, sowie die Ausführung der verbindenden Beschläge und die Längen der Einzelbauteile unterschieden sich von Wert zu Wert recht deutlich: Es waren die gepackten Stabtaschen länger oder kürzer, es gab Boote mit Mittelkiel und solche mit »Leitern«, welche mit Schiebehülsen und solche mit U-Schienen, etliche mit Rundstäben und andere mit rechteckigem Holzquerschnitt, mit Diagonalstreben und mit Bordwänden.
Spanten wurden traditionell aus Einzelteilen, die miteinander verzapft und verleimt waren, schreinermäßig hergestellt. Dann sägte man Spanten aus dünnem Sperrholz und verstärkte sie mit einem umlaufendem Eschenholzrahmen, andere wurden aus dünnen Leisten formverleimt, manche waren dampfgebogen und endlich wurden sie aus Marinesperrholz von 10 – 12 mm Dicke in einem Stück herausgeschnitten.
Hauptblickpunkt dieser Betrachtung soll sein, was sich in eigener Arbeit ohne Superwerkstätte gut herstellen läßt und trotzdem den Anforderungen genügt. Eigene Erfahrungen aus mehreren Bootsbauten ließen hier ein und schieben sich vielleicht allzu aufdringlich in den Vordergrund, aber es werden auch andere Lösungen diskutiert. Da sich meine Erfahrungen im Bau und auch im immer noch anhaltenden praktischen Gebrauch hauptsächlich auf faltbare Eskimokajaks beziehen, wo alles durch die Bootsform noch ein bißchen komplizierter ist, gehe ich darauf jeweils ausführlicher ein.
Wenn sich heutzutage ein Paddler gedrängt fühlt, einer bohrenden Lust nachzugeben und sich ein Faltboot selbst zu bauen, dann steht meist die Sehnsucht nach einem bestimmten, außergewöhnlichen Boot dahinter, denn »normale« Faltboote gibt’s ja nach wie vor zu kaufen, wenn auch nicht mehr in der verschwenderischen Fülle der fünfziger Jahre. Unter normalen Faltbooten verstehe ich solche von 65 cm Breite und 4,50 m Länge für ein einsitziges Boot, und 80 bis 90 cm Breite und 5,20 m Länge für ein zweisitziges Boot.
Die Seitenhöhen sind sportlichen Belangen angemessen, die Sitzluken nach wie vor riesig. Diese Art von Faltbooten ist lange bewährt, sie können unglaubliche Mengen an Fahrtengepäck schlucken, liegen einigermaßen sicher im Wasser, ihr Aufbau läßt sich mit nur mäßigen Schwierigkeiten bewerkstelligen und es spricht eigentlich überhaupt nichts gegen sie. Und wie gesagt, es gibt sie zur Zeit in gutsortierten Wassersportgeschäften zu kaufen, wobei Erzeugnisse von einheimischen, von französischen, amerikanischen und kanadischen Werten zur Verfügung stehen, sodaß außer der Last der Auswahl keinerlei eigene Mühewaltung entsteht. Und neuerdings (1996) hat sich sogar ergeben, daß zwei Werten, eine deutsche und eine kanadische, nämlich Pouch4 und Feathercraft, wieder faltbare Eskimokajaks anbieten. Und doch – manche tragen ein besonderes Wunschbild in sich, das zuerst leise bohrend, dann immer dringlicher sich gebärdend, zuletzt alle Gedanken ausfüllend, gänzlich unausrottbar, energisch nach Verwirklichung verlangt. In meinem Fall war es der Eskimokajak. Doch ganz gleich, welches Wunschbild von einem Besitz genommen hat, es erhebt sich die Frage, wie und woher man die nötigen Bauunterlagen bekommt.
Die verschiedensten Möglichkeiten sind denkbar. Zunächst einmal der Nachbau eines vorhandenen Faltbootes, das die Begehrlichkeit erweckt hatte. Hier ist alles einfach, die Längsteile werden genau vermessen, verbindende Bohrungen festgehalten, Beschläge nachgebaut oder sinngemäß nachempfunden. Die Spanten wird man auf kleine Klötze lagern, damit sie trotz hervorstehender Beschläge genau waagerecht über einem großen Blatt Zeichenpapier zu liegen kommen. Nun werden genau senkrecht, am Besten unter Hilfenahme eines rechten Winkels, mit einer Reißnadel alle wichtigen Punkte der Außen- und Innenkontur auf das Papier übertragen und mit Bleistift ausgezogen. Mit den Stevenblättern verfährt man genauso, und damit hat man sich alles Nötige verschafft.
Liegt ein echter Bauplan vor, so richtig mit sämtlichen Details und für alle, auch kleinsten Teile, genaue Bezeichnungen, dann kann auch in diesem Falle der Bau problemlos beginnen. Doch meistens gibt es vom Wunschboot keinen fertigen Bauplan, sondern allerhöchstens einen Riß.
Linienrisse, die ja bei der Konstruktion des Schifes am Reißbrett entstehen, dienen nur zur Beschreibung der entstandenen Bootsform. Damit diese Beschreibung möglichst genau wird, legt der Konstrukteur eine Vielzahl von Schnitten in die beschriebenen Ebenen, aber wenn dann der entworfene Bootsrumpf tatsächlich gebaut werden soll, dann muß aus diesen Rissen erst noch die Bauzeichnung gewonnen werden, aus der dann hervorgeht, an welcher Stelle welche Spanten stehen sollen, oder in welcher Weise der Kiel gefügt werden muß und überhaupt alle Baueinzelheiten auszuführen sind.
Auch von den Eskimokajaks, die wir früher bauten, kursierten nur Risse, die sich aber von den rein beschreibenden Linienrissen eines Konstrukteurs etwas unterschieden: Im Spantriß nämlich erschienen nur die Spantumrisse, die den tatsächlich zu bauenden Spanten entsprachen. Und im Längsriß waren die eingezeichneten Längslinien der echte Kiel und die echten Bordleisten und die tatsächlich einzubauenden Senten. Es waren sozusagen Linienrisse, die ohne Schwierigkeiten in Bauzeichnungen verwandelt werden konnten.
Was ist also zu tun, wenn einem ein solcher Bootsriß, meistens im Maßstab 1:5 für Längsund Aufriß und 1:1 für die Spanten vorliegt? Zur Sicherheit muß man sich als Erstes mit Hilfe des Längs- und Aufrisses und der darin enthaltenen Maßketten vergewissern, ob die hier als einfache Trennstriche erscheinenden Spanten den tatsächlich im Spantriß festgehaltenen Bauspanten entsprechen.
Ist das der Fall, dann beginnt jetzt schon die Anpassung des Kajaks an unsere eigene Person: Wir wenden unsere besondere Aufmerksamkeit auf den Spant, der in der Gegend unserer Füße zu liegen kommt, wenn wir im Boot sitzen. Es ist bei Eskimokajaks mit 11 Spanten meistens die Nummer 4. Wir messen unser eigenes Gebein im Sitzen mit durchgestreckten Knien vom Steißbein bis zu den Fersen. Dieses Maß bringen wir in Übereinstimmung mit dem Maßstab des Längsrisses. Dann bringen wir es zwischen vorderem und hinterem Hauptspant, also in der Sitzluke, in deren hinterem Drittel, wo man ungefähr seinen Sitzplatz findet, in Kielhöhe zum Anschlag und legen es ins Vorschiff. Der oben erwähnte Spant sollte nun so liegen, daß ihn die Meßlatte gerade so locker erreicht. Steht er näher zur Mitte hin, so müssen wir ihn in Richtung Vorschiff rücken, weil nämlich sonst unsere Füße, wenn wir im Boot sitzen, gerade noch durch den Spant hindurch reichen und mit der Achillessehne auf dem Spantunterteil aufliegen. Und das tut schon nach fünf Minuten jämmerlich weh.
Anschließend müssen wir den nun leicht veränderten Spantumriß im Spantriß neu einzeichnen.
Wer das zeichnerisch nicht lösen kann, sägt diesen Spanten später beim Bootsbau provisorisch aus Spanplatte oder starkem Pappdeckel voll aus und stellt ihn bei der Montage der Spanten auf den Kiel an den ursprünglich vorgesehenen Platz, rückt ihn dann dorthin, wo es die Länge seiner Beine erfordert, und arbeitet ihn durch Peilen mit Bordleisten und Senten zur richtigen straken Form. Diese wird anschließend auf das endgültige Baumaterial übertragen.
Doch jetzt wird es höchste Zeit, mit Hilfe einer Zeichnung die aufgetauchten Begriffe zu identifizieren:
Dabei erscheint der Name »Bordleiste«, zu der aber im Schiffsbau »Dollbord« gesagt wird. Doch ich möchte mit einer gewissen (Alters?-) Starrsinnigkeit, die man mir hoffentlich nachsieht, an »Bordleiste« festhalten, denn solange ich an eigene Bautätigkeit zurückdenken kann, hieß das »schon immer so«.
Um aus dem Spantriß eine entsprechende Bauzeichnung zu machen, werden die im Riß nur zur Hälfte erscheinenden Spantumrisse durch Verdoppelung als vollständige Umrisse aufgezeichnet. Dahinein trägt man die vorliegenden Querschnittsmaße der Längsverbände an genau die dafür vorgesehenen Stellen. Anschließend zieht man von diesen eingezeichneten Figuren die äußere Kontur des Spantes in der Weise, daß Aulager für die Bordleisten, Fixierungen für die Senten und Einkerbungen für den Kiel, wo nötig entstehen. Nicht vergessen werden darf der konkave Linienverlauf zwischen den Lagerstellen der Längsteile, damit später beim Fahren kein entlangschrammender Felsen oder Ast Schaden stiften kann.
Die beiden Hauptspanten Nummer 6 und 7 (sie rahmen die Sitzluke ein) und der Vorschiffspant vor dem vorderen Hauptspant, die Nummer 5 also, werden ohne Bordleistenauflager und mit nach unten offenen Sentenlagern gemacht, weil sie später beim Bootsbau zuerst waagrecht eingebracht, an den Bordleisten durch Stifte fixiert, und dann erst, oft unter erheblicher Spannung, in die Senkrechte gedreht werden.
Die Aufzeichnung der Spanntinnenkontur macht weiter keine Schwierigkeiten; die dargestellten Holzbreiten bieten bewährte Anhaltspunkte für den 60 Zentimeter breiten Möllkajak. Baut man einen 48 Zentimeter breiten Kajak, oder ist man selbst ein leichter, gelenkiger Eskimo, dann können die Breitenmaße ruhig etwas reduziert werden. Auch die stevennahen, ganz schmalen Spanten dürfen etwas zierlicher ausfallen, da keine große Stoßbelastung auf sie zukommt.
Die Bauzeichnung für die Stevenblätter gewinnt man aus dem Längsriß auf die gleiche Weise. Da der Längsriß meistens in einer maßstablichen Verkleinerung – nämlich 1:5 – vorliegt, wird man sich mit Vorteil ein entsprechendes Rasterliniennetz auf das Zeichenpapier ziehen. Bei der Festlegung der Innenkontur der Bootssteven müssen die Anbindungen der Bordleisten und der Senten berücksichtigt werden, über die im entsprechenden Kapitel berichtet wird.
Wenn im Folgenden von Ein-, Zwei- oder Dreisentenbooten die Rede ist, so ist immer die Anzahl der Senten auf einer Bordseite gemeint. Ein Einsentenkajak ist demnach der klassische Knickspantkajak in überlieferter westgrönländischer Form, während für einen Dreisentenkajak die fast kantenlose Unterwasserform des »Möllkajak« ein gutes Beispiel abgibt.
Nachdem so viel von Bootsrissen die Rede war, möchte ich an dieser Stelle kurz einschieben, daß Herbert Slanar aus Wien in fast allen Fällen der Konstrukteur der Eskimokajaks war, die im Selbstbau nach dem zweiten Weltkrieg entstanden sind, und Franz v. Alber der Mann war, der durch seine begeisternden Aktivitäten die Pläne des stilleren Herbert Slanar erst einer größeren Interessentenschar zugänglich gemacht hat.
Als mir Franz v. Alber seinerzeit die ersten Risse eines 48 Zentimeter schmalen Kajaks schickte, wußte er nicht, wie groß und schwer ich war und fügte im Begleitbrief die Bemerkung an, ich könnte den Kajak auf 50 Zentimeter verbreitern, wenn ich alle Breitenmaße von allen Spanten mit dem Faktor 50:48 verbreitern würde. Als ich einige Jahre später mein »Eskiwei« umbaute, machte ich von diesem Tip problemlos Gebrauch. Ich erweiterte den Faktor auf 52:48 und bekam den Riß eines 52 Zentimeter breiten Kajaks. Wie weit man dieses Spiel treiben kann, bis die gegebenen Merkmale der ursprünglichen Konstruktion zu verschwinden beginnen, weiß ich auch nicht sicher.6