Europäisches Privatrecht - Bettina Heiderhoff - E-Book

Europäisches Privatrecht E-Book

Bettina Heiderhoff

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Beschreibung

Das Lehrbuch: Dieses Lehrbuch vermittelt Studierenden übersichtlich und strukturiert ein Grundverständnis zu Rechtsquellen und Rechtsanwendung des europäischen Privatrechts sowie dessen Auswirkungen auf das deutsche Recht. Das Lehrbuch deckt den Prüfungsstoff für Studierende und Referendare ab, zu deren Schwerpunkt/Wahlfach auch Europäisches Privatrecht gehört. Nach einer Einführung in die europarechtlichen Grundlagen des Privatrechts werden die relevanten Richtlinien in der aus dem BGB bekannten Reihenfolge – von Vertragsschluss über Widerrufsrechte, Verbraucherkredit, vertragliche und außervertragliche Haftung bis Sachenrecht – dargestellt. Zahlreiche an Entscheidungen des EuGH und nationaler Gerichte angelehnte Beispielsfälle und deren schrittweise Lösung veranschaulichen dabei leicht nachvollziehbar das systematisch vermittelte Wissen. Zentrale Themen sind: - Grundgedanken und Zielsetzungen des EU-Rechts - Kompetenzen und Rechtsetzung der EU - Umsetzung und Auslegung von Richtlinien - Vorlage an den EuGH und dessen relevante Rechtsprechung - Ausblick in die Zukunft des europäischen PrivatrechtsMaßgebliche EU-Richtlinien mit ihrem Kerninhalt und den wichtigsten dazu ergangenen EuGH-Entscheidungen sind für einen schnellen Überblick im Anhang aufgeführt.

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Europäisches Privatrecht

von

Dr. Bettina HeiderhoffProfessorin an der Universität Münster

6., neu bearbeitete Auflage

www.cfmueller.de

Schwerpunkte

Eine systematische Darstellung der wichtigsten Rechtsgebiete anhand von Fällen Begründet von Professor Dr. Harry Westermann †

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <https://portal.dnb.de> abrufbar.

 

ISBN 978-3-8114-5974-8

 

E-Mail: [email protected]

Telefon: +49 6221 1859 599Telefax: +49 6221 1859 598

 

www.cfmueller.de

 

© 2023 C.F. Müller GmbH, Heidelberg

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Vorwort

Das EU-Privatrecht ist als Gegenstand für ein Lehrbuch ungewöhnlich, weil es sich um eine Querschnittsthematik handelt. Von Grundlagen des Rechts der EU bis zu Details des Rechts der AGB und zu Fragen des IPR sind viele Dinge miteinander zu verknüpfen. Es geht insgesamt darum zu verstehen, wie das Recht der EU das autonome deutsche Privatrecht beeinflusst und prägt. Dabei ist das Ziel des Buchs ehrgeizig: Ich habe versucht, Elemente eines Lehrbuchs, nämlich Anschaulichkeit und Beispielsreichtum, mit wissenschaftlich vertieften Schwerpunkten zu verbinden. Die unendlich vielen offenen Auslegungsfragen, die das EU-Privatrecht bereithält, mit Hilfe von Grundlagenverständnis und Hintergrundwissen selbst lösen zu können, dazu sollen die Leserinnen und Leser befähigt werden.

Die 6. Auflage behandelt insbesondere die neuen Rechtsakte zur Digitalisierung mit Fallbeispielen und bietet auch einen Ausblick auf die geplanten Rechtsakte zur künstlichen Intelligenz.

Ich bin vielen Personen zu Dank verpflichtet. Namentlich erwähnen möchte ich Daniel Nickisch und Elanur Yalcin, die mir mit ihren vielen guten Ideen und ihrer großen Sorgfalt bei der Aktualisierung für diese 6. Auflage sehr geholfen haben.

Münster, August 2023

Bettina Heiderhoff

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort

 Inhaltsverzeichnis

 § 1Vorüberlegungen

  A.Gegenstand des Buchs1

  B.Zielsetzung und Aufbau des Buchs2

  C.Informationsquellen zum EU-Privatrecht3 – 7

   I.Informationen in diesem Buch3

   II.Weitere wichtige Quellen4 – 7

    1.Die Richtlinien4

    2.Rechtsprechung des EuGH5

    3.Lehrbücher und Kommentare6

    4.Weiterführende Informationen im Internet7

 § 2Überblick über das bestehende Privatrecht der EU

  A.Privatrecht im primären EU-Recht8

  B.Privatrecht im sekundären EU-Recht9 – 11

   I.Arten sekundären EU-Privatrechts9

   II.Die Richtlinie10

   III.Die Verordnung11

 § 3Europarechtliche Grundlagen für die Privatrechtssetzung

  A.Kompetenz der EU zur Rechtssetzung im Bereich des Privatrechts12 – 31

   I.Grundlagen in EUV und AEUV13 – 29

    1.Grundsätzliches13

    2.Reichweite des Art. 114 AEUV14 – 18

     a)Allgemeines14, 15

     b)Art. 114 AEUV als Kompetenzgrundlage für privatrechtliche Richtlinien16 – 18

    3.Subsidiaritätsprinzip und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Kompetenzschranken19 – 25

     a)Umrisse19

     b)Rechtsangleichung und Subsidiaritätsprinzip20 – 25

      aa)Geltung des Subsidiaritätsgrundsatzes im Rahmen des Art. 114 AEUV20

      bb)Mindeststandardgrundsatz21

      cc)Entwicklung zur Vollharmonisierung22 – 24

      dd)Verordnungen mit privatrechtlichen Inhalten25

    4.Kompetenz der EU für den Erlass eines europäischen Vertragsgesetzbuchs26 – 28

    5.Zusammenfassung29

   II.Auswirkungen fehlender Kompetenz30, 31

    1.Nichtigkeitsklage30

    2.Rüge der Kompetenz im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens (Imperial Tobacco)31

  B.Vorrang des EU-Rechts32 – 44

   I.Grundsatz33, 34

   II.Wirkungsweise des Vorrangs35 – 37

   III.Vorrang des EU-Rechts und Grundrechte38 – 44

    1.Konflikt38 – 40

    2.Zurücktreten der deutschen Grundrechte 41

    3.Bindung der Mitgliedstaaten an die europäische Grundrechte 42

    4.Keine nationale Grundrechtskontrolle umgesetzten Rechts43

    5.Zusammenfassung44

  C.Grundfreiheiten, Diskriminierungsverbot, Unionsbürgerschaft und EU-Grundrechte 45 – 78

   I.Inhalt und Wirkungsweise der Grundfreiheiten46 – 48

    1.Die Grundfreiheiten46

    2.Überblick zur Wirkungsweise der Grundfreiheiten47, 48

     a)Deregulierungs- und Angleichungsgebot47

     b)Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot48

   II.Allgemeines Diskriminierungsverbot49

   III.Unionsbürgerschaft50, 51

   IV.Wirkung der Grundfreiheiten auf das Privatrecht52 – 69

    1.Vorüberlegungen52

    2.Freizügigkeit und nicht diskriminierendes nationales Recht in der Rechtsprechung des EuGH53

    3.Warenverkehrsfreiheit und nicht diskriminierendes nationales Recht 54 – 60

     a)Die Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH bis zum Drei-Stufen-Test54 – 56

     b)Überblick über die Diskussion in der Wissenschaft57 – 59

     c)Zwischenergebnis60

    4.Grundfreiheiten und nationales Recht, welches über den Schutzstandard einer Richtlinie hinausgeht61 – 69

     a)Vorrang der Grundfreiheiten vor dem Mindeststandardgebot?62 – 64

     b)Rechtfertigungsgründe bei einem Grundfreiheitenverstoß durch Ausschöpfung der in den Mindeststandardklauseln gewährten Regelungsbefugnis65 – 69

   V.Wirkungen der Grundfreiheiten und der EU-Grundrechte zwischen Privaten70 – 78

    1.Überblick70

    2.Wirkung der Grundfreiheiten im Rechtsverhältnis zwischen Privaten71 – 73

     a)Grundlagen71

     b)Drittwirkung der Grundfreiheiten durch die Generalklauseln des nationalen Privatrechts, insbesondere § 307 BGB?72, 73

    3.Wirkung der Grundrechtecharta im Verhältnis zwischen Privaten74 – 77

     a)Vorüberlegungen74

     b)Nichtanwendung von Normen bei fehlerhafter Richtlinienumsetzung75

     c)Weitergehende Wirkungen76, 77

    4.Zusammenfassung78

 § 4Umsetzung, Anwendung und Auslegung von EU-Privatrecht

  A.Die Richtlinie und ihre Umsetzung79 – 95

   I.Umsetzungspflicht79 – 92

    1.Notwendigkeit der Umsetzung79

    2.Umfang der Umsetzungspflicht80 – 82

    3.Folgen von Verletzungen der Umsetzungspflicht83 – 92

     a)Unmittelbare Wirkung von privatrechtlichen Richtlinien83 – 86

      aa)Grundlagen84, 85

      bb)Ausnahmefälle86

     b)Vertragsverletzungsverfahren87

     c)Staatshaftungspflicht88 – 92

      aa)Allgemeines88, 89

      bb)Verletzung der Umsetzungspflicht durch nationale Gerichte90

      cc)Staatshaftung als wirksames Druckmittel91

      dd)Exkurs: Staatshaftung oder Direktwirkung?92

   II.Die überschießende Umsetzung93 – 95

  B.Die Anwendung des EU-Privatrechts96 – 114

   I.Lückenhaftes, nur mittelbar geltendes EU-Privatrecht96 – 100

    1.Mittelbare Geltung des eigentlichen EU-Privatrechts96, 97

    2.Lückenhaftes Gebilde und begrenzter Regelungszweck98 – 100

   II.Die Auslegung des EU-Privatrechts101 – 109

    1.Allgemeines101, 102

    2.Die Auslegungsmethoden des EuGH103 – 109

     a)Wortlaut103

     b)Systematische Auslegung104

     c)Teleologische Auslegung105, 106

      aa)Grundsätzliche Bedeutung105

      bb)Effet utile106

     d)Autonome Auslegung107

     e)Rechtsvergleichende Auslegung108, 109

   III.Rechtsfortbildung im EU-Recht110 – 113

    1.Rechtsfortbildung110

    2.Analogie als vom EuGH genutzte Methode111, 112

    3.Wertung113

   IV.Zusammenfassung114

  C.Die Auslegung von nationalem Recht mit EU-rechtlichem Hintergrund115 – 133

   I.Europäische Auslegung115

   II.Grundlagen der richtlinienkonformen Auslegung116

   III.Richtlinienkonforme Auslegung als Gebot des EU-Rechts117

   IV.Die Reichweite der richtlinienkonformen Auslegung nationaler Gesetze118 – 129

    1.Richtlinienkonforme Auslegung gegen den Willen des nationalen Gesetzgebers?119

    2.Richtlinienkonforme Auslegung und andere Auslegungsmethoden120

    3.Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung121 – 125

    4.Richtlinienkonforme Auslegung bei überschießender Umsetzung126, 127

    5.Zeitlicher Beginn der richtlinienkonformen Auslegung128

    6.Zusammenfassung129

   V.Weitere Formen „europäischer“ Auslegung des nationalen Rechts130 – 133

    1.Harmonisierende Auslegung130

    2.Historische Rechtsvergleichung131, 132

    3.Zusammenfassung133

  D.Die Vorlage an den EuGH134 – 179

   I.Zuständigkeit für die Auslegung von EU-Recht134

   II.Das Vorabentscheidungsverfahren135 – 148

    1.Vorlagepflicht136 – 141

    2.Die Auslegung von EU-Recht als Gegenstand der Vorlagefrage142, 143

    3.Zusammenarbeit von vorlegendem Gericht und EuGH144 – 147

     a)Technik des EuGH144, 145

     b)Die geschickte Vorlagefrage146, 147

    4.Möglichkeiten der Parteien148

   III.Reichweite der Vorlagepflicht149 – 169

    1.Allgemeines149

    2.Keine Vorlagepflicht bei fehlender Entscheidungserheblichkeit150, 151

    3.Keine Vorlagepflicht bei Offensichtlichkeit des Auslegungsergebnisses152, 153

    4.Mindestharmonisierung, Vollharmonisierung und Vorlagepflicht154

    5.Sonderfall: Die Generalklausel in der Richtlinie155 – 166

     a)Problematik155, 156

     b)Vorlage von Generalklauseln und Mindeststandardprinzip157

     c)Vorlage von Generalklauseln und Acte-clair158

     d)Vorlagepflicht bei Generalklauseln in sonstigen Fällen159 – 166

      aa)Ausgangsüberlegung159

      bb)Grundlegende Gegenansicht160

      cc)Die Rechtsprechung des EuGH161, 162

      dd)Begründung163, 164

      ee)Verbleibende Fälle notwendiger Vorlagen165, 166

    6.Zusammenfassung167 – 169

     a)Allgemeines167, 168

     b)Generalklauseln169

   IV.Sonderfall: Die Vorlage an den EuGH bei überschießender Umsetzung170 – 173

    1.Grundsätzliche Zulässigkeit der Vorlage bei überschießender Umsetzung170

    2.Grenzen der Vorlage bei überschießender Umsetzung171, 172

    3.Überschießende Umsetzung und gesetzlicher Richter173

   V.Verletzung der Vorlagepflicht und gesetzlicher Richter174

   VI.Wirkung der Entscheidungen des EuGH175 – 179

    1.Rechtskraft im engen Sinne175, 176

    2.Bindungswirkung der Urteile des EuGH nach den EU-Verträgen177 – 179

 § 5Allgemeine Rechtsgrundsätze des EU-Privatrechts

  A.Regelungsziele des EU-Privatrechts180 – 184

   I.Privatrecht als Binnenmarktrecht180, 181

   II.Privatrechtsordnung und Wettbewerb182

   III.Zielsetzung und Dogmatik183, 184

  B.Unternehmerrecht und Verbraucherrecht185 – 228

   I.Unternehmerrecht185, 186

   II.Verbraucherrecht als Marktrecht – Modell der Konsumentensouveränität187 – 190

   III.Verbraucher- und Unternehmerbegriff191 – 227

    1.Vorüberlegungen192 – 199

     a)Rollenspezifische Begrifflichkeit192

     b)Der Verbrauchervertrag193

     c)Uneinheitliche Definition194, 195

     d)Problembereiche196 – 199

    2.Das Verbraucherleitbild200 – 204

    3.Das Unternehmerleitbild205 – 207

    4.Einzelfragen der Abgrenzung von Verbraucher und Unternehmer im EU-Recht208 – 221

     a)Allgemeine Schlussfolgerungen208

     b)Mischgeschäfte und verwandte Fälle209 – 211

     c)Existenzgründer212

     d)Beruflich handelnder Arbeitnehmer213

     e)Stellvertretung zwischen Verbraucher und Unternehmer214 – 217

     f)Abtretung einer „Verbraucherforderung“ 218

     g)Beweislast bei Zweifelsfällen219 – 221

    5.Auswirkungen auf die Rechtsanwendung in Deutschland222 – 227

     a)Vorüberlegung222

     b)Reichweite der Umsetzungsfreiräume in Hinblick auf den in Deutschland anzuwendenden Verbraucher- und Unternehmerbegriff223, 224

     c)Keine Spiegelbildlichkeit von Verbraucher- und Unternehmerbegriff225, 226

     d)Einzelfälle227

   IV.Zusammenfassung228

  C.Einzelne erkennbare Rechtsprinzipien229 – 301

   I.Vertragsfreiheit232 – 238

    1.Die Vertragsabschlussfreiheit234

    2.Die Vertragsausgestaltungsfreiheit235, 236

    3.Diskussion237, 238

   II.Bindungswirkung des Vertrags239 – 244

    1.Pacta sunt servanda im EU-Recht?239

    2.Bindungswirkung des Vertrags als notwendige Ergänzung der Vertragsfreiheit240, 241

    3.Bewertung242

    4.Widerruflichkeit der Erklärung des Verbrauchers als Rechtsprinzip?243

    5.Zusammenfassung244

   III.Informationsprinzip – Transparenzgebot245 – 257

    1.Information als Rechtsprinzip245, 246

    2.Vorrang der Information vor anderen Schutzinstrumenten247, 248

    3.Notwendigkeit von Information über das geschriebene Recht hinaus?249

    4.Informationsmodell kontra Konsensprinzip?250 – 252

     a)Formbindung und Widerrufsrecht als Ausfluss des Informationsprinzips250

     b)Verhältnis von Informationsprinzip und Konsensprinzip251, 252

    5.Transparenz als Prinzip des Verbrauchervertragsrechts253 – 256

    6.Zusammenfassung257

   IV.Gleichbehandlungsgrundsatz oder Diskriminierungsverbot258 – 263

    1.Gleichbehandlung im geschriebenen Recht259 – 261

    2.Auswirkungen des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes des EU-Rechts auf das Privatrecht262

    3.Zusammenfassung263

   V.Schutz des Verbrauchers als Rechtsprinzip?264, 265

   VI.Berechtigte Erwartungen266 – 283

    1.Verbrauchervertrauen und Verbrauchererwartungen266 – 268

    2.Ablesbarkeit des Prinzips der „berechtigten Erwartungen“ im Verbraucherprivatrecht269 – 274

     a)Berechtigte Erwartungen in den Richtlinien269 – 273

     b)Berechtigte Erwartungen in der Rechtsprechung des EuGH274

    3.Abgrenzung des Grundsatzes der berechtigten Erwartungen zu anderen Rechtsgrundsätzen275

    4.Auswirkungen des Grundsatzes der berechtigten Erwartungen im Vertragsrecht276 – 282

     a)An den berechtigten Erwartungen ausgerichtetes Recht276

     b)Berechtigte Erwartungen als Grundsatz für die Auslegung des EU-Privatrechts277 – 280

     c)Auswirkung auf die Vertragsauslegung281, 282

    5.Zusammenfassung und Bewertung283

   VII.Vertragliche Solidarität284, 285

   VIII.Umfassender Schadensersatz286 – 290

    1.Grundsatz der Schadensersatzpflicht?286 – 288

    2.Grundsatz des umfassenden Ersatzes bei ersatzpflichtigen Schäden289, 290

     a)Allgemeines289

     b)Ersatz immaterieller Schäden290

   IX.Verbot des Rechtsmissbrauchs291

   X.Allgemeiner Grundsatz von Treu und Glauben292 – 295

   XI.Verhaltenssteuerung durch EU-Privatrecht296, 297

    1.Paternalistische Tendenzen im Recht der EU296

    2.Verhaltenssteuerung durch Privatrecht297

   XII.Problem der Rechtsdurchsetzung298 – 300

    1.Der zögerliche Verbraucher298

    2.Kollektive Gerichtsverfahren299

    3.Wettbewerbsrecht300

   XIII.Zusammenfassung: Vernunft statt Freiheit?301

 § 6Die einzelnen Regelungen des EU-Privatrechts und ihre Auswirkungen auf die Rechtsanwendung

  A.Die Regelungen des sekundären EU-Privatrechts zum Abschluss und zur Wirksamkeit von Verträgen302 – 403

   I.Allgemeine Rechtsgeschäftslehre302 – 306

    1.Fehlen von Regelungen in den Richtlinien302

    2.Elektronischer Vertragsschluss303 – 306

   II.Wirksamkeitsvoraussetzungen307 – 310

    1.Allgemeines307

    2.Gleichbehandlung als Wirksamkeitsvoraussetzung?308

    3.Wirksamkeitsgebote309

    4.Zusammenfassung310

   III.Informationspflichten und Vertragsschluss311 – 319

    1.Bedeutung der Information für die Wirksamkeit des Vertrags311, 312

    2.Informationspflichten in der Verbraucherrechte-RL313 – 316

     a)Allgemeine Informationspflichten313

     b)Informationspflichten für Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträge314 – 316

    3.Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr317

    4.Informationspflichten bei sonstigen Verträgen318

    5.Sanktionen bei der Verletzung von Informationspflichten319

   IV.Formvorschriften320

   V.Widerrufsrechte321 – 395

    1.Überblick322 – 327

     a)Regelungstechnik in den Richtlinien und in der deutschen Umsetzung322, 323

     b)Übersicht über die Problembereiche324 – 327

      aa)Von der Mindest- zur Vollharmonisierung324 – 326

      bb)Einzelfragen bei den Widerrufsvoraussetzungen und -folgen327

    2.Die einzelnen Widerrufstatbestände und ihre Umsetzung in das deutsche Recht328 – 352

     a)Das Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Geschäften und Fernabsatzgeschäften328 – 348

      aa)Erfasste Rechtsgeschäfte328 – 341

       (1)Übersicht328

       (2)Zahlung eines Preises durch den Verbraucher, § 312 Abs. 1 BGB329

       (3)Insbesondere: Der Widerruf von Bürgschaften und Vollmachten330 – 333

       (4)Ausnahmen vom Anwendungsbereich des gesamten Kapitels (§ 312 Abs. 2 BGB)334

       (5)Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Widerrufsrechts (§ 312g Abs. 2 BGB)335 – 341

      bb)Begriff des „Außergeschäftsraumvertrags“342 – 346

       (1)Entstehungsgeschichte342

       (2)Die Außergeschäftsraumsituation343, 344

       (3)Zurechenbarkeit des Handelns eines Dritten345, 346

      cc)Begriff des Fernabsatzvertrags347, 348

       (1)Entstehungsgeschichte347

       (2)Bestimmung des Fernabsatzvertrags348

     b)Widerrufsrecht in der Verbraucherkredit-RL und der Wohnimmobilienkredit-RL349

     c)Das Widerrufsrecht in der Teilzeitnutzungsrechte-RL350, 351

     d)Das Widerrufsrecht in der FAF-RL352

    3.Widerrufsfrist und Widerrufserklärung und ihre Umsetzung in das deutsche Recht353 – 360

     a)Struktur der Regelung im BGB353

     b)Die Widerrufserklärung354

     c)Die Widerrufsfrist355, 356

     d)Die Widerrufsfrist bei nachgeholter Belehrung357 – 359

      aa)Nachholung der Belehrung357

      bb)Fehlende Nachholung der Belehrung358, 359

     e)Widerrufsfrist und Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO360

    4.Die Rechtsfolgen des Widerrufs und ihre Umsetzung in das deutsche Recht361 – 395

     a)Vorüberlegung zur Systematik des BGB362

     b)Nutzungs- und Wertersatz bei Widerruf363 – 373

      aa)Regelung in den Richtlinien und im BGB363

      bb)Regelungen zum Nutzungsersatz in der Verbraucherkredit-RL und der Teilzeitnutzungsrechte-RL364, 365

      cc)Wertersatz nach der Verbraucherrechte-RL366 – 373

       (1)Wertersatz bei Kauf- und Dienstleistungsverträgen366

       (2)Wertersatz für die Nutzung der Ware367 – 370

       (3)Wertminderung aufgrund anderer Ursachen371, 372

       (4)Wertersatz bei Dienstleistungsverträgen373

     c)Versandkosten bei Widerruf374, 375

     d)Verbundene Verträge376 – 378

     e)Rechtsmissbrauch und Verwirkung379 – 385

     f)Insbesondere: Der Widerruf in den Schrottimmobilienfällen386 – 395

      aa)Übersicht387, 388

      bb)Verbundenes Geschäft zwischen Realkreditvertrag und Immobilienkaufvertrag?389 – 392

      dd)Reaktion der deutschen Rechtsprechung auf die Entscheidungen Schulte und Crailsheimer Volksbank393

      ee)Sonderfall: Rückabwicklung bei Beteiligung an einem Immobilienfonds394, 395

   VI.Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in den Vertrag396 – 399

    1.Einbeziehung von AGB nach der Klausel-RL396

    2.Einbeziehung von AGB im Fernabsatz und E-Commerce397

    3.Sonderfall: Einbeziehung von AGB bei Internetauktionen398, 399

   VII.Sonderfall: Die Regelung über unbestellt zugesandte Leistungen und ihre Umsetzung in Deutschland400 – 403

    1.Regelung in der Fernabsatz- und der Verbraucherrechte-RL400

    2.Die Reichweite des § 241a BGB vor dem Hintergrund der Richtlinienvorgaben401 – 403

     a)Möglichkeit der konkludenten Annahme401, 402

     b)Gesetzliche Ansprüche403

  B.Allgemeine Regelungen zum Inhalt von Verträgen404 – 430

   I.Die Inhaltskontrolle nach der Klausel-RL404 – 427

    1.Grundlagen405 – 408

    2.Ziele der Klausel-RL409

    3.Erfasste Klauseln410 – 413

     a)Alle nicht individuell ausgehandelten Vertragsbedingungen410

     b)Notarielle Verträge als Klauseln im Sinne der Richtlinie411

     c)Vom nationalen Gesetzgeber geschaffene Vertragsbedingungen412, 413

    4.Der unionsrechtliche Maßstab von Treu und Glauben nach Art. 3 Klausel-RL414 – 416

     a)Treuwidriges Abweichen vom dispositiven Recht414

     b)Eigenständiger europäischer Maßstab von Treu und Glauben415

     c)Der Anhang zu Art. 3 Klausel-RL416

    5.Der Maßstab des Art. 5 Klausel-RL – Transparenz417

    6.Rechtsfolgen der Nichtigkeit von AGB418 – 427

     a)Ausgangspunkt: Ersatzloser Wegfall418

     b)Lückenfüllung mit dispositivem Recht und durch ergänzende Auslegung im deutschen Recht419

     c)Vorgaben der Klausel-RL420 – 424

     d)Bewertung und Konsequenzen425 – 427

   II.Klauselverbote und Inhaltskontrolle in anderen europäischen Rechtsakten428 – 430

    1.Richtlinien zwischen zwingendem Recht und Inhaltskontrolle428, 429

    2.P2B-VO430

  C.Vertragstypen im EU-Privatrecht431 – 441

   I.Vorüberlegungen431

   II.Der Dienstleistungsvertrag432 – 434

   III.Verbrauchervertrag über digitale Inhalte435 – 441

    1.Einführung und Regelungszweck der Digitale-Inhalte-RL435

    2.Einordnung des Vertrags über digitale Inhalte436

    3.Umsetzung ins deutsche Recht437

    4.Einzelfragen der Abgrenzung des Vertrags über digitale Inhalte 438 – 441

  D.Besondere Vertragsarten im EU-Privatrecht 442 – 461

   I.Einführung442

   II.Der Verbraucherkreditvertrag443 – 451

    1.Entstehungsgeschichte und Ziele der Verbraucherkredit-RL444, 445

    2.Strategie der Vollharmonisierung446

    3.Der Verbraucherkreditvertrag447 – 451

     a)Begriff und erfasste Verträge447, 448

     b)Sonderprobleme: Vollmacht, Bürgschaft und Schuldbeitritt durch einen Verbraucher449 – 451

   III.Der Warenkaufvertrag452, 453

    1.Von der Verbrauchergüterkauf-RL zur Warenkauf-RL452

    2.Der Warenkaufvertrag453

   IV.Der Pauschalreisevertrag454, 455

    1.Ziele der Pauschalreise-RL454

    2.Der Pauschalreisevertrag455

   V.Der Zahlungsdienstevertrag456 – 459

    1.Ziele der Zahlungsdienste-RL I und II456, 457

    2.Der Zahlungsdienstevertrag458, 459

   VI.Der Teilzeitnutzungsrechtevertrag460, 461

    1.Ziele der Teilzeitnutzungsrechte-RL460

    2.Der Teilzeitnutzungsrechtevertrag461

  E.EU-Vorschriften zur vertraglichen Haftung462 – 551

   I.Regelung der Rechtsfolgen als Aufgabe der Mitgliedstaaten462

   II.Haftung bei der Verletzung von Informationspflichten463 – 466

    1.Schadensersatzpflicht als Folge von Informationspflichtverletzungen463

    2.Informationspflichtverletzung als Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB464, 465

    3.Kausal verursachter Schaden466

   III.Haftung bei der Verletzung von Gleichbehandlungspflichten467 – 470

   IV.Nichtleistung und Verzug471 – 493

    1.Überblick: Vorschriften zu Leistungsfristen, Nichtleistung und Verzug im EU-Privatrecht471, 472

    2.Nichtleistung und Lieferfristen in der Verbraucherrechte-RL473 – 489

     a)Überblick474, 475

     b)Pflicht zur unverzüglichen Lieferung 476 – 482

     c)Entbehrlichkeit der Fristsetzung über §§ 323 Abs. 2, 327c Abs. 3 BGB hinaus483 – 489

    3.Geltungsbereich und wesentliche Elemente der Zahlungsverzugs-RL490

    4.Umsetzung der Zahlungsverzugs-RL491 – 493

     a)Geringe Abweichung vom nationalen Recht491

     b)Der Begriff „verantwortlich“492

     c)Verzugseintritt bei Banküberweisung493

   V.Mängelhaftung beim Warenkauf und bei digitalen Inhalten494 – 545

    1.Grundlagen494 – 500

     a)Die wesentlichen Veränderungen durch die EU-Richtlinien494 – 496

     b)Überblick über die Regelungen der Warenkauf-RL und der Digitale-Inhalte-RL497 – 500

    2.Einzelfragen zum Begriff der Vertragsmäßigkeit501 – 516

     a)Subjektiver und objektiver Begriff der Vertragsmäßigkeit 501 – 512

      aa)Regelungsstruktur502

      bb)Subjektive Vertragsmäßigkeit503 – 505

      cc)Objektive Vertragsmäßigkeit506, 507

      dd)Erwartungen des Verbrauchers und Vertragsmäßigkeit508, 509

      ee)„Vernünftige“ Erwartungen510 – 512

     b)Vereinbarung einer negativen Abweichung von den objektiven Anforderungen513 – 516

      aa)Vorüberlegungen513

      bb)Voraussetzungen der wirksamen Vereinbarung514

      cc)Praktische Schwierigkeiten515, 516

    3.Einzelfragen zur Mängelhaftung 517 – 545

     a)Erheblichkeit des Mangels517 – 519

     b)Beweislast für das Vorliegen des Mangels bei Gefahrübergang520 – 525

     c)Das Offenbarwerden des Mangels526

     d)Art und Weise und Umfang der Nacherfüllung527 – 536

      aa)Grundlagen und Entwicklung527

      bb)Umfang und Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung 528 – 534

      cc)Erfüllungsort der Nacherfüllung535, 536

     e)Nacherfüllungsfrist und Übergang zu den weiteren Rechten537, 538

     f)Wertersatz für die erfolgte Nutzung der Ware bei Ersatzlieferung und Rücktritt539 – 541

     g)Verjährung542 – 545

   VI.Haftung bei Pauschalreisen546 – 548

    1.Die Haftungstatbestände in der Pauschalreise-RL546

    2.Die Umsetzung der Haftungstatbestände547

    3.Der Umfang der Ersatzpflicht548

   VII.Die Haftung im Zahlungsdienstevertrag549 – 551

    1.Haftung des Zahlungsinstituts549

    2.Haftung bei missbräuchlicher Nutzung eines Zahlungsinstruments550, 551

  F.EU-Vorschriften zur außervertraglichen Haftung552 – 565

   I.Vorüberlegung: Schadensersatz als Rechtsdurchsetzungsinstrument552

   II.Produkthaftung553 – 563

    1.Die Produkthaftungs-RL554

    2.Für die Auslegung des nationalen Rechts wichtige Inhalte der Richtlinie555 – 563

     a)Fehler555

     b)Haftungsausfüllende Kausalität556

     c)Schadensbegriff557

     d)Umfang der Haftung558 – 563

      aa)Sich ausbreitende Sachschäden – die sog. Weiterfresserschäden559, 560

      bb)Selbstbeteiligung561, 562

      cc)Haftungshöchstgrenze563

   III.Verantwortlichkeit des Diensteanbieters und des Datenverantwortlichen564

   IV.Fluggastrechte-VO565

  G.Sachenrecht566 – 568

   I.Allgemeines566

   II.Unverlangt übersendete Ware567

   III.Teilzeitnutzungsrechte568

  H.EU-Vorschriften zum anwendbaren Recht569 – 624

   I.Bedeutung des Kollisionsrechts im Binnenmarkt570 – 582

    1.Rechtsverfolgung und Durchsetzung im Binnenmarkt570

    2.Europäisches Zivilverfahrensrecht571 – 573

    3.Entwicklung des Kollisionsrechts und spezifische Schwierigkeiten574 – 577

    4.Regelungsziele und grundlegender Konflikt578 – 582

     a)Kollisionsrecht und Binnenmarktverbesserung578

     b)Binnenmarktausrichtung der Kollisionsnormen579 – 581

     c)Verschiedene Regelungsinteressen für Binnenmarktsachverhalte und Drittstaatensachverhalte582

   II.Die Rom I-VO583 – 604

    1.Grundsätzliches583

    2.Sachlicher Anwendungsbereich584 – 591

     a)Allgemeines584

     b)Culpa in contrahendo585 – 587

     c)Weitere Abgrenzungsfragen zur Rom II-VO588 – 590

     d)Ausgenommene Rechtsfragen591

    3.Wichtige Kollisionstatbestände592 – 604

     a)Vorrang der Rechtswahl592, 593

     b)Allgemeine Anknüpfungsregeln594

     c)Verbraucherverträge595 – 599

     d)Eingriffsnormen600, 601

     e)Verkehrsschutz vor Minderjährigenschutz602

     f)Weitere Rechtsfragen603, 604

   III.Die Rom II-VO und ihre Lücken605 – 611

    1.Grundsätzliches605

    2.Internationaler und sachlicher Anwendungsbereich606

    3.Die wesentlichen Anknüpfungstatbestände607 – 611

     a)Der allgemeine Deliktstatbestand607

     b)Produkthaftung als deliktischer Sondertatbestand608

     c)Rechtswahl beim Delikt609

     d)Die Anknüpfung sonstiger außervertraglicher Schuldverhältnisse610, 611

   IV.Kollisionsrecht im sekundären EU-Recht612, 613

   V.Allgemeine Grundsätze und anwendbares Recht614 – 624

    1.Grundfreiheiten und anzuwendendes Recht614 – 616

    2.Begriffsverwendung617

    3.Konflikt zwischen Herkunftsland-/Anerkennungsprinzip und Kollisionsregeln618

    4.Kritik619

    5.Herkunftslandprinzip und schützenswerte Interessen620 – 622

     a)Allgemeines620

     b)E-Commerce-RL621

     c)Dienstleistungs-RL622

    6.Herkunftslandprinzip und Drittstaaten623

    7.Zusammenfassung624

 § 7Ausblick: Künstliche Intelligenz

  I.EU-Politik zur künstlichen Intelligenz – aktuelle Entwürfe und allgemeine Linie625

  II.Neue rechtliche Herausforderungen durch KI-Systeme und grundlegender Regelungsansatz in den Vorschlägen626 – 628

   1.Was ist KI?626

   2.Welche rechtlichen Herausforderungen bestehen?627

   3.Grundlegender Regelungsansatz in den Vorschlägen628

  III.Die beiden aktuellen Richtlinien-Entwürfe 629 – 631

   1.Verwendung bereits bekannter Instrumente629

   2.Erweiterte Produkthaftung630

   3.Beweislastumkehr bei sonstigen Schadensersatzansprüchen631

  IV.Bewertung der Entwürfe im Kontext EU-privatrechtlicher Grundsätze632

 AnhangDie wichtigsten privatrechtlichen Richtlinien (chronologisch)

 Stichwortverzeichnis

§ 1Vorüberlegungen

A.Gegenstand des Buchs

1

Gegenstand des vorliegenden Buchs sind das Recht der EU, soweit es das deutsche Privatrecht prägt, sowie das deutsche Privatrecht, soweit es vom Recht der EU geprägt ist. Europäisches Privatrecht (EU-Privatrecht) bezeichnet somit kein einschichtiges, vollständiges Privatrecht, wie es etwa das BGB darstellt, sondern vereinigt bruchstückhafte und auf verschiedenen Ebenen wirkende Rechtsbausteine. Den „inneren Kern“ des EU-Privatrechts, also seine wesentlichen materiellen Regelungen, findet man in den eigentlichen Rechtsakten der EU. Dazu gehören vor allem die privatrechtlichen europäischen Richtlinien, die konkrete Regelungen zu speziellen Rechtsfragen enthalten.

Da die europäischen Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden müssen, um Geltung für den privaten Rechtsverkehr in den Mitgliedstaaten zu erlangen, bleibt aber das Privatrecht, welches den Bürger betrifft, meist das im nationalen Gesetzbuch enthaltene Recht. Wer sich mit europäischem Privatrecht befasst, hantiert daher viel, vielleicht sogar überwiegend, mit Normen, die formal nationales Recht sind. Inhaltlich allerdings ist dieses nationale Recht gleichsam „ferngesteuert“, steht also unter dem Einfluss des „echten“ EU-Privatrechts im engen Sinne. Die wichtigste Aufgabe besteht darin, diesen Einfluss zu erkennen und richtig zu deuten.

B.Zielsetzung und Aufbau des Buchs

2

Das Privatrecht der EU ist bereits gegenwärtig sehr umfangreich und gleichzeitig in ständigem Wachstum begriffen. Dieses Buch möchte keine umfassende Sammlung von Einzelregelungen bieten, sondern es kann nur einen knappen, aber zugleich weiterführenden Einblick in wichtige Bereiche des EU-Privatrechts geben. Es soll ein Leitfaden für das Verständnis und die selbstständige Arbeit mit dem privatrechtsbezogenen Europarecht und insbesondere mit den Richtlinien sowie den sie umsetzenden Normen sein. Daher liegt ein Schwerpunkt auf der Vermittlung allgemeiner Grundgedanken und Zielsetzungen des EU-Rechts.

In einem ersten Teil (§ 2 und § 3) werden die europarechtlichen Grundlagen des Privatrechts dargestellt. Welche Kompetenzen hat die EU im Bereich des Privatrechts, wie gelangt europäisches Privatrecht zur Geltung, wie ist es auszulegen und wie weit reicht die Zuständigkeit des EuGH?

Im zweiten Teil (§ 4 und § 5) wird ein Überblick über die Inhalte des existierenden EU-Privatrechts gegeben. Dabei erfolgt eine Beschränkung auf den Bereich des allgemeinen Privatrechts. Das Arbeits-, Gesellschafts- und Wettbewerbsrecht, das Bank- und Kapitalmarktrecht, das Urheber- und Markenrecht, das Agrar- und Beihilferecht der EU sind nicht aufgenommen worden. Diese Rechtsgebiete sind auf europäischer Ebene teilweise bereits deutlich weiterentwickelt und nehmen mehr Raum ein, als das allgemeine EU-Privatrecht. Daher muss ihre Darstellung der Spezialliteratur vorbehalten bleiben. In diesem zweiten Teil ist der Blick auf die Auswirkungen des EU-Rechts auf die konkrete Rechtsanwendung gerichtet. Es geht also darum, das deutsche Recht im Lichte des EU-Rechts zu begreifen. Dazu werden zunächst allgemeine, immer wieder verwendbare Grundgedanken des EU-Privatrechts vorgestellt.

Sodann werden in einem dritten Teil (§ 6) die wichtigsten Einzelfragen des EU-Privatrechts in der dem BGB entsprechenden Reihenfolge angesprochen. Angefangen beim Vertragsschluss bis zu einzelnen sachenrechtlichen Fragen und schließlich zum IPR werden verschiedene konkrete Problembereiche und Regelungsschwerpunkte dargelegt, wobei immer auf die Argumentationsstrukturen geachtet wird.

Im vierten Teil (§ 7) wird anhand aktueller Projekte und Initiativen auf die näheren Zukunftsentwicklungen des EU-Privatrechts eingegangen. Zurzeit betrifft dies insbesondere die künstliche Intelligenz.

C.Informationsquellen zum EU-Privatrecht

I.Informationen in diesem Buch

3

Um die vertiefte Auseinandersetzung mit den angesprochenen Fragen zu ermöglichen, enthält das vorliegende Werk mehr Fußnotenverweise, als es für ein Lehrbuch üblich ist. Neben den Primärquellen und der wichtigsten Rechtsprechung werden teils auch ausgewählte vertiefende Aufsätze oder sogar Monographien angegeben.

Zudem befindet sich im Anhang des Buchs eine Liste der wichtigsten privatrechtlichen Richtlinien mit kurzen Zusammenfassungen des Inhalts sowie der wesentlichen dazu ergangenen Urteile des EuGH.

II.Weitere wichtige Quellen

1.Die Richtlinien

4

Die europäischen Richtlinien sind inzwischen recht leicht zugänglich. In Großkommentaren sind sie vielfach mit abgedruckt und es gibt verschiedene Textsammlungen. Eine übersichtliche Darstellung bietet die „Textsammlung Europäisches Privatrecht“, Hrsg. Grundmann/Riesenhuber, 3. Aufl. de Gruyter 2019. Auch auf nichtstaatliche Normkataloge ausgerichtet ist der Band „Europäisches Privatrecht – Basistexte“, Hrsg. Schulze/Zimmermann, 6. Aufl. Nomos 2020.

2.Rechtsprechung des EuGH

5

Für das EU-Recht sind die Entscheidungen des EuGH, der das Auslegungsmonopol hat und auch Rechtsfortbildung betreibt, von großer Bedeutung. Die Entscheidungen sind mithilfe einer komfortablen Suchmaske auf der Seite des EuGH (https://curia.europa.eu) abrufbar.

3.Lehrbücher und Kommentare

6

Es gibt einige Bücher zum EU-Privatrecht, die sich besonders an Studierende richten. Zur Vertiefung sind vor allem zu nennen: Riesenhuber, „Europäische Methodenlehre“, 4. Aufl. de Gruyter 2021; der von Langenbucher herausgegebene Band „Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht“, 5. Aufl. Nomos 2022; sowie Stürner, „Europäisches Vertragsrecht“, de Gruyter 2021. Ein Kurzlehrbuch zum privaten Vertragsrecht der EU ist Riesenhuber, „EU-Vertragsrecht“, Mohr Siebeck 2013. Einen etwas anderen Gegenstand hat das Werk Schulze/Zoll, „Europäisches Vertragsrecht“, 3. Aufl. Nomos 2020, das sich hauptsächlich mit den im Vertragsrecht der EU, und dort vor allem im GEK (Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht) und im Acquis Communautaire bestehenden Prinzipien und Leitgedanken befasst. Eine Kommentierung aller relevanten Normen des europäischen Vertragsrechts bietet das Werk „Commentaries on European Contract Laws“, Hrsg. Jansen/Zimmermann, Oxford University Press 2018. Das Werk Gebauer/Wiedmann, „Europäisches Zivilrecht“, 3. Aufl. C.H. Beck 2021, enthält ebenfalls Kommentierungen zu den EU-Richtlinien und Verordnungen. Die wichtigsten EU-Vorschriften zur Bereitstellung digitaler Inhalte werden in dem von Schulze/Staudenmayer herausgegebenen Werk „EU Digital Law“, C.H. Beck 2020, kommentiert.

Ein riesiges, enzyklopädisches Werk ist das von Basedow/Hopt/Zimmermann herausgegebene „Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts“, Mohr Siebeck 2009. Es ist in Stichwörter gegliedert und erfasst rechtsvergleichende sowie EU-rechtliche Fragen.

Rechtsvergleichend richten sich an Studierende die leider allesamt nicht ganz aktuellen Werke von Alpa/Andenas, „Grundlagen des Europäischen Privatrechts“, Springer 2010; Kötz, „Europäisches Vertragsrecht“, 2. Aufl. Mohr Siebeck 2015; sowie Ranieri, „Europäisches Obligationenrecht“, 3. Aufl. Springer 2009.

4.Weiterführende Informationen im Internet

7

Die EU betreibt mehrere Seiten im Internet. Auf der Hauptseite https://europa.eu werden umfassende Informationen – auch zu Rechtssetzungsvorhaben – in bürgernaher Form zur Verfügung gestellt. Dort sind aber auch alle Richtlinientexte und sogar die Entwürfe und Materialien zu finden. Die offizielle Seite für alle rechtlichen Informationen ist https://eur-lex.europa.eu, wo vor allem dann gute Suchmöglichkeiten bestehen, wenn man die Dokumentnummer kennt. Das nationale Recht der Mitgliedstaaten ist Gegenstand der Seite https://n-lex.europa.eu/n-lex/index?lang=de.

§ 2Überblick über das bestehende Privatrecht der EU

A.Privatrecht im primären EU-Recht

8

Mit dem Begriff Europarecht wird in aller Regel zunächst öffentliches Recht assoziiert. Tatsächlich besteht das Europarecht zu einem sehr großen Anteil aus öffentlich-rechtlichen Normen. Der öffentlich-rechtliche Charakter ist jedoch kein Muss. Das Europarecht findet seine Identität vielmehr darin, dass es das – entweder von den Organen der EU oder auch von den Mitgliedstaaten gemeinsam geschaffene – Recht der Europäischen Union ist. Es enthält sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Normen. Dabei ist das Europarecht nach herrschender Ansicht eine Rechtsordnung sui generis, also weder Völkerrecht noch nationales Recht.[1] Der Vertrag von Lissabon stellt mehr dar als einen bloßen Staatsvertrag.[2] Das gesamte EU-Recht hat Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht (näher dazu auch Rn. 32 ff.).[3]

Das in den so genannten Gründungsverträgen der EU und in den sonstigen unmittelbar zwischen den Mitgliedstaaten abgeschlossenen Verträgen enthaltene Recht wird als primäres EU-Recht bezeichnet.[4] Gerade hier findet sich ganz überwiegend öffentliches Recht. Aber im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) selbst sind auch einige privatrechtliche oder wenigstens für den Privatrechtsverkehr unmittelbar relevante Normen enthalten. So enthalten die wettbewerbs- und kartellrechtlichen Vorschriften in den Art. 101 ff. AEUV privatrechtliche Elemente. Ohnehin richten sie sich ganz überwiegend nicht an die Mitgliedstaaten, sondern an die Unternehmen. Zumeist enthalten sie allerdings hoheitliche Verbote. Privatrechtlichen Charakter trägt Art. 101 Abs. 2 AEUV, der die Nichtigkeit verbotener Vereinbarungen bestimmt. Viele weitere Normen sind zwar nicht privatrechtlicher Art, aber schon in der frühen Rechtsprechung des EuGH hat sich gezeigt, dass sie dennoch häufig unmittelbar den Rechtsverkehr Privater betreffen. So ist es mit den Grundfreiheiten (dazu unten Rn. 45 ff.) und Diskriminierungsverboten (dazu unten Rn. 49).

Bei anderen Normen des AEUV ist es umstritten, ob sie Wirkungen zwischen Privaten entfalten. So wird teilweise behauptet, aus Art. 169 AEUV könne der Verbraucher ein Recht auf Information gegen seinen privaten Vertragspartner ableiten.[5]

Zum primären Recht der Union gehören auch die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die ebenfalls privatrechtlich (oder ganz allgemein) gelten können. Ein Beispiel ist das Verbot des Rechtsmissbrauchs. Die Existenz dieser Rechtsgrundsätze ist im Einzelfall allerdings oft sehr streitig (so ganz besonders für ein privatrechtliches Diskriminierungsverbot, dazu unten Rn. 71 und Rn. 262).

Schließlich gehören auch die in der EU-Grundrechtecharta (GRCh) enthaltenen europäischen Grundrechte zum europäischen Primärrecht. Sie binden laut Art. 51 Abs. 1 GRCh die Einrichtungen und Organe der Union sowie die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Unionsrechts. Wie weit es eine mittelbare oder unmittelbare Drittwirkung im Rechtsverhältnis zwischen Privaten gibt, ist noch sehr in der Diskussion. Jedenfalls können die EU-Grundrechte aber dann zur Anwendung kommen, wenn es um die Umsetzung, Auslegung und Anwendung von privatrechtlichen Vorschriften geht (hierzu ausführlich Rn. 75 ff.).[6]

B.Privatrecht im sekundären EU-Recht

I.Arten sekundären EU-Privatrechts

9

Als geltendes EU-Privatrecht wesentlich bedeutsamer als die soeben dargestellten Normen des primären EU-Rechts sind die sekundären Normen des EU-Rechts. In Art. 288 AEUV sind die der EU zur Verfügung stehenden „Maßnahmen“ sekundärer Rechtsschaffung aufgeführt. Es gibt Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen sowie Empfehlungen und Stellungnahmen. Für das Privatrecht ragt die Richtlinie als meistgenutztes Rechtssetzungsinstrument heraus.

II.Die Richtlinie

10

Die Richtlinie ist dadurch geprägt, dass sie nach der Konzeption des Art. 288 S. 3 AEUV keine Direktwirkung entfaltet. Das in der Richtlinie Geregelte ist also in aller Regel nicht unmittelbar im Rechtsverkehr anwendbares Recht. Vielmehr richtet sich die Richtlinie an die Mitgliedstaaten, welche die Vorgaben der Richtlinie innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums in nationales Recht umsetzen müssen. Erst durch diese Umsetzung werden die in den Richtlinien vorgesehenen Regelungen zu in den Mitgliedstaaten geltendem, anwendbarem Recht (näher zum Ganzen unten Rn. 79 ff.).

Ein weiteres Charakteristikum der Richtlinie besteht darin, dass sie stets eine sektorspezifische Regelung ist. Sie betrifft immer einen bestimmten Politikbereich. Die ersten wichtigen privatrechtlichen Richtlinien betrafen alle das Arbeitsrecht. Ein wichtiges Beispiel ist die Richtlinie zur Gleichbehandlung von Mann und Frau von 1976.[7] Auch viele verbraucherschützende Richtlinien waren bereits in dieser Zeit entworfen worden. Es dauerte jedoch bis 1985, ehe die erste dieser Richtlinien, nämlich die Haustürgeschäfte-RL[8], in Kraft trat. Heute gibt es eine Vielzahl von privatrechtlichen Richtlinien. Sie betreffen insbesondere das Verbraucherschutzrecht, das Arbeitsrecht, das Wettbewerbsrecht und das Gesellschaftsrecht und beschränken sich häufig auf eine sehr spezifische Problematik. In den letzten Jahren wurde zwar auch eine Systematisierung der vielen vorhandenen Einzelregelungen mit dem Ziel, Lücken und Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Richtlinien zu beseitigen, in den Blick genommen. Wie schwierig eine solche Systematisierung ist, zeigt sich deutlich an der Verbraucherrechte-RL. Es dauerte nicht nur viele Jahre bis die Richtlinie verabschiedet wurde und es wurden nicht – wie anfangs geplant – vier, sondern nur zwei bereits bestehende Richtlinien vollständig in sie einbezogen.[9]

III.Die Verordnung

11

Das zweite für das Privatrecht relevante Rechtssetzungsinstrument ist die in Art. 288 S. 2 AEUV beschriebene Verordnung. Die Verordnung gilt, anders als die Richtlinie, unmittelbar. Während die Verordnung im internationalen Zivilprozessrecht und im IPR viel verwendet wird, kommt ihr im eigentlichen materiellen Privatrecht generell nur eine geringe Rolle zu. Der wichtigste Grund für diese gering bleibende Bedeutung der Verordnung besteht in der fehlenden Praktikabilität. Es ist wohl kaum möglich, einzelne privatrechtliche Normen zu schaffen, die sich unmittelbar in die Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten integrieren lassen, ohne dass es zu deutlichen Systembrüchen kommt.

Die Kompetenzgrundlage in Art. 114 AEUV (dazu Rn. 12 ff.) erlaubt es der EU an sich, auch Verordnungen zu erlassen. Aber die EU ist immer dem Verhältnismäßigkeitsprinzip verpflichtet (Art. 5 Abs. 1 S. 2 EUV) und die Richtlinie, welche den Mitgliedstaaten Umsetzungsspielraum lässt, ist zumeist das gegenüber der Verordnung gleichermaßen geeignete, aber mildere Mittel. Außerdem ist EU-Recht und besonders das verbraucherschützende EU-Privatrecht dem Grundsatz der Transparenz verpflichtet. Dem stünde es entgegen, wenn die privatrechtlichen Normen in einzelnen, nicht in das nationale Recht integrierten Verordnungen enthalten wären.

Anders ist es, wenn komplexe Regelungen für in sich geschlossene Rechtsbereiche geschaffen werden sollen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ganz neue Gesellschaftsformen geschaffen werden sollen, wie die Europäische Aktiengesellschaft, die so genannte Societas Europaea (SE), und die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV), die beide in Verordnungen enthalten sind.[10] Die Verordnung als Regelungsform wird zudem häufig in Rechtsbereichen verwendet, in denen es eher um Regulierung als um das privatrechtliche Verhältnis der Akteure geht (Kapitalmarktrecht, Datenschutz).

§ 3Europarechtliche Grundlagen für die Privatrechtssetzung

A.Kompetenz der EU zur Rechtssetzung im Bereich des Privatrechts

12

Literaturhinweise:

Frenz/Ehlenz, Rechtsangleichung über Art. 114 AEUV und Grenzen gem. Art. 5 EUV nach Lissabon, EuZW 2011, 623; Klamert, Altes und Neues zur Harmonisierung im Binnenmarkt, EuZW 2015, 265; Reich, Von der Minimal- zur Voll- zur „Halbharmonisierung“, Ein europäisches Privatrechtsdrama in fünf Akten, ZEuP 2010, 7.

Beispiel 1:

Die EU-Kommission hat kleine Unternehmen, die Waren auf Internetplattformen anbieten, nach ihren Erfahrungen mit grenzüberschreitenden Geschäften befragt. Es zeigte sich dabei, dass viele Unternehmen verunsichert sind, weil trotz der fortschreitenden Vereinheitlichung durch die Verbraucherrechte-RL und die Warenkauf-RL auch weiterhin unterschiedliche Regeln für die Gewährleistungsrechte bestehen. Dies gelte sowohl für den Verbrauchsgüterkauf als auch in noch höherem Maße, wenn der Vertrag mit einem anderen Unternehmer abgeschlossen werde. Die Kommission überlegt daher, nunmehr eine Verordnung zu erlassen, die das Kaufrecht nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Verträge zwischen kleinen und mittleren Unternehmen in allen Einzelheiten regelt.

I.Grundlagen in EUV und AEUV

1.Grundsätzliches

13

Die EU hat nicht automatisch die Kompetenz – also die Zuständigkeit – zur Rechtssetzung. Sie darf nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 EUV vielmehr nur soweit rechtssetzend tätig werden, wie sie durch eine spezielle Zuständigkeitsregel dazu ermächtigt ist (Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung).

Die wichtigste Grundlage für die Rechtssetzung im allgemeinen Privatrecht bildet Art. 114 Abs. 1 AEUV. Diese Norm enthält die allgemeine Kompetenz für Maßnahmen zur Rechtsangleichung, welche den Binnenmarkt verbessern. Sie erfordert ein Rechtssetzungsverfahren nach Art. 294 AEUV und somit nur eine einfache Mehrheit im Parlament sowie eine qualifizierte Mehrheit im Rat.[1] Darin unterscheidet sich Art. 114 Abs. 1 AEUV von Art. 115 AEUV und der „Flexibilitätsklausel“ in Art. 352 AEUV. Diese beiden heute für das Privatrecht kaum noch relevanten Normen[2] erfordern die einstimmige Entscheidung des Rates über jede verabschiedete Maßnahme. Art. 352 AEUV verlangt nach dem Lissabon-Urteil des BVerfG jeweils zusätzlich einen legislativen Akt in Deutschland.[3]

Für einige Gebiete des Privatrechts bestehen besondere Kompetenzgrundlagen, die bei den sog. „Politiken“ der Union geregelt sind. Dies gilt vor allem für das Arbeitsrecht (Art. 153 AEUV). Auch für das Verbraucherschutzrecht gibt es eine Spezialnorm (Art. 169 AEUV). Diese wird aber von der ganz h.A. gerade nicht als eigenständige Kompetenzgrundlage für verbraucherschützende Richtlinien verstanden, sondern nur als ergänzende Zielbestimmung für die Privatrechtssetzung.[4] Art. 169 Abs. 2 lit a) AEUV stellt klar, dass Maßnahmen zum Verbraucherschutz nach Art. 114 AEUV erlassen werden sollen. Dementsprechend wurden auch die Verbraucherrechte-RL, die Digitale-Inhalte-RL sowie die Warenkauf-RL auf Art. 114 AEUV gestützt.[5] Die weit in das Privatrecht hinein wirkenden Gleichbehandlungs-Richtlinien wurden auf die Vorgängernorm des heutigen Art. 19 AEUV gestützt, was erheblich kritisiert wird.[6] Vereinzelt lassen sich Kompetenzgrundlagen für privatrechtliche Regelungen auch unmittelbar bei den Grundfreiheiten finden. So verhält es sich etwa für das Gesellschaftsrecht mit Art. 50 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit g) AEUV, auf den z.B. die Verordnung über die Societas Europaea gestützt wurde.

2.Reichweite des Art. 114 AEUV

a)Allgemeines

14

Art. 114 Abs. 1 S. 2 AEUV gibt dem Parlament und dem Rat die Kompetenz zum Erlass von Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften, welche „die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts“ zum Gegenstand haben. Zwar enthält der AEUV viele dieser Norm vorgehende spezielle Ermächtigungsgrundlagen, z.B. Art. 21 Abs. 2 und 3 AEUV im Bereich der Freizügigkeit, und es bestehen auch einige Bereichsausnahmen wie das Steuerrecht (Art. 114 Abs. 2 AEUV). Dennoch ist die Vorschrift für das allgemeine Privatrecht von umfassender Bedeutung. Lange Zeit bestand eine Neigung dazu, diese Norm sehr weit zu verstehen. Da im Grunde jeder Rechtsakt der Union zugleich auch eine Rechtsangleichung in den Mitgliedstaaten bewirkt, und da die Rechtsangleichung schon als solche die Funktion des Binnenmarkts betrifft, schien Art. 114 AEUV beinahe immer zu passen. Der EuGH hat aber in seiner Entscheidung zur ursprünglichen Tabakwerbeverbots-RL deutlich ausgesprochen, dass die bloße Angleichung von Vorschriften nicht reicht, um eine Maßnahme auf Art. 114 AEUV stützen zu können. Vielmehr muss mit der Maßnahme zugleich eine über die bloße Angleichung selbst hinausgehende, erkennbare Verbesserung des Binnenmarkts angestrebt werden.[7] In dieser sehr bekannten Entscheidung, mit welcher die erste Tabakwerbeverbots-RL für nichtig erklärt wurde, hat der EuGH geprüft, ob mit der Richtlinie Handelshemmnisse abgebaut oder Wettbewerbsverzerrungen beseitigt würden. Beides hat der EuGH im konkreten Fall verneint. Ein teilweises Verbot von Werbung für Zigaretten, welches darüber hinaus weitergehende nationale Verbote zulasse, diene nicht der Marktverbesserung.[8]

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Es fällt also nicht jede rechtsangleichende Maßnahme unter Art. 114 AEUV. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Maßnahme darauf abzielt, in einer spürbaren, wirtschaftlichen Art und Weise das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern. Das kann durch die Verbesserung von Marktbedingungen sowie durch die Beseitigung von Verzerrungen oder Hindernissen geschehen. Aus der Perspektive des Verbrauchervertragsrechts ist es besonders interessant, sich klar zu machen, dass auch Verbote bestimmter Handlungen oder Güter (z.B. unsichere Produkte, werbende Telefonanrufe beim Verbraucher) den Binnenmarkt verbessern können, wenn dadurch – gleichsam indirekt – der Handel verbessert wird.[9] Insgesamt bleibt es aber dabei, dass Art. 114 Abs. 1 S. 2 AEUV einen breiten Anwendungsbereich hat. Denn auf der einen Seite ist der Binnenmarktbegriff sehr weit, auf der anderen Seite hat der EuGH in der Entscheidung Imperial Tobacco klärend ausgesprochen, dass Art. 114 Abs. 1 S. 2 AEUV immer dann als Kompetenzgrundlage zu verwenden ist, wenn die Maßnahme auch nur unter anderem das Ziel der Binnenmarktverbesserung hat.[10] Er hat außerdem betont, dass es schon reiche, wenn dem wahrscheinlichen Entstehen von Handelshemmnissen vorgebeugt werden solle.[11]

Man sollte sich schließlich bewusst machen, dass die Kompetenz der EU – wiewohl vom Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung geprägt und ausführlich geregelt – letztlich recht flexibel und ausgesprochen durch die rechtspolitische Stimmung geprägt ist.

b)Art. 114 AEUV als Kompetenzgrundlage für privatrechtliche Richtlinien

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Art. 114 AEUV ist die bei weitem am meisten genutzte Kompetenzgrundlage für privatrechtliche Rechtsakte der EU. Das bedeutet, wenn man die soeben angestellten Überlegungen zugrunde legt, dass diese Regelungen für sich in Anspruch nehmen, nicht nur rechtsangleichend, sondern auch marktfördernd zu wirken. Für manche Richtlinien ist das ganz eindeutig. So hat die Zahlungsverzugs-RL das Ziel, die Zahlungsmoral in der gesamten Union zu verbessern, damit der Handel erleichtert wird.[12]

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Etwas mehr Probleme stellen sich im Verbrauchervertragsrecht, welches einen großen Teil der privatrechtlichen Richtlinien ausmacht. Vielfach scheint Verbraucherschutz den Handel eher zu erschweren und den Wettbewerb zu beschränken. Leider sind auch die Begründungen in den Erwägungsgründen der älteren Richtlinien gelegentlich so konfus, dass es nicht verwundern kann, wenn immer wieder schon die Kompetenz der EU für bestimmte Regelungen angezweifelt worden ist.[13] Noch in dem ersten Vorschlag für die neue Verbraucherkredit-RL aus dem Jahr 2002 hieß es gänzlich unklar: „Die Maßnahme hat die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand. Sie trägt zur Erreichung des Zieles bei, die Verbraucher zu schützen, indem sie im Rahmen der Errichtung des Binnenmarkts eine Harmonisierung bewirkt. Aus diesem Grund wurde Art. 95 EG (heute Art. 114 AEUV) als Rechtsgrundlage herangezogen.“[14] Seitdem hat die Kommission jedoch viel dazugelernt. Letztlich ist die Kompetenz der EU gerade für das Verbrauchervertragsrecht nämlich sehr deutlich. Die Begründung dafür, dass Verbraucherschutz der Verbesserung des Binnenmarkts dient, wird folgendermaßen konstruiert: Indem in allen Mitgliedstaaten ein einheitliches Verbraucherrecht mit einem hohen Schutzniveau entsteht, steigt das Vertrauen des Verbrauchers. Er konsumiert verstärkt und schreckt insbesondere nicht mehr vor grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften, wie z.B. Einkäufen oder der Kreditaufnahme im Ausland, zurück.[15] Dieser Gedankengang findet sich in allen verbraucherpolitischen Strategie-Papieren[16] und wird ausdrücklich in der Verbraucherkredit-RL aufgegriffen[17]. Auch in der Verbraucherrechte-RL, der Digitale-Inhalte-RL und der Warenkauf-RL wird ausgeführt, dass die durch unterschiedliche Verbrauchervorschriften entstehende Rechtsunsicherheit das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt einschränkt.[18]

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Im Beispiel 1 will die Kommission das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht vollharmonisieren und dazu die Rechtsform der Verordnung wählen. Ob Art. 114 AEUV als Kompetenzgrundlage für eine solche Maßnahme ausreichen würde, ist fraglich. Zwar ist in Bezug auf die Warenkauf-RL, die in ihrem Erwägungsgrund 2 neben Art. 114 AEUV auch Art. 26 Abs. 1 und 2 AEUV sowie Art. 169 Abs. 1 und 2 AEUV als Kompetenzgrundlagen benennt, über die Frage der Kompetenz überhaupt nicht gestritten worden, obwohl sie vollharmonisierend angelegt ist. Doch besteht die Besonderheit in dem Fallbeispiel darin, dass nicht mithilfe einer Richtlinie ein Mindeststandard bestimmt wird, den alle Mitgliedstaaten in ihre Rechtsordnung integrieren sollen, sondern dass eine Vollharmonisierung durch eine Verordnung geplant ist. Die sich dabei ergebenden Bedenken werden im Folgenden näher erörtert.

3.Subsidiaritätsprinzip und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Kompetenzschranken

a)Umrisse

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Die Zuständigkeit der EU für die Rechtssetzung ist nur selten eine ausschließliche. Zumeist konkurriert sie mit der weiter bestehenden Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.[19] Die EU und die Mitgliedstaaten dürfen also grundsätzlich gleichermaßen rechtssetzend tätig werden. Im Bereich dieser konkurrierenden Rechtssetzungskompetenz wird die Zuständigkeit der EU durch das in Art. 5 Abs. 3 EUV verankerte Subsidiaritätsprinzip begrenzt.[20] Danach reicht die Zuständigkeit der EU nur soweit, wie die zu verwirklichenden Ziele auf nationaler Ebene nicht ausreichend erreicht werden können.[21] Außerdem ist die Union nach Art. 5 Abs. 4 EUV an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden und muss daher zusätzlich stets das mildeste Mittel zur Erreichung ihres Ziels wählen.[22]

b)Rechtsangleichung und Subsidiaritätsprinzip

aa)Geltung des Subsidiaritätsgrundsatzes im Rahmen des Art. 114 AEUV

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Gelegentlich ist behauptet worden, die Rechtsangleichungskompetenz i.S.d. Art. 114 AEUV sei eine ausschließliche Kompetenz der EU. Das beruhe darauf, dass die Angleichung von Recht zwischen den Mitgliedstaaten – gleichsam aus der Natur der Sache heraus – ausschließlich von der EU und nicht von den Einzelstaaten erreicht werden könne.[23] In diesem Fall würde sich das Subsidiaritätsprinzip von vornherein nicht auf die aus Art. 114 Abs. 1 AEUV folgende Rechtssetzungskompetenz der EU auswirken. Die herrschende, auch von der Kommission selbst[24] und vom EuGH vertretene Gegenauffassung geht demgegenüber im Ansatz davon aus, dass Art. 114 AEUV nicht zu den wenigen ausschließlichen Kompetenzen der EU gehört. Damit unterliegt sie also dem Subsidiaritätsgrundsatz.[25] Obwohl diese Ansicht einräumen muss, dass die Angleichung des Rechts der Mitgliedstaaten im Allgemeinen nicht von den einzelnen Mitgliedstaaten durchgeführt werden kann, führt dies zu gewissen praktischen Unterschieden. Diese ergeben sich zum einen, wenn es um Regelungen von Details in den Richtlinien geht.[26] Insbesondere aber ist die Unterscheidung für die Frage wichtig, ob der Grundsatz der Minimalharmonisierung (Mindeststandardprinzip) aufgegeben werden darf.

bb)Mindeststandardgrundsatz

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Fast alle früheren Richtlinien zum Verbrauchervertragsrecht folgten dem Mindeststandardgrundsatz. Der Mindeststandardgrundsatz bedeutet, dass den Mitgliedstaaten die Freiheit eingeräumt wird, im nationalen Recht einen höheren Schutzstandard vorzusehen, als die Richtlinie es zwingend vorschreibt. Eine Pflicht für die Union als Richtliniengeber, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu belassen, eine Partei stärker zu schützen als die Richtlinie dies vorsieht, ergibt sich nicht aus dem Charakter der Richtlinie als solcher. Denn Art. 288 S. 3 AEUV überlässt „die Wahl der Form und der Mittel“ den Mitgliedstaaten. Ein inhaltlicher Spielraum ist dort nicht vorgesehen.

Meist wird der Mindeststandardgrundsatz aus dem Subsidiaritätsprinzip abgeleitet.[27] Daraus kann man aber nicht den Schluss ziehen, dass alle Richtlinien an dem Mindeststandardgrundsatz festhalten müssen. Das Subsidiaritätsprinzip zwingt nämlich nicht in jedem Fall zu einer solchen Öffnung. Wie gesehen, kann auch gerade die wirklich, also auch nach oben hin, einheitliche Regelung eines Sachverhalts zur Verwirklichung des Binnenmarktes nötig sein. In einem solchen Fall können die Mitgliedstaaten insofern keine Restkompetenz behalten und aus dem Subsidiaritätsprinzip kann kein Regelungsfreiraum für die Mitgliedstaaten abgeleitet werden.

Der Mindeststandardgrundsatz hat allerdings wohl noch eine zweite Wurzel: Er begründet sich auch aus der inhaltlichen Zielsetzung der Richtlinien. Durch diese soll (meist) ein möglichst hohes Schutzniveau erreicht werden, und damit steht es im Widerspruch, wenn einige Mitgliedstaaten aufgrund der Richtlinien ihren nationalen (Verbraucher-)Schutzstandard senken müssen.[28] Das gilt gerade für die Richtlinien, die auf Art. 114 AEUV gestützt sind. Denn dort wird verlangt, dass ein hohes Schutzniveau gewährt wird, was mit einer Absenkung des Standards auch nur in einzelnen Mitgliedstaaten kaum vereinbar ist.

cc)Entwicklung zur Vollharmonisierung

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In den neueren Richtlinien ist die Beschränkung auf einen Mindeststandard häufig nicht mehr für ausreichend angesehen worden.

Im Beispiel 1 (Rn. 12) will die Kommission das Kaufrecht vollharmonisieren und dazu die Rechtsform der Verordnung wählen. Sie nähert sich damit zumindest den Grenzen der Rechtssetzungskompetenz der EU.

Es ist zunächst allgemein anerkannt, dass die Vollharmonisierung erlaubt sein kann, soweit sie zur Erreichung des Regelungsziels notwendig ist. Im Beispiel zeigt sich, dass es für die Unternehmer nachteilig sein kann und sie teils sogar vom grenzüberschreitenden Handel abhält, wenn in allen Mitgliedstaaten unterschiedliche Einzelvorschriften bestehen, deren Beachtung ihnen abverlangt wird. Solche Unterschiede im nationalen Recht können insbesondere für kleinere Unternehmen zu recht hohen rechtlichen und letztlich finanziellen Risiken im grenzüberschreitenden Handel führen.

Dennoch ist Art. 114 AEUV jedenfalls nicht als Grundlage für eine umfassende Rechtsvereinheitlichung gedacht. Wo genau die Grenze zu ziehen ist, ist im Einzelfall nicht nur rechtlich, sondern auch politisch auszuhandeln (näher sogleich Rn. 26). Mit einer präzisen, auf die konkreten Vorteile für den Binnenmarkt eingehenden Begründung wird man einzelne Teilstücke des Kaufrechts vollharmonisieren können.

Wenn es nun darum geht, ob eine Verordnung das richtige Instrument ist, um dieses Ziel zu erreichen, so werden die Zweifel größer. Zwar erlaubt Art. 114 AEUV generell die Verwendung der Verordnung als Mittel zur Rechtsangleichung. Es kann aber kaum überzeugen, für eine Angleichung des Kaufrechts die Rechtsform einer Verordnung zu wählen. Denn die Vollharmonisierung lässt sich auch im Rahmen einer Richtlinie erreichen, die den geringeren Eingriff in die Rechte der Mitgliedstaaten bedeutet. Sie hat den großen Vorteil, dass die Mitgliedstaaten die neuen Regeln, die ja im Beispiel nur einen Teil des Kaufrechts ausmachen sollen, bei der Umsetzung in ihr nationales Kaufrecht einpassen können.

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Da die Mindeststandardregeln, wie es sich auch in dem Beispiel zeigt, nicht immer ideal zur Binnenmarktförderung geeignet sind, wird in den neueren privatrechtlichen Richtlinien in der Regel eine Vollharmonisierung angestrebt. Eine Vollharmonisierung wird in der Verbraucherkredit-RL (Erwägungsgrund 9) und der FAF-RL vorgenommen.[29] Auch die Verbraucherrechte-RL verfolgt einen Vollharmonisierungsansatz. In der Begründung des Entwurfs erläutert die Kommission ausführlich, warum die Vollharmonisierung mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht.[30] In Erwägungsgrund 7 Verbraucherrechte-RL wird besonders betont, dass grenzüberschreitender Direktvertrieb nur durch eine Vollharmonisierung gefördert werden kann. Mit der Warenkauf-RL, die ebenfalls auf Vollharmonisierung ausgerichtet ist und die Verbrauchsgüterkauf-RL abgelöst hat, ist ebenfalls eine verstärkte Rechtsangleichung eingetreten.

Ein schönes Anschauungsbeispiel für eine gelungene Vollharmonisierung sind die Internetauktionen. Zumindest nach überwiegender Ansicht sah die Fernabsatz-RL bei diesen kein Widerrufsrecht für den Käufer vor. Vielmehr waren gerade die Versteigerungen von dem Widerrufsrecht ausgenommen. Der BGH hatte aber für Deutschland ein solches Widerrufsrecht dennoch bejaht, weil er, ganz zu Recht, ein besonders großes Bedürfnis dafür sah.[31] Er meinte, die Internetversteigerungen seien keine echten Versteigerungen i.S.d. BGB, da es an einem Zuschlag i.S.d. § 156 BGB fehle. Das führte zu Problemen bei grenzüberschreitenden Angeboten in solchen Auktionen („Ebay“), weil für Verbraucher aus Deutschland eine Widerrufsbelehrung erfolgen und ein Widerrufsrecht gewährt werden musste, für Verbraucher aus anderen Staaten dagegen nicht. In der Verbraucherrechte-RL, die die Fernabsatz-RL abgelöst hat, wurde dann zum einen die Ausnahmeregelung der Fernabsatz-RL geändert und zum anderen die Vollharmonisierung vorgenommen. Ausgenommen vom Widerrufsrecht sind, wie es Erwägungsgrund 24 ausdrücklich erläutert, nun in der gesamten EU nur noch die klassischen Versteigerungen, bei denen der Käufer die Möglichkeit hat, anwesend zu sein. Die Vollharmonisierung hat hier also zu einer Anhebung des vereinheitlichten Schutzniveaus geführt.

24

Die Vollharmonisierung macht aber die Einpassung der Richtlinieninhalte in das nationale Recht viel schwieriger.[32] Sie kann außerdem manchmal bedeuten, dass Mitgliedstaaten ihr Schutzniveau senken müssen, um die vollharmonisierende Richtlinie umzusetzen. Um zugleich zu sichern, dass die Mitgliedstaaten nicht von tradierten Schutzinstrumenten Abschied nehmen müssen, welche die Richtlinien nicht vorsehen, gibt es in vollharmonisierenden Richtlinien daher häufig eine Beschränkung des vollharmonisierten Bereichs sowie eine Vielzahl von Öffnungsklauseln. Diese Instrumente erlauben es den Mitgliedstaaten, doch noch eigenständige Regelungen beizubehalten oder neu vorzusehen.