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Europolitik in der Finanzkrise, Bretton Woods II Oder wie könnte es werden ?
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Seitenzahl: 80
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Überblick
1.2 Aufbau und Zielsetzung der Arbeit
2 Bretton Woods
2.1 Funktionsweise des Bretton Woods Systems
2.2 Die Aufgabe des Bretton Woods Systems
2.3 Bretton Woods „I.“: Erfolge und Restriktionen
3 Finanzkrise
3.1 Hintergründe und Ursachen der Krise
3.2 Auswirkungen auf Staaten und Währungen
3.3 Problemlösungs- und Zukunftsszenarien für den Euro
4 Bretton Woods II.: mögliche Szenarien
4.1 Zweierlei Euro Währungen
4.2 Ende der Währungsunion: Rückkehr zur D-Mark
4.3 Inflation
4.4 Finanzielle Repression
5 Fazit und Ausblick
Literatur-und Quellenverzeichnis
a.a.O.
Am angegebenen Ort
a.F.
Alte Fassung
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
Anm.
Anmerkung
Aufl.
Auflage
AZ
Aktenzeichen
BOE
Bank of England
BOJ
Bank of Japan
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
DPA
Deutsche Presseagentur
Ebd.
wie vorgenannt
EU
Europäische Union
ESM
Europäischer Stabilitätsmechanismus
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EZB
Europäische Zentralbank
FED
Federal Reserve (Notenbank der USA)
ff.
Fortfolgende
GBP
Britisches Pfund
i.d.R.
in der Regel
i.S.
im Sinne
IWF/IMF
Internationaler Währungsfonds
Nr.
Nummer
v.
vom
Abb. 1: Geldmengensteigerung des Dollar Bargeldumlaufs
Abb. 2: Wachstum, gesamte US-Dollar-Geldmenge seit 1980
Abb. 3: Geldmengensteigerung des Dollar Bargeldumlaufs Stand 2014
Abb. 4: Entstehung der Finanzkrise
Abb. 5: Zahlungsrückstände bei Krediten in den USA
Abb. 6: Übersicht vorgeschlagene Nord Süd Euroteilung
In den vergangenen Jahren hatten sich in vielen Fach-, aber auch allgemeinen Zeitschriften Presseartikel gehäuft, in denen der Verfall des Euros bzw. der Fall des Euro-Währungssystems wie auch der Staatsbankrott prognostiziert werden. Überschriften wie „Der Staatsbankrott kommt!“1 oder „Top Ökonom sieht Scheitern des Euro“2, aber auch Überschriften wie „Irland wird zur Nagelprobe“3 oder Buchtitel aus teils fragwürdigen, Konspirationstheorien aufgreifenden Verlagen wie „Die letzten Jahre des Euro“4 verunsicherten Leser und Verbraucher.
Auf der anderen Seite verkündeten währungspolitische Entscheidungsträger Positionen wie „Scheitern des Euro ist unvorstellbar“5, um das Misstrauen in der Bevölkerung gegenüber der europäischen Einheitswährung zu reduzieren. Schuldenkrise und Unsicherheiten an den Finanzmärkten seien zwar belastend und führten zu einer gehörigen Skepsis in der Bevölkerung, jedoch sei dauerhaft „kein Auseinanderbrechen des Währungsraumes“6 anzunehmen. Über die eingerichteten Rettungsmechanismen erfolgende Hilfen der Bundesrepublik Deutschland für die hoch verschuldete Euro-Länder würden auch das deutsche Steuersystem nicht belasten7 – eine Position, die vor allem aus neuerer Sicht sicherlich kritisch zu bewerten ist.
Aus dieser neueren Perspektive sind vor allem die folgenden beiden Faktoren evident:
1. Dass der Euro grundsätzlich überlebt, wird nun weithin angenommen und die Euro-Krise hat in der öffentlichen Diskussion doch etwas an Gewicht verloren.8 Als unlängst die Bank Espirito Santo, im portugiesischen Bankwesen eine durchaus wichtige Adresse, in extreme Schieflage kam, löste dies im Euroraum vergleichsweise verhaltene Reaktionen aus. Im Jahre 2012, als der spanische Staat für seine Anleihen zeitweise um 7% Zinsen leisten musste und das Euro-Währungssystem außer Kontrolle zu sein schien, hätten sich hingegen auf solch eine Entwicklung sicherlich wesentlich heftigere Reaktionen ergeben. Zu diesem Zeitpunkt, genauer gesagt im Sommer 2012, räumte der international aktive Investor und Hedgefonds-Betreiber George Soros dem Euro noch eine Restlaufzeit von etwa drei Monaten ein vertrat das Szenario eines verlorenen Jahrzehnts für den europäischen Kontinent.9
Die Entwicklung vollzog sich seitdem jedoch in völlig anderer Weise: Die Finanzmärkte im EU-Raum stabilisierten sich und die Zinsen selbst der krisengeschüttelten Euro-Süd-Länder wie Spanien oder Griechenland stiegen nicht etwa, sondern gaben deutlich nach.10 Maßgeblich war diese Entspannung auf die im Sommer 2012 von dem EZB-Präsidenten Mario Draghi getätigten Ankündigungen, unter allen Umständen den Euro erhalten zu wollen (einschließlich von Programmen für den Aufkauf von Staatsanleihen der Problemländer), zurückzuführen. Diese Positionierung der EZB-Spitze führte unstrittig zur Beruhigung des krisenhaften Geschehens.11 Ob die Aufkaufprogramme rechtlich vertretbar und mit der EZB-Mandatierung überhaupt übereinstimmen, soll nun der EuGH klären, dem das BVerfG in Karlsruhe Anfang 2014 den Sachverhalt zur Überprüfung übergeben hat.12 Inflationäre Tendenzen im Euroraum, die nach der Positionierung der EZB-Spitze im Sommer 2012 noch befürchtet wurden, sind gegenwärtig nicht erkennbar, vielmehr wird mittlerweile sogar vor den Gefahren einer Deflation gewarnt.13
2. Ein Grundmisstrauen der Bevölkerung in etlichen europäischen Ländern, namentlich hierzulande, gegenüber der Einheitswährung Euro ist allerdings bis heute keineswegs gewichen. Dazu hat sicherlich beigetragen, dass insbesondere seit 2012 die wirtschafts- und währungspolitischen Entscheidungsträger, vor allem in den führenden EU-Ländern Deutschland und Frankreich, versuchen, die Krisenerscheinungen in der Euro-Süd-Zone „primär mit monetaristischen Strategien einzufangen, deren Realisierung vermutlich vor wenigen Jahren noch kein Mensch für denkbar gehalten hätte. Zu nennen sind hier Größenordnungen von ‚Rettungsschirmen‘, Garantien, ‚Hebeln‘ und dergleichen, die sich nicht mehr nur im Bereich zweistelliger Euro-Milliardenbeträge bewegen, sondern in toto die Billionengrenze überschreiten“.14 Ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung zeigt sich angesichts dieser Entwicklung besorgt und fragt sich, ob eigene Kapitalanlagen noch sicher sind oder aber einer Anpassung bedürfen.15 Aus dem generellen Misstrauen gegenüber „Papiergeld“ und namentlich dem Euro erklärt sich auch die seit geraumer Zeit festzustellende Orientierung auf Sachwerte.16
Diese Orientierung steuerte wiederum zu den hierzulande in den vergangenen Monaten deutlich gestiegenen Immobilienpreisen bei. Auch die Kurse des Sachwerts Substanzaktie zogen sowohl in Deutschland als auch international an, was aber ganz wesentlich auch an den geldpolitischen Bedingungen – „Geldschwemme“ und Niedrigzins – liegt (liquiditätsgetriebene Zuwächse bei Assets).17 Nach jüngeren empirischen Erhebungen stellt die Bevölkerung in Deutschland der EU-Krisenpolitik kein gutes Zeugnis aus, und dies trotz der Tatsache, dass sich – wie beschrieben – die Unruhen an den Finanzmärkten etwas gelegt haben und sich beispielsweise Irland und Spanien stabilisieren konnten. So hegten Ende 2013 laut repräsentativer Umfragen rund 72% der Bundesbürger erhebliche Zweifel an der Krisenbewältigungsstrategie von EU-Organen und EZB und lediglich 15% äußerten Vertrauen in Politik und Notenbank.18 Zudem warnen Bankenverbände wie etwa der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken in Anbetracht niedriger Zinsen bzw. der Absenkung des Leitzinses durch die EZB auf historische Tiefststände eindringlich vor Beeinträchtigungen der Spar- und Altersvorsorgesysteme.19
Den derzeit kritischen Status des „Monetarismus“ mit einer Dominanz keynesianischer Modelle und eine „in der Geschichte beispiellose Expansion staatlicher Ausgabenprogramme und geradezu explodierende Haushaltsdefizite“ hatte der frühere Angehörige des EZB-Direktoriums und Chefvolkswirt Otmar Issing bereits 2010 vorweggenommen.20 Auch andere Wirtschaftswissenschaftler wie etwa Heiner Flassbeck und Koautoren machten in etwa diesem Zeitraum, wenn auch mit unterschiedlicher wirtschaftspolitischer Schwerpunktsetzung, auf Gefahren des Monetarismus für die Substanz und Zukunftsfähigkeit der Einheitswährung Euro aufmerksam.21 Letztere Autoren sprachen sich entgegen der mehrheitlichen Meinung auch wiederholt dafür aus, die Möglichkeit einer Auflösung der Euro-Währungsunion bzw. eines Austritts Deutschlands aus dem Euro nicht gänzlich als unrealistisch zu betrachten.22
Der Kontext der vorliegenden Arbeit lässt sich somit insgesamt dahin gehend beschreiben, dass – trotz der offenbar stabilisierten Eurokrise – die Zukunft dieses Einheitswährungsmodells alles andere als sicher ist. Hinsichtlich der Möglichkeiten einer dauerhaften Stabilisierung des Euro werden in der währungspolitischen und öffentlichen Diskussion verschiedene Konzepte vertreten. Grundsatzkritik bezieht sich darauf, dass der Euro mit der Aufnahme und nachfolgenden Stützung der Problemländer des Euro-Süd-Raumes von Anfang an eine nicht durch dachte Maßnahme war und an einer Umgestaltung des Euroraums langfristig daher kein Weg vorbeiführe.23
Die vorliegende Arbeit greift diese Grundsatzkritik auf und setzt sich mit Möglichkeiten der Europolitik unter den Bedingungen der Finanzkrise und ihren Folgen auseinander. Die Arbeit beinhaltet eine kurze historische Betrachtung unseres heutigen Geldsystems, beginnend mit dem so genannten Bretton Woods Abkommen und fortfahrend mit der Finanzkrise, deren Hintergründe und Ursachen sowie den Auswirkungen auf Staaten und Währungen bis hin zur Fragestellung, ob man ein neues Bretton Woods benötigt und welche Szenarien für den Euro- Raum denkbar wären.
Eine hohe Aktualität dieser Thematik ist auf jeden Fall gegeben – die wirtschaftspolitischen Diskussionen, die selbst in Anbetracht einer vordergründig identifizierbaren Beruhigung der Finanzkrise im Euroraum nach wie vor kontrovers geführt werden, unterstreichen diese Einschätzung. Diese Diskussionen um die Gestaltung, Stabilität und Zukunftsfähigkeit des Euros werden sicherlich immer wieder erneut entfacht werden (insbesondere dann, wenn neue Stressoren hinzukommen wie möglicherweise eine Wachstumsschwäche auch in den Euro-Nord-Ländern oder geopolitische Konfliktkonstellationen).
Der Euro als Zahlungsmittel für mittlerweile viele Völker und Nationen steht hierbei immer wieder im generellen Brennpunkt. Er wird oft als Fluch und Segen zugleich, aber auch als reines Politikum, betitelt24. Die Pole der fachlichen und öffentlichen Auseinandersetzungen weisen auf der einen Seite Kritik dergestalt auf, der Euro stehe für EUZentralismus und verantwortungslose Liquiditätsschwemmen, während auf der anderen Seite der Euro als entscheidendes Bindeglied für wirtschaftliche Prosperität und ein Zusammenwachsen in ganz Europa betrachtet wird.25 Aufgrund dieser Umstände geht es dem Verfasser dieser Arbeit darum, die Hintergründe für diese abweichenden wirtschaftspolitischen Orientierungen näher zu beleuchten und auch vor allem mögliche Szenarien für den Euro bereits heute zu eruieren.
Um den Umfang der Arbeit nicht ausufern zu lassen, ist es erforderlich, sich auf wichtige Teilbereiche zu beschränken. Es sollen die Grundlagen des Bretton Woods Systems und das Zusammenhängen der heutigen Finanzkrise verdeutlicht werden. Ebenso sollen die Möglichkeiten, den Euro zu stabilisieren oder mögliche Szenarien für den Euro-Raum beleuchtet werden. Bei der Betrachtung des Bretton Woods Systems wird insbesondere der Frage nachgegangen, ob dieses Modell nicht seinerzeit unter Wirtschafts- und Handelsbedingungen in Kraft war, die heute jeglicher Grundlage entbehren. Daraus ergibt sich folglich die Fragestellung, inwiefern die ursprüngliche Bretton Woods Charakteristik heute noch nutzbar ist oder nicht vielmehr ein „reformiertes“ Bretton Woods System („Bretton Woods II.“) auf die Gegenwart übertragbar wäre.
Nachdem zuerst in Punkt 2 die wesentlichen historischen Hintergründe des Bretton Woods Systems beleuchtet werden sowie dessen Funktionsweise erläutert und einer Vorteils-Restriktions-Betrachtung unterzogen wird, erfolgt im darauf folgenden Abschnitt 3