Everlasting Love - Valentines Rache - Lauren Palphreyman - E-Book

Everlasting Love - Valentines Rache E-Book

Lauren Palphreyman

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Beschreibung

Lila ist frisch verliebt und glücklich, sie könnte Dates genießen und mit den Liebesagenten trainieren. Doch dann erhält Lila unheimliche und bedrohliche Botschaften – und der Absender ist höchst gefährlich: Cupids abtrünniger Bruder Valentine! Der zweite Band der packenden Everlasting-Trilogie, alle Bände: Everlasting Love - Gefährliches Schicksal Everlasting Love - Valentines Rache Everlasting Love - Ruf der Unterwelt Der Wattpad-Erfolg aus den USA!

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Seitenzahl: 371

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Lauren Palphreyman

Everlasting Love - Valentines Rache

Aus dem amerikanischen Englisch von Anna Julia Strüh

FISCHER E-Books

Inhalt

Teil 1: Die Valentinskarte1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. KapitelTeil 2: Die Schicksalsgöttinnen17. Kapitel18. Kapitel19. Kapitel20. Kapitel21. Kapitel22. Kapitel23. Kapitel24. Kapitel25. Kapitel26. Kapitel27. Kapitel28. Kapitel29. KapitelTeil 3: Die Fähre der Toten30. Kapitel31. Kapitel32. Kapitel33. Kapitel34. Kapitel35. Kapitel36. Kapitel37. Kapitel38. Kapitel39. Kapitel40. Kapitel41. Kapitel42. Kapitel43. Kapitel44. Kapitel45. Kapitel46. Kapitel

Teil 1:Die Valentinskarte

1.Kapitel

Beim Aussteigen beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Als würde mich jemand beobachten. Ich spähe in die Dunkelheit, doch der Parkplatz der Forever Falls High ist vollkommen leer. Natürlich ist er das. Wer sollte an einem Sonntagabend in der Schule sein?

Und dennoch …

Ich greife mir meine Tasche vom Rücksitz. Die Spitze eines Pfeils lugt oben heraus.

Vor ein paar Monaten ist ein Liebesgott auf der Suche nach mir hier aufgekreuzt, eine Gruppe von Liebesagenten hat versucht, mich umzubringen, und ich habe gegen eine Göttin gekämpft, der es ganz und gar nicht gefiel, dass ich ihren Sohn date.

Ich gehe lieber kein Risiko ein.

Als ich um das Auto laufe und den Kofferraum öffne, klingelt mein Handy.

»Lila! Bist du schon da?«, durchbricht Charlies aufgeregte Stimme die Stille. »Hast du sie dabei?«

Ich mustere die dekorierte Plastikschachtel, die zwischen ein paar Sweatshirts, einem Buch über Mythologie und einer leeren Getränkedose eingezwängt ist. Das Handy zwischen Kinn und Schulter geklemmt, hebe ich sie hoch. »Sag mir noch mal, warum das nicht bis morgen früh warten konnte.«

»Weil bald Valentinstag ist«, erklärt sie, »und das wird mir einen ganzen Monat lang mit meinen Agenten-Aufgaben helfen. Und …« Sie plappert weiter über ein Match, das sie für morgen geplant hat, aber ich höre nicht mehr zu. Mich überkommt erneut das Gefühl, dass ich nicht allein bin.

Lila.

Ich erstarre.

»Ähm … Lila? Hallooo?«

Langsam stelle ich Charlies Schachtel ab und trete einen Schritt zurück. Der Schotter knirscht unter meinen Stiefeln.

»Lila?«

»Ja. Alles klar. Ich bin gleich da, okay?« Ich lege auf und blicke mich nervös um. Der Eingang des Schulgebäudes ist in dunkle Schatten gehüllt.

Trotz der kalten Januarluft atme ich tief durch. Da schlägt mir ein seltsamer Geruch entgegen; süßlich, aber ganz und gar nicht angenehm. Ein modriger, fauler Gestank. Ich bekomme eine Gänsehaut.

»Hallo?« Meine Stimme durchschneidet die Stille.

Ich greife in meine Tasche und umfasse den Pfeil, auf das Schlimmste vorbereitet.

Lila.

Wieder diese Stimme … Eine Männerstimme, kaum mehr als ein Flüstern, das der eisige Wind zu mir herüberträgt.

»Wer ist da?«

Wie als Antwort ertönt ein lautes Klappern, gefolgt von einem Poltern. Ich zucke vor Schreck zusammen. Dann hole ich tief Luft, um meinen rasenden Herzschlag zu beruhigen, und schleiche vorsichtig auf die Schule zu.

Ich biege um die Ecke – und werde gegen die Wand geschmettert. Mein Rücken prallt mit voller Wucht gegen den harten Backstein.

»Was zum …«, keuche ich und stoße meine Angreiferin weg. Sie strauchelt, und ihre dunklen Augen begegnen meinem Blick.

»O mein Gott. Es tut mir so leid.« Ihre Stimme ist leise, und sie spricht mit einem leichten irischen Akzent. »Ich dachte, du wärst … jemand anders.«

Langsam ziehe ich die Hand aus meiner Tasche und lasse den Pfeil los, den ich angriffsbereit umklammert habe.

Einen Moment starren wir einander schweigend an. Ich habe sie noch nie zuvor gesehen, was in einem kleinen Kaff wie Forever Falls merkwürdig ist. Ihre kurzen braunen Haare sind zerzaust, und ich kann einen Blutfleck in ihrem Mundwinkel erkennen, bevor sie ihn hastig mit dem Handrücken wegwischt.

Sie sieht aus, als hätte sie sich geprügelt.

Als sie wieder zu mir aufblickt, flackert etwas Unergründliches in ihrem Gesicht auf.

»Wer denn?«, frage ich und spähe über ihre Schulter. »Ich hab gehört …« Die Mülltonnen sind umgekippt, und der Boden ist mit Abfall übersät. »Wer bist du? Was ist passiert? Ist alles in Ordnung?«

Sie tritt einen Schritt zurück und setzt ein Lächeln auf, das jedoch nicht ganz ihre Augen erreicht. »Ich bin gestolpert, weiter nichts.« Damit wendet sie sich ab und geht.

»Warte!«

Sie sieht über die Schulter zu mir zurück. »Du solltest nicht hier sein.«

»Du auch nicht.«

Ihr Gesicht nimmt einen grimmigen Ausdruck an. »Bald ist Valentinstag.«

»Ähm … ja?«

»Nimm dich in Acht.«

Ohne ein weiteres Wort dreht sie sich um und verschwindet in Richtung der Straße auf der anderen Seite der Schule.

Ich stehe einen Moment reglos da und starre in die Dunkelheit. Dann atme ich aus und lockere meine angespannten Muskeln. Mit einem irritierten Kopfschütteln gehe ich zurück zu meinem Auto – dem gebrauchten Ford Fiesta, den mir Dad zu Weihnachten geschenkt hat.

Wieder klingelt mein Handy. Es ist Charlie.

»Ich weiß, ich weiß, bin schon unterwegs«, versichere ich ihr, nehme die Schachtel, schließe den Kofferraum und gehe zum Eingang der Schule. »Gerade ist was Seltsames passiert.«

Auf der Treppe halte ich einen Moment inne und blicke mich argwöhnisch um, dann eile ich hinein – nur mit Mühe kann ich das Gefühl abschütteln, dass dort draußen immer noch jemand lauert.

»Wo bist du genau?«, frage ich.

»Hier!« Die Lampen gehen automatisch an, als Charlie durch den mit Spinden gesäumten Korridor auf mich zuläuft und ihr Handy in der Tasche ihres Jeans-Overalls verstaut. Als sie die mit Herzchen verzierte Schachtel sieht, leuchten ihre Augen auf. »Danke!«

»Was ist das überhaupt?«, frage ich.

»Meine Match-Box«, sagt sie mit einem breiten Grinsen. »Die Leute stecken ihre Liebesbriefe durch den Schlitz, und ich – als Mitglied des Sozialkomitees und hiesige Liebesagentin – überreiche sie dem Empfänger. Allerdings« – sie zieht einen Zettel aus ihrer Tasche – »werde ich selbst ein paar Briefe schreiben, um die Sache etwas zu beschleunigen.«

Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Raffiniert …«

Sie grinst und nimmt mir die Schachtel ab. Verwirrung macht sich auf ihrem Gesicht breit, als es darin rappelt. »Hier ist schon irgendwas drin.«

Ich werfe ihr einen ebenso verwirrten Blick zu und nehme den Deckel ab. In der Schachtel liegt ein dünner Umschlag, auf dem in eleganter Handschrift mein Name steht.

Irritiert öffne ich ihn und ziehe die Karte heraus.

Lila, ich kann es kaum erwarten, dich zu treffen. Von deinem Valentine

»Sieht aus, als hättest du einen heimlichen Verehrer«, murmelt Charlie. Als sie meinen besorgten Gesichtsausdruck bemerkt, fügt sie mit einem Augenrollen hinzu: »Ach nein, wahrscheinlich hat Cupid den Zettel heimlich eingeworfen, als ich die Schachtel gestern in der Agentur vergessen habe.«

»Ja. Natürlich.« Ich lächele erleichtert. »Das muss es sein.«

Charlie sieht mich durchdringend an. »Was ist los? Du meintest, eben wäre was Seltsames passiert?«

»Ach, da war nur dieses Mädchen, das draußen rumgelungert hat. Sie sagte, ich solle mich in Acht nehmen.« Ich werfe einen Blick auf die Karte in meiner Hand. »Und dass bald Valentinstag ist.«

Charlie zuckt die Achseln und steckt ihre Karte in die Schachtel. »Nun, dagegen lässt sich nichts sagen.«

»Nein, wohl nicht«, stimme ich zu und stopfe die seltsame Botschaft in meine Gesäßtasche. »Bist du für heute fertig mit der Kuppelei? Soll ich dich mitnehmen?«

»Wo fährst du hin?«

Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. »Zur Matchmaking-Agentur.«

2.Kapitel

Ich stürze mich auf Cupid, doch er blockt meinen Hieb mit dem Arm ab. Die grünen Sprenkel in seinen Augen funkeln neckisch, als ich zurücktaumele. Er wendet den Blick keine Sekunde von mir ab, während er mich mit bloßen Füßen anmutig umkreist.

Ich folge seinem Beispiel, bewege mich langsam und lasse ihn nicht aus den Augen. Die merkwürdige Valentinskarte geht mir nicht aus dem Kopf, doch vorerst verdränge ich den Gedanken. Ich muss mich konzentrieren. Ich muss gewinnen.

Mein Atem geht schnell und flach. Kurz senkt sich mein Blick auf sein weißes T-Shirt, das verschwitzt an seiner muskulösen Brust klebt. Er beobachtet mich, und seine Lippen verziehen sich zu einem Grinsen.

Genau in diesem Moment balle ich die Hand zur Faust und schlage sie ihm ins Gesicht.

In letzter Sekunde fängt er den Angriff ab und zieht mich an sich. Seine Körperwärme und der angenehme Geruch seines Aftershaves hüllen mich ein. Er lächelt schelmisch. »Du musst dich schon etwas mehr anstrengen, Sonnenschein.«

»Woher weißt du, dass du nicht genau da bist, wo ich dich haben will?«

Er hebt eine Augenbraue. »Wenn ich da wäre, wo du mich haben willst, wären wir wohl kaum im Trainingsraum der Matchmaking-Agentur …«

»Ach nein? Wo wären wir denn dann?«

Er schweigt einen Moment, dann erscheint ein Grinsen auf seinem Gesicht. »Im Bett?«

Er mustert mich mit amüsiertem Blick, um zu sehen, wie ich reagiere. Mein Mundwinkel zuckt, doch ich mache ein ernstes Gesicht. »Klar, das hättest du wohl gerne.«

Ohne Vorwarnung schlüpfe ich unter seinem Arm hindurch und beuge mich vor. Gleichzeitig bringe ich ihn mit einem kräftigen Ruck aus dem Gleichgewicht, so dass er über mich fällt. Er landet hart auf dem Rücken. Das laute Krachen, mit dem er auf der rosafarbenen Matte aufschlägt, hallt von den Zielscheiben an der Wand und der hohen Decke über uns wider.

Blitzschnell ziehe ich einen silbernen Pfeil aus dem Köcher über meiner Schulter, baue mich über Cupid auf und richte ihn auf seine Brust.

Triumphierend blicke ich ihn an. »Siehst du? Genau, wo ich dich haben will.«

Er lacht.

Dann packt er plötzlich den Pfeil und zieht daran. Die Spitze versinkt in seiner Brust, und ich falle auf ihn, als der Capax zwischen uns zu Asche zerfällt. Ich stütze mich auf der Matte ab, mein Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt.

»Jetzt habe ich dich genau da, wo ich dich haben will«, sagt er und wackelt mit den Augenbrauen. »Und du hast mich gerade mit einem Capax getroffen, also weißt du, dass ich die Wahrheit sage.«

Er legt die Hand in meinen Nacken, fährt mit den Fingern durch meine dunklen Haare und hebt den Kopf. Mein Herz schlägt schneller, als sein warmer Atem über meine Wange streicht. Durch sein verschwitztes Top kann ich seine harten Bauchmuskeln spüren.

»Ich hab übrigens deine Nachricht gekriegt«, sage ich leise, meine Lippen ganz dicht an seinen.

»Ja, also … Moment. Meine was?«

»Wie schön, dass ihr Lilas Kampftraining ernst nehmt.«

Ich drehe ruckartig den Kopf.

Cal steht in seinem blütenweißen Anzug in der Tür und beobachtet uns missbilligend. Rasch rappele ich mich auf und vermeide es dabei tunlichst, ihm in die Augen zu sehen, auch wenn ich mir ein Grinsen nicht verkneifen kann.

Cupid, der immer noch auf dem Rücken liegt, richtet sich auf die Ellbogen auf. »Du hast echt ein unglaublich schlechtes Timing, Bruderherz.«

Cal wirft ihm einen finsteren Blick zu, dann wendet er sich an mich. »Hallo, Lila.«

»Hallo, Cal.« Ich ahme seinen unnötig förmlichen Tonfall nach, und er mustert mich einen Moment prüfend. Ich lächele ihn an. »Jetzt guck nicht so! Wir haben wirklich trainiert! Ehrenwort. Was du gerade gesehen hast, war mein triumphaler Sieg über deinen Bruder.«

»Pffft. Ich hätte mich befreien können«, behauptet Cupid und steht auf.

Ich taxiere ihn mit skeptischem Blick. »Wie das?!«

»Nun, wenn du es unbedingt wissen willst; ich hatte vor, dich zu verführen –«

Cal räuspert sich.

Ich drehe mich zu ihm um. Er starrt Cupid alles andere als belustigt an und klopft ungeduldig mit den Fingern auf sein Bein.

»Sorry, Bruderherz. Wolltest du was?«, fragt Cupid.

Cal sieht kurz zu mir. Als sich unsere Blicke begegnen, fallen mir seine dunklen Augenringe auf und wie blass er ist. Er sieht erschöpft aus. Ich frage mich, ob Crystal, die frisch gewählte Chefin von Everlasting Love, ihn zu hart rannimmt – oder ob etwas anderes vorgefallen ist.

»Du weißt schon, dass du nicht trainieren musst«, sagt er. »Die Arrows machen nicht mehr Jagd auf dich. Und auch wenn die Liebesagenten nicht gerade froh sind über … was immer das ist« – er sieht demonstrativ zwischen Cupid und mir hin und her, und seine silbrigen Augen blitzen ärgerlich –, »wird dir niemand etwas antun.«

»Das dachte ich bis vor ein paar Monaten auch«, erwidere ich. »Aber ständig von Agenten verfolgt zu werden, die dich umbringen wollen, zuzusehen, wie ein Junge vom Schuldach springt, dich durch ein virtuelles Labyrinth zu kämpfen und aus Versehen eine Göttin zu erwecken kann deine Weltsicht echt drastisch ändern.«

Ich spüre Cupids Belustigung, obwohl er hinter mir steht und ich ihn nicht sehen kann. Cal seufzt schwer.

»Und außerdem gefällt mir das Training«, füge ich mit einem Achselzucken hinzu.

»Nun, wie dem auch sei … Es erscheint mir nicht angemessen, dass ein Mensch hier trainiert. Und du solltest dir einen richtigen Lehrer suchen. Nicht« – er blickt demonstrativ hinter mich – »ihn.«

»Entspann dich, Bruderherz!«, sagt Cupid und stellt sich neben mich. »Was machst du überhaupt hier?«

»Ich suche Crystal. Es gab einen … Zwischenfall.«

»Was für einen Zwischenfall?«, frage ich.

»Dazu kann ich nichts sagen. Das ist Sache der Matchmaking-Agentur.« Er macht einen Schritt auf die Tür zu.

Cupid verdreht die Augen. »Cupid-Original.« Er deutet mit dem Daumen erst auf sich, dann auf mich. »Und sie hat eine Göttin getötet. Also, was ist los?«

Cal hält inne. Sein Blick schweift von mir zu Cupid. Dann seufzt er erneut. Das grelle Lampenlicht zeichnet dunkle Schatten unter seine Wangenknochen, als er zu uns herüberkommt und Cupid einen Zettel reicht.

Cupid überfliegt ihn, und dabei wird sein Gesicht immer finsterer.

»Was ist los?«, frage ich.

Ich blicke über seine Schulter und sehe eine Nachricht von Mino – dem Minotaurus – an die Matchmaking-Agentur.

»Ein Agent wird vermisst«, sagt Cal, und ich wende mich wieder ihm zu. »Bei ihm zu Hause sieht es aus, als hätte ein Kampf stattgefunden.«

Cupid faltet den Zettel zusammen, dann sieht er besorgt zu seinem Bruder auf. »Glaubst du, er ist tot?«

Seine Worte jagen mir einen kalten Schauer über den Rücken.

»Ich weiß es nicht. Aber er ist schon der dritte Agent, der diesen Monat verschwunden ist.« Cal nimmt den Zettel wieder an sich und wirft uns einen grimmigen Blick zu. »Das bedeutet sicher nichts Gutes. Ich fürchte, jemand macht Jagd auf Liebesagenten.«

3.Kapitel

Cal wechselt einen düsteren Blick mit Cupid, dann dreht er sich auf dem Absatz um und marschiert zur Tür.

»Ich muss Crystal finden«, sagt er und sieht uns über die Schulter streng an. »Benehmt euch, ihr zwei.«

Schweigend sehen wir zu, wie Cal den Trainingsraum verlässt.

»Wollen wir unartig sein?«, fragt Cupid, den Blick starr geradeaus gerichtet.

»Nein. Aber vielleicht sollten wir ihm folgen und rausfinden, was los ist?«

Cupid wendet sich mir zu. »Das Ganze ist bestimmt halb so wild. Everlasting Love gibt es schon seit Hunderten von Jahren, und es gibt ständig irgendwelchen Ärger.« Er macht ein nachdenkliches Gesicht. »Wenn ich es recht bedenke, habe ich einen Großteil davon selbst verursacht.«

Ich knuffe ihn in die Seite, und auf seinem Gesicht erscheint ein Grinsen.

»Ich würde lieber Zeit mit dir verbringen«, sagt er.

»Willst du mit mir ins Love Shack fahren? Ich hab Charlie vorhin dort abgesetzt und ihr gesagt, wir kommen nach, wenn das Training nicht zu lange dauert.«

Er zuckt die Achseln. »Klar. Aber wann habe ich dich endlich mal ganz für mich allein? Ich hab das Gefühl, als hätten wir kaum Zeit miteinander verbracht, seit … na ja …«

»Seit wir versehentlich eine Göttin wiedererweckt haben?«

Seine Lippen verziehen sich zu einem verlegenen Lächeln. »Ja.«

Ich lächele zurück. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber er hat recht.

Seit der Schlacht in Venus’ Gerichtssaal sind schon über zwei Monate vergangen. Seitdem herrscht in der Agentur das reinste Chaos, denn die Liebesagenten mussten einen neuen Anführer wählen, sicherstellen, dass die Arrows nicht noch mehr im Schilde führen, und ihre Firmenvorschriften überarbeiten. Cupid wurde wieder aufgenommen und ist als eine Art Berater für sie tätig – was einen großen Teil seiner Zeit beansprucht. Er war sogar über Weihnachten ein paar Tage im Ausland, um Charlie mit ihrer ersten Mission als Liebesagentin zu helfen.

»Na ja, du warst mit Matchmaking-Kram beschäftigt«, sage ich. »Und ich musste zur Schule.«

»Ich möchte dich zu einem richtigen Date ausführen – bald. Wir hatten immer noch keins.«

»Ich weiß. Für einen Liebesgott bist du ziemlich schlecht in Form.«

Er lacht, während ich den Köcher von meiner Schulter rutschen lasse und mir stattdessen meine Tasche umhänge.

»Wie wär’s mit Freitagabend?«, fragt er. »Ich koche für dich.«

Ich ziehe verblüfft die Augenbrauen hoch. »Du kochst?!«

Er drückt gespielt verletzt die Hand an seine Brust. »Wie kannst du nur so überrascht klingen?! Natürlich koche ich! Ich bin ein ausgezeichneter Koch! Ich kann Fertiggerichte zaubern, Tiefkühlpizza, Pommes …«

»Beeindruckend«, sage ich lachend. »Okay, Freitag passt.«

Wir ziehen unsere Schuhe an und machen uns auf den Weg.

»Was hast du vorhin über eine Nachricht von mir gesagt?«, fragt er, während wir den Korridor entlanggehen, vorbei an den Trainingssims für neue Agenten.

»Oh.« Ich hole sie aus meiner Hosentasche. »Ich hab die Valentinskarte gekriegt, die du in Charlies Match-Box gesteckt hast. Ein bisschen früh … Dir ist schon klar, dass erst in drei Wochen Valentinstag ist?«

»Ich hab dir keine Karte geschickt, Sonnenschein.«

Ein ungutes Gefühl macht sich in meiner Magengrube breit, und ich ziehe irritiert die Stirn kraus.

»Ich war sicher, dass sie von dir ist. Ich dachte, vielleicht wären Liebesagenten ein bisschen übereifrig, was den Valentinstag angeht.«

Er grinst, aber der Ausdruck in seinen Augen ist ungewohnt ernst. »Ein häufiger Irrtum. Wir Liebesagenten interessieren uns nicht besonders für den Valentinstag. Ich schon gar nicht. Dieser Trend ist der Grund dafür, dass mich die meisten Menschen als dickes, geflügeltes Baby namens Amor kennen und nicht als den heißen Sexgott, der ich in Wirklichkeit bin.«

Ich stöhne, als er vielsagend seine Brauen hochzieht. »Du bist unglaublich.«

»Unglaublich toll.«

Wir durchqueren den Innenhof, und mein Blick verharrt einen Moment auf der Stelle neben dem Teich, an der früher die Statue von Venus stand. Auch wenn sie nicht mehr da ist, läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken.

Cupid wirft einen Blick auf den Umschlag in meiner Hand. »Kann ich die Karte mal sehen?«

»Klar.«

Als er die Nachricht liest, weicht alle Farbe aus seinem Gesicht.

»Valentine«, murmelt er.

»Hm?«

»Ich –« Er unterbricht sich abrupt, als wir das Großraumbüro der Matchmaking-Agentur betreten und die übliche Flut von Geräuschen auf uns einströmt. Meine Muskeln spannen sich an, als wir uns einen Weg zwischen den Schreibtischen und schwarzen Steinsäulen hindurchbahnen. Die Agenten, an denen wir vorbeikommen, beäugen uns misstrauisch. Sie wissen, wer wir sind und was wir getan haben.

Ich erinnere mich an den Moment nach unserem Kuss auf Cupids Balkon; an Cals entsetztes Gesicht, während der Boden unter uns bebte und ein heftiges Unwetter tobte.

Die Bindung wurde eingegangen. Mom ist wieder zu Hause.

»Ach, ist bestimmt nicht weiter wichtig«, sagt Cupid und holt mich in die Gegenwart zurück. »Charlies Match-Box stand ein paar Tage hier, oder? Wahrscheinlich erlaubt sich jemand einen Scherz mit dir.« Er begegnet dem Blick einer Agentin mit Headset, die ihn besonders böse anstarrt. »Nicht jeder freut sich, dass dieses Match zustande gekommen ist.«

»Ich weiß. Aber bist du dir da sicher? Du hast Valentines Namen gesagt, als würdest du ihn kennen.«

»Ach ja?«

»Ja.«

Er atmet tief durch, als wir das unterirdische Parkhaus betreten.

Erst als ich mein Auto schon fast erreicht habe, fällt mir auf, dass er stehen geblieben ist. Er starrt mit finsterem Gesicht und glasigem Blick vor sich hin.

Ich gehe zu ihm zurück und baue mich mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihm auf. »Du hast Valentine gesagt, als würdest du ihn kennen«, sage ich, nachdrücklicher diesmal. »Weißt du noch, was passiert ist, als du mir das letzte Mal etwas verschwiegen hast? Wir hätten fast die Welt zerstört.«

Cupid reibt sich den Nacken, dann seufzt er. »Vor langer Zeit gab es diesen Liebesagenten. Wir beide haben eine … eine gemeinsame Vergangenheit. Ein ziemlicher Psycho. Hat sich Valentine genannt. Stand total auf den Valentinstag. Genauer gesagt hat er ihn erfunden.«

»Und du glaubst, die Karte ist von ihm?«

Cupid stößt den Atem aus. »Ich weiß es nicht. Nein. Wahrscheinlich nicht.« Er hält den Umschlag hoch. »Die Signatur – von deinem Valentine – hat mich einfach an ihn erinnert, weiter nichts. Er kann unmöglich zurück sein. Ich habe mich längst um ihn gekümmert.« Er zuckt die Achseln und sieht mir fest in die Augen. »Ich werde das überprüfen, okay?«

Er ringt sich ein Grinsen ab. Die nach Abgasen stinkende Luft fühlt sich drückend an, als wir zum Auto gehen. Ich kann die Anspannung in seinen Muskeln spüren, als sein Arm meinen streift. Nervös spiele ich an den Schlüsseln in meiner Jackentasche herum.

Wer hat mir diese Karte geschickt? Jemand in der Agentur, der mich hasst? Oder Valentine – wer immer das auch ist? Keine der Möglichkeiten erscheint mir wünschenswert.

Als wir einsteigen und nach Forever Falls fahren, denke ich an das Mädchen, dem ich neulich Abend begegnet bin, und ihre Warnung.

Nimm dich in Acht. Bald ist Valentinstag.

4.Kapitel

Ich parke das Auto, und wir gehen auf den Marktplatz von Forever Falls.

Cupid tut meine Valentinskarte weiter als bösen Streich eines verärgerten Liebesagenten ab. Doch ich merke, wie sein Kiefer sich verkrampft, wenn er denkt, ich würde nicht hinsehen. Ich bin mir nicht sicher, ob er die Nachricht wirklich für ungefährlich hält oder ob er das nur behauptet, um mich zu beruhigen.

Neugierig beäugt er den schweren Beutel über meiner Schulter, als wir am leise vor sich hin tröpfelnden Brunnen vorbeikommen. »Trägst du Backsteine mit dir rum? Was hast du da drin?«

Ich öffne die Tasche und zeige ihm den Inhalt; ein paar Schokoriegelpapiere, einen schwarzen Cupid-Pfeil und meinen dicken Wälzer über Mythologie. »Cal hat mir das Buch zu Weihnachten geschenkt. Damit ich mich nützlich machen kann, meinte er.« Ich begegne Cupids amüsiertem Blick und ziehe eine Augenbraue hoch, als ich mich an eine ganz spezielle Sage über ihn erinnere. »Wer war eigentlich Psyche?«

Cupid weicht meinem Blick aus. »Er hat die Geschichte bestimmt für dich markiert, oder?«

Ich verdrehe die Augen. »Nein. Aber gibt es sie wirklich? Ich weiß, dass die meisten Sagen anders waren als die Geschichten, die sich die Menschen erzählen, aber ist da etwas Wahres dran? War sie deine Freundin?«

Er zuckt im Versuch, gleichgültig zu wirken, die Achseln, aber seine Armmuskeln spannen sich an. »Ja, es gab sie wirklich. Ich kannte sie. Aber glaub nicht alles, was du liest. Ein Großteil der Geschichte … handelt von jemand anderem.«

»Einem anderen Cupid?«

»Ja. Wie geht es eigentlich deinem Dad? Ist er noch mit der Frau zusammen, mit der wir ihn gematcht haben?«

»Der Ärztin? Ja.«

Wir unterhalten uns weiter, während wir uns der Gasse nähern, die zum Love Shack führt. Der Wind trägt den Geruch gegrillter Burger vom Romeo’s, dem Diner auf der anderen Seite des Marktplatzes, zu uns herüber. Jedes Mal, wenn ich daran vorbeikomme, stürzt eine Flut von Erinnerungen auf mich ein; an die Trainingssim, wo Cal von einem Ardor getroffen wurde, um mich zu retten; an unseren Kampf mit den Arrows, nachdem sie Crystal entführt hatten; und an meinen Ex, James. Ich frage mich, ob er heute arbeitet.

Seit wir Schluss gemacht haben, hat er ein paarmal versucht, mit mir zu reden – er will wiedergutmachen, dass er Charlie unter dem Einfluss des Capax geküsst hat. Aber nach allem, was seitdem passiert ist, fühlt es sich an, als sei dieser Teil meines Lebens endgültig vorbei.

Cupid legt den Arm um mich, als wir an Eric, dem Türsteher, vorbeigehen und in das vertraute Gewimmel des Love Shack eintauchen. Der klebrige Boden ist mit weggeworfenen Plastikblumen übersät, und ich muss unwillkürlich grinsen, als ich daran denke, wie angeekelt Cal war, als ich ihn zum ersten Mal hergebracht habe.

»Ich liebe diesen Schuppen!«, ruft Cupid, um die schnulzige Popmusik zu übertönen. »Da drüben sind sie!«

Er zeigt über die Köpfe einiger Schüler auf der Tanzfläche. Ich entdecke Charlie an einem der hohen Tische, in fuchsienfarbenes Discolicht getaucht. Neben ihr sitzt ein blondes Mädchen in einem blauen Kleid. Sie lachen beide und trinken knallrosa Cocktails aus großen Gläsern mit Zuckerrand, als wir auf sie zukommen.

»Crystal!«, ruft Cupid. »Mein Bruder hat nach dir gesucht.«

Sie sieht flüchtig zu ihm auf. Der Blick, den die beiden austauschen, zeugt von einer komplizierten gemeinsamen Vergangenheit und gegenseitigem Misstrauen. Ich schwinge mich auf einen Barhocker.

»Charlie hat mich überredet, heute Abend herzukommen«, sagt Crystal fast entschuldigend.

»Sie hat schon die ganze Woche bis spätabends gearbeitet«, erklärt Charlie. »Selbst Chefinnen von übernatürlichen Matchmaking-Agenturen sollten ab und zu mal einen Abend freimachen.«

»Darauf stoßen wir an«, sagt Crystal und hebt ihr Glas.

Cupid legt mir eine Hand auf die Schulter. »Ich besorg uns schnell was zu trinken.«

»Holt euch einen Liebestrank.« Charlie deutet auf ihren und Crystals rosa Drink. »Das Rezept stammt von mir – ich hab auf einer Liebesagenten-Mission ein paar Wochen als Barkeeperin gearbeitet. Der Drink hat ihnen so gut gefallen, dass sie ihn zum Valentinstag weiter anbieten.«

Cupid begutachtet die knallige, künstliche Farbe. »Sieht aus, als hätte sich ein Einhorn in dein Glas übergeben.«

»Gar nicht!«, protestiert Charlie.

Cupid hebt kapitulierend die Hände, als er sich auf den Weg zur Bar macht. »Ich mag Einhornkotze.«

Ich sehe ihm einen Moment lächelnd nach. Da überkommt mich auf einmal wieder dieses seltsame Gefühl, dass ich beobachtet werde. Argwöhnisch blicke ich mich um, kann jedoch nichts Verdächtiges entdecken.

»Alles okay?«, fragt Charlie.

Ich wende mich wieder ihr zu und zucke die Achseln. »Ja, alles bestens. Worüber habt ihr gerade geredet?«

»Ich habe Charlie von den vermissten Agenten erzählt«, antwortet Crystal. »Anfangs dachten wir, ehemalige Mitglieder der Arrows hätten sich aus dem Staub gemacht, weil es ihnen nicht passt, dass ich jetzt das Sagen habe.« Sie seufzt und rührt mit ihrem Papierschirmchen unruhig in ihrem Drink herum. »Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Das Seltsame ist, dass sie anscheinend vom Erdboden verschwinden. Sie sind nicht auffindbar – weder tot noch lebendig. Und wir verfügen über ein weitreichendes Überwachungsnetzwerk. Was wollte Cal eigentlich von mir?«

Ich erzähle ihr von Minos Nachricht und dass im Haus des letzten verschwundenen Agenten Kampfspuren gefunden wurden. Sie seufzt tief, während Cupid sich auf den Stuhl neben mir setzt und mir einen Drink reicht.

»Ich sollte zurück«, sagt sie. »Wenn ich mir mal einen Abend freinehme –« Sie verstummt abrupt, und eine zarte Röte überzieht ihre Wangen, als ihre blauen Augen sich auf etwas hinter mir richten.

Ich drehe mich um. Cal steht stocksteif hinter meinem Stuhl, seinen Bogen über die Schulter geschlungen. Er taxiert Crystal mit vorwurfsvollem Blick. »Ich hab den ganzen Abend versucht, dich anzurufen.«

Er wirft einen Blick auf die Drinks auf unserem Tisch. »Wie schön, dass ihr alle euren Spaß habt. Danke für die Einladung übrigens.«

Charlie und ich rutschen verlegen auf unseren Stühlen hin und her, und Crystal versteift sich sichtlich. Cupid ist plötzlich sehr an dem Schirmchen in seinem Drink interessiert.

»Das war nicht geplant, Cal«, sagt Crystal, gleitet von ihrem Barhocker herunter und streicht ihr Kleid glatt. »Ich wollte gerade zurückgehen.«

Er zuckt die Achseln. »Natürlich.«

»Ähm … alles okay, Bruderherz?«, erkundigt sich Cupid.

»Nein.«

»Willst du das vielleicht näher ausführen?«

Cal wendet sich mir zu, sein Gesicht noch grimmiger als üblich. Er sieht mich eindringlich an. »Lila, du bist in Gefahr.«

Mich durchzuckt eine kalte Angst. »Was?«

»Cal!«, ruft Cupid entsetzt.

»Wir haben ihr schon mal was verheimlicht«, erwidert Cal, »und du weißt, was wir damit angerichtet haben.«

»Ja, aber du musst doch nicht gleich so dramatisch werden.«

»Cal, was ist los?«

Seine silbrigen Augen begegnen meinen, und ein dunkler Schatten legt sich über sein Gesicht. »Mino ist in die Matchmaking-Agentur gekommen, kurz nachdem ihr weg wart. Im Haus des vermissten Agenten, von dem ich euch vorhin erzählt habe, wurde etwas gefunden. Blutspuren und« – er greift in seine Hosentasche und hält mir einen Umschlag hin – »das hier.«

Mir bleibt fast das Herz stehen, als ich darauf meinen Namen in eleganter Schönschrift sehe. Die Schrift ist dieselbe wie auf der Karte, die ich in Charlies Match-Box gefunden habe.

Cupid spannt sich an und drückt die Handflächen auf den Tisch, als würde er jeden Moment aufspringen.

Mit zitternden Fingern ziehe ich die Karte aus dem Umschlag.

Rosen sind rot, Veilchen sind blau. Ich weiß von dem Match, und dich finde ich auch.

Von deinem Valentine

5.Kapitel

Mein Herz pocht wie wild, als ich die Nachricht auf den Tisch lege. Cal steht reglos wie eine Statue hinter mir.

»Jetzt hältst du Kampftraining bestimmt auch für eine gute Idee, oder?«, frage ich.

Er wirkt alles andere als amüsiert. Auch Cupids Anspannung ist deutlich spürbar. Charlie beugt sich mit einem Stirnrunzeln über den Tisch, um die Karte zu lesen, die Crystal ihr zuschiebt.

»Das ist nicht witzig!«, braust Cal auf.

»Ist Mino noch in der Agentur?«, fragt Crystal.

Bei der Erwähnung des Minotaurus verfinstert sich Cals Gesicht. Er nickt schroff, und Crystal greift sich ihre Handtasche.

»Er könnte noch mehr Informationen haben«, sagt sie, dann wendet sie sich an mich. »Er hat sich auf meine Anweisung hin einen Job bei der Polizei beschafft. Ich dachte, er könnte nützlich sein. Er ist gut darin, die Gedanken anderer Leute zu lesen – ihre Geheimnisse herauszufinden.«

Cal stößt ein verächtliches Schnauben aus.

»Ich weiß, dass ihr beide nicht miteinander auskommt«, fährt Crystal ihn ärgerlich an, »aber im Moment ist er unsere beste Chance. Lila, wer immer die Nachricht geschickt hat … wir werden ihn kriegen. An erster Stelle« – sie sieht die anderen der Reihe nach an – »steht jetzt Lilas Sicherheit. Wir bilden eine Schutzeinheit. Vorerst muss einer von euch sie bewachen. Sieht so aus, als würde sich hier irgendwo ein Killer rumtreiben – und Lila steht auf seiner Abschussliste.«

Ehe ich etwas erwidern kann, dreht sie sich um und rauscht in einer Wolke zuckersüßen Parfüms davon. Ich sehe ihr nach, wie sie über die Tanzfläche schreitet. Als ich mich wieder den anderen zuwende, liegt eine deutlich spürbare Spannung in der Luft, und einen Moment herrscht Schweigen. Dann fährt sich Cupid mit der Hand über den Mund und begegnet Cals Blick.

»Ich weiß, was du denkst, Bruderherz«, sagt er seufzend, holt die Karte, die Charlie und ich neulich gefunden haben, aus der Hosentasche und reicht sie Cal. Cals Augen verengen sich, während er sie liest, und seine Haltung versteift sich.

Er begegnet meinem Blick. »Wann hast du die gekriegt?«

Charlie beugt sich vor und nimmt ihm die Karte aus der Hand. »Das ist doch die Nachricht, die wir in meiner Match-Box gefunden haben.« Sie blickt zu mir auf und zieht die Stirn kraus. »Dann war sie doch nicht von Cupid?«

Ich schüttele den Kopf. »Nein.«

Cal sieht Cupid an, und irgendetwas scheint zwischen den beiden vorzugehen.

»Ich dachte, du hättest dich um ihn gekümmert«, flüstert Cal leise und nachdrücklich. Die Musik ist so laut, dass ich ihn nur mit Mühe verstehe.

»Das habe ich«, erwidert Cupid mit grimmigem Gesicht.

»Von wem redet ihr?«, fragt Charlie.

»Valentine«, antworte ich.

Cals Augen weiten sich kaum merklich. »Er hat dir von ihm erzählt?«

»Er meinte –«

»Ich hab ihr gesagt, was sie wissen muss«, unterbricht Cupid mich hastig. »Er ist ein gefährlicher Liebesagent, der vom Valentinstag besessen ist, und er kann es nicht gewesen sein.«

»Die Karten, der potentielle Mord, diese ganze Valentinstagsmasche, die Tatsache, dass er es auf dein Match abgesehen hat – das klingt ganz nach ihm«, entgegnet Cal ungehalten.

»Ich hab mich um ihn gekümmert!«

Cal verschränkt unnachgiebig die Arme vor der Brust.

Cupid kratzt sich am Kinn und rollt die Augen. »Okay, ich habe keinen Weg gefunden, ihn zu töten. Aber ich habe ihn an einen Ort gebracht, wo er niemandem schaden kann.«

»Nun, meinst du nicht, du solltest mal nachsehen, ob er immer noch dort ist?«, faucht Cal. In seinem Hals pulsiert eine Ader. Er starrt seinen Bruder unverwandt an, sein schlanker Körper straff gespannt wie eine Bogensehne.

Schließlich seufzt Cupid, und die Stimmung entspannt sich etwas. Er fährt sich durch seine ohnehin schon zerzausten Haare und blickt zu Cal auf. »Ich hab mein Auto bei der Agentur stehen lassen«, sagt er.

Cal greift in seine Tasche und wirft ihm seinen Autoschlüssel zu. Cupid fängt ihn mühelos und steht auf. »Kann ich auf dich zählen, Bruderherz?«

Cal nickt. »Ich werde sie beschützen.«

Ich springe auf. »Moment. Was?! Wo willst du hin?«, frage ich.

Er begegnet meinem Blick. »Nach Dublin.«

Verblüfft ziehe ich die Augenbrauen hoch. »Wie lange?«

Er deutet mit dem Kopf zur Tür. »Komm kurz mit raus – wir können reden, bevor ich aufbreche.«

Ich zögere, nicke dann aber. Cupid wirft seinem Bruder einen entschlossenen Blick zu. Cals einzige Antwort ist ein steifes Nicken. Charlie, die neben ihm sitzt, schiebt ihm einen der rosafarbenen Drinks hin, und er beäugt ihn voller Abscheu. Ich fühle seinen Blick im Rücken, als ich mit Cupid über die Tanzfläche zum Ausgang gehe.

Draußen fröstele ich leicht in der kalten Abendluft. Cupid, dessen Hand sanft auf meinem Arm ruht, führt mich zum Marktplatz, wo Cals roter Lamborghini gefährlich nahe am Brunnen parkt – auf dem Kopfsteinpflaster dahinter sind Reifenspuren zu sehen.

»Warum hat er ihn nicht ganz normal auf den Parkplatz gestellt?«, frage ich. »Er hat Glück, dass der Wagen noch nicht abgeschleppt wurde.«

»Mein Bruder liebt dramatische Auftritte«, sagt Cupid mit einem kleinen Lächeln.

Er lehnt sich an den Brunnen, und ich drehe mich zu ihm. Als er meinem Blick begegnet, weicht das amüsierte Glitzern in seinen Augen etwas Dunklerem, viel Intensiverem.

»Du fährst wirklich nach Irland?«, frage ich.

Er nickt. Seine Miene bleibt ernst. »Ja.«

»Wann kommst du zurück?«

»Kommt drauf an.«

»Worauf?«

Sein Gesicht verfinstert sich. »Darauf, was ich dort finde.«

»Kann Crystal nicht jemand anderen beauftragen, nach Valentine zu sehen?«

Er schüttelt den Kopf. »Ich habe Valentine in eine Sim gesteckt und in die Krypta einer Kirche in Irland gesperrt. Nur ich weiß, wo genau. Außerdem will ich noch nicht, dass die anderen Agenten davon erfahren. Du hast gesehen, wie panisch sie geworden sind, als ich in die Stadt gekommen bin. Valentine …« Er reibt sich das Kinn. »Valentine wird sie in noch schlimmere Panik versetzen.«

Er atmet langsam aus. Dann schiebt er die Hand unter meine offene Lederjacke und lässt sie an meiner Hüfte ruhen. Seine rauen Finger streichen über meine nackte Haut, wo mein Top hochgerutscht ist.

»Tut mir leid, dass ich dich immer wieder in so etwas hineinziehe«, sagt er leise.

»Es ist nicht deine Schuld, dass mir dieser Killer-Liebesagent seltsame Karten schickt.«

»Doch, ist es«, widerspricht er, wendet jedoch schnell den Blick ab und presst die Lippen aufeinander, als wäre ihm das unbeabsichtigt herausgerutscht.

»Du denkst, er macht Jagd auf mich, um sich an dir zu rächen«, vermute ich. »Weil du ihn in die Krypta gesperrt hast.«

»So in etwa«, murmelt er und starrt betreten zu Boden, was in mir den Verdacht weckt, dass an der Sache mehr dran ist, als er mir verraten hat.

Ich taxiere ihn mit eindringlichem Blick. »Cupid –«

»Wenn er entkommen ist, wenn er in Forever Falls ist … dann ist es hier nicht mehr sicher. Du bist hier nicht sicher.« Unsere Blicke begegnen sich, und ich erschrecke zutiefst, als ich die Angst in seinen Augen sehe. »Mein Bruder wird dich beschützen. Aber pass auf, dass du immer eine Waffe bei dir hast, okay?«

Er richtet sich auf und tritt näher an mich heran. Ich weiche nicht zurück, und seine Wärme hüllt mich ein.

»Das könnte echt übel werden, Lila«, sagt er. »Versprich mir, dass du vorsichtig bist.«

»Ja«, hauche ich – mein Atem beschleunigt sich, so ängstlich ist sein Blick.

Er streicht mir sanft über die Haare. Als ich den Kopf hebe, drückt er mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Dann, noch ehe ich die Chance habe, den Kuss zu erwidern, löst er sich von mir – in seinen Augen flackert eine Verletzlichkeit auf, die ich noch nie an ihm gesehen habe.

»Was ist los?«, frage ich.

»Nichts. Dieses ganze Drama mit Valentine erinnert mich nur daran, dass …« Seine Stimme ist leise und rauer als sonst. Ich umfasse sein Gesicht, seine Haut ist glühend heiß. Er ringt sich ein Lächeln ab. »Ich will dich nur nicht verlieren, das ist alles.«

Er tritt einen Schritt zurück, und die Aufrichtigkeit in seinen Augen weicht einem gequälten Gesichtsausdruck, als er hinter mich deutet.

»Sorg dafür, dass mein Bruder heute Abend auf dich aufpasst, okay?«

Als ich mich umdrehe, sehe ich Cal und Charlie auf uns zukommen. Charlie plappert munter vor sich hin, doch Cals Aufmerksamkeit gilt ganz allein uns.

Mich durchflutet eine Woge der Enttäuschung. Cupid muss gehen, und wir können uns nicht einmal in Ruhe verabschieden. Außerdem verheimlicht er mir etwas, und ich habe keine Ahnung, warum.

»Ich schwöre, er hat irgendeine Superkraft, die ihn immer dann auftauchen lässt, wenn ich ihn absolut nicht sehen will«, murrt Cupid, aber seine Lippen verziehen sich zu einem flüchtigen Lächeln. »Ich komme so bald wie möglich zurück. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mehr als ein paar Tage weg sein werde.« Er hält meinen Blick noch einen Moment länger fest. »Sei vorsichtig.«

Dann wendet er sich ab und winkt zu Cal und Charlie hinüber, bevor er in den Lamborghini steigt.

Ich sehe schweren Herzens zu, wie er in der Dunkelheit verschwindet.

6.Kapitel

Nachdem wir Charlie nach Hause gebracht haben, sitzt Cal stocksteif neben mir auf dem Beifahrersitz. Ohne Charlie, die Cal mit der Frage bestürmt, wann sie denn endlich ihren eigenen Firmenwagen bekommt, herrscht unangenehmes Schweigen. Ich glaube, seit dem Kampf in Venus’ Gerichtssaal waren wir kein einziges Mal miteinander allein.

Hin und wieder erwische ich ihn dabei, wie er den Mund öffnet, als wolle er etwas sagen, ihn aber gleich wieder schließt.

»Also … ähm … diese ganze Sache mit Valentine ist ziemlich verrückt, was?«, sage ich im Versuch, die Stimmung etwas zu lockern und ihm nebenbei noch ein paar Informationen abzuringen.

»Ja.« Er sieht aus dem Seitenfenster.

»Cupid macht das Ganze anscheinend ganz schön zu schaffen.«

»Das sollte es auch. Wenn Valentine wirklich zurück ist …« Er schüttelt den Kopf. »Er hat behauptet, er hätte sich um ihn gekümmert.«

Ich biege in meine Straße ein.

»Cupid meinte, er und Valentine hätten eine gemeinsame Vergangenheit. Ich nehme an, die beiden kannten sich schon, bevor er Valentine in eine Sim gesperrt und anschließend in einer Krypta eingeschlossen hat?«

Cal nickt.

»Was ist passiert?«

Eine Weile sagt er nichts. Als ich in meiner Einfahrt parke, dreht er den Kopf und blickt mich einen kurzen Augenblick an, bevor er sich wieder zum Fenster umwendet. Ich ziehe den Schlüssel aus dem Zündschloss.

»Das ist eine lange Geschichte.«

Ich will ihm noch mehr Fragen stellen, aber an dem harten Zug um seinen Mund und seinem grimmigen Stirnrunzeln kann ich sehen, dass ich vorerst nicht mehr aus ihm herausbekommen werde.

»Informativ wie immer, Cal.« Ich seufze und lehne mich auf meinem Sitz zurück. »Also … ähm … willst du mit reinkommen? Ich kann dich unbemerkt an meinem Dad vorbeischleusen.«

»Nicht nötig. Ich stehe draußen Wache.«

»Bist du sicher? Es ist ziemlich kalt.«

»Ja.«

Er greift sich seinen Bogen und Köcher vom Rücksitz und steigt aus. Bis ich meine Tasche aufgehoben habe und aus dem Auto springe, ist er schon weg – wahrscheinlich lungert er in den Schatten irgendwo auf der anderen Straßenseite herum. Ich verdrehe die Augen.

»Gute Nacht, Cal …«

 

Dad sitzt mit einer Tasse Kaffee an seinem Laptop, als ich in die Küche komme. Als er mich sieht, breitet sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

»Warst du mal wieder mit diesem Cupid unterwegs?«, fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen und schüttelt konsterniert den Kopf. »Cupid, was für ein alberner Name. Ich werde euch junge Leute nie verstehen.«

Er widmet sich wieder seinem Laptop, während ich ein Glas aus dem Schrank hole und mir Saft einschenke.

»Ich hab mich auch mit Charlie getroffen«, sage ich. »Arbeitest du noch?«

»Ich muss bis morgen die Betriebsabrechnung machen.« Er verzieht das Gesicht, aber ich sehe ihm an, dass ihm sein neuer Job im Krankenhaus gefällt. Das liegt bestimmt auch an der Ärztin Sarah, mit der Cupid und Cal ihn bekannt gemacht haben, nachdem ich im Kampf mit Venus verletzt worden war. Genau genommen vermute ich, er hat es ihr zu verdanken, dass er den Job bekommen hat.

»Lila«, sagt er plötzlich.

»Ja?«

Dad holt tief Luft, und seine Wangen röten sich. Er fährt sich nervös mit der Hand durch die Haare. »Ich … ich habe am Freitag ein Date. Mit Sarah. Also … äh … es könnte sein, dass ich Freitagabend nicht da bin«, stammelt er hastig.

Ich verdrehe die Augen. »Ich weiß, dass du mit ihr ausgehst, Dad. Du musst nicht so komisch werden.«

Er atmet auf, sichtlich verlegen, aber erleichtert. »Dann hast du nichts dagegen?«

»Natürlich nicht!« Ich laufe zu ihm und umarme ihn kurz, bevor ich in mein Zimmer hochgehe. Mein Lächeln verblasst jedoch, als mir dieser ganze verrückte Abend noch einmal durch den Kopf geht – zwei gruslige, an mich adressierte Valentinskarten, ein Mörder auf freiem Fuß, und zu allem Überfluss wird Cupid ein paar Tage weg sein.

Ich frage mich, ob er schon im Flugzeug nach Irland sitzt.

Ich frage mich, was er finden wird, wenn er dort ankommt.

 

Mitten in der Nacht schrecke ich aus dem Schlaf und blinzle verwirrt zur Decke hoch.

Warum bin ich aufgewacht?

Ich glaube, ich habe etwas gehört.

Mit wild hämmerndem Herzen blicke ich mich im dunklen Zimmer um. Irgendetwas stimmt hier nicht …

Wieder ertönt ein dumpfes Geräusch von draußen vor dem Fenster, und ich fahre erschrocken hoch.

Valentine.

Was, wenn er mich gefunden hat?

Ich atme tief durch, um mich zu beruhigen.

Dann schwinge ich die Beine aus dem Bett und hole den schwarzen Köcher voller Pfeile darunter hervor, den ich aus der Matchmaking-Agentur mitgenommen habe. Mit zittrigen Fingern streiche ich über einen Ardor – einen Folterpfeil. Der goldene Schaft fühlt sich kühl an.

Ich greife ihn mir und schleiche leise zum Fenster.

Vorsichtig blicke ich zur Straße hinunter, spähe durch die Dunkelheit. An einem Baum auf der anderen Straßenseite bewegt sich etwas. Den Pfeil fest umklammert, schaue ich genauer hin.

Und atme erleichtert auf.

Dort steht Cal, vom Fenster abgewandt, sein Gesicht im Schatten verborgen. Die Spitze seines Bogens glänzt im Licht der Straßenlaterne neben ihm.

In meinem Dämmerzustand hatte ich ganz vergessen, dass er auf mich aufpasst.

Während ich ihn beobachte, sein Haar fast weiß im fahlen Mondlicht, beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Ich beuge mich vor, um besser sehen zu können. Sein Kopf bewegt sich, als würde er mit jemandem reden, der sich im Schatten des Baumes verbirgt. Als er sich umdreht, sehe ich sein beunruhigtes Gesicht. In seinen silbrigen Augen schimmert etwas, das in seinem Gesicht völlig fehl am Platz wirkt: Angst.

So leise wie möglich öffne ich das Fenster einen Spaltbreit und lasse die winterlich kalte Luft hereinströmen. Sie trägt Stimmen zu mir herüber.

»Die Dinge sind nicht, wie sie sein sollten«, höre ich eine Frau in eisigem Ton sagen. Sie hat einen starken Akzent. »Die Verschwundenen sind nicht wirklich verschwunden. Die Toten … Das Mädchen …«

»Halt dich von Lila fern!«

»Sie beobachtet uns.«

Cal wendet sich abrupt zu meinem Fenster um. Als er mich sieht, weiten seine Augen sich vor Schreck. Dann dreht er sich wieder zum Baum um. »Warte …«

Keine Antwort.

Er beruhigt sich ein wenig, die Anspannung weicht aus seinen Schultern. Dann wirft er mir einen strengen Blick zu. Schlaf weiter, formt er lautlos mit den Lippen.

Ich blicke in der Hoffnung, einen Blick auf das Mädchen zu erhaschen, mit dem sich Cal unterhalten hat, die Straße hinunter. Als ich niemanden entdecke, wende ich mich wieder Cal zu und schüttele den Kopf.

»Ich komme runter«, flüstere ich zurück.

Er wirft mir einen mürrischen Blick zu, widerspricht aber nicht. Ich stecke den Pfeil wieder in den Köcher unter meinem Bett, dann schlüpfte ich in meine dicken Fellhausschuhe, ziehe einen Kapuzenpulli über meinen Flanellpyjama und schleiche mich aus meinem Zimmer.

Die Gesprächsfetzen, die ich aufgeschnappt habe, gehen mir immer wieder durch den Kopf.

Die Dinge sind nicht, wie sie sein sollten. Die Verschwundenen sind nicht wirklich verschwunden. Die Toten … das Mädchen …

Das Ganze wird immer seltsamer.

Ich will wissen, mit wem er geredet hat.

Und was das alles mit mir zu tun hat.

7.Kapitel

Leise schließe ich die Tür und laufe zur Straße, den Pulli fest um mich geschlungen, um die Kälte abzuhalten.