Every Body Yoga - Jessamyn Stanley - E-Book

Every Body Yoga E-Book

Jessamyn Stanley

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Beschreibung

Empowerment auf der Matte Yoga ist in der westlichen Welt zu einer Sportübung für schlanke, trainierte, weiße Menschen geworden – eine Vermarktungsindustrie, bei der es irrelevant erscheint, was die richtige Yoga-Praxis mit Geist und Wohlbefinden macht, wenn dabei eine Yoga-Pants von der richtigen Marke getragen wird. Unsere Körper müssen dementsprechend schön und optimiert sein. So wird die Yoga-Klasse im örtlichen Studio gerade für Anfänger*innen oft zu einem frustrierenden Erlebnis – denn auch hier scheint es unmöglich, mitzuhalten: zu unbeweglich, zu dick, zu anstrengend und nicht richtig ausgestattet.Jessamyn Stanley ist aufgebrochen, um das zu ändern. Sie macht uns wieder klar, worum es beim Yoga eigentlich geht: zu sich selbst finden, Akzeptanz lernen, Ängste und Sorgen loslassen, zufrieden sein und den Moment so annehmen, wie er ist. Und vor allem: Yoga soll uns helfen – nicht alles noch schlimmer machen. More than Yoga – eine Reise zu den Wurzeln Die Autorin nimmt uns mit in das moderne Amerika, in dem Segregation immer noch präsent ist, Haut- und Haarfarben eine Rolle spielen, Körper bewertet werden und Nacktheit ein Tabu ist. Frau sein, fett sein, laut sein, Schwarz sein – ein längst noch nicht fertig gefochtener Kampf. Um den selbstsicher antreten zu können, braucht es geistige Stärke und Selbstbewusstsein – dafür holt Stanley uns auf die Matte. Jessamyn Stanleys kraftvolle Arbeit gegen Fettfeindlichkeit, ihre unausweichliche Dekonstruktion von Körpermythen und nicht zuletzt ihre direkte, witzige und scharfsinnige Sprache sorgen weltweit für Aufsehen. Nun liegt endlich die Übersetzung ihres ersten Yoga-Buchs ins Deutsche vor. Empowerment pur! How to … für Einsteiger*innen und Fulltime-Yogi*nis Du kommst nicht mit den Fingerspitzen an die Zehen? Du verlierst das Gleichgewicht bei schwierigen Übungen? Kein Problem! Die Autorin liefert einfache Anleitungen, zeigt Alternativen und gibt ungewöhnliche Tipps für deine ganz individuelle Yoga-Praxis. Dieses Buch liefert Inspiration für Anfänger*innen, neuen Input für Fortgeschrittene und einen Weckruf, um patriarchale Schönheitsnormen über Bord zu werfen. Mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen, 50 Posen und 10 Übungssequenzen für zu Hause. - Egal, wo du startest – go for it! Jessamyn Stanley reißt alle Grenzen nieder – körperlich und emotional. Beim Yoga geht es um Akzeptanz und das Bewusstsein für dich selbst und deinen Körper. Die Autorin zeigt uns als Schwarze, fette, queere Femme, wie man Stereotypen aufbricht, Idealbilder getrost über Bord wirft und dabei immer auf der Matte bleibt. - Asana for every Body: Jede Anleitung ist begleitet von zahlreichen Tipps und ungewöhnlichen Alternativen – die dabei helfen, sich den Bewegungen langsam anzunähern, egal welche körperliche Voraussetzung man mitbringt. - Diversität feiern, Körperlichkeit neu denken: Stanleys Geschichte in Kombination mit den praktischen Anleitungen ist ein starker Beitrag zum Diskurs um Diversity und Body Positivity – und darüber hinaus gibt dieses Buch seinen Leser*innen ein Werkzeug in die Hand, um mit anhaltenden Krisen und Belastungen besser zurechtzukommen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 229

Veröffentlichungsjahr: 2023

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INHALT

VORWORTvon Christelle Nkwendja-Ngnoubamdjum

WARUM HABE ICH DIESES BUCH GESCHRIEBEN?

TEIL 1LASS UNS GEMEINSAM WARM WERDEN

„Hey Jessamyn, wie kann ich anfangen Yoga zu machen?”

„Ist das hier eine Sekte?“

Der Elefant im Raum

Fragen, die (wirklich) jede*r Yogaschüler*in am Anfang stellt

TEIL 2WAS ZUR HÖLLE IST DAS?

Die Geschichte des modernen Yoga, kurz und knackig

Was zur Hölle ist der achtgliedrige Pfad?

Welche Praxis soll ich wählen?

Was soll ich kaufen?

Fragen, die (wirklich) jede*r Yogaschüler*in am Anfang stellt

TEIL 3JESSAMYNS ASANA-ABC

Los geht‘s mit Asana

Stehende Haltungen

Balance Basics

Die Hinterseite der Oberschenkel und die Körpermitte

Hüften

Rückbeugen

Erholung

Fragen, die (wirklich) jede*r Yogaschüler*in am Anfang stellt

TEIL 4OKAY, ABER WIE KRIEGE ICH DAS ALLEIN HIN?

Wie ich mein ABC gelernt habe

Bring It On, Bitch!

Sequenz: Sonnengruß A

Sequenz: Sonnengruß B

Der Oreo

Sequenz: Ich möchte anfangen

Jessamyn Stanley, die Pre-Teen Beauty Queen

Sequenz: Ich will standfest sein

Eine Chick-fil-A-Banditin betritt Weight Watchers

Sequenz: Ich muss das Gleichgewicht spüren

Tabor-City-Beerdigungen

Sequenz: Ich möchte die Welt aus einem anderen Blickwinkel sehen

Eine Yogapraxis wächst in Durham

Sequenz: Ich will meine Seele energetisieren

Selbstakzeptanz: Das Tabu

Sequenz: Ich muss die Angst loslassen

Das scharlachrote A

Sequenz: Ich muss verdammt nochmal chillen

Eins ist eine magische Zahl

Sequenz: Ich muss mich selbst lieben

TEIL 5IST ES WIRKLICH SO EINFACH?

VORWORT

 

 

Als ich gefragt wurde, ob ich für die deutsche Übersetzung des Buches von Jessamyn Stanley ein Vorwort schreiben möchte, überkamen mich wirklich alle möglichen Emotionen: Erstaunen, Angst, Unsicherheit, Stolz, und dann konnte ich auch unter den ganzen Schichten irgendwann die Freude anerkennen. Und die war groß – unter anderem deshalb, weil mir das Cover des Buches Every Body Yoga einfiel. Ein Cover, welches eine Schwarze, fette Person zeigt - etwas, das ohnehin nur selten vorkommt, wenn wir uns Buchcover mal genauer anschauen. Aber nicht nur das: Dieser Körper ist auch noch in einer Pose zu sehen, die fetten Körpern nicht zugetraut wird, weil sie Flexibilität und Körperbeherrschung erfordert.

Every Body Yoga - eine sprachliche Konstellation, die ich auch zum ersten Mal von Jessamyn Stanley mitbekommen habe und damals einfach mind blown war. Denn wenn ich eines nicht mit meinem Schwarzen, fetten Körper verbunden hatte, so war das Yoga! Der dominante Gedanke im Kopf - das Teufelchen auf meiner Schulter sozusagen - flüsterte ja immer nur: „Was hast du denn mit Yoga zu tun? Du kriegst schon bei dem Gedanken nervöse Zustände, in den Schneidersitz zu gehen, geschweige denn die Vorstellung, den Sonnengruß zu machen!“

Und genau hier fängt es an: diese Gedanken zu betrachten und in die Auseinandersetzung zu gehen - mit mir und dem, was mir gelehrt wurde über das, was mein Schwarzer, fetter Körper leisten soll, nicht leisten darf und was er gespiegelt bekommt. Face it head-on! Wesentlich einfacher gesagt als getan. Was mir jedoch immer wieder hilft, diesen Gedanken nicht zu viel Raum zu geben, sind - neben Gesprächen mit Freund*innen oder Gedankenaustausch mit Verbündeten - die Theorien, Gedanken und emotional scharfsanften Worte von Personen wie Jessamyn Stanley. Als ich vor ein paar Jahren anfing, mich mehr mit meiner intersektionalen Lebensrealität auseinanderzusetzen, begann ich auf ganz andere Art und Weise zu verstehen, wie widerständig diese Existenz in einer Gesellschaft oder genauer gesagt in einer Welt ist, die nicht darauf ausgelegt ist, Körpern wie meinem Wohlfühl- und Schutzräume zu bieten.

Besonders alles, was mit der vermeintlich freiwilligen Bewegung meines Körpers zu tun hatte, war in erster Linie schambehaftet und selten nicht mit dem Gedanken der Körperoptimierung verbunden. Also à la „Fitness wird gemacht, um abzunehmen, gesund zu sein und besser auszusehen!“ Motivierend? Nein. Frustrierend - hell yeah.

Aber dann: Along came Jessamyn!

Jessamyn lädt uns ein, den Weg, den sie selbst durchlaufen hat, nachzuspüren. Wenn Jessamyn erzählt, warum sie entschieden hat, Yoga zu praktizieren, ist sie dabei verletzlich und radikal ehrlich. Es wird nichts beschönigt und in den vielen Zwischenräumen der Sätze spüre ich, wie Jessamyn Schmerz, Freude und Wut vereint und verbindet, um die Essenz des Yoga greifbar für uns Lesende und/oder Praktizierende zu machen. Sich vulnerabel macht und Stärke zeigt. Auf die Ursprünge von Yoga nicht nur hinweist, sondern uns auch dorthin leitet. Weg vom dominanten weißen Mainstream-Yoga-Bullshit! All das geschieht auf eine so zugängliche und persönliche Art, dass es mir regelmäßig so vorkommt, als würden mich die Worte einer gut befreundeten Person wachrütteln und gleichzeitig umarmen. Und beim Lesen kommt die Erinnerung immer wieder hoch. Viele der diskriminierenden Erfahrungen, die ich beim Ausüben oder Ausprobieren von Sportarten jenseits von Kugelstoßen gemacht habe, wurden – Universum sei Dank für Jessamyns Lehren, scharfen Blick und Liebe zur Bewegung - durch Every Body Yoga auf einer ganz anderen Ebene validiert, auseinandergenommen und als problematisch entlarvt.

Every Body Yoga erlaubt uns, Body Positivity sowie deren mittlerweile verwässertes und kapitalistisches Denken kritisch zu betrachten und zu verstehen. Die Fitness- und Wellness-Szene, die so dominant weiß, normschlank, able-bodied und für Körper fernab dieser konstruierten Norm so schwer auszuhalten ist, bleibt nicht verschont.

Yoga bekommt hier mithilfe von Jessamyns ehrlicher Schreibweise die Tiefe, die zumindest mir aufgrund der performativen Darstellung durch den weißen Mainstream fehlt. Losgelöst von normierten Körperformen und dem Anspruch nach Perfektion können aus Unmöglichkeiten Möglichkeiten entstehen. Der Schmerz und die eigene Verletzlichkeit, die so tief eingeschrieben ist - besonders in Körpern, die mehrfach marginalisiert werden - bekommt Raum für Verständnis, für Wut und für den Glauben, dass Transformation zu selbstermächtigtem Handeln mit Hilfe der Prinzipien des Yoga möglich ist. Und das bedeutet für mich auch, dass Heilung nicht unerreichbar ist. Dass schon der Prozess und der Weg Heilung sein können.

Und ich bin gespannt, ob Every Body Yoga das vielleicht auch für dich sein kann: eine Einladung, alte Muster zu verabschieden, neue Wege zu gehen. Immer wieder in Gesprächen mit deinem Körper, Herz und deiner Seele zu sein. Ein Gefühl für dich und deine Umgebung zu bekommen. Loszulassen und neu zu empfangen. Dir selbst die Erlaubnis zu geben, sanft sein zu dürfen. Nicht aufzugeben. Zu dir zu kommen. Fernab von und gleichzeitig verbunden mit dem, was deine Umgebung und die Gesellschaft mit dir machen. Selbstbestimmt und mit dem tiefen Wissen, dass du die Kraft besitzt, so sein zu dürfen, wie du bist. Denn wie Jessamyn sagt: „You don’t have to be anyone other than yourself.“ („Du brauchst niemand anderes sein als du selbst!“)

CHRISTELLE NKWENDJA-NGNOUBAMDJUM

BIO

Christelle Nkwendja-Ngnoubamdjum (sie) ist eine dark-skinned, Schwarze, fette, queere Cis-Frau, kamerunischer Herkunft, westdeutsch sozialisiert, wohnhaft in Frankfurt am Main und hat 2018 an der Goethe-Universität ihren Magister in American Studies, Politik und Soziologie gemacht. Sie ist mit Schwarzen politischen Bewegungen in Deutschland verbunden und war unter anderem für mehrere Jahre im Beirat der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland aktiv. Christelle ist Co-Herausgeberin des Sammelbandes „Spiegelblicke – Perspektiven Schwarzer Menschen in Deutschland“ (Orlanda, 2015), hat Lyrik im Magazin #3 ‚Widerstand‘ (2020) des Verlags „Literarische Diverse“ veröffentlicht und ist Co-Autorin im Sammelband „Schwarz wird großgeschrieben“ (&Töchter, 2021). Sie befasst sich aus einer aktivistischen, intersektionalen und emotionalen Perspektive mit Themen rund um Gewichtsdiskriminierung, Fat-Acceptance/Liberation und Anti-Schwarzen Rassismus – in Workshops, Talks, Texten und auch auf Instagram unter @nkweeny.

WARUM HABE ICH DIESES BUCH GESCHRIEBEN?

 

 

Im Sommer 2012 war ich eine arbeitslose Hochschulabbrecherin und relativ neu im Yoga. Ich ging gerne zum Yogaunterricht (wenn ich es mir leisten konnte), aber genau wie viele andere Yogaschüler*innen, die „anders“ aussehen, habe auch ich das Yogastudio immer (bestenfalls) mit einem vagen Gefühl der Diskriminierung seitens meiner Lehrer*innen und Mitschüler*innen verlassen. Ich war außerdem knapp bei Kasse und konnte mir die gelegentlichen Yogastunden kaum leisten. Also konzentrierte ich mich darauf, meine Yogapraxis zuhause zu entwickeln. Ich fing an, meine Yoga-Asanas zu fotografieren und zu dokumentieren und die Fotos bei Instagram zu posten. Damals war Instagram eine neue Art von Social Media, aber es gab bereits eine kleine Community für Yogalehrer*innen und Praktizierende, die die App dazu nutzten, ihre Heimyogapraxis zu teilen. Ich fand schnell meinen Platz in dieser virtuellen Community und damit auch ein Gefühl der Inklusion und Ermutigung, das ich niemals zuvor in einem Live-Yogakurs bekommen hatte.

Damit änderte sich alles. Ich verspürte einen Heißhunger nach jeder Information abseits der körperlichen Haltungen, denen ich im Studiounterricht begegnet war. Ich habe die Geschichte, Anatomie und die Evolution verschiedener Yogaströmungen studiert. Ich ließ mich zur zertifizierten Yogalehrerin ausbilden. Heute habe ich das unglaubliche Privileg, die Welt zu bereisen und dabei die Praxis zu unterrichten, die ich so sehr liebe.

So viel mir Social Media auch gegeben hat, sollte es nicht die einzige Quelle der Inspiration für Menschen sein, die nicht ins typische Yogaschema passen. Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben. Weil alle Yogakörper es verdienen, auch in einem Buch abgedruckt repräsentiert zu werden, nicht nur diejenigen, die schlank, jung, weiblich und weiß sind.

Ich habe dieses Buch für jede fette¹ Person, jede alte Person und jede Person, die besonders klein ist, geschrieben. Ich habe es für jede Person geschrieben, die sich selbst schon mal als hässlich bezeichnet hat, und jede Person, die ihre eigene Schönheit nicht akzeptieren kann. Ich habe dieses Buch für jede Person geschrieben, die sich unsicher mit ihrem eigenen Körper fühlt.

Ich habe es für jeden Menschen geschrieben, der täglich damit kämpft, Glück und Freude zu finden, und für alle, die sich schon mal vom bloßen Akt des Lebendig-Seins überwältigt gefühlt haben. Ich kenne das. Wir alle kennen das.

Yoga is for everybody and EVERY BODY. Das bedeutet, Yoga ist für alle und JEDEN KÖRPER zugänglich. Du musst weder dünn noch dick sein. Du musst keinen spezifischen Hautton haben oder dich zu einer speziellen Diät verpflichten. Du musst keine bestimmte Geldsumme verdienen (oder Zugang dazu haben).

Du musst nichts anderes verkörpern als dein wahrstes und ehrlichstes Selbst, um Yoga zu machen. Du musst die Traurigkeit, Wut und all die anderen „hässlichen“ Gefühle, die unsere Leben prägen, nicht aussparen.

Du musst niemand anderes sein als du selbst.

Und ich dachte, es wäre höchste Zeit, genau das mal so laut herauszuschreien, dass alle und jede*r es hören können.

1. Der Begriff „fett“ wird als bewusste Widerstandsform verstanden. Diese Wiederaneignung diskriminierender Sprache kommt aus dem Fat Movement, in dem Aktivist*innen seit den 1960er Jahren gegen die Diskriminierung von Menschen mit großen Körpern in der Gesellschaft und im Gesundheitswesen kämpfen. Das Body Positivity Movement stellt dabei eine positive Selbstwahrnehmung und eine radikale Selbstliebe des eigenen Körpers in den Vordergrund, in der gesellschaftliche Schönheitsund Gesundheitsnormen aus mehrheitlich weißen Gesellschaften, die z. B. das Dünnsein propagieren, infrage gestellt werden. Mittlerweile gibt es in der Bewegung viele verschiedene Strömungen. Neben Body Positivity wird beim Body Neutrality Movement das Ziel, den eigenen Körper ständig lieben und heilen zu müssen, kritisiert. Vielmehr sollen wir in unseren Körpern existieren dürfen, ohne sie ständig zu bewerten.

„HEY, JESSAMYN, WIE KANN ICH ANFANGEN YOGA ZU MACHEN?“

Yoga hat mir eine Methode an die Hand gegeben, um den Wahnsinn des Lebens zu akzeptieren.

 

Lass es mich so sagen: Hätte ich in den letzten fünf Jahren jedes Mal einen Cent bekommen, wenn jemand diese Frage in meiner Hör-, Lese-, Atemreichweite stellte, dann würde ich mittlerweile abkassieren wie ein Bill Gates. Sobald du dem Internet deinen fetten Arsch in einer Yogahaltung zeigst, wollen scheinbar alle wissen, wie zum Teufel du das geschafft hast.

Normalerweise stellen mir Leute diese Frage in Situationen, in denen ich keinesfalls eine angemessene Antwort geben könnte, zum Beispiel, wenn ich bei einer Cocktailparty der Freundin einer Freundin darauf warte, dass mein Date aus dem Badezimmer zurückkommt, oder im Supermarkt, nachdem ich den ganzen Tag in der Schlange bei der KFZZulassungsstelle verbracht habe. Und auch wenn ich in einen ganz lockeren und hilfreichen Dialog treten möchte, der in etwa so beginnt: „OH MEIN GOTT, DANKE FÜR DIE FRAGE! NATÜRLICH kann ich dir ABSOLUT in 30 oder weniger Wörtern jede einzelne Information geben, die du brauchst, um mit deiner Yogapraxis zu starten“, bin ich nicht wirklich locker und bewahre dabei auch nicht wirklich ein Pokerface. Meine ehrliche Antwort ist einfach zu umfangreich und langatmig für eine angemessene Zusammenfassung, während ich in der alptraumhaften Schlange der KFZ-Zulassungsstelle anstehe, und ich bin normalerweise zu überwältigt, um eine geeignete stichwortartige Antwort zu geben. Daher bin ich mir sicher, dass mein Gesichtsausdruck verrät, was ich denke, nämlich: „WIE ZUR HÖLLE DENKST DU, DASS ICH DIESE FRAGE GERADE JETZT UND HIER, MITTEN IM BIOLADEN, TATSÄCHLICH ANGEMESSEN BEANTWORTEN KÖNNTE??“ Die fragende Person weicht dann normalerweise langsam zurück und lässt mich mit der Grimasse eines Trolls stehen, während das Kassenpersonal des Bioladens versucht so zu tun, als seien sie nicht Zeug*innen der peinlichsten menschlichen Interaktion der Welt geworden.

Wenn du und ich diese Interaktion hatten, entschuldige ich mich. Ich weiß, dass du nur versucht hast, Klarheit über ein Thema zu erhalten, zu dem viele Menschen scheinbar Fragen haben. Das ist wahrscheinlich der Grund, aus dem du (ja, DU, die Person, die diese Worte gerade liest) beschlossen hast, dieses Buch durchzublättern, während du dich in der hintersten Ecke der Buchhandlung vor deinem Tinder-Date versteckst. Oder vielleicht hast du ein Bild von mir auf Instagram gesehen, auf dem ich meinen Körper kopfüber verdrehe oder meine Wirbelsäule auf eine Art verbiege, die so wirkt, als sollte ich definitiv einen Exorzismus durchführen lassen, und dann dachtest du dir: „VERDAMMT, WENN DIESE FAT BITCH DAS KANN, WETTE ICH, DASS ICH DAS AUCH KANN!“

Vielleicht hast du in der Vergangenheit schon einmal Yoga ausprobiert und es hat sich als absolut erbärmliche Erfahrung erwiesen. Vielleicht hast du dann den Glauben an das Potenzial deiner eigenen Yogapraxis komplett aufgegeben. Vielleicht fandest du es langweilig oder einfach VIEL schwieriger, als du es erwartet hattest. Vielleicht denkst du, dass du und ich einige Gemeinsamkeiten teilen, die du bei anderen Yogalehrer*innen bisher nie feststellen konntest. Denn der springende Punkt, den du von meinem Foto – von einem fetten Girl, das Yoga in seiner Unterwäsche macht – mitnimmst, ist, dass das nicht so schwer sein kann. Also kannst ja vielleicht auch du das, was ich kann. Ich meine, es wird wahrscheinlich ein bisschen Anstrengung und Schweiß kosten, aber du wirst in kürzester Zeit einen Kopfstand und tiefe Rückwärtsbeugen machen können, richtig?

Ähm, ja … Ich denke, damit hast du absolut recht. Ich denke, wenn du Probleme mit deinem Körper hast oder wenn Scheißgedanken über deinen Körper, seine Form, seine Größe oder Kondition in deinem Kopf wüten, und besonders wenn diese Scheiße in deinem Kopf Yoga betrifft, dann kannst du definitiv viel aus meiner Erfahrung lernen. Denn du hast vollkommen recht: Ich bin fett. Ich bin nicht die Person, die man sich typischerweise als Yogalehrerin oder -praktizierende vorstellen würde. Nicht mal hinter der Rezeption im Yogastudio. Ich weiß, wie es sich anfühlt, eine Außenseiterin zu sein. Ich weiß, wie es sich anfühlt, in einer Umgebung, die eigentlich dafür gedacht ist, Ruhe und Gelassenheit zu unterstützen, stattdessen entmutigt und ausgeschlossen zu werden.

Die Wahrheit ist, dass du nur einen Kurs in deinem örtlichen Yogastudio besuchen musst, um zu bemerken, dass die moderne westliche Yogawelt sehr vielfältig ist und ihre Praktizierenden in allen Hauttönen, Formen und Größen des fleischfarbenen Regenbogens vorkommen. Aber wenn du nur auf das mediale Verständnis von Yogapraktizierenden achtest, das das stereotype Ideal einer ärztlich anerkannten, westlichen Gesundheit widerspiegelt: schlank, groß und jung, ist es leicht zu sehen, warum du dich ein wenig entfremdet und verloren fühlen könntest.

2. Das großgeschriebene „S“ wird bewusst gesetzt, um eine sozio-politische Positionierung in einer mehrheitlich weiß dominierten Gesellschaftsordnung zu markieren, und gilt als Symbol einer emanzipatorischen Widerständigkeitspraxis von Schwarzen Menschen. (Vgl. https://diversity-artsculture.berlin/woerterbuch/schwarz)

Dies mag eine enttäuschende Feststellung sein, aber ich war einmal genauso entfremdet und verloren, wie du dich gerade fühlst. Als ich Yoga für mich entdeckte, war ich vollständig unter den Sorgen meines Lebens begraben. Ich war emotional verletzt – Liebe, Verlust und das Leben hatten mein Herz zerschlagen und komplexe Mauern um den Kern meiner Seele errichtet – und ich war, bereits seitdem ich die Gebärmutter verlassen hatte, in den Problemen rund um meinen Körper gefangen.

Ich bin in einer Vorstadt in den Südstaaten mit einer mehrheitlich weißen Bevölkerung aufgewachsen – und ich war der Inbegriff einer großen, Schwarzen² und schönen afrikanischen Königin, gefangen in einem Meer von dünnlippigen, blasshäutigen Meeresnymphen. Ich fand es fast unmöglich, mich mit meiner afroamerikanischen natürlichen Schönheit zu versöhnen, während mich die eindimensionalen (und sehr, sehr weißen) Darstellungen von Schönheit umgaben. Als meine Pubertät begann, sehnte ich mich die ganze Zeit nach Bestätigung für meine Schönheit, und im Laufe der Zeit entwickelte ich eine Abscheu gegen mein natürlich dickes und krauses Haar. Obwohl ich immer die Dickste, die Langsamste und die Unsportlichste war, vergötterte ich die klischeehafte Schönheit von Cheerleaderinnen. Trotz meines völligen Mangels an natürlicher Flexibilität und Balance versuchte ich dem Cheerleading-Team meiner Middle School beizutreten. Ein paar Jahre später war ich davon besessen, Gewicht zu verlieren. Seinen eigenen Körper ununterbrochen zu hassen? Ja genau, das ist gar kein guter Look! Und ich glaube, es ist nicht übertrieben zu sagen, dass mein Selbsthass aus der Kindheit einige sehr üble emotionale Wunden in Erwachsenengröße hervorgebracht hat. Rückblickend scheinen all diese Erfahrungen direkt auf eine Notwendigkeit für irgendeine Art von Yoga hinzudeuten. Und zwar nicht als eine sportliche Routine, sondern als eine Möglichkeit, um mich nicht mehr wie meine eigene schlimmste Feindin zu verhalten.

Und es hat funktioniert. Größtenteils. Natürlich hat Yoga mein Selbsturteil nicht auf magische Art und Weise vollkommen gesund, intakt, solide, vernünftig und zuverlässig gemacht. Aber es hat mir eine Methode an die Hand gegeben, um den Wahnsinn des Lebens zu akzeptieren. Meine Yogapraxis hilft mir, die überwältigende, allumfassende Absurdität des Alltags zu überwinden. Sie erlaubt mir, aus meinen alltäglichen Ängsten, endlosen Obsessionen und meiner sinnlosen Wut herauszutreten. Ich weiß nicht, wie es dir ergeht, aber ich habe dieses Gefühl noch nie von anderen körperlichen Übungen oder sportlichen Aktivitäten bekommen. Und das liegt daran, dass Yoga NICHT nur ein reiner Sport ist, sondern ein Lebensweg. Und wenn du es zulässt, wird der yogische Weg jeden Moment deines Lebens umhüllen – jeden Atemzug, jede Interaktion, jeden Blick und jeden Gedanken.

Wenn westliche Menschen über „Yoga” sprechen, dann meinen sie damit fast ausnahmslos „Asana“³, auch bekannt als extravagante, gymnastische Körperhaltungen, die irgendjemand in deiner Gegend wahrscheinlich genau in diesem Moment unterrichtet. Asana ist jedoch nur ein Glied eines achtgliedrigen Pfades, und wahre Yogapraktizierende richten ihr Leben danach aus, alle acht Glieder zu verwirklichen, nicht nur die Asana.

Der achtgliedrige Pfad des Yoga kann Antworten auf die Fragen geben, die uns unser ganzes Leben lang verfolgen. Nicht oberflächliche Fragen wie „Bin ich fett?“, „Bin ich hübsch?“ oder „Werde ich diesen Job bekommen?“. Ich rede von den ECHTEN Fragen, den tieferen Fragen, jenen, die sich während unserer Kindheit in unsere Psyche eingraben, den Fragen, die während der Jugend in uns gären und im Erwachsenenalter aufblühen und uns für den Rest unseres Lebens heimsuchen. Was bin ich wert? Verdiene ich Liebe? Was ist meine Bestimmung? Was wäre, wenn meine Träume nicht wahr werden?

Auch wenn du ein eingefleischter Anti-New-Age-Fitness-Fan bist, eine Person mit absolut keinem Interesse an der „spirituellen“ Seite des Yoga, jemand, dem der achtgliedrige Pfad des Yoga scheißegal ist und auch bleiben wird – sogar die säkularsten unter den Praktizierenden sind nicht immun gegen die wahre Kraft des Yoga. Denn es ist mir egal, wie sehr du all deinen Scheiß auf die Reihe kriegst, wir suchen alle nach Antworten, nach Gleichgewicht, nach Frieden.

Der Wahnsinn meines Lebens endete sicherlich nicht, als ich anfing, Yoga zu praktizieren. Aber was auch immer los war: Meine Praxis war immer für mich da – auch als ich keinen Weg fand, um vom Boden hochzukommen, als ich dachte, dass Selbsthass und Selbstverachtung mein Ende wären, hat meine Yogapraxis mir geholfen, die Tatsache zu akzeptieren, dass Fehleinschätzungen und große Fehltritte zum Leben dazugehören und der Preis sind, den wir dafür zahlen, um in unserem Leben präsent zu sein. Letztendlich hat mir Yoga bewusst gemacht, dass Glück nicht davon kommt, dass wir auf magische Weise bessere Menschen werden. Die Praxis ist eine Erinnerung daran, dass wir es verdienen, heute glücklich zu sein, genau in diesem Moment, weil wir bereits absolut perfekt sind.

ÄHM, DU HAST MEINE FRAGE IMMER NOCH NICHT BEANTWORTET

Okay. Wie fängst du also mit deiner eigenen Yogapraxis an? Dieses Buch ist meine Antwort.

Ich werde dir einen Crashkurs in Yoga geben – ich nenne ihn gerne „Yoga 101“ –, in dem ich dir die Grundlagen der Geschichte des modernen Yoga, die Kernelemente des achtgliedrigen Pfades und der verschiedenen Yogastile sowie alle Werkzeuge und Hilfsmittel im Einzelnen erkläre, die deine eigene Yogapraxis zum Leuchten bringen werden. Ich beantworte die Fragen, die wirklich von allen Yoga-Anfänger*innen gestellt werden. Und ich bringe dir das ABC bei – meine wichtigsten Lieblingsyogahaltungen. Das sind die Haltungen, die das Fundament meiner Yogapraxis bildeten, als ich angefangen habe zu praktizieren, und die ich bis heute in verschiedenen Variationen und Flows nutze. Wenn du eine starke Verbindung mit all diesen Haltungen schaffst, wirst du eine solide Grundlage für die Yoga-Asanas entwickeln. Ein Wissen, das du in jedes Yogastudio der Welt mitnehmen kannst. Dann helfe ich dir dabei, all dieses Wissen in einer Reihe von Yogasequenzen zusammenzustellen, die auf spezifische Stimmungen und emotionale Bedürfnisse zugeschnitten sind. Die wunderschönen Yogi*nis, die in diesem Buch vorkommen – Laura, Chrissie, Charlie, Jaclyn –, sind alle ausgebildete Yogalehrer*innen, die nicht unbedingt in die stereotype Schablone von Yogalehrer*innen passen. Genau wie ich. Genau wie du. Wundere dich nicht. Es gibt mehr von uns, als du vielleicht angenommen hast. Ich glaube, der ehrlichste Weg, der jede*n von uns zu einer eigenen Yogapraxis inspirieren kann, liegt darin, die wahren Lebensgeschichten unserer Mitpraktizierenden und Lehrer*innen zu hören. Diese einzigartigen Lebensgeschichten – Geschichten, die mehr Kummer, Verletzungen, Sucht, Verlust und herzzerreißende Momente haben als eine Seifenoper – motivieren uns auf dem yogischen Weg. Gestatte mir, ein paar Geschichten aus meinem eigenen Leben zu erzählen. Denn ich bin kein Engel und ich habe verflucht nochmal Fehler gemacht. Und seien wir ehrlich, wir beide wissen, dass auch du das ein oder andere Mal auf den Hintern gefallen bist. Ganz unter Freund*innen: Tröste dich und schöpfe Mut aus dem Wissen, dass ich deine lebenslange Mitstreiterin bin.

„IST DAS HIER EINE SEKTE?“

Ich war die fette, jugendliche Novizin und ich fiel auf wie ein bunter Hund.

Meine erste Erfahrung mit Yoga war die Hölle auf Erden. Hörst du mir zu? HÖLLE. AUF. ERDEN.

Ich war 16, als meine Tante Tracy mich zu einer Bikram-Yogastunde mitschleppte. Die jüngste Schwester meiner Mutter, Tracy Baldwin, war für Teenie-Jessamyn der Inbegriff von Glamour – die „jetsettende, inspirierende Karrierefrau“ meiner Ursprungsgeschichte. Sie war groß wie eine Amazone und erschreckend schön, hatte einen messerscharfen Verstand und einen Sinn für Humor, der so trocken war wie Roggentoast; eine Weltreisende, die immer mit den wildesten Geschichten nachhause kam, gerade schlüpfrig genug, um ihre Nichte in einen Taumel von Tagträumen zu schicken. Meine Tante hatte sich bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten verlobt, war aber nie tatsächlich vor den Altar getreten und sie trug ihren unverheirateten, kinderlosen Status als ein Ehrenabzeichen. Sie verbrachte einen Teil jedes Sommers damit, mich, meinen jüngeren Bruder und all meine Cousins und Cousinen durch die Mühen der frühen Adoleszenz zu begleiten. Tante Tracy war damit beauftragt, uns die Art von Dingen beizubringen, die Tanten schon seit Generationen weitergeben. Sie war die Frau, die mir beibrachte, wie ich meine Oberlippenbehaarung mit Wachs entferne. Sie war besonders hilfreich, wenn es darauf ankam, bis ins kleinste Detail zu verstehen, wie die eigene Sexualität zu nutzen ist, um Männer zu verwirren, zu irritieren und durcheinanderzubringen, und sie war unser Spracharsenal, wenn es darum ging, unseren Gegner*innen auf dem Spielplatz verbale Bitch Slaps zu erteilen.

In diesem schicksalhaften Sommer war meine weltgewandte Tante von Bikram-Yoga besessen und ermutigte mich, sie zu einem Kurs zu begleiten. Für diejenigen unter euch, die es noch nie ausprobiert haben: Bikram ist ein Ablauf von 26 Yogahaltungen, die über 90 Minuten hinweg in einem sehr heißen Raum durchgeführt werden. Wie heiß ist sehr heiß? Etwa 40 Grad. Und wenn du eine weinerliche, pummelige Highschool-Schülerin bist, gefangen in einem verschwitzten und brütend heißen Yogastudio, anstatt bei deiner Tante auf der Couch zu campen und sich ihren endlosen Vorrat an VHS-Kassetten reinzuziehen, dann wird eine 90-minütige Yogasession schnell zum Alptraum.

Ich war die fette, jugendliche Novizin in einem Raum voller fortgeschrittener Yogapraktizierender im mittleren Alter und ich fiel auf wie ein bunter Hund. Die Lehrkraft hatte offensichtlich Zweifel an meiner Fähigkeit, diesen Kurs zu überleben, und mir ging es genauso. Die Hitze des Raumes war komplett unzumutbar. Ich konnte nicht ergründen, wie von heißblütigen menschlichen Wesen tatsächlich erwartet werden konnte, dass sie ganze anderthalb Stunden ohne den geringsten Hauch einer Klimaanlage überleben sollten. Auch der Geruch des Studios war überwältigend. Schweiß und Teppichboden vertragen sich nicht, aber es war von dem Moment an, in dem ich meine Matte ausrollte, absolut klar, dass wirklich niemand in diesem Raum sich für diese ästhetischen Fragen interessierte.

Schon bevor wir mit der Einstiegsrunde der Pranayama, der Atemarbeit, fertig waren, wollte ich aus dem Unterricht abhauen. In jedem Bikram-Yogakurs der Welt wirst du den intensiven doppelten Runden von nasalem Einatmen und oralem Ausatmen begegnen, die jede Yogasequenz einrahmen. Das Bikram-Pranayama ist besonders mörderisch, sogar für erfahrene Praktizierende. Die anderen Schüler*innen des Kurses atmeten so hart, tief und laut, dass sie aussahen, als würden sie versuchen, eine Horde Drachen zu imitieren. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn Rauch aus dem einen oder anderen Nasenloch aufgestiegen wäre. Wie konnte etwas so zutiefst Elementares und Menschliches wie Atmen so verdammt schwer sein? Ich hatte es mein ganzes Leben lang getan und doch empfand ich diese Atemübungen als unmöglich.

Die Gleichgewichtsübungen waren ähnlich schwierig, und das nicht nur aufgrund meiner Ungeschicklichkeit. Dank der unerbittlichen Hitze schwitzte ich wie ein Schwein auf dem Bahnsteig der New Yorker U-Bahn im August. Schweiß strömte mir aus jeder nur erdenklichen Öffnung. Die Rückseiten meiner Ellbogen schwitzten. Meine verdammten Zehenhaare waren nass. Und trotz des Handtuchs, das ich über meine Matte drapieren sollte, machte es der Schweiß nahezu unmöglich, gerade zu stehen, geschweige denn, meinen Fuß hinter meinem Kopf zu greifen oder irgendeinen anderen unbegreiflichen Klamauk zu machen, der allen anderen in der Klasse scheinbar so mühelos gelang.

Nach ungefähr einem Drittel des Kurses war ich davon überzeugt, dass mir der Hitzetod bevorstand. Ich musste da raus. Mit meiner letzten Würde, die mir aus den Fingerspitzen triefte, schaffte ich es, aus Satans Yogasauna herauszukriechen. Die Welle an klimaanlagengesättigtem Sauerstoff, der mir im Flur entgegenströmte, war eine Erleichterung biblischen Ausmaßes, die nur von Manna aus dem Himmel übertroffen werden konnte. Allerdings erfuhr ich schon bald, warum Lehrer*innen ihren Schüler*innen davon abraten, die heißen Studios während des Unterrichts zu verlassen. Wenn erschöpfte Schüler*innen von einem relativ kalten Raum wieder zurück in den brütend heißen Raum wechseln, dann können ihre internen Temperaturwechsel abrupt und schmerzhaft sein und katastrophale Konsequenzen nach sich ziehen. Als ich wieder auf meine Matte zurückkehrte, fühlte ich eine Welle an Übelkeit, schlimmer, als ich sie je zuvor erfahren hatte. Ich verbrachte den Rest des Kurses als Häuflein Elend auf meiner Yogamatte und versuchte gleichzeitig, nicht zu weinen und mich in Luft aufzulösen. Ich schäme mich nicht, dir zu sagen, dass ich jede einzelne der 90 Minuten gehasst habe und dass mein Emmy-würdiges Drama nach dem Unterricht in einer Runde stärkender Cook-Out-Milkshakes für mich und meine Tante endete.⁴ Yoga war offensichtlich nichts für mich.