FAKE IT TILL YOU MAKE IT - Todd Allington - E-Book

FAKE IT TILL YOU MAKE IT E-Book

Todd Allington

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Soziale Faktoren wie Selbstdarstellung, Networking und politisches Geschick sind für die Karriere heute wichtiger als Fachkenntnis und Begabung. Industrieschauspieler beherrschen diese Disziplin perfekt und haben es damit in die höchsten Managementpositionen geschafft. In diesem Handbuch erfahren Sie schauspielerische Tipps und Tricks, die Sie für eine erfolgreiche Karriere benötigen: wie Sie perfekt in ihre Rolle schlüpfen, passendes Bühnenbild und Bühnenkleidung wählen, eine Intrige inszenieren, unbequeme Kollegen ausschalten, karriereoptimiert flirten, und kräfteschonend das Maximale für sich heraus holen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 207

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



FAKE IT TILL YOU MAKE IT

Handbuch für Industrieschauspielerinnen

„Handbuch für die Dame“

Todd Allington

Über das Buch

Dieses Buch verrät Geheimnisse. Die Erfolgsgeheimnisse der Industrieschauspieler. Todd Allington beschreibt vom Vorstellungsgespräch bis zur Chefposition die geheimen Spielregeln und Strategien der modernen Arbeitswelt: wie Sie u.a. perfekt in eine Rolle schlüpfen, Ihr passendes Bühnenbild und Ihre Bühnenkleidung wählen, eine Intrige inszenieren, Ihren Chef manipulieren, effizient Gerüchte streuen, unbequeme Kollegen ausschalten, karriereoptimiert flirten, Meetings steuern oder scheitern lassen und in den wichtigen Momenten das Meiste für sich herausholen.

Impressum

E-Book-Ausgabe 2016 Open Publishing Verlag in der Verlagsgruppe Open Publishing Rights GmbH, München Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden. Umschlaggestaltung: Bilandia/Open Publishing GmbH, München ISBN 978-3-95912-190-3books.openpublishing.com

„Sei, was Du scheinen willst.“

Sokrates

VORWORT

Liebe Leserin,

der nachfolgende Text wird Ihr Verständnis und Ihren Glauben an die Arbeitswelt nachhaltig in seinen Grundfesten erschüttern. Wenn Sie nach dem Studium dieses Handbuches wieder an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren, wird die Welt für Sie eine andere sein. Sie werden Kolleginnen und Kollegen in anderem Licht sehen und feststellen, dass auch in Ihrem Arbeitsumfeld nicht alles Gold ist, was glänzt.

Lange habe ich mit mir gerungen, ob ich den Tarnmantel der Industrieschauspielerbranche so schamlos zerreißen darf. Nach vielen Einzelinterviews mit erfahrenen IndustrieschauspielerInnen kam ich zu dem Entschluss, dass ich mit diesem Werk einen wichtigen Beitrag zur Volksgesundheit und Armutsbekämpfung leisten kann. Denn die erfreuliche Erkenntnis nach meiner Recherche war, dass IndustrieschauspielerInnen einerseits von der sich ausbreitenden Berufskrankheit „Burn-Out“ verschont bleiben und andererseits seltener Opfer von Altersarmut werden. Zwei erfreuliche Aspekte, liebe Leserin, die Ihr zukünftiges Leben positiv beeinflussen werden.

Das vorliegende Handbuch richtet sich vornehmlich an alle Angestellten, Beamtinnen und Beamten, die in den industrialisierten Ländern den Großteil der arbeitenden Bevölkerung ausmachen. Sie fristen ihr Dasein in Firmen, Behörden und Konzernmühlen, bis sie erschöpft und ausgebrannt in der Frühpension oder Rente landen. Doch auch die selbstständige Unternehmerin kann in diesem Werk wertvolle Hinweise über das Innenleben solcher Beschäftigungsapparate finden, denn sie begleiten sie als Auftraggeberin oder Auftragnehmerin, Aufsichts- oder Genehmigungsbehörde auf ihrem geschäftlichen Weg in den angestrebten Unternehmerinnen-Reichtum.

Da sich das Handwerkszeug der Industrieschauspielkunst bei Frauen und Männern in vielen Bereichen deutlich unterscheidet, habe ich mich entschlossen, das Handbuch geschlechterspezifisch jeweils für die Dame und den Herren zu verfassen. Es ist beiden Geschlechtern freigestellt, auch die jeweils andere Version zu lesen. Für ein holistisches Verständnis der Arbeitswelt empfehle ich es sogar, denn es verschafft unbekannte Einblicke in die perfiden Praktiken der geschlechtlichen Opposition.

Genug der Vorworte. Tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Gauklerinnen und Gaukler, Illusionskünstler und Business-Surfer, allgemein bekannt als Industrieschauspieler.

INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

INHALTSVERZEICHNIS

TEIL 1: DIE METAMORPHOSE ZUR INDUSTRIESCHAUSPIELERIN

GEKOMMEN, UM ZU BLEIBEN

Ihr erstes Engagement

Wie im Sandkasten

Vorsprechen beim Vorstellungsgespräch

Überlebensstrategie in der Probezeit

PHASE 1: BEOBACHTEN

PHASE 2: MITSCHWIMMEN

INDUSTRIESCHAUSPIELERIN ALS ZWEITER BILDUNGSWEG

TEIL 2: VENI, VIDI, LODU

DAS KOSTÜM DER INDUSTRIESCHAUSPIELERIN

Allingtons Business-Circle of Fashion

Bluse und Blazer

Rock

Mantel

Schuhe

Accessoires

Haare

Haarlänge

Haarfarbe

Nägel, Make-up, Schmuck, Parfüm

Die Tasche

Der Anlass rechtfertigt die Mittel

DAS BÜHNENBILD DER INDUSTRIESCHAUSPIELERIN

LIEBEN SIE IHREN CHEF

SOCIALIZING UND NETWORKING

HORIZONTALES ENGAGEMENT

DIE MEETINGSTRATEGIE: MEET THEM AND BEAT THEM

Worum geht es überhaupt?

Teilnehmerkreis

Raum und Zeit

Aktive Teilnahme

Aktives Scheiternlassen eines Meetings: Ihr Werkzeugkasten

Herbeiführen des gewünschten Ergebnisses

Passive Teilnahme: Ihr Werkzeugkasten

TELKO-TIPPS

Ankerpunkt 1: Der Opener

Ankerpunkt 2: Das Interstitial

Ankerpunkt 3: Der Closer

DAS GESCHÄFTSESSEN

Austragungsort

Startzeit

Sitz und Platz

Jetzt wird bestellt

Jetzt wird gegessen

Verhaltenstipps am Tisch

DER MÄNNLICHE GRUPPENAUSFLUG INS ETABLISSEMENT

DIE FIRMENFEIER

Die richtige Kleidung

Vorglühen vermeiden

Eröffnungsrede schadlos überstehen

Buffet-Verhalten

Party-Smalltalk

Chef-Dialog

Ausfallmanagement

Kontrolliertes Trinken

Amouröse Anbahnung

Tanzverhalten

SPESEN- UND FAHRTKOSTENABRECHNUNG

Spesenposten ohne Gestaltungsspielraum

Kreative Spesenposten

Timing der Abrechnung

Firmenwagen

A2E

Online-Zweitjob

Schmiermittel

A2E-Formalien

Alternative Fortbildung

Camouflage

WISSEN IST MACHT

Flurfunker

Wichtigtuer

Intrigant

UNTER FEINDEN

VERSCHLEIERUNGSTAKTIKEN

COVER YOUR ASS – ERFOLGREICH SCHEITERN

WORK-LIFE-BALANCE

BETRIEBSRAT – KARRIEREFALLE ODER LETZTE ZUFLUCHT?

UNTER MÄNNERN

THE ONLY WAY IS UP – NACH OBEN FALLEN

AUSBLICK UND KÜR

FACH- UND FREMDWORTREGISTER

ÜBER DEN AUTOR

QUELLENVERZEICHNIS

TEIL 1: DIE METAMORPHOSE ZUR INDUSTRIESCHAUSPIELERIN

Viele Wege führen nach oben. Je nach Kulturkreis und Region haben Menschen unterschiedliche Ansätze für die Zielerreichung entwickelt. In der westlichen Welt prägten „Ohne Fleiß kein Preis“ und „Von nichts kommt nichts“ unsere Karriere-Parolen. Für den Berufstyp „fleißige Arbeitsbiene“ hilfreich erscheinende Berufs-Mantras. Aber die Welt besteht nicht nur aus Arbeitsbienen. Die Pragmatikerin folgt den Regeln der Natur. Wie auch das Wasser sucht sie den Weg des geringsten Widerstandes. Denn beruflicher Erfolg setzt nicht voraus, dass sie dafür hart arbeiten und hundert Prozent oder mehr abliefern muss. Mit Einfallsreichtum und Fantasie kann sie das Ziel sogar ressourcensparend erreichen. Vorausgesetzt, dass sie weiß, wie der Karriere-Hase läuft und wo das Ziel ist. Sie benötigt daher eine gut durchdachte Strategie, um mit minimalem Aufwand das Maximale für sich herauszuholen. Gute Pferde springen knapp.

Nur wenige erfüllt Arbeit voll und ganz, und einige verfolgen dabei sogar humanitäre, philosophische, oder religiöse Ziele. Die meisten verrichtet ihren Job, um einfach nur ihre Rechnungen bezahlen zu können. Es ist wissenschaftlich erwiesen (Quelle 1), dass die Wenigsten einen Sinn in ihrer Arbeit sehen und sich zur Selbstverwirklichung in private Tätigkeiten flüchten. Statistisch gesehen beschäftigt sich jede Angestellte zwei bis drei Stunden am Tag mit rein privaten Dingen. Das bedeutet, dass fast ein Drittel aller Angestellten täglich mehrere Stunden Arbeitszeit zum Privatvergnügen nutzt. Daher ist es nicht überraschend, dass in den USA sechzig Prozent aller Online-Einkäufe zu Bürozeiten stattfinden. Europa verzeichnet eine ähnliche Tendenz.

Sie müssen daher kein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie ohne erkennbares Talent mit durchschnittlicher Motivation Ihr Karriereglück auf dem Arbeitsmarkt versuchen möchten. Dort ist noch jede Menge Platz für Sie. Leisten Sie nicht mehr als nötig, denn Erfolg ist auch ohne Burn-Out möglich. Mit einer gesunden Work-Life-Balance dazu. Wie eine solche Karriere funktioniert, werden Sie auf den folgenden Seiten erfahren.

Egal, was Sie gelernt haben, die Verwandlung zur Industrieschauspielerin ist erlernbar. Ihr Arbeitsvertrag enthält eine genaue Rollenbeschreibung, in der formuliert ist, was der Regisseur und das Publikum von Ihnen auf der Unternehmensbühne erwarten. Der Regisseur ist Ihr Chef und das Publikum sind Ihre Kolleginnen und Kollegen. In den nachfolgenden Kapiteln wird der Begriff „Chef“ auch stellvertretend für die weibliche Führungskraft verwendet. Dies erfolgt wertungsfrei und begründet sich ausschließlich statistisch, da die Anzahl der weiblichen Führungskräfte zwar kontinuierlich steigt, aber Frauen im Top-Führungssegment immer noch unterbesetzt sind (Quelle 3). Dies gilt im Verlauf der Abhandlung auch teilweise für andere männlich geprägte Branchenbegriffe. Geschlechterneutral wird für die weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Begrifflichkeit Kolleginnen und Kollegen verwendet. Um nicht zu viele Buchstaben bei der internen Kommunikation zu verschwenden, wird dies in den meisten Firmen mit dem Buchstabenkürzel KuK abgekürzt. Dies wird für das vorliegende Handbuch ebenso übernommen.

Ein detailliertes Drehbuch für Ihren schauspielerischen Einsatz gibt es nicht. Ihr Schauspiel erfordert hohe Konzentration und Flexibilität, denn jeder teilnehmende Schauspieler folgt – wie auch Sie – seiner eigenen versteckten Agenda. Gespielt wird Improvisationstheater. KuK und Ihr Chef liefern täglich frische Themen, die Auslöser und Leitfaden für die spontan entstehenden Büro-Theater-Dramen sind. Ihr Chef hat als Regisseur die künstlerische und organisatorische Leitung. Das Bühnenbild der Büro-Inszenierung wird meist von fantasielosen und pragmatisch denkenden Innenarchitekten entworfen. Auf Spezialeffekte wird heute vorwiegend verzichtet. Der exzessive Einsatz von umherfliegenden Grafikobjekten und lustigen Soundsamples bei PowerPoint-Präsentationen gehört in die Mottenkiste der New Economy. Um richtig einzusteigen, müssen Sie zunächst die richtige Rolle und Bühne finden, um Ihre Karriere als Industrieschauspielerin zu beginnen.

GEKOMMEN, UM ZU BLEIBEN

Ihr erstes Engagement

Sie fangen Ihren ersten Job leider nicht als Chefin an. Auch wenn das am Schönsten wäre. Wie das Wort Karriereleiter befürchten lässt, beginnt Ihr Aufstieg bei der untersten Sprosse. Aber Augen auf beim Leiterkauf. Ihr Einstiegsjob stellt die Weichen für Ihre kommenden Dienstjahre. Daher müssen Sie bei der Auswahl von Ort und Branche für Ihren Berufseinstieg besonders weitsichtig sein. Ihre berufliche Vorbildung ist hierbei nicht ganz unwichtig. Um schnell ein hohes Gehaltslevel zu erreichen, benötigen Sie nicht unbedingt ein abgeschlossenes Studium. Es schadet aber auch nicht. Sollten Sie ohne berufliche Vorbildung und Uni- oder Schulabschluss eine Karriere anstreben, empfehlen sich sogenannte Quereinsteigerbranchen wie z.B. Medien und Werbung. Unter dem Decknamen „Quereinsteigerin“ operieren dort ganze Armeen von Industrieschauspielerinnen in den unterschiedlichsten Positionen. Da diese Branchenzweige wenig etablierte Berufsbilder aufweisen, bieten sie talentierten Selbstdarstellerinnen besonders fruchtbaren Boden.

Wenn Sie über den Luxus eines abgeschlossenen Studiums verfügen, stehen Ihnen zwei unterschiedliche Wege offen. Der mühsame Weg beginnt bei einer Unternehmensberatung. Dort erwarten Sie zwei bis drei Jahre voller Leid und harter Arbeit. In dieser Zeit werden Sie unter Führung eines Sklaventreibers, verkleidet als Junior Beraterin oder Projektmanagerin, unzählige PowerPoint-Charts und Excel-Tabellen produzieren, ahnungslosen Kunden nebulöse Rettungs- und Zukunftsstrategien aufbinden, Nächte in trostlosen Hotelzimmern verbringen und völlig erschöpft und kraftlos Ihre Wochenenden rekonvaleszierend auf der Couch verbringen. So deprimierend diese Etappe auch klingen mag, sie ist eine fantastische Vorbereitung für Ihre spätere berufliche Laufbahn, denn Sie lernen, wie man aus Scheiße Kakao macht, Allgemeinwissen und Selbstverständlichkeiten als exklusives Branchen-Know-how verkauft. Ähnlich einem Ballon, steigen Sie immer höher und höher, je mehr heiße Luft Sie produzieren. Und das Großartige daran ist, dass für die Umsetzung Ihrer entwickelten Strategien der Kunde später selbst verantwortlich ist. Sollten Ihre ausgearbeiteten Beratungskonzepte in der Praxis am Ende nicht funktionieren, sind Sie schon längst zum nächsten Beratungsopfer weitergezogen. Wenn sich der enttäuschte Kunde später tatsächlich beschwert, hilft für Sie immer die Schutzbehauptung, das wurde alles ganz falsch umgesetzt. Als Beraterin trifft Sie keine Schuld. Sie haben über Hunderte von Seiten und Charts alles im Detail erklärt. Da muss Ihr Kunde im Katastrophenfall schwere Fehler bei der Umsetzung gemacht haben.

Spätestens im fünften Jahr Ihrer Beraterknechtschaft werden Sie aus einem laufenden Beratungsprojekt vom Kunden übernommen. Dann können Sie endlich wieder am sozialen Leben teilnehmen. Es erwarten Sie geregelte Arbeitszeiten, Schlafen im eigenen Bett und endlich mal wieder am Mädels-Abend teilnehmen. Aber wie gesagt. Das ist die harte Tour.

Der leichtere Weg meidet die Knochenmühle der Beratungsfirmen und führt direkt in die Arme eines umsorgenden Unternehmens. Wenn Sie wirklich keine Lust und Motivation für ein Unternehmensberaterzwischenspiel haben, können Sie ohne Vorbildung und Umwege die Unternehmensbühne direkt besteigen. Bedenken Sie aber, dass der Weg des geringsten Widerstandes nur am Anfang asphaltiert ist. Früher oder später müssen Sie sich die Beratungswerkzeuge effekthaschender Präsentationstechnik und Beratersprech aneignen, um sich langfristig im Unternehmenssattel halten zu können. Ihr Einstiegsgehalt wird auf diesem Weg auch deutlich geringer sein als mit Beratungsvorspiel.

Bei der Jobwahl gilt die Regel: Suchen Sie sich ein Umfeld und eine Einstiegsposition, die wenig Fachkenntnis erfordern, in der viel heiße Luft produziert und ordentlich bezahlt wird. Je größer das gewählte Unternehmen, desto besser ist es für Ihre schauspielerische Karriere geeignet. Mangelnde Fachkenntnis und Unfähigkeit fallen in solchen Menschenansammlungen selten auf. Viele Nichtskönner profitieren in solchen großen Firmen von der Leistung weniger qualifizierter KuK. Ein einzelner Leistungsträger mit Fachkenntnis ist in einem Großkonzern statistisch gesehen ein Wirt für zehn bis zwanzig parasitäre KuK.

Was Ihr neues Aufgabenumfeld anbelangt, sollte Ihr Fokus im kommunikativen, projektbezogenen und konzeptionellen Bereich liegen. Diese beruflichen Wohlfühloasen finden Sie bei den Stellenanzeigen unter den Bezeichnungen PR-Abteilung, Marketing, Brand, Kommunikation, Business Development, Social Media, Customer Service, Projektmanagement etc. Auf diesen Bühnen können Sie sich als Industrieschauspielerin bestmöglich entfalten. Das hierfür erforderliche „gefährliche Halbwissen“ eignen Sie sich schnell an. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit können Sie bereits im Business-Bullshit-Bingo erste Treffer landen. Vermeiden Sie alle Positionen, bei denen fachliche Leistungen abgerufen oder Umfang und Qualität Ihrer Arbeit direkt gemessen werden können. Diese Berufsfelder sind für Industrieschauspielerinnen lebensgefährliche Minenfelder.

Auch Start-up-Unternehmen eignen sich für den schauspielerischen Berufseinstieg. Dort treffen Sie in der Regel auf unerfahrene Gründer, die nach Sympathie und nicht nach Können einstellen. Position und Titel können Sie hier frei wählen, und fast jeder ist dort Director oder Head of irgendwas. Das macht sich gut in Ihrem noch schlanken Lebenslauf, wenn Sie nach dem ersten Job-Zwischenspiel zu einem seriösen Unternehmen wechseln wollen. Die anfänglich gezahlten Gehälter sind im Start-up-Gründungsjahr ganz ordentlich. Im zweiten oder dritten Jahr merken die Investoren langsam, dass die Businessidee nicht so funzt, wie es die Gründer beim Geldeinsammeln versprochen hatten. In dieser Phase wird es hässlich, gespart werden soll an den armen Mitarbeitern, Obstteller, Massageangebote, Business-Class-Flüge, Essensgutscheine und sonstige wichtige Annehmlichkeiten werden gestrichen. Die Goldene Regel bei der Start-up-Berufskarriere ist daher: Sie steigen mit einem gutem Gehalt und aussagefähigem Titel ein und sehen sich nach wenigen Monaten schon nach einem neuen Job in einem etablierten Unternehmen um. Bei Ihrem nachfolgenden Arbeitgeber können Sie im Vorstellungsgespräch Ihren Wechselwunsch mit der Inkompetenz der Start-up-Gründer begründen. Sie hätten ja für das Start-up alles gegeben, aber bei solch mangelnder wirtschaftlicher Weitsicht der Gründer war einfach kein Blumentopf zu gewinnen.

Was den regionalen Faktor der Jobwahl anbelangt, gilt nur eine Regel: Karrieren werden in Städten gemacht. Es mag Firmen geben, die Sie mit tollen Jobaussichten in öde Landstriche locken wollen. Man gaukelt Ihnen rurale Romantik und vielversprechende Freizeitangebote vor. Widerstehen Sie! Wie wollen Sie in solch einem Umfeld ein branchennahes Kontaktnetzwerk aufbauen? Verraten und verkauft sind Sie dort und kommen nur schwer wieder weg. Ihr Suchprofil muss sich auf die wichtigen Städte konzentrieren. Es ist wie im richtigen Theater. Die großen Inszenierungen laufen nicht im Deutsch-Sorbischen Volkstheater in Bautzen, sondern im Friedrichstadt-Palast in Berlin.

Wie im Sandkasten

Jeder Anfang ist schwer, und vor Ihrem ersten Auftritt als Industrieschauspielerin ist ein bisschen Lampenfieber ganz normal. Lampenfieber ist eine natürliche Reaktion, die uns die Evolution in die Wiege gelegt hat. Die ursprüngliche Funktion lag darin, uns in gefährlichen Situationen beim Überleben zu helfen. Im Lampenfieber-Moment befinden wir uns in körperlicher und geistiger Anspannung, denn eine anspruchsvolle Aufgabe erwartet uns. Der Körper pumpt ordentlich Adrenalin ins Blut, um sich auf die Flucht oder den Kampf vorzubereiten. Flucht ist auf der Straße des Erfolges keine Handlungsoption für Sie. Es bleibt nur der Kampf. Der Kampf um Aufmerksamkeit und Applaus für Ihre Vorstellung als Industrieschauspielerin. Es ist nicht viel anders als damals beim fröhlichen Spielen im Sandkasten. Stellen Sie sich vor, Sie gehen wieder spielen. Ihre Sandkastenfreunde sind die neuen Arbeits-KuK und der Sandkasten ist das Büro. Viel hat sich nicht verändert. Es gibt immer noch die Schüchternen, die alleine in der Ecke spielen, den Grobian, der die Sandburgen zertrampelt, und ein paar nette Freundinnen, mit denen man ganz passabel die Zeit totschlagen kann. Reduziert auf vier Grundregeln, erklärt sich die Arbeitswelt für Sie wie folgt:

Alle kochen nur mit Wasser

Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, dass in Firmen Raketenwissenschaften betrieben werden. Neunzig Prozent der dort zu erledigenden Aufgaben sind trivial und erlernbar. Alle KuK kochen nur mit Wasser, auch wenn sie nach außen hin so tun, als handele es sich um exklusive Zutaten.

Bitte recht freundlich

In jedem Unternehmen arbeiten Menschen, und jeder Mensch ist harmoniebedürftig, auch wenn er dabei sein eigenes, egoistisches Ziel verfolgt. Wenn Sie von KuK etwas wollen, müssen Sie charmant und freundlich sein. Eine Nörglerin mit beleidigtem Gesichtsausdruck mag niemand um sich haben und wird auch niemand zur Beförderung vorschlagen.

Fake it till you make it

Keine falsche Bescheidenheit. Jeder hat einmal ahnungslos begonnen. Verkaufen Sie sich als Universalgenie für jede Aufgabe. Es wird sich schon eine Lösung finden. Das Wissen ist bereits in der Firma. Es muss nur noch zu Ihnen kommen. Suchen Sie es und verschleiern Sie bei der Suche Ihre Inkompetenz mit kommunikativen Blendgranaten. Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben.

There’s no business like show business

Ihre berufliche Karriere ist die Show. Bleiben Sie in Ihrer Rolle und überlassen Sie die stupide Maloche den fleißigen KuK. Denn den Karriere-Preis gibt’s auch ohne Fleiß. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Selbstdarstellung und das Seelenfangen. Menschen brauchen Menschen, um Erfolg zu haben. Spielen Sie Ihre KuK an die Wand, denn ob Sie klug sind oder dumm, entscheidet stets das Publikum.

Diese Regeln sollen Ihre Reise durch das Firmenuniversum wie Leuchttürme überstrahlen. Folgen Sie Ihnen in die blühenden Karrierelandschaften. Aber bleiben Sie stets aufmerksam, denn auch Fallgruben und Stolpersteine säumen Ihren Weg nach oben. Unpassendes und unüberlegtes Verhalten kann Ihre Karriere nachhaltig beschädigen. Ein falscher Schritt, und Ihr mühevoll errichtetes Kartenhaus fällt in sich zusammen. Solche beruflichen Fehltritte nennt man Career Limiting Moves (CLMs). Ihr CLM-Konto muss auf Ihrem Karriereweg so wenig Treffer wie möglich aufweisen. In den nachfolgenden Kapiteln werden die wichtigsten Karriere-Minen als CLMs jeweils am Ende zusammengefasst.

Vorsprechen beim Vorstellungsgespräch

Sobald Sie die passende Einstiegsposition und den richtigen Austragungsort für Ihren ersten Auftritt gefunden haben, beginnt Ihre Vorbereitung. Sie benötigen einen überzeugenden Lebenslauf. Wie Sie aus Ihrem bisher ereignis- und erfolglosen Leben einen Überflieger-Lebenslauf erstellen, entnehmen Sie den zahlreichen Ratgebern, die zu diesem Thema geschrieben wurden. Dort erfahren Sie auch, wie Sie mit einem selbstbewussten und offensiven Anschreiben zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werden.

Sobald Ihr Vorsprechtermin steht, beginnt Ihre Show. Wie auch im richtigen Theater hängt nun alles davon ab, wie gut Sie Ihre Rolle spielen und ob Sie Ihr Publikum begeistern können. Ihre neue Rolle bereiten Sie anhand der Stellenbeschreibung gewissenhaft vor. Damit Sie beim Vorsprechen glänzen können, sollten Sie sich vorher ausgiebig mit dem Charakter des Unternehmens, seinen Rivalen im Markt und seiner Führungsmannschaft auseinandergesetzt haben. Nur so können Sie eine glaubhafte Vorstellung abliefern. Das wartende Publikum wird sich ausführlich mit Ihrem offensiven Anschreiben, Ihrem frisierten Lebenslauf und Ihren angeblichen Qualifikationen auseinandergesetzt haben. Groß ist die Vorfreude Ihrer Gesprächspartner auf das nun kommende, interaktive Happening. Ihre Bühnenkleidung sollten Sie perfekt auf den Company-Dresscode abgestimmt haben. Hierfür eignet sich die Google Bildersuche, mit dem Schwerpunkt Firmenevents und Firmendarstellung. Welche bunten Kostüme tragen Ihre zukünftigen KuK bei diesen Events auf den gefundenen Fotos? Richten Sie Ihre Kostümierung entsprechend darauf aus. Erscheinen Sie ausgeschlafen und pünktlich und bewegen Sie sich vorher ein bisschen. Das verleiht Ihnen eine gesunde Gesichtsfarbe. Verzichten Sie auf Kaffeegenuss vor dem Termin, denn Koffein verstärkt Nervosität. Atmen Sie durch. Ihr Puls wird nun leicht erhöht schlagen. Gleich geht der Vorhang auf und Ihre Vorstellung beginnt.

Sobald der Personaler Ihnen die Hand reicht, greifen Sie kurz und entschlossen zu. Halten Sie Blickkontakt, bedanken Sie sich brav für die Einladung und stellen Sie sich vor. So weiß jeder Teilnehmer, welche Schauspielgröße nun die Bühne betritt. Der erste Akt beginnt mit Smalltalk. Das liegt nicht jedem. Ihnen vielleicht auch nicht. Sollten Sie darüber nachdenken mit „Wie stehen Sie zum Thema Freie Liebe, Ozonloch oder Sterbehilfe?“ oder „Und sonst so?“ zu beginnen – STOP! Beachten Sie die Allington-PKRS-Regel. Auf dem Spielfeld des Smalltalks erfordert die Regelanwendung die konsequente Vermeidung der Themen Politik, Krankheit, Religion und Sex (= PKRS). Diese moralgeschwängerten Themen unterliegen den sich ständig ändernden Vorstellungen der Gesellschaft. Ob Gürtellinie oder Bratwurstäquator, die persönlichen Grenzen und regionalen Einfärbungen Ihrer Gesprächspartner sind Ihnen zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt. Vielleicht ist die anwesende Personalerin ein engagiertes Mitglied des örtlichen Landfrauenrates und brennt darauf, die sich verändernde Rolle der Frau in der heutigen Gesellschaft mit Ihnen zu diskutieren. Sie können bei diesen Themen nur verlieren, da der folgende Gesprächsverlauf früher oder später eine moralische Stellungnahme von Ihnen einfordern wird. Weichen Sie auf unverfängliches Smalltalk-Terrain aus und erfrischen Sie Ihr Publikum mit einer Themenauswahl, die zur Branche des Unternehmens passt. Selbst wenn bei Ihren Smalltalk-Manövern ein Großteil des Publikums wie die Zuhörer eines Orgelkonzertes in Hannover auf Sie wirkt, lächeln Sie und lassen Sie sich Ihre gute Laune nicht verderben. Denn Sie sind heute super drauf. Versuchen Sie, das Eis zu brechen und Ihr Publikum für sich zu erwärmen. Dabei sitzen Sie aufrecht, leicht nach vorne gelehnt und versuchen sich permanent der Körpersprache Ihres Publikums anzupassen. Forscher sprechen vom Chamäleon-Effekt (Quelle 4), der besagt, dass wir Menschen umso sympathischer finden, je ähnlicher sie uns sind. Vermeiden Sie dramatische und hektische Gesten. Setzten Sie Ihre Mimik und Gestik gezielt und professionell ein. Nach dem Smalltalk-Warm-up geht’s zur Sache. Ihr Publikum erwartet einen strukturierten und überzeugenden Vortrag der Highlights Ihres bisherigen Lebens. Dabei tragen Sie glaubhaft vor, warum gerade Sie für die ausgeschriebene Position eine Traumbesetzung wären. Bei der Standardfrage nach Ihrer Schwäche kontern Sie nicht amateurhaft mit „Meine Ungeduld“ (Das will heute keiner mehr hören, ist auch keine Stärke, sondern ein Minuspunkt. Geduldige Menschen sind glücklicher, gesünder und verdienen mehr), „Perfektionismus“ (bedeutet, der Kollege wird nie fertig, ist ein Pedant und unflexibel) oder „Hilfsbereitschaft“ (bedeutet, Sie können nicht nein sagen, werden ständig ausgenutzt und sind ein trauriger, schwacher Charakter). Stattdessen glänzen Sie mit rhetorischen Sternstunden wie „Meine Excel-Kenntnisse sind immer noch nicht so perfekt, wie ich das gerne hätte“ oder wenn Sie mehr der Understatement-Typ sind mit „… dass ich mich in Vorstellungsgesprächen nicht immer so gut verkaufe, wie ich wirklich bin“ (dabei lächeln Sie leicht verschmitzt). Nach Ihrer Eröffnungsshow lassen Sie das Publikum sprechen. Die haben so lange zugehört und wollen jetzt auch mal was sagen. Man wird Ihnen das Unternehmen vorstellen und vielleicht auch noch was zu der zu besetzenden Stelle sagen. Selbst wenn Sie das langweilt, schalten Sie nicht ab, sondern machen Sie freudig mit. Man möchte prüfen, ob Sie wirklich an dem Unternehmen interessiert sind. Bei der Frage „… ob Sie noch etwas über das Unternehmen oder den Job wissen möchten“ nicken Sie freudig. Ins Abseits spielen Sie sich mit Fragen wie „Ist mein Chef nett?“ oder „Ab wann gibt’s die erste Gehaltserhöhung?“ Reißen Sie geschickt das Gespräch an sich. Wer fragt, der führt. Die Zeit vergeht wie im Fluge und Ihre Show ist schneller um, als Sie denken. Im letzten Akt werden noch Formalien und Fristen geklärt und Sie dürfen höflich fragen, wie lange der Bewerbungsprozess dauern wird. Am Folgetag sollten Sie ein höfliches Dankesschreiben für den spannenden Termin versenden und nach zwei Wochen dürfen Sie das erste Mal fernmündlich nachfragen, ob schon eine Besetzungsentscheidung gefallen sei. Bleiben Sie cool und lassen Sie auf keinen Fall den Eindruck entstehen, Sie wären verzweifelt oder ungeduldig. Auch wenn es Ihr Wunsch-Engagement wäre – es gibt noch viele andere tolle Ensembles, bei denen Sie mitspielen können.

CLMs (Career Limiting Moves) beim Vorsprechen

Schlecht vorbereitetes Erscheinen beim Vorsprechen, lampenfieberbedingte Überhitzung, verursacht u.a. durch Kaffeegenuss, zu knappe Anreiseplanung, Hyperventilieren, falscher Kleidungsstil.

Versagen beim Smalltalk, Missachtung der PKRS-Regel.

Unprofessionelle Körpersprache, kein Blickkontakt, fehlendes Lächeln, Herumgezappel, schlaffe Haltung.