Sie kam im Morgengrauen - Patricia Vandenberg - E-Book

Sie kam im Morgengrauen E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Das Ehepaar Dr. Daniel Norden und Fee sehen den Beruf nicht als Job, sondern als wirkliche Berufung an. Aber ihr wahres Glück finden sie in der Familie. Fünf Kinder erblicken das Licht der Welt. Die Familie bleibt für Daniel Norden der wichtige Hintergrund, aus dem er Kraft schöpft für seinen verantwortungsvollen Beruf und der ihm immer Halt gibt. So ist es ihm möglich, Nöte, Sorgen und Ängste der Patienten zu erkennen und darauf einfühlsam einzugehen. Familie Dr. Norden ist der Schlüssel dieser erfolgreichsten Arztserie Deutschlands und Europas. »Schwanger!« Unheilverkündend und drohend wie eine dunkle Gewitterwolke lag das Wort in der Luft, um das Lucy in den letzten Tagen einen großen Bogen gemacht hatte. Ihr Freund Benno saß auf ihrem Jugendbett in dem kleinen Zimmer der Sozialwohnung und starrte sie entsetzt an. »Bist du ganz sicher?« »Eine blödere Frage fällt dir nicht ein, oder?« entfuhr es Lucy gereizt. Sie wischte sich mit der zitternden Hand über die Augen, als wollte sie einen Schatten vertreiben. Doch als sie die Augen wieder öffnete und erneut auf den Teststreifen schaute, hatte sich das Ergebnis nicht verändert. Zwei leuchtend blaue Linien waren der eindeutige Beweis. »Lies doch noch mal die Gebrauchsanweisung. Vielleicht hast du was falsch gemacht.« Benno war leichenblass geworden. Er stand auf, ein großer Bursche, dem man es ansah, dass er einmal ein gut aussehender Mann sein würde, und ging unruhig im Zimmer auf und ab. »Blödmann. So schwer ist das auch nicht zu verstehen. Aber lies selbst, wenn du's nicht glaubst.« Sie hielt ihm das raschelnde, dünne Papier hin, auf das die Gebrauchsanweisung gedruckt war, aber Benno schüttelte den Kopf. »Ich glaub's dir schon. Und was machen wir jetzt?« »Keine Ahnung.«

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Familie Dr. Norden – 762 –

Sie kam im Morgengrauen

Nur einer kannte ihren Namen

Patricia Vandenberg

»Schwanger!«

Unheilverkündend und drohend wie eine dunkle Gewitterwolke lag das Wort in der Luft, um das Lucy in den letzten Tagen einen großen Bogen gemacht hatte. Ihr Freund Benno saß auf ihrem Jugendbett in dem kleinen Zimmer der Sozialwohnung und starrte sie entsetzt an.

»Bist du ganz sicher?«

»Eine blödere Frage fällt dir nicht ein, oder?« entfuhr es Lucy gereizt. Sie wischte sich mit der zitternden Hand über die Augen, als wollte sie einen Schatten vertreiben. Doch als sie die Augen wieder öffnete und erneut auf den Teststreifen schaute, hatte sich das Ergebnis nicht verändert. Zwei leuchtend blaue Linien waren der eindeutige Beweis.

»Lies doch noch mal die Gebrauchsanweisung. Vielleicht hast du was falsch gemacht.« Benno war leichenblass geworden. Er stand auf, ein großer Bursche, dem man es ansah, dass er einmal ein gut aussehender Mann sein würde, und ging unruhig im Zimmer auf und ab.

»Blödmann. So schwer ist das auch nicht zu verstehen. Aber lies selbst, wenn du’s nicht glaubst.« Sie hielt ihm das raschelnde, dünne Papier hin, auf das die Gebrauchsanweisung gedruckt war, aber Benno schüttelte den Kopf.

»Ich glaub’s dir schon. Und was machen wir jetzt?«

»Keine Ahnung.« Resigniert hob Lucy die Schultern. »Meine Mutter flippt aus, wenn ich ihr das sage. Wir haben ja eh keine Kohle und dann noch ein Baby! Ganz zu schweigen von deinen Eltern. Die konnten mich ja noch nie leiden. Den dummen Spruch, der da kommt, kann ich mir jetzt schon denken.« Sie verstellte ihre Stimme gekonnt, dass sie ganz nach Bennos Mutter Erika klang. »Das hat Lucy nur gemacht, damit sie dich hier in Deutschland hält. Ihr hat es doch von Anfang an nicht in den Kram gepasst, dass du nach Amerika auf die Schauspielschule willst.«

Gequält hielt sich Benno die Ohren zu.

»Hör schon auf damit. Du weißt genau, dass das nicht stimmt. Mutter meint das nicht so.«

»Warum sagt sie es dann immer wieder?« Lucy funkelte Benno wütend an. Wieder einmal waren sie bei ihrem Hauptstreitpunkt angelangt, dem einzigen eigentlich, der beinahe seit Beginn ihrer Freundschaft zwischen ihnen stand. Erika hatte sich für ihren einzigen und wohlbehüteten Sohn eine andere, besser gestellte Freundin gewünscht und ließ keine Gelegenheit aus, Lucy das auch deutlich spüren zu lassen. Benno hingegen saß zwischen allen Stühlen und konnte es einfach keinem recht machen, so sehr er sich auch bemühte. Er seufzte tief.

»Musst du ausgerechnet jetzt damit anfangen? Ich glaube, wir haben ein wichtigeres Problem.«

»Das Problem ist doch, dass du nicht hinter mir stehst. Wir würden das alles hinkriegen. Meiner Mutter kann ich das schon beibringen. Aber deine Eltern …«

»Ich kann den guten Ruf meines Vaters nicht ruinieren. Das wirst du doch hoffentlich verstehen. Schließlich brauch’ ich seine Kohle, um den Amerika Aufenthalt finanzieren zu können.«

»Und das ist dir natürlich wichtiger als unser gemeinsames Kind.«

»Lucy, bitte, sei doch vernünftig.« Benno bemühte sich nach Kräften, seine hysterisch kreischende Freundin zu beruhigen. »Es kommt alles ein bisschen plötzlich. Schließlich nimmst du doch die Pille. Mit einem Baby hab’ ich wirklich ganz und gar nicht gerechnet.«

Lucy starrte ihn fassungslos an, dann brach sie in Tränen aus.

»Denkst du etwa ich?« schluchzte sie auf einmal laut auf und warf sich in seine Arme. »Wahrscheinlich glaubst du auch, ich wollte dich zwingen, hierzubleiben. Dabei stimmt das doch gar nicht. Ein Baby ist das letzte, was ich grad brauchen kann.«

»Psst, das weiß ich doch. Du hast ja ebenso große Pläne wie ich. Jetzt beruhig dich erst mal. Noch ist nicht aller Tage Abend. Wir werden schon einen Weg finden. Schließlich sind wir nicht die Ersten, denen so was passiert.«

»Wenn du meinst, ich lass das Baby wegmachen, dann hast du dich getäuscht«, bäumte sie sich noch einmal mit letzter Kraft auf. »Es ist trotz allem unser Kind, ein Kind der Liebe. Du liebst mich doch, oder?«

Ängstlich blickte sie zu ihm auf, suchte in seinen treuen braunen Augen nach der Bestätigung, die sie so dringend brauchte.

»Natürlich liebe ich dich, das weißt du doch.«

Lucy nickte beruhigt, doch aus irgendeinem Grund blieb diesmal ein schaler Nachgeschmack zurück, den sie sich nicht recht erklären konnte.

»Ich bin so müde. Komm, lass uns ein bisschen hinlegen und ausruhen. Danach sieht die Welt vielleicht wieder anders aus.«

Benno warf einen verstohlenen Blick auf die Uhr. Eigentlich hatte er seiner Mutter versprochen, mit ihr ein paar Einkäufe zu erledigen. Aber ihm fehlte der Mut, Lucy das in ihrer Situation beizubringen. So entschied er sich für das kleinere Übel und legte sich neben seine zitternde Freundin auf das schmale Bett. Sie kuschelte sich eng an ihn, er streichelte den zarten Mädchenrücken, wie er es so oft getan hatte. Aber noch nie hatte er sich dabei so hoffnungslos verloren gefühlt wie in diesem Moment.

*

Müde und abgespannt kehrte Iris Fetsch eine knappe Stunde später aus der Fabrik zurück nach Hause. Seit sie und Lucy alleine lebten, war das Leben nicht gerade leichter geworden. Obwohl Lucy neben der Schule jobbte und alle Ausgaben für sich selbst bestritt, herrschte chronischer Geldmangel im Hause Fetsch. Leise quietschend fiel die Wohnungstür ins Schloss, Iris stellte seufzend die schwere Einkaufstasche am Boden ab und streifte die abgetragenen Schuhe von den müden Füßen. In der winzigen Küche setzte sie einen Topf Wasser für Tee auf, sah die Post durch und entdeckte ein geöffnetes Schreiben, das an Lucy adressiert war. Gewöhnlich respektierte sie die Privatsphäre ihrer Tochter, aber da Lucy den Brief offen liegengelassen hatte, konnte sie ihre Neugier nicht zügeln. Zu lange schon warteten sie beide auf dieses Schreiben.

»Landeshauptstadt München, Schul- und Kultusreferat«, stand dort in der rechten oberen Ecke, versehen mit dem Wappen von München, dem sogenannten »Münchner Kindl«. In der linken Ecke war eine offenbar geschnitzte Skulptur des heiligen Christophorus abgebildet, ein Kind auf der Schulter, einen Stab in der Hand.

»Informationsblatt«, las Iris laut für sich, während das Wasser im Teekessel zu brodeln begann. »Unterrichtszeit wöchentlich ca. 40 Stunden, von September – Juli, Schulzeit 3 Jahre.« Sie stockte und stand seufzend auf, um den Tee in der Kanne aufzubrühen. Aber ihre Miene war jetzt deutlich entspannter als noch vor Minuten. Sie machte sich gar nicht die Mühe, den Brief zu Ende zu lesen, sondern ging mit leisen Schritten über den dunklen Flur zu Lucys Zimmer.»Lucy Maus, bist du da?« Sie klopfte an und wartete eine angemessene Zeit. Als sich nichts rührte, drückte sie leise die Klinik herunter. Das Bild, das sich ihr bot, trieb ihr Tränen der Rührung in die Augen. Lucy lag zusammengerollt wie ein kleines Kind auf ihrem Bett und schlief tief und fest, während Benno, der neben ihr lag und ihren Schlaf bewachte, sich zu Iris umdrehte.

»Sie schläft!« flüsterte er überflüssigerweise, aber Iris, die Benno schon immer gut leiden konnte, lächelte verständig.

»Möchtest du Tee?« flüsterte sie zurück, und er nickte. Vorsichtig, um Lucy nicht aufzuwecken, zog er den Arm unter ihrem Kopf hervor und warf ihr einen ängstlichen Blick zu. Sie stöhnte nur leise im Schlaf, drehte sich um und schlief weiter.

Iris nickte und ging zurück in die Küche. Kurz darauf war Benno bei ihr. Er umarmte Iris und gab ihr einen Kuss links und rechts auf die Wange, die übliche, herzliche Begrüßung im Hause Fetsch, ganz und gar unüblich bei ihm zu Hause, wo Wert auf gepflegte Distanz gelegt wurde.

»Müde schaust du aus«, erklärte er statt einer Begrüßung und ließ sich auf einen der beiden Stühle an dem kleinen Tisch fallen, der gerade mal Platz für zwei Personen bot. Iris stellte zwei Becher mit dampfendem Tee hin, eine Zuckerdose und eine Plastikflasche mit Dosenmilch, und setzte sich ebenfalls.

»Bin ich auch. Und durchgefroren«, gab sie zu und legte die kalten Hände um den heißen Becher. »In der Farbenfabrik ist heute die Heizung ausgefallen. Kannst dir gar nicht vorstellen, wie kalt das war.«

»Gesund ist die Arbeit sowieso nicht. Diesen Gestank könnte ich nie und nimmer den ganzen Tag aushalten. Und dann das noch.«

»Macht nichts. Hauptsache überhaupt Arbeit. Darüber wollte ich aber gar nicht mit dir reden. Vom Jammern wird nichts besser«, winkte Iris ab und wechselte schnell das Thema. »Hat Lucy dir erzählt, dass sie Post von der Bildhauerschule in München bekommen hat?«

Benno nickte und lächelte tapfer, obwohl ihm sein Geheimnis wie ein Kloß im Magen lag.

»Sie war ganz begeistert. Die Anforderungen schafft sie ganz lässig. Das einzige, war ihr Sorgen macht, ist ihre Mappe. Sie ist nicht sicher, ob die Bilder und die Tonfiguren und Skulpturen gut genug sind.«

»Typisch meine Tochter, stellt ihr Licht mal wieder unter den Scheffel. Und wie immer wird sie die Aufnahmeprüfung spielend schaffen.«

Benno schluckte. Natürlich würde sie das. Aber wenn sie das Baby bekam, würde sie keine Gelegenheit haben, die Ausbildung zur Holzbildhauerin überhaupt zu beginnen. Iris nahm einen Schluck heißen Tee und schaute Benno eindringlich an.

»Was ist denn mit dir? Du machst so ein trauriges Gesicht. Freust du dich etwa nicht? Ach, halt«, noch ehe er antworten konnte, hob sie die Hand, »ich weiß, du bist traurig, weil sie fortgeht von hier. Das bin ich auch. Ich weiß noch gar nicht, was ich ohne meine Große anstellen soll.«

»Das wird schon werden. Immerhin ist sie nicht aus der Welt. Ein bisschen Tapetenwechsel tut Lucy mal ganz gut. Und für Sie wird es bestimmt auch leichter. Dann haben Sie wenigstens endlich mal ein eigenes Zimmer zum Schlafen und müssen nicht immer mit dem Wohnzimmer vorliebnehmen.«

»Du guter Junge. Suchst in allem immer den Vorteil.« Iris seufzte. »Trotzdem, leicht wird es nicht werden so ganz alleine. Aber bald haben ja deine Eltern mit demselben Problem zu kämpfen. Wann willst du nach Amerika gehen, um deine Schauspielausbildung anzufangen?«

»Im Mai mache ich Abi. Ende Juni werde ich Rüberfliegen und mir eine Wohnung suchen. Wann genau der Unterricht beginnt, weiß ich noch gar nicht.«

»Manchmal seid ihr jungen Leute wirklich zu beneiden. Den Kopf voller Pläne, das Leben vor euch. Ich wünschte, ich könnte auch noch mal von vorn anfangen, mit einer richtigen Ausbildung, einem guten Beruf …« Iris verstummte. Sie wollte nicht lamentieren. »Kommst du Lucy wenigstens mal besuchen? Sie wird ja wohl kaum das Geld für den teuren Flug aufbringen können.«

»Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. Zur Not überstehen wir das halbe Jahr auch so, da bin ich ganz sicher«, erklärte Benno mit Nachdruck. Er wollte einfach sicher sein, wollte, dass das Leben genau so verlief, wie er es sich in langen, vergnügten Stunden mit Lucy ausgemalt hatte. Schauspielschule in Amerika, der große Erfolg, während Lucy mit ihren ausgefallenen Skulpturen auf den internationalen Ausstellungen den Durchbruch feiern würde. Das Loft, das sie gemeinsam in New York mieten würden, hatten sie im Geiste schon eingerichtet. Das Leben sollte wunderbar sein. Und dann das. »Ich muss jetzt gehen.« Abrupt stand Benno auf, der Tee aus seinem Becher schwappte über den Rand. Ein dunkler Fleck machte sich auf der ausgeblichenen Tischdecke breit.

»Was ist denn? Habt ihr Ärger gehabt?« Verdutzt blickte Iris zu dem baumlangen jungen Mann auf, der immer etwas deplatziert in der kleinen Küche wirkte.

»Nein, nein, tut mir leid mit dem Tee. Mir ist nur grad eingefallen, dass meine Mutter auf mich wartet. Ich bin schon viel zu spät dran. Grüßen Sie Lucy von mir, wenn sie aufwacht. Ich melde mich morgen.« Er winkte der irritierten Iris zu, duckte sich, um sich den Kopf nicht an dem niedrigen Türstock zu stoßen. Kurz darauf quietschte die Wohnungstür, er war fort.

»Eigenartig, sehr eigenartig.« Iris leerte ihre Tasse. Jetzt war ihr nicht mehr kalt, eine angenehme Müdigkeit dämpfte das nagende Hungergefühl. Sie stand auf, stellte beide Tassen in die Spüle und begann, die Tasche mit den Einkäufen auszuräumen. Bald würde Lucy aufstehen, solange wollte sie mit dem Essen noch warten.

*

Anders als in der Sozialwohnung von Iris Fetsch, wo nichts auf das kurz bevorstehende Weihnachtsfest hindeutete, war das Haus von Felicitas und Daniel Norden schon seit Wochen festlich geschmückt. Wie jedes Jahr ließ es sich Fee nicht nehmen, mit denjenigen ihrer Kinder, die Lust dazu hatten, Strohsterne zu basteln, weihnachtliche Fensterbilder zu malen und Orangen mit duftenden Gewürznelken zu bestecken. Um die Arbeit zu versüßen, gab es Tee und selbst gebackene Plätzchen. Alle liebten diese gemütlichen Runden rund um den großen Esstisch, genossen das vorweihnachtliche Ritual. An diesem Nachmittag, der letzte Schultag vor den Ferien, war vorüber, konnte Felicitas dem Drängen ihrer Töchter Anneka und Dési allerdings nicht nachgeben.

»Tut mir leid, ihr Weihnachtsmäuse, aber heute kann ich nicht mit euch basteln. Außerdem quillt das Haus bald über vor lauter Schmuck. Und an den Fenstern ist auch kein freies Plätzchen mehr, um auch nur ein klitzekleines Fensterbild aufzuhängen.«

»Dann tun wir halt den Traktor vom Janni runter. Der schaut eh nicht nach Weihnachten aus«, schlug Dési mit einem verschmitzten Grinsen vor.

Fee lachte. »Das könnte dir so passen. Aber erstens finde ich, das hat Jan sehr schön gemacht, und zweitens hab ich überhaupt keine Lust auf Streit. Immerhin ist in ein paar Tagen Weihnachten. Und jetzt muss ich mich an die Arbeit machen. Heute Abend bekommen wir Besuch.«

»Wer kommt denn?« Sofort war das Interesse der Mädchen geweckt. Besuch war immer herrlich aufregend und Anneka genoss es schon, hin und wieder mit in der Runde der Erwachsenen sitzen zu dürfen und sich zu unterhalten.

»Papi hat Jenny Behnisch und Schorsch Leitner zu einem weihnachtlichen Umtrunk eingeladen. Vielleicht kommt Michael Graef auch mit. Wenn ihr wollt, könnt ihr mir bei der Vorbereitung helfen. Schließlich soll Lenni nicht alles alleine machen.«

»Was solls denn geben?« Anneka war sofort Feuer und Flamme.

»Ich weiß noch nicht so genau. Am liebsten Fingerfood, das ist unkompliziert, und wir können dazu im Wohnzimmer am Kamin sitzen.«

»Du weißt doch, wir hatten neulich in der Schule ein Kochprojekt. Da haben wir ganz leckere Sachen gemacht. Soll ich die Rezepte mal holen?«

»Gute Idee«, stimmte Felicitas freudig zu. Es machte ihr Spaß, in ihrer heranwachsenden Tochter eine zunehmend gleichwertige Partnerin zu haben, mit der sie sich vernünftig unterhalten und viele interessante Sachen machen konnte. Die kleine Dési indes fühlte sich ausgeschlossen und zog eine Schnute. Anneka bemerkte es und fasste sie an der Hand.

»Weißt du was? Wir beide nehmen die Sache allein in die Hand. Schauen wir uns mal die Rezepte an und dann kaufen wir alles ein, was wir noch brauchen. Hast du Lust?«

»Au ja, ich kann nämlich auch schon gut kochen.« Die Stimmung war gerettet und Fee sah ihren beiden Mädchen lächelnd nach, wie sie vergnügt die Treppe hinaufstürmten. Dann besann sie sich kurz. Anneka sollte sich ruhig um die abendliche Verpflegung kümmern, sie würde ihr erst zur Hand gehen, wenn sie um Hilfe bat. Die Zeit bis dahin würde sie dazu nutzen, im Wohnzimmer Ordnung zu machen, Holzscheite für den Kamin bereitzulegen, ein paar neue Kerzen aufzustellen und eine Duftlampe anzumachen. In einem großen Haus wie diesem gab es immer viel zu tun, und, bis alles bereit war, würde ihr sicher nicht langweilig werden.

*

Als Daniel Norden am Abend aus der Praxis nach Hause kam, wurde er von köstlichen Düften empfangen, die geheimnisvoll aus der Küche schwebten.

»Hm, das riecht ja fantastisch hier. Mir knurrt schon der Magen«, bemerkte er, als er den Kopf zur Küchentür hereinsteckte und dort seine Frauen fand, die eifrig arbeiteten und offenbar großen Spaß dabei hatten. Als sie Daniel bemerkte, legte Fee das Messer aus der Hand, kam an die Tür und küsste ihn, während sie ihn mit sanfter Gewalt zurückschob.