Ein Lächeln, das Tränen verbirgt - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein Lächeln, das Tränen verbirgt E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Das Ehepaar Dr. Daniel Norden und Fee sehen den Beruf nicht als Job, sondern als wirkliche Berufung an. Aber ihr wahres Glück finden sie in der Familie. Fünf Kinder erblicken das Licht der Welt. Die Familie bleibt für Daniel Norden der wichtige Hintergrund, aus dem er Kraft schöpft für seinen verantwortungsvollen Beruf und der ihm immer Halt gibt. So ist es ihm möglich, Nöte, Sorgen und Ängste der Patienten zu erkennen und darauf einfühlsam einzugehen. Familie Dr. Norden ist der Schlüssel dieser erfolgreichsten Arztserie Deutschlands und Europas. »In einer Stunde beginnt die Vorstandssitzung. Liegen die neuen Zahlen vor?« fragte Mandy Fürst geschäftig, ohne den Blick von ihrem Terminkalender zu wenden. Ihr Lebensgefährte Eric Marc nickte, während er neben Mandy hereilte. »Sie liegen schon auf deinem Schreibtisch.« »Sehr schön. Nach der Sitzung treffe ich mich mit Vincent zum Mittagessen. Er hat irgendein Problem, über das er mit mir sprechen muß.« »Gut, daß du es sagst. Ich hätte da auch noch eine Sache, über die ich gern mit dir reden möchte«, warf Eric dazwischen. Doch wie immer war Mandy zu sehr in ihre eigenen Angelegenheiten vertieft, um ihn wirklich zu hören. »Können wir das nicht heute abend in aller Ruhe klären?« fragte sie beiläufig. »Tagsüber habe ich für private Dinge keine Zeit.« Während sie weiterging, blätterte sie in ihrem Kalender und seufzte. »Ach herrje, das hätte ich ja beinahe vergessen. Heute abend habe ich eine Verabredung mit der Aufsichtsratsvorsitzenden Margarethe Gutbaum. Einer unserer externen Referenten scheint mit einem anderen Unternehmen zu kooperieren. Diesem Treiben müssen wir unbedingt Einhalt gebieten«

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Familie Dr. Norden – 763 –

Ein Lächeln, das Tränen verbirgt

Verrat an Mandys großer Liebe

Patricia Vandenberg

»In einer Stunde beginnt die Vorstandssitzung. Liegen die neuen Zahlen vor?« fragte Mandy Fürst geschäftig, ohne den Blick von ihrem Terminkalender zu wenden.

Ihr Lebensgefährte Eric Marc nickte, während er neben Mandy hereilte.

»Sie liegen schon auf deinem Schreibtisch.«

»Sehr schön. Nach der Sitzung treffe ich mich mit Vincent zum Mittagessen. Er hat irgendein Problem, über das er mit mir sprechen muß.«

»Gut, daß du es sagst. Ich hätte da auch noch eine Sache, über die ich gern mit dir reden möchte«, warf Eric dazwischen.

Doch wie immer war Mandy zu sehr in ihre eigenen Angelegenheiten vertieft, um ihn wirklich zu hören.

»Können wir das nicht heute abend in aller Ruhe klären?« fragte sie beiläufig. »Tagsüber habe ich für private Dinge keine Zeit.« Während sie weiterging, blätterte sie in ihrem Kalender und seufzte.

»Ach herrje, das hätte ich ja beinahe vergessen. Heute abend habe ich eine Verabredung mit der Aufsichtsratsvorsitzenden Margarethe Gutbaum. Einer unserer externen Referenten scheint mit einem anderen Unternehmen zu kooperieren. Diesem Treiben müssen wir unbedingt Einhalt gebieten«, plante Mandy geschäftig ihren Tag weiter. »Wir müssen unser Gespräch wohl oder übel auf morgen verschieben.« An der Tür ihres Büros hielt sie inne und warf Eric einen entschuldigenden Blick zu.

»Es tut mir leid, Schatz. Unser Privatleben muß warten.«

Gewöhnlich schickte sich Eric in sein Schicksal. Doch an diesem Tag schien er sich nicht fügen zu wollen. Eine steile Falte erschien zwischen seinen Augen.

»Für alles und jeden hast du Zeit. Sogar für deinen Stiefbruder Vincent. Nur ich muß ständig hintanstehen. Das ist nicht fair.«

Mandy zog die Stirn unwillig kraus.

»Willst du mir hier auf dem Flur eine Szene machen?« fauchte sie erregt und sah sich um, ob einer der Mitarbeiter Erics Vorwurf mitangehört hatte. »Manchmal benimmst du dich wie ein verwöhnter Junge und nicht wie ein hochrangiger Mitarbeiter eines erfolgreichen Unternehmens«, warf sie ihm vor und maß ihn mit einem ungeduldigen Blick.

Eric, der Mandy gut genug kannte um zu wissen, daß in dieser Stimmung jedes weitere Gespräch mit seiner Lebensgefährtin sinnlos war, zuckte mit den Schultern.

»Wie du meinst. Wir sehen uns dann heute abend.«

Mandy seufzte erleichtert und legte die Hand an die Klinke.

»Warte nicht auf mich. Es kann spät werden. Ach, und ruf bitte den Handwerker an und verschieb den Termin. Er wollte morgen kommen, um nach der defekten Waschmaschine zu Hause zu sehen. Ich habe keine Zeit, weil ich auf die Sitzung unseres Kooperationspartners muß, und du hast Besprechungen.«

»Soll ich einen neuen Termin ausmachen?« fragte Eric geduldig.

Mandy überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf.

»Das muß warten, bis es etwas ruhiger geworden ist.«

»Du machst Witze«, lächelte Eric sarkastisch, doch da war Mandy schon in ihrem Büro verschwunden. So blieb ihm nichts anderes übrig, als unter den mitleidigen Blicken der Sekretärin davonzugehen, um sein eigenes Tagwerk zu beginnen. Anders als Mandy machte Eric darum niemals großes Aufsehen, obwohl es ähnlich umfangreich und wichtig war wie das seiner Lebensgefährtin und Institutsleiterin Mandy Fürst.

Als Mandy nach der wider Erwarten unerfreulichen Aufsichtsratssitzung zum verabredeten Treffpunkt kam, war sie bereits eine halbe Stunde zu spät. Ihr Stiefbruder Vincent saß am Tisch und hatte bereits das zweite Glas Wein vor sich stehen. Entsprechend gerötet waren seine Wangen, und um seinen vollen Mund lag ein weinerlicher Zug. Mandy erwiderte den Gruß des Kellners, reichte ihm ihre Kostümjacke und eilte auf Vincent zu.

»Entschuldige die Verspätung, mein Lieber. Es gibt Probleme im Geschäft. Deshalb hat es etwas länger gedauert.«

Mit verschwommenem Blick beobachtete Vincent, wie Mandy sich elegant auf dem Stuhl niederließ, die schlanken Beine, die nur knapp von einem schwarzen Minirock bedeckt wurden, übereinanderschlug und das feine blonde Haar aus dem Gesicht strich.

»Schon gut. Ich bin es ja gewohnt, nicht wichtig zu sein.«

Diese Bemerkung genügte, um Mandy aus der Fassung zu bringen.

»Wenn du mich herbestellt hast, um über dein verdorbenes Leben zu lamentieren, gehe ich sofort wieder«, fauchte sie hinter vorgehaltener Hand, um nicht die Aufmerksamkeit der anderen Gäste zu erregen.

»Nein, bitte nicht. Ich habe dir eine wichtige Mitteilung zu machen«, gab Vincent beschwichtigend zurück.

Mandy seufzte und zog die blasse Stirn in skeptische Falten.

»Hat dich deine Agentur endgültig rausgeworfen? Brauchst du Geld? Muß ich dich wieder aus Schwierigkeiten rauspauken?«

»Nichts dergleichen. Ich habe eine Entscheidung getroffen«, widersprach Vincent mit gewichtiger Miene und fuhr sich mit der Hand über das unrasierte Kinn. Seine zarten langen Finger und der sinnliche volle Mund standen in krassem Gegensatz zu den männlich kantigen, breiten Wangenknochen, die Vincent stark und hart wirken ließen. Doch dieser oberflächliche Eindruck täuschte. Seine Bemerkung ließ Mandy daher belustigt auflachen.

»Hört, hört. Das Topmodel Vincent Fürst will sein Leben ändern.«

»Das ist nicht witzig«, fauchte Vincent zutiefst verletzt und ertränkte seinen Kummer in einem großen Schluck des kühlen Weiß-weins.

Mandy hingegen nippte nur an ihrem Glas Wasser und zerteilte lustlos die Forellenterrine, die der Ober als Gruß aus der Küche serviert hatte.

»Es tut mir leid, Vincent, aber ich kann deinen Plänen einfach keinen Glauben mehr schenken. Seit Jahren erzählst du mir, du stündest kurz vor dem großen internationalen Durchbruch. Statt dessen sehe ich deine Bilder immer nur in zweit- und drittklassigen Produktionen.«

»Diesmal ist es aber wirklich anders«, versicherte Vincent eifrig und aß hastig seinen Teller leer. Man sah ihm an, daß er hungrig war.

Erst als ihn der strafende Blick seiner eleganten Stiefschwester traf, zügelte er seinen Heißhunger.

Mandy zerbrach ein Stück knus-priges Weißbrot und maß ihn mit einem skeptischen Blick.

»Also, was hast du vor?«

»Ich habe ein gutes Angebot und werde nach München gehen.«

»München hat mich schon immer interessiert. Eine gute Wahl.«

»Vor allen Dingen werde ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«

»Was hast du vor?« fragte Mandy neugierig.

»Ich werde Bianca suchen.«

Vor Schreck fiel Mandy die Gabel aus der Hand. Klirrend landete sie auf dem Tellerrand und ließ das diskrete Gemurmel der umliegenden Tische für einen Moment verstummen. Mandy entschuldigte sich mit einem peinlich berührten Blick, ehe sie sich fassungslos an Vincent wandte.

»Was ist denn das schon wieder für eine Schnapsidee?« zischte sie. »Ich dachte, du wolltest dein Leben ändern. Statt dessen reist du mal wieder einer Frau nach.«

»Genau das tue ich jetzt«, widersprach der schöne Vincent ungerührt. »Seit ich Bianca vor fünf Jahren verlassen habe, um meine Karriere voranzutreiben, läuft alles schief. Mit ihr habe ich das Glück aus meinem Leben verbannt. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke und mich nach ihr sehne. Deshalb muß ich jetzt handeln.«

»Du bist doch betrunken!«

»Ich war nie so nüchtern wie jetzt. Glaub mir, Mandy, die Liebe ist der Schlüssel zum Erfolg. Nicht umsonst heißt es: »Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine erfolgreiche Frau. Daher werde ich Bianca zurückerobern und ein neues Leben mit ihr beginnen«, erklärte Vincent voller Zuversicht.

Mißbilligend schüttelte Mandy den Kopf.

»Was macht dich so sicher, daß sie dich noch will? Immerhin hast du sie damals eiskalt abserviert, wenn ich mich recht erinnere. Und ich meine mich zu erinnern, daß Bianca sehr entschieden und willensstark war. Eine beeindruckende Frau und im Grunde viel zu stark für dich.«

»Ich glaube einfach fest daran«, überging Vincent diesen berechtigten Einwand.

Mandy lachte spöttisch.

»Du bist und bleibst ein Träumer. Aber bitte, wenn du meinst, daß das dein Weg ist, dann gehe ihn. Meinen Segen hast du.«

Sie legte das Besteck auf den Tellerrand und betupfte sich die dezent geschminkten Lippen.

Danach warf sie einen sorgenvollen Blick auf die Uhr und legte einen Hundert-Euro-Schein auf den Tisch. »Ich muß los. Bezahle die Rechnung. Den Rest kannst du behalten.«

»Du bist ein Schatz.«

»Keine Sorge. Wenn du nicht mein Stiefbruder wärst, hätte ich dich schon längst mit einem Fußtritt aus meinem Leben befördert«, erklärte sie schonungslos und ließ sich von dem Ober in die schwarze Kostümjacke helfen. »Weißt du überhaupt, wo Bianca jetzt lebt?«

»Damals ist sie nach München gegangen, um dort die Fresken einer Kirche zu restaurieren. Also werde ich meine Suche dort beginnen.«

»Dann viel Glück. Im Grunde kann ich nur hoffen, daß du fündig wirst. In diesem Fall hätte ich ein Problem weniger.« Und in einem Anfall von Sentimentalität schickte sie hinterher: »Und melde dich ab und zu mal, damit ich weiß, wie es dir geht.«

»Wird gemacht.« Vincent lächelte verbindlich und sah seiner er-
folgreichen, entschlossenen Stiefschwester bewundernd nach, wie sie sich elegant an Stühlen und Tischen vorbeischlängelte und ihm von der Tür aus noch einmal winkte, ehe sie endgültig verschwand. Mehr als einmal hatte er sich wenigstens die Hälfte ihrer Tatkraft und Energie gewünscht, ein kleines Stück ihres untrüglichen Geschäftssinns und ihres goldenen Händ-chens, wenn es um gute Geschäfte ging. Er jedoch schien als Versager der Familie geboren zu sein. Daran konnte auch sein hübsches Äußeres und sein an guten Tagen unerschütterliches Selbstbewußtsein nichts ändern.

Tatsächlich war das Leben der Mandy Fürst bisher gerade verlaufen, und die Erfolgskurve hatte stets steil nach oben gezeigt. Doch in letzter Zeit schien sich irgend etwas an dieser Tatsache langsam aber stetig zu ändern. Von Mandy zunächst unbemerkt hatte ein schleichender Prozeß eingesetzt, den sie schließlich nicht länger ignorieren konnte. Daran dachte sie, als sie nach ihrem Treffen mit Victor in die Firma zurückkehrte und bereits von Eric erwartet wurde. Seine düstere Miene ließ darauf schließen, daß er ihre Sorgen teilte.

»Was war denn heute in der Vorstandssitzung los?« fragte er auch sofort, nachdem sich die Bürotür hinter der verdächtig lächelnden Sekretärin geschlossen hatte.

Mandy legte Autoschlüssel und Handy auf den aufs peinlichste 
aufgeräumten Schreibtisch und schnaubte verächtlich.

»Stell dir vor, einige Vorstände haben mir vor dem versammelten Gremium das Mißtrauen ausgesprochen. Sie bemängeln meinen Kommunikationsstil und werfen mir Geheimniskrämerei vor.«

»Haben sie einen konkreten Grund?«

»Es ist einfach lächerlich. Sie sind der Ansicht, daß ich ihnen die Zahlen im Vorfeld hätte mitteilen müssen und machen mich persönlich dafür verantwortlich, daß das Ergebnis schlechter ausfällt als im vergangenen Jahr. Die Ziele wären zu wenig ambitioniert, meinten sie«, erklärte Mandy wortreich, während sie mit verschränkten Händen im Zimmer auf und ab ging.

»Vielleicht haben sie damit nicht ganz unrecht«, stellte Eric vorsichtig fest.

»Immerhin könntest du dir einigen Ärger ersparen, wenn du offener mit den Leuten sprechen und ab und zu einen Rat annehmen würdest. Und hin und wieder schadet es auch nicht, freundlich zu seinen Mitarbeitern zu sein. Das kommt im Allgemeinen gut an«, hielt Eric nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg.

Als sie diese kritischen Worte aus dem Munde ihres Lebensgefährten hörte, wurde Mandy noch bleicher, als sie es ohnehin schon war.

»Du fällst mir in den Rücken?«

»Als dein Freund gebe ich dir einen wohlmeinenden Rat«, stellte Eric in aller Ruhe richtig.

Doch Mandys Augen funkelten wütend.

»Du solltest auf meiner Seite stehen.«

»Das tue ich. Allerdings bedeutet das nicht, daß ich dir immer und überall uneingeschränkt recht gebe. Peter Bauer vom Vorstand hat mich angerufen und mir sein Leid geklagt. Offenbar hast du seinen Ausführungen noch nicht einmal richtig zugehört.«

»So so, ihr klüngelt also hinter meinem Rücken? Das wird ja immer schöner«, redete sich Mandy immer mehr in Rage. »Bin ich denn nur noch von Verrätern umgeben? Zuerst dieser Referent, der sich mit unseren Geschäftsideen selbständig machen will und nun auch noch du und der Vorstand. Unglaublich!«

Mandy war so wütend, daß sich selbst Eric, der sie gut kannte, Sorgen machte. Beschwichtigend hob er die Hände.

»Beruhige dich, Mandy. Du kannst dich wirklich nicht beschweren. Viele Jahre lang ist alles glänzend gelaufen. Durch deinen unermüdlichen Einsatz genießt das Unternehmen einen hervorragenden Ruf«, versuchte er sie zu beruhigen. »Jetzt scheint es aber an der Zeit zu sein, manches zu ändern, nicht ­zuletzt an deinem autoritären Führungsstil. Ich denke, du mußt den Leuten besser zuhören. Teamgeist ist heutzutage mehr denn je gefragt«, stellte er nicht ohne persönlichen Grund fest.

Mandy starrte ihn ungläubig an.

»Das sind ja schöne Worte aus deinem Mund! Wann hast du dir das denn ausgedacht? Und warum erzählst du mir das erst jetzt? Warum hast du mich nicht früher gewarnt?«

»Du wolltest mir nicht zuhören, wie immer.«

»Ich höre dir immer zu, wenn du mich um einen Termin bittest«, kam Mandy gar nicht in den Sinn, daß dieses Verhalten unter Liebesleuten nicht üblich war.

Eric lächelte traurig.

»Das habe ich heute morgen versucht. Wenn du dich recht erinnerst, hast du mir schonungslos erklärt, keine Zeit für mich zu haben.«

Diese Tatsache konnte selbst eine redegewandte Geschäftsfrau wie Mandy nicht wegdiskutieren. Betroffen senkte sie den Blick und starrte auf ihre lederne Schreib-
tischunterlage. Schließlich griff sie nach ihrem Terminkalender und schlug ihn auf.

»Also schön, ich mache den Termin heute abend kurz und dann reden wir. Kann ich das so eintragen?«

»Sehr gern.« Eric lächelte erfreut, daß sich Mandy so einsichtig zeigte. Ein Hoffnungsschimmer glomm in seinem Herzen auf, und guten Mutes kehrte er zu seiner Arbeit zurück.

Freundlich lächelnd aber mit ernsten Blicken saß Dr. Daniel Norden der jungen hübschen Patientin gegenüber, die nicht zum ersten Mal den Weg in seine Praxis gefunden hatte. Seit vielen Jahren kannte der Allgemeinmediziner die Kirchenmalerin Bianca Hübsch, die eine schwere Leidensgeschichte hinter sich hatte und der das Schicksal dennoch nicht wohlgesonnen zu sein schien und sie mit immer neuen Qualen traktierte.

»Meine liebe Frau Hübsch, wollen Sie sich nicht endlich zu einer Operation entschließen?« fragte er besorgt, nachdem er die allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen durch-geführt hatte.

Betreten senkte Bianca den Kopf.

»Ich habe solche Angst vor diesem Eingriff«, murmelte sie beschämt.

»Sie haben in Ihrem noch so jungen Leben bereits so viel überstanden. Da wird diese Operation eine Kleinigkeit für Sie sein«, war der Arzt bemüht, seiner sonst so starken Patientin Mut zuzusprechen. »Warum soll nicht auch diese Geschichte ein gutes Ende nehmen wie Ihre rheumatoide Arthritis, die wir wider aller Erwartungen doch so gut in den Griff bekommen haben?«

»Man sollte sein Glück nicht überstrapazieren«, gab Bianca zurück und warf entschlossen den Kopf in den Nacken. Ihre hohe Stirn wurde von dem straff nach hinten gebundenen Haar betont. Die leicht gebogene Nase und die etwas schräg stehenden Augen gaben ihrem ungewöhnlichen Gesicht einen stolzen Ausdruck. »Daß das Rheuma so spontan zum Stillstand gekommen ist und ich dadurch wieder meiner Arbeit nachgehen kann, ist ein Geschenk für mich, das ich so lange wie möglich bewahren möchte.«

»Wenn Sie sich nicht bald zu einer Operation durchringen, sind Sie bald blind. An Arbeit ist dann nicht mehr zu denken«, konfrontierte Daniel Norden sie mit den grausamen Tatsachen.