In ihren Augen – nur Angst - Patricia Vandenberg - E-Book

In ihren Augen – nur Angst E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Das Ehepaar Dr. Daniel Norden und Fee sehen den Beruf nicht als Job, sondern als wirkliche Berufung an. Aber ihr wahres Glück finden sie in der Familie. Fünf Kinder erblicken das Licht der Welt. Die Familie bleibt für Daniel Norden der wichtige Hintergrund, aus dem er Kraft schöpft für seinen verantwortungsvollen Beruf und der ihm immer Halt gibt. So ist es ihm möglich, Nöte, Sorgen und Ängste der Patienten zu erkennen und darauf einfühlsam einzugehen. Familie Dr. Norden ist der Schlüssel dieser erfolgreichsten Arztserie Deutschlands und Europas. Seri»Du weißt, ich habe mir immer Kinder gewünscht. Und jetzt endlich wird dieser Traum Wirklichkeit«, schwärmte Katha Wunderlich mit verklärtem Gesichtsausdruck. »Was meinst du? Wird es so wundervoll, wie wir es uns vorgestellt haben?« wandte sie sich an ihren Mann Gernot, der ihr gegenüber am üppig gedeckten Frühstückstisch saß. Der betrachtete seine Frau skeptisch. »Ich weiß nicht, ob du dir nicht zuviel von Eleanors Aufenthalt bei uns versprichst. Immerhin ist sie eine junge Frau von dreiundzwanzig Jahren und wird nicht viel mit uns Alten zu tun haben wollen.« »Wie du sprichst!« echauffierte sich Katha und machte erst gar nicht den Versuch, ihre Enttäuschung über Gernots mangelnde Begeisterung zu verbergen. Doch davon ließ sich Gernot nicht beeindrucken. »Genauso, wie es sich für einen Filialleiter einer namhaften Bank ziemt«, beendete er das Gespräch und damit die erste Mahlzeit des Tages, die er wie jeden Morgen mit seiner Gattin einzunehmen pflegte. Er erhob sich und küßte seine Frau in alter Gewohnheit links und rechts auf die Wange. »Außerdem werden wir in wenigen Stunden mehr wissen, wenn sie erst einmal gelandet ist. Was sollen da die ganzen unsinnigen Spekulationen? Ich halte mich lieber an die Tatsachen.« Mit diesen Worten verließ er die großzügige Wohnküche. Gleich darauf hörte Katha, wie die Haustür ins Schloß fiel, und sie seufzte tief auf.

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Familie Dr. Norden – 767 –

In ihren Augen – nur Angst

Ein dringender Hilferuf an Dr. Norden

Patricia Vandenberg

Seri»Du weißt, ich habe mir immer Kinder gewünscht. Und jetzt endlich wird dieser Traum Wirklichkeit«, schwärmte Katha Wunderlich mit verklärtem Gesichtsausdruck. »Was meinst du? Wird es so wundervoll, wie wir es uns vorgestellt haben?« wandte sie sich an ihren Mann Gernot, der ihr gegenüber am üppig gedeckten Frühstückstisch saß.

Der betrachtete seine Frau skeptisch.

»Ich weiß nicht, ob du dir nicht zuviel von Eleanors Aufenthalt bei uns versprichst. Immerhin ist sie eine junge Frau von dreiundzwanzig Jahren und wird nicht viel mit uns Alten zu tun haben wollen.«

»Wie du sprichst!« echauffierte sich Katha und machte erst gar nicht den Versuch, ihre Enttäuschung über Gernots mangelnde Begeisterung zu verbergen.

Doch davon ließ sich Gernot nicht beeindrucken.

»Genauso, wie es sich für einen Filialleiter einer namhaften Bank ziemt«, beendete er das Gespräch und damit die erste Mahlzeit des Tages, die er wie jeden Morgen mit seiner Gattin einzunehmen pflegte. Er erhob sich und küßte seine Frau in alter Gewohnheit links und rechts auf die Wange. »Außerdem werden wir in wenigen Stunden mehr wissen, wenn sie erst einmal gelandet ist. Was sollen da die ganzen unsinnigen Spekulationen? Ich halte mich lieber an die Tatsachen.« Mit diesen Worten verließ er die großzügige Wohnküche.

Gleich darauf hörte Katha, wie die Haustür ins Schloß fiel, und sie seufzte tief auf.

»Endlich allein! Jetzt kann ich mich in aller Ruhe den letzten Vorbereitungen und meinen Tagträumen hingeben«, stellte sie zufrieden fest und machte sich auf den Weg in das obere Stockwerk.

Nicht lange danach betraten leichte Füße die geräumige Wohnhalle.

»Guten Morgen Frau Wunderlich«, rief eine helle Frauenstimme durch das Haus. »Das ist ja eine Überraschung, daß Sie hier sind.«

»Hallo Flora. Lassen Sie sich nur nicht von mir stören. Sie wissen doch, Eleanor kommt heute an, und ich habe mir extra einen Tag freigenommen, damit ich mich in Ruhe auf diesen großen Moment vorbereiten kann.«

»Da tun Sie recht daran. Schließlich bekommt man nicht alle Tage Familienzuwachs, auch wenn er schon erwachsen ist.« Inzwischen war die Haushälterin, bewaffnet mit Staubsauger und Staubwedel, die Treppe hinaufgekommen und lächelte Katha durch den Frisierspiegel an. »Wie lange wird Ihre Nichte denn bleiben?«

»Meine Schwester meinte, Eleanor habe davon gesprochen, für immer zu bleiben, wenn es ihr gefiele.«

»Aber sie wird doch nicht vorhaben, den Rest ihres Leben bei Ihnen zu wohnen, nicht wahr?«

»Natürlich wird sie sich eines Tages eine eigene Bleibe suchen«, erklärte Katha unwillig. Der Gedanke, die Nichte womöglich schon bald wieder ziehen lassen zu müssen, verdarb ihr die gute Laune. »Aber erst einmal werde ich alles dafür tun, daß sie sich hier wie zu Hause fühlt. So lange habe ich mich nach jungen Menschen in diesem viel zu großen, viel zu stillen Haus gesehnt, als daß ich diese Gesellschaft nicht ausgiebig genießen werde. Wir werden rauschende Feste mit ihren neuen Freunden feiern, Ausflüge ins Grüne machen und uns von ihr inspirieren lassen.« Doch noch während sie ihre Träume spann, wurde Kathas Miene nachdenklich. Sie betrachtete sich eingehend im Spiegel. »Elea-nor wird sicher auch belebend auf unsere Ehe wirken. Es ist alles so schrecklich eingefahren in den letzten Jahren.«

Schweigend hatte Flora dem Monolog ihrer Chefin gelauscht. Nachdenklich wiegte sie den Kopf.

»Hoffentlich erwarten Sie von Ihrer Nichte nicht zuviel«, stellte sie dann sachlich fest und machte sich an die Arbeit, noch ehe Katha etwas erwidern konnte. Die zuckte nur mit den Schultern und machte sich schließlich, sorgfältig zurechtgemacht wie immer, auf den Weg zu ihrem Hausarzt Dr. Daniel Norden, mit dem sie einen Termin vereinbart hatte.

»Frau Wunderlich, Sie strahlen ja heute wie die Sonne persönlich«, begrüßte der Allgemeinmediziner seine Patientin kurz darauf erfreut. Nicht immer traf er sie in derart entspannter Verfassung an. »Wie fühlen Sie sich?«

»Großartig. Habe ich Ihnen erzählt, daß meine Nichte Eleanor heute aus Australien kommt?«

»Mehrfach«, lächelte Dr. Norden nachsichtig und bot Katha einen Platz an. »Dann ist der große Tag, auf den Sie seit langem warten, endlich gekommen!«

»Ja, das Warten hat glücklicherweise ein Ende. Ich habe ohnehin nicht verstanden, warum diese Formalitäten so viel Zeit in Anspruch genommen haben. Es dauerte unendlich lange, bis allein die Zusage für den Studienplatz und die Aufenthaltsgenehmigung da waren. Meine Geduld wurde fürwahr auf eine harte Probe gestellt.«

»Ich habe mit Ihnen gelitten«, stellte Dr. Norden wahrheitsgemäß fest. Wann immer Katha Wunderlich in den vergangenen Monaten wegen einer ihrer zahlreichen Zipperlein bei ihm gewesen war, hatte sie ihm von der geplanten Übersiedelung ihrer Nichte erzählt. Endlich war es soweit. »Damit Sie ja nicht zu spät zum Flughafen kommen, sollten wir uns jetzt aber Ihrer Gesundheit zuwenden. Wie geht es Ihnen mit Ihrer Allergie?«

»Die Bioresonanz-Therapie wirkt wahre Wunder«, brach Katha sofort in begeistertes Schwärmen aus. »Das ist das einzige Mittel, das mir wirklich deutliche Erleichterung bringt.«

»Kein Husten mehr? Keine tränenden Augen?«

»Nichts. Es ist alles wie weggeblasen.«

»Es freut mich, das zu hören. Wenn Sie bitte nebenan auf Wendy warten. Ich schicke sie, um einen Tropfen Allergie-Blut abzunehmen. Sobald mir das Ergebnis vorliegt, rufe ich Sie an, damit wir die weitere Vorgehensweise besprechen können.«

Dr. Daniel Norden war zufrieden mit seinem Therapie-Erfolg und erhob sich, um seine Patientin nach nebenan zu begleiten. Katha folgte dem Arzt ihres Vertrauens zufrieden lächelnd. Nie zuvor war ihr die Welt so strahlend erschienen. Selten hatte sie sich so wohl in ihrer Haut gefühlt wie an diesem Tag. Die Aussicht auf die Zukunft, auf ein Leben mit Eleanor, beflügelte sie und ihr Wohlbefinden gleichermaßen. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr etwas langweilig gewordenes Leben endlich eine entscheidende Wendung erleben, die schon lange fällig war.

Wie vom Donner gerührt saß Henri Garder an seinem Schreibtisch und starrte auf das Schreiben, das er eben erhalten hatte.

»Das kann nicht wahr sein! Es muß sich um einen Irrtum handeln«, murmelte er betroffen und las wieder und wieder die Zeilen, als könne er seinen Augen nicht trauen.

»Ist alles in Ordnung, Herr Garder?« erkundigte sich seine Sekretärin, die den Kopf hereinsteckte, um ihn an einen Termin zu erinnern. »In fünf Minuten beginnt die Vorstandssitzung.«

»Schon gut, Klara. Ich komme gleich. Nur noch ein wichtiges Telefonat.«

Die Sekretärin zog sich mit skeptischer Miene zurück. Die Lage in der Firma war angespannt und Garders Arbeitsplatz alles andere als sicher. Eine Verspätung würde in jedem Fall kein gutes Licht auf ihren Chef werfen. Doch daran konnte Henri in diesem Augenblick nicht denken.

Als Klara verschwunden war, hob er den Hörer und tippte die Nummer, die er längst auswendig kannte. Nervös trommelte er mit den Fingerspitzen auf seine Schreibtischunterlagen, bis das Gespräch endlich angenommen wurde.

»Gott sei Dank erreiche ich Sie, Herr Wunderlich«, seufzte er erleichtert, als er die Stimme des Filialleiters seiner Hausbank hörte. »Ich habe ein Schreiben von Ihnen erhalten, dessen Inhalt unmöglich den Tatsachen entsprechen kann.«

Gernot Wunderlich, der sofort wußte, wovon sein langjähriger Kunde sprach, legte die Stirn in Falten. Ein bedauernder Ausdruck lag auf seinem Gesicht, als er antwortete:

»So leid es mir tut, Herr Garder, aber es stimmt leider. Aufgrund dramatischer wirtschaftlicher Entwicklungen hat der gesamte Aktienmarkt schwere Einbrüche erlebt. Sie haben Ihr gesamtes Vermögen verspekuliert.«

»Sind Sie sicher? Es muß sich um einen Irrtum handeln. Ihr Berater sagte mir zu, daß es sich um ein todsicheres Geschäft handelt. Sonst hätte ich doch nicht meine gesamten Ersparnisse investiert«, fragte Henri mit flehender Stimme.

Aber so sehr er sich es auch wünschte, so wenig konnte Gernot Wunderlich seinem Kunden eine positive Antwort geben.

»Ich kann nur wiederholen, daß ich dieses Unglück sehr bedauere.«

»Was soll ich denn jetzt tun? Die Raten für das Haus sind fällig, das neue Auto muß abbezahlt werden. Und meiner Frau habe ich zum Hochzeitstag eine Reise nach Hawaii geschenkt. Ganz abgesehen vom Medizinstudium meines Sohnes und der Ausbildung meines anderen Sohnes.«

»Es tut mir leid, Herr Garder. Wir können gerne einen Termin vereinbaren und darüber beraten, wie wir mit Ihren Schulden verfahren. Allerdings glaube ich nicht, daß ich Ihnen sehr weiterhelfen kann. Mir sind die Hände gebunden«, erklärte Wunderlich mit einem kritischen Blick auf seinen Computerbildschirm, der ihm die mißliche Lage seines Kunden auf einen Blick präsentierte.

»Herr Garder, Sie werden erwartet«, tönte eine weibliche drängende Stimme im Hintergrund.

Henri blickte auf und sah durch seine Assistentin Klara hindurch. Er nickte mechanisch, als er das Telefonat ohne ein Grußwort beendete.

»Ich komme schon«, erklärte er niedergeschmettert, während er im Zeitlupentempo seine Unterlagen zusammensuchte und sich schließlich erhob. Alles schien seinen Sinn verloren zu haben. Selbst die mit Anspannung erwartete Vorstandssitzung konnte ihn nun nicht mehr aus der Fassung bringen. Er stand vor dem persönlichen finanziellen Aus. Etwas Schlimmeres hatte es in seiner Vorstellung niemals gegeben.

Während sich ihr Mann durch die wohl schlimmste Sitzung seines Lebens kämpfte, stand Bernadette Garder nachdenklich vor ihrem Kleiderschrank und stellte Überlegungen an.

»Laß mich raten!« weckte sie die belustigte Stimme ihres Sohnes Paul aus ihren Gedanken. »Du denkst gerade darüber nach, welche Klamotten du auf Hawaii brauchst.«

Bernadette lachte belustigt und drehte sich mit einem liebevollen Lächeln um.

»Richtig geraten. Und? Kannst du mir weiterhelfen?«

»Ein Baströckchen wäre sicher von Nutzen.«

»Du machst dich über mich lustig«, lachte Bernadette und versetzte ihrem Sohn einen liebevollen Klaps.

»Wie könnte ich? Aber jetzt mal im Ernst. Viel wirst du nicht brauchen. Das Klima ist wunderbar warm. Ein paar Kleider und luftige Schuhe sollten genügen.«

Seufzend drehte sich Bernadette wieder zu ihrem Schrank um.

»Das kann ich mir gar nicht vorstellen. All die Jahre haben wir Urlaub an der Ostsee gemacht, wo das Wetter unberechenbar ist. Ich weiß gar nicht, welcher Teufel deinen Vater geritten hat, mich mit dieser Reise zu überraschen.«

»Sei doch froh, daß er dir mal etwas Abwechslung in deinem langweiligen Alltag bieten will.«

Diese leicht dahingesagten Worte ihres Sohnes stimmten Bernadette nachdenklich.

»Irgendwie hast du ja recht. Vielleicht sollte ich mir wieder Arbeit suchen, damit ich am Abend auch etwas zu erzählen habe.«

»Es geht nicht nur darum. Ich finde, du solltest es schon allein wegen dir tun. Seit ich die Stelle an der Behnisch-Klinik habe, hast du außer dem Haushalt keine Aufgabe mehr. Eine neue Herausforderung könnte Geist und Herz beleben und neuen Schwung in dein Leben bringen«, erklärte Paul, der es sich auf dem Ehebett bequem gemacht hatte.

»Wie du redest! Hältst du mich etwa für eingerostet?« gab sich Bernadette ein wenig gekränkt.

Aber Paul lachte unbedarft.

»Ach was. Außerdem brauchst du dir vor dem Urlaub keine Gedanken mehr darüber zu machen. Danach bleibt dir genügend Zeit.«

»Womit wir wieder beim Thema wären. Mit dem Urlaub fangen die Probleme auch schon an«, wandte sich Bernadette wieder ihrem Kleiderschrank zu. »Die Kleider, die ich besitze, sind schon Jahre alt und schäbig.«

»Dann kauf dir doch ein paar schicke neue Sachen. Und eine neue Frisur würde dir auch gut zu Gesicht stehen«, schlug Paul gut gelaunt vor.

»Meinst du?« Nachdenklich betrachtete sich Bernadette im Spiegel des Kleiderschrankes. »Ich weiß nicht. Das fällt doch ohnehin niemandem auf.«

»Bin ich niemand? Außerdem sind da noch Papa und Moritz. Du wirst mir doch nicht erzählen, daß die beiden dich keines Blickes mehr würdigen.«

»Das nicht«, antwortete Bernadette mit leiser Stimme und senkte betreten die Augen. »Aber dein kleiner Bruder hat momentan nur Flausen im Kopf. Und zwischen Papa und mir ist das Feuer aus. Manchmal habe ich das Gefühl, wir leben nur noch aus Gewohnheit zusammen und nicht, weil wir uns lieben. Im Grunde wissen wir gar nichts voneinander.«

»Jetzt übertreibst du aber«, versuchte Paul, die überraschenden Sorgen seiner Mutter leicht zu nehmen. Er war peinlich berührt über die intime Wendung, die das Gespräch auf einmal genommen hatte. »In ein paar Wochen fliegt ihr in den Urlaub. Nur ihr beide ganz allein. Das wird wunderbar, und du wirst hinterher gar nicht mehr wissen, warum du dir im Vorfeld so viele Gedanken gemacht hast«, versuchte er, sie und auch sich zu trösten.

Obwohl sie Pauls Worten keinen Glauben schenkte, lächelte Bernadette.

»Wahrscheinlich hat mein kluger Sohn wie immer recht. Und jetzt gehe ich und mache einen Termin beim Friseur aus.«

»Eine hervorragende Idee. Danach solltest du auf jeden Fall einen Einkaufsbummel unternehmen«, schlug Paul vor und erhob sich vom Bett. Er küßte seine Mutter liebevoll auf die Wange, ehe er sich auf den Weg in die Behnisch-Klinik machte, wo er vor kurzem eine Assistenzarzt-Stelle angetreten hatte.

Bernadette indes blieb nachdenklich vor ihrem Kleiderschrank zurück. Ihr Sohn schien ihre Unbeschwertheit mit sich genommen zu haben und ließ sie mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit zurück.

Bis zuletzt hatte Katha Wunderlich nicht glauben können, daß ihr Traum tatsächlich Wirklichkeit werden würden. Unzählige Male hatte sie sich die Ankunft von Eleanor vorgestellt. Nun war es endlich soweit, und stolz präsentierte sie ihrer Nichte ihr Haus, nachdem sie sie vom Flughafen abgeholt hatte.

»Ich hoffe, du fühlst dich wohl hier und hast keine großen Probleme, dich einzuleben«, erklärte sie euphorisch, während sie die große Haustür aufschloß.

»Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben«, zitierte Elea-nor den berühmten Schriftsteller Hermann Hesse in ihrer ruhigen, besonnenen Art, die Katha sofort aufgefallen war.

»Das ist ein weiser Ausspruch! Komm mit, ich zeig dir dein Zimmer«, forderte Katha ihre neue Mitbewohnerin auf, und die Studentin der Philosophie folgte widerspruchslos. Mit ihren katzengrünen Augen nahm sie sämtliche Einzelheiten ihrer neuen Umgebung blitzschnell in sich auf.

»Sehr schön habt ihr es hier.«

»Es freut mich, wenn es dir gefällt. Hier ist dein Zimmer.« Katha öffnete mit einer großen Geste die Tür zu einem Raum, der ganz in weiß und hellgrün gehalten war. Die weiß gelackten Fenster öffneten sich weit zum Garten hin, helle Vorhänge bauschten sich im sanften Wind. Das weiße Bett war mit einer in allen erdenklichen Grüntönen gemusterten Wäsche bezogen. »Und? Meinst du, du wirst dich hier wohl fühlen?« fragte sie erwartungsvoll.

»Es ist herrlich und ist ebenso schön wie zu Hause.«

»Genau das habe ich gehofft«, stellte Katha begeistert fest. »Was meinst du? Sollen wir dir zu Ehren ein Willkommensfest geben, damit du gleich ein paar Leute hier kennenlernen und Freundschaften schließen kannst?«