Nur im Doppelpack zu haben - Patricia Vandenberg - E-Book

Nur im Doppelpack zu haben E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Das Ehepaar Dr. Daniel Norden und Fee sehen den Beruf nicht als Job, sondern als wirkliche Berufung an. Aber ihr wahres Glück finden sie in der Familie. Fünf Kinder erblicken das Licht der Welt. Die Familie bleibt für Daniel Norden der wichtige Hintergrund, aus dem er Kraft schöpft für seinen verantwortungsvollen Beruf und der ihm immer Halt gibt. So ist es ihm möglich, Nöte, Sorgen und Ängste der Patienten zu erkennen und darauf einfühlsam einzugehen. Familie Dr. Norden ist der Schlüssel dieser erfolgreichsten Arztserie Deutschlands und Europas. »Papi, schau mal, in zwei Wochen findet in der Nähe von München ein Amateur-Autorennen statt. Können wir da hinfahren? Bitte, bitte, bitte!« bettelte Chri-stian Norden, der von allen Mitgliedern seiner Familie nur Janni genannt wurde. Er wedelte mit einer bunt bebilderten Motorsport-Fachzeitschrift vor der Nase seines Vaters herum, während er aufgeregt auf dem Stuhl hin und her zappelte. »Nun halt doch mal still. So kann ich gar nichts erkennen«, erklärte Dr. Daniel Norden und griff nach dem Magazin. »Für Motorsport habe ich im Grunde genommen gar nichts übrig« te. »Ich weiß schon, wegen der Umwelt und so. Aber ich will doch nur ein einziges Mal auf so ein Rennen gehen, wenn schon mal in der Nähe eines stattfindet.« »Was hältst du davon?« wandte sich Daniel fragend an seine Frau Felicitas, die gemeinsam mit Jans Zwillingsschwester Dési und der älteren Tochter Anneka mit am Frühstückstisch saß. Die großen Söhne der Familie, Felix und Danny, hatten sich an diesem Morgen noch nicht blicken lassen. Nachdenklich warf Felicitas einen Blick auf die Zeitschrift. »Im Grunde teile ich deine Ansicht, was das Thema Autorennen angeht. Gerade heutzutage ist es verantwortungslos, die Umwelt auf so unnötige Weise zu belasten.« »Ach, Mami, bitte.

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Familie Dr. Norden – 773 –

Nur im Doppelpack zu haben

Hat Marco auch ein Herz für Sina?

Patricia Vandenberg

»Papi, schau mal, in zwei Wochen findet in der Nähe von München ein Amateur-Autorennen statt. Können wir da hinfahren? Bitte, bitte, bitte!« bettelte Chri-stian Norden, der von allen Mitgliedern seiner Familie nur Janni genannt wurde. Er wedelte mit einer bunt bebilderten Motorsport-Fachzeitschrift vor der Nase seines Vaters herum, während er aufgeregt auf dem Stuhl hin und her zappelte.

»Nun halt doch mal still. So kann ich gar nichts erkennen«, erklärte Dr. Daniel Norden und griff nach dem Magazin. »Für Motorsport habe ich im Grunde genommen gar nichts übrig«, erklärte er zurückhaltend, nachdem er die kurze Ankündigung gelesen hat-
te.

»Ich weiß schon, wegen der Umwelt und so. Aber ich will doch nur ein einziges Mal auf so ein Rennen gehen, wenn schon mal in der Nähe eines stattfindet.«

»Was hältst du davon?« wandte sich Daniel fragend an seine Frau Felicitas, die gemeinsam mit Jans Zwillingsschwester Dési und der älteren Tochter Anneka mit am Frühstückstisch saß. Die großen Söhne der Familie, Felix und Danny, hatten sich an diesem Morgen noch nicht blicken lassen. Nachdenklich warf Felicitas einen Blick auf die Zeitschrift.

»Im Grunde teile ich deine Ansicht, was das Thema Autorennen angeht. Gerade heutzutage ist es verantwortungslos, die Umwelt auf so unnötige Weise zu belasten.«

»Ach, Mami, bitte. Schau mal, Autorennen sind wichtig, damit die Ingenieure die technische Weiterentwicklung ihrer Motoren testen können. Das hilft auch der Umwelt«, erklärte Jan altklug, der sich seit einer Weile sehr intensiv mit seinem neuen Hobby auseinandersetzte. »Irgendwann willst du doch auch ein Auto fahren, das nur ganz wenig Benzin braucht. Dafür sind solche Rennen auch gut.«

»Ich weiß nicht recht«, zweifelte Fee die Argumentation ihres Sohnes an, konnte sich jedoch eines Lächelns nicht erwehren. Sie bewunderte Janni für seinen Eifer, mit dem er sich mit Dingen auseinander- und für sie einsetzte, die ihm am Herzen lagen.

»Also schön, ich denke, einmal können wir eine Ausnahme machen«, erklärte sich Daniel schließlich einverstanden, mit seinem Sohn das Amateur-Autorennen zu besuchen.

»Vielleicht haben deine großen Brüder Lust, uns zu begleiten. Dann machen wir einen richtigen Männertag.«

»Au ja, und wir gehen in aller Ruhe in die Stadt zum Einkaufen. Mit den Jungs geht das nicht vernünftig. Die haben einfach keine Geduld«, jubelte Anneka über die günstige Gelegenheit, ihre Mutter ausnahmsweise einmal nur mit ihrer jüngeren Schwester teilen zu müssen.

Und auch Désirée zeigte sich begeistert von dieser Aussicht.

»Wir machen einen Frauentag. Das wird lustig.«

»Einkaufen? Wie langweilig! Ich versteh gar nicht, wie einem das Spaß machen kann«, bemerkte Janni und warf seinem Vater einen beifallheischenden Blick zu.

Doch Daniel war mit den Gedanken bereits wieder bei seiner Arbeit. Obwohl es Samstag war, vergaß er nicht die Menschen, die auch an Wochenenden seiner Hilfe bedurften.

Er faltete die Serviette zusammen, leerte seine Tasse und erhob sich, um seiner Frau einen zärtlichen Kuß auf die Wange zu geben.

»Während ihr weiter Pläne schmiedet, fahre ich kurz zu Herrn Krug. Er war gestern bei mir in der Praxis und machte einen sehr niedergeschlagenen Eindruck.«

»Fahr nur, mein Lieber. Auch ich fühle mich wohler, wenn ich weiß, daß du für deine Patienten gut gesorgt hast«, erklärte Fee ohne Zögern.

»Du bist eine wunderbare Frau. Was bin ich doch für ein Glückspilz, eine wahre Partnerin an meiner Seite zu haben und keine, die nur schöne Worte macht, sondern sie auch so meint«, stellte Daniel liebevoll fest. Er konnte nicht anders, als Felicitas in die Arme zu ziehen und für einen kurzen Moment der Innigkeit festzuhalten.

»Welche Frau kann schon von sich behaupten, daß ihr Ehemann ihre Opfer selbst nach so langer Zeit noch zu schätzen weiß«, gab sie leise und sehr bewegt zurück.

Während sich das Ehepaar Norden verliebt in die Augen blickte, sahen die drei Kinder am Tisch ihren Eltern grinsend zu.

»Warum einigt ihr euch nicht darauf, daß ihr einfach das beste Ehepaar der Welt seid?« machte Dési schließlich einen vorwitzigen Vorschlag. »Die besten Eltern seid ihr ohnehin schon.«

Lächelnd drehte sich Felicitas zu ihrer kleinen Tochter um. Das Glück strahlte aus ihren Augen und selbst wenn sich mit den Jahren feine Linien um ihre Augen und die Mundwinkel gezogen hatten, hatte sie eine jugendliche Ausstrahlung, von der manch Zwanzigjährige nur träumen konnte. Das war das Bild, das Dr. Daniel Norden im Herzen trug, als er sich auf den Weg zu seinem depressiven Patienten, dem Maler Sebastian Krug machte. Mit diesem Bild vor Augen würde es ihm gelingen, auch in diese Seele neue Hoffnung zu zaubern.

Schreckensbleich saß die Buchhändlerin Konstanze Fischer an ihrem Schreibtisch in der kleinen Buchhandlung und starrte auf den Brief, den sie eben gelesen hatte. Als die kleine Glocke über der Tür klingelte, war sie noch nicht einmal in der Lage, nachzusehen, welche Kundschaft den Weg in das kleine Geschäft gefunden hatte.

»Mama, bist du da?« rief eine weibliche Stimme, und der schwere dunkelrote Samtvorhang, der das Büro vom Verkaufsraum trennte, wurde beiseite geschoben. Verwundert blickte Alexandra Fischer auf ihre Mutter herab. Ihre kleine Tochter Sina, die sie auf dem Arm hielt, krähte vergnügt und schenkte der Großmutter ein strahlendes Lächeln.

Doch selbst das konnte Konstanze im Augenblick nicht aufmuntern. Müde hob sie den Kopf.

»Es ist aus!« erklärte sie mit Grabesstimme und reichte Alexa ohne weitere Erklärung das Schreiben, das sie eben erhalten hatte.

Kurz entschlossen setzte die junge Frau das Baby auf den Schoß der Großmutter und griff nach dem Blatt Papier.

»Ach du liebe Zeit. Eine Mahnung über fünftausend Euro, zahlbar innerhalb der nächsten vierzehn Tage. Das ist ja entsetzlich.«

»Das ist unsere Bankrotterklärung. Euer Vater hat uns tatsächlich ruiniert. Langsam begreife ich, warum er vor seinem Tod unbedingt noch Frieden schließen wollte mit mir. Das war nichts als sein schlechtes Gewissen. Er wußte sicher, was auf uns zukommen würde, wenn wir das Erbe annehmen. Und ich naives Frauenzimmer dachte, er hätte sich tatsächlich geändert. Das passiert dir mal nicht, Sinalein«, erklärte Konstanze dem brabbelnden Kind auf ihrem Schoß und schaukelte es auf ihren Knien, daß es quietschte vor Freude. »Dafür wird deine Oma schon sorgen.«

»Was machen wir denn jetzt?« seufzte Alexandra indes frustriert. »Dabei hatte ich so besonders gute Laune heute. Sieh mal, was ich dir mitgebracht habe«, erinnerte sie sich und reichte ihrer Mutter eine schwere Plastiktüte.

»Was ist das?«

»Ein wunderschöner handsi-gnierter Bildband des Malers Sebastian Krug. Romina hat ihn auf dem Flohmarkt aufgestöbert und für drei Euro erstanden. Dabei ist das seltene Stück gut und gerne zweihundert Euro wert.«

Konstanze hielt ihr Enkelkind im einen Arm, während sie mit der anderen Hand das Buch aus der Tüte zog und es vor sich auf den Schreibtisch legte. Mit unkoordinierten Bewegungen wollte Sina sofort danach grapschen und verzog unwillig das Mündchen, als ihr das nicht gelingen wollte. Ungeachtet des Unwillens ihrer Enkeltochter fuhr Konstanze andächtig über den ledernen Einband des prachtvollen Buches, ehe sie es aufschlug.

»Das ist wirklich eine wunderbare Ausgabe. Und die Qualität der Drucke ist bestechend. Was für herrliche Bilder«, schwärmte sie ergriffen. Eine Weile betrachtete sie versunken die Abbildungen und kehrte schließlich widerwillig in die Realität und zum Geschäft zurück. »Ein Liebhaber würde dafür eine große Summe ausgeben. Dummerweise wird es jedoch keine fünftausend Euro einbringen. Das heißt, es fließt in die Konkursmasse mit ein.«

»Du willst tatsächlich aufgeben?« fragte Alexandra auf die Ankündigung ihrer Mutter hin fassungslos. »Aber der Buchladen war doch schon immer dein Traum.«

»Ich fürchte, ich muß einsehen, daß er ausgeträumt ist.« Entschieden klappte Konstanze das Buch zu und schob es beiseite, um sich wieder ihrer Enkeltochter zuzuwenden. Mit betrübter Miene küßte sie die weichen, duftenden Wangen. Gurgelnd griff Sina nach einer Strähne ihres dunklen Haars und zog daran. Konstanze befreite sich lächelnd. »Laß uns lieber über etwas Erfreulicheres reden. Was machen eure Hochzeitspläne?« fragte sie, um sich von ihrem Kummer abzulenken.

»Das ist auch kein besseres Thema«, gab Alexandra unzufrieden zurück. »Wann immer ich mit Charly darüber reden will, weicht er mir aus. Langsam glaube ich, er liebt mich gar nicht.«

»Unsinn. Denk doch nur dran, wie sehr er sich auf Sina gefreut hat.«

»Davon ist jetzt aber leider nicht mehr viel zu merken. Er hat kaum Zeit, zu uns zu kommen, um uns zu besuchen. Ständig schiebt er seine Schule vor.«

»Der Junge ist eben fleißig. Du solltest froh sein, Verständnis mit ihm haben und nicht immer Krach schlagen, sonst läuft er dir noch davon. Außerdem ist es völlig normal, daß Männer kalte Füße bekommen vor der Hochzeit. Immerhin ist es ein einschneidender Schritt, der das ganze Leben verändert«, versuchte Konstanze, Verständnis in ihrer Tochter zu wecken.

Doch in Alexandra blieben Zweifel.

»Warum dürfen immer Männer Angst haben? Immerhin war die Schwangerschaft mit Sina auch ein Einschnitt in meinem Leben, vor dem ich nicht einfach davonlaufen konnte.«

»Bereust du es, daß du dich für sie entschieden hast?« fragte Konstanze und streichelte ihrer kleinen Enkeltochter verliebt über das Haar.

»Natürlich nicht. Sina war die beste Entscheidung meines Lebens. Trotzdem wünschte ich mir, Charly könnte sich auch endlich dazu entschließen, zu uns zu stehen. Ich will eine richtige Familie haben und mit meinem Mann und meinen Kindern ein glückliches Leben führen.«

»Du bist zu ungeduldig. Warte ab, bis Charly seine Schule beendet und eine anständige Stellung gefunden hat. Dann macht er dir bestimmt einen Antrag, und du wirst die glücklichste Frau der Welt sein. Du wirst sehen.«

»Ich möchte wissen, woher du in manchen Dingen deinen unverbesserlichen Optimismus holst«, zuckte Alexandra mit den Schultern und nahm ihren kleinen Sonnenschein auf den Arm. »Mag sein, daß die Oma recht hat. Aber die Hauptsache ist, daß ich dich habe und daß es dir gutgeht. Nicht wahr, Sinalein?« murmelte sie und bedeckte das kleine Kindergesicht über und über mit Küssen.

Das Baby kreischte vor Vergnügen und versuchte es seiner Mutter nachzumachen. Konstanze beobachtete die beiden gerührt. Ihre beiden Töchter Romina und Alexandra und besonders Sina waren ihr ganzes Glück. Doch auch wenn sich ihren Augen ein Bild vollkommener Harmonie darbot, so war ihr doch bewußt, daß der Faden, an dem ihre Existenz hing, sehr dünn war. Der Gedanke an die fünftausend Euro, die sie binnen vierzehn Tagen besorgen mußte, ließ sich nicht vertreiben. Ihr trauriger Blick wanderte durch den kleinen Buchladen, den ihr Mann ihr nach seinem Ableben vererbt hatte. Damit war ein Traum für Konstanze in Erfüllung gegangen, der Traum einer eigenen Existenz. Sie hatte nicht geahnt, wie zerbrechlich dieses Glück war. Das mußte Konstanze jetzt einsehen.

»Ich habe den Fehler gefunden«, erklärte Romina Fischer ihrem staunenden Kunden, als der seinen Wagen aus der Werkstatt abholte. »Durch Eindringen von Feuchtigkeit ist die Leitung, die zum Kraftstofferwärmer führt, undicht geworden. Dort hat der Wagen Treibstoff verloren. Im Grunde eine Kleinigkeit, man muß nur draufkommen«, berichtete sie, sichtlich stolz, den Fehler gefunden und behoben zu haben.

»Was? Sie haben meinen Wagen repariert?« fragte der Kunde Achim Reisch mit einem skeptischen Blick, als Romina ihm den Defekt auseinandersgesetzt hatte.

»Ja, klar. Oder sehen Sie hier noch jemand anderen?«

»Nein, aber – ähm, ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten. Aber kennen Sie sich mit komplizierten Fahrzeugen wie diesem aus? Ich meine, man hat sich ja inzwischen daran gewöhnt, daß das schwache Geschlecht Reifen wechselt und Scheibenwasser nachfüllen kann. Eine Reparatur wie diese traue ich Ihnen jedoch, offen gesagt, nicht zu.«

Romina, die mit Fahrzeugen so vertraut war wie andere Frauen mit Mode, verkniff sich ein Lachen und sah Reischl herausfordernd an.

»Guter Mann, wieviel PS hat der neue Audi A 5?«

»Woher soll ich denn das wissen?«

»Schön, nehmen wir den 3,0-Liter TDI Quattro. Wenn ich mich recht erinnere, liegt seine Leistung bei 176 kW. Das entspricht 240 PS. In 5,9 Sekunden ist er von 0 auf hundert. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h. Durchschnittlich verbraucht das gute Stück 7,2 Liter Treibstoff. Im Vergleich dazu erreicht der 2,7-Liter-V6 eine Spitzengeschwindigkeit von 232 km/h und verbraucht durchschnittlich 6,7 Liter. Noch Fragen?« lächelte Romina freundlich und ergötzte sich am Anblick des sichtlich verwirrten Achim Reischl.

»Nein, alles in Ordnung. Vielen Dank auch«, antwortete der verwirrt und flüchtete ins Büro, um seine Rechnung zu begleichen.

Romina sah ihm lachend nach und wischte sich die Hände am ölverschmierten blauen Overall ab, als sich die metallene Werkstattür öffnete und Alexandra samt Tochter den Kopf hereinsteckte.

»Hey, du scheinst ja gute Laune zu haben, kleine Schwester!« begrüßte sie Romina erfreut und auch Sina juchzte, als sie die Tante erkannte.

»Meine süße Maus, mit deinem hübschen Kleidchen traust du dich zur Tante in die dreckige Werkstatt? Sieh du mal zu, daß du einen reichen Mann heiratest«, begrüßte Romina ihre Nichte im Plauderton und drückte ihr einen Kuß auf die Wange. Sina betatschte unterdessen strahlend Rominas Gesicht und brabbelte Unverständliches in Babysprache.

»Nichts da. Sie soll einen anständigen Beruf lernen. Dann kann ihr wenigstens kein solches Schlamassel passieren wie Mama«, erklärte Alexandra jedoch resolut.

»Was ist denn nun schon wieder los? Ich dachte, es wären endlich alle finanziellen Probleme gelöst.«

»Von wegen. Es ist mal wieder eine von Papas unbezahlten Rechnungen eingetrudelt. Mama muß innerhalb von zwei Wochen fünf-tausend Euro berappen.«

»Ach, du liebe Zeit! Hört das denn nie auf?« rief Romina entsetzt aus. »Dachte Mama nicht, sie hätte endlich all seine Schulden beglichen, die er ihr mit dem Buchladen hinterlassen hat?«

»So kann man sich täuschen. Hast du eine Idee, was wir jetzt machen sollen? Mama könnte den Buchladen verkaufen. Allerdings hätte dann weder sie noch ich einen Job. Ich finde vielleicht wieder was. In ihrem Alter und diesen Zeiten wird Mama es allerdings schwer haben, eine gute Stellung zu finden.«

Romina hörte sich die Klagen ihrer Schwester an. Das Lachen war von ihrem hübschen Gesicht verschwunden, und sie schien angestrengt nachzudenken. Plötzlich winkte sie Alexandra und bedeutete ihr, ihr zu folgen.

»Komm mal mit, ich muß dir was zeigen. Das habe ich heute während der Pause entdeckt«, erklärte sie und trat an ihren Tisch, auf dem neben allerlei Kabeln, Schraubenziehern und einem Rückscheinwerfer auch eine Autozeitschrift lag. »Hier, was hältst du davon?«

Mißmutig beugte sich Alexandra über den Artikel, den Romina ihr unter die Nase hielt. Sie las die Überschrift.

»Amateur-Autorennen in München, veranstaltet vom Profi-Zentrum Neubert – Mensch, Romina, wir haben jetzt andere Sorgen als dein unsinniges Hobby, das zudem die Umwelt nur noch mehr verschmutzt. Ich werde nie verstehen, warum du diese dämlichen Rennen fährst«, ließ sie enerviert von dem Artikel ab und blickte ihre jüngere Schwester streng an. »Wann akzeptierst du endlich den Ernst des Lebens?«