Familienchronik Mattmüller - Walter Mattmüller - E-Book

Familienchronik Mattmüller E-Book

Walter Mattmüller

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Beschreibung

Sind alle in der Schweiz lebenden Mattmüller miteinander verwandt? Stammen alle vom gleichen Urahn ab? Woher kommt eigentlich der Name Mattmüller? Gibt es Mattmüller Familienwappen? Diese Fragen werden in diesem Buch beantwortet. Enthalten sind alle Schweizer Heimatorte mit Stammtafeln, Fotos und viele interessante Familiengeschichten. Als Ergänzung geben Berichte aus dem Leben der mütterlichen Vorfahren des Autors einen aufschlussreichen Einblick in die Lebensumstände von früher. Zum Schluss sind die Ahnen des Autors - teilweise 16 Generationen zurück - als Fächerdiagramme grafisch dargestellt. Sie sind im alphabetischen Personenverzeichnis mit über 1500 Personen mit Quellenangaben aufgeführt.

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Inhalt

Herkunft

Herleitung des Familiennamens Mattmüller

Erste Erwähnung des Familiennamens Mattmüller

Lebensorte von Mattmüller-Familien im 16. Jahrhundert

Die Mattmühle in Rotweil

Stammvater der Schweizer Mattmüller

Wanderungsbewegungen und ausgewählte Lebensorte in Deutschland

Broggingen

Ihringen

Königschaffhausen

Tutschfelden

Stammtafel der in der Schweiz eingebürgerten Mattmüller

Schweizer Linien und ihre Heimatorte

Basel – Einbürgerung 1900

Stammtafeln

Taufeintrag von Georg Friedrich Mattmüller

Grenzüberschreitende Verwandtschaft

Biografien von Basler Mattmüller

Basel – Einbürgerung 1916

Stammtafel

Basel – Einbürgerung 1929

Stammtafel

Berg TG – Einbürgerung 1890

Stammtafel

Wie Ernst Mattmüller zu seiner «Ehefrau» kam

Kehlhof – Wohnsitz

Dübendorf ZH – Einbürgerung 1948

Stammtafel

Karl Jakob – der Taxihalter

Karl Jakob – der Erfinder

Mehrere Anläufe bis zur Einbürgerung

Escholzmatt-Marbach LU – Einbürgerung 1999

Stammtafel

Fischbach-Göslikon AG – Einbürgerung 1932

Stammtafel

Voraussetzungen im Jahr 1932 für die Einbürgerungsbewilligung

Leumundszeugnis zum Einbürgerungsgesuch

Gadmen (seit 2014 Innertkirchen BE) – Einbürgerung 1886

Stammtafel

Taufeintrag von Christian Mattmüller

Auswanderung nach Amerika

Verwandtschaft mit den Linien Mauren und Basel 1929

Gadmer Persönlichkeiten

Lützelflüh BE – Einbürgerung 1922

Stammtafel

Mauren (seit 1995 Berg TG) – Einbürgerung 1893

Stammtafel

Taufeintrag von Jakob Martin Mattmüller

Schulstrasse 5 – Wohnsitz in Mauren

Doppelte Verwandtschaft der Linien Berg und Mauren

Verwandtschaft mit den Linien Gadmen und Basel 1929

Zürich – Einbürgerung 1922

Stammtafel

Kosten der Einbürgerung damals und heute

Adoptierte Tochter

Wo leben 2022 die Mattmüller in der Schweiz?

Familienwappen

Mattmüller von Berg TG

Mattmüller von Basel 1900

Mattmüller von Basel 1900, ab 2008 Winkel ZH

Mattmüller von Gadmen, Gemeinde Innertkirchen BE

Mattmüller von Mauren, Gemeinde Berg TG

Ahnentafeln ausgewählter Mattmüller

Sebastian Mattmüller 1685-1750 – Ahnentafel von 1935

Georg Friedrich Mattmüller 1849-1922

Mattmüller Walter geb. 1949, Autor dieser Chronik

Schweizerische Vorfahren von Jakob Martin Mattmüller 1841-1924

Catharina Bury – die ledige Mutter

Ahnenschwund

Geschichten aus dem Leben der Mattmüller

Sechs uneheliche Kinder von fünf Partnern

Verwandtenehen

Cousin heiratet Cousine

Neffe heiratet zuerst seine Tante, dann deren Tochter

Kindersterblichkeit und soziales Engagement

Kindersterblichkeit am Beispiel der Familie Mattmüller-Sillmann

Johann Georg Mattmüller – in Appenzell integriert und sozial engagiert

Ein Coiffeur in Wohlen

Ungewöhnliche Familiensituation

Sohn Karl Meinrad im Ersten Weltkrieg (1914-1918)

Findelkind Aloisia «Morgen»

Misswirtschaft und Liederlichkeit

Vom vernachlässigten Kind zum Fremdenlegionär

In der Fremdenlegion

Militärstrafdetachement Zugerberg

Ende gut – alles gut?

Geschichten aus dem Leben der väterlichen Vorfahren des Autors

Einbürgerungsverfahren im Jahr 1893

Ablauf des Verfahrens

Einbürgerungsverfahren im Jahr 2023

Entlassung aus dem badischen Staatsverband

Unterschlagung oder Missverständnis?

Wie alles begann

Klageschrift von Advokat Meyerhans, Zürich

Beschluss der Anklage-Kammer

War es Unterschlagung?

Grossfamilie Mattmüller-Reutimann

Erste Ehe

Zweite Ehe

Dritte Ehe

Familiäre Unterstützung

Aus Röbi wird Bob – der «reiche Onkel» in Amerika

Landesverweisung 1939

Ausweisungs-Dossier

Landesverweisung heute

Emil Mattmüller – Vater des Autors

Kindheit/Jugend

Berufliche Tätigkeiten

Lehrzeit

Bau der Schwebebahn auf den Säntis 1934/1935

Bau der Haggenbrücke 1936/1937

Wohnortswechsel nach Kreuzlingen

Elektrizitätswerk des Kantons Thurgau (EKT)

Militärdienst und Zivilschutz

Militärdienst

Zivilschutz

Nebenbeschäftigungen

Skisport

Samariterlehrer

Vermietung von Festbestuhlung

Geschichten aus dem Leben der mütterlichen Vorfahren des Autors

Lautenbreite

Kauf des Hofes 1905

Kassabuch 1925-1934

Preisvergleich 1925/1927 zu 2020

Erbvertrag und Eigentumsübertragungen

Familie Jenni-Roth in Buhwil-Oberdorf

Verwandtschaft Weber – Roth

Lebensläufe und Alltagsgeschichten

Rosa Weber-Roth (1896-1981) – meine Grossmutter

Ida Roth (1900-1992) – Schwester von Rosa Weber-Roth

Rosa Mattmüller-Weber (1923-2022) – Jugend-Erinnerungen meiner Mutter

Welschlandjahr, Berufslehre und Zweiter Weltkrieg (1939-1945)

Aus dem Ausbildungslehrheft einer Telefonistin

Vorfahren des Autors

Alte Berufe und Titel

Alphabetisches Personenverzeichnis

Herkunft

Herleitung des Familiennamens Mattmüller

Der Familienname MATTMÜLLER setzt sich zusammen aus

der

Örtlichkeit «Matte»

, mittelhochdeutsch «Mate» für Wiese. Daraus entstanden u.a. die Familiennamen Andermatt, Dürrenmatt, Strittmatter, Mattmann und eben auch Matt(en)müller

1

und

aus dem

Gewerbenamen «Müller»

. Da sich in manchen Orten mehrere Mühlen befanden, bildeten sich Zusammensetzungen u.a. nach Art der Mühle z.B. Steinmüller, nach der Beschaffenheit der Mühle, z.B. Neumüller oder nach dem Standort der Mühle, eben Matt(en)müller

2

.

Eine ähnliche Herkunftserklärung lautet: «Mattenmühlen sind bes. in Baden häufig. 1328 bei Kippen-heim (Ettenheim)‚ein Müli, lit an den Matten, heiset die ‚Mattenmüli‘: KTW. II, 155.»3

Ein Zusammenhang mit dem Adjektiv «matt» oder dem Begriff «Matt» im Schachspiel besteht wohl nicht: In «Familiennamen im badischen Oberland» heisst es dazu:

«[…] so mag auch Matt als Familienname […] gekürzt sein aus vollerem an, auf, bei, in, zu der Matte. Neben zahlreichen Mattenmeyer, Mattmann und Mattmüller steht im alten Freiburg nur der eine Hans Matt, Kaplan 1454. Seinen Namen mit dem Adjektiv matt zusammenzubringen, ist unmöglich, denn das ist aus der Kunstsprache des Schachspiels (arab. mãt‚ ‚er ist gestorben‘) erst nach der namenbildenden Zeit zu seinem heutigen Sinn gelangt.»4

Auch die Herleitung aus dem niederdeutschen «Matte» macht wenig Sinn. In Norddeutschland war «Matte» das Mass Getreide, das der Müller für das Mahlen zurückbehielt.5 In Baden bedeutete Matte hingegen Wiese. Im Oberbadischen Geschlechterbuch kommt Matte oft vor, z.B. «Melchior Meyer Von Hirzbach kaufte 1612.2.1. eine Matte in Blumberg»6 oder «Gerung von Neidingen verkauft mit Willen der Grafen von Fuerstenberg an das Kloster Mariahof eine Matte in N. 1338.14.1.»7

1 Heintze, Albert / Cascorbi Paul (Hg.): Die deutschen Familiennamen – geschichtlich, geographisch, sprachlich. 7. Auflage. Hildesheim 2013. S. 342.

2 Heintze / Cascorbi 2013, S. 358-359.

3 Brechenmacher, Josef Karlmann: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Familiennamen. 2. Auflage, Band K-Z. Limburg a.d. Lahn 1963, S. 240.

4 Götze, Alfred: Familiennamen im badischen Oberland, in Neujahresblätter der Badischen Historischen Kommission, Neue Folge 18. Heidelberg 1918, S. 19.

5 Brechenmacher 1963, S. 240.

6 Knoblauch / Freiherr von Stotzingen: Oberbadisches Geschlechterbuch. 3. Band, M-R. Heidelberg 1919, S. 75.

7 Knoblauch / Freiherr von Stotzingen 1919, S. 194.

Erste Erwähnung des Familiennamens Mattmüller

Die früheste Urkunde, die ich gefunden habe, stammt aus dem 15. Jahrhundert:

«1433, Sept. 25. Konrad Schmaldienst von Rotweil übergibt dem Konrad Mattmüller daselbst einen halben Acker neben der Mattmühle gegen die Verpflichtung, von dem Mühlbach nach den unterhalb gelegenen Äckern einen Kehner herzustellen, damit diese zu Wässerwiesen angelegt werden können.»1

Rotweil (Abkürzung von Oberrotweil) ist heute ein Ortsteil der Stadt Vogtsburg im Kaiserstuhl (Baden-Württemberg, Deutschland). Acker ist ein altes Flächenmass unterschiedlicher Grösse. Die Angaben schwanken von 19 bis 64 Aren.2 Wässerwiesen sind Wiesen, die mit Hilfe eines Grabensystems und kleinen Weihern bewässert wurden.3 Ein Kehner dürfte ein Kännel oder Kanal sein.4

In einer weiteren Urkunde heisst es:

«1471, Febr. 5. Klevin Mattmüller von Rotweil zinst den Augustinern zu Breisach für ein gewisses Kapital 1 Gulden auf Martini und setzt unter anderem 6 Mannshauet Reben an der Eyke, die Mattmühle, 1½ Jauchert Matten, die Mühlmatten zu Pfand.»5

Martini ist jeweils am 11. November (Martinstag). Die Kaufkraft eines Gulden zu eruieren ist schwierig. Gefunden habe ich folgende Angaben: Im Jahr 1450 kostete ein strohgedecktes hölzernes Bauernhaus 6 bis 8 Gulden, ein Ackergaul entsprach ca. 7 Gulden und 3 Kühe ebenfalls ca. 7 Gulden; für 1499 werden die gleichen Werte angegeben.6 Mannshauet ist ein Flächenmass im Weinbau, entsprechend der Fläche, die ein Mann in einem Tag mit der Grabgabel hauen (umgraben) kann.7 1 Mannshauet entspricht 4,5 Aren, 1 Jauchert (Juchert) sind 36 Aren. Matten sind Wiesland.

Ob Konrad Mattmüller der Vater von Klevin war, ist nicht belegt, aber möglich. Ebenso ist unklar, ob beide oder einer der beiden auch Besitzer der Mattmühle waren. Die Urkunde von 1433 schliesst deren Besitz nicht aus. Es ist denkbar, dass Konrad Mattmüller mit dem erhaltenen halben Acker sein Land um die Mattmühle ausweiten konnte, obwohl er nicht Eigentümer war.

Bei der Urkunde von 1471 kann ich den Textabschnitt «[…] 6 Mannshauet Reben an der Eyke, die Mattmühle, […]» schlecht interpretieren: Sollte es sich um eine Aufzählung der Pfänder handeln, würde wohl die Mattmühle auch dazugehören und Klevin wäre deren Besitzer. Sollte es sich beim Wort «Eyke» z.B. um ein Gewässer oder einen markanten Geländepunkt (Eiche oder – falsch transkribiert – Egke [Ecke]) handeln, könnte die Erwähnung der Mattmühle einfach zur eindeutigen Definition des Standortes der Reben beigetragen haben und Klevin kommt als Inhaber der Mattmühle nicht in Betracht.

Gemäss nachstehend erwähnter Urkunde von 1512 wurde die Mattmühle zu mindestens 30 Gulden verkauft. Mindestens deshalb, weil ich davon ausgehe, dass ein Teilbetrag in bar oder in Naturalien bezahlt wurde und die 30 Gulden die Restschuld betrafen. Bei einem Jahreszins von 1 Gulden kann ich mir nicht vorstellen, dass zusätzlich zu den 6 Mannshauet Reben und den 1½ Jauchert Matten, auch die Mattmühle zum Pfand gehörte.

Belegt ist hingegen, dass weder Konrad noch Klevin Mattmüller im Jahr 1505 Besitzer der Mattmühle waren. Spätere Urkunden im Freiherrlich Huber von Gleichenstein’schen Archiv8 im Zusammenhang mit der Mattmühle weisen auf andere Inhaber hin:

«1505, Juni 9. Konrad Rueger zu Rotweil klagt als Vertreter des Gotteshauses St. Ulrich im Schwarzwald gegen den Inhaber der Mattmühle, Martin Müller genannt von Silbach zu Rotweil wegen nicht bezahlter Zinsen. […]

1506, Jan. 20. Martin Rinmüller genannt von Silbach zu Rotweil (vermutlich identisch mit obigem Martin Müller) klagt gegen die Augustiner zu Breisach, sie hätten ihm beim Verkaufe der Mattmühle etliche Zinse verschwiegen, durch deren Nichtbezahlung er von der Mühle vertrieben worden sei. […]

1512, Dez. 16. Nikolaus Zeller, Müller zu Rotweil, und seine Ehefrau Maria stellen den Augustinern zu Breisach einen Schuldschein aus über 30 vom Kaufe der Mattmühle her schuldige Gulden.»

Der Text zum Familiennamen Matt(en)müller im Etymologischen Wörterbuch der Deutschen Familiennamen lässt vermuten, dass Konrad Mattmüller den Beruf des Müllers ausübte. Dort heisst es: «[…] Dazu Konr. Mattenmüller, Müller zu Oberrothweil (Breisach): ZfGO, LIX, Mitt. 128»1 Der vollständige Text aus dieser Mitteilung 128 ist im ersten Abschnitt dieses Kapitels ersichtlich. Dort steht nichts von einem Müller zu Oberrothweil…

Im Ortssippenbuch von Ihringen findet sich beim Eintrag Nr. 1533 zu Jacob Mattmüller der Hinweis, dass der Familienname Mattmüller in Ihringen in 1558 nachweisbar sei.2 Dabei handelt es sich um Hanß Mattmüller. Jacob schreibt dazu: «Die Bestände des Archivs bergen gerade für Ihringen neben Akten zahlreiche Urkunden und Beraine (Grundbücher). Feststellen lässt sich allerdings nur die erste Erwähnung der Familiennamen. Die tatsächliche Einwanderung kann schon Jahre oder Jahrzehnte früher erfolgt sein.»3

In der Fronliste des Jahres 1615 der Markgrafschaft Hochberg ist auch der Familienname Mattmüller in Ihringen erwähnt. Sie listet die Zugtierbesitzer auf, die unentgeltliche Dienstleistungen für ihren Grundherrn erbringen mussten. In anderen Orten der Markgrafschaft – Rotweil gehörte nicht dazu – taucht Mattmüller erst in der Huldigungsliste von 1709 auf, und zwar in Königschaffhausen. Im Tennenbacher Güterbuch von 1341 – eine der ältesten Quellen der Markgrafschaft Hochberg – ist der Familienname Mattmüller nicht aufgeführt.4

Fazit: Es ist zwar denkbar, aber nicht nachweisbar, dass der im Jahr 1433 erwähnte Konrad Mattmüller der Stammvater, beziehungsweise Spitzenahn der Mattmüller ist.

1 Mitteilungen der Badischen Historischen Kommission Nr. 27, Archivalien des Freiherrlich Huber von Gleichenstein’schen Archivs zu Oberrotweil. In Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Neue Folge, Band 20 (der ganzen Reihe 59. Band). Heidelberg 1905, S. m128.

2 Genealogisch-Etymologisches Lexikon, Band 1, 2006: 22,5 Aren in Preussen, 55,3 in Sachsen. Seite «Alte Masse und Gewichte (deutschsprachiger Raum)» in Wikipedia: 19,1 bis 64,4 Aren. Stand 5.12.2023.

3 Seite «Wiesenbewässerung» in Wikipedia. Stand 5.12.2023.

4https://www.woerterbuchnetz.de/Lexer?lemma=kanel. Stand 5.12.2023.

5 Mitteilungen der Badischen Historischen Kommission Nr. 27. 1905. S. m129.

6 Peter C.A. Schels: Kleine Enzyklopädie des deutschen Mittelalters, 2015. Kaufkraft des Geldes.

7https://www.woerterbuchnetz.de/Lexer?lemma=mannehouwet. Stand 5.12.2023.

8 Mitteilungen der Badischen Historischen Kommission Nr. 27, S. m129 und m130.

1 Brechenmacher, Josef Karlmann: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Familiennamen. 2. Auflage, Band K-Z. Limburg a.d. Lahn 1963, S. 240. ZfGO=Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins.

2 Anna Burkhardt-Kuhny, Martin Keller: Ortssippenbuch Ihringen am Kaiserstuhl. Geschichtsverein Markgräflerland e.V. Basel 2003, S. 254.

3 Jacob, Hermann: Das älteste Ihringer Bauerngeschlecht, in Evangelischer Gemeindebote Ihringen am Kaiserstuhl, 1934, Nr. 4/5 April/Mai.

4 Heinzmann, Kurt: Familiennamen in der Markgrafschaft Hochberg 1615, 1662 und 1709, in Südwestdeutsche Blätter für Familien- und Wappenkunde, Band 24, Heft 6. Stuttgart Juni 2005, S. 221ff.

Lebensorte von Mattmüller-Familien im 16. Jahrhundert

Auf der Karte sind die Wohnorte aller Mattmüller-Fa-milien aufgeführt, die vor 1600 erwähnt sind. Wenn man von Rotweil – erste Erwähnung des Familiennamens im Jahr 1433 – ausgeht, ist eine Ausbreitung von dort aus vorstellbar. Die Distanzen sind nicht allzu gross.

Vielleicht siedelten «frühe» Mattmüller-Familien auch noch in anderen Orten. Bei meiner Online-Recherche habe ich bis ins Jahr 1600 keine weiteren gefunden.

1582: Samuel Mattmüller von Barr im Elsass

Im Evangelischen Taufregister von Barr im Elsass 1559-1586 findet sich am 4. März 1582 die Taufe eines Samuel Mattmüller, Sohn des Hans Mattmüller.1 Die Mutter ist nicht erwähnt. Die Suche nach der Heirat von Hans und weiteren Nachkommen in Barr war erfolglos.

Vielleicht ist dieser Hans, der etwa um 1550 geboren sein müsste, ein Sohn von Hanß Mattmüller von Ihringen, der erstmals 1558 erwähnt wurde. Barr und Ihringen liegen rund 50 km auseinander.

1573: Conradt Mattmüller von Erenßweyler

1573 lebte ein Conradt Mattmüller in Erenßweyler (heute Öhlinsweiler). Das Dorf Öhlinsweiler liegt 3 km südlich von Wolfenweiler und gehört zur Gemeinde Pfaffenweiler. Conradt Mattmüller ist erwähnt in einem Lehnrevers vom 18. November 1573 des Hans Spitzhürn von Wolfenweiler gegenüber dem Deutschen Orden zu Freiburg über Matten (Wiesen) im Wolfenweiler Bann. Diese Matten liegen «zwischen Wolffenweyler Allmendt, die Vischbann Matten genannt, und Conradt Mattmüllers von Erenßweyler Weiher Matten».2

1593: Gervasius Mattmüller von Heitersheim, Opticus am kaiserlichen Hof in Wien

Im 22. Heft der Blätter für Technikgeschichte gibt es eine interessante Abhandlung zu einem Gervasius Mattmüller aus Freiburg im Breisgau (grün in der Grafik).1 Darin enthaltene Informationen motivierten mich, seine Verwandtschaft möglichst exakt abzubilden. Online-Recherchen auf verschiedenen Portalen2 sowie deren Überprüfung anhand der verfilmten Original-Kirchenbücher ergaben nachstehende Grafik.

Die Kinder-Eltern Beziehungen der in rot geschriebenen Personen sind nicht belegt. Da in den Kirchenbüchern von Heitersheim (ab 1612) und Freiburg (ab 1572) keine weiteren Mattmüller erwähnt sind, verblieben nur die beiden Gervasius als Väter. Somit kann der ältere, gestorben am 4. August 1635, als Spitzenahn dieses katholischen Familienzweigs bezeichnet werden. Bei familysearch.org3 ist der Vorname falsch transkribiert: Georgius ist falsch, Gervasius ist korrekt.

Lebenslauf von Gervasius (grün) Mattmüller (1593-1668)

Zusammenfassung aus der Abhandlung von Maria Habacher:1

Gervasius Mattmüller stammt aus Freiburg im Breisgau und stand seit 1623/1625 in habsburgischen Diensten, zuerst am vorderösterreichischen Hof zu Breisach und dann in der kaiserlichen Armee. Etwa ab 1637/1638 als Opticus [Brillenmacher] und Ingenieur im Dienst des Kaiserhofs in Wien.

Seine erste Frau Anna Schurhammer stirbt 1645 in Wien. 1646 heiratet er Agnes, die Witwe des Kammerdieners Georg Thumb. Mattmüller erwarb das Wiener Bürgerrecht im Februar 1650, bald darauf war er auch Wiener Ratsbürger.

Nach dem Tod von Kaiser Ferdinand III. wird er entlassen und bittet 1657/1658 Kaiser Leopold I. um Wiederaufnahme in den Hofdienst. Sein Ansuchen wird akzeptiert und er behält seine angesehene Stellung als Ingenieur und Opticus. 1668 stirbt Gervasius in seinem Haus am «Petersfreithoff» [heute Petersplatz Nr. 10] im Alter von 75 Jahren und wurde «alhie bei St. Stephan» [Domkirche St. Stephan] bestattet.

Habacher vermutet in ihrem Beitrag, dass Gervasius Mattmüller keine Kinder aus seinen beiden Ehen gehabt hat. Ihre Begründung: Sein Testament sage darüber nichts aus. Er bedachte darin mit definierten Beträgen nur seine beiden Stieftöchter Thumb, seine Schwester Agatha im Breisgau und die beiden Söhne seines verstorbenen Bruders Michael, welcher vermutlich auch in Wien lebte. Das verbleibende Vermögen erhielt seine zweite Ehefrau als Universalerbin.

Gemäss meinen Nachforschungen gibt es mindestens ein Kind von Gervasius, nämlich Anna Barbara aus erster Ehe, getauft am 28. Januar 1618 in Freiburg im Breisgau. Text im Taufbuch, Seite 424: «Pater [Vater]: Gervasius Mallmüller, Mater [Mutter]: Anna Schuochhamerin, Infans [Kind]: Anna Barbara».

Die Transkription der Indexierung im Online-Portal familysearch.org ist nicht ganz korrekt, vor allem der Vorname Georgius des Vaters ist falsch.1

Ob Johannes Mattmüller tatsächlich sein Sohn war, ist nicht nachgewiesen, aber sehr wahrscheinlich. Seine Tochter Anna Barbara ist vermutlich vor dem Abfassen des Testaments verstorben oder ihr Vater wollte mit ihr nichts (mehr) zu tun haben. Wer weiss?

Und noch etwas zu diesem Gervasius: Er studierte 1612 in Freiburg im Breisgau und stammte aus Heitersheim.2 Im Generallandesarchiv Karlsruhe findet sich ein kolorierter Gemarkungsplan von Littenweiler, heute Stadtteil von Freiburg im Breisgau, der 1629 von Gervasius Mattmüller von Hand gezeichnet wurde.3

Ein weiterer Gervasius Mattmüller (1638-1670) studierte 1647 ebenfalls in Freiburg, «beginnend mit den Principia; Kandidat des Rechts». Als seine Eltern sind Michael Mattmüller und Maria Leutwein angegeben.4 Der Familienname seiner Mutter wird verschieden transkribiert: Zu finden sind Lithenrekh, Leiterich, Leitenrich, Leitenreichin, Litchrsacher. Bei ihrer Heirat lese ich Lithenackherin. Standardisiert, beziehungsweise modernisiert scheint mir «Lichtenecker» am passendsten.

1https://archives.bas-rhin.fr/detail-document/ETAT-CIVIL-C21-P2-R8547#visio/page:ETAT-CIVIL-C21-P2-R8547-29919,Eintrag Nr. 17. Stand 5.12.2023.

2 Generallandesarchiv Karlsruhe, Sign. 21 Nr. 8156, URL: https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1436387.

1 Habacher, Maria: Mathematische Instrumentenmacher, Mechaniker, Optiker und Uhrmacher im Dienste des Kaiserhofes in Wien (1630-1750), in Blätter für Technikgeschichte, 22. Heft. Wien 1960, S. 13-15.

2https://de.geneanet.org/, https://www.familysearch.org/de/. Stand 21.12.2019.

3https://www.familysearch.org/ark:/61903/1:1:QP3X-1S4B, Stand 26.12.2022.

1 Habacher, Maria: ebenda.

1https://www.familysearch.org/ark:/61903/1:1:QYBD-YVN2, Stand 26.12.2022.

2 MU [Matrikel der Universität] Freiburg 1, S.771, Nr.21. URL: https://oberdeutsche-personendatenbank.digitale-sammlungen.de/Datenbank/Mattm%C3%BCller,_Gervasius_(Heitersheim), Stand 26.12.2022.

3https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1723097. Stand 21.12.2019.

4 MU Freiburg 1, S.907, Nr.32. URL: https://oberdeutsche-personendatenbank.digitale-sammlungen.de/Daten-bank/Mattm%C3%BCller,_Gervasius_(1638), Stand 26.12.2022.

Die Mattmühle in Rotweil

In der auf Seite 5 erwähnten Urkunde von 1433 heisst es: «Konrad Schmaldienst von Rotweil übergibt dem Konrad Mattmüller daselbst einen halben Acker neben der Mattmühle […]» und 1471: «Klevin Mattmüller von Rotweil […] setzt unter anderem 6 Mannshauet Reben an der Eyke, die Mattmühle, […] zu Pfand.» Obwohl unklar ist, ob ein Mattmüller je Besitzer der Mattmühle in Rotweil war, einige Überlegungen dazu.

Standort der Mattmühle

Messtischblatt Alt-Breisach von 1878, hier ein Ausschnitt2 mit der Mattmühle.

Lässt sich der Standort der Mühle und allenfalls der Flurname «an der Eyke» lokalisieren? Auf historischen Karten ist die Mattmühle zu finden, z.B. auf einer Länderkarte Grossherzogthum Baden (1838-1849)1 oder nebenstehend.

Auch auf einer Zeichnung von 1896, Blatt «Gemarkung Achkarren und Rothweil»3 findet sich die Mattenmühle:

Beim Flurnamen «Eck» dürfte es sich um die gesuchte «Eyke» handeln: «y» könnte ein oben offenes «g» gewesen – oder unsauber transkribiert worden sein. Korrekt ist wohl «an der Egke» oder eben Eck(e). Gemäss «Flurnamen am Kaiserstuhl», Kapitel II, 6. Oberrotweil, Seite 256, wurde «Eck» erstmals um 1280 erwähnt und 1654 heisst es: «6 J[uchart] A[cker] Im Rothweÿler Bann Ahn der Eckh».4 «Eyke» kommt nicht vor.

Mattmühle in Rotweil

Mattmühle um 1950, gemalt von Ewald Dienst (1917-1985).

Gemäss «Chronik der Familie Dienst» kam ein Valentin Dienst (1770-1831) nach seiner Heirat 1789 mit der Witwe Maria Anna Eisenmann, geb. Stocker, als ungelernter Müller in die Mattmühle. Erst nachdem er ein Mühlenrad selbst anfertigte, wurde er von der Müllerzunft anerkannt. Er war später auch Vogt (Bürgermeister) von Oberrotweil. Ob er auch Besitzer der Mattmühle wurde, geht aus der Chronik nicht hervor.

Undatiertes Foto aus der Chronik der Familie Dienst, zusammengestellt von Ewald Dienst.

Weitere Mattenmühlen oder Mattmühlen

Im Topographischen Wörterbuch von 19041 sind folgende Mattenmühlen, beziehungsweise Mattmühlen verzeichnet:

Auch hier ist die Mattmühle im Dorf Oberrotweil aufgelistet. Bis Ihringen sind es zu Fuss etwa 7 km. Die übrigen sind zwischen 25 km (Unterglottertal) und 90 km (Alschweier) entfernt.

Die erste Erwähnung einer Matt(en)mühle in Oberrotweil findet sich in «Flurnamen am Kaiserstuhl», im Kapitel «Die Flurnamen der Stadt Vogtsburg»:

«Mattenmühle […]: Mühle auf dem Mattenstückle, die 1368 erstmals erwähnt wurde (AMTLICHE KREISBESCHREIBUNG 1974, S. 842). Sie stand bis ins Jahr 1952. Heute [1997] befindet sich an dieser Stelle das Gebäude der Winzergenossenschaft».2

Adresse 2023: Oberrotweiler Winzerverein e.G., Bahnhofstrasse 31, 79235 Vogtsburg im Kaiserstuhl.

Aufgrund der Nähe zu Ihringen und der bereits 1368 existierenden Mühle könnte ein Mattmüller vielleicht doch Besitzer oder sogar Erbauer der Mattmühle in Rotweil gewesen sein und sie ums Jahr 1500 verkauft haben.

1https://maps.arcanum.com/de/browse/country/, Stand 14.3.2022.

2 Topographischer Atlas des Grossherzogthums Baden; 105,1878: Breisach (Alt). 1:25000. Signatur/Inventar-Nr.: SLUB/KS 2004 1 000485. https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71057351.

3 Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, Findbuch H-1, Nr. 7, Permalink: https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-467655-1, Stand 16.3.2022.

4 Dorothea Wenninger: Flurnamen im Kaiserstuhl. Lang, 1997.

1 Albert Krieger. Badische Historische Kommission (Hrsg): Topographisches Wörterbuch des Grossherzogtums Baden, Band 2, Seite 155. Heidelberg 1904.

2 Dorothea Wenninger: Flurnamen im Kaiserstuhl. Lang, 1997. Seite 286.

Stammvater der Schweizer Mattmüller

Der früheste, nachweisbare Vorfahre der in der Schweiz eingebürgerten Mattmüller heisst

Martinus Mattmüller,bestattet am 16. März 1666 in D-Ihringen, er wurde 74 Jahre alt.

Aufgrund der geringen Distanz zwischen (Ober)Rotweil und Ihringen (5-6 km Luftlinie) ist es gut vorstellbar, dass Martinus Mattmüller, ein Nachfahre von Konrad Mattmüller (siehe Seite 5) – wohnhaft im Jahr 1433 in Rotweil – war. Belegbar ist dies nicht.

Nachstehend der Eintrag aus dem Evangelischen Kirchenbuch I 1640-1706 von D-Ihringen, zusammengesetzt aus der Titelseite des Kirchenbuchs, des Bestattungseintrags im Verzeichnis der Verstorbenen und der Transkription.

Wanderungsbewegungen und ausgewählte Lebensorte in Deutschland

Die folgende Landkarte und die Tabelle zeigen auf, wo und wann die Schweizer Linien in Deutschland wohnhaft waren, über welche Stationen sie in die Schweiz gelangten und ab wann sie quasi sesshaft wurden. Die meisten Daten sind belegt, wenige sind geschätzt.

Lebensorte

Schweizer

Linien

Gadmen BE

Berg TG

Mauren TG

Basel 1900

Basel 1916

Zürich

Lützelflüh BE

Basel 1929

Fischbach- Göslikon AG

Dübendorf ZH

Escholzmatt-Marbach LU

Ihringen

1592-1700

1592-1700

1592-1700

1592-1760

1592-1740

1592-1700

1592-1700

1592-1700

1592-1700

1592-1700

1592-1700

Königschaffhausen

1700-1860

1700-1870

1700-1871

1700-1736

1700-1765

1700-1907

1700-1736

1700-1765

1700-1736

Bahlingen

1740-1900

Tutschfelden

1736-1858

1736-1858

1736-1943

Buggingen

1760-1845

Malterdingen

1765-1849

1765-1849

Müllheim

1845-1880

Inzlingen

1849-1874

1849-1874

Broggingen

1858-1896

1858-1896

Lörrach

1874-1898

1874-1898

Ravensburg

1943-1949

Friedrichshafen

1949-1991

Brienz BE

ab 1860

Berg TG

ab 1870

Mauren TG

ab 1871

Basel

ab 1880

ab 1900

ab 1907

Wohlen AG

ab 1896

ab 1896

Kaisten AG

ab 1898

ab 1898

Kanton Luzern

ab 1991

Einbürgerungsjahr

1886

1890

1893

1900

1916

1922

1922

1928/1929

1932

1948

1999

Broggingen

Broggingen war eine der «Durchgangsstationen» für die Schweizer Linien Zürich (siehe Seite 56) und Fischbach-Göslikon (Seite 40). Das Dorf liegt etwa 25 km nordöstlich von Ihringen. Seit 1975 ist Broggingen ein Ortsteil der Stadt Herbolzheim und hat 2023 rund 800 Einwohner. Herbolzheim liegt im Südwesten von Baden-Württemberg, etwa 30 km nördlich von Freiburg im Breisgau.

Mattmüller-Brüder zum Ersten

Zwei Mattmüller-Brüder, geboren in Broggingen, kamen etwa 1890 in die Schweiz. Sie stammen aus einer kinderreichen Familie mit sehr hoher Kindersterblichkeit (siehe Seite 78). Karl Simon zog nach Wohlen AG, wo er ein Coiffeurgeschäft (Seite 81) betrieb, und Johann Georg nach Appenzell (Seite 79) als Schriftsetzer, wo er sich für die ärmere Bevölkerung einsetzte. Beide heirateten Schweizerinnen, beide wurden Witwer und heirateten ein zweites Mal, wiederum Schweizerinnen. Beide blieben bis zu ihrem Tod deutsche Staatsbürger.

Karl Simon hatte aus erster Ehe drei Söhne. Der Älteste blieb deutscher Staatsangehöriger, leistete Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg, heiratete in Deutschland und verstarb auch dort. Die beiden Jüngeren wurden Schweizerbürger: Emil Adolf (Seite 56) am 17. Januar 1922 in Zürich und Walter Ernst (Seite 40) am 12. August 1932 in Fischbach-Göslikon AG. Die Ehen von Johann Georg blieben vermutlich kinderlos oder die Kinder verstarben vor dem Teenager-Alter.

Mattmüller-Brüder zum Zweiten

Rund 20 Jahre früher – etwa 1870 – übersiedelten zwei andere Mattmüller-Brüder aus Königschaffhausen (Seite 18) in die Schweiz. Christian (Seite 42) liess sich in Brienz BE nieder und Jakob Martin (Seite 52) in Mauren TG. Beide heirateten Schweizerinnen und erhielten das Schweizer Bürgerrecht. Die Brüder aus Königschaffhausen waren Cousins vierten Grades zum Brüder-Paar aus Broggingen: Johann Georg Mattmüller war ihr gemeinsamer Urururgrossvater, er wurde 1677 in D-Ihringen geboren und starb 1755 in D-Königschaffhausen. Ob die Brüder-Paare wohl voneinander wussten und sich besuchten?

Ihringen

Erste Erwähnung

Ihringen wird im Jahr 962 erstmals unter der Bezeichnung «Uringa» urkundlich erwähnt. Gemäss dieser Urkunde vom 21. Februar 962 schenkt Kaiser Otto der Grosse dem Bischof Konrad von Konstanz alle Besitztümer wie Kirchen, Gebäude, Leibeigene, Ländereien, Äcker, Felder, Wiesen, Weiden, Wälder, Weinberge, Wasser, Mühlen, Mühlenplätze, Wege, unwegsames Gelände, Nutzungen und Einkünfte usw.1

1414 kauft Markgraf Bernhard I. von Baden die Herrschaft Hachberg (Hochberg). Ihringen gehörte dazu und wurde markgräflich-badisch. Vertreter der Herrschaft im Dorf ist der Schultheiss. Er steht dem Gericht vor, entscheidet Streitfälle und besiegelt Urteile. 1515 zerfällt die Markgrafschaft durch Erbteilung in zwei Teile: Ihringen gelangt unter Markgraf Ernst an die baden-durlachische Linie, bei der es die folgenden Jahrhunderte verbleibt.2

Reformation

1556 beschliesst Markgraf Karl II., evangelisch zu werden: Ihringen wird zusammen mit sieben weiteren Gemeinden im Kaiserstuhl evangelisch. Damals galt der Staatsrechtsgrundsatz, d.h. die Herrschaft bestimmt die Konfessionszugehörigkeit. Klöster wurden aufgehoben und evangelische Prediger berufen. Der erste lutherische Pfarrer in Ihringen ist Martin Fischer, der bis 1558 in Basel studiert hatte.3

Kriegswirren

Der Dreissigjährige Krieg (1618-1648) tangierte auch Ihringen. Pfarrer Dr. Walter Sick schreibt dazu u.a.:

«Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war die Gemeinde schon zu einem blühenden Gemeinwesen gediehen. Die Gemarkung umfasste 1500 Jucherten1 Reb- und 2000 Jucherten Acker- und Wiesenland. Die Einwohnerschaft zählte 210 Bürger [zuzüglich ihrer Familienangehörigen], dazu kamen die vielen, die wie die Hintersassen das Bürgerrecht nicht besassen. Um die Kirche, das Rathaus, die Schule und das Pfarrhaus gruppierten sich 127 Häuser mit den dazu notwendigen Ökonomiegebäuden. […]

Da kam der furchtbare Dreissigjährige Krieg und brachte über Ihringen unsägliches Elend. […] Je näher aber die kriegerischen Ereignisse kamen, um so gefährlicher wurde die Lage für Ihringen. Da befestigte Markgraf Georg Friedrich den Ort im Jahre 1621 und umgab ihn mit starken Schanzen […].

Von 1624 an war Ihringen unablässig mit Truppen belegt, die nicht nur verpflegt und beherbergt, sondern auch gelöhnt werden mussten. […] Unter diesen Belastungen war die Zahl der Bewohner sehr klein geworden und die ehedem wohlhabende Gemeinde sehr arm. Aber als Ihringen noch mehr gefährdet war, musste auf Befehl der Obrigkeit der Rest des Besitzes auf feste Burgen verbracht werden, u.a. auch nach Schloss Höhingen. Höhingen ging auch an den Feind verloren und mit dieser Feste auch der restliche Besitz der armen Ihringer. Um diese Zeiten müssen auch die letzten Bewohner des Ortes entflohen sein. Aber wie sah der Ort aus, als nur 61 Bürger mit ihren Familien in die alte Heimat zurückkehrten! Erstlich ist die Kirche durch das Kriegswesen von den Breisacher Soldaten und sonderlich der hohe Turm abgehauen worden […]. Das Pfarrhaus liegt im Grund, desgleichen das Schulhaus und das Rathaus. Nicht mehr als 17 Dächer […] sind nach der Rückkehr der Bewohner aufgefunden worden. Alle andern sind darnieder gerissen worden.»2

Abbildung des befestigten Ihringen 1621. Zeigt wohl eher den Plan als die tatsächliche Ausführung.

Zuwanderer aus der Schweiz

Gemäss der Gemeindechronik erhielten die verarmten Rückkehrer Unterstützung durch Einwanderer aus den evangelischen Kantonen Zürich und Bern. Ihringen nahm ab 1648 etwa 60 bis 70 schweizerische Familien auf. Wenige sind sesshaft geworden, die meisten zogen nach einer gewissen Zeit wieder weiter.1

1669 zählte Ihringen 73 «ganze Ehen», d.h. verheiratete Bürger, dazu 6 Hintersassen, 40 Schulkinder, 78 Unmündige, 47 Knechte und Mägde sowie 10 Verwitwete. Total rund 330 Einwohner. 1693 waren es bereits knapp 700.2 Hintersassen besassen im Unterschied zu den Bürgern nicht das volle Bürgerrecht, wohnten aber meistens dauerhaft, mit eigenem Haushalt, in der Gemeinde.

Zu den Einwanderern gehörte z.B. Heinrich Baumann (grün in der nachstehenden Grafik), von Stäfa ZH, Hintersasse von Ihringen. Er kam zusammen mit Ehefrau Anna (Familienname unbekannt) und seinen Kindern nach Ihringen.3 Seine Kinder wurden in Ihringen sesshaft:

Ihringen heute

Ihringen ist eine Gemeinde mit rund 6300 Einwohnern (31. Dezember 2022) und liegt am Kaiserstuhl im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald im Südwesten Baden-Württembergs. Sie besteht aus den Ortsteilen Ihringen und Wasenweiler (seit 1. Juli 1974).4

Königschaffhausen

Ausser für die Linien «Basel 1900» und «Basel 1916» war Königschaffhausen die wichtigste «Durchgangsstation» für die Schweizer Linien: Sie alle haben einen Bezug zu Königschaffhausen. So kamen die Linien Gadmen (siehe Seite 42), Berg (Seite 32), Mauren (Seite 52) und Basel 1929 (Seite 31) direkt von dort. Die in Zürich, (Seite 56) Lützelflüh (Seite 51), Fischbach-Göslikon (Seite 40), Dübendorf (Seite 34) und Escholzmatt-Mar-bach (Seite 39) eingebürgerten Mattmüller über Umwege.

Seit 1975 ist das Winzerdorf Königschaffhausen ein Stadtteil von Endingen. Das Dorf mit rund 1'100 Einwohnern (Stand 2023) liegt im Norden des Kaiserstuhls im Landkreis Emmendingen im Südwesten von Baden-Württemberg, etwa 30 km nordwestlich von Freiburg im Breisgau.

Erste Erwähnung

Königschaffhausen wird im Jahr 995 erstmals unter der Bezeichnung «Scafusen» urkundlich erwähnt, 1270 dann «Kunges Schafhusen» (königliches Schafhaus) und ab 1326 schrieb man Königschaffhausen, da es Verwechslungen mit dem Ort Oberschaffhausen gab.1

Reformation

Das Dorf gehörte den Habsburgern, wechselte ab 1270 mehrmals den Besitzer. Um 1540 war Markgraf Ernst von Baden alleiniger Besitzer und Gerichtsherr von Königschaffhausen.2 Markgraf Karl II. von Baden führte 1556 die Reformation ein: Alle Bewohner hatten sich zum evangelischen Glauben zu bekennen.3

Bald nach der Reformation liess der Markgraf in seinen Landen Schulen einrichten. Ab wann genau in Königschaffhausen unterrichtet wurde, ist unbekannt. 1654 lässt sich der erste Lehrer nachweisen, er hiess Johann Bartholomäus Knaphelius.4

Heimburger Hans Georg Mattmüller

Seit dem späten 17. Jahrhundert sind in Königschaffhausen Heimburger (oder Heimbürger) belegt. Einer der ersten war Hans Georg Mattmüller, er amtete 1710/1711. 1720 folgte ein Hans Mattmüller.5 Hans Georg ist mit Johann Georg Mattmüller identisch. Er wurde am 20. Dezember 1677 in D-Ihringen geboren, heiratete 1699 Catharina Henninger, die Tochter des verstorbenen Joh. Conrad Henninger, Vogt6 von Königschaffhausen7. Johann Georg starb 1755 in Königschaffhausen. Von ihm stammen alle Schweizer Mattmüller ab, ausser die beiden Linien, welche 1900 und 1916 in Basel eingebürgert wurden.

Tutschfelden

Tutschfelden war eine der «Durchgangsstationen» für die Schweizer Linien Zürich (siehe Seite 56), Fischbach-Göslikon (Seite 40) und Escholzmatt-Marbach (Seite 39). Tutschfelden liegt etwa 25 km nordnordöstlich von Ihringen. Seit 1975 gehört Tutschfelden zur Stadt Herbolzheim.

Verbindung zu den Schweizer Linien

In «d'Heckerose», einer Publikation des Heimatvereins Tutschfelden, ist ein interessanter Beitrag mit dem Titel «Mattmüller – Ein Name schreibt Tutschfelder Dorfgeschichte» erschienen. Mit einem Hinweis zum Schweizer Zweig und einer Ahnentafel der Mattmüller von Tutschfelden, auf der auch die Vorfahren, der sich später in der Schweiz niedergelassenen Mattmüller ersichtlich sind.8

Richtigstellung: In Ihringen wird der Name Mattmüller nicht schon im Jahr 1533 sondern 1558 erwähnt. «1533» ist im Ortssippenbuch Ihringen die Familiennummer bei der es heisst, der Familienname sei 1558 nachweisbar.

① Vorfahren der Schweizer Mattmüller mit den Bürgerorten Zürich und Fischbach-Göslikon AG

② Vorfahren der Schweizer Mattmüller mit Bürgerort Escholzmatt-Marbach LU

1 Anna Burkhardt-Kuhny, Martin Keller: Ortssippenbuch (OSB) Ihringen am Kaiserstuhl. Geschichtsverein Markgräflerland e.V. Basel 2003. Seite 493; Dr. Bernhard Schelb in: Ihringen 962-1962 Gemeindechronik (Teil I) zur Tausendjahrfeier 1962.

2 OSB Ihringen. Seite 495; Gemeindechronik 1962.

3 Gemeindechronik 1962.

1 1 Juchert entspricht 36 a, d.h. 1500 Juchert sind 5,4 km2 und 2000 Juchert entsprechen 7,2 km2.

2 OSB Ihringen. Seite 496.

1 OSB Ihringen. Seite 497.

2 OSB Ihringen. Seiten 486 und 487.

3 OSB Ihringen, Familien-Nr. 64, Seite 9.

4https://de.wikipedia.org/wiki/Ihringen. Stand 7.1.2024.

1 Winzergenossenschaft Königschaffhausen eG: Jubiläumsschrift 50 Jahre Winzergenossenschaft in 1983.

2 Bernhard Oeschger: Endingen am Kaiserstuhl – Die Geschichte der Stadt. Endingen 1988, Seite 277.

3 Oeschger. Seite 289.

4 Oeschger. Seite 295.

5 Oeschger. Seite 282.

6 Der Vogt war der Vertreter des Markgrafen vor Ort. Oeschger. Seite 279.

7 Anna Burkhardt-Kuhny, Martin Keller: Ortssippenbuch Ihringen am Kaiserstuhl. Geschichtsverein Markgräflerland e.V. Basel 2003. Eintrag 1539.

8 Oesterle, Friedrich: Mattmüller – Ein Name schreibt Tutschfelder Dorfgeschichte. In: d'Heckerose, Mitteilungsblatt des Heimatvereins Tutschfelden e.V. Nr. 21/2011, Seiten 8-13.

Stammtafel der in der Schweiz eingebürgerten Mattmüller

Der Stammvater der Schweizer Mattmüller heisst Martinus (Martin) und wurde am 16. März 1666 in D-Ihringen am Kaiserstuhl bestattet. Er wurde 74 Jahre alt. Er steht zuoberst in der Stammtafel.

Die Begründer der Schweizer Linien sind grün hinterlegt. Deren Nachkommen sind bei den einzelnen Linien (ab nächster Seite) aufgeführt, auch wenn sie als Minderjährige zusammen mit ihrem Vater eingebürgert wurden. Die rote Textfarbe bedeutet, dass diese Linie ausgestorben ist oder keine leiblichen Nachkommen hat.

Schweizer Linien und ihre Heimatorte

Die Schweizer Linien basieren auf dem Familiennamenbuch der Schweiz. Es verzeichnet alle Familien, die 1962 in einer schweizerischen Gemeinde das Bürgerrecht besassen.1 Nicht im Familiennamenbuch aufgeführt ist der Heimatort Escholzmatt-Marbach (Einbürgerung 1999).

1 Online-Datenbank: https://hls-dhs-dss.ch/famn/?lg=d, Stand 22.1.2022.

Basel – Einbürgerung 1900

Stammtafeln

Begründer der bekanntesten Basler Linie ist Georg Friedrich Mattmüller (grün in der Grafik). Er erhielt am 26. April 1900 das Kantonsbürgerrecht von Basel. Seine vor diesem Datum geborenen Kinder wurden vermutlich zum gleichen Zeitpunkt eingebürgert. Von ihm existiert eine Ahnentafel (siehe Seite 66). Die Lebensorte seiner Vorfahren finden sich auf Seite 14.

Die Nummern in den Boxen verweisen auf die nächste Generation auf den Folgeseiten.

Taufeintrag von Georg Friedrich Mattmüller

Eintrag im Kirchenbuch der evangelischen Kirche D-Müllheim, Taufen 1841-1853, Seite 479:

Transkription

Im Jahr Christi eintausend achthundert und neunundvierzig den zwoelften Dezember Mittags halb zwoelf Uhr wurde zu Müllheim geboren ein ehelicher Knabe und den dreissigsten Dezember vormittags elf Uhr in der Kirche getauft: Georg Friedrich Mattmüller. Eltern sind: Friedrich Mattmüller hiesiger Bürger und Hutmacher und Rosalie eine geboren Gysin.

Einbürgerungsort

Der Kanton Basel-Stadt hatte 1850 knapp 30'000 Einwohner, die eidgenössische Volkszählung 1888 ermittelte 74'000.1 Im Jahr 1900 waren es bereits 112'000, davon erstaunlicherweise rund 43'000 (38%) Ausländer.2 Ende 2022 wohnten 206'000 Personen in Basel-Stadt, davon 38,3% Ausländer.

Lebensorte

Georg Friedrich, genannt Friedrich, übersiedelte von D-Müllheim nach Basel, wo er bei einer jüdischen Bank arbeitete. Er wurde mit seiner Familie etwa 1890 nach Jerusalem versetzt (Jerusalem gehörte von 15161917 zum osmanischen Reich), um bei der Finanzierung einer Bahn nach Bagdad mitzuwirken. Nachdem die Bank Konkurs ging, kehrte die Familie 1895 nach Basel zurück. Dort arbeitete er als Kaufmann in einer Malzfabrik im Gundeli.3

Familie Georg Friedrich Mattmüller-Liebrich mit ihren Kindern, etwa 1900.

Georg Friedrich Mattmüller war 1882 zusammen mit Uhrmacher Urban Nabholz und Stadtmissionar Johann Bauder Mitbegründer eines Kantonalverbandes des Blauen Kreuzes, der Basel-Stadt und Baselland umfasste.4

Grenzüberschreitende Verwandtschaft

Mattmüller-Haus in D-Müllheim, 2018. Foto: Autor

Die Basler und die Müllheimer Mattmüller beidseits der Grenze pflegten die verwandtschaftlichen Kontakte. Vielleicht auch deshalb, weil der Bruder von Georg Friedrich, Johann Georg Mattmüller (grün) eine Konditorei im Mattmüller-Haus in Müllheim betrieb und so zum «süssen» Anziehungspunkt wurde ...

Mit Georg Mattmüller 1906-1999 (pink) konnte ich 1986 Daten der Familienforschung abgleichen. Er befasste sich schon 1935 mit den Vorfahren der Mattmüller und gab seine Aufzeichnungen bereitwillig weiter.

Biografien von Basler Mattmüller

Georg Theodor Mattmüller 1893-1951

Seine Erlebnisse als Assistenzarzt in Lazaretten während des Ersten Weltkriegs in Berlin und Bielefeld machten ihn zum Antimilitaristen. Im Juli 1921 stellte er – zusammen mit Dr. med. Bernhard Lang aus Langenthal, den er in Berlin kennen gelernt hatte – ein Gesuch um Entlassung aus der Wehrpflicht. Das Gesuch wurde abgelehnt. Ab 1923 versäumte er aus Gewissensgründen die Inspektionen und sass dafür drei Disziplinarstrafen von 3, 9 und 12 Tagen ab.

Im Juni 1927 bittet Mattmüller die Militärdirektion des Kantons Bern um eine Audienz, damit er die Gründe seiner Dienstverweigerung darlegen könne. Er verlangt die Überweisung seines Falles an das Militärgericht und begründet seine Verweigerung in einer 52-seitigen Stellungnahme.1

Im August 1928 wird er der Dienstverweigerung angeklagt und am 10. Dezember 1928 verurteilt:

Im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS) ist Georg Mattmüller aufgeführt.1 Auch über weitere Basler Mattmüller sind Biografien im Internet zu finden:

Hans Georg (Hansjörg) Mattmüller 1923-2006

Sohn von Julius Albert (1887-1971).

Er ist in der Wikipedia zu finden.2

Markus Theodor Mattmüller 1928-2003

Sohn von Georg Theodor (1893-1951).

Von ihm gibt es einen Artikel im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS)3 sowie in der Wikipedia4.

Hanspeter Mattmüller 1931-2017

Ebenfalls Sohn von Georg Theodor (1893-1951). Auch über ihn findet sich ein Wikipedia-Eintrag.5

1 Hans Bauer: Basel, gestern-heute-morgen: 100 Jahre Basler Wirtschaftsgeschichte. Basel Birkhäuser 1981, Seite 19.

2http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7478.php. Stand 8.1.2024.

3 Auskunft von Heinz Johannes Mattmüller, geb. 31.10.1938. Stand 24.8.2013.

4 StABS, PA 1224, URL: http://query.staatsarchiv.bs.ch/query/detail.aspx?ID=1067138. Stand 13.4.2017.

1 Schweiz. Bundesarchiv: E5330-01#1000/894#13204*. https://www.recherche.bar.admin.ch/recherche/link/de/archiv/ein-heit/4675551, Stand 24.5.2020.

1 Degen, Bernhard: "Georg Mattmüller", Version vom 17.7.2008. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/023026/, Stand 24.5.2020.

2https://de.wikipedia.org/wiki/Hansj%C3%B6rg_Mattm%C3%BCller, Stand 25.5.2020.

3 Degen, Bernhard: "Markus Mattmüller", Version vom 9.11.2010. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/035245/, Stand 24.5.2020.

4https://de.wikipedia.org/wiki/Markus_Mattm%C3%BCller, Stand 25.5.2020.

5https://de.wikipedia.org/wiki/Hanspeter_Mattm%C3%BCller, Stand 25.5.2020.

Basel – Einbürgerung 1916

Stammtafel

Begründer dieser Basler Linie ist Karl Friedrich Mattmüller (grün in der Grafik). Gemäss Eintrag im Bürgerrodel der Bürgergemeinde Basel war der Taufname Friedrich, genannt wurde er Karl. Der Taufeintrag im Kirchenbuch von D-Bahlingen, Taufen 1870-1884, lautet hingegen auf Karl Friedrich. Er erhielt am 15. Juli 1916, vermutlich zusammen mit seinen minderjährigen Söhnen (pink), das Kantonsbürgerrecht von Basel.

Nachfahren

Die Ehe zwischen Karl Mattmüller und Josephine, geborene Sannemann blieb kinderlos. Auch sind keine Nachkommen von René Walter Mattmüller bekannt. Somit ist diese Schweizer Linie ausgestorben.

Im Staatsarchiv des Kantons Zürich bin ich auf ein interessantes Dossier über die Familie Mattmüller-Imboden gestossen: Die Familie musste anfangs der 1930er-Jahre von der Armenpflege des Fürsorgeamts Winterthur finanziell unterstützt werden. Die Armen-pflege ersuchte dazu die Stadtpolizei die Lebensweise der Familie abzuklären, da sie ein leichtfertiges Leben führen würde.

Das Polizei-Protokoll und Hintergrundinformationen zur Entwicklung des Armenwesens in der Schweiz sind zu finden im Kapitel «Misswirtschaft und Liederlichkeit» auf Seite 85.

René Walter Mattmüller verbrachte mehrere Jahre in Erziehungsanstalten. Als 19-Jähriger riss er von zu Hause aus. Sein Lebensweg ist nachgezeichnet im Kapitel «Vom vernachlässigten Kind zum Fremdenlegionär» (siehe Seite 91).

Basel – Einbürgerung 1929

Stammtafel

Begründer dieser Basler Linie ist Karl Mattmüller (grün in der Grafik). Er erhielt am 3. Mai 1929 das Kantonsbürgerrecht von Basel. Seine Schwester Clara (grau) wurde ein Jahr früher eingebürgert. Im Familiennamenbuch der Schweiz1 ist dieses Einbürgerungsjahr (1928) nicht erwähnt. Warum, weiss ich nicht. Vielleicht, weil sie eine Frau war? Ausser Maria Jeck wurden alle Familienangehörigen im Familiengrab Nr. 228 auf dem Friedhof Hörnli, Basel beigesetzt.

Engagement für Zimmerleute

Karl Mattmüller Senior (1877-1959) setzte sich für die Belange seines Berufstandes ein, wie mehrere Einträge im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) zeigen:

«Unter dem Namen Verband der Zimmerleute von Basel & Umgebung besteht mit Sitz in Basel ein Verein, welcher den Zweck hat, alle in Basel und Umgebung beschäftigten Zimmerleute zu vereinigen und die beruflichen und geistigen Interessen seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern. […] erster Kassier ist Karl Mattmüller, von Königschaffhausen, Baden, wohnhaft in Basel.»2

Mattmüller scheidet gemäss Eintrag vom 13. Februar 1915 aus dem Vorstand wieder aus.

1921 wird er zeichnungsberechtigtes Mitglied im Zentralvorstand der Kranken- und Sterbekasse der Zimmerleute der Schweiz.3

Per 21. November 1921 wird die Genossenschaftszimmerei Basel im SHAB eingetragen. Ihr Zweck ist der Bau von billigen Wohnungen für ihre Mitglieder sowie die Übernahme und Ausführung aller einschlägigen Bauarbeiten auf eigene Rechnung. Mattmüller wird Kassier.4 Am 5. August 1924 scheidet er wieder aus.

Nachfahren

Clara Mattmüller blieb vermutlich ledig und kinderlos. Das Ehepaar Mattmüller-Jeck hat einen Sohn. Von Frida und Hedwig Rosa ist keine Einbürgerung bekannt. Sie blieben wohl kinderlos.

Verwandtschaft mit den Linien Gadmen und Mauren

Die Geschwister Clara, Karl, Frida und Hedwig Rosa sind Grossnichten und Grossneffe der Begründer der Linien Gadmen (Christian, Seite 42) und Mauren (Jakob Martin, Seite 52). Eine entsprechende Grafik ist bei diesen Bürgerorten zu finden.

1 URL: https://hls-dhs-dss.ch/famn/?lg=d.

2 SHAB, 28.4.1911.

3 SHAB, 12.3.1921.

4 SHAB, 9.12.1921.

Berg TG – Einbürgerung 1890

Stammtafel

Begründer der Linie Berg TG ist Johann Jakob Mattmüller (grün in der Grafik). Er erhielt das Kantonsbürgerrecht am 15. September 1890 zusammen mit seiner Ehefrau und Sohn Wilhelm (pink). Die Lebensorte seiner Vorfahren gehen aus den Wanderungsbewegungen der Schweizer Mattmüller (siehe Seite 14) hervor. Dieser Mattmüller Zweig ist ausgestorben. Berg TG als Bürgerort der Mattmüller blieb aber bestehen, da die Ortsgemeinde Mauren TG seit 1995 zu Berg gehört.

Einbürgerungsort

Berg ist eine politische Gemeinde im Thurgau. Sie existiert in der heutigen geographischen Grösse erst seit der Gemeindereform 1995. Neben Berg gehören die ehemaligen Ortsgemeinden Andhausen, Graltshausen, Guntershausen bei Berg (früher bei Birwinken) und Mauren dazu. Die ehemalige Ortsgemeinde Berg, inkl. Heimenlachen und Kehlhof zählte 1850 440 Einwohner und 1910 833.1

Wie Ernst Mattmüller zu seiner «Ehefrau» kam

Diese Anekdote erzählte mir Ernst 1991 persönlich. Er suchte schon lange eine Ehefrau. Da vermittelte ihm ein verlogener (Ernsts Worte) Jugoslawe, der in der Schweiz wohnte, eine heiratswillige Landsfrau. Sie besucht während 10 Tagen die Schweiz, trifft Ernst und reist wieder aus. Ernst fährt anschliessend mit seinem DKW nach Belgrad. Bei der ersten Reise sind seine Papiere nicht in Ordnung, er darf nicht einreisen. Beim zweiten Anlauf kommt der vermittelnde Landsmann mit, an der italienisch/jugoslawischen Grenze wird er zurückgewiesen, beim österreichischen Grenzübergang darf er einreisen. Die beiden heiraten, die Ziviltrauung findet am 20. Juni 1961 in Belgrad statt. Seine Frau kann vorläufig nicht in die Schweiz kommen, die Ausreisebewilligung fehlt noch.

Zurück in der Schweiz erfährt Ernst von jugoslawischen Landsleuten, dass seine Frau bereits ein Kind (unehelich oder aus geschiedener Ehe) hat. Ernst fühlt sich übers Ohr gehauen. Später kommt seine Frau ebenfalls in die Schweiz. Sie wohnt nicht bei ihm, sie arbeitet als Kellnerin in Kreuzlingen. Ernst versucht, die Ehe für ungültig erklären zu lassen. Dieses Vorgehen klappte nicht, deshalb wurde die «Ehe» nach 2½ Jahren geschieden.

1964 erlaubte Ernst seiner Ex-Frau, den Familiennamen Mattmüller anzunehmen. So wurde sie Bürgerin von Berg TG. Milosava Mattmüller-Petricevic starb 2012 in Zürich. In der Schweiz geborene Kinder von ihr sind nicht bekannt.

Doppelte Verwandtschaft der Linien Berg und Mauren

Die Begründer der beiden Linien (grün) waren Cousins 3. Grades: Sie hatten gemäss Stammtafel der in der Schweiz eingebürgerten Mattmüller (siehe Seite 23) den gleichen Ururgrossvater (Joseph Mattmüller, 1721-1789). Da sie die Schwestern Maria Barbara Herzog und Susanna Herzog heirateten, wurden sie auch noch Schwager. Die Geschwister Jakob Martin, Emil und Marie waren somit zu Wilhelm Mattmüller als «Herzog-Nachkommen» Cousins und als «Mattmüller-Nachkommen» Cousins 4. Grades.

Kehlhof – Wohnsitz

Die Liegenschaft im Kehlhof, Hauptstrasse 6, wurde 1889 als Wohnhaus vom Urahn dieses Zweigs, Johann Jakob Mattmüller (1856-1917) gebaut. Im Brandkataster ist das Gebäude seit 1899 mit Scheune, 1901 und 1917 mit (Küfer-)Werkstatt verzeichnet.

Wertänderungen 1899: Fr. 9'000.- (vorher Fr. 6'500.-), 1910 «verbessert» Fr. 11'000.-. Wilhelm Mattmüller (1888-1971) war seit dem 14. Dezember 1928 Eigentümer, vorher Jakob Mattmüller.

Am 30. April 1957 kaufte sein Sohn Ernst (1915-2002) das Objekt.1 Er betrieb darin neben der Küferei auch eine Mosterei. Nach seinem Tod wurde es testamentarisch an jemanden ausserhalb der Verwandtschaft vererbt.

1 Spuhler, Gregor: "Berg (TG)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.12.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001998/2011-12-15/, konsultiert am 27.2.2022.

1 Hinweisinventar Bauten, https://map.geo.tg.ch/apps/denkmaldatenbank. Stand 25.3.2017.

Dübendorf ZH – Einbürgerung 1948

Stammtafel

Begründer der Dübendorfer Linie ist Karl Jakob Mattmüller (grün). Er wurde unehelich als Karl Jakob Wymann und als Schweizer geboren. Wegen der Heirat seiner Mutter mit dem deutschen Staatsbürger Jakob August Mattmüller verloren er und seine Mutter das Schweizer Bürgerrecht. Ob Jakob August tatsächlich der biologische Vater von Karl Jakob ist, konnte ich nicht herausfinden: Beim Geburtseintrag im Bürgerrodel1 von Lützelflüh BE – dem Bürgerort der Mutter – ist kein Vater erwähnt. Vermutlich anerkannte ihn Jakob August als leiblichen Sohn und er erhielt den Familiennamen Mattmüller.

Karl Jakob erlangte 1948 das Bürgerrecht von Dübendorf ZH. Nachkommen von ihm sind nicht bekannt. Der Dübendorfer Zweig ist ausgestorben.

Die Geschwister von Karl Jakob Mattmüller sind Bürger von Lützelflüh BE. Warum nicht auch Karl Jakob? Sein Vater war Deutscher, seine Mutter Schweizerin. Mit der Heirat verlor sie das Schweizer Bürgerrecht. 1922 verstarb der Ehemann. Lina Mattmüller- Wymann liess sich deshalb 1922 in Lützelflüh, ihrem früheren Heimatort, zusammen mit ihren minderjährigen Kindern wieder einbürgern. 1922 war Karl Jakob bereits volljährig, er behielt deshalb vorerst die deutsche Staatsbürgerschaft.

Einbürgerungsort

Dübendorf ist eine politische Gemeinde im Bezirk Uster, Kanton Zürich. Dazu gehören die Orte Gfenn, Hermikon, Stettach, Gockhausen, Geeren und Dübelstein. 1910 wurde zwischen Wangen und Dübendorf ein Flugfeld eingerichtet. 1914 wurde Dübendorf eidgenössischer Militärflugplatz, 1922 fanden die ersten Linienflüge statt, 1932 wurde auf Wangener Gebiet ein Zivilflughafen erstellt. 1948 wurde er nach Kloten verlegt. Seither ist Dübendorf Militärflugplatz.

Die politische Gemeinde Dübendorf zählte 1900 rund 2'500 Einwohner, 1950 waren es 6'7502 und Ende 2023 31’200. In Gockhausen, wo Karl Jakob Mattmüller seit 1935 wohnte, zählte man 1920 22 Haushaltungen in 12 Wohnhäusern, 1945 34 Haushaltungen in 21 Häusern.3

Karl Jakob – der Taxihalter

Am 26. April 1926 annoncierte K. Mattmüller in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) seine Taxi-Dienste mit der Telefonnummer H. 4411.1 Im Telefonbuch Zürich von 19262 findet sich ein ähnlicher Eintrag:

«Mattmüller, K., Privat-Taxameter,

Dorfstr. 46, Hottingen 44.11»

«Hottingen», beziehungsweise das «H» im Inserat stehen nicht für den Stadtteil, sondern für die Telefonzentrale, das «Amt». Die Dorfstrasse lag im Kreis 6. Er liegt nördlich der Altstadt von Zürich und umfasst die Quartiere Ober- und Unterstrass.

Die Stadt Zürich erteilte am 27. April 1928 eine baupolizeiliche Bewilligung für das Bauprojekt «K. Mattmüller, Wohnhaus mit Autoremisen und Einfriedung Cäcilienstrasse Nr. 6, Z.[ürich] 7».3

Karl Jakob – der Erfinder

Preise damals und heute

Wie lässt sich der Kilometer-Preis von 45 Rappen einordnen? Einen Hinweis zum damaligen Preisniveau gibt – auf der gleichen NZZ-Inserateseite – die Einladung zu einem Klavier-Abend am 22. April 1926 im kleinen Saal der Tonhalle Zürich. Es waren Billette zu 5, 4, 3 und 2 Franken erhältlich. 2023 kosten die Tickets im gleichen Saal zwischen 75 und 20 Franken, also 10-bis 15-mal mehr. Wenn man vom gleichen Faktor ausgeht, würden die 45 Rappen einem heutigen Preis von Fr. 4.50 bis Fr. 6.75 pro Kilometer entsprechen.

Ab 1. Januar 2024 empfiehlt der Taxiverband Zürich folgende Tarife:

Grundtarif: 6 Franken pro Fahrt, plus Fr. 3.60 bis Fr. 4.40 pro Kilometer, plus 60 bis 90 Rappen pro Minute

Fazit: Das Preisverhältnis Tonhalle-Tickets zu Taxifahrten in der Stadt Zürich hat sich in den letzten 100 Jahren nicht verändert.

1948 wurde obige Patentschrift von Karl Mattmüller, Gockhausen bei Dübendorf veröffentlicht.4 Gegenstand der Erfindung ist ein Zeichnungspult zum Retouchieren und Skizzieren. Wurde sie realisiert? Wer produzierte das Pult, wer waren die Anwender? Steht ein Exemplar in einem Museum oder privat irgendwo im Keller oder Estrich?

Mehrere Anläufe bis zur Einbürgerung

Karl Jakob wurde 1898 als uneheliches Kind geboren. Seine Mutter, Lina Wymann, war Bürgerin von Lützelflüh BE. Somit war Karl Jakob Schweizer. Sein mutmasslich biologischer Vater, Jakob August Mattmüller, war deutscher Staatsangehöriger. 1899 heirateten Lina und Jakob August. Nach damaligem Recht verloren dadurch Mutter und Sohn ihre schweizerische Staatsbürgerschaft.

Am 1. März 1922 verstarb der Vater. Die Mutter liess sich deshalb zusammen mit ihren unmündigen Kindern in ihrem ehemaligen Heimatort Lützelflüh wieder einbürgern (siehe Seite 51). Karl Jakob war aber schon älter als 20 Jahre und blieb Deutscher. Weshalb er erst 1948 Bürger von Dübendorf ZH wurde, ist aus einem Dossier im Bundesarchiv1 ersichtlich:

Erstes Gesuch

1921 hätte sich Karl Jakob in Bergdietikon AG einbürgern können. Die eidgenössische Bewilligung lag vor, aber die Einkaufsgebühr für das Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht von angeblich 2'000 Franken konnte er nicht aufbringen und er liess das Gesuch fallen.

Zweites Gesuch

Am 2. November 1931 stellt Karl Jakob das «Gesuch um Erteilung der eidgenössischen Bewilligung zur Erwerbung eines Gemeinde- und Kantonsbürgerrechtes» an die eidgenössische Fremdenpolizei. Er beabsichtigt, sich in der Stadt Zürich einzubürgern, da er seit 1926 dort wohnt.

Am 6. Januar 1932 lehnt die Fremdenpolizei das Gesuch ab. Basis für den negativen Entscheid ist ein «Spezialrapport» vom 25. November 1931 des Polizeikorps des Kantons Zürich. Darin heisst es:

«[…] Sachdienliche Nachforschungen zeitigten folgendes: Mattmüller ist in Basel geboren & im Kanton Aargau aufgewachsen. Aus der Volksschule entlassen, erlernte er den Beruf eines Automechanikers. Im Jahre 1913 siedelte er nach Lörrach, Bad.[en] über, dem Wohnort seines Vaters. Als im August 1914 der Weltkrieg ausbrach, nahm er den Finken-strich [sich rasch und unbemerkt entfernen] & drückte sich in die Schweiz. Er ist nie in den Kriegsdienst eingerückt, wurde dann aber angebl.[ich] von einem aus Offizieren bestehenden Gericht in Lörrach, Bad., wo er sich hatte stellen & persönlich einfinden müssen, von aller Schuld freigesprochen. Seine Frau ist eine geborene Aargauerin.

Mattmüller hat in Zürich nicht speziell Glück gehabt. Er war s. Zt. Besitzer eines Autobetriebes – Taxameter – kam aber wegen einer Hausbauerei in Schulden & verlor Hab & Gut. Aus dieser Zeit – 1930 – figurieren zwei Verlust-scheine; einer zu Gunsten einer Fuhrhalterei […] von Frk. 638.- & ein solcher im Betrage von Frk. 774.- auf die Firma Mercedes-Benz A.-G. in Zürich 4. Ferner hat Mattmüller in den beiden letzten Jahren noch 4 weitere Betreibungen über sich ergehen & teilweise zur Pfändung kommen lassen. Darunter figurieren auch die Gemeindesteuern pro 1930. Man sollte dann doch glauben, dass zwei Eheleute, die nur für ihre eigenen Mäuler zu sorgen haben, ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Mitmenschen nachkommen sollten. […]

Mattmüller ist nicht vorbestraft, hat auch nie in Strafuntersuchung gestanden. Sein Leumund ist diesbezüglich makellos & wären nicht die beiden Verlustscheine Tatsache, so dürfte er zur Aufnahme ohne weiteres empfohlen werden. Angesichts dieser Umstände scheint mir aber eine Empfehlung zur Aufnahme ins Bürgerrecht doch verfrüht. Mattmüller soll vorerst seine Gläubiger vollauf befriedigen wie dies von vollwertigen Bürgern verlangt werden darf. In beruflicher Hinsicht gilt Mattmüller als guter Mechaniker & Chauffeur. Seit seinem herwärtigen Aufenthalt hat er immer auf eigene Rechnung gearbeitet.»

Drittes Gesuch

Am 8. Januar 1940 stellt Mattmüller ein weiteres Gesuch. Er wohnt seit 1935 in Gockhausen bei Dübendorf ZH und möchte sich in Kaisten AG einbürgern, weil seine Ehefrau vor der Heirat dort Bürgerin war. Er lässt das Gesuch via Rechtsanwalt Dr. G. Corrodi von Zürich an die Eidgenössische Fremdenpolizei, Bern weiterleiten. Im Begleitbrief schildert Corrodi das bisherige Leben von Mattmüller, weist auf die verschiedenen Arbeitsorte hin, erläutert, dass er ein Zweifamilienhaus in Gockhausen bauen konnte und beschreibt ihn als einen anständigen, hilfsbereiten Menschen von gut schweizerischer Gesinnung und es sei für Mattmüller bedrückend, dass seine Geschwister Schweizer seien und er als Ausländer abseitsstehen müsse.

Die Polizeistation Dübendorf überprüft die Situation von Mattmüller, klärt das Familieneinkommen der letzten Jahre gemäss Steuerregister, stellt fest, dass er nicht vorbestraft ist. Und weiter:

Die nachfolgende Zusammenfassung der negativen Aspekte aus dem Polizeibericht erstellte die Bundesanwaltschaft.1

Zum Schluss heisst es: «Ausser den bereits erwähnten Sachen konnte nichts festgestellt werden, was gegen eine Einbürgerung sprechen würde.»

Die Polizei der Stadt Zürich erstellt für die Zeit, die Mattmüller in Zürich wohnte (1926-1935) ebenfalls einen Bericht. Sein ehemaliger Arbeitgeber stellt ihm ein sehr gutes Zeugnis aus. Durch das Statthalteramt Zürich wurde er einige Male gebüsst, z.B. für «zu rasches Autofahren» mit 20 Franken oder für «unbeleuchtetes Stehenlassen des Autos» mit 10 Franken. Der Verlustschein der Fuhrhalterei war noch pendent, der andere war erledigt.

Vor Zürich wohnte Mattmüller ein Jahr in Dietikon ZH. Auch diese Polizeistation verfasste einen Bericht. Erwähnt wird eine Busse von 2 Franken und ein Zahlungsbefehl über Fr. 13.20, der bezahlt wurde. Das Fazit lautete: «Ueber den Bürgerrechtsbewerber konnte sonst nichts Nachteiliges in Erfahrung gebracht werden.»

Am 1. April 1940 schreibt die Direktion des Innern des Kantons Zürich an das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) in Bern:

«Wir beantragen Ihnen, das Einbürgerungsgesuch des deutschen Reichsangehörigen Karl Jakob Mattmüller, Mechaniker, geboren 1898, wohnhaft in Gockhausen-Dübendorf, zurzeit abzuweisen. Seine politische Einstellung und auch sein wirtschaftliches Fortkommen sind gegenwärtig zu wenig abgeklärt, so dass eine gewisse Bewährungsfrist angezeigt ist.»

Die Bundesanwaltschaft schreibt am 14. Juni 1940: «Im Hinblick auf die ungenügende politische Assimiliation des Bewerbers unterstützen wir den Abweisungsantrag der Zürcher Behörden.»

Mit Brief vom 18. Juni 1940 erhält Rechtsanwalt Dr. Corrodi den Ablehnungsentscheid mit der Begründung, Karl Jakob Mattmüller «biete noch keine genügende Gewähr für staatstreue Gesinnung gegenüber unserem Lande.»

Viertes Gesuch

Am 13. November 1947 reicht Mattmüller erneut ein Einbürgerungsgesuch ein. Der Polizeiposten Dübendorf verfasst einen 12-seitigen Bericht. Darin werden u.a. folgende Punkte beleuchtet:

Familienverhältnisse von Ehemann, Ehefrau und Geschwister

Frühere Aufenthaltsorte

Familienleben

Gesundheitszustand

Schulen, Lehre, Arbeitsorte

Arbeitsleistung

Vermögens- und Einkommensverhältnisse

Steuerbezahlung

Existenz (aktuelle berufliche Situation)

Finanzielle Verpflichtungen

Gerichtliche und polizeiliche Strafen

Vereinszugehörigkeit

Anpassung

Finanzielle Mittel zur Einbürgerung

Politische Einstellung

Schlussbemerkungen:

Jetzt unterstützen die Behörden das Einbürgerungsgesuch. Am 5. August 1948 erteilt das EJPD die Bewilligung zur Einbürgerung im Kanton und in der Gemeinde Dübendorf.

Einbürgerungsverfahren heute

Die Einbürgerung meines Urgrossvaters im Jahr 1893 ist ab Seite 97 dokumentiert. Dort ist auch beschrieben, wie ein Einbürgerungsverfahren im Jahr 2023 abläuft.

1 Bürgerrodel Lützelflüh BE, Band 3, S. 510.

2http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D128.php. Stand 12.5.2017.

3 Heimatbuch Dübendorf, 1970. Autoren: Ruth und Walter Dürig, Gockhausen.

1 Neue Zürcher Zeitung vom 22.4.1926, Seite b4.

2 PTT-Archiv, P-260-1_1926/27.

3 Jllustrirte schweizerische Handwerker-Zeitung, Ausgabe vom 3.5.1928.

4 Staatsarchiv Kt. Zürich. URL: https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/detail.aspx?Id=1110403. Stand 13.5.2017.

1 Bundesarchiv. E4264#1000/842#5029*. URL: https://www.recherche.bar.admin.ch/recherche/link/de/archiv/ein-heit/5327341. Stand 16.4.2020.

1 Bundesarchiv. E4320B#1991-15#297. URL: https://www.recherche.bar.admin.ch/recherche/link/de/archiv/einheit/3574480.Stand 18.4.2020.

Escholzmatt-Marbach LU – Einbürgerung 1999

Stammtafel

Begründer der Linie Escholzmatt-Marbach LU ist Karl Gustav Mattmüller (grün). Er wurde 1999 in Escholzmatt und Marbach LU erleichtert eingebürgert. Er stammt aus der Tutschfelder Dynastie (siehe Seite 18). Seine Grosseltern Emil Mattmüller und Emma Oesterle sind in der «Ahnentafel der Familien Mattmüller in Tutschfelden» aufgeführt, welche in der Publikation «d’Heckerose» des Heimatvereins Tutschfelden abgebildet wurde. Die Lebensorte der Vorfahren gehen aus den Wanderungsbewegungen (Seite 14) der Schweizer Mattmüller hervor.

Einbürgerungsorte

Escholzmatt ist eine ehemalige politische Gemeinde im Entlebuch im Kanton Luzern und liegt an der Wasserscheide zwischen der Grossen und der Kleinen Emme. Escholzmatt hatte im Jahr 2000 rund 3200 Einwohner.1

Marbach ist ebenfalls eine ehemalige politische Gemeinde im Entlebuch und liegt in der nordwestlichen Ecke des Kantons Luzern. Im Jahr 2000 hatte Marbach 1125 Einwohner.2

Escholzmatt und Marbach fusionierten per 1. Januar 2013 zur politischen Gemeinde Escholzmatt-Marbach LU.

1 Anton Kottmann: "Escholzmatt", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 3.11.2016. Online: https://hls-dhsdss.ch/de/articles/000585/2016-11-03/, konsultiert am 23.7.2017.

2 Anton Kottmann: "Marbach (LU)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 3.11.2016. Online: https://hls-dhsdss.ch/de/articles/000588/2016-11-03/, konsultiert am 23.7.2017.

Fischbach-Göslikon AG – Einbürgerung 1932

Stammtafel

Begründer dieser Linie ist Walter Ernst Mattmüller (grün). Er wurde am 12. August 1932 in Fischbach-Göslikon AG eingebürgert. Die Lebensorte seiner Vorfahren gehen aus den Wanderungsbewegungen der Schweizer Mattmüller (siehe Seite 14) hervor. Ein Bruder von ihm, Emil Adolf Mattmüller, erhielt 1922 in Zürich das Bürgerrecht (Seite 56).

Ihr Vater, Karl Simon Mattmüller (1859-1928) betrieb in Wohlen AG ein Coiffeurgeschäft. Er behielt zeitlebens die deutsche Staatsbürgerschaft. Seine Lebensgeschichte ist im Kapitel «Ein Coiffeur in Wohlen» (Seite 81) zu finden.

Einbürgerungsort

Fischbach-Göslikon liegt am linken Ufer der Reuss an der Strasse Bremgarten-Mellingen und ist seit 1798 eine Einwohnergemeinde im Bezirk Bremgarten, Kanton Aargau. Die Ortschaft besteht aus den heute zusammengewachsenen Dörfern Fischbach und Göslikon. Die Ortsbürgergemeinden waren bis 1997 getrennt.1 Fischbach-Göslikon hatte 1920 331 Einwohner, 1950 389 und Ende 2016 1640.2

Voraussetzungen im Jahr 1932 für die Einbürgerungsbewilligung

Gemäss damaligem Gesuchformular mussten folgende Vorgaben für eine Bewilligung erfüllt sein:

In den letzten zwölf Jahren mindestens sechs Jahre in der Schweiz.

In der Schweiz geborene Ausländer, die bis zum erfüllten zwanzigsten Lebensjahr mindestens zehn Jahre in der Schweiz zugebracht haben, können die Bewilligung erhalten, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Einreichung des Gesuchs, mindestens drei Jahre tatsächlich in der Schweiz wohnten.

In jedem Falle muss der Gesuchsteller die letzten zwei Jahre vor Einreichung des Gesuches fortdauernd in der Schweiz gewohnt haben.

Ein detailliertes Beispiel zum Einbürgerungsverfahren im Jahr 1893 findet sich auf Seite 97.

Leumundszeugnis zum Einbürgerungsgesuch

Im Schweizerischen Bundesarchiv liegt das Dossier zur Einbürgerung von Walter Ernst Mattmüller.1 Er war in der Hutgeflechtfabrik Jakob Isler & Co. AG in Wohlen (gegründet 1787, geschlossen 1991) als Büroangestellter tätig und lebte seit Geburt immer in Wohlen AG. Er hielt sich nie im Ausland auf.

Das Dossier enthält auch das lesenswerte Leumundszeugnis:

1 Wappen der Einwohnergemeinde Fischbach-Göslikon AG.

2 Felix Müller (Brugg): "Fischbach-Göslikon", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 29.10.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001666/2009-10-29/, konsultiert am 17.4.2017.

1 Bundesarchiv. E4264#1000/842#5805*. URL: https://www.recherche.bar.admin.ch/recherche/link/de/archiv/einheit/5328117.