Fatale Kettenreaktion - Chris Regez - E-Book

Fatale Kettenreaktion E-Book

Chris Regez

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Beschreibung

Die Ausfahrt mit einem Jet-Ski im sonnigen Florida kostete den Songwriter Joe Baker fast das Leben. Jetzt muss er sich mühsam zurückkämpfen. Das Liebespaar aus Nashville, das den folgenschweren Unfall mit einer geliehenen Sportyacht ausgelöst hatte, beging Fahrerflucht und liess Joe hilflos zurück. Es hat einiges zu verbergen. Schon bald bringen die Ermittlungen der Polizei auch den Besitzer der Yacht in grösste Bedrängnis. Um seinen Kopf zu retten, verlässt er Florida von einer Minute auf die andere. Mit neuer Identität und neuem Pass setzt er sich in ein Privatflugzeug. Via Cayman Islands flieht er nach Kanada. Dies in ständiger Angst, entdeckt zu werden. Doch die Polizei deckt immer mehr Details auf. Nur dank intensiver Pflege findet Joe Baker langsam wieder ins Leben zurück. Doch wie lange wird ihn seine Amnesie daran hindern, seine Familie zu erkennen, neue Songs zu schreiben und wieder auf der Bühne zu stehen? Gibt es eine Gerechtigkeit für das Leid, das ihm angetan wurde? Er war einer der hoffnungsvollsten Songschreiber. Schafft er ein Comeback? Dieser Roman ist eine Mischung aus Krimi und Musikstory. Hoffnung, Liebe und Verbrechen sind die Inhalte, welche Spannung und Tempo garantieren und zu einem spektakulären Ende in den Wäldern Kanadas führen.

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Seitenzahl: 299

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Das Buch

Der bekannte Songwriter Joe Baker wurde bei einer Ausfahrt mit einem Jetski in Florida von einem Schiff gerammt. Dabei verlor er sein Erinnerungsvermögen. Jetzt liegt er in einem Krankenhaus in Naples, Florida. Er erkennt weder seine Ehefrau Allison noch seine Kinder.

Viele Fragen stehen im Raum: Wer ist verantwortlich für das Unglück und weshalb beging diese Person Fahrerflucht? Wird die Polizei den oder die Schuldigen finden? Wie geht es mit Joe weiter? Kann seine Amnesie geheilt werden und wird er seine Familie je wieder erkennen? Kann er je wieder Songs schreiben, die das Potenzial für neue Hits haben?

Die Ermittlungen der Polizei lösen eine fatale Kettenreaktion aus.

Liebe, Musik und Drogen vermischen sich in einem turbulenten Cocktail mit dem Höhepunkt in den Wäldern Kanadas.

Alle Personen in diesem Buch sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen

Personen wären rein zufällig.

Weitere Infos zum Buch

www.der-songwriter.com

www.facebook.com/buch.der.songwriter

«One day you will wake up

and there won’t be any more time

to do the things

you’ve always wanted.

Do it now.»

(by Paulo Coelho)

Wie bei Teil 1 und 2 durfte ich auch bei der

Fortsetzung auf wertvolle Unterstützung zählen:

Astrid

Danke für deine Liebe, deine Geduld, dein Verständnis

und deinen grossartigen Support in jeder Situation!

Urs

Deine Inputs waren erneut unglaublich inspirierend

und motivierend zugleich! Danke für deine Zeit!

Sergio

Danke für deine «technische» Unterstützung

und unsere lange und erfolgreiche Zusammenarbeit!

Ich danke allen, die mir ihr wertvolles Feedback

nach einer Leseprobe gaben!

Zudem danke ich allen Leserinnen und Lesern, welche

die ersten zwei Bücher gelesen haben und danach

fragten: «Und wie geht es jetzt weiter?»

Auf den folgenden Seiten findest du die Antwort.

Hauptdarsteller

Michael Aldridge

Neue Identität von Rick Hart.

Joe Baker

Seit seiner Ankunft in Nashville wurde er zu einem der gefragtesten Songwriter. Nach seinem «Durchbruch» wurde er von Bruce Cannon zu Songwriting Sessions nach Florida eingeladen.

Leona Black

Die Country-Sängerin spielte während Jahren vor ausverkauftem Haus in einem Casino in Las Vegas. Zusammen mit Joe Baker stürmte sie an die Spitze der Charts.

Darrell Bush

Eine weitere Identität von Rick Hart.

Bruce Cannon (alias Randy Jackson)

Randy Jackson war einer der erfolgreichsten Country-Stars der 90er-Jahre. Nach einer schweren Krankheit schrieb er mit Joe Baker in Florida neue Songs.

Les Carpenter

Officer bei der Polizei von Marco Island.

Dr. Noah Ellis

Spezialist für Gedächtnisverlust.

Cathy Fisher

Ehefrau von Troy Fisher.

Troy Fisher

Gitarrenbauer der Marke «Troytars».

George Fuller

Geschäftspartner von Rick Hart.

Rick Hart

Inhaber der Holzhandelsfirma «Florida Woods». In der Story hat er zudem zwei weitere Identitäten: Michael Aldridge und Darrell Bush.

Tracy Hart

Ehefrau von Rick Hart.

Andrew Jones

Therapeut in Nashville.

Mandy

Kollegin von Samantha und Joe.

Jack Meyer

Inspektor bei der Naples Police.

Allison Monroe

Allison ist Joe Bakers Ehefrau. Sie ist eine erfolgreiche Sängerin mit einer äusserst erfolgreichen CD, die seit längerer Zeit in der Country-Album-Hitparade sehr gut platziert ist.

Don Ramsey

Musikproduzent und Inhaber der Schallplattenfirma «Black Horse Records».

Samantha

Geliebte von Troy Fisher.

Steve Sharp

Anwalt und Joes engster Freund in Nashville.

Sam Stone

Inhaber des Musikverlages «Rocky Road Songs».

Dr. Paul Watson

Arzt im Krankenhaus in Naples.

Karen White

Die «Kanadierin».

Glossar, Musik-Slang & more

Ab Seite → findest du Musikfachausdrücke,

Namen und Institutionen, die im Buch

vorkommen.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 – Ungebremst

Kapitel 2 – Nur weg von hier

Kapitel 3 – Aufbruch

Kapitel 4 – Spurensuche

Kapitel 5 – Wie weggeblasen

Kapitel 6 – Alibi

Kapitel 7 – Brutale Realität

Kapitel 8 – Fahrt aufs Meer

Kapitel 9 – Informieren

Kapitel 10 – Spürnase

Kapitel 11 – Behandlung

Kapitel 12 – Details

Kapitel 13 – Unter Freundinnen

Kapitel 14 – Ruhe bewahren

Kapitel 15 – Das Netz ist ausgelegt

Kapitel 16 – Plaudereien

Kapitel 17 – Zündschnur

Kapitel 18 – Erste Erfolge

Kapitel 19 – Private Aviation

Kapitel 20 – Fassungslos

Kapitel 21 – Business

Kapitel 22 – Verrat

Kapitel 23 – Die Wahrheit

Kapitel 24 – Tiefer graben

Kapitel 25 – Kanada

Kapitel 26 – Edmonton

Kapitel 27 – Zurück in Nashville

Kapitel 28 – Leona

Kapitel 29 – Was sein muss, muss sein

Kapitel 30 – Hinterlistig

Kapitel 31 – Die Idee

Kapitel 32 – Eskalation

Kapitel 33 – Veränderungen

Kapitel 34 – Dicke Post

Kapitel 35 – Von Frau zu Frau

Kapitel 36 – Mit Joe arbeiten

Kapitel 37 – Gegen das Vergessen

Kapitel 38 – Besuch zu Hause

Kapitel 39 – Showtime

Kapitel 40 – Überraschung

Kapitel 41 – Zeit gewinnen

Kapitel 42 – Kein Glück

Kapitel 43 – Geldbeschaffung

Kapitel 44 – Forderung begleichen

Kapitel 45 – Schwerer Gang

Kapitel 46 – Beendet

Kapitel 47 – Verdacht

Kapitel 48 – Romantik

Kapitel 49 – Normales Leben

Kapitel 50 – The Award goes to

Kapitel 51 – Schnee und Eis

Kapitel 52 – Geirrt

Kapitel 53 – Schmerzvoll

Kapitel 54 – Heiss gemacht

Kapitel 55 – Zurück in Nashville

Kapitel 56 – The End

Kapitel 1 – Ungebremst (Tag 1 – Sonntag, 11. Juni 2017)

Troy Fisher hatte von Anfang an ein schlechtes Gefühl in der Magengegend. Der Florida-Trip mit seiner Geliebten war zwar sehr verlockend gewesen, fühlte sich aber von Beginn an nicht gut an. Im Nachhinein betrachtet, war es sogar eine ganz miserable Idee gewesen. Die paar Tage in Florida, getarnt als Geschäftsreise, lösten ein gigantisches Chaos aus. Bisher hatte er Samantha, seine Geliebte, stets heimlich in verschiedenen Motels ausserhalb von Nashville getroffen. Dabei hatten sie sich immer so geschickt angestellt, dass seine Ehefrau Cathy keinen Verdacht geschöpft hatte. Doch jetzt? Jetzt war alles anders. Ganz anders. Es war der nackte Horror – was für eine Tragödie!

Die gemeinsame Zeit in den Hotels ging immer viel zu schnell vorbei. Deshalb wollte ihn Samantha für ein Wochenende lang ganz allein für sich haben. Sie wollte mehr als nur ein paar Stunden mit ihm verbringen, ihn lieben, küssen und seine Nähe spüren. Ohne ständig auf die Uhr schauen zu müssen. Als sie ihn einmal mehr liebevoll und gleichzeitig eindringlich bat, seiner Ehefrau einen Business-Trip nach Florida vorzugaukeln, willigte er nach langem Zögern endlich ein. Was für ein kolossaler Fehler das war! Und welche, am Schluss nicht mehr zu kontrollierbare Kettenreaktion das auslöste!

Troy Fisher ist 43 Jahre alt, von normaler Statur und etwa 1,80 Meter gross. Sein Dreitagebart, seine kantigen Gesichtszüge und seine vollen, blonden Haare verleihen ihm auch heute noch ein jugendliches Aussehen. Seine handwerklichen Fähigkeiten und seine Begeisterung fürs Gitarrespielen führten dazu, dass er vor 15 Jahren seine Gitarrenmanufaktur namens «Troytars» gründete.

Mit seinem Team, bestehend aus motivierten und talentierten Mitarbeitenden, stellt er ausschliesslich elektroakustische Western-Gitarren aus hochwertigen Hölzern und mit erstklassigen Tonabnehmern, im Fachjargon Pick-up genannt, her.

Natürlich spielt er besser Gitarre als jeder durchschnittliche Gitarrist. Er könnte seinen Lebensunterhalt auch locker als professioneller Gitarrist verdienen. Aber das ist nicht seine Passion. Viel lieber baut er Gitarren, die es problemlos mit so bekannten Marken wie Gibson, Ovation, Takamine oder Taylor aufnehmen können.

*****

Samantha und Troy lernten sich an einem Musik-Business-Event von Country-Superstar Kenny Chesney kennen. Samantha wurde eingeladen, da sie in leitender Funktion in der Konzertagentur arbeitet, die seit Jahren die stets ausverkauften Tourneen des Stars organisiert. Troy erhielt eine Einladung, da er die Kenny Chesney Band mit Gitarren seiner Marke «Troytars» ausgerüstet hatte. Kostenlos natürlich! Im Gegenzug profitiert er von wertvoller Publicity.

An jenem Abend feierte der Superstar eine weitere Top-10-Single mit dem Namen «All the Pretty Girls» von seiner CD «Cosmic Hallelujah». Der Sänger und Songwriter, der 1968 geboren wurde, landete bis dato mehr als 30 Top-Ten-Singles in den Billboard Hot Country Songs Charts.

Für die unglaublich kurze Zeit von nur gerade mal 225 Tagen war Kenny Chesney mit der bekannten Schauspielerin Renee Zellweger verheiratet gewesen. Einer ihrer bekanntesten Kinohits war der Film «Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück».

Nach etwas Smalltalk und ein paar Gin Tonic an der Bar verlinkten sich Samantha und Troy auf LinkedIN und schon wenige Tage später trafen sie sich zum ersten Mal zu einem Kaffee in einem der vielen trendigen Coffeeshops der Music City. Troy liebte seine Ehefrau Cathy auch nach 20 Ehejahren noch immer. Und so gab es wirklich nicht viel gegen ein harmloses und unverbindliches Rendezvous mit der reizenden Samantha einzuwenden. Doch wie er sich täuschte! Die verheerenden Folgen hätte er damals nicht einmal mit extrem viel Fantasie erahnen können.

Schnell bemerkten sie die gegenseitige Anziehungskraft. Und diese wurde mit jedem Treffen grösser. Sie war von seiner Ausstrahlung, seinem Humor, seiner Intelligenz und seinem Erfolg beeindruckt.

Er war von ihrer Offenheit, ihrer Unbeschwertheit, ihrer Lebensfreude und von ihrem gepflegten Äusseren fasziniert, und der Klang ihres Lachens begeisterte ihn jedes Mal von Neuem. Zudem imponierte ihm ihr riesiges Engagement, mit dem sie sich für die perfekte Organisation der Kenny-Chesney-Tourneen einsetzte.

Und so kam es, wie es kommen musste: Sie liessen sich von ihren immer stärker aufflammenden Gefühlen leiten und stillten ihre Lust schon bald in einem Motelzimmer in einem Vorort von Nashville.

Schon beim ersten Mal verführte sie ihn nach allen Regeln der Kunst. Das begann bei ihrem betörend-sinnlichen Parfüm, ihrer sexy Unterwäsche und endete mit einer heissen Nummer im Kingsize-Bett. Dieses erste Mal fühlte sich für Troy einfach zu gut an, um Samantha nicht erneut zu treffen und dadurch seine Ehe mit Cathy aufs Spiel zu setzen.

Nach jedem Rendezvous mit Samantha hatte er das Gefühl, als könne er die ganze Welt umarmen. Sie machte ihn glücklich, zeigte ihm ihre Zuneigung und schenkte ihm ihre Aufmerksamkeit und er konnte es jeweils kaum erwarten, sie wieder zu sehen, ihr Parfüm zu riechen und sie zu berühren.

Er betrachtete es als eine Art «Bonus» für die harte Arbeit, die vielen Kompromisse und die grosse Verantwortung, die er bei der Leitung seiner Firma zu tragen hat.

*****

Troy und Samantha waren am Freitagmorgen getrennt von Nashville nach Miami geflogen. Troy nahm den ersten Direktflug mit American Airlines, der schon um 06.00 Uhr in Nashville abhob und gemäss Flugplan rechtzeitig in Miami landete. Für Samantha buchte er mit einer Prepaid-Kreditkarte einen späteren Direktflug mit American Airlines ebenfalls in der Businessclass.

Sie reisten getrennt, um kein Risiko einzugehen, entdeckt zu werden. Denn: Nashville ist verglichen mit amerikanischen Grossstädten wie zum Beispiel New York, Los Angeles, Chicago, Dallas, Houston oder Phoenix verhältnismässig klein, obwohl auch die Hauptstadt von Tennessee rund 690’000 Einwohner zählt.

Etwas überspitzt formuliert heisst das: Jeder kennt jeden und man weiss nie, wem man auf dem Flughafen über den Weg laufen könnte.

Es wäre natürlich sehr ungeschickt, mit der Geliebten beim Einchecken oder am Gate vom Nachbarn oder von einem Mitglied des Golf-Clubs entdeckt zu werden.

Troy gab seiner Ehefrau vor, mit Rick Hart, seinem Holzlieferanten in Miami über Bestellungen für die Produktion einer neuen Gitarrenserie zu sprechen. Zudem wollte ihm Rick sein neues Logistikzentrum mit Holzlager und modernster Infrastruktur präsentieren.

Den Abschluss sollte ein gemeinsames Wochenende mit seinem Lieferanten auf Marco Island machen. So, wie das in langjährigen Geschäftsbeziehungen hin und wieder vorkommen kann. Und er als Kunde war eingeladen.

*****

Nach seiner Ankunft in Miami – vor zwei Tagen, also am letzten Freitag – meldete sich Troy Fisher zuerst via WhatsApp-Nachricht bei seiner Ehefrau Cathy: «Hi Baby, bin gut in Miami gelandet. Love you.» Dann nahm er bei Hertz den Mietwagen, eine schwarze Corvette Cabriolet, in Empfang und traf Rick Hart, seinen Geschäftspartner, in der Nähe des Flughafens für ein kurzes Meeting. Dabei besprachen sie die neuen Bestellungen. Zumindest dieser Teil der Geschichte, die er Cathy als Grund für seine Reise nach Florida aufgetischt hatte, stimmte.

Troy benötigt dringend neue Holzlieferungen, da seine Firma in Kürze mit der Produktion einer neuen Gitarrenlinie mit drei Modellen starten wird. Diese sollen vor allem Gitarristen ansprechen, welche eine qualitativ hochwertige Western-Gitarre mit kräftigem Sound und einem erstklassigen Tonabnehmersystem mit integriertem Stimmgerät suchen.

Die teuerste Gitarre der neuen Serie wird als Exklusivität zum stattlichen Preis von dreitausendfünfhundert Dollar über den Ladentisch gehen. Ein Grund für den hohen Preis des Top-Modells sind die hochwertige Verarbeitung und die Holzarten, die verwendet werden.

Troy Fisher legte bei der Entwicklung grossen Wert darauf, dass die Gitarren sehr leicht zu spielen sind. Oder anders ausgedrückt: Der Saitenabstand darf nicht zu gross sein, damit die Musiker ohne grossen Kraftaufwand auch über längere Zeit hinweg auf dem Instrument spielen können, ohne dass die Finger zu schmerzen beginnen. Die Prototypen hatten von den Testpersonen Bestnoten erhalten. Troy erwartet trotz des hohen Verkaufspreises der teuersten Varianten mit hohen Absatzzahlen.

Rick Hart ist der Inhaber der Holzhandelsfirma «Florida Woods», die alle bedeutenden Holzarten aus Südamerika und Kanada importiert, aber auch Hölzer aus den Wäldern im Norden der USA kauft, bearbeitet, lagert und Kunden in den USA und Europa damit beliefert.

Rick entspricht der Vorstellung, die man von einem Mann hat, der mit Holz arbeitet. Seiner Erscheinung nach könnte er auch Forstwart sein oder Holzhäuser in Kanada bauen. Er ist 45 Jahre alt, verheiratet, 1,90 Meter gross, kräftig gebaut, trägt schwarze, kurze Haare und einen Vollbart. Seine stahlblauen Augen und sein Blick strahlen Entschlossenheit und Willensstärke aus. Meistens ist er mit einer bereits etwas verblichenen Baseball-Mütze unterwegs, auf der das Logo seiner Firma aufgenäht ist. Er liebt die Natur und hält sich in der spärlichen Freizeit gerne in der Nähe des Wassers auf, um zu angeln. Zudem geniesst er auch gerne einen ruhigen Tag auf dem Meer an Bord seiner Yacht.

Doch beim Business kennt er keine Gemütlichkeit. Rick Hart spricht extrem schnell und laut und er ist seinen Geschäftspartnern, Kunden und Mitarbeitern immer mindestens einen Gedankengang voraus.

Troy Fisher bezieht einen Grossteil der benötigten Hölzer seit mehr als zehn Jahren bei Rick Hart. Für die verschiedenen Bauteile der Gitarren, also Kopf, Griffbrett, Decke, Korpus und Steg, verwendet er nur erstklassige Hölzer: So zum Beispiel Zeder aus Kanada und Mexiko, Myrthe aus Kalifornien, Cocobolo aus Guatemala und Mexico, Akazie koa aus Hawaii oder Zirikote aus Mexiko. Denn: Holzart und Güte wirken sich direkt auf die Klangqualität einer Western-Gitarre aus. Form und Saitenabstand entscheiden darüber, wie gut eine Gitarre dem Musiker in der Hand liegt.

Die Gitarrenmanufaktur befindet sich in Franklin, Tennessee, südlich von Nashville in einer länglichen, einstöckigen Gewerbeliegenschaft. Grosse Fenster sorgen dafür, dass stets genügend Licht in die Büro- und Produktionsräume gelangt. Im hintersten Teil befinden sich das Lager und die Spedition.

Troy Fisher beschäftigt 15 Personen, aufgeteilt in die Bereiche Administration, Buchhaltung, Planung, Produktion, Verkauf, Marketing, Lager und Spedition. Die Gitarren werden mittels CAD-Programm entworfen und mit modernen Maschinen produziert. Einige Arbeitsschritte werden von Hand ausgeführt.

In den ersten Jahren arbeitete Troy Fisher fast Tag und Nacht – und dies erst noch alleine. Als sich die ersten Erfolge einstellten, stieg Cathy ins Unternehmen ein. Sie investierte ihre ganzen Ersparnisse in den Auf- und Ausbau der Firma und wurde zur Teilhaberin. Heute ist sie die Finanzchefin von «Troytars» und ist mit 49% am Unternehmen beteiligt.

Obwohl Rick weiss, dass seine Affäre negative Folgen für seine Ehe und die Firma haben könnte, will er sich weiterhin mit Samantha treffen. Seine Ehefrau Cathy will er jedoch nicht über seine Affäre informieren.

Nach der langen Zeit in der Troy und Rick bereits miteinander arbeiten, ist Rick Hart weit mehr als nur ein x-beliebiger Holzlieferant. Der Geschäftsmann ist ein Freund, der Troy sein Wochenendhaus auf Marco Island zur Verfügung stellte, ohne unliebsame Fragen zu stellen.

*****

Kurz nach der Landung erhielt Troy von Samantha eine WhatsApp-Nachricht mit drei Herzchen, der Angabe des Ankunftsterminals und dem Zusatztext: «Kann nicht warten, dich zu fühlen!» Danach fuhr Troy beim Terminal-S-Short-Parking vor, um sie abzuholen.

In ihrem Outfit, bestehend aus High Heels aus schwarzem Veloursleder, schwarzem Mini, roter Seidenbluse und der modischen Ray-Ban-Designer-Sonnenbrille im Retrostil, raubte sie ihm fast den Verstand. Gerne hätte er sie gleich im Auto vernascht, doch dafür war ihre Parkposition völlig ungeeignet. Auf dem Flughafen Miami herrschte am Freitagmorgen Hochbetrieb! Die Menschen bewegten sich wie Ameisen, kamen und gingen. Hektik pur!

Ihre Freude, endlich ein Wochenende ohne Zeitdruck gemeinsam zu verbringen, war riesig. Für Liebesspiele hatten sie an diesem Wochenende für einmal ausnahmsweise genügend Zeit. Auf der ganzen Strecke von Miami, durch den Everglades-Nationalpark bis nach Marco Island, hielt sie seine Hand oder sie kraulte sein Haar. Samantha weiss genau, dass Männer dies ganz besonders lieben, wenn sie Auto fahren. Ab und zu legte sie ihre linke Hand auf seinen rechten Oberschenkel und fuhr mit ihren Fingern näher an seine besonders erotischen Stellen. Aus Jux drückte Troy in jenen Momenten etwas fester aufs Gaspedal.

Die Fahrt dauerte etwas mehr als zwei Stunden. Vom Flughafen in Miami und später auf der Strasse mit der Nummer 41, quer durch die Everglades, bis zu Rick Harts Wochenendhaus.

Dank dem Navigationssystem erreichten sie die zweistöckige Villa auf Anhieb. Sie liegt an bester Lage auf Marco Island. Das schmiedeiserne Doppeltor zum Grundstück war nur mit Zahlencode zu öffnen, den Troy beim Meeting von Rick erhalten hatte. Der Driveway zum Haus führte an hohen Palmen und grossen, perfekt gepflegten Rasenflächen entlang. Links neben dem Haus befand sich eine Dreifach-Autogarage und rechts davon entdeckten sie eine Bootsgarage mit direktem Anschluss an den Verbindungskanal zum Hafen und zum Meer.

Das Haus ist weit mehr als ein einfaches Ferienhaus. Die beeindruckende Villa ist ein Prestigeobjekt und symbolisiert den geschäftlichen Erfolg und den Reichtum von Rick Hart.

In etwas mehr als zwanzig Jahren baute Rick eine äusserst rentable Firma im Holzgeschäft mit mehr als 50 Mitarbeitenden auf. Eine sehr beeindruckende Leistung – ohne Frage!

Nachdem sie die Alarmanlage mit dem zweiten Geheimcode, den ihm Rick verraten hatte, entschärft hatten, betraten sie den Eingangsbereich und liessen ihre Reisetaschen fallen. Kaum war die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen, liess sich Samantha von Troy an die orangefarbene Wand drücken. Samantha wehrte sich keine Sekunde dagegen. Dann küsste er ihren Hals und hauchte in ihr Ohr: «Endlich sind wir ungestört!»

Das exklusive Interieur des Hauses mit dem imposanten Kronleuchter im Eingangsbereich, dem italienischen Marmorboden, der überdimensionalen Sofalandschaft und den modernen Gemälden an den Wänden interessierte sie keine Sekunde.

Sie hatten nur Augen für sich. Er schob ihren Mini hoch, doch Samantha presste ihren Zeigefinger auf seine Lippen und flüsterte: «Nein, warte. Nicht hier. Wir suchen uns einen besseren Ort und machen danach dort weiter, wo wir jetzt aufhören. Ich möchte nicht von der Putzfrau überrascht werden, falls diese plötzlich in der Türe steht!»

Troy war mit dem Vorschlag einverstanden. Doch es war gar nicht so einfach, das überdimensionale Gästezimmer mit Kingsizebett, direkt angrenzendem Bad und französischem Balkon zu finden. Die Dusche entpuppte sich als perfekter Ort, um sich von der Reise frisch zu machen und um dort weiterzufahren, wo sie vor wenigen Minuten abrupt unterbrochen hatten.

Zu diesem Zeitpunkt deutete noch rein gar nichts auf die Tragödie hin, die sich schon bald ereignen und ihr Leben für immer verändern würde.

Am Freitagabend dinierten Troy und Samantha bei Kerzenlicht, dezenter Klaviermusik und einem weiss aufgedeckten Tisch in einem gediegenen Restaurant des JW Marriott Marco Island Beach Resort – mit romantischem Blick direkt aufs Meer. Rick Hart hatte ihnen die Adresse empfohlen und für sie auch gleich den besten Tisch des Hauses reserviert.

Der Abend war traumhaft und das Essen – frischer Lobster, lauwarm serviert, auf gemischten Blattsalaten mit Orangensauce – schmeckte fantastisch. Dazu tranken sie einen Chardonnay aus dem Jahr 2014, hergestellt von der «The Hess Collection Winery» im Napa Valley. Zum Nachtisch gönnten sie sich Vanilleeis mit frischen Erdbeeren, Sahne und frischen Pfefferminzblättern als Dekoration.

*****

Natürlich bekamen Troy und Samantha in ihrer ersten gemeinsamen Nacht fast keinen Schlaf. Immer wieder liebten sie sich von Neuem. Dazu tranken sie vom teuren Champagner, den sie unterwegs in einem Spirituosengeschäft gekauft hatten. Erst in den frühen Morgenstunden schliefen sie ein. Komplett erschöpft, aber glücklich. Genau so, wie sie es sich in ihren schönsten Träumen vorgestellt hatten.

Den Samstag starteten sie gemütlich mit einem Frühstück in einem nahe gelegenen Restaurant namens «Hoot’s Breakfast, Lunch and Dinner», welches ihnen ebenfalls von Rick Hart empfohlen worden war. Sie baten die junge Dame am Empfang um einen Tisch auf der Veranda. Doch leider waren bereits alle besetzt und die Wartezeit für einen der heiss begehrten Plätze hätte 45 Minuten betragen. Sie entschieden, sich mit einem der wenigen freien Tische im Innern zu begnügen. Samantha bestellte Kaffee, frisch gepressten Orangensaft und zum Essen Oatmeal mit Zimt, Bananen und Rosinen. Troy wählte das «All American Breakfast», bestehend aus Rührei, Speck, Würstchen, Pancakes, Toast, Butter, Marmelade sowie Kaffee und Orangensaft.

Den Nachmittag verbrachten sie im grosszügigen Garten der Villa. Hin und wieder kühlten sie sich im überdimensionalen Pool ab und den Durst löschten sie mit Michelob ULTRA Superior Light Bier aus der eisgekühlten Flasche. Am Nachmittag bestellten sie eine Pizza Hawaii in der «Familiengrösse» bei Domino's Pizza Delivery.

Gegen Abend schlug Troy vor, mit der roten Sportyacht des Hausbesitzers, einer Cobalt A40 coupe mit 400 PS, eine Ausfahrt auf dem Meer zu machen. Rick Hart hatte ihm mit einem Augenzwinkern den Schlüssel überreicht und ihm die Funktionsweise des Schiffes detailliert erklärt. Dies mit der Bemerkung: «Normalerweise leihe ich die Yacht, die den Namen ‹Sharky› trägt, niemandem aus. Aber bei dir mache ich eine Ausnahme, denn du verfügst über die notwendigen Papiere und die Erfahrung, eine Sportyacht wie meine Cobalt zu navigieren. Ich rate dir aber dringend davon ab, die volle Leistung des Motors auszureizen.»

Den grandios kitschigen Sonnenuntergang genossen Troy und Samantha auf der Yacht bei einem Jack London Zinfandel von Kenwood aus dem Sonoma Valley. Der Wein passte perfekt zur kalten Platte mit Käse, Oliven, Schinken und Brot auf dem Deck des Schnellbootes. Natürlich konnten sie auch auf dem Schiff kaum die Finger voneinander lassen. Machten sie mal Pause, war es Samantha, die schon bald wieder Troys Aufmerksamkeit suchte, indem sie ihre Nase in seinen vollen, blonden Haaren rieb. Wie ein Kätzchen, das um Aufmerksamkeit buhlt. Erst nach Mitternacht kehrten sie mit «Sharky» zur Villa zurück. Welch ein Glück, dass ihnen Rick Hart sein Haus zur Verfügung gestellt hatte.

Kapitel 2 – Nur weg von hier (Tag 1 – Sonntag, 11. Juni 2017)

Am Sonntagvormittag entschieden sie sich, nochmals mit «Sharky» aufs Meer hinauszufahren, um die leichte Brise zu fühlen und zu chillen. Sie fuhren um ca. 09.30 Uhr los. Dabei bewunderte Troy die teure Yacht von Rick Hart einmal mehr. Die rote Farbe des Buges war ziemlich auffällig und der in Weiss gemalte Namenszug «Sharky» passte perfekt. Zuerst tuckerten sie ganz gemächlich durch den Verbindungskanal zum Hafen und nahmen dann Kurs aufs Meer hinaus. Troy hatte die rechte Hand am Steuerrad und den linken Arm legte er um Samanthas Schultern. Natürlich küssten sie sich während der Fahrt immer wieder. Auch als sie die Geschwindigkeit dieser leistungsstarken Sportyacht – entgegen Rick Harts gut gemeintem Rat – ausreizten und bis ans Limit gingen.

Und dann passierte es: Einen kurzen Moment lang muss Troy abgelenkt gewesen sein. Plötzlich stiessen sie mit einem Jetski-Fahrer zusammen, den er wohl übersehen hatte. Statt anzuhalten und sich um den Fahrer zu kümmern, entschied er sich instinktiv, Fahrerflucht zu begehen. Samantha intervenierte vehement. Sie gab ihm klar zu verstehen, dass sie sein Verhalten nicht billigte. Doch Troy ignorierte sie komplett und sie fingen auf der Rückfahrt zum Haus einen heftigen Streit an.

*****

Jetzt stehen Samantha und Troy wortlos neben dem Kingsizebett, in welchem sie sich noch vor wenigen Stunden heiss liebten und das Schlafzimmer mit dem Duft von Schweiss, Champagner und Sex füllten. Daran erinnern jetzt nur noch zwei leere Gläser und die leere Flasche, die auf einem Nachttisch stehen.

Doch jetzt sind sie weit davon entfernt, auch nur ansatzweise von ihrer Liebesnacht zu träumen, in der sie sich an den verschiedensten Orten des Hauses heiss und intensiv liebten bis sie gegen Morgen müde und glücklich einschliefen.

Nun haben wenige Sekunden der Unachtsamkeit ihr Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Inzwischen hat sich Samantha wieder etwas gesammelt und die Tränen der Verzweiflung sind getrocknet. Aber von ihrer sonst üblichen Fröhlichkeit ist nichts mehr zu spüren. Ihre grossen braunen Rehaugen strahlen Traurigkeit aus, was nicht weiter überrascht, nach allem, was an diesem Sonntagvormittag passiert ist. Beide packen rasch, nachdenklich und wortlos ihre Reisetaschen.

Troy Fisher trägt ein buntes, kurzärmliges Hawaii-Hemd der Marke Tommy Bahama aus einem Baumwoll-Leinen-Gemisch mit gelb-orange-grünem Blumendruck auf blauem Grund. Die dunkelgrünen Shorts und die weissen Sneakers passen perfekt dazu.

Troy betrachtet Samantha aus den Augenwinkeln. Sie ist zwölf Jahre jünger als er und single. Auf ihrem schneeweissen Träger-Top ist der Aufdruck «Love It Or Leave It» zu lesen.

Er liebt ihren Look mit den eng anliegenden, dunkelblauen Jeans-Hotpants mit rot-weissem Bandana, eingesteckt in die Gurtschlaufe und die weissen Skechers Sneakers. Die langen schwarzen Haare hat sie mit einem ebenfalls rot-weissen Stoffhaarband zusammengebunden. Samantha ist schlank und etwa 1,75 Meter gross. Noch nie hat er sie derart traurig und niedergeschlagen erlebt.

In spätestens dreissig Minuten müssen sich Troy und Samantha in die Chevrolet Corvette setzen und nach Miami fahren, um ihre Flieger nach Nashville nicht zu verpassen.

Ob sie es überhaupt durch die Everglades bis zum Miami International Airport schaffen werden, ohne von der Polizei verhaftet zu werden?

Troy glaubt nicht so recht daran und er hat grosse Mühe, einen kühlen Kopf zu bewahren – nach allem, was sich vor wenigen Stunden ereignet hat. Er versucht, seine Nervosität und die aufkeimende Angst zu verbergen.

Dabei hatte der Morgen doch so friedlich begonnen. Sanfter Sex, mal süsse und feurige Küsse im überdimensionalen Bett und Umarmungen, von denen er sich wünschte, sie würden nie mehr enden. Danach Kaffee, Orangensaft, Toast mit Peanutbutter und Früchte. Was für ein friedlicher Start in den neuen Tag. Zumindest bis zu jenem Zeitpunkt. Doch dann passierte dieses verhängnisvolle Unglück.

*****

Troy spürte auf der Rückfahrt zum Haus das erste Mal Samanthas Ablehnung und er fühlte, wie sich eine unsichtbare Wand zwischen ihnen aufbaute.

Zum Glück hatte die Bootsgarage eine Garagentür, um das teure Schiff vor neugierigen Blicken zu schützen. Troy parkte die Yacht im Bootshaus, das sich direkt auf dem Grundstück von Rick Harts Haus befindet.

Weshalb Troy Fahrerflucht beging, liegt auf der Hand. Hätte er die Polizei informiert, hätte er bestimmt viele unangenehme Fragen beantworten müssen und im dümmsten Fall hätte seine Ehefrau Wind von der Sache gekriegt. Nicht auszudenken, wie sie reagieren würde, wenn die wahren Gründe seiner Geschäftsreise ans Licht kämen. Sie, die damals ihre gesamten Ersparnisse in sein Unternehmen investiert hatte, würde wohl sofort und ohne zu zögern die Scheidung einreichen.

Trotzdem fragt sich Troy seit dem Unfall ununterbrochen, wie es wohl um die Gesundheit des Jetski-Fahrers steht, den er gerammt hat und ob es Zeugen gibt. Zudem überlegt er sich verzweifelt, wie er verhindern kann, dass die Polizei eine Verbindung vom verunfallten Jetski-Fahrer zu Rick Hart und ihm herstellt.

Er rechnet damit, dass die Polizei im schlimmsten Fall schon in wenigen Minuten vor der Tür steht, um sie zu verhaften.

Troy versucht, seine negativen Gedanken zu verdrängen, um eine Lösung zu finden. Sein Puls rast, seine feuchten Hände zittern und er atmet so heftig, als hätte er gerade einen 100-Meter-Sprint absolviert.

Plötzlich hat er eine Idee. Samantha hört sich seinen verwegenen Vorschlag an, schüttelt ungläubig den Kopf und antwortet: «Bist du jetzt von allen guten Geistern verlassen? Das wird niemals funktionieren. Da mache ich nicht mit!»

Kapitel 3 – Aufbruch (Tag 1 – Sonntag, 11. Juni 2017)

Troy antwortet nervös: «Komm schon, Samantha. Ich brauche deine Hilfe. Wir müssen diesen Plan umsetzen. Oder hast du eine bessere Idee?»

Samantha schüttelt den Kopf. Bis jetzt hat Troy alle ihre Bedenken wegen der Fahrerflucht ignoriert und ihre Einwendungen endeten mit einem Streit.

Troy geht nicht auf ihre nonverbale Kommunikation ein und gibt stattdessen Anweisungen: «Wir müssen weg von hier, bevor die Polizei aufkreuzt. Zudem dürfen wir unsere Flüge nicht verpassen. Lade unser Gepäck ins Auto, nimm meine Shorts, mein Hawaii-Hemd und meine Sneakers – sowie ein Badetuch, damit ich mich später trocknen und ankleiden kann. Schliesse die Haustüre und schalte die Alarmanlage ein. Fahr dann mit der Corvette zum südlichen Ende des Hafens und warte auf dem Parkplatz des Restaurants, bei dem wir am Freitagabend assen, auf mich. Ich werde zu Fuss dorthin kommen, nachdem ich meinen Plan umgesetzt habe.»

Mit ihren grossen Augen schaut sie ihn erneut ungläubig an. Sie hat ein schlechtes Gefühl bei der Sache, doch sie schweigt.

Rasch entledigt er sich seines Hemdes, seiner Shorts und seiner Unterwäsche. Dann zieht er seine Badehose und ein T-Shirt an, schlüpft in seine Flipflops und setzt seine Baseballmütze und die Sonnenbrille auf.

Er atmet dreimal tief durch und umarmt Samantha zum Abschied. Doch nur für einen kurzen Moment, denn die Stimmung ist angespannt und sie dürfen keine Zeit verlieren.

Nach einem kurzen «pass auf und bis später» geht Troy vorsichtig, aber bestimmt und so, als wäre nichts passiert, zum Bootshaus.

Dort angekommen, schliesst er die Türe auf, betritt das Bootsgarage und schaut sich darin um. Auf einem Regal im hinteren Teil entdeckt er ein Seil und prüft dessen Stabilität. Nach dem Check wirft er es aufs Boot. Dann öffnet er die Garagentüre und blickt nach draussen. Kein Mensch weit und breit. Auch der Verbindungskanal zum Hafen bzw. zum Meer ist frei. Er atmet erneut tief durch und sagt zu sich: «Jetzt gibt es keinen Weg mehr zurück, aber das ist die einzige Lösung für unser Problem.»

Troy Fischer ist handwerklich sehr geschickt und so ist es für ihn ein Kinderspiel, das Seil so zu befestigen, dass er seinen Plan umsetzen kann. Ein Ende knotet er am barstuhlähnlichen Sessel des «Captains» fest. Dann misst er die Distanz zum Steuerrad. Wenn er erst mal auf dem Meer ist, wird er das andere Ende des Seiles so fixieren, dass das Schiff gerade aufs Meer hinausfahren wird. Dann wird ihm nur wenig Zeit bleiben, um ins Wasser zu springen und ans Ufer zurückzuschwimmen.

«Jetzt ruhig Blut», denkt er und startet den Motor. Vorsichtig steuert er die Yacht aus dem Bootshaus hinaus. Er passiert ein paar imposante Villen, doch er hat keine Zeit, diese zu bewundern. Er ist hoch konzentriert und fokussiert. Zum Glück sind die Leute in ihren Gartenanlagen und Swimmingpools viel zu beschäftigt, um ihn zu beachten.

Nach wenigen Minuten erreicht er den Hafen und steuert die Yacht an vielen Schiffen vorbei. Ein paar Momente später verlässt er die Hafenanlage wieder und fährt auf dem Meer dem Ufer entlang bis auf die Höhe des Restaurants. Dort dreht er das Schiff so, dass es in Fahrtrichtung «offene See» gerichtet ist.

Jetzt fixiert er das andere Seilende am Steuerrad, damit die Yacht ihre Fahrtrichtung nicht mehr ändern kann, wenn er von Bord geht. Wenn sein Plan funktioniert, wird sie langsam auf die offene See hinaus tuckern.

Troy Fisher blickt sich erneut um. So wie es aussieht, sind keine anderen Motor- und Segelboote oder Personen in seiner Nähe. Vorsichtig drückt er den Gashebel nach vorne, um das Tempo leicht zu erhöhen. Sofort nimmt das Schiff etwas an Fahrt auf. «Genauso muss es sein», denkt er. Seit längerer Zeit huscht wieder einmal ein Lächeln über sein Gesicht.

Dann atmet er tief ein und springt, ohne zu zögern, über Bord ins lauwarme Meerwasser. Als er wieder auftaucht, sieht er, dass sich das Schiff bereits einige Meter von ihm entfernt hat. Sein Plan scheint zu funktionieren.

Zum Glück befindet er sich nicht zu weit weg vom Ufer, sodass er ohne grosse Anstrengungen zurückschwimmen kann. Als wäre nichts geschehen, steht er wenige Meter vor dem Ufer auf und schlendert, so als wäre er ein unbescholtener Tourist über den Sandstrand bis zum Parkplatz. Dort dreht er den Kopf, blickt aufs Meer hinaus und sieht, wie sich die rote Sportyacht langsam von ihm entfernt. Dabei denkt er: «Da schwimmt gerade eine halbe Million Dollar davon.»

Sein Gefühl sagt ihm, dass er von niemandem beobachtet wurde. Wenn er sich da nur nicht täuscht.

Kapitel 4 – Spurensuche (Tag 2 – Montag, 12. Juni 2017)

Die Polizei von Marco Island trifft sich um neun Uhr in ihrem kleinen Büro zum Morgenrapport. Die Polizisten sitzen an einem rechteckigen Tisch, jeder mit Notizblock, Schreiber und einer Tasse Kaffee vor sich. Auch heute werden die Temperaturen wieder auf über 30 Grad steigen. Der Raum wird deshalb schon jetzt mit einer Klimaanlage gekühlt. Officer Les Carpenter wird von seinem Vorgesetzten gebeten, über den verunfallten Jetski-Fahrers zu informieren.

Bevor er die Fakten nennt, trinkt er einen Schluck Kaffee, schwarz wie die Nacht und ohne Zucker. Dann stellt er die Kaffeetasse, auf der sich das Logo des Marco Island Police Departments befindet, auf den grauen Besprechungstisch: «Leute, gleich zum Wochenstart haben wir es mit einem schweren Jetski-Unfall zu tun. Der verunglückte Mann wurde gestern Abend von der Küstenwache geborgen, nachdem man unter anderem mittels Hubschrauber nach ihm gesucht hatte. Im Krankenhaus wurde er von den zwei Personen, die ihn am Nachmittag als vermisst gemeldet hatten, identifiziert. Sein Name ist Joe Baker.»

Nach einer kurzen Pause fährt er fort: «Das wissen wir bis jetzt: «Mr Baker hat den Jetski am Sonntagvormittag auf Marco Island bei ‹Wave-Runner-Rentals› gemietet. Gegen 09.30 Uhr ist er ohne Neoprenanzug, nur mit Schwimmweste, mit der gemieteten Yamaha V1 Deluxe losgefahren. Freunde von ihm, mit denen er verabredet war, meldeten ihn um 16.10 Uhr als vermisst, da er nicht zum vereinbarten Zeitpunkt bei ihnen erschienen war. Um 17.10 Uhr fanden unsere Leute den Mietwagen von Mr Baker vor dem Geschäft, wo er den Jetski gemietet hatte. Kaum zu glauben, aber der Vermieter bemerkte nicht, dass der Jetski nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zurückgebracht worden war. Er sagte, ‹dies sei zu seinem Bedauern beim Schichtwechsel von zwei seiner Mitarbeitenden komplett untergegangen›. Zu allem Übel wurden auch keine GPS-Daten mit der Route aufgezeichnet, da es der Vermieter unterlassen hatte, die Rechnungen des Service-Providers zu bezahlen. Die Folge davon war, dass der Trackingdienst nichts mehr aufgezeichnet hat. Auch Mr Bakers Smartphone leistete uns keine Hilfe, da er es in seinem Mietwagen zurückgelassen hatte. Wir konnten ihn also auch nicht mithilfe seines Smartphones ‹tracken›, da er es nicht auf Mann trug. Diese unglückliche Verkettung von Zufällen machte die Suche zu einer fast unlösbaren Aufgabe. Aber wie schon erwähnt, entdeckte die Küstenwache Mr Baker kurz nach 21 Uhr hilflos am Strand von Morgan Island liegend und brachte ihn ins Krankenhaus. Dort befindet er sich noch immer.»

Einer der Polizisten hebt den Arm und fragt: «Ist die Unfallursache schon bekannt, was kannst du konkret zum Zustand des Verunglückten sagen und wurde der Jetski schon gefunden?»

Les Carpenter antwortet: «Der Mann weist einige Verletzungen auf. Er wurde noch gestern Nacht operiert. Arme und Beine sind gebrochen, genauso wie einige Wirbel. Dazu hat er jede Menge Quetschungen, Schürfwunden und Erinnerungslücken. Dies lässt vermuten, dass er von einem Schiff oder von einem anderen Jetski-Fahrer gerammt wurde. Wir werden unmittelbar nach dem Rapport versuchen, den von Mr Baker gemieteten Jetski zu finden. Vielleicht hilft uns dies weiter, die Unfallursache zu eruieren.»

An diesem Morgen müssen keine anderen gravierenden Vorfälle besprochen werden. Es gab in der Nacht zum Glück keine schweren Autounfälle, keine Einbrüche und keine Fälle von häuslicher Gewalt auf der Insel, sodass sich die vier Polizisten zur Stelle begeben, an der Joe Baker gestern Abend aufgefunden und geborgen wurde. Dort suchen sie den Strand nach hilfreichen Hinweisen und Spuren ab.

Bereits nach 10 Minuten findet einer der Polizisten einen Jetski der Marke Yamaha. Modell, Farbe und Nummer stimmen mit den Papieren des Vermieters überein. Volltreffer!

Die vier Polizisten betrachten die defekte Maschine und sorgen dafür, dass sie zur Untersuchung ins Polizeipräsidium nach Naples gebracht wird.

Am Abend liegen die Resultate der Spurensicherung vor. Auf der rechten Seite des Jetskis wurde rote Farbe festgestellt, die nicht mit den Originalfarben, weisse Grundfarbe und blaue, waagrechte Zierstreifen des Jetskis, übereinstimmen.

Für die Polizei sind die nächsten Schritte klar. Sie muss nach einem roten Boot, einer roten Sportyacht oder einem anderen Jetski mit roter Farbe suchen. Segelboote kommen kaum infrage.