Fein, aber oho! - Anja Bätscher - E-Book

Fein, aber oho! E-Book

Anja Bätscher

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Beschreibung

Hast du dich schon einmal gefragt, warum du Dinge anders wahrnimmst als deine Mitmenschen? Ist es dir schon mal vorgekommen, dass du zwischenmenschliche Schwingungen körperlich regelrecht gespürt hast? Fühlst du dich von großen Menschengruppen und lauten Geräuschkulissen immer wieder angestrengt? Dann kann es sein, dass du die Gabe der Hochsensibilität hast. Dieses Buch hilft dabei, dich selbst besser zu verstehen und auch die eigenen Grenzen genauer einzuschätzen. Und es zeigt Wege, die Gaben und Talente, die eine Hochsensibilität mit sich bringt, mehr zu schätzen und positiv zu nutzen.

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Über die Autorin

Anja Bätscher lebt im Berner Oberland, am Fuß der wunderschönen Schweizer Alpen. Sie verbringt gerne Zeit in der Natur und mit Musik und Gesang. Eine Welt ohne die kleinen, schönen Dinge kann sie sich nicht vorstellen. Seit ihrer Kindheit liebt sie es, Geschichten zu lesen und zu schreiben. So entstanden einige Kurzgeschichten, Kindermusicals und Kurzandachten. In ihrem ersten Buch „Fein, aber oho“ erzählt sie von ihren Erfahrungen mit der Hochsensibilität.

Inhalt

Einleitung

Du kannst das nicht

Ich bin nicht krank, nur anders

Was ist eine hochsensible Person?

Die Sache mit dem Cortisol

Das Persönlichkeitsmodell des Enneagramms

Was ist eine Überstimulation?

Was ist der Kleinkindkörper?

Auch gute Eindrücke reizen das Nervensystem

Die Sprache des Herzens

Die Innen- und Außenzeiten aushalten

Ein kleiner Rückspiegel

Die hochsensible Person als Lastenträger

Steh auf und leuchte

Vergleichen verboten

Du bist unendlich geliebt

Du bist stärker, als du denkst

Verantwortung zu übernehmen ist wichtig

Es ist okay, wenn es nicht okay ist

Wie treffe ich weise Entscheidungen

Hochsensibilität ist keine Frauensache

Du kannst wachsen und lernen

Zum Schluss

Mitten aus dem Leben

Anmerkungen

Einleitung

„Hochsensibel? Was meinst du eigentlich damit?“, wird während eines Gesprächs die Frage an mich gerichtet.

Ich öffne meinen Mund und möchte antworten, doch tausend Worte rauschen durch mein Gehirn. Unter dem skeptischen Blick meines Gegenübers bildet sich langsam ein Satz, den ich aber gleich wieder verwerfe. Wie soll ich bloß auf die Schnelle verständlich erklären, was in mir vorgeht, wenn ich so vieles selbst noch nicht verstehe? Wie soll ich von meinen feinen Sensoren erzählen, ohne mein Gegenüber als unsensibel hinzustellen? Zögerlich stammle ich einige Worte über laute Geräusche und intensive Wahrnehmung.

„Ja, das kenn ich. Geht mir auch so“, kommt die prompte Antwort zurück.

Ich fühle mich unverstanden und mein Gegenüber reagiert pikiert. Aufgrund vieler solcher Erlebnisse entstand mein Wunsch, aufzuschreiben, wie ich meine Hochsensibilität entdeckt und anschließend gelernt habe, die schöne Seite der Medaille nach vorne zu drehen. Dies sind meine persönlichen, derzeitigen Erkenntnisse, die jedoch nicht annähernd abgeschlossen sind.

Hochsensibilität ist eine Gabe, ein Geschenk Gottes, das es wert ist, gefeiert zu werden. Wir Menschen sind alle verschieden. Auch Hochsensible kann und darf man niemals in eine Form quetschen. Das wäre schade, sind wir doch von einem überaus kreativen Gott erschaffen worden, dem die Ideen niemals ausgehen. Ich wünsche mir, dass meine Erlebnisse dich neugierig machen und du dich selbst auf den Weg machst, deine (mögliche) Hochsensibilität zu entdecken oder einfach deinen Horizont zu erweitern.

Das Buch Zart besaitet von Georg Parlow1 hat mein Leben verändert und mir geholfen, mich selbst besser zu verstehen. Vieles, was du hier lesen wirst, ist geprägt von seinen Gedanken.

Etwas ganz Wesentliches, das sich nicht von mir trennen lässt, ist mein Glaube an Gott. Ich glaube, dass es einen Schöpfer gibt, der mich genauso gemacht hat, wie ich bin. Ich glaube, dass sein Sohn Jesus auf diese Erde gekommen ist und unschuldig am Kreuz starb. Damit nahm er alle Schuld, alle Krankheit und alle Schwachheit auf sich und versöhnte mich mit Gott. Durch seinen Tod und seine Auferstehung, die wir an Karfreitag und Ostern feiern, gab er mir eine Identität, die nichts mit Stärke oder Begabung zu tun hat und auch nicht damit, was ich alles leisten kann.

Ich bin eine Königstochter. Geliebt und genug so, wie ich bin. Aber ich bin auch fest davon überzeugt, dass Gott jede Menge Potenzial in uns alle gepflanzt hat. Wir können beständig wachsen und lernen. Das ist ein Prozess, der niemals aufhört.

Es könnte jedoch gut sein, dass es dir in der Auseinandersetzung mit dem Thema Hochsensibilität so ergeht wie mir: Als ich anfing, meine Hochsensibilität zu entdecken, erschien es mir, als würde ich immer empfindlicher werden. Ich erschrak darüber, denn ich wollte doch meinen Rahmen weiter stecken und nicht enger. Ich wollte doch stärker werden und nicht schwächer.

Sei unbesorgt, das wird sich meiner Erfahrung nach wieder legen. Ein Fleck an der Wand wird auch immer größer, je länger du darauf schaust. In der Zeit, in der ich mich intensiv mit dem Thema befasst habe, nahm ich meine starken Empfindungen noch stärker wahr. Ich wurde aufmerksamer und achtete auf jedes Detail.

Mittlerweile verbringe ich nicht mehr so viel Zeit mit Analysieren und Forschen, denn ich konnte viele grundlegende Erfahrungen machen und an Wissen gewinnen, was mir nun in meinem Alltag weiterhilft. Natürlich gibt es immer wieder Zeiten, in denen ich mich wieder einmal mehr mit der Thematik befasse, aber ich denke nicht ständig über meine Hochsensibilität nach. Ich führe ein ganz normales Leben, habe Träume und Ziele, die mein Denken füllen, und genieße das Leben.

Lass mich dich nun mitnehmen auf einen kleinen Teil meiner Reise.

Du kannst das nicht

Ich weiß noch sehr gut, wie ich mitten in einer großen Gruppe von Kindern stand. Wir waren vermutlich 30 oder 40, ich weiß es nicht mehr genau. Damals war ich zwölf Jahre alt und liebte es, zu singen. Wir übten einige Lieder ein, die wir später an diesem Tag mit einem großen Streichorchester singen sollten. Ich war begeistert und freute mich sehr darauf.

Es gab keinen besonderen Auslöser, aber plötzlich kippte meine Stimmung von einer Sekunde auf die andere. Mitten in einem Lied überwältigte mich eine Welle von … ja, wovon? Ich wusste es nicht. Mein Hals schnürte sich zu und ich begann zu schwitzen. Panik, die ich nicht mehr kontrollieren konnte, machte sich in mir breit und ich fing an zu weinen. Schließlich verfolgte ich das Konzert dann neben meinem Vater vom Zuschauerraum aus. Ich lauschte den wunderschönen Klängen und hatte immer noch Mühe, die Tränen zurückzuhalten.

Alle glaubten, dass ich Angst hatte, weil ich nicht bei meinen Eltern war, und ich dachte das auch. Damals ahnte ich noch nicht, dass hinter diesem Erlebnis etwas ganz anderes steckte.

Das wird vergehen, dachte ich. Du wirst erwachsen werden, und dann wirst du selbstständig sein. Und solche Dinge werden dir nicht mehr passieren.

Ich war nicht viel älter, als ich mit allen vier Klassen meines Jahrgangs in ein Skilager fuhr. Und ich erinnere mich noch gut an den ersten Abend, als ich mitten in einer Meute von etwa 60 Teens zu Abend essen sollte. Links und rechts von mir streiften meine Arme an die meiner Sitznachbarn und mein Rücken befand sich nur wenige Zentimeter vom nächsten Rücken entfernt. Es war unglaublich laut und stickig und der Lärmpegel steigerte sich stetig. Der Drang, aus diesem engen und niedrigen Raum zu rennen, war überwältigend. Doch es war mir unmöglich, mich aus meinen menschlichen Gefängnismauern zu befreien. Also sank ich in mich zusammen und hielt durch.

Am nächsten Morgen konnte ich beim besten Willen nicht aufstehen. Ich hatte Fieber und fühlte mich elend. Deshalb wurde ich nach einigem Hin und Her nach Hause gebracht. Auf wundersame Weise war ich jedoch schon wieder gesund, als ich zu Hause ankam.

Solche plötzlich auftretenden Symptome waren nicht die einzigen. So entwickelte ich bereits als kleines Kind, laut Aussage meiner Mutter, hin und wieder einen Hautauschlag, der aussah, als hätte ich Scharlach, oder meine Hände waren über und über mit kleinen Warzen voll. Doch meistens verschwand alles wieder so plötzlich, wie es gekommen war.

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich noch heute an ein Gedankenmuster, das mir vermeintlich half, wenn ich mich aus meinem gewohnten Umfeld hinauswagen musste. Ich beruhigte mich dann mit dem Gedanken: Wenn ich es nicht schaffe, werde ich einfach krank. Tatsächlich hat das sogar eine Weile funktioniert. Doch ich wurde älter und konnte nicht bei jeder Herausforderung einfach krank werden.

Zehn Jahre später plante ich, gemeinsam mit einer Freundin auf Mallorca Ferien zu machen. Eine Woche Sonne, Sand und Meer. Leider konnte ich mich jedoch nicht darauf freuen. Jedes Mal, wenn ich an diesen Urlaub dachte, wurde mir ganz schwummerig, denn ich war bis dahin noch nie geflogen. Doch es war nicht nur das. Selbst die Aussicht, meine Zehen im warmen Sand zu vergraben, konnte mich nicht beruhigen.

Um meine Bedenken zu verscheuchen, versuchte ich mir alles vor Augen zu malen, worauf ich mich freuen konnte. Aber stattdessen schienen all die Dinge, die ich sonst liebte, bedrohlich zu sein. Alles, was ich mir vorstellte, wirkte wie aus einem alten, gruseligen Film in schlechter Qualität. Schließlich versuchte ich, diese Dinge zu verdrängen, indem ich einfach so tat, als würde ich nicht fliegen.

Einen Tag vor unserer Abreise musste ich mich wohl oder übel mit der Reise auseinandersetzen. Aber anstatt meinen Koffer zu packen, lag ich weinend und zitternd auf meinem Bett und dachte, ich müsste sterben. Ich war unbeschreiblich wütend auf mich selbst und hasste mich und meinen Körper für diese Reaktion. Warum reagierte ich so, ich war doch jetzt erwachsen, oder etwa nicht? Was war bei mir nur schiefgelaufen?

Letztlich rief ich meine Freundin an und erklärte ihr, dass ich nicht mit ihr nach Mallorca fliegen würde. Glücklicherweise konnte eine gemeinsame Freundin spontan für mich einspringen. Auf diese Weise musste ich mich nicht auch noch mit dem Gedanken herumschlagen, meiner Freundin die Ferien verdorben zu haben. Doch mit dem Wissensstand, den ich bis dahin über meine Gefühle und Reaktionen hatte, war es unmöglich, mir mein Verhalten zu verzeihen.

Die in diesem Kapitel berichteten Geschichten sind nur diejenigen, die mehr Aufsehen erregt haben, aber sie wurden umrahmt von unzähligen weiteren kleinen Erlebnissen, die mir alle dieselbe Botschaft vermittelten: Du bist ein Versager! Auch wenn meine Familie das Gegenteil behauptete, die Botschaft an mich selbst war immer dieselbe: Du. Kannst. Das. Nicht.

Ich bin nicht krank, nur anders

Diese Botschaft an mich selbst verselbstständigte sich zusehends, und ich begann, sie mehr oder weniger zu akzeptieren. Meistens meisterte ich mein Leben einigermaßen. Doch mit Mitte 20 befand ich mich an einem neuen Tiefpunkt. Ich war für einige Wochen krankgeschrieben worden. Der Arzt sprach von einer Überlastungsdepression. Ich wusste nicht recht, was das für mich bedeutete und wie mein Leben nun weitergehen sollte. Ich wusste nur, dass ich müde war. So müde, dass ich am Morgen manchmal nicht wusste, ob ich es jemals schaffen würde aufzustehen.

Ich bin Gott sehr dankbar, dass es mir nach wenigen Wochen schon wieder recht gut ging. Ich fühlte mich sogar stark genug, an einer Veranstaltung unserer freikirchlichen Gemeinde teilzunehmen. Dort hörte ich zum ersten Mal etwas über das Thema Hochsensibilität, und bereits beim Zuhören ahnte ich, dass ich gerade dabei war, etwas ganz Wichtiges für mein Leben zu entdecken. Wir erhielten ein Blatt mit einem Fragebogen zum Thema Hochsensibilität und diese Fragen haben meinen Blick auf mich selbst auf den Kopf gestellt.

Wie hochsensibel bist du?

Wenn du herausfinden möchtest, ob du auch eine hochsensible Person bist, dann kannst du auf diesem Fragebogen die Punkte ankreuzen, die auf dich zutreffen.2

Starke Sinneseindrücke überwältigen mich leicht.

Ich kann subtile Veränderungen in meiner Umgebung bemerken.

Die Stimmungen und Gefühle anderer Menschen beeinflussen mich.

Ich bin sehr schmerzempfindlich.

An Tagen, an denen viel los ist, habe ich das Bedürfnis, mich zurückzuziehen – ins Bett, in ein dunkles Zimmer oder in einen anderen Raum, in dem ich mich in Ruhe erholen kann.

Ich reagiere stark auf Koffein.

Ich werde leicht überwältigt von Reizen wie grellem Licht, starken Gerüchen, rauer Kleidung oder Sirenengeräuschen in meiner Nähe.

Ich habe ein reiches, komplexes Innenleben.

Bei lauten Geräuschen fühle ich mich unwohl.

Die Wahrnehmung von Musik/Kunst bewegt mich zutiefst.

Manchmal bin ich nervlich so angespannt, dass ich nur noch allein sein möchte.

Ich bin gewissenhaft.

Ich bin schreckhaft.

Ich werde unruhig, wenn ich in kurzer Zeit viel zu erledigen habe.

Wenn sich andere unwohl fühlen, weiß ich oft, was man verändern sollte, damit sie sich wohler fühlen.

Ich werde ärgerlich, wenn man von mir erwartet, dass ich mehrere Sachen auf einmal erledigen soll.

Ich bin sehr darum bemüht, keine Fehler zu machen und nichts zu vergessen.

Ich vermeide Filme und Fernsehsendungen mit Gewaltszenen.

Ich gerate in einen unangenehmen Zustand der Erregung, wenn zu viel um mich herum vorgeht.

Wenn ich sehr hungrig bin, beeinträchtigt das meine Stimmung und Konzentration ausgesprochen stark.

Veränderungen in meinem Leben wühlen mich auf.

Ich registriere und genieße feine Düfte, gutes Essen, Klänge oder Kunstwerke.

Ich finde es sehr unangenehm, wenn ich mich mit mehreren Sachen gleichzeitig beschäftigen muss.

Für mich hat es eine hohe Priorität, mein Leben so zu organisieren, dass ich Situationen vermeiden kann, in denen ich ärgerlich werde oder mich überwältigt fühle.

Mich stören starke Reize wie laute Geräusche oder chaotische Szenen.

Wenn ich mit anderen konkurriere oder bei meiner Arbeit beobachtet werde, macht mich das so nervös und unsicher, dass ich schlechter abschneide, als ich eigentlich bin.

Als Kind wurde ich von meinen Eltern und Lehrern als sensibel und schüchtern bezeichnet.

Wenn du mehr als 14 dieser Punkte angekreuzt hast, gehörst du zu den hochsensiblen Menschen. Willkommen im Club der besonders Begabten!

Mit 25 von 27 angekreuzten Punkten war mir klar: Ich bin hochsensibel. Dieses Aha-Erlebnis war eine unglaubliche Befreiung für mich. Zu realisieren, dass ich nicht die Einzige war, die anders tickte, und meine Empfindungen in Worte gefasst und aufgeschrieben zu sehen, tat einfach gut.

Ich wusste nun: Bei mir ist nichts schiefgelaufen. Ich bin nicht krank, ich bin nur anders. Doch diese Erkenntnis führte sogleich zu vielen neuen Fragen: Inwiefern bin ich anders? Auf welche Weise beeinflusst mich meine Hochsensibilität? Was muss ich akzeptieren? Woran kann ich arbeiten? Was gilt es zu überwinden?

Die Entdeckung meiner Hochsensibilität war erst der Anfang einer herausfordernden, aber überaus spannenden Reise in Welten, von denen ich bisher noch nichts gewusst hatte. Und diese Reise ist noch lange nicht zu Ende.

Was ist eine hochsensible Person?