Feindliche Übernahme - Thilo Sarrazin - E-Book

Feindliche Übernahme E-Book

Thilo Sarrazin

0,0
16,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Inwieweit bilden der Islam und der stetig wachsende Anteil der Muslime in Deutschland und Europa eine Gefahr für die Zukunft der westlichen Gesellschaft und für unser Lebensmodell? Sind die unguten Gefühle gegenüber dem Islam unbegründet oder haben sie einen rationalen Kern? In keinem Land der muslimischen Welt gibt es Religionsfreiheit und eine funktionierende Demokratie. Alle Tendenzen, den Islam zu reformieren und ihn historisch-kritisch zu interpretieren, sind weitgehend gescheitert. Die Fanatisierung der Muslime nimmt sogar zu. Die Reformhemmnisse sind im Koran selber angelegt. Die Integrationsdefizite der Muslime, die Unterdrückung der Frauen und der Geburtenreichtum der Muslime sind eine Folge der kulturellen Prägung durch den Islam und stellen eine große Bedrohung für Kultur und Gesellschaft dar, vor der wir uns schützen müssen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 713

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Thilo

Sarrazin

Feindliche

Über-

nahme

Wie der Islam

den Fortschritt behindert

und die Gesellschaft

bedroht

Mit dem Urteil vom 12.05.1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite gegebenenfalls mit zu verantworten hat. Dies kann, so das Landgericht, nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Wir haben in diesem E-Book Links zu anderen Seiten im World Wide Web gelegt. Für alle diese Links gilt: Wir erklären ausdrücklich, dass wir keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten haben. Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten in diesem E-Book und machen uns diese Inhalte nicht zu Eigen. Diese Erklärung gilt für alle in diesem E-Book angezeigten Links und für alle Inhalte der Seiten, zu denen Links führen.

Originalausgabe © 2018 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Redaktion: Dr. Annalisa Viviani

© 2024 LMV, ein Imprint der Langen Müller Verlag GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: BÜRO JORGE SCHMIDT, München

Satz Vorwort: Langen Müller Verlag, Ralf Paucke

Ebook Konvervierung: Satzwerk Huber, Germering

ISBN: 978-3-7844-8491-4

www.langenmueller.de

Inhalt

Vorwort zur neuen Ausgabe

Einleitung

Kapitel 1Die Religion des Islam

Der Inhalt der koranischen Offenbarung

Hadithe und Scharia

Islamische Glaubensrichtungen

Der Islam und die weltliche Herrschaft

Islamismus und Terrorismus

Ein europäischer Islam?

Die islamische Prägung: Mentalitätsaspekte der koranischen Offenbarung

Kapitel 2Die islamische Staatenwelt von Arabien bis ­Indonesien

Eine kurze Geschichte der islamischen Welt

Die Position der islamischen Staaten in der modernen Welt

Demografisches Gewicht

Wirtschaftliches Gewicht

Stellung in Wissenschaft und Technik

Stabilität, Demokratie, Krieg und Frieden

Der regionale Blick

Arabische Länder

Subsahara-Afrika

Türkei

Iran

Zentralasien

Der indische Subkontinent

Südasien

Zwischenresümee

Kapitel 3Problemzonen islamischer Gesellschaften

Religion und Kultur

Kognitive Kompetenzen

Das Verhältnis der Geschlechter und die Rolle der Frau

Das Zerwürfnis mit der Moderne und der Vormarsch des konservativen Islam

Der heilige Text als Gefängnis des Denkens

Religion vor Demokratie und Menschenrechten

Religiöser Fundamentalismus und Terror

Kapitel 4Die Muslime in den Gesellschaften des ­Abendlandes

Demografische Fakten und Perspektiven

Die Zahl der Muslime in Deutschland und Europa

Das Zusammenwirken von Einwanderung, Altersaufbau, ­Familiennachzug und Kinderzahl

Die andere Gesellschaft

Zur sozioökonomischen Situation der Muslime in Deutschland und Europa

Kognitive Kompetenzen

Arbeitsmarktbeteiligung und Transferabhängigkeit

Kriminalität

Mentale Aspekte und ihre Folgen

Parallelgesellschaften

Die Rolle der Verbände und Moscheegemeinden in Deutschland

Radikalisierung und Terrorismus

Zwischenresümee

Die Stellung der Frau und der muslimische Kinderreichtum

Die Interpretation der Kopftuchfrage

Heiratsverhalten und Geburtenhäufigkeit

Schleichende Islamisierung durch Einwanderung und Geburtenzahl

Kapitel 5Was man tun muss

Ehrfurcht vor der Religion darf den Islam nicht vor ­Kritik schützen

Geistige Engführungen dürfen nicht unser Denken behindern

Befreiung der Einwanderungspolitik von Ideologie und Wunschdenken

Eine der islamischen Welt zugewandte und ernsthafte Außen- und Entwicklungspolitik

Robuste und realistische nationale Islampolitik

Schlussbemerkung

Dank

ANHANG

Register

Anmerkungen

Tabelle 1: Demografische Eckdaten 1950-2100

Tabelle 2: BIP in Kaufkraftparitäten 2016

Tabelle 3: Indikatoren für Demokratie, Pressefreiheit, Korruption

Vorwort zur neuen Ausgabe

Trotz einer christlichen Erziehung und eines entsprechend geprägten sozialen Umfelds hatte sich mein Blick auf die Welt schon in meinen letzten Jahren auf dem Gymnasium ganz ins Säkulare gewendet: Die biblische Schöpfungsgeschichte konnte nur ein Mythos sein, der Mensch ist von seiner Biologie geprägt, auch die Kategorien der Moral sind nicht durch einen Gott gegeben, sondern erwachsen aus uns selbst. So war es für mich früh klar, dass der Mensch sein Schicksal selbst in die Hand nehmen muss und dafür keine höheren Mächte verantwortlich machen kann. Entsprechend allergisch reagierte ich schon früh auf Heilslehren und Welterklärungsmodelle jedweder Art.

Mit meinem Geburtsjahr 1945 gehöre ich zwar aufgrund meiner Alterskohorte zur sogenannten Achtundsechziger-Generation. Aber wegen meiner säkularen Grundeinstellung konnte ich auch der Diesseits-Religion des Marxismus in den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren nie etwas abgewinnen und blieb so immun gegen viele herrschende Strömungen der Zeit. Im Gegenteil, die totalitäre, besserwisserische Komponente der marxistischen Weltsicht verabscheute ich von Herzen. Faschistisches und nationalistisches Gedankengut hielt ich nach den Erfahrungen der Dreißiger- und Vierzigerjahre sowieso für völlig aus der Zeit gefallen. Mein Ideal war der friedliche Wettbewerb in und zwischen freiheitlich verfassten Gesellschaften.

Religiös getriebenes Denken war für mich historisch überholt und würde sich – so meine Überzeugung als junger Mann – mit der Verbreitung wissenschaftlichen Denkens und dem weiteren Fortschritt der Naturwissenschaften von selbst erledigen. Wie ich heute weiß, habe ich mich in diesem Punkt gründlich getäuscht. Offenbar erfüllt ein religiöser Glaube ein angeborenes Urbedürfnis vieler Menschen, und darum wird Religion in unterschiedlichen Erscheinungsformen wohl so lange weiterleben, wie es Menschen auf dieser Erde gibt.

Zunächst aber ging ich mit meinen säkularen Grundüberzeugungen munter durch die Siebziger- und Achtzigerjahre. Beim Fall der Mauer und beim nachfolgenden Zusammenbruch des Ostblocks glaubte ich ernsthaft, dass mit dem geistigen Kollaps der marxistischen Religion nun für die gesamte Menschheit ein Zeitalter der Vernunft anbrechen würde, in dem man sich mit Erfolg an die pragmatische Lösung der diesseitigen Probleme auf der Welt machen könnte. Der damals schon zu beobachtende Aufstieg fundamentalistischer Strömungen im Islam – die schiitische Ajatollah-Herrschaft im Iran, das Vordringen der Muslimbrüder etc. – stand nicht wirklich in meinem Fokus. Ich hielt solche Tendenzen für nachholende Reaktionen von Modernisierungsverlierern, über die die Zeit hinweggehen würde.

Nachdenklich wurde ich erst um das Jahr 2000, als sich immer deutlicher zeigte, dass in ganz Europa bei Migranten mit muslimischem Hintergrund besondere Integrationsprobleme auftraten. Hier gab es offenbar eine Korrelation mit dem islamischen Glauben bzw. mit der Herkunftskultur. Aber immer noch hielt ich das Problem für seiner Natur nach vorübergehend. Erst der Terroranschlag von al-Qaida auf das World Trade Center am 11. September 2001 leitete bei mir ein Umdenken ein. In meiner Zeit als Berliner Finanzsenator – von Januar 2002 bis April 2009 – wurde mir dann immer deutlicher, dass viele Probleme der Stadt – die Bildungsmisere, die schwierigen Stadtviertel, der Grad der Transferabhängigkeit – stark geprägt waren von den besonderen Integrationsschwierigkeiten der türkischen und arabischen Migranten in Berlin und ihrer Nachkommen. In einem Interview mit der Zeitschrift Lettre International im September 2009 über die Zukunft Berlins ging ich speziell auf diesen Aspekt näher ein. Das hatte sowohl positiv als auch negativ eine riesige Resonanz. So entschied ich mich, in das Buch über den deutschen Sozialstaat, an dem ich gerade arbeitete, ein Kapitel über Zuwanderung und Integration einzufügen. Auch der schließlich gewählte Buchtitel Deutschland schafft sich ab spiegelte diesen Aspekt wider.

2010 beendete ich das Buch mit zwei Alternativszenarien. Beim pessimistischen Szenario wächst durch fortgesetzte Einwanderung und unterschiedliche Geburtenraten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Verlauf von 100 Jahren eine muslimische Bevölkerungsmehrheit heran, und der Islam wird zur dominierenden geistigen und religiösen Strömung. Dieses Szenario sollte Politik und Öffentlichkeit wachrütteln und die Gegenkräfte wecken, die eine solche Entwicklung verhindern würden.

14 Jahre später erleben wir zwar eine intensivierte öffentliche Debatte, aber gleichzeitig eine anhaltend hohe Einwanderung aus der islamischen Welt, deren Niveau meine damaligen Prognosen weit übersteigt. Die daraus erwachsenden Probleme dominieren mehr und mehr den öffentlichen Diskursraum, aber sie sind eben auch real, was Kriminalität, die sinkende Bildungsleistung in den Schulen und die Ausbreitung von Antisemitismus angeht.

Viele europäische Länder haben ähnliche Schwierigkeiten; Frankreich und Schweden stechen dabei besonders ins Auge. Nicht nur, weil die Probleme dort besonders groß sind, sondern auch, weil sie symbolisch für das Scheitern zweier Hoffnungen stehen:

In Frankreich scheiterte die Hoffnung, die Anziehungskraft der eigenen Sprache und Kultur könne groß genug sein, um quasi auf natürlichem Wege Integration und Assimilation der eingewanderten Muslime zu bewirken.In Schweden scheiterte die Hoffnung, der fürsorgliche, üppig umverteilende Sozialstaat könne durch gute materielle Versorgung und Schutz vor allen Lebensrisiken die Muslime quasi über die Geldbörse integrieren.

Eine tragische historische Ironie hat das Versagen bei der kulturellen Integration der Muslime für Deutschland. Überall unter den Muslimen in Europa grassiert ein kruder Antisemitismus, und Deutschland ist hier keine Ausnahme. Bedingt durch die moralische Last der deutschen Verantwortung für den Holocaust hat aber die Ablehnung von Antisemitismus jeder Art in Deutschland eine besondere Bedeutung. Deutsche Politiker haben aus dieser Motivation heraus wiederholt die Sicherheit Israels zu einem Teil der deutschen Staatsraison erklärt. Dieses Sicherheitsversprechen ist in doppelter Weise brüchig:

Weltweit tritt nur eine Minderheit von Staaten, in erster Linie die USA gefolgt von Deutschland, bedingungslos für die äußere Sicherheit Israels ein. Die USA agieren militärisch entsprechend. Deutschland hat hier nur wenige Hebel in der Hand. Selbst in der Europäischen Union ist es mit seiner Priorität für die Sicherheit Israels eher isoliert. Im Fall des Falles droht hier die deutsche Staatsraison ins Leere zu laufen.In Deutschland selber haben Politik und Gesellschaft der rapiden Ausbreitung des muslimischen Antisemitismus nur wenig entgegenzusetzen. Das zeigte sich im Oktober und November 2023 bei der Vielzahl der teils gewalttätigen und zahlreich besuchten Demonstrationen gegen das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen.

Nicht nur in Deutschland, in ganz Europa kann man hier sehen, wie Quantität in Qualität umschlägt: Muslimische Einwanderer und ihre Nachfahren sind überall in großen Massen vertreten. Durch ihre Jugend, die Größe ihrer Familien und die ungebremste Zuwanderung von außen nimmt ihr demografisches Gewicht ständig und rapide zu. Für Juden ist es dagegen in zahlreichen Stadtvierteln Berlins unmöglich geworden, sich öffentlich mit einer Kippa zu zeigen. Auf jeden Juden in Deutschland kommen fünfzig Muslime, und das Zahlenverhältnis verschiebt sich ständig weiter zugunsten der Letzteren.

In der täglichen antisemitischen Propaganda aus der islamischen Welt ist es mittlerweile zur Standardformulierung geworden, dass Israel an den Palästinensern im Gazastreifen einen »Genozid« verübe. Diese Gleichsetzung von Bombenopfern mit dem Holocaust ist nicht nur krass antisemitisch. Sie verkennt auch Ursache und Wirkung. Die Palästinenser im Gazastreifen haben zugelassen, dass sie von der Hamas geführt werden. Das ist ihre Schuld – genauso wie es die Schuld der Deutschen war, dass sie 1933 die Nazis an die Macht ließen und zwölf Jahre lang ihrer Führung folgten. Der Gründer der Muslimbrüder und geistige Vater der islamistischen Hamas, Hassan al-Banna, war übrigens ein glühender Antisemit und verehrte Adolf Hitler. Die Gründungscharta der Hamas von 1987 vermischt den islamischen Dschihad gegen die Ungläubigen und das islamistische Streben nach Weltherrschaft mit dem Kampf gegen die Existenz des jüdischen Staates in Palästina. Diese radikalislamistische Position wurde in einem Grundsatzpapier von 2017 etwas modifiziert, aber nicht aufgegeben. Darin erhebt die Hamas Anspruch auf die »Befreiung« des gesamten Palästinas vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer. Sie nennt den Staat Israel »ein rassistisches, aggressives, usurpatorisches, expansionistisches Unterfangen, das auf der Schändung des Rechts anderer basiert … Das zionistische Vorhaben zielt nicht nur gegen das palästinensische Volk, sondern ist der Feind der arabischen und islamischen Nation« und »das gefährlichste Beispiel für die kolonialisierende Besatzung, die aus den meisten Regionen der Welt verschwunden ist.«I Eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts wird vor diesem Hintergrund noch viele Jahrzehnte auf sich warten lassen, und die dadurch immer wieder aufgepeitschten Emotionen verschärfen auch die Probleme mit der Integration des Islams und der Muslime in Europa.

Zeitgleich mit Feindliche Übernahme erschien im Herbst 2018 ein Buch des Hamburger Psychotherapeuten Burkhard Hofmann.II Er hatte jahrzehntelang in Hamburg und in den Golfstaaten mit arabischen Patienten gearbeitet und sieht ihre psychischen Probleme eng verschränkt mit dem Einfluss und dem Charakter der islamischen Religion, wie er anhand zahlreicher Fallbeispiele untermauert. Für seine Patienten war ihr Glaube nicht relativierbar. Schon seine Reflexion war für die meisten Gotteslästerung. Während seiner wiederholten beruflichen Aufenthalte in den Golfstaaten beobachtete Hofmann, wie die Säkularen gegenüber dem Vordringen eines rigiden religiösen Systems immer mehr in die Defensive gerieten. Die Scharia gilt als gottgegebene gesetzgebende Instanz; von ihr zu lassen wäre gotteslästerlich. »Insofern kann die Vorstellung, dass bei uns das Grundgesetz gilt und nicht Gottes Wort, bei einem gläubigen Muslim dieser Couleur nur Kopfschütteln hervorrufen. Er darf diese Säkularisierung des Denkens gar nicht vollziehen, dann wäre das Ganze gefährdet. So ist die Vorstellung eines Euro-Islam für meine arabischen Patienten lächerlich oder bestenfalls abwegig. Ein bisschen Unterwerfung geht genauso wenig wie ein bisschen schwanger.«III Selbst die Größe der Steine, die bei einer Steinigung zu verwenden sind, wird in den Hadithen vorgeschrieben. Die Menge derer, für die solche Glaubensinhalte schlicht verbindlich sind, hat den Psychotherapeuten Hofmann »oft erschauern lassen. Ist einmal der Primat der Religion etabliert, gibt es kaum einen Weg zurück in eine gemäßigte Interpretation und individuelle Auslegung der Schriften.«IV Aufgrund seiner Erfahrungen mit dem Einfluss der Religion auf die Psyche seiner Patienten ist es für Hofmann »unvermeidbar, dass, wenn der Islam einmal Mehrheitskonsens ist, sich die Strukturen in Richtung Gottesstaat verändern werden. Einen Weg zurück gibt es dann nur noch unter Mühen.«V»Unsere Vorstellung der Trennung von Religion, Kirche und Staat wird als defizitäre Position wahrgenommen. Aus dieser Perspektive betrachtet, gehört der Islam eben nicht zu Deutschland.«VI So die resignative Position eines erfahrenen Psychotherapeuten.

Genau diese Erkenntnis, dass die Gefahr des Islam im Kern der Religion selber angesiedelt ist, hatte ich bei der vollständigen Lektüre des Korans gewonnen, mit der ich die Arbeit an meinem Buch Feindliche Übernahme gestartet hatte. Mein damaliger Verlag DVA (Verlagsgruppe Random House) wollte diesen Weg nicht mitgehen. Er bezweifelte, ob es gerechtfertigt sei, »gewissermaßen die naive ahistorische Lesart des Korans durch Glaubensfundamentalisten … methodisch zu übernehmen.«VII Meine Position war demgegenüber, dass es nicht mir, sondern den Muslimen obliegt, über die Interpretation ihres heiligen Textes zu entscheiden, und dass dabei die wortwörtliche Interpretation überwältigend dominiert.

Die Hoffnung auf einen zur säkularen westlichen Welt kompatiblen „Euro-Islam« beherrscht seit Jahren die Debatten in Deutschland und der gesamten westlichen Welt. Ich teile sie grundsätzlich auch, setze nur die Wahrscheinlichkeit ihrer Erfüllung sehr gering an. Das prägt meinen Blick auf die Gefahren des Islam. Damit diese Hoffnung nicht stirbt, reden prominente Islamkritiker, deren Urteil ich schätze – wie Ruud Koopmans, Susanne Schröter oder Ahmad Mansour –, meist vom politischen Islam bzw. vom Islamismus, wenn sie Islamkritik üben. Sie halten so die Hoffnung auf einen mit Pluralismus und Demokratie kompatiblen Islam am Leben. Wie bereits erwähnt, bin ich in diesem Punkt nicht sehr optimistisch.

Auch die deutsche Politik lebt von der Hoffnung, dass sie die bei uns lebenden Muslime letztlich zu säkularen überzeugten Demokraten umerziehen kann. Feindliche Übernahme stieß auch deshalb auf so viel Widerstand, weil ich diese Hoffnung zwar gutheiße, aber im Ergebnis nicht teile. Das Buch bot den Anlass für das dritte und letztlich erfolgreiche Ausschlussverfahren der SPD gegen mich. Der zunächst erhobene Kernvorwurf war der des »antimuslimischen Rassismus«. Erst als ich mit einem Gutachten des renommierten Arabisten und Islamwissenschaftlers Tilman Nagel konterte, der die Aussagen meines Buches in fachlicher Hinsicht verteidigte, verfolgte die Bundesschiedskommission diesen absurden Vorwurf nicht weiter, sondern schloss mich stattdessen wegen meiner Vorschläge zur Reform der Asylpolitik aus.

Tilman Nagel veröffentlichte Anfang 2024 eine aufschlussreiche Analyse des islamischen Pflichtgebets und des Gebetsrufs. Seine Schlussfolgerung lautet: »Nicht der ,politische Islam‘, der Islam an sich enthält wesentliche Hemmnisse gegen ein Verhältnis zwischen Muslimen und Andersgläubigen von gleich zu gleich und erst recht gegen jede Loyalität zu einem nichtislamischen Gemeinwesen […] Als 1949 das Grundgesetz in Kraft trat, waren solche Probleme nicht absehbar; inzwischen ist die bedingungslos gewährte Religionsfreiheit dringend zu überdenken […] Mit der Fiktion eines zu bekämpfenden ,politischen Islams‘ und dem Glauben an einen unpolitischen Islam, dem jene Ziele fremd seien, wird man sich nicht aus der Unverträglichkeit eines islamischen Glaubenslebens mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinausmogeln können.«

Die deutsche Politik hat auf dieses Problem nicht den Schatten einer Antwort. Sie nimmt es vielmehr passiv hin, dass sich das demografische Gewicht des Islams in Deutschland kontinuierlich weiter verschärft, indem Jahr für Jahr 200.000 bis 300.000 muslimische Asylbewerber nach Deutschland einreisen. Das kann man auch als kulturellen Suizid mit Ansage interpretieren.

Thilo Sarrazin

Berlin, im März 2024

Einleitung

In den letzten zehn Jahren hat es sich ergeben, dass ich immer mehr Artikel und Bücher las, die in irgendeiner Form die Religion des Islam berühren. Die christliche Kultur, in der ich aufgewachsen bin, ist mir kulturelle, aber nicht religiöse Heimat. Ich bin eher Agnostiker als religiös und habe Vorbehalte gegen Utopien jeder Art: Mit Unverständnis sah ich Ende der Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, dass viele Altersgenossen linke Gedanken so trugen wie eine modische Haartracht – als Bestätigung für sie und als Zeichen an die Umwelt, dass sie zu den Guten, den Modernen und Fortschrittlichen gehörten. Für mich war es recht geistlos, aber auch ein Irrweg, sich um so fragwürdige Feldzeichen wie Bilder von Mao oder Che Guevara zu scharen.

Als die Mauer fiel und der Ostblock zusammenbrach, war ich erleichtert, weil eine große Bedrohung verschwunden schien. Die Hoffnung von Francis Fukuyama, nun sei Das Ende der Geschichte1erreicht, fand ich zwar voreilig, denn menschliche Irrtümer, Bosheit und Unvernunft kommen niemals an ihr Ende, ebenso wenig wie der technische Fortschritt und die natürliche Evolution. Aber nach dem Zusammenbruch des Kommunismus glaubte ich an das allmähliche Ende eines unaufgeklärten religiösen Glaubens und war der festen Überzeugung, dass alle großen Religionen irgendwann den Weg gehen, der für das Christentum durch die Reformation vorgezeichnet wurde: nämlich das Sichbeugen vor den Gesetzen der Logik und des wissenschaftlichen Denkens – mit der Folge, dass Religion immer abstrakter, immer entfernter und folglich auch immer gleichgültiger wird.

Da hatte ich mich offenbar gründlich getäuscht. Das merkte ich auch im Lauf der Neunzigerjahre, aber ich blieb grundsätzlich unbesorgt: Ich fühlte mich nicht betroffen, wenn Kreationisten im amerikanischen Mittelwesten Darwins Evolutionstheorie ablehnten, wenn indische Hindus Sikh-Tempel stürmten oder die Mullahs im Iran die persischen Frauen unter das Kopftuch zwangen und Homosexuelle verfolgten. Das schien doch ziemlich weit weg. Samuel Huntingtons Buch Kampf der Kulturen2 blätterte ich 1997 eher lustlos durch. Ich empfand es als alarmistisch und in einem zu großen Rahmen angelegt. Da konnte ich ja gleich Der Untergang des Abendlandes von Oswald Spengler lesen.

Natürlich bekam ich mit, dass es an deutschen Schulen mit türkischen und arabischen Schülern öfter (und andere) Probleme gab als mit Italienern, Russen oder Polen. Aber das war, so glaubte ich, nur eine Frage der Zeit. Nach dem Flugzeugattentat auf das World Trade Center stieß ich auf das Buch von V. S. Naipaul: Among the Believers. An Islamic Journey3aus dem Jahr 1981. Naipaul hatte 1979 und 1980 den Iran, Pakistan, Malaysia und Indonesien bereist. Eindrucksvoll beschreibt er in seinen persönlichen Begegnungen und Erlebnissen das Erstarken des islamischen Fundamentalismus vom Nahen Osten bis Ostasien und die dahinterstehende Gedankenwelt. Dieses 37 Jahre alte Buch ist aus heutiger Sicht geradezu seherisch. Nach seiner Lektüre beschlich mich in Bezug auf den Islam erstmals ein Gefühl der Sorge oder des Alarms.

2006 begegnete mir das Buch Die fremde Braut4 von Necla Kelek: Am Beispiel türkischer Einwanderer nach Deutschland zeigt es, dass diese größtenteils nicht etwa unsere Kultur annehmen, sondern ihre Kultur quasi in einer virtuellen Blase zu uns tragen und Assimilation verweigern. Diese Lektüre traf mittlerweile bei mir auf ein geschärftes Sensorium: Als Berliner Finanzsenator wurde ich auf vielfältige Weise mit den besonderen Integrationsschwierigkeiten bei vielen Türken und Arabern konfrontiert. Die soziale Problematik dieser Stadt war offenbar nicht zu trennen von der Problematik der muslimischen Minderheit.

Im August 2010 erschien Deutschland schafft sich ab. Es war konzipiert als Buch über die Risiken und Mängel des deutschen Sozialstaats. Aber es befasste sich in diesem Zusammenhang auch mit Bildung, Einwanderung, Integration und Demografie. Die dort enthaltenen – aus heutiger Sicht eher vorsichtigen – kritischen Anmerkungen zum Integrationsverhalten vieler Muslime und zur Religion des Islam führten quasi zu einer Zwangsverheiratung meines Namens mit der grassierenden Islamkritik. So wurde ich in wenigen Tagen in die erste Reihe der deutschen Islamdebatte katapultiert. Diese Debatte erfuhr einige Wochen nach dem Erscheinen meines Buches ihre vorläufige Krönung durch die Äußerung von Bundespräsident Christian Wulff: »Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.«

Anfang 2011 veröffentlichte Patrick Bahners Die Panikmacher,5 eine Fundamentalkritik an den deutschen Islamkritikern, zu denen er insbesondere Necla Kelek, Henryk M. Broder, Ralph Giordano und mich zählte. Für ihn ist der Islam nichts anderes als Religion, seine Glaubenssätze rechtfertigen sich jenseits unserer säkularen Staatlichkeit und sind insoweit einer säkularen Kritik definitorisch enthoben. Der Titel des Buches ist zwar aus heutiger Sicht angesichts der islamistischen Bedrohung in der Welt spektakulär missglückt. Der Standpunkt von Bahners ist aber rein logisch nicht widerlegbar. Er ist allerdings irreführend, denn er klammert das Gefährdungspotenzial, über das diskutiert werden könnte und müsste, bereits definitorisch aus.

In der unvermuteten Rolle eines prominenten Islamkritikers fühlte ich mich nicht wohl. So hielt ich mich in dieser Hinsicht zurück. Zwar wurde nichts von dem, was ich zum Islam in Deutschland schafft sich ab geschrieben oder vermutet hatte, seitdem wirklich widerlegt, aber publizistisch verfolgte ich in den Folgejahren andere Projekte.

Die Fragen, die mich damals bedrängten, haben sich seitdem nicht in Luft aufgelöst. Eine vielfältige Krise rund um die islamische Welt einschließlich der Muslime in Europa wird auch von vielen Muslimen selbst nicht mehr geleugnet. Gleichzeitig wird »Islamkritik« in vielen deutschen Medien und auch von Wissenschaftlern gerne immer dann delegitimiert, wenn sie ins Grundsätzliche geht. Der Islamwissenschaftler Mathias Rohe bezeichnet »Thilo Sarrazin, Hamed Abdel-Samad und Necla Kelek« als »prominente Vertreter« einer Desintegrationsindustrie, die »statt faktenorientierter Benennung von konkreten Problemen (...) weitgehend essentialistische Ansichten« verbreiten, »die den Islam als strukturell andersartig und inkompatibel mit europäischen Rechts- und Gesellschaftsordnungen abstempeln wollen«.6 Mathias Rohe wird es aushalten müssen, dass man Fakten anders bewerten kann, als er es tut.

Der von ihm erwähnte, in Ägypten geborene deutsche Politologe Hamed Abdel-Samad hatte sich in seinem Heimatland zunächst den Muslimbrüdern zugewandt. In Mein Abschied vom Himmel7 zeichnete er 2009 seine allmähliche Abwendung vom fundamentalistischen Islam nach. In den Folgejahren wurde er zu einem der bekanntesten deutschen Islamkritiker und hat dazu mittlerweile sechs Bücher veröffentlicht.8 Im Dezember 2016 beklagte er, dass die gesellschaftliche Stimmung die »Einschüchterung von und den Rufmord an Islamkritikern« begünstige. Kritik am Islam sei »in Europa tatsächlich unerwünscht«. Die Politik fürchte, Islamkritik könne zum einen »ihre Geschäfte mit islamischen Ländern, zum anderen ihre Migrations- und Flüchtlingspolitik stören«. Viele Muslime interpretierten Islamkritik »meist sofort als Angriff auf das Existenzrecht aller Muslime«. Für Journalisten und Intellektuelle aus dem linksliberalen Lager sei Islamkritik quasi automatisch fremdenfeindlich, rassistisch oder rechtspopulistisch.9 Der Politologe Bassam Tibi, Student bei Theodor Adorno, in Syrien aufgewachsen und seit 40 Jahren deutscher Staatsbürger, fühlt sich in Deutschland mit seiner kritischen Haltung zum politischen Islam seit vielen Jahren nicht willkommen: »Es gibt kritische Meinungen, die in diesem Land nicht gefragt sind. Für sie gibt es einen Maulkorb.« Deshalb sei er von den Medien ausgeblendet worden und erst 2016 nach den Ereignissen auf der Kölner Domplatte wieder in die Medien zurückgekehrt. »Ich hätte hier viel zu sagen, aber meine Meinung will man nicht hören.«10

Solche Diagnosen decken sich mit meinen eigenen Erfahrungen und Beobachtungen. Typisch ist die Einstellung von Michael Thumann. In seinem 2011 erschienenen Buch Der Islam-Irrtum. Europas Angst vor der muslimischen Welt kritisierte er die europäische »Islam-Besessenheit« und erwartete, dass die damals erst wenige Monate alte »Arabellion« dem Nahen Osten Demokratie und Fortschritt bringt. Alle Probleme, die Islamkritiker dem Einfluss des Islam zurechnen, sind für ihn entweder eingebildet oder Ausdruck eines Modernisierungsrückstands, der mit dem Islam gar nichts zu tun hat. Dabei schließt er die im Namen des Islam ausgeübte Gewalt und den Terror von Al Kaida (der IS war damals noch unbekannt) ausdrücklich ein. Für Thumann steht fest: »Wenn man genau hinsieht, geht es diesen Gruppen in der Regel nicht um den Islam selbst. Die Religion ist Mittel zum Zweck. Sie wird zum Vehikel der Eiferer. Sie macht in vielen Fällen nicht das Wesen der Konflikte, Streitthemen und Hoffnungen aus. Die Religion prägt bisweilen die Oberflächen der Politik, aber nicht den Kern.«11

Die gläubigen Marxisten in Westeuropa wollten in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts den Kommunismus (also ihre Religion) nicht mit dem Blutgeruch des Stalin-Terrors oder dem Unterdrückungsapparat des Mauerbaus in Verbindung sehen. Sie leugneten den Zusammenhang. So verfahren auch viele gläubige Muslime, die Terror und Unterdrückung im Namen des Islam ablehnen. Der islamische Theologe Ahmad Nofal ist deshalb zwar ein Gegner der Salafisten. Er propagiert gleichwohl: »Es gibt nur einen Islam. Die Menschen und die Kulturen sind jedoch verschieden, daher gibt es Unterschiede in der Auslegung.« Seine Auslegung, den »Wasatiyya-Islam«, der für eine Koexistenz der Menschen eintritt, hält Nofal für den Mainstream. »Dieser Islam hat viel mit Jesu Botschaft gemeinsam, der ja auch nicht Hass und Feindschaft gepredigt hat. Es kann doch nicht sein, dass ein Mensch einen anderen hasst.«12 Als Norm ist das ehrenwert, doch spiegelt es die ganze Wirklichkeit und Breite der islamischen Glaubensrichtungen?

Der algerische Schriftsteller Yasmina Khadra hatte als Offizier der algerischen Armee über viele Jahre gegen islamistische Terroristen gekämpft. Für ihn steht fest: »Mit der Religion haben die Attentate nichts zu tun. Man kann sie nur aus dem Geisteszustand des Terroristen erklären, mit seinem Glauben haben sie nichts zu tun. (...) Es ist falsch, eine Verbindung zwischen der Herkunft eines Mörders und seiner Tat herzustellen. Kein Muslim muss sich wegen der Terroristen schuldig fühlen. (...) Man kann diese Seuche nur bekämpfen, indem man sie isoliert und eben nicht mit einer Gemeinschaft in Verbindung bringt, die zu verteidigen die Terroristen vorgeben.«13 Das ist eine starke Proklamation. Aber kann man Stalins Untaten begreifen und den Sowjetkommunismus dabei ausklammern? Den Umfragen zufolge glaubte ein großer Teil der Deutschen noch viele Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, dass der Nationalsozialismus im Prinzip eine gute Sache war, nur die Ausführung sei schlecht gewesen. Diese Analogie mag polemisch wirken, aber nachdenklich stimmen sollte sie schon.

In den letzten Jahren sind alle mit dem Islam verbundenen Fragen an uns herangerückt. Das gilt sowohl für die Ideenwelt dieser Religion als auch für die Muslime selbst. Ich frage mich: Inwieweit bildet der Islam (in seinem ganzen Schillern von Religion bis politischer Ideologie) und inwieweit bildet die Einwanderung von Muslimen nach Europa eine Gefahr für die Zukunft der westlichen Gesellschaft und für unser Lebensmodell? Sind die unguten Gefühle, die ich offenbar mit vielen anderen teile, Ausdruck unbegründeter Ängste und möglicherweise unbewusster Vorurteile, oder haben sie einen rationalen Kern? Und wenn ja, worin besteht dieser, und was ist seine praktische Bedeutung? Dabei möchte ich das empirisch verfügbare Material und seine Deutungen vernünftig und belastbar interpretieren und darum vom bloßen Meinen, Glauben und Fürchten absehen. Ich hoffe, dass die Antworten mehr Klarheit für meine Sorgen und die Besorgnisse anderer bringen, indem sie die Sachverhalte präzisieren und so die Ängste kanalisieren oder relativieren.

Der Kern meiner Sorgen liegt in Folgendem: Die Europäer haben durch die Kombination von Wissenschaft und Technik, Herrschaft des Gesetzes und Demokratie ein bestimmtes Zivilisationsmodell geschaffen, dessen Freiheit und Wohlstand sehr attraktiv sind. Dieses Modell funktioniert aber nur, wenn es von den Menschen auch gelebt und verinnerlicht wird.

Viele Problemstaaten in Afrika und Asien eint das starke Wachstum ihrer Bevölkerung und der Umstand, dass die dort lebenden Menschen überwiegend muslimischen Glaubens sind. Der fehlende demografische Übergang dieser Länder in die Moderne zeigt, dass die aus dem Westen importierte Modernisierung von Medizin und Landwirtschaftstechnik die Mentalitäten der Menschen noch nicht ausreichend verändert hat. Für die unumgängliche Modernisierung im Sinne der technisch-wissenschaftlichen Zivilisation Afrikas und des Nahen und Mittleren Ostens ergeben sich möglicherweise Schranken aus der islamischen Tradition heraus.

An dieser Stelle kommt meine subjektive Sicht als Mitteleuropäer ins Spiel: Ich mag die menschliche Vielfalt und meine, dass jeder nach seiner Fasson selig werden sollte, solange er die Gesetze respektiert. Es liegt mir fern, mich in religiöse Überzeugungen oder in die Lebensziele und Lebensweisen anderer einmischen zu wollen. Und doch fühle ich mich wohler in einer Gesellschaft, in der die Unterschiede nicht übermäßig sind und die gemeinsamen Grundlagen fühlbar bleiben.

Natürlich sollen sich die Menschen mischen. Darum habe ich auch nichts gegen Einwanderung, sei es in Deutschland oder Europa. Aber die, die einwandern, müssen sich auch tatsächlich mischen. Es ist nicht gut und führt langfristig zu Unfrieden, wenn sich in der Gesellschaft Gruppen bilden, die ethnisch, religiös oder wirtschaftlich dauerhaft abgesondert sind und fast nur untereinander heiraten. Das führt zu Spannungen und mehrt nicht das gesellschaftliche Glück. Die durch Schichtung bewirkte Ungleichheit ist in jeder Gesellschaft Anlass für Spannungen, wenn sie ein gewisses Maß überschreitet. Diese Spannungen werden noch verstärkt und können eine gefährliche Sprengkraft annehmen, wenn Unterschiede im wirtschaftlichen Erfolg oder in der gesellschaftlichen Stellung für alle sichtbar mit Unterschieden in der ethnischen Herkunft oder der ausgeübten Religion einhergehen. Einwanderer sollten integrationswillig sein. Ihre Zahl sollte so bemessen und ihre Zusammensetzung so gemischt sein, dass sich in Europa keine verfestigten ethnischen Untergruppen bilden.

Der in Europa lange Zeit weitverbreitete Antisemitismus erklärte sich nicht nur aus der religiösen Sonderrolle der Juden, sondern auch aus ihren besonders großen Erfolgen in Wirtschaft und Wissenschaft. Das führte zu Neidreaktionen, die sich teilweise in Antisemitismus übersetzten. Umgekehrt ist es auch nicht gut, wenn sichtbar abgegrenzte Minderheiten, wie die Schwarzen in den USA, bei Bildungserfolg, Einkommen und Lebenserwartung deutlich schlechter abschneiden. Die vernünftigste Lösung wäre eine Aufhebung der Unterschiede durch Vermischung der verschiedenen Ethnien. Dies widerstrebt aber offenbar den Wünschen der meisten Menschen: Schwarze, Weiße und Ostasiaten heiraten in den USA zumeist unter sich. Bei Muslimen kann Integration durch Vermischung schon deshalb nicht funktionieren, weil gläubigen Muslimen die Heirat mit Ungläubigen verboten ist.

In Europa gab es bis vor wenigen Jahrzehnten kaum nennenswerte Gruppen nichteuropäischen Ursprungs. Hier lebten europäische Weiße, und soweit sie eine Religion hatten, war diese christlich. Das änderte sich in einigen Ländern wie Großbritannien, Frankreich oder den Niederlanden durch Zuzug aus den ehemaligen Kolonien, in anderen wie Deutschland oder Österreich durch Zuzug von Gastarbeitern aus der Türkei oder Nordafrika. Skandinavien wiederum war Vorreiter bei der Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen, sodass jetzt in Dänemark, Norwegen und Schweden große arabische Minderheiten leben.

Seit Jahrzehnten steigt in allen europäischen Ländern die Wahrnehmung, dass es mit den Einwanderern muslimischen Glaubens und ihren Nachkommen, die häufig schon in der dritten und vierten Generation in Europa leben, besondere Probleme gibt. Solch eine Wahrnehmung mag sich aus Vorurteilen speisen oder sich quasi als selbsterfüllende Prophezeiung aus gesellschaftlicher Diskriminierung ergeben. Aber ihre große Verbreitung ist eine gesellschaftliche Realität. Staatliche Organe sind hier zu Recht beunruhigt. In Deutschland war die Einrichtung der »Deutschen Islamkonferenz« durch Innenminister Wolfgang Schäuble im Jahr 2006 ein Ausdruck dieser Beunruhigung und ein Versuch ihrer Kanalisierung.

Während einerseits das Gefahrenbewusstsein in der Gesellschaft wächst, wird andererseits das Problem gerne verneint und soll nach dem mehrheitlichen Willen von Politik und Medien im Sinne politischer Korrektheit möglichst nicht benannt werden. Das Kunstwort »Islamophobie« ist ein Ausdruck dieser Tendenz. Mit dieser wissenschaftlich anmutenden »Diagnose« wird Kritikern und Besorgten entweder eine (krankheitsverwandte) psychische Anormalität oder eine unmoralische, dem Antisemitismus verwandte Geisteshaltung unterstellt.

In der vorherrschenden Sicht von Politik und Medien darf der Islam als solcher kein grundsätzliches Problem darstellen, weil sonst mehr Fragen entstehen, als man politisch zu beantworten in der Lage ist. Entsprechend gilt der Islamismus mit seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen vielen als eine Fehlentwicklung, die außerhalb des Islam steht. Besondere Integrationsprobleme muslimischer Einwanderer können aus dieser Sicht schon definitorisch nicht existieren. Wo sie gleichwohl bestehen, müssen andere Faktoren verantwortlich sein, sodass der islamische Glaube und besondere Integrationsprobleme der Gläubigen allenfalls in einer Scheinkorrelation miteinander zu tun haben. Kurz nach dem Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 beklagte Sigmar Gabriel: »Wir sind konfrontiert mit einer Ideologie, die allem entgegensteht, was unsere freie und demokratische Gesellschaft ausmacht. Dieser Kampf gegen ›den Westen‹ ist seit Jahren vorbereitet worden.« Aber das sei »ein Machtkampf unter dem Deckmantel der Religion«. Wer dem Ressentiment gegen »den Islam« nicht das Wort reden wolle, der dürfe »aus der Auseinandersetzung mit dem Dschihadismus gerade keine Religionsfrage machen«.14 Ähnlich äußerte sich Norbert Lammert im Deutschen Bundestag: »Wir bekämpfen nicht den Islam, sondern Fanatismus, nicht Religion, sondern Fundamentalismus.«15 Mit solchen Vorgaben verstellt das Establishment in Politik und Medien eine freie Sicht auf die Problemlage und deren voraussetzungslose Analyse. Wie soll man eine Antwort auf islamistischen Fanatismus finden, wenn es moralisch untersagt wird, die religiösen Quellen dieses Denkens zu untersuchen?

Dazu passt das blinde Auge der amtlichen deutschen Statistik: In allen Untersuchungen über Migranten und ihre Nachfahren, die anhand offizieller Statistiken angestellt werden, wird der Faktor der Religion vollständig ausgeblendet. Offenbar geben sich viele der Hoffnung hin, dass etwas, von dem man nichts Genaues weiß, auch kein Problem sein kann. Als es mir in Deutschland schafft sich ab gelang, trotz der statistischen Lücken einigermaßen verlässliches Material über die spezifischen Integrationsprobleme muslimischer Migranten zusammenzutragen, löste dies in Politik und Medien einen Aufschrei der Empörung aus. Ich fühlte mich an die Energie erinnert, mit der offizielle Stellen der Türkei all jene verdammen, die meinen, es habe vor hundert Jahren einen Völkermord an den Armeniern gegeben. Solch eine Empörung findet immer dann statt, wenn unwillkommene Fakten ein Weltbild in Gefahr bringen.

Im Oktober 2014 war ich Zuhörer, als Ayaan Hirsi Ali, die als junges Mädchen mit ihren Eltern und ihrer Schwester aus Somalia in die Niederlande eingewandert war, das Problem in einem Vortrag an der Universität Leiden beschrieb: Sie habe das kulturelle Angebot des Westens angenommen, verinnerlicht und davon profitiert. Ihre nahezu gleichaltrige Schwester habe es aber abgelehnt und gehöre nun zu jenen eingewanderten Muslimen, die der Kultur des Westens feindlich gegenüberstehen und sich in ihrem Muslimsein verschanzen. Zwischen den beiden Reaktionsweisen gebe es keine rationale Brücke, das mache auch sie ratlos. Sie warnte vor den Gefahren eines zunehmenden fundamentalen Islam, weil ein sehr großer und wachsender Teil der Muslime sich wie ihre Schwester verhalte. Er nehme zwar den westlichen Lebensstandard an, nicht aber die kulturellen Einstellungen, die diesen Lebensstandard erst ermöglicht haben.

Viele säkulare Muslime in der westlichen Welt argumentieren wie Ayaan Hirsi Ali (in Deutschland z.B. Bassam Tibi, Hamed Abdel-Samad, Necla Kelek, Güner Balci, Abdel-Hakim Ourghi, Ralph Ghadban). Viele Linke und Liberale hören das nicht gern. Für sie haben solche Warnungen einen rechtspopulistischen Geruch und unterstützen letztlich den Aufstieg von FPÖ, Front National oder AfD. So entstand in den letzten Jahren eine Lähmung offener Debatten, die zugunsten ebendieser Parteien wirkte und Befürchtungen noch verstärkte, statt sie zu zerstreuen.

Das schiere Gewicht des demografischen Faktors wird in solchen Debatten immer wieder unterschätzt. Einstellungen in der Gesellschaft ändern sich durch Änderung der demografischen und religiösen Mischung. Anschaulich gesprochen: Wenn große Teile Deutschlands so wie die Sonnenallee in Neukölln aussehen, kann durch neue Mehrheiten auch das Grundgesetz geändert werden, oder es kann sich die gelebte Verfassungswirklichkeit verschieben. Dagegen gibt es keinen Schutzmechanismus. Auch die Werte des Abendlands lassen sich nicht künstlich konservieren, wenn die sich neu bildenden demografischen Mehrheiten sie nicht teilen oder anders interpretieren. Wie das Beispiel der Türkei eindringlich zeigt, kann man in einem islamischen Land mit dem Mittel einer demokratischen Wahl sogar das westliche Demokratiemodell mit Meinungsfreiheit und Gewaltenteilung durch Mehrheitsentscheidung abschaffen.

Für viele Linke und Liberale in den Gesellschaften des Westens, aber auch für viele Vertreter des Christentums besteht die Faszination der Einwanderung von Muslimen offenbar darin, dass die Sitten, Traditionen und die Machtverhältnisse der als glaubenslos und materialistisch empfundenen westlichen Gesellschaften infrage gestellt werden und die Legitimität des abendländischen Projekts mitsamt Marktwirtschaft und Leistungsorientierung untergraben wird. Aus dieser Motivation heraus kann man dann ernsthaft die Behauptung aufstellen, dass eine muslimische Frau im Schleier eigentlich keine Unterdrückte sei, vielmehr eher der Westen gegenüber dem sichtbaren Ausdruck ihrer Religiosität intolerant ist.

Unter den Beschwichtigern und Verharmlosern gibt es drei Gruppen: zunächst jene, die keine Probleme mit dem »wahren« Islam sehen (was auch immer unter »wahr« verstanden wird). Sodann gibt es jene, die Probleme zwar sehen, sie aber für überschaubar, lösbar oder vorübergehend halten. Und schließlich gibt es jene, die die Benennung von Problemen oder die Herstellung einer Verbindung zwischen diesen Problemen mit dem »Wesen« des Islam als prinzipiell unzulässig oder als unbegründet ansehen und jenen Kritikern, die so denken oder argumentieren, Islamophobie oder rassistische Motive unterstellen.

Typisch für diese Tendenz zur Verharmlosung (die sich gleitend mit Leugnung mischt) war ein Interview, das der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, und die stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Sawsan Chebli, im August 2016, wenige Wochen vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl, gemeinsam der FAZ gaben.16 Das Thema waren die Muslime in Berlin, und es war aufschlussreich, was zur Sprache kam und was nicht.

Die Politologin Chebli, Tochter palästinensischer Einwanderer, lehnte es ab, die Integrationsdebatte mit der Diskussion über Muslime, Islam oder Religion überhaupt zu vermengen. Sie bestritt damit implizit, dass der Islam als solcher oder in bestimmten Ausprägungen ein Integrationshindernis sein könne, und widersprach sich doch selbst, als sie sagte: »Mein Vater ist ein frommer Muslim, spricht kaum Deutsch, kann weder lesen noch schreiben, ist aber integrierter als viele Funktionäre in der AfD, die unsere Verfassung infrage stellen.« Dabei ist es schon eine Leistung, wie ihr Vater 40 Jahre in Berlin zu leben, ohne Deutsch zu lernen. Dies ist eigentlich nur aus einem weitgehenden Desinteresse an der umgebenden deutschen und europäischen Kultur und an sozialen Kontakten im fremden Umfeld zu erklären. Unklar blieb, nach welchen Maßstäben Chebli die Integration ihres Vaters in Deutschland für höher hält als die von vielen AfD-Funktionären.

Im weiteren Verlauf des Interviews bestand Chebli darauf, dass muslimische Frauen in Deutschland ihr Kopftuch durchweg freiwillig tragen. Sie verwies dazu auf ihre Mutter und ihre fünf Schwestern, allesamt Kopftuchträgerinnen. Sie wandte sich gegen berufliche Einschränkungen aufgrund des Kopftuchs. Einen Gegensatz zwischen dem Islam und der Identifikation mit Deutschland und dem Grundgesetz verneinte sie. Die Scharia regle zum größten Teil das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen und sei für sie als Demokratin kein Problem im Alltag. Der islamistische Extremismus treffe vor allem die Muslime selbst. Islamkritik aus der AfD setzte sie mit rassistischer Hetze gleich: »Da müssen wir Demokraten klar Stellung beziehen und Rassismus mit aller Vehemenz zurückweisen.«

Die zeitgemäße Auslegung des Islam sei »ein innerislamischer Prozess, der auch nicht von außen bestimmt werden sollte«, vom Euro-Islam halte sie nichts. Ein Problem erkannte sie immerhin an: »Als Muslim ist man nur Gott gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet. Das ist ein Segen, macht es aber zugegebenermaßen schwieriger, die Zusammenarbeit mit dem Staat zu organisieren.«

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller war in dem Interview im Wesentlichen Cheblis freundliches Echo. Den Begriff »Leitkultur« empfand er als zu eng gefasst, auch werde er gern politisch zur Ausgrenzung missbraucht. Das Grundgesetz müsse natürlich für alle verbindlich sein. Verträge mit muslimischen Verbänden und Vereinen seien anzustreben. Die Ausbildung für Imame am Islam-Institut der Humboldt-Universität müsse unterschiedliche Glaubensrichtungen abbilden, und es wäre, so Müller, jedenfalls ein großer Fortschritt, wenn in Berlin aufgewachsene und ausgebildete Imame auch in den Berliner Moscheen predigen könnten. Immerhin erkannte er an, dass Integration offenbar nicht automatisch erfolgt. »Für das Zusammenleben muss es einen klar benannten und für alle nachvollziehbaren Rahmen geben. Die für alle verbindlichen Regelungen müssen angesprochen werden.«

Damit wurde Müller deutlicher, als es noch vor einigen Jahren in Berlin üblich war. Aber auffallend blieb, welche Themen von den beiden Gesprächspartnern, die sich so freundlich die Bälle zuwarfen, ausgespart wurden:

der sich in weiten Teilen ausbreitende Fundamentalismus und die zunehmende Radikalisierung von Heranwachsenden und jungen Erwachsenen unter den Muslimen in Berlin und in Deutschland,die Folgen der frühen Familiengründung und durchschnittlich höheren Kinderzahl bei den Muslimen. In Berlin stellen die Muslime einen Bevölkerungsanteil von 8–10 Prozent, aber ihr Anteil an den Schulkindern liegt bereits bei 15–20 Prozent. Amtliche Statistiken dazu gibt es leider nicht,der überdurchschnittliche Anteil der jungen Muslime an der Gewaltkriminalität,der weitverbreitete Antisemitismus unter den Berliner Muslimen,die unterdurchschnittlichen Bildungsleistungen, der niedrige Anteil qualifizierter Berufe und die niedrigen Beschäftigungsquoten der Muslime im Erwerbsalter.

Michael Müller argumentierte im Berliner Wahlkampf nicht anders, als es jeder beliebige Vertreter von SPD, CDU, Grünen oder Linken getan hätte. In Bezug auf den Wahlausgang der Abgeordnetenhauswahl 2016 half das offenbar nicht. Für die Regierungsparteien SPD und CDU wurde sie zum Desaster.

Der Durchschnittseuropäer, der weder als Muslim aufgewachsen ist noch Islamwissenschaften studiert hat, kann sich über das »Wesen« des Islam und die Frage, ob dieser Religion bestimmte Gefahren innewohnen, die Muslime auch gefährlich werden lassen, naturgemäß kein Bild machen. Er kennt ja kaum seine eigene Religion, falls er überhaupt religiös ist. Andererseits wird der Durchschnittseuropäer mit Erscheinungen (bzw. mit Behauptungen über Erscheinungen) konfrontiert, die viele beängstigen: Terrorismus, Fundamentalismus, Unterdrückung von Frauen, Kopftuchzwang, überdurchschnittliche Kriminalität, unterdurchschnittliche Bildung, hohe Geburtenrate, großer Einwanderungsdruck, Rückständigkeit in den Herkunftsländern usw. Was ist davon Vorurteil? Was ist Verleumdung? Was hat ganz andere Ursachen als die Religion? Und wie schlimm und gefährlich ist das alles? Bis zu welchem Grad kann man es ändern? Und wie?

Im Angesicht des Islam ziehen sich »die Kirchen in Deutschland (...) auf Allgemeinplätze zurück, weil sie sich mit allen Religionsgemeinschaften in einem Boot sehen«, und bevorzugen eine Schönwetterdogmatik. Als der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert im Januar 2017 über die religiöse Prägung des Grundgesetzes sprach und konstatierte, wir müssten mit dem Abschied von kultureller Homogenität leben, erwähnte er den Islam mit kaum einem Wort.17 Die Frage, ob der Islam als solcher mit unseren kulturellen Grundwerten in Einklang steht und welcher Art das Spannungsverhältnis ist, wird weitgehend tabuisiert.

Mathias Rohe fordert, man dürfe »den Islam und sein Normensystem« nicht »entgegen allen historischen und gegenwärtigen Erfahrungen als unveränderliche, durchweg gegen säkular-rechtsstaatliche Ordnungen gerichtete Größe ansehen«, sondern müsse sich »mit der Vielfalt und Dynamik dieses Systems« konfrontieren.18 Das ist richtig, aber eine Religion existiert nicht unabhängig von ihren Gläubigen. Ihr Inhalt wird dadurch bestimmt, was die Gläubigen glauben, und kann deshalb genauso widersprüchlich sein wie die Überzeugungen der Gläubigen. Entscheidend ist also die Frage: Was glauben Muslime, und wie wirkt sich ihr Glaube auf ihr Verhalten aus? Die Frage nach dem »Wesen« des Islam ist zwar sinnvoll. Ihr Erkenntniswert wird aber dadurch begrenzt, dass die Frage nach dem »Wesen« einer Religion nicht getrennt werden kann von der Praxis der Gläubigen.

Bei heterogen zusammengesetzten Gruppen kann in Bezug auf einzelne Gruppenmitglieder die eine Aussage und in Bezug auf andere Gruppenmitglieder das Gegenteil davon wahr sein. Zu allgemeinen Aussagen kann man nur kommen, wenn man die vielen widersprüchlichen Aussagen in einer Häufigkeitsverteilung oder einem statistischen Durchschnitt verdichtet. Zu den Gefahren des Islam gilt deshalb: Für Einzelne mag das eine stimmen, für andere aber gilt genau das Gegenteil – wie bei Ayaan Hirsi Ali und ihrer Schwester. Es ist also auch eine Frage der statistischen Relationen und der Dauerhaftigkeit der zugrunde liegenden Verhaltensmuster. Die individuelle Erzählung hilft nur begrenzt, denn es gibt sowohl negative als auch positive Beispiele in großer Zahl. Entscheidend ist das Verhältnis der Zahlen, ihr positiver oder negativer Trend, die Gefährlichkeit negativer Erscheinungen, die Wahrscheinlichkeit endogener Veränderungen und die Möglichkeit, Veränderungen exogen zu bewirken.

Vieles deutet darauf hin, dass im Islam eine Tendenz zum Beleidigtsein und zum Sich-angegriffen-Fühlen angelegt ist, die mit unseren Begriffen von Meinungsfreiheit und Demokratie schwer vereinbar ist. Über dem Schriftsteller Salman Rushdie schwebt seit 1989 eine Todesdrohung der Islamischen Republik Iran wegen seines Romans Die satanischen Verse, der angeblich Mohammed und den Islam beleidigt. Der dänische Zeichner Kurt Westergaard ist seit 2002 wegen seiner Mohammed-Karikaturen Gegenstand konkreter Mordpläne und steht unter ständigem Polizeischutz. Die Schriftstellerin Sabatina James wurde in einer muslimischen Familie in Pakistan geboren und wuchs in Österreich auf. Sie weigerte sich, den Cousin zu heiraten, den die Familie ihr als Ehemann zugedacht hatte, und konvertierte zum Christentum. Von ihrer in Österreich lebenden Familie wird sie seitdem mit dem Tod bedroht. Sie lebt an einem unbekannten Ort. Der deutsche Publizist Hamed Abdel-Samad hält sich mittlerweile wegen der Todesdrohungen gegen ihn an einem unbekannten Ort im Ausland auf und steht unter ständigem Polizeischutz.

Solche Ereignisse und die seit Jahrzehnten wachsende Radikalisierung unter Muslimen überall auf der Welt waren ein Anstoß für dieses Buch. An seinen Anfang stelle ich die Frage nach dem »Wesen« des Islam. Meine Antwort suche ich im Text des Korans, so wie ich ihn als verständiger Laie ohne Kenntnisse des Arabischen in deutscher Sprache verstehe. Von daher versuche ich, das Spektrum der Deutungen des Islam aufzufächern, und untersuche näher, was Muslime unter dem Islam verstehen und wie der Islam die Lebenswelt, die Gesellschaften und die Mentalität der Muslime prägt. Dazu sammle ich verfügbare Fakten und interpretiere ihren inneren Zusammenhang. Bei meinen Deutungen versuche ich, nicht voreilig zu sein. Wer ihnen nicht folgt, wird die von mir dargelegten Fakten gleichwohl nicht übergehen können. Er muss sie in diesem Falle anders erklären. Ein bisschen ist es dann wie in einem Indizienprozess: Voneinander unabhängige Fakten, die jede für sich eine andere Erklärung haben mögen, können zusammen Schlussfolgerungen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ergeben, denen sich der verständige Betrachter eigentlich nicht entziehen kann.

Im Verlauf des Buches spanne ich einen Bogen von den Aussagen des Korans zur mentalen Prägung der Muslime, von da weiter zu Eigenarten und Problemen muslimischer Staaten und Gesellschaften und schließlich zu den Einstellungen und Verhaltensweisen von Muslimen in den Einwanderungsgesellschaften des Westens. Die Erkenntnisse daraus haben einen gruppenbezogenen statistischen Charakter. Sie beschreiben stochastische Zusammenhänge, die niemals sichere Rückschlüsse auf einzelne Personen oder auf die Kausalität einzelner Ereignisse zulassen. Das vermindert aber nicht ihre empirische Relevanz oder ihren teilweise bestürzenden Charakter. Statistische Erkenntnisse über die gesundheitlichen Risiken des Rauchens werden ja auch nicht widerlegt durch den Umstand, dass der Kettenraucher Helmut Schmidt 95 Jahre alt wurde.

Kapitel 1Die Religion des Islam

Der Inhalt der koranischen Offenbarung

Im islamischen Glauben ist der Koran das Wort Gottes – ausgesprochen und den Menschen überbracht durch seinen Gesandten auf dieser Erde, den Propheten Mohammed.

Da ich zur Religion des Islam nicht von Behauptungen und Einschätzungen aus zweiter Hand leben möchte, habe ich den Koran in der Übersetzung von Rudi Paret von der ersten bis zur letzten Zeile gelesen.19 Paret äußert in seinem Vorwort die Einschätzung, »daß der Text im großen ganzen zuverlässig ist und den Wortlaut so wiedergibt, wie ihn die Zeitgenossen aus dem Munde des Propheten gehört haben«. Aus seiner Sicht gibt es »keinen Grund anzunehmen, daß auch nur ein einziger Vers im ganzen Koran nicht von Mohammed selber stammen würde«.20 Unklar ist dagegen die Entstehung der Zusammensetzung des Textes, auch innerhalb der Suren. Die 113 Suren sind nicht nach Inhalt, sondern in absteigender Reihenfolge nach ihrer Länge geordnet. Wie Paret schreibt, wird »das richtige Verständnis des Korans (...) dadurch besonders erschwert, daß die Ausdrucksweise des Originals oft abrupt und unausgeglichen ist«.21

Die Entstehungsgeschichte des koranischen Textes mitsamt der Vielfalt der Einflussfaktoren ist seit langer Zeit Gegenstand intensiver Forschungen.22 Liest man den Text historisch-kritisch, so vergrößert sich die Bandbreite seiner Aussagen erheblich.23 In der neueren Forschung wird vielfach bezweifelt, dass der Text des Korans von Mohammed stammt. Es wird angenommen, dass manche Teile deutlich älter sind, während andere erst im 9. Jahrhundert entstanden.24 Der tatsächliche historische Weg der Textentstehung ist allerdings für die religiöse Rolle des Korans als Offenbarungstext ohne Belang.

Der koranische Text ist an vielen Stellen schwer verständlich. Es gibt keine erkennbare Gliederung, in den meisten Suren auch keinen erkennbaren roten Faden und zudem ungeheuer viele Wiederholungen. Diese wiederum erleichtern das Verständnis der wesentlichen Aussagen. Gläubige Muslime nehmen in ihrer großen Mehrheit den Text des Korans als Botschaft Gottes wörtlich. So wird es vom Gesandten Gottes, dem Propheten Mohammed, verlangt, und so sehen es auch überwiegend die heute im Islam verbreiteten Lehrmeinungen.

Eine historisch-kritische Interpretation des Textes könnte – ähnlich wie im Fall der Bibel – auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Sie gilt aber bei vielen Autoritäten des Islam als unislamisch. Die Anhänger einer historisch-kritischen Argumentation werden mit dem Vorwurf der Gotteslästerung (Apostasie) konfrontiert oder müssen gar um ihr Leben fürchten. Der aus der Türkei stammende, an der Universität Frankfurt lehrende Islamwissenschaftler Ömer Öszoy weist auf den unscharfen, bedeutungsreichen Charakter der arabischen Sprache hin, der dem Übersetzer großen Spielraum gibt und unterschiedliche Interpretationen ermöglicht. Man muss aus seiner Sicht auch die historischen Umstände der Offenbarung einbeziehen, sodass sich ein ähnliches Vorgehen wie bei der historisch-kritischen Bibelexegese empfiehlt. Allerdings ist diese Verfahrensweise bei der Koranexegese unüblich und wird von vielen Muslimen als »Reformtheologie« abgelehnt.25

Die Kernaussagen des Korans sind über den gesamten Text mehr oder weniger willkürlich verstreut und wiederholen sich vielfach. In der folgenden Darstellung ordne ich die Aussagen des Korans nach Gegenständen.VIII Gerade durch die Fülle der Wiederholungen gewinnt der oft zusammenhanglose Text eine überraschende Klarheit. Versteht man ihn wörtlich, so lässt er wenig Raum für Missverständnisse. Soweit ich im Folgenden die Aussagen des Korans interpretiere oder in einen Zusammenhang bringe, folge ich dabei ausschließlich meinem unmittelbaren Textverständnis aus der sorgfältigen Lektüre der Übersetzung von Rudi Paret. Ich klammere dabei bewusst alles aus, was ich ansonsten über den Koran und den Islam gehört und gelesen habe. So möchte ich der vorurteilsfreien Sicht eines verständigen Betrachters sine ira et studio möglichst nahekommen:

Gott

Immer wieder wird im Koran die Größe und Allmacht Gottes beschworen. Die meisten Suren beginnen mit seinem Lobpreis: Gott ist allmächtig, Er weiß alles, was auf der Welt geschieht, sieht alles, kennt jeden Gedanken, und nichts geschieht ohne seinen Willen. Er hasst die Ungläubigen, sie kommen alle in die Hölle. Barmherzig ist er nur zu den Gläubigen, sie kommen ins Paradies:

»Gott ist der Schöpfer von allem (...) Er ist Sachwalter über alles. Er hat die Schlüssel von Himmel und Erde.« (39/62 f.)26»Gott gehört der Osten und Westen. Wohin ihr euch (beim Gebet?) wenden möget, da habt ihr Gottes Antlitz vor euch. Er umfasst (alles) und weiß Bescheid.« (2/115)»Gottbezeugt,daßeskeinenGottgibt,außerihm.[...]ErsorgtfürGerechtigkeit.EsgibtkeinenGottaußerihm.(Erist)derMächtigeundWeise.»(3/18)»Gottvergibtnicht,daßmanihm(andereGötter)beigesellt.»(4/116)»UndGotthatgesagt:NehmteuchnichtzweiGötter!EsgibtnureineneinzigenGott.Vormir(allein)solltihrdarumAngsthaben.«(16/51)»Ihr Menschen! Ihr seid es, die arm und auf Gott angewiesen sind. Gott aber ist es, der reich (...) und des Lobes würdig ist. Wenn er will, läßt er euch vergehen und eine neue Schöpfung (...) kommen (...)« (35/15 f.)»GottistderFreundderer,diegläubigsind.ErbringtsieausderFinsternishinausansLicht.DieUngläubigenaberhabendieGötzenzuFreunden.[...]Sie(...)werdenInsassendesHöllenfeuersseinund(ewig)darinweilen.«(2/257)»ÜberdieZeichenGottesstreitennurdiejenigen,dieungläubigsind.«(40/4)»Siewerden(schonnochzu)wissen(bekommen,wasmitihnengeschieht),(...)wennsie(...)FesselnundKettenanihremHalshabenund(...)indasheißeWassergezerrtwerdenundhieraufdasHöllenfeuermitihnengeschürtwird.«(40/70f.)

Diese wenigen Verse umfassen im Grunde die zentrale Botschaft des ganzen Korans:

die Allmacht und Allwissenheit des einzigen Gottes,die ewige Verdammnis all jener, die nicht an ihn glauben,die Barmherzigkeit gegenüber den Gläubigen und ihre Erhebung über die Ungläubigen.

Mit dem Ruf »Gott ist groß« (»Allahu akbar«) stürzten sich seit Mohammeds Zeiten die Gläubigen in den Kampf gegen die Ungläubigen. Und denselben Ausruf hat offenbar seit Jahren nahezu jeder Terrorattentäter auf den Lippen. Wo endet der Glaubenskern des Islam, und wo beginnt sein Missbrauch?

Mohammed und die koranische Offenbarung

Mohammed sah sich als den jüngsten Propheten in der Tradition der Propheten des Alten Testaments: Auch Jesus war für ihn nur ein Prophet in einer Reihe, die in ihm, Mohammed, Abschluss und Höhepunkt fand. Immer wieder bezieht er sich im Koran auf Erzählungen aus dem Alten Testament. Mannigfach wiederholt werden im Koran seine Klagen, dass viele auf ihn nicht hören wollen. Ihnen droht er in immer neuen Wendungen die Höllenstrafe an, während er umgekehrt denjenigen, die an seine Botschaft glauben, das Paradies verspricht. Den Umstand, dass ihm die koranische Offenbarung seiner Meinung nach zuteilwurde, hält er für den Beweis ihrer Wahrheit. Wer ihm nicht glaubt oder seine Worte bezweifelt, ist verstockt und böswillig und deshalb moralisch minderwertig:

»Mohammed ist der Gesandte Gottes. Und diejenigen, die mit ihm (gläubig) sind, sind den Ungläubigen gegenüber heftig, unter sich aber mitfühlend.« (48/29) »Euer Landsmann (...) ist nicht fehlgeleitet und befindet sich nicht im Irrtum.« (53/2)»Ichfolge(...)dem,wasmirvonmeinemHerrn(alsOffenbarung)eingegebenwird.Dies(...)sindsichtbareBeweisevonunseremHerrnundeineRechtleitungundBarmherzigkeitfürLeute,dieglauben.«(7/203)Die koranische Offenbarung »isteinevonunshinabgesandte,gesegneteSchrift.Folgtihrundseidgottesfürchtig!Vielleichtwerdetihr(dann)Erbarmenfinden.«(6/155)»Er(d.h.derKoran)istdieAussageeinesvortrefflichenGesandten,nichtdieeinesDichters.«(69/40f.)»UndwennderKoranvorgetragenwird,dannhörtzuundhaltet(...)Ruhe.«(7/204)»Aber nun ist ein klarer Beweis und Rechtleitung und Barmherzigkeit von eurem Herrn zu euch gekommen. Und wer ist frevelhafter, als wer die Zeichen (...) Gottes für Lüge erklärt und sich davon abwendet?« (6/157) »Denen, die unsere Zeichen für Lüge erklären und sie hochmütig ablehnen, werden (dereinst) die Tore des Himmels nicht geöffnet, und sie werden solange nicht in das Paradies eingehen, bis ein Kamel in ein Nadelöhr eingeht. So vergelten wir (dereinst) den Sündern. Sie bekommen die Hölle zum Lager. Und auf ihnen sind Decken (aus Höllenfeuer). So vergelten wir (dereinst) den Frevlern.« (7/40 f.)»Denjenigen,dieglaubenundtun,wasrechtist,werdendieGärtenderEinkehralsQuartierzuteil(...)fürdas,wassie(...)getanhaben.Diejenigenaber,diefreveln,wirddasHöllenfeueraufnehmen.Sooftsieausihmherauskommenwollen,werdensiewiederhineingebracht.«(32/19f.)

Mohammed war natürlich auch Mensch, und als solcher liebte er offenbar die Frauen. Mit einer Begrenzung auf vier Ehefrauen, wie er sie ansonsten im Koran für die Gläubigen verfügt hatte, wollte er sich für seine Person nicht zufriedengeben. Zur Lösung des Problems übersandte ihm Gott eine Offenbarung, die Mohammed (und nur ihm unter den Gläubigen) mehr als vier Ehefrauen gestattete: »Prophet!WirhabendirzurEheerlaubt:deine(...)Gattinnen,denenduihrenLohn(...)gegebenhast;wasdu(anSklavinnen)besitzt,(ein, Besitz,der)dirvonGott(alsBeute)zugewiesen(wordenist);dieTöchterdeinesOnkelsunddeinerTantenväterlicherseitsunddeinesOnkelsunddeinerTantenmütterlicherseits,diemitdirausgewandertsind;(weiter)eine(jede)gläubigeFrau,wennsiesichdemProphetenschenktunder(seinerseits)sieheiratenwill.Das(letztere?)giltinSonderheitfürdichimGegensatzzuden(anderen)Gläubigen.«(33/50)

Die Muslime

Die Muslime sind durch ihren Glauben von Gott ausgezeichnet. Sie können deshalb zu Recht auf die Ungläubigen herabsehen und bilden eine besondere Gemeinschaft, die untereinander im Glauben wetteifert und dereinst ins Paradies eingehen wird. Sie stehen im Rang genauso über den Ungläubigen, wie Mohammed im Rang über der Gemeinschaft der Muslime steht:

»Und so haben wir euch (Muslime) zu einer in der Mitte stehenden Gemeinschaft gemacht, damit ihr Zeugen über die (anderen) Menschen seiet und der Gesandte über euch Zeuge sei.« (2/143) »Als der Vornehmste gilt bei Gott derjenige von euch, der am frömmsten ist.« (49/13) »Und die gläubigen Männer und Frauen sind untereinander Freunde und bilden eine Gruppe für sich.« (9/71) »Gott hat den gläubigen Männern und Frauen Gärten versprochen, in deren Niederungen (...) Bäche fließen, daß sie (ewig) darin weilen, und gute Wohnungen in den Gärten von Eden.« (9/72)

Der Glaubensinhalt des Islam und die Pflichten des guten Muslims

Der Islam ist keine sehr komplizierte Religion: Man muss an den einzigen wahren Gott glauben und einige Verhaltensvorschriften beachten: »DieFrömmigkeit(...)besteht(…)darin,dassmananGott,denJüngstenTag,dieEngel,dieSchriftunddenProphetenglaubtundseinGeld–mageseinemnochsoliebsein–denVerwandten,denWaisen,denArmen,dem,derunterwegsist,(…)denBettlernundfür(denLoskaufvon)Sklavenhergibt,dasGebetverrichtetunddieAlmosensteuerbezahlt.«(2/177) An anderer Stelle heißt es ganz ähnlich:»SeligsinddieGläubigen,dieinihremGebetdemütigsind,GeredekeinGehörschenken,derAlmosensteuernachkommen«,nur mit ihren Ehefrauen und ihren Sklavinnen sexuell verkehren, »dasihnenanvertrauteGuttreuverwalten,ihreVerpflichtungerfüllenundihreGebeteeinhalten.Dassinddie,diedieErbensind,diedasParadieserbenundewigdarinweilenwerden.« Daneben besteht noch die Pflicht zur Wallfahrt nach Mekka und zum Fasten im Monat Ramadan. Für Leihgeschäfte dürfen keine Zinsen genommen werden. (30/39) Am Freitag soll man dem Gebetsruf folgen und die Geschäfte ruhen lassen. (62/9)

Im Übrigen gilt, dass man »dasdiesseitigeLeben«nichtüberschätzensoll,esist»nichtsalseineNutznießung,durchdiemansich(...)betörenlässt«.(57/20)Auch sollte man sich deshalb möglichst keine Sorgen machen, weil ohnehin alles vorherbestimmt und Gottes Wille ist:»KeinUnglücktrifftein,weder(...)aufderErdenochbeieuchselber,ohnedaßesineinerSchrift(...)wäre,nochehewireserschaffen.Dies(...)istGotteinleichtes.(...)damitihreuchwegendessen,waseuch(...)entgangenist,nicht(...)Kummermachtund(damitihr)euchüberdas,wasereuchgegebenhat,nicht(zusehr)freut(...)!Gottliebtkeinen,dereingebildetundprahlerischist.«(57/122f.)

Ganz wichtig ist der richtige Umgang. Immer wieder ruft der Koran die Muslime dazu auf, sich abzusondern und den Kontakt mit Ungläubigen zu meiden. Nur aus taktischen Gründen, wenn Muslime in der schwächeren Position sind, ist eine Ausnahme erlaubt.

»Die Gläubigen sollen sich nicht die Ungläubigen anstatt der Gläubigen zu Freunden nehmen. Wer das tut, hat keine Gemeinschaft (mehr) mit Gott. Anders ist es, wenn ihr euch vor ihnen (...) wirklich fürchtet. (In diesem Fall seid ihr entschuldigt.)« (3/28)»Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht Leute zu Vertrauten, die außerhalb eurer Gemeinschaft stehen!« (3/118)»Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht die Ungläubigen anstatt der Gläubigen zu Freunden!« (4/144)»Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht die Juden und die Christen zu Freunden!« (5/51)»Du wirst nicht finden, daß Leute, die an Gott und den jüngsten Tag glauben, mit denen Freundschaft halten, die Gott und seinem Gesandten zuwiderhandeln, auch wenn es ihre Väter, ihre Söhne, ihre Brüder oder ihre Sippenangehörigen wären.« (58/22)»Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht meine und eure Feinde zu Freunden, indem ihr ihnen (eure) Zuneigung zu erkennen gebt, wo sie doch nicht an das glauben, was von der Wahrheit (...) zu euch gekommen ist, und den Gesandten und euch (...) vertrieben haben (...), daß ihr an Gott, euren Herrn, glaubt.« (60/1)

Mohammed ruft die Muslime immer wieder dazu auf, sich abzusondern und den sozialen Umgang mit Ungläubigen zu vermeiden.

Die Ungläubigen

Religionen vertreten gewöhnlich zunächst nur die eigenen Interessen. Das galt auch für den jüdischen und den christlichen Glauben:

Die Juden hielten sich für das von Gott auserwählte Volk, dem von Gott als seine Heimstätte das Land Kanaan zugewiesen worden war. Das eroberten sie, dort wurden sie heimisch und verstreuten sich erst nach der Eroberung und Zerstörung Jerusalems durch den römischen Kaiser Titus über das Römische Reich. Für andere Religionen interessierten sie sich nicht. Sie unternahmen auch keine Bekehrungsversuche.Das Christentum entwickelte sich im Römischen Reich als Religion einer Minderheit gewaltfrei über 350 Jahre, bis es schließlich kurz vor der Völkerwanderung zur Staatsreligion wurde. Als Staatsreligion entwickelte es erst 600 bis 1000 Jahre nach seiner Entstehung auch aggressive Elemente, die sich in Kreuzzügen, Judenverfolgungen und zuletzt in den Religionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts äußerten. Die letzten Zuckungen davon sind aber im Verlauf des 18. Jahrhunderts erloschen.

Ganz anders der Islam, so wie er sich im Koran darstellt: Im religiösen Gehalt eher rudimentär, wenig abstrakt und kaum über den monotheistischen Ansatz des jüdischen und christlichen Glaubens hinausgehend, gewinnt der Koran seine Spannkraft einerseits aus der Ehrfurcht vor dem einzigen Gott, die er in sich wiederholenden Formulierungen immer wieder variiert, andererseits aber aus dem Hass auf die Ungläubigen. Dieser Hass ist ein zentraler Teil der koranischen Offenbarung, ein beherrschendes Thema der meisten Suren, und er findet machtvollen sprachlichen Ausdruck.

Diesen im Koran propagierten Hass muss man in Zusammenhang sehen mit Mohammeds Gebot, den sozialen Umgang mit Ungläubigen zu vermeiden, und dem im Koran kodifizierten Heiratsverbot zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Nachfolgend eine Auswahl aus den Hunderten von Stellen des Korans, in denen zum Hass gegen Ungläubige aufgerufen wird.

»Für ihre Lügenhaftigkeit haben sie (dereinst) eine schmerzhafte Strafe zu erwarten.« (2/10)»Gottes Fluch komme über die Ungläubigen.« (2/89)»Bei den Ungläubigen ist es, wie wenn man Vieh (...) anschreit, das nur Zu- und Anruf hört (...). Taub (sind sie), stumm und blind. Und sie haben keinen Verstand.« (2/171)»Und der Versuch, (Gläubige zum Abfall vom Islam) zu verführen, wiegt schwerer als Töten. Und sie werden nicht aufhören, gegen euch zu kämpfen, bis sie euch von eurer Religion abbringen – wenn sie (es) können.« (2/217)»Diese(GefolgsleutedesSatans)wirddieHölleaufnehmen(...)«(4/121)»Als die schlimmsten Tiere gelten bei Gott diejenigen, die ungläubig sind und (auch) nicht glauben werden (...).« (8/55)