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In den letzten Jahren hat die Nachfrage nach professionellen Hundetrainern stark zugenommen. Dies liegt an einem wachsenden Bewusstsein für die Bedeutung der richtigen Hundeerziehung und der steigenden Zahl von Hundebesitzern. Hundetrainer bieten eine Vielzahl von Dienstleistungen an, von Welpenschulen bis hin zu spezialisierten Verhaltenskorrekturen. Die Branche hat sich professionalisiert, mit zertifizierten Trainern und wissenschaftlich fundierten Trainingsmethoden. Viele Hundebesitzer machen unbewusst Erziehungsfehler, wie die Eingewöhnungsfalle und die Hundespielzeug-Schwemme. Es ist wichtig, dem Hund klare Strukturen und begrenzte, aber abwechslungsreiche Spielmöglichkeiten zu bieten. Klare Grenzen und konsequente Regeln sind essenziell für das Wohlbefinden des Hundes. Kommandos wie "Sitz" und "Platz" sollten konsistent und in passenden Situationen verwendet werden. Hilfsmittel wie Klicker und Futterbeutel sind nützlich, aber keine Allheilmittel. Die Vermenschlichung von Hunden führt oft zu Missverständnissen; daher ist es wichtig, ihre Bedürfnisse zu erkennen und zu respektieren. Bei der Auswahl des richtigen Hundes sollten der eigene Lebensstil und die Wohnsituation berücksichtigt werden. Leckerchen sind ein effektives Mittel zur Motivation, wenn sie richtig eingesetzt werden. Der Abschied von einem geliebten Hund ist schwer, aber einfühlsame Rituale können helfen, diesen letzten Weg würdevoll zu gestalten.
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Seitenzahl: 402
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Fifi Kurs
Band 1
Hundetraining mit
Jens Möller
individuell
partnerschaftlich
leise
2
Bildrechte Autorenfoto, Umschlag, Autoren Portrait: Jens Möller Alle Rechte, insbesondere das Reche der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren] ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert werden oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Der Autor hat dieses Werk mir höchster Sorgfalt erstellt. Dennoch ist eine Haftung des Autors ausgeschlossen. Die im Buch wiedergegebenen Aussagen spiegeln die Meinung des Autors wider und müssen nicht zwingend mit den Ansichten des Verlags übereinstimmen. Der Verlag und sein Autor sind für Reaktionen, Hinweise oder Meinungen dankbar.
Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an [email protected]
© 2024
Jens Möller Independently published Verlag
Bussardstrasse 6 * D-44577 Castrop-Rauxel
Layouts, Satz und Herstellung: Jens Möller / Deutschland Weitere Informationen zum Autor:
http://www.douglasmcleod.de
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Inhaltsangabe
VORWORTDer Hundetrainer-Boom
Vom Wesenstest zum Blümchen Training
KAPITEL 1Die Leckerchen - Lüge
KAPITEL 2Populäre Erziehungsfehler vermeiden Die Eingewöhnungsfalle
Die Hundespielzeug-Schwemme
Die »Zu schnell auf Du und Du« - Falle
Das »Den Hund Hund sein lassen« - Märchen
Nur schwerhörige Hunde brauchen eine laute Ansprache Der Welpenschutz - Mythos
Der »Die machen das unter sich aus« – Irrtum
Die Kastrationsfalle
Die »Mein Hund hat Angst - Ausrede«
Die Rücksicht - Bremse
Der »Hund und Kind müssen beste Freunde sein« – Leichtsinn Das »Halter schwer erziehbare« - Phänomen
KAPITEL 3Dem Hund Grenzen setzen
Mit der Leine artgerecht »beißen«
Problemhunde unterordnen
Mit Disziplin und Konsequenz Orientierung geben KAPITEL 4Die Kommando-Inflation
»Sitz« und »Platz«
»Komm« und »Hier«
»Nein«, »Aus« und »Ab«
»Bleib«
»Steh«, »Hopp« und »lauf«
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KAPITEL 5Überschätzte Hilfsmittel bei der Hundeerziehung Klicker
Halti
Futterbeutel
Geschirr
KAPITEL 6(Un-)Hündische Vermenschlichung Der »Mein Hund versteht alles, was ich sage – Mythos«
Das »Mein Hund lernt durch Bestrafung - Märchen«
Die »Der braucht ab und zu mal einen Klaps - Lüge«
Der Freudenpipi - Mythos
Der »Hunde haben Gewissensbisse« - Mythos
Das »ist Trotz oder Protest pinkeln« bellend - Missverständnis Der »Mein Hund ist beleidigt« - Irrtum
Das »Mein Hund ist traurig« - Märchen
Die »Mein Hund ist eifersüchtig« - Projektion
Die »Mein Hund liebt und vermisst mich« - Einbildung Falscher »Zicken Alarm«
Die »100 Prozent Verlass« - Floskel
KAPITEL 7Wie finde ich den richtigen Hund?
Hund und Halter sollten zusammenpassen
Die »Geiz ist geil« - Mentalität beim Hundekauf Typische Probleme mit Modehunden
Das Straßenhund-Phänomen
KAPITEL 8Leckerchen können auch erlaubt sein Der Rudelführer und sein Rudel
Leckerchen als Motivationsfaktor für Nicht alltägliches Tricks auf Sichtzeichen
Kleine Kunststückchen verbinden Hund und Halter Wie Hunde »Teamplayer« werden
Hunde — in der Riech-Liga ganz weit oben
Diese 10 Sachen hassen Hunde an Menschen
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KAPITEL 9Auf dem letzten Weg die Pfote halten Nachwort
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Vorwort
Herzlichen Glückwunsch, Du hast wahrscheinlich schon vor einiger Zeit die hervorragende Entscheidung getroffen, einen Hund in Deinem Leben willkommen zu heißen. Und darüber hinaus hast Du kürzlich beschlossen, diesen Ratgeber zu kaufen.
Damit hast Du gleich zwei gute Entscheidungen getroffen. Dein neues Familienmitglied gehört einer unglaublich tollen Rasse an, die es wert ist, dass sie ihr Leben lang gefordert und gefördert wird. Denn nur ein ausgelasteter Hund führt ein wirklich glückliches und ausgeglichenes Leben. Bevor Du die nächsten Seiten liest, solltest Du wissen, was Dich erwartet. Dieser Ratgeber wird Dir keine einfache Losung bieten, wie Du mit wenig Aufwand eine unvergleichliche Bindung zu Deinem Hund aufbaust. Dieser Ratgeber zeigt Dir keine Abkürzung zum Erfolg auf. Und das Wichtigste: Das Lesen alleine wird nichts verändern.
Der Erfolg dieses Ratgebers hängt ganz alleine von Dir ab. Und genau deshalb erklärt Dir dieser Ratgeber, wieso es so wichtig ist, dass das Hundetraining nicht mit der Welpenschule endet. Er zeigt Dir auf, wie Du Deinen ausgewachsenen Hund sein Leben lang noch weiter trainieren und entwickeln kannst. Denn wie wir Menschen, entwickeln sich auch Hunde stetig weiter, wenn wir ihnen die Möglichkeit dazu geben. Dieser Ratgeber wird Dir viele Methoden vorstellen, die Du alleine und ohne die Teilnahme an einer Hundeschule ausüben kannst. Das Einzige, was Du benötigst, ist der Wille und eventuell ein paar kleine Utensilien zur Unterstützung. Es ist ganz einfach und für jeden umsetzbar.
Dennoch möchte ich an dieser Stelle hinzufügen, dass ich gerade unerfahrenen Haltern als Ergänzung unbedingt den Besuch einer Hundeschule nahelege. Meine Frage an Dich lautet daher: Bist 7
Du bereit, jeden Tag - und ich meine wirklich jeden Tag - eures weiteren gemeinsamen Lebens einige Minuten zu investieren, um das Leben Deines Hundes spannender, interessanter und herausfordernder zu gestalten? Wenn ja, dann hast Du mit diesem Buch eine hervorragende Wahl getroffen. Da Du diese dritte Entscheidung getroffen hast, bist Du jetzt bereit, die nächsten Seiten zu lesen. Da es mir wirklich wichtig ist, dass Du mit Deinem Training Erfolg hast, möchte ich eines explizit an dieser Stelle erwähnen: Das Lesen dieses Buches kann natürlich nicht die enge Zusammenarbeit mit einem persönlichen Hundetrainer ersetzen. Beim Hundetraining kommt es sehr auf Feinheiten an.
Wenn Du zum ersten Mal einen Hund hältst oder ein sehr anspruchsvolles Exemplar hast, dass eventuell sogar verhaltensauffällig ist, empfehle ich Dir, als Ergänzung noch einen Hundetrainer mit ins Boot zu nehmen. Du wirst durch dieses Buch sehr viel lernen, aber eine Sache kann es Dir nicht bieten: Dass ein Profi sich Dein Training anschaut und Dir Tipps gibt, wie Du es noch besser gestalten kannst. Denn oft wirst Du es selbst gar nicht merken, wenn kleine Feinheiten noch nicht ganz passen. Für alle anderen, gerade für erfahrene Halter, die sich lediglich neue Inspirationen holen möchten, habe ich keine Bedenken, dass dieses Buch auch ohne Hundeschule und Hundetrainer ausreicht. Ich wünsche Dir daher viel Erfolg und von Herzen alles Gute für euch zwei.
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Der Hundetrainer-Boom
Deutschland und deine Hundeschulen. Der “Hundetrainer-Boom”
in Deutschland spiegelt das wachsende Interesse an professioneller Hundeerziehung und -training wider. Es gibt eine Vielzahl von Diensten und Schulen, die sich auf die Ausbildung von Hunden und ihren Besitzern spezialisieren. Im Park, am Flussufer oder auf umzäunten Plätzen. Überall werden Hunde ausgebildet, überall üben Gruppen oder einzelne Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern Kommandos, Leinenführigkeit und Co.
Heutzutage meldet man sein vierpfotiges neues Familienmitglied so selbstverständlich in der Welpenschule an wie die Kinder im Kindergarten. Und sobald bei der Erziehung »geringste«
Probleme auftauchen, kauft man sich einen schön bebilderten Hunderatgeber oder bucht gleich Einzelunterricht bei einem Trainer.
Es gibt mehrere Gründe für den Anstieg der Hundeschulen in Deutschland:
1. Wachsende Heimtierhaltung: Die Anzahl der Haustiere, insbesondere Hunde, hat zugenommen. Dies führt zu einer höheren Nachfrage nach professioneller Unterstützung bei der Erziehung und dem Training von Hunden.
2. Ökonomische Bedeutung: Die Heimtierhaltung, einschließlich der Hundehaltung, ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit jährlichen Ausgaben von etwa 5,6 Milliarden Euro allein für Hunde. Dies umfasst Ausgaben für Futter, Zubehör, Gesundheit, Versicherungen und eben auch für Hundeschulen.
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3. Soziale Bedeutung von Hunden: Hunde werden zunehmend als Sozialpartner und Familienmitglieder angesehen. Dies führt zu einem Bedürfnis nach besser ausgebildeten Hunden, die sich gut in das soziale Umfeld integrieren lassen.
4. Veränderte Lebenssituationen: Die Rolle von Hunden hat sich gewandelt. Während sie früher hauptsächlich als Nutz- und Arbeitstiere gehalten wurden, sind sie heute Freizeitbegleiter und bieten emotionale Unterstützung.
Dies erfordert eine
entsprechende Ausbildung, um ihre Rolle in der Gesellschaft zu erfüllen.
5. Qualitätssicherung: Mit der steigenden Anzahl von Hundeschulen steigt auch das Bedürfnis nach Qualitätssicherung in der Ausbildung.
6.Professionelle Hundeschulen bieten strukturierte Kurse und zertifizierte Trainer, um eine hohe Ausbildungsqualität zu gewährleisten.
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Diese Faktoren tragen gemeinsam zum “Hundetrainer-Boom”
und der Zunahme von Hundeschulen in Deutschland bei.
Seit der Jahrtausendwende hat der Markt der Hundetrainer und Hundeschulen einen beachtlichen Boom erlebt. Früher war Hundetraining eher etwas für »Freaks« oder Spezialisten und spielte sich in nach Rassen getrennten Vereinen ab, heute gibt es ein riesiges Angebot. Doch wie sieht es mit der Qualität aus?
Meine These: Es fehlen fähige Experten — und vieles von dem, was gelehrt wird, ist kontraproduktiv. Denn nicht jede Methode passt zu jedem Hund bzw. zu jedem Hunde-Umfeld.
Schema F in der Hundeerziehung — das funktioniert einfach nicht. Genauso wenig kann man Unarten einfach weg füttern, weg streicheln oder weg operieren.
Ich bin seit über 20 Jahren im Geschäft, lerne heute immer noch dazu und behaupte, dass maximal zehn Prozent all jener; die als Hundetrainer oder Hundepsychologen — beides (übrigens ungeschützte Titel — unterwegs sind, über ausreichend Erfahrung verfügen, um nicht nur mit »Blümchen Hunden« wie Labrador oder Golden Retriever, sondern auch mit Problemhunden fertigzuwerden. Die Begriffskreation »Blümchen Hunds« steht für Hunde, von denen man ironischerweise annehmen könnte, dass sie schon gut erzogen auf die Welt gekommen sind: Hunde, die nicht aggressiv sind, leicht folgen und keine Alphatier-Tendenzen haben. Problemhunde sind meist das genaue Gegenteil. Natürlich können auch Blümchen Hunde durch schlechte Erfahrungen, falsche Erziehung und jahrelange Vermenschlichung zu Problemhunden werden. Genauso wie manche Problemhunde nicht durch Aggressivität, sondern durch extremes Melde- und Unterwürfigkeitsverhalten auffallen. Dazu 12
später mehr. In jedem Fall fühlen sich viele Hundehalter angesichts des Ansturms unserer Hundeexperten und der Literaturschwemme über »moderne«, »artgerechte, »sanfte« und
»leise« Methoden der Hundeerziehung restlos überfordert. Die Aufklärungsarbeit entpuppt sich als schier endlose Aufgabe.
Warum? Weil es sich eingebürgert hat, die Hunde schon im Basistraining mithilfe von Leckerchen, auch Leckerli oder Goodies genannt, dazu zu bringen, das zu tun, was wir wollen, bzw. das nicht zu tun, was wir nicht wollen. Hundehalter haben sich in Hundefütterer verwandelt. Und genau darin liegt das Kernproblem, denn kaum ein Trainer wagt es, den Einsatz von Leckerchen zu hinterfragen. Schließlich kommen sie in fast jeder Hundesendung im Fernsehen wie auch in fast jeder Hundeschule zum Einsatz.
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Bei der Auswahl einer Hundeschule sollten Sie verschiedene Kriterien berücksichtigen, um sicherzustellen, dass Sie und Ihr Hund die bestmögliche Erfahrung und Ausbildung erhalten. Hier sind einige wichtige Punkte, die Sie in Betracht ziehen sollten: 1. Qualifikation der Trainer: Achten Sie darauf, dass die Trainer über eine fundierte Ausbildung im Umgang mit Hunden und Menschen verfügen und diese auch nachweisen können.
2. Trainingsmethoden: Die Schule sollte gewaltfreie Methoden anwenden und auf aversive Trainingshilfsmittel wie Würge- oder Stachelhalsbänder verzichten, da diese dem Hund schaden können.
3. Theorie und Praxis: Ein gutes Trainingsprogramm umfasst sowohl theoretische als auch praktische Elemente, um Ihnen ein umfassendes Verständnis für die Bedürfnisse und das Verhalten Ihres Hundes zu vermitteln.
4. Gruppengröße: Achten Sie auf angemessene Gruppengrößen, die individuelle Aufmerksamkeit und Lernerfolge ermöglichen.
5. Vielfalt der Trainingsorte: Wechselnde Trainingsorte können dabei helfen, den Hund auf verschiedene Umgebungen vorzubereiten und seine Anpassungsfähigkeit zu fördern.
6. Fortbildungen: Trainer, die regelmäßig Fortbildungen besuchen, bleiben auf dem neuesten Stand der Trainingsmethoden und können Ihnen aktuelle Erkenntnisse weitergeben.
7. Schnupper-Termin: Eine seriöse Hundeschule sollte Ihnen die Möglichkeit bieten, unverbindlich vorbeizuschauen und sich ein Bild von den Lehrmethoden zu machen.
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8. Philosophie der Hundeschule: Informieren Sie sich über die Philosophie und die Werte der Hundeschule. Diese sollten mit Ihren eigenen Vorstellungen von einer guten Hundeerziehung übereinstimmen.
9. Erfahrungen anderer Hundebesitzer: Lesen Sie Bewertungen und sprechen Sie mit anderen Hundebesitzern, um einen Eindruck von der Qualität und Zuverlässigkeit der Hundeschule zu bekommen.
10. Angebotene Kurse: Überprüfen Sie, ob die Schule Kurse anbietet, die zu den Bedürfnissen und dem Entwicklungsstand Ihres Hundes passen.
Diese Kriterien helfen Ihnen dabei, eine Hundeschule auszuwählen, die eine positive und effektive Lernumgebung für Sie und Ihren Hund bietet.
Die Industrie hat den Leckerchen - Boom mit vorangetrieben: Vor 30 Jahren gab es nur Frolic und allenfalls zwei bis drei andere Produkte, heute stehen in jedem Supermarkt meterlange Regale mit Leckerchen in allen Geschmacksrichtungen und Formen —
vom Markenprodukt über günstige Discounterartikel bis zu vermeintlich gesunden Bio - Leckerchen. Der “Leckerchen-Boom” bezieht sich auf den deutlichen Anstieg der Vielfalt und Verfügbarkeit von Hundesnacks auf dem Markt. Dieser Trend kann auf mehrere Faktoren zurückgeführt werden: 1. Erhöhte Nachfrage: Mit der steigenden Anzahl von Haustierbesitzern wächst auch die Nachfrage nach einer breiteren Palette von Snacks, die verschiedene Geschmäcker und Ernährungsbedürfnisse abdecken.
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2. Bewusstsein für Tiergesundheit: Es gibt ein wachsendes Bewusstsein für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Haustieren. Dies führt zu einer Nachfrage nach hochwertigen, gesunden Leckerchen, die oft als Teil einer ausgewogenen Ernährung angeboten werden.
3. Training und Erziehung: Leckerchen werden häufig als Belohnung im Training und bei der Erziehung von Hunden verwendet. Die Effektivität von positiver Verstärkung im Training hat zu einer größeren Beliebtheit von Leckerchen geführt.
4. Personalisierung: Haustierbesitzer suchen zunehmend nach Produkten, die auf die individuellen Bedürfnisse ihres Tieres zugeschnitten sind, einschließlich Leckerchen für spezielle Diäten oder zur Unterstützung bestimmter Gesundheitsbedingungen.
5. Innovationen in der Produktentwicklung: Hersteller haben auf die Nachfrage reagiert, indem sie innovative Produkte entwickelt haben, die von Bio-Leckerchen bis hin zu Snacks mit speziellen Funktionen wie Zahnpflege oder Fellpflege reichen.
6. Verfügbarkeit und Bequemlichkeit: Die Verfügbarkeit von Leckerchen in Supermärkten, Fachgeschäften und online hat zugenommen, was es einfacher macht, eine Vielzahl von Optionen zu finden und zu kaufen.
Diese Faktoren zusammen haben zu einer erheblichen Erweiterung des Angebots an Hundesnacks geführt, was den
“Leckerchen-Boom” ausmacht.
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In Zahlen: Allein im Jahr 2010 gaben die Deutschen 834 Millionen Euro für Futter und Leckerchen aus, für Babynahrung dagegen nur rund 556 Millionen.
(Quelle: Gesellschaft für Konsumforschung/ GIK) In diesem Buch erfahren Sie, warum die mithilfe von Leckerchen erzielten Erfolge oberflächlich und mitunter sogar gefährlich sind. Außerdem lernen Sie die zahlreichen »Geschwister der Leckerchen - Lüge kennen: das »Den Hund Hund sein lassen«-
Märchen, die Kommando - Inflation, die »Der braucht ab und zu mal einen Klaps«-Lüge sowie weitere Mythen und Irrtümer der Hundeerziehung, Selbstverständlich zeige ich Ihnen auch, wie Sie es besser machen können, und zwar anhand von praxisnahen und nachvollziehbaren Fallgeschichten aus meinem Alltag. Die Ausgangsfragen lauten: Wie würde ein Hund mit einem Hund umgehen? Und wie kann ich diese Hund-Hund-Erziehung für den Menschen und seinen Umgang mit einem Hund adaptieren? Das Ziel ist dabei immer: eine enge und vertrauensvolle Bindung zwischen Hund und Halter — ohne Bestechung durch Leckerchen. Damit nicht Sie beim Gassigehen Ihrem Hund hinterhergehen, sondern er Ihnen folgt. Jeder Hund kann das lernen — vorausgesetzt, Herrchen und Frauchen spielen mit und setzen als Leitfigur mit Konsequenz, Ehrgeiz, Leidenschaft, Lob und Tadel die richtigen Signale.
Wozu braucht man eigentlich eine Hundeschule? Früher haben wir unsere Hunde doch auch ohne Trainer erzogen ... Stimmt.
Früher; sprich vor dem Boom der Hundeschulen, gab es nicht weniger gut erzogene Hunde als heute. Naheliegende Frage: Was hat die Hundehalter in Deutschland eigentlich dazu bewogen, den Hundeschulen die Türen einzurennen? Drei Stichworte: Medienhysterie, Gesetzeschaos, Verunsicherung, Eine Kettenreaktion. In Deutschland gibt es eine beachtliche Anzahl 17
von Hundehaltern. Laut einer Statistik gab es im Jahr 2021 etwa 12,27 Millionen Hundebesitzer in Deutschland. Es ist zu beachten, dass diese Zahl sich auf die Anzahl der Hundebesitzer bezieht, nicht auf die Anzahl der Hunde. Die tatsächliche Anzahl der Hunde könnte höher sein, da einige Haushalte mehr als einen Hund besitzen können. Diese Zahlen zeigen, wie beliebt Hunde als Haustiere in Deutschland sind und warum Dienstleistungen rund um Hunde, wie Hundeschulen und Hundesnacks, so gefragt sind.
Alles beginnt mit einem schrecklichen Vorfall: Am 26. Juni 2000 ereignete sich ein tragischer Vorfall in Hamburg, der deutschlandweit für Aufsehen sorgte und zu einer intensiven Debatte über die Einführung einer Kampfhundeverordnung sowie Kritik am Versagen der Behörden führte. Hier sind die Details:
•Opfer: Der damals sechsjährige Volkan Kaya spielte auf einer Wiese neben seiner Grundschule Fußball, als er von zwei Kampfhunden, einem Staffordshire-Mischling namens “Gipsy”
und einem Pitbull namens “Zeus” , angegriffen wurde. Die Hunde stürzten sich auf Volkan, rissen ihn um und verbissen sich in sein Gesicht, seinen Kopf und seinen Nacken. Trotz der Bemühungen von Zeugen und Polizei verstarb Volkan auf dem Schulhof aufgrund seiner massiven Verletzungen.
•Täter: Die Hunde wurden von ihrem Halter, dem 23-jährigenIbrahim K. , und seiner Freundin, der 19-jährigen Silja W. , ausgeführt. Beide Hunde griffen Volkan an, wobei vor allem der Rüde Zeus die tödlichen Verletzungen verursachte.
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•Reaktionen und Konsequenzen: Der Vorfall löste eine intensive Debatte aus. Die Hansestadt Hamburg verschärfte ihre Hundeverordnung, und es herrschte seltene Einigkeit unter den Parteien im Kampf gegen so genannte “Kampfhunde”. Am 1.
April 2006 trat das wohl schärfste Hundegesetz der Republik in Kraft. Dennoch hätte Volkan vielleicht noch leben können, wenn die Behörden die damals gültige Hundeverordnung gewissenhaft umgesetzt hätten. Ibrahim K. und die beiden Hunde waren bereits aktenkundig, aber die Behörden griffen nicht ein, obwohl die drohende Gefahr bekannt war.
Dieser tragische Vorfall verdeutlicht die Bedeutung verantwortungsbewusster Hundehaltung und die Notwendigkeit, sowohl die Tiere als auch die Menschen zu schützen.
Die beiden Hunde sind ausgerissen und über eine Mauer im Hinterhof auf das Schulgelände gelangt. Sie verbeißen sich in den Jungen und können erst mit Schusswaffenhilfe von der Polizei gestoppt werden. Der Junge stirbt, der Fall erregt in der Presse riesige Aufmerksamkeit. Schnell ist in den Schlagzeilen pauschal von »Killerbestien« die Rede — obwohl sich bald herausstellt, dass der Hundehalter wegen Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes vorbestraft ist und sich wiederholt geweigert hat, seine Hunde anzuleinen und ihnen einen Maulkorb umzulegen.
Fortan findet jeder mittlere bis schwerere Beißzwischenfall zwischen Flensburg und Freiburg den Weg in die Zeitungen oder ins Fernsehen, das Thema steht auf der Medienagenda wochenlang ganz oben und die Politiker — nicht nur in Hamburg geraten unter Zugzwang, Ein »Wir tun doch was Gesetz muss her, und zwar möglichst schnell. Nicht nur die sogenannten Kampfhunde, sondern praktisch alle größeren Hunde stehen 19
plötzlich unter Generalverdacht. Die Bundesländer erlassen hastig neue Hundeverordnungen, die Koordination untereinander bleibt auf der Strecke. Die Folge: ein Chaos, bei dem am Ende keiner mehr so richtig durchblickt — weder die Verantwortlichen in den Amtsstuben noch die Hundehalter. Auch die Besitzer von Nicht-Kampfhunden wie Boxer und Französische Bulldogge müssen sich angesichts der angespannten Lage immer öfter Sätze wie
»Warum trägt ihr Kater keinen Maulkorb?« oder »Der gehört eingeschläfert anhören. Ich kenne sogar Halter, deren Hunde einfach so von wildfremden Menschen getreten wurden, ohne dass das Tier zuvor irgendeine aggressive Reaktion gezeigt hätte.
Deutschland wittert überall Killer Bestien, mal abgesehen von Kleinkalibern wie Yorkshireterrier, Dackel und Chihuahua ist jeder Hund verdächtig.
IRRTUM NR. 1
»Heutzutage muss jeder Hund in die Hundeschule.«
Falsch! Wer seinen Hund von vornherein gut sozialisiert und konsequent erzieht, kann sich die Hundeschule sparen. Sie müssen ihren Hund genauso wenig in der Hundeschule anmelden wie ihr Kind beim Töpferkurs oder in der Musikschule — aber Sie können. Natürlich schadet es nicht, eine Welpen - oder Junghundegruppe aufzusuchen. Ihr Hund sollte nebenbei aber auch erwachsene, sozial verträgliche Hunde treffen, die ihm artgerecht Grenzen aufzeigen.
Die üblichen Fragen: 1) »Mein Hund darf nicht mehr frei laufen, aber weil er gar nicht an die Leine gewöhnt ist, macht er jetzt Radau und streitet sich mit anderen Hunden.«
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2) »Da er durch die neu eingeführte Leinenpflicht nicht ausgelastet ist, soll unser Hund nun lernen, an der Leine neben dem Fahrrad zu laufen.« Auch typisch: 3) »Mein Hund durfte früher immer mit ins Büro, aber mein Chef will das jetzt nicht mehr: Wie bringen wir ihm bei, allein zu Hause zu bleiben?«
Klar; dass wiederum in erster Linie größere Hunde betroffen waren, und natürlich in besondere jene, die in den neuen amtlichen Listen als gefährlich eingestuft wurden. Nach dem Hamburger Vorfall standen, je nach Bundesland, etwa 45 Rassen im Fokus. Darunter die Üblichen Verdächtigen wie Bullterrier; Rottweiler und Staffordshireterrier, aber auch der Rhodesian Ridgeback, der kurz darauf als Familienhund Karriere machte und heute in jeder deutschen Fußgängerzone zu sehen ist. 2002
wurde er nach mehreren Überprüfungen wieder aus den Listen gestrichen. Da liegt die Frage auf der Hand: Wie konnten innerhalb von Tagen und Wochen um die 45 Hunderassen als Bedrohung für die Allgemeinheit ermittelt werden? Wusste vorher niemand von ihrer Gefährlichkeit? Die Verantwortlichen in den Bundeslindern haben unter Zeitdruck Hundeatlanten gewälzt und Rassenbeschreibungen gelesen. Und sobald Attribute wie »groß«, »schwer, »starker Beutetrieb« oder »hyperaktiv«
diagnostiziert wurden, stand die Rasse schon so gut wie auf der schwarzen Liste. Hinzu kam wahrscheinlich die oberflächliche Schnellanalyse der Vorjahre: Welche Rasse ist in der Beißstatistik besonders aufgefallen? Nachdem die Behörden feststellen mussten, dass ihre Liste nicht mehr aktuell ist, entwickelten sie eine neue Liste. Und plötzlich standen weitere Hundehalter vor der Frage: Was nun? Die neuen schwarzen Listen sorgten bei den betroffenen Hundehaltern für große Verunsicherung: »Ach du 21
Schreck, wir haben einen »Kampfhund«. In der Öffentlichkeit schlug die Besorgnis vielfach in Hysterie um, einige Hundefreunde sprachen sogar von »Hundephobie«. Für Halter von »Listenhunden« wurde das Gassigehen nach dem tödlichen Hundebiss vom Juni 2000 zum Spießrutenlauf. Ein Bullterrier brauchte nur freudig zu bellen, schon zogen die Halter von kleineren Hunden ihren Liebling ängstlich zur Seite.
Aktuelle Änderungen: Es gibt Bundesländer, die die Listen abgeschafft haben, da sie der Meinung sind, dass Hunde nicht allein aufgrund ihrer Rasse verurteilt werden sollten. Dazu gehören Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen.
•Verbotene Rassen: Bundesweit sind Rassen wie der AmericanPit Bull Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier, FilaBrasileiro, Tosa Inu und alle Kreuzungen davon verboten.
•Zuchtverbot: Die oben genannten Rassen dürfen in Deutschland nicht mehr gezüchtet oder gekreuzt werden:
Die Medienhysterie trieb einen Keil zwischen die Halter von großen und kleinen Hunden. Bei großen Hunden wurde permanent das Anleingebot eingefordert, bei kleineren Rassen galt in dieser Hinsicht dagegen meistens Gnade vor Recht. Aber auch bei ihren Haltern läuteten schnell die Alarmglocken: Wehe, wenn sich der nicht angeleinte kleine Liebling einem angeleinten
»Großen« nähert. Viel zu gefährlich! In der Folge galt aus Sicht der Halter völlig unabhängig von Rasse und Größe: Ich muss meinen Hund noch besser beherrschen, im Idealfall ist er aus jeder Situation aufs Wort abrufbar. Das war allerdings pure Theorie. Viele Hunde hörten nur widerwillig bis gar nicht aufs Wort, auch wenn sie vorher in den allermeisten Fällen keinen 22
Ärger verursacht hatten. Viele Halter wiederum wussten nicht mehr, wie sie ihren früher meistens frei laufenden und nun angeleinten Hund ausreichend beschäftigen und auslasten sollten
- denn ausgewiesene Freilaufflächen, wo das Anleingebot nicht galt, waren (und sind) in den meisten Städten Mangelware. Dort, wo es sie gab, bildeten sich schnell Cliquen, die jeden Neuling kritisch begutachteten und sich nach außen hin abschirmten.
Praktisch jeder Hundehalter stand unter Beobachtung. Damit begann der Boom der Hundeschulen.
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Vom Wesenstest zum Blümchentraining Ist jeder Hund gefährlich? Nein, nicht jeder Hund ist gefährlich.
Die überwiegende Mehrheit der Hunde sind freundliche und treue Begleiter. Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Hund gefährlich werden kann, insbesondere wenn er sich bedroht fühlt oder schlecht behandelt wurde. Die Gefährlichkeit eines Hundes hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter Erziehung, Training, Umweltbedingungen und die individuelle Persönlichkeit des Hundes. Es ist wichtig zu verstehen, dass Aggression bei Hunden oft aus Angst, Schutzverhalten oder Schmerz resultiert. Ein gut sozialisierter Hund, der positive Erfahrungen mit Menschen und anderen Tieren gemacht hat, ist in der Regel nicht aggressiv.
Verantwortungsbewusste
Hundehaltung, einschließlich Training und Sozialisierung, kann dazu beitragen, das Risiko von gefährlichem Verhalten zu minimieren. Zudem ist es wichtig, die Körpersprache und Verhaltenssignale von Hunden zu erkennen, um potenziell gefährliche Situationen zu vermeiden. Hunde kommunizieren viel durch ihre Körperhaltung, und das Verständnis dieser Signale kann helfen, Konflikte zu verhindern. In Deutschland werden bestimmte Hunderassen als potenziell gefährlich eingestuft und auf sogenannten “Listenhunden” geführt. Diese Einstufung basiert jedoch auf der Annahme, dass bestimmte Rassen eine höhere Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten haben, was von vielen Experten und Hundebesitzern angezweifelt wird. Es wird betont, dass nicht alle Hunde einer Rasse gefährlich sind und dass es immer auf das individuelle Tier ankommt. Allerdings gab es unter den Besitzern von schweren, muskulösen Hunden schon immer einige, die wirklich ein schwieriges Exemplar 24
hatten. Diese Leute standen seit dem Sommer 2000 so unter Druck, dass viele von ihnen sich früher oder später entschieden, ihren Hund einschläfern zu lassen. Das Image von Bullterrier und Co. war so tief in den Keller gesunken wie niemals zuvor; Obwohl die allermeisten Exemplare dieser Rassen noch nie zum Kampf eingesetzt worden waren, galten sie automatisch als
»Kampfhunde«. Nach dem Tod des sechsjährigen Jungen in Hamburg wurde allerorten diskutiert, wie der Gesetzgeber zukünftig gefährliche Hunde erkennen und einstufen könne. Ein Wesenstest für die als potenziell gefährlich eingestuften Tiere musste her. Eine Art Hundeführerschein. Am Ende beschlossen die Gesetzgeber in den meisten Bundesländern, dass die Wesensprüfung nur ausgewählte Tierärzte in Kooperation mit von den Behörden ausgewählten Testern durchführen sollten. So schließt man zumindest aus, dass die Tierärzte befangen agieren, weil sie befürchten, Patienten zu verlieren, wenn sie einen Hund durchfallen lassen. Was passiert bei einem Wesenstest? Bei einem Wesenstest werden bestimmte Verhaltenseigenschaften eines Hundes geprüft. Dieser Test ist besonders für Hunde vorgesehen, die durch aggressives Verhalten auffallen oder als sogenannte Listenhunde eingestuft sind. Der Wesenstest dient dazu, das vom Hund ausgehende Gefahrenpotential einzuschätzen und sicherzustellen, dass der Hund ein sozialverträgliches Verhalten zeigt. Der Ablauf eines Wesenstests kann variieren, aber im Allgemeinen beinhaltet er folgende Schritte: 25
1. Körperliche Untersuchung: Überprüfung auf Krankheiten, die zu aggressivem Verhalten führen könnten.
2. Gespräch mit dem Halter: Informationen über den Hund und dessen Haltung sowie mögliche Vorfälle, die das aggressive Verhalten des Hundes zeigen.
3. Verhaltensbeobachtung: Der Prüfer beobachtet das Verhalten des Hundes in seinem gewohnten Umfeld und in Interaktion mit anderen Menschen und Tieren.
4. Grundgehorsamstest: Überprüfung, ob der Hund gängige Kommandos wie „Sitz“, „Platz“, „Bleib“ oder „Komm“ befolgen kann.
Wenn der Hund den Wesenstest besteht, wird dies in der Regel als Nachweis für sein sozialverträgliches Verhalten angesehen. Sollte der Hund den Test nicht bestehen, können je nach Bundesland verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, wie z.B. spezielle Trainingskurse oder Haltungsauflagen. Es ist wichtig, dass sich Hundehalter über die spezifischen Bestimmungen in ihrem Bundesland informieren, da die Regelungen variieren können.
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IRRTUM NR. 2
Wer sich Hundetrainer oder Hundepsychologe nennt,der wird seinen Beruf schon verstehen. Das ist eine gängige Annahme, dass jemand, der sich als Hundetrainer oder Hundepsychologe bezeichnet, über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, um seinen Beruf auszuüben. In Deutschland gibt es jedoch keine einheitliche Ausbildung oder staatlich anerkannte Prüfung für diese Berufe. Daher kann die Qualität und das Fachwissen von Hundetrainern und Hundepsychologen stark variieren. Es ist wichtig für Hundebesitzer, die Dienste eines Trainers oder Psychologen in Anspruch nehmen möchten, sich über dessen Qualifikationen und Methoden zu informieren.
Empfehlungen von anderen Hundebesitzern, Tierärzten oder Tierschutzvereinen können hilfreich sein, um einen kompetenten Fachmann zu finden. Zudem sollten
Hundetrainer und Hundepsychologen eine gewisse Transparenz über ihre Arbeitsweise bieten und bereit sein, Fragen zu ihrer Ausbildung und ihren Methoden zu beantworten. Positive Referenzen und fortlaufende Weiterbildung sind ebenfalls gute Indikatoren für die Professionalität eines Hundetrainers oder
Hundepsychologen.
Immer noch müssen »Listenhunde« (auch Anlagehunde genannt), bei denen von vornherein eine besondere Gefährlichkeit vermutet wird, sowie Hunde, die durch aggressives Verhalten aufgefallen sind, den Test absolvieren. Dafür gibt es mittlerweile bestimmt zehnmal so viele Hundetrainer wie damals (der Anteil der Frauen ist stark angestiegen). Die meisten neuen Trainer erziehen mit Leckerchen als Belohnung (positive Verstärkung). Eingangs habe ich erklärt, was ich unter Blümchenhunden verstehe. Bei solchen 27
Hunden können diese Trainer durchaus erzieherische Erfolge feiern und ihren Kunden helfen. Doch was passiert, wenn abseits vom Trainingsplatz ein ausgewachsener Problembeißer auf sie (oder auf einen anderen Hund) losgeht? In solchen Situationen ist Blümchentraining zwecklos, denn man kann ja nicht mit Leckerchen um sich schmeißen, um die Hunde zu bestechen (Stichwort »Leckerchen – Lüge«). Leider habe ich oft erlebt, dass Trainer aus der »Eiti Teiti Lobby« bei einem aggressiven Problemfall schnell die übereilte Diagnose »verhaltensgestört«
stellen und empfehlen, den Hund einzuschläfern. Dabei gibt es auch bei solchen Hunden fast immer eine Chance, sie wieder
»hinzubekommen«: indem man ihnen Grenzen setzt und ihnen imponiert. Das klappt aber nur, wenn der Hundehalter im Training bedingungslos mitzieht.
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KAPITEL 1 Die Leckerchen - Lüge Wer mit Bestechung oder Täuschung arbeitet, erreicht seine Ziele oft weitaus schneller als auf normalen Wege. Dafür leben Bestecher und Täuscher mit der permanenten Gefahr negativer Spätfolgen. Hätten die Betroffenen den längeren oder steinigeren Weg gewählt, könnten sie ihr Leben guten Gewissens genießen -
und die Erfolge wären nicht nur ehrlicher, sondern auch nachhaltiger. Was das mit der Hundeerziehung zu tun hat? Auch die große Mehrheit der Hundetrainer in Deutschland arbeitet -
kaum hinterfragt - mit Bestechung und nimmt damit - bewusst oder unbewusst - negative Spätfolgen in Kauf, Konkret: In fast jeder Hunde-Sendung im Fernsehen und in fast jeder Hundeschule werden Vierbeiner von Zweibeinern mithilfe von Leckerchen bestochen - damit sie das tun, was wir wollen, und das lassen, was wir nicht wollen. Die im Basistraining durch Leckerchen erzielten Erfolge sind jedoch oberflächlich und mitunter sogar gefährlich. Warum das so ist? Schauen wir uns die Szenerie mal aus Sicht der Hunde an, die auf Leckerchen konditioniert werden: Sie alle reagieren zunächst äußerst zuverlässig auf den magischen Griff in die Jackentasche oder das verheißungsvolle Knistern des Frischhaltebeutels. An dieser Stelle sprechen wir mal nicht über die Menge an Kalorien, denn Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen. »Ähm, Liebe? Was ist das denn?«, würde ein jeder Hund fragen, wenn er denn könnte. Im Hunderudel gibt es keine Liebe - und das merkt man auch, wenn ein Mensch bzw. mehrere Menschen und ein Hund ein Rudel bilden: Der Hund schließt sich dem Zweibeiner an, der ihm als Ranghöchster imponiert. Auf der anderen Seite wird er jedem »rangniedrigeren« Zweibeiner sofort die Beute streitig 29
machen und sich danach wichtigeren Dingen zuwenden. Das ist seine Natur. Er testet in jedem Moment seine Rudel-Position und nutzt sie für sich. Moment mal: »Rangniedrigere Zweibeiner? Ja klar, würde der Hund sagen, schließlich muss ich mich nur vor meinen Zweibeiner setzen, ihn anspringen, ab schlabbern oder anbellen, und schon gibt er seine Beute ab. Gelobt wird man dafür auch. Wirklich angenehm. Und so einfach! Manchmal ruft mich mein Zweibeiner auch zu sich und reißt sich regelrecht darum, seine Beute loszuwerden. Ja gut, wenn andere Hunde in der Nähe sind, muss man sich mit denen deshalb gelegentlich prügeln, aber das ist die Mühe wert. Seit Neuestem fliegt die Beute auch in Schnauzen gerechten Beuteln durch die Luft. Die Zweibeiner streiten sich dann mit meinen Kollegen und mir darum, wem welcher Beutel gehört. Mit seinem ganzen Verhalten zeigt mir der Zweibeiner, dass er rangniedriger ist als ich.Wieso sollte ich ihm vertrauen und mich ihm anschließen!« Für viele Hundebesitzer ist die Erkenntnis schmerzhaft, dass ihr Hund weniger ihnen, sondern vielmehr seinem Beutetrieb folgt. Fühlt ein auf Leckerchen konditionierter Hund Schmerzen oder Angst (etwa nach einem Autounfall oder dem Tritt eines Joggers), ist er an keinem Fleischwürfel oder Futterbeutel der Welt interessiert.
In solch einer Situation wird er Herrchen oder Frauchen nur dann aufsuchen, wenn beide eine innige Beziehung haben. An diesem Punkt schließt sich der Kreis zum Bestechungsbeispiel vom Anfang des Kapitels: Wäre der Hund nicht von klein auf mit Leckerchen gefügig gemacht worden, wäre die Erziehung vielleicht ein wenig mühsamer ausgefallen, dafür hätte sich eine nachhaltige und tief verbundene Hund-Halter-Beziehung entwickeln können. Stattdessen greift die Leckerchen - Fraktion schon bei der Welpenerziehung tief in die Tüte oder den 30
Kühlschrank und ist durch die dick aufgepumpten Jacken- bzw.
Hosentaschen jederzeit zu identifizieren. Gerne tragen sie alternativ den hochgepriesen Futterbeutel mit sich herum.
Unvorhersehbare Ereignisse können bei einem solchen Training natürlich zu bangen Minuten führen, zum Beispiel wenn einem die Munition ausgeht und sich das Waffenarsenal (der Kofferraum) in zwei bis drei Kilometern Entfernung befindet.
Manchmal führt die Bestechung mit Leckerchen auch zu gefährlichen Situationen. Ich spreche hier gerne von der Fremdfütterer-Plage: Ein Halter taucht mit seinem Liebling auf einer beliebten Hundewiese auf – bewaffnet mit einer Tüte fettiger Fleischwürfel, damit sich sein Hund auch ja für ihn interessiert. Das bleibt den Nasen der anderen Hunde natürlich nicht verborgen. Die finden die Fleischwürfel genauso bombastisch und dürfen automatisch an dem fettigen Segen teilhaben. Ob der jeweilige Besitzer das ebenso großartig findet wie sein Bello? Das kommt dem Fremdfütterer gar nicht erst in den Sinn. »Der darf doch was haben, oder?«, wird nur der Form halber gefragt, während der Snack schon im Rachen des betroffenen Hundes verschwunden ist. Dann die Scheinentschuldigung: »Er hat doch so lieb geguckt!« Dabei steckt man wildfremden Kindern doch auch nicht einfach so ein Stück Schokolade in den Mund. Ignorieren die Fremdfütterer noch dazu die anderen Hunde, schaffen die tierischen Instinkte ein weiteres Problem, da die Hunde, die leer ausgingen, nun knurrend und zähnefletschend versuchen, das nächste Leckerchen zu ergattern. Doch auch dafür hat der Fremdfütterer eine Erklärung: »alle Hunde lieben mich, und jetzt sind sie eifersüchtig. Weit gefehlt, denn hier geht es keineswegs um menschliche Phänomene wie Liebe und Eifersucht: Der 31
Leckerchen Segen stachelt den Beutetrieb und das Konkurrenzverhalten der Hunde an, sodass es in der Folge zu schweren Beißereien kommen kann. Und zwei streitende Konkurrenten wird man kaum auseinanderbringen, indem man ihnen noch mehr Leckerchen hinwirft. Wir Menschen neigen dazu, die Hunde, die wir lieben, genau so zu behandeln wie die Menschen, die wir lieben. Doch eben diese Vermenschlichung von Hunden, die oft schon ab dem Welpen Alter beginnt, legt den Grundstein für viele Problemhund Karrieren. Obwohl ich jedem Hundehalter eindringlich davon abraten möchte, seinen Schützling wie einen Menschen zu behandeln, spiele ich den Ball gerne zurück und lasse Hunde »sprechen« oder Übertrage typisches Fehlverhalten in der Mensch – Hund - Erziehung in Überspitzter Form auf eine Mensch – Mensch - Beziehung. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass meine Kunden die Wurzeln ihrer Probleme dann viel besser nachvollziehen und mit einem Schmunzeln besser abspeichern können. Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: ein grün und blau geschlagenes Kind (Laura-Marie), 14 weitere Kinder im Kampf um Süßigkeiten und Spielzeug im Klassenzimmer, sechs Kinder auf dem Schulflur, ein verzweifelter Lehrer, der die Klasse nicht mehr im Griff hat.
Zeitgleich fürhren die Eltern von Laura-Marie zu Hause folgende Unterhaltung: »Du, Schatz, ich glaube, es war eine gute Idee, unserem Kind das ganze Spielzeug und die vielen Süßigkeiten mit in die Schule zu geben«, sagt die Mutter. Schatz antwortet:
»Stimmt! Gut, dass du Laura-Marie auch noch gesagt hast, dass sie immer schön laut mit der Tute rascheln soll, damit ihre Klassenkameraden auch wissen, was sie da Schönes mitgebracht hat!« Heutzutage wird die Mehrzahl der Hunde in Deutschland schon im Welpen Alter mit der Bestechung durch Leckerchen 32
konfrontiert – und das teilweise mit kuriosen Auswüchsen. So erzählte mir kürzlich eine Welpen Besitzerin, dass sie in einer Hundeschule, die »hundepsychologisch« lehrt, dazu angehalten wurde, neben ihrem elf Wochen alten Welpen minutenlang in gebeugter Haltung herzulaufen und ihm dabei ein Stück Fleischwurst vor die Nase zu halten. Ziel: den Hund daran zu gewöhnen, bei Fuß zu laufen. Offen bleibt die Frage, ob die Hundebesitzer nach zehn Trainingseinheiten einen Gutschein für den Besuch in einer Physiotherapie - Praxis erhalten … Wie würde eigentlich ein Hund mit einem Hund umgehen! Keine Hundemutter würde ihren Welpen mit Leckerchen erziehen! 1
Hunderudel sanktioniert der Ranghöhere den Rangniedrigeren körperlich, etwa durch einen kurzen (unblutigen!) Biss oder durch Drohgebärden (Knurren, Zähne zeigen). Den eigenen Hund in einen Leckerchen - Junkie zu verwandeln, ist also alles andere als artgerecht. Mein Ansatz: Anstatt sich zum (rangniedrigeren) Leckerchen -Automnaten zu degradieren, sollten Herrchen und Frauchen möglichst die Erzziehung der Welpenmutter bzw. des Rudelführers kopieren. Dazu braucht es keine körperliche Gewalt (Schlagen Sie niemals Ihren Hund!), es reicht zum Beispiel ein kurzes Leinensignal aus dem Handgelenk, das den Biss des Erziehungsberechtigten simuliert (siehe Kapitel 3). Natürlich ist es angenehmer, dem Hund ein Leckerchen zu geben, als ihn mithilfe der Leine zurechtzuweisen. Deshalb vertrauen Blümchentrainer und Blümchenhundehalter oft auf die Bestechung mit Leckerchen. Der Grund dafür liegt im Sozialverhalten der Menschen: Wir wollen andere durch Liebe und Freundlichkeit überzeugen und an uns binden - und nur wenn es nicht anders geht durch Zurechtweisung. Aber: Der Hund ist kein Mensch und versteht das natürliche Sozialverhalten seiner 33
Art deutlich besser. Keine Angst! Sie können das hündische Sozialverhalten auch dann simulieren, wenn Sie wie die meisten Menschen kein »Alphatier« sind und sich ihren Mitmenschen gegenüber lieber nett und freundlich verhalten. Bei der in diesem Buch vorgestellten Trainingsphilosophie geht es weder darum, den Hund ständig zu unterwerfen, noch um autoritärer Machtausübung. Es geht lediglich darum, ihn freundschaftlich und gleichzeitig konsequent zu führen. Setzen Sie sich also nicht mit Ansprüchen unter Druck nach dem Motto:
»Ich muss der Rudelführer sein«. Es reicht, wenn Sie dem Hund gegenüber signalisieren, dass Sie der Ranghöhere sind.
Erziehungsberechtigter, Vorgesetzter, Chef, Familienoberhaupt, es ist letztendlich egal, wie man es nennt, das Ziel bleibt das gleiche: derjenige zu sein, an dem sich der Hund orientieren kann und der ihm zeigt, wo es langgeht. Hunde brauchen das. Herrchen und Frauchen, die dem Hund alles durchgehen lassen und in der Erziehung Slalom fahren (mal führen, mal den Hund führen lassen, mal etwas erlauben, mal nicht), verwirren und verunsichern ihren Schützling. In diesem Buch erfahren Sie, wie Sie durch eine gefestigte Stellung als Ranghöchster eine enge Bindung zu Ihrem Hund aufbauen und ihn auf sich fixieren. Ganz ohne Leckerchen. Die Tatsache, dass auch bei der Ausbildung von Blindenhunden in aller Regel komplett auf Leckerchen verzichtet wird, bestätigt diesen kalorienarmen Grundansatz.
Schließlich ist bei Blindenhunden maximale Zuverlässigkeit das A und O. Oder haben Sie schon mal einen Blindenhund gesehen, der seinen Zweibeiner einfach so stehen lässt, um einen Artgenossen zu beschnüffeln oder sich einen weggeworfenen Burger zu schnappen? Als ich drei oder vier Jahre alt war, kümmerte sich oft meine Oma um mich. Sie erklärte mir die Welt 34
ruhig und geduldig. Manchmal trafen wir bei unseren Spaziergängen auf diese pelzigen Wesen, die hechelten und den Schwanz oft wie einen Propeller hin - und herbewegten. Das seien Hunde, erklärte mir Oma, ich müsse keine Angst vor Hunden haben, aber ich dürfe auf keinen Fall einen anfassen, wenn kein Erwachsener dabei sei. Auf diese Weise versuchte Oma, mir Respekt vor Hunden zu vermitteln, ohne mir Angst zu machen. Genauso gut hätte sie mich auf diesen Spaziergängen auch mit einer Tüte Gummibärchen oder Bonbons ablenken können, immer in der Hoffnung, dass sie bereits durch das Rascheln der Tüte meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Sie hätte der Sorge, ich könnte beim Anblick eines »Wau wau wau!«
erschrecken oder - noch schlimmer - mich ihm aus Neugier nähern, immer wieder mit einem Bonbon vorbeugen können.
Zum Glück brauchte meine Oma keine Gummibärchen und Bonbons. Sie wollte mich nicht reflexartig ablenken. Sie wollte, dass ich durch Worte und Gesten verstehe und lerne. Wenn ich
»Danke« zu ihr sagte, weil sie mir drei Groschen schenkte, wurde ich mit warmer Stimme gelobt. Und ich spürte ihre Hand, die meinen Kopf streichelte. Positive Verknüpfung — auch ohne Süßigkeiten. Bei Unwetter stand Oma am geschlossenen Fenster und schaute hinaus. Ich hatte Angst, wenn es blitzte und donnerte.
Dach meine Neugier und die Beobachtung, dass meiner Oma so nah am Fenster nichts Schlimmes passierte, zog mich mehr und mehr in ihre Nahe. Bei ihr angekommen, erklärte sie mir Blitz und Donner:Weil ich so schön »Danke« sagen könne, wolle mich der liebe Gott fotografieren, und dazu brauche er eben genügend Licht. Oder:Weil die Wolken sich schon mal uneinig seien, welche als Erste regnen dürfe, höre man sie am Himmel streiten.
Das klang logisch, also zuckte ich jedes Mal weniger zusammen, 35
wenn es blitzte und donnerte, und mit der Zeit verflog meine Angst komplett. Oma Margaretes Gewitter - Erklärungen wirken sich bis heute aus: Ich gebe die Hoffnung nicht auf, unter freiem Himmel einen Blitz zu fotografieren. Ein Privileg. Andere sitzen während eines Unwetters in einer schallisolierten Kammer, müssen Gummibärchen oder Bonbons futtern und können diese Situation auch nicht diskutieren, weil das Rascheln von Omas Süßigkeitentüte alles übertönt. Sie verstehen sicherlich, worauf ich mit meinem Oma - Prinzip hinauswill: Die Gummibärchen und Bonbons, die meine Oma nicht benutzte, sind die Leckerchen, die heute schon in der Welpenerziehung fast standardmäßig als Ablenkungsmanöver zum Einsatz kommen.
Menschen mit einem riesigen »Futterbeutel« voller Ablenkungsmanöver sind hilflos und einfallsarm. Deshalb brauchen wir mehr Menschen, die engagiert und einfallsreich wie Oma sind, und weniger Leckerchen.
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Die Eingewöhnungsfalle
Das Zusammenleben mit Hund gelingt nur, wenn sich alle an gewisse Regeln halten. Ein Hund kann zwar viele unserer Signale richtig deuten, doch oft vermitteln wir ihm unbewusst die falsche Botschaft und wundern uns anschließend über das "merkwürdige" Verhalten des Tieres. Oder wir interpretieren das Verhalten des 37
Tieres falsch, was zwangsläufig zu weiteren Missverständnissen führt. Damit erst gar keine Missverständnisse entstehen und das Zusammenleben mit Hund wirklich funktioniert, sollten die folgenden drei grundlegenden Regeln konsequent eingehalten werden. 1. Die ganze Familie muss mitmachen und zwar sofort, nicht erst nach einigen Wochen. Vor allem für Familien gilt: Allemüssen sich dem Hund gegenüber von Anfang an gleichverhalten. Wenn der eine etwas erlaubt, was der andere verbietet, verwirrt und verunsichert das den Hund unnötig. Er weiß zunächst nicht mehr, was er tun darf und wird sich daher das aussuchen, das ihm gefällt. Verschiedene Regeln senden außerdem die Botschaft, dass im Rudel Chaos herrscht bzw.
Herrchen und Frauchen die Familie nicht im Griff haben. Das kann später zu Problemen führen, weil der Hund glaubt, die Chefrolle übernehmen zu müssen. 2. Ruheplatz des Hundes akzeptieren. Der Schlafplatz des Hundes sollte von vornherein so gewählt werden, dass der Hund in der Nähe der Familie sein kann, aber dennoch seine Ruhe hat. Diesen Bereich sollte jeder akzeptieren und ihn dort möglichst nicht stören. Welpen sollten, wenn sie schlafen, nicht geweckt werden. Sie brauchen Schlaf für ihre Entwicklung und Ruhe. Schlaf vermittelt ihnen auch Sicherheit und Vertrauen. 3. Richtig loben. Richtig loben ist entscheidend beim Zusammenleben mit Hund: Freuen Sie sich mit hoher Stimme und sofort, wenn der Hund ein erwünschtes Verhalten zeigt. Lob kann auf verschiedenen Wegen erfolgen, zum Beispiel verbal, als Streicheleinheit oder mit Leckerchen.
Ignorieren Sie dagegen das Fehlverhalten des Hundes. Schimpfen Sie nicht! Für den Hund ist nämlich oft schon Ihre negative Aufmerksamkeit Lob genug. Beachten Sie ihn also möglichst nicht, wenn er etwas tut, was er nicht soll, wie etwa 38
Hochspringen oder Betteln. Sonst fühlt er sich bestätigt und wiederholt das Verhalten. Wichtig ist natürlich auch die Erziehung des Hundes, und die beginnt schon im Welpen Alter: Denn der Besitzer muss nicht nur in der Hundeschule, sondern auch im Alltag die goldenen Regeln der Hundeerziehung beachten, damit Mensch und Tier lange Spaß am Zusammenleben haben. »Nicht die Hunde haben ein Problem, denen geht es meist prima. Sie leben im Jetzt, und sind sich keiner Schuld bewusst.«
In der Regel erfolgte die Rückgabe, weil am Anfang entscheidende Fehler bei der Eingewöhnung des Hundes gemacht wurden und zu wenig auf die individuellen Bedürfnisse der Tiere eingegangen wurde. Die Anschaffung aus Mitleid sollte niemals die Motivation sein. Mitleid allein reicht nämlich bei weitem nicht aus, um einen Hund glücklich zu machen. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass Hunde sich immer angepasst an ihre Situation verhalten, um auf evtl. Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung vorbereitet zu sein. Damit alles gut geht beim Einzug Ihres neuen Familienmitglieds hier eine Liste mit Tipps, damit der Start ins neue Leben auch gelingen kann: Bitte nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Abholung des Tieres am Übergabeort. Die Hunde sollten nicht mit Hektik aus den Boxen gezerrt und sofort in ihr Auto verfrachtet werden.
• Die Hunde kennen Sie nicht, sie wissen nicht, dass Sie
„ihr Retter“ sind. Lassen Sie dem Tier Zeit und bestürmen Sie es nicht bei der ersten Begegnung. - Kommen Sie bitte nicht mit zu vielen Personen zur Abholung, sondern wenn möglich nur zu zweit.
• Bereiten Sie ihr Fahrzeug für einen sicheren Transport des Hundes vor, z.B mit Decken oder einer Transportbox. -
Bitte bringen Sie Ihren vorhandenen Hund, wenn möglich, 39
nicht mit zur Abholung. Eine Zusammenführung direkt nach der Fahrt, in emotional aufgeladener Situation ist denkbar ungeeignet.
• Wenn Sie mit dem Hund Zuhause ankommen, lassen Sie ihm bitte erst mal viel Zeit das Haus zu erkunden. Der neue Hund sollte sich in aller Ruhe umsehen bzw. um schnüffeln können.
• Bitten Sie Nachbarn und Verwandte dem Hund eine Eingewöhnungszeit zu gewähren und lassen Sie nicht sofort alle zur Begrüßung des neuen Mitbewohners ins Haus kommen.
• Leinen Sie den Hund anfangs bitte an und achten Sie darauf, dass das Geschirr wirklich gut passt. Bei bekannt ängstlichen Hunden besorgen Sie sich bitte ein Sicherheitsgeschirr aus dem der Hund nicht entwischen kann.
• Der neue Mitbewohner muss langsam an den neuen Lebensalltag
gewöhnt
werden.
Stundenlange
Spaziergänge sind am Anfang für viele Hunde viel zu anstrengend, da sie häufig kaum Muskulatur haben und mit den vielen Eindrücken überfordert sind.
• Der ängstliche Hund braucht besonders viel Zeit.
Bedrängen Sie ihn nicht, lassen Sie ihn von sich aus auf Sie zukommen. Erst wenn Sie merken, dass der Hund beginnt, sich in seiner neuen Umgebung wohl zu fühlen, sollten Sie an einen ersten kurzen Spaziergang denken.
Wenn Sie keinen Garten besitzen, wo der Hund sich lösen kann, sollten Sie das „Gassigehen“ möglichst kurz und in ruhiger Umgebung durchführen.
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• Achten Sie bitte auf Ihre Körpersprache und verängstigen Sie den Hund nicht dadurch, dass Sie laut polternd auf ihn einreden, frontal auf ihn zugehen, ihn anstarren oder sich über den Hund beugen. Oft haben die Hunde sehr schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht und müssen nun erst langsam wieder Vertrauen fassen. Denken Sie immer daran, der Hund weiß nicht, dass Sie „sein Retter“ sind und er kann Ihre Liebesbekundungen schnell missverstehen.
• Lösen Sie sich von dem Irrglauben, dass ein Hund so ein Gefühl wie Dankbarkeit empfindet, denn dann sind Sie auch nicht enttäuscht, wenn der Hund sich eben wie ein Hund benimmt. Moralvorstellungen wie Dankbarkeit, Scham usw. kommen im biologischen Repertoire eines Hundes nicht vor. Demzufolge gibt es auch keine Undankbarkeit, die man dem Hund leider gerne unterstellt, wenn es nicht so läuft wie man sich das vorgestellt hatte.
• Der Hund braucht einen Ruheplatz, an der er sich zurückziehen kann und er sich sicher fühlt. Niemand sollte ihn da stören, auch Kinder müssen davon abgehalten werden.
• Üben Sie von Anfang an das Alleinbleiben, indem Sie den Hund schrittweise und allmählich in länger werdenden Zeitintervallen allein lassen. Nutzen Sie die Zeiten, in denen der Hund ohnehin nicht aktiv ist.
• Falls es Probleme gibt melden Sie sich bei uns oder suchen Sie unbedingt den Rat eines professionellen Hundetrainers, der nach modernen Methoden arbeitet.
Herrscht in der ausgewählten Hundeschule 41
Kasernenhofton, oder werden Hunde zum Gehorsam geprügelt oder an der Leine geruckt, lassen Sie unbedingt die Finger davon. Ein moderner Hundetrainer, der wirklich über ein fundiertes Wissen verfügt, ist in der Lage gewaltfrei und auf Grundlage von positiver Bestärkung mit Hunden zu arbeiten. Bei der Suche nach geeigneten Trainern sind wir gerne bereit Sie zu unterstützen.
Tipps, falls schon ein oder mehrere Hunde im Haus leben
• Sorgen Sie für eine erste Begegnung auf neutralem Grund.
Sollten Sie bereits mehrere Hunde besitzen, sollten Sie jeden einzeln mit dem neuen Hund bekannt machen.
• Sie können auch anfangs angeleint in kleinerem Abstand mit den Hunden laufen, damit sie schon mal Sicht- und Geruchskontakt aufnehmen können.
• Vermeiden Sie Körperkontakt angeleint, da viele Hunde angeleint eine größere Individualdistanz haben. Auch wenn Sie Ihren vorhandenen Hund gut einschätzen und interpretieren können, müssen Sie den neuen Hund erst kennenlernen. Helfen Sie ihm dabei nicht in Bedrängnis zu geraten, damit die erste Begegnung wirklich harmonisch verläuft (Leinenkontakt: Hunde können angeleint nicht wirklich kommunizieren, Körpersprache wird verstellt. Geruchsaufnahme benötigt nicht den Berührungskontakt, da Hundenasen sehr gut riechen können.).
• Der neue Hund muss das Haus und Grundstück in Ruhe erkunden können und sollte bei der Zusammenführung im Haus als erster Hund ins Haus gehen.
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• Achten Sie beim Füttern darauf, dass Sie keine Futteraggression aufbauen. Anfangs bitte immer getrennt füttern.
• Denken Sie daran, dass der vorhandene Hund sich seinen neuen Mitbewohner nicht ausgesucht hat und evtl. am Anfang Umstellungsprobleme hat.
• Falls Ihr alter Hund "schmollt", sollten Sie ihn nicht trösten, sondern souverän mit ihm umgehen und dafür sorgen, dass er sich nicht benachteiligt fühlt, indem Sie sich nicht ausschließlich mit dem neuen Hund beschäftigen.
• Es wird in der Regel einige Zeit brauchen, bis die Hunde ihren Platz in der neuen Umgebung gefunden haben. Es handelt sich nicht um ein natürlich gewachsenes Rudel, sondern um eine künstlich zusammengewürfelte Lebensgemeinschaft, deshalb sind auch die Interaktionen innerhalb eines solchen Verbandes nicht 1:1 auf das natürliche Rudelverhalten von Wölfen oder Wildhunden zu übertragen.
• Sorgen Sie dafür, dass jeder Hund seine Rückzugsmöglichkeiten erhält und der Hund die Möglichkeit hat, als Individuum zu existieren.
• Evtl. ist es am Anfang auch sinnvoll die Hunde in getrennten Räumen schlafen zu lassen und erst dann unbeaufsichtigt zusammen allein zu lassen, wenn man sich sicher sein kann, dass sie sich verstehen.
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