Finding Love - Olivia Anderson - E-Book
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Finding Love E-Book

Olivia Anderson

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Beschreibung

Als Prozessoptimiererin Loreley mit ihrer lebenslustigen Assistentin Mia für vier Monate zu einem neuen Projekt nach Glacy City in Alaska aufbricht, sieht sie die Reise als Geschenk des Himmels. In Seattle erinnert sie noch immer alles zu sehr an ihren Exfreund William.

Was Loreley in Alaska erwartet, ist jedoch nicht die erträumte Idylle, sondern schlammige Straßen, schiefe Häuser und spleenige Einwohner. Aber nicht nur die völlig falsche Kleidung und ein großangelegter Holz–Diebstahl halten Loreley auf Trab. Da ist auch der wortkarge, aber gutaussehende Logan Finnley, der ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf geht. Doch kann sie ihm vertrauen oder sind die Betrugsvorwürfe gegen ihn berechtigt?

Auftakt der großen Alaska Reihe von der »Maple Creek«–Autorin Olivia Anderson!

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Als Prozessoptimiererin Loreley mit ihrer lebenslustigen Assistentin Mia für vier Monate zu einem neuen Projekt nach Glacy City in Alaska aufbricht, sieht sie die Reise als Geschenk des Himmels. In Seattle erinnert sie noch immer alles zu sehr an ihren Exfreund William.

Was Loreley in Alaska erwartet, ist jedoch nicht die erträumte Idylle, sondern schlammige Straßen, schiefe Häuser und spleenige Einwohner. Aber nicht nur die völlig falsche Kleidung und ein großangelegter Holz–Diebstahl halten Loreley auf Trab. Da ist auch der wortkarge, aber gutaussehende Logan Finnley, der ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf geht. Doch kann sie ihm vertrauen oder sind die Betrugsvorwürfe gegen ihn berechtigt?

Auftakt der großen Alaska Reihe von der »Maple Creek«–Autorin Olivia Anderson!

Über Olivia Anderson

Unter dem Pseudonym Olivia Anderson vereint die deutsch-österreichische Bestsellerautorin Gerlinde Friewald ihre Passion für Geschichten über Liebe und Freundschaft sowie ferne Länder, die ihr durch einen besonderen Bezug ans Herz gewachsen sind. Gerlinde Friewald ist in verschiedenen Genres der Unterhaltungsliteratur beheimatet und fasziniert mit spannungsgeladenen Inhalten, facettenreichen Figuren und einer feingezeichneten Sprache. Ihre Leidenschaft und ihr Wissen gibt sie als Dozentin für Kreatives Schreiben weiter. Mit ihrer Familie lebt sie im Süden Wiens in Österreichs.

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Olivia Anderson

Finding Love

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Kapitel 1:  Loreley

Kapitel 2:  Loreley

Kapitel 3:  Logan

Kapitel 4:  Loreley

Kapitel 5:  Logan

Kapitel 6:  Loreley

Kapitel 7:  Loreley

Kapitel 8:  Annabell

Kapitel 9:  Loreley

Kapitel 10:  Logan

Kapitel 11:  Loreley

Kapitel 12:  Loreley

Kapitel 13:  Loreley

Kapitel 14:  Logan

Kapitel 15:  Loreley

Kapitel 16:  Mia

Kapitel 17:  Loreley

Kapitel 18:  Frank

Kapitel 19:  Loreley

Kapitel 20:  Mia

Kapitel 21:  Loreley

Kapitel 22:  Mat

Kapitel 23:  Loreley

Kapitel 24:  Logan

Kapitel 25:  April

Kapitel 26:  Logan

Kapitel 27:  Loreley

Kapitel 28:  Mia

Kapitel 29:  Loreley

Kapitel 30:  Loreley

Kapitel 31:  Loreley

Kapitel 32:  Loreley

Kapitel 33:  Mia

Kapitel 34:  Loreley

Kapitel 35:  Loreley

Impressum

Lust auf more?

Kapitel 1

Loreley

Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen lief ich den Flur des Großraumbüros entlang. Während ich mit der linken Hand wie ein Star bei seinem Weg über den roten Teppich winkte, hielt ich mit der rechten das Handy umklammert und starrte zur Tarnung wie gebannt auf das Display.

»Weltklasse, Loreley!«

»Du hast es gerockt.«

»Topleistung!«

Normalerweise hätte ich mich über den Beifall gefreut und den Erfolg ausgekostet, im Moment wollte ich jedoch nichts weiter, als mein Büro erreichen und allein sein. Ich war keine Schauspielerin, und gekünstelt zu lächeln, strengte mich an.

»Sorry, ich habe es eilig. Später reden wir«, rief ich zurück und hob demonstrativ das Handy hoch.

Als ich endlich in meiner Schutzzone anlangte, schloss ich schnell die Tür, umrundete den Schreibtisch und ließ mich in den Stuhl fallen.

Eigentlich hatte ich gehofft, bei der Arbeit zumindest einen Teil des Kummers abzulegen, doch der hehre Wunsch war nahezu auf der Stelle verpufft.

Ich war am Boden zerstört, und nicht einmal mein heiß geliebter Job als Prozessoptimiererin, der mich noch immer aus kleinen Tiefs herausgerettet hatte, änderte etwas daran. Wie sollte er auch? Dies war kein kleines Tief, und selbst die gute Fee aus Cinderella könnte mit dem leidenschaftlichsten »Bibbidi-Bobbidi-Boo« nichts ausrichten. Zu meiner Stimmung passte eher die grausame Originalversion, in der sich die Schwestern Zehen und Fersen abschnitten, um ihre Füße dem gläsernen Schuh anzugleichen.

Bei mir war zwar kein Blut im Schuh, dafür im Herzen.

Durch die Milchglaswand, die die Singleräume vom Großraumbüro trennte, gewahrte ich die charakteristische Silhouette meiner Assistentin Mia. Alles an ihr war rund, nicht zu verwechseln mit dick – die Form des Körpers, das Gesicht, die Locken ihres langen Haars und sogar ihre Persönlichkeit. Ich kannte keinen runderen Menschen als sie.

Abgesehen von meiner besten Freundin Cathy kam Mia trotz – oder wegen – unseres Arbeitsverhältnisses einer Vertrauten wohl am nächsten. Ex-beste-Freundin, dachte ich und spürte den Schauer allzu deutlich, der über meinen Rücken lief.

Würde ich es je schaffen, die Bilder zu verbannen, die sich wie verächtlich grinsende Mahnmale in meinem Kopf festgesetzt hatten?

Mia öffnete die Tür und trat ein. In der Hand hielt sie zwei Kaffeetassen. Sie setzte sich auf den mittleren der drei Stühle vor meinem Schreibtisch und schob mir eine Tasse zu. »Die Heldin des Tages! Hugh möchte dich um zehn Uhr sehen. Ich bin gespannt, ob er einen fetten Bonus für dich bereithält.« Sie musterte mich. »Du müsstest strahlen und herumhüpfen. Nicht wie Tom Cruise auf einer Couch, dafür bist du viel zu kultiviert und dezent. Ein Minihopser aus dem Stand wäre jedoch angebracht. Was ist los?«

Zwar war ich dank des dreimonatigen Florida-Aufenthalts braun gebrannt und hatte die Schatten auf meinem Antlitz sorgfältig mit Make‑up abgedeckt, die rot geweinten Augen ließen sich allerdings durch kein Beautymittel der Welt kaschieren. Mit dem Vorwand, ich hätte eine Allergie, punktete ich bei Mia nicht. Sie wusste, dass ich auf keine Substanz reagierte.

Bis jetzt hatte ich niemandem von meinem Unglück erzählt – weder meinen Eltern noch Personen aus meinem Bekanntenkreis und auch nicht den Nachbarn. Zu eng waren sie auf unterschiedliche Weise mit William, Cathy und mir verknüpft. Außerdem würde ich den mitleidigen oder kritischen Blicken nicht standhalten. Dazu fehlte mir die Distanz. Hieß es nicht, die Zeit würde alle Wunden heilen? Darauf setzte ich meine ganze Hoffnung.

Ich seufzte und winkte ab.

»Das Seufzen bestätigt meine Vermutung, dass etwas nicht stimmt, hilft mir aber keinen Deut weiter«, erwiderte Mia sofort.

Mia war nicht nur fröhlich und herzlich, zu ihren Charakterzügen gehörten ebenso ein unverblümtes Vorgehen und Hartnäckigkeit. Ich brauchte also erst gar nicht zu versuchen, mich herauszuwinden.

»Ich habe mich von William getrennt«, flüsterte ich.

Bis auf ein leises Zucken der Mundwinkel blieb Mias Mimik neutral. »Wow. Das nenne ich eine Riesenneuigkeit. Es tut mir sehr leid, Loreley.« Nach einer kurzen Pause ergänzte sie: »Ist William zu bedauern, oder ärgern wir uns über ihn?«

Trotz Mias angestammter Beharrlichkeit besaß sie genug Empathie, nicht nachzubohren, würde ich jetzt stoppen. Sollte ich das? Es wäre gut, mir alles von der Seele zu reden.

Verstohlen sah ich auf meine Armbanduhr. Es war zehn Minuten nach neun. Bis zu dem Termin mit meinem Chef Hugh hatte ich fast eine Stunde, um die Geschichte in ihrem gesamten schrecklichen Ausmaß darzulegen. Aber war ich schon bereit?

»Wir ärgern uns«, sagte ich. »Wobei das Wort ›ärgern‹ nicht passt.«

Trauer, Entsetzen und das Gefühl des Verlusts trafen meinen Zustand besser. Dazu mengte sich die Empfindung, erniedrigt und hintergangen worden zu sein. Letzteres war vielleicht das Schlimmste von allen.

»Daraus werde ich genauso wenig schlau.« Mia streckte den Arm aus und tätschelte über den Schreibtisch hinweg meine Hand. »Mir ist klar, dass du bereits lang und breit mit Cathy gesprochen hast, doch eine zweite Perspektive schadet nie.«

Ich ahnte, worauf Mia abzielte. Natürlich kannte sie Cathy und verstand sich mit ihr. Als Beraterin in Liebesdingen hielt Mia sie allerdings zweifellos für ungeeignet. Ein Fakt, den ich nicht abstritt.

Cathy und ich hatten uns in Berkeley kennengelernt, wo ich Ingenieurwesen studiert und anschließend den MBA für Führungskräfte absolviert hatte. Von Beginn an waren wir unzertrennlich gewesen und hatten einige Abenteuer zu bestehen gehabt. Mit Cathys Spontanität und unbekümmerter Daseinsfreude hatte ich es jedoch nie aufnehmen können. Dabei bin ich weder ein Mauerblümchen noch ein Nerd.

»Mit Cathy wechsle ich nie wieder ein Wort, aber sie kennt die Umstände«, entgegnete ich.

Mia runzelte die Stirn, dann zog sie die Brauen hoch. »Sag bloß, sie hält zu William.«

Kapitel 2

Loreley

Hugh Hoffner, mein Chef und stets Gehänselter wegen seines Namens, musterte mich über den Rand seiner Hornbrille hinweg. »Deine Leistung in Florida war beispielhaft. Und das in der Mindestanforderungszeit! Was rede ich? Du bist fast vier Wochen früher fertig geworden, als es der Plan vorsah. Das hat bis jetzt kein PO geschafft.«

Ich setzte jenes Lächeln auf, das ich bereits beim Betreten des Großraumbüros zur Schau gestellt hatte, und unterdrückte ein Stöhnen.

Vordergründig war das Unglück nämlich nur über mich hereingebrochen, weil ich den Auftrag verfrüht finalisiert hatte. Welch eine Ironie doch darin lag.

»Die Lorbeeren teile ich mit den Mitarbeitern der Myers Sun Corporation«, erwiderte ich. »Selten habe ich ein dermaßen motiviertes und produktives Team erlebt. Du weißt, wie wir Prozessoptimierer normalerweise empfangen werden. Von Ablehnung über Skepsis bis Angst ist alles dabei. In diesem Fall hat man allerdings schon sehnsüchtig auf mich gewartet. Im Sunshine State scheinen die Menschen wirklich den Tick positiver zu denken und von Grund auf fröhlicher zu sein.«

Die Erinnerung an Florida schenkte mir ein echtes Lächeln – der klägliche Rest eines Sonnenstrahls aus den Südstaaten, als meine Welt noch in Ordnung gewesen war.

»Tja, nun …« Hugh strich sich über das Kinn. »Du weißt, wie akribisch ich darauf achte, dass zwischen zwei Außeneinsätzen zumindest vier Monate liegen. Auf meinem Schreibtisch ist jedoch ein neues Projekt gelandet, das ich ungern einem anderen als dir anvertraue.« Er hüstelte. »Würdest du ausnahmsweise gleich wieder auf Tour gehen?«

Seit ich für WWS Industries tätig war, fielen mir nur zwei derartige Fälle ein. Beide Male hatte es sich um krankheitsbedingte Sondereinsätze gehandelt.

»Erzähl mir mehr«, sagte ich.

Hugh öffnete die Hände. »WWS Industries hat einen großen Holzfäller-Betrieb mit angeschlossenem Sägewerk gekauft. An die hundert feste Mitarbeiter plus externe Holzfällertrupps, die pro Saison angeheuert werden. Die Übernahme des Unternehmens erfolgte rascher als üblich. Wir alle kennen die Marktsituation. Holz ist ein begehrtes Gut. Demzufolge hat WWS auf der Stelle zugegriffen, als Hofstetter Wood am Markt angeboten wurde. Haarscharf kamen wir vor Weller Construction zum Zug.« Er zog eine Schreibtischschublade auf, entnahm eine Akte und reichte sie mir. »Leider gibt es einen Wermutstropfen. Durch den prompten Kauf wurde das übliche Prozedere nicht in vollem Umfang durchlaufen. Erst danach bemerkten unsere Buchprüfer gewisse Unstimmigkeiten in den Details, speziell in den Wareneingängen.«

»Warum treten wir nicht vom Kauf zurück?«, erkundigte ich mich.

»Hofstetter Wood fährt hohe Gewinne ein. Die abweichenden Zahlen fallen nicht maßgeblich ins Gewicht, aber natürlich müssen die Urheber des Betrugs gefunden werden. Unsere Firmenphilosophie gestattet keinerlei Abweichungen.« Hugh kratzte sich hinter dem Ohr. »Zudem würde Weller Construction sofort wieder auf der Bildfläche erscheinen. Unserem größten Konkurrenten überlassen wir freiwillig nicht einmal eine One-Man-Show-Firma, geschweige denn ein potentes Unternehmen wie Hofstetter Wood.«

Ich presste die Lippen aufeinander. Die Operation in Florida hatte mich entkräftet und ausgelaugt.

Jeder Einsatz, unabhängig vom Erfolgsgrad, forderte höchste Aufmerksamkeit und zehrte an den Energien eines Prozessoptimierers. Allein der Zeitaufwand war enorm. Durchschnittlich arbeitete man am jeweiligen Ort oft über Monate hinweg zehn bis zwölf Stunden täglich. Ein echtes Privatleben gab es nicht.

Die Phasen zwischen den Projekten – die von Hugh erwähnten vier Monate – dienten prinzipiell der Erholung, wobei man selbstverständlich auch im Headquarter seinen Aufgaben nachging. In diesen Abschnitten beschäftigte ich mich mit der Optimierung bestehender Systeme und der Erstellung neuer Konzepte. Gelegentlich hielt ich außerdem firmeninterne Schulungen ab.

Wollte ich das jetzt tun? Hier an meinem Schreibtisch sitzen, planen und skizzieren, referieren, mich alltäglich vor Cathy verstecken und hoffen, William nicht zu begegnen? In Wahrheit brauchte ich nichts dringender als körperlichen und geistigen Abstand zu meiner momentanen Misere.

Was überlegte ich also lange?

Der Schwierigkeitsgrad des Auftrags schreckte mich jedenfalls nicht ab – im Gegenteil. Je komplexer sich die Sachlage gestaltete, umso mehr musste ich mich konzentrieren und vergaß darüber hoffentlich mein Leid.

»Okay, ich bin dabei«, sagte ich und versuchte, angemessenen Enthusiasmus in meine Stimme zu legen.

Hugh lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Großartig! Ich bin wirklich erleichtert.« Er nickte versonnen. »Gern würde ich dir jemanden zur Seite stellen, schließlich handelt es sich um einen heiklen Sonderfall. Du verrichtest nicht nur die üblichen Standardaufgaben und prüfst die Eignung des amtierenden Geschäftsführers, sondern suchst zugleich nach einem Betrüger. An Prozessoptimierern stünden Samantha und Alexander zur Verfügung. Um etwaige Probleme zu vermeiden, definiere ich klar, dass du die Leitung innehast und dir zugearbeitet wird.«

Mir war bewusst, worauf Hugh mit seinem letzten Satz abzielte. Samantha war eine junge Kollegin, Alexander allerdings ein alter Hase, der sich nicht ohne Weiteres herumkommandieren ließ – Unerfahrenheit versus Routine und Wissen. Wofür sollte ich mich entscheiden?

Unvermittelt kam mir ein Gedanke. Grundsätzlich benötigte ich weder eine PO in Ausbildung noch einen Mitspieler, der jede meiner Entscheidungen hinterfragte und Begründungen wünschte.

»Wie du das Projekt beschreibst, brauche ich vielmehr eine gute Assistentin, die mit meinen Gewohnheiten vertraut ist. Ich würde Mia mitnehmen. Sie hat mich bereits einmal vor Ort unterstützt. Damals, bei dem Windpark in Oregon.«

Die Aussicht, einen nahen Menschen auf die Reise mitzunehmen, fühlte sich abgesehen von der Entfernung, die ich zwischen mich und Seattle brachte, wie das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels an.

Hugh hob den Zeigefinger. »Oregon war eine Nachkontrolle. Ihr seid nur drei Wochen dort gewesen. Hofstetter Wood erstreckt sich über mindestens vier Monate. Mias Stellenbeschreibung schließt keine derartig langen Außeneinsätze ein. Sie müsste explizit zustimmen. Dann würde die Personalabteilung einen beschränkten Sondervertrag ausfertigen. Mia erhielte für die Zeit auch ein höheres Gehalt.«

Er drückte eine Taste seiner Telefonanlage und sagte: »Mary, holst du mir bitte Mia Thompson ins Büro? Und lass im Anschluss die gesamten Hofstetter-Unterlagen in Loreleys Büro bringen. Die Übersichtsakte hat sie schon. Danke.«

Nachdem er den Druckknopf des Apparats losgelassen hatte, wies er auf den Ordner, den er mir vorhin ausgehändigt hatte. »Ethan Hofstetter war der Besitzer des Betriebs. Der Verkauf erfolgte alters- sowie krankheitsbedingt. Offenbar gibt es keine Nachfahren, die das Unternehmen weiterführen wollten. Seit der Übergabe hat Hofstetters ehemals rechte Hand die Leitung inne. Ein gewisser Logan Finnley. Wie ich erwähnte, versteht es sich von selbst, dass du ihn gesondert unter die Lupe nimmst. Zum einen könnte er durchaus der Initiator des Betrugs sein, andererseits gilt es zu erfahren, ob er sich langfristig für die Position des Geschäftsführers eignet. Einen Ersatz zu finden, wäre unter den gegebenen Umständen nicht das leichteste Unterfangen. Hat er sich nichts vorzuwerfen, wäre es besser, ihn einzuweisen als zu entfernen.«

Ich horchte auf. »Was meinst du mit ›gegebenen Umständen‹?« Da Hugh nicht sofort antwortete, schlug ich die Mappe auf und las das Titelblatt:

Hofstetter Wood

Glacy City

Bundesstaat Alaska

»Was? Alaska?«

In diesem Moment streckte Mia ihren Lockenkopf durch die Tür. »Ihr wollt mich sprechen? Was ist mit … Alaska?«

Sie musste meinen erstaunten Ausruf aufgeschnappt haben.

»Komm herein und setz dich, Mia«, sagte Hugh.

Sie nickte, nahm neben mir Platz und sah erst Hugh, daraufhin mich fragend an.

Demzufolge übernahm ich die Erklärung. »Ausnahmsweise starte ich ohne die gewohnte Pause in ein neues Projekt. Es ist umfangreich und beinhaltet heikle Aufgaben. Aus diesem Grund benötige ich eine zweite Person. Du bist mein Vorschlag.«

»Über die gesamte Spanne?«

»Jedenfalls bis Dezember«, entgegnete ich und beeilte mich, hinzuzufügen: »Sollte sich der Auftrag über Neujahr hinweg erstrecken, würden wir den üblichen Urlaub natürlich antreten und nach Seattle zurückfliegen.«

Unsere Abteilung arbeitete das ganze Jahr unter Hochdruck, aufgabenbedingt gestaltete sich die Weihnachtszeit jedoch ruhig. Deshalb schlossen sich unsere Türen vom vierundzwanzigsten Dezember bis nach Silvester.

»Bin ich denn die Richtige dafür?«, erkundigte sich Mia zaghaft.

So hatte ich meine Assistentin noch nie erlebt. Mia wirkte verwirrt und unsicher. Lag es an der für sie neuartigen Herausforderung?

»Ich habe selbst erst von dem Fall gehört und muss mich in die Details einlesen«, erwiderte ich. »De facto brauche ich jemanden an meiner Seite, dem ich blind vertraue, der Sensibilität besitzt sowie Menschen gut einschätzt und – last not least – ein Ass in Rechnungswesen und Buchprüfung ist.«

»Lass dir Zeit, Mia, und teile uns morgen deine Entscheidung mit«, sagte Hugh. »Lange Außeneinsätze liegen schließlich nicht in deinem Aufgabenbereich. Es wäre eine große Umstellung für dich.«

Mia schüttelte den Kopf. »Vielen Dank für die Frist, sie ist aber nicht notwendig. Ich bin an Bord. Wann geht es los?«

Der glückliche Ausdruck auf Mias Gesicht ließ mich aufatmen. Ich hatte sie spontan vorgeschlagen und dabei nur an mich gedacht. Dass ich sie womöglich in Verlegenheit hätte bringen können, war mir nicht in den Sinn gekommen.

Mein Blick schwenkte zu Hugh. »Wie sieht der Ablaufplan aus?«

Er seufzte. »Nun, es ist Eile geboten. In zwei Wochen erfolgt der Startschuss.«

Ich meinte, mich verhört zu haben. Die Vorbereitungsphase betrug für gewöhnlich mindestens einen Monat.

Wider Erwarten verspürte ich in meinem Inneren ein hoffnungsvolles Gefühl aufsteigen. Ich hatte die richtige Wahl getroffen. Um das Arbeitspensum zu erfüllen, würde ich mich von früh bis spät in den Job vertiefen müssen und ab sofort keine Zeit haben, über mein Dilemma zu sinnieren.

Hugh beugte sich vor. »Ihr werdet die Situation fest im Griff haben. Und aus der Ferne stehe ich euch bei.«

Mia hob die Hand und formte mit Zeige- und Mittelfinger das Victory-Zeichen. »Nun, dann auf nach … Alaska ist unser Ziel, oder?«

Alaska! Es handelte sich nicht nur um mein erstes Projekt in diesem Bundesstaat, sondern auch um das erste Unternehmen, das WWS Industries dort gekauft hatte. Demnach konnte ich auf keinen Erfahrungsbericht eines anderen Prozessoptimierers zurückgreifen.

Was wusste ich überhaupt über Alaska?

Auf der Stelle blockierte mein Gehirn sämtliche kritischen Orientierungspunkte, und die Phantasie formte verträumt wildromantische Bilder. Eine verschneite Landschaft, darin eingebettet das hübsche Kleinstädtchen Glacy City, Wälder und schier grenzenlose Weiten, prasselndes Kaminfeuer, ein zugefrorener See, auf dem Kinder Schlittschuh liefen. Freiheit und gesunde Luft, die tief in die Lunge vordrang und Kraft spendete.

Die frische Brise heizte das Flämmchen der Zuversicht in mir an und schaffte es, einen Hauch von Wärme herbeizuzaubern. Dieser Auftrag war ein Geschenk, das mir unvermutet überreicht worden war – und ich würde es nutzen, um mich wiederzufinden.

Kapitel 3

Logan

Logan Finnley schreckte hoch und stieß einen Unmutston aus. »Herrje, Julia! Musst du die Tür aufreißen wie ein wütender Grizzly? Hast du noch nie etwas von Anklopfen gehört?«

»Die Macht der alten Gewohnheit. Früher hast du meine stürmische Art sehr geschätzt. Ich wäre nicht abgeneigt, sie dir von Neuem zu demonstrieren.«

»Das Thema haben wir längst abgehakt. Erinnerst du dich an unsere zahlreichen Gespräche?«

Julia ließ sich in den Stuhl vor Logans Schreibtisch fallen. »Wie könnte ich die je vergessen! Aber mir ist langweilig, und du bist der einzige Mann in Glacy, der es mit mir aufnimmt. Die anderen Frauen hast du alle durch. Wie ich von Mat hörte, sogar den zweiten Townsend-Zwilling. Willst du nicht einsam sterben, bleibt dir nichts anderes übrig, als die Runde noch mal zu drehen – beginnend mit mir. Eventuell nistest du dich ja endlich ein.«

»Lass Suzy und Mary aus dem Spiel. Die beiden sind deine wie meine Freundinnen. Außerdem war das nicht so mit Suzy, doch das geht dich nichts an.«

Warum hatte Mat seiner Schwester von der Geschichte mit Suzy erzählt? Normalerweise war er so verschwiegen wie das sprichwörtliche Grab.

»Du fragst dich gerade, warum Mat geplaudert hat, nicht wahr?« Julia grinste breit. »Ich habe dich kürzlich mit ihr im Auto gesehen und war neugierig. Mat hat die Klappe gehalten, aber ich lese aus seiner Mimik, als würde er reden.« Sie legte den Zeigefinger auf ihren Mund. »Verrate ihm das bloß nicht.«

»Keine Sorge. Sobald du weg bist, habe ich alles wieder vergessen. Was möchtest du eigentlich hier? Sonst kommst du nie in den Betrieb.«

»Flugplancheck und Eigennutz. Mat sagte mir, du hast vor, jemanden aus Anchorage herüberzufliegen. Wann und wen? Ist er im richtigen Alter, und wie sieht er aus?« Julia zuckte mit den Schultern. »Vielleicht wäre er etwas für mich, wenn du dich weiterhin verweigerst.«

Logans Blick wanderte über die Papierstapel auf dem Schreibtisch. An seinem Notizblock verharrte er. »Freitag um dreizehn Uhr zwanzig landet das Flugzeug aus Seattle. Und es handelt sich um keinen Mann, sondern um zwei Frauen. Loreley Creed und Mia Thompson von WWS Industries.«

»Oh, wie enttäuschend!« Julia schob die Unterlippe vor. »Dann soll Mat sie abholen. Gibt es bereits einen Rückflugtermin?«

»Nein. Die beiden bleiben mindestens vier Monate«, entgegnete Logan. »Sie passen Hofstetter Wood an die Konzernstruktur an. Das benötigt seine Zeit.«

Julia verdrehte die Augen. »Warum hat der alte Idiot die Firma verkauft? Um da oben in der kleinen Holzhütte mitten im Wald zu leben? Niemand braucht irgendwelche schnöseligen Fremden hier, schon gar keine Weibsbilder. Die bringen Glacy nur durcheinander.«

Logan zog die Brauen zusammen. Zwar wusste er, dass Julia den alten Idioten nicht wörtlich meinte, dennoch ärgerte ihn die Bezeichnung. Ethan Hofstetter hatte es – selbst wenn seine schlimmsten Befürchtungen zutrafen – nicht verdient, dermaßen abfällig benannt zu werden.

»Ethan ist achtundsechzig Jahre alt und seit dem Herzinfarkt nicht mehr fit. Er wollte und konnte nicht weiterarbeiten«, wies er Julia zurecht.

»Das ist allgemein bekannt, und es war auch bloß eine rhetorische Frage.« Sie klimperte mit den Wimpern. »He, nun komm schon. Es tut mir leid, Logan. Du kennst mich doch. Ich plappere ständig drauflos. Ethan ist ein toller Kerl, und ich habe ihn genauso gern wie du.« Sie beugte sich vor und musterte die Papiere, Mappen und Ordner, die Logans Schreibtisch einnahmen. »Bereitest du dich auf diese Konzern-Prinzessinnen vor?«

»Ja, und deshalb solltest du jetzt schleunigst verschwinden und mich in Ruhe lassen.« Logan zwinkerte ihr zu und zeigte Julia damit an, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war. »Oder hast du Lust, mir zu helfen?«

Abrupt sprang sie auf. »Spinnst du? Vorher zerlege ich ein Flugzeug und baue es Teil für Teil wieder zusammen – mit auf den Rücken gebundener linker Hand, wohlgemerkt.«

Logan wartete, bis Julia das Büro verlassen hatte, dann lehnte er sich zurück und schloss kurz die Augen. Den Unbekümmerten zu spielen, wobei er am liebsten auf eine Wand einschlagen würde, zerrte an den Nerven.

Tatsächlich wühlte er in den Papierbergen, um für die bevorstehende Inspektion gerüstet zu sein. Die Arbeit strengte an, doch war sie nicht der Grund für seine Verzweiflung. Durch einen puren Zufall hatte er etwas aufgespürt, das ihm selbst heute noch – Tage nach der Entdeckung – die Kehle zuschnürte.

Wegen eines unklaren Schwunds im Sägewerk hatte er sich die handgeschriebenen Rodungslisten, die von den Leitern der Holzfällertrupps geführt und jeden Abend im Büro abgegeben wurden, sowie die daraus generierten Computerlisten vorgenommen. Zwar deckten sich die in das EDV-System eingepflegten Daten mit dem Holz, das hier in der Zentrale anlangte, aber nicht mit den faktisch gefällten Stämmen.

Dabei handelte es sich nicht etwa um ein, zwei Flüchtigkeitsfehler, sondern um das regelmäßige und bewusste Verfälschen der Zahlen. Einzeln betrachtet waren die Differenzen gering und kaum zu eruieren, unter dem Strich machten sie allerdings eine bedeutende Summe aus.

Weder Ethan noch er hatten es sich je angetan, die Aufzeichnungen zu vergleichen. Wozu auch? Für die laufende Planung der Schlagkonzepte wurden stets die ordentlich aufbereiteten Unterlagen herangezogen, und eine Kontrolle aus Misstrauen gegenüber dem Mitarbeiter wäre ihnen nie in den Sinn gekommen.

Logan ballte die Hände zu Fäusten. Wenigstens war er nicht der einzige Idiot. Wenngleich es den Prüfern bei WWS Industries sicherlich nicht an grundsätzlichem Argwohn mangelte, hatten sie die knittrigen handgeschriebenen Listen, die damals von den Damen im Hofstetter-Büro mühevoll kopiert worden waren, wohl ebenfalls ignoriert und wussten somit nichts von den Ungereimtheiten. Insofern war er ihnen einen Schritt voraus.

Unter Hochdruck hatte er es geschafft, die vergangenen sechs Jahre zu durchforsten, und war auf den Beginn der fingierten Einträge gestoßen. Sie tauchten zum ersten Mal vor knapp zwei Jahren auf – jene Phase, in der im Betrieb Chaos geherrscht und sich letztlich alles verändert hatte.

Betrug! Diebstahl! Wie ein höhnendes Monster hatten sich diese Worte in Logans Kopf festgesetzt und seinen Glauben an ein ehrliches Miteinander über den Haufen geworfen. Dabei baute das System von Hofstetter Wood doch genau darauf auf. Eine Gepflogenheit, die in Alaska nicht allein im Geschäft gebräuchlich war. Ohne gegenseitige Hilfe und Unterstützung bestand man in dieser rauen Gegend sogar im einundzwanzigsten Jahrhundert nicht. Technische Errungenschaften erleichterten den Menschen vieles, trotzdem blieben genug Hürden übrig, die es gemeinsam zu nehmen galt.

Unwillkürlich stöhnte Logan auf. Er hatte unten angefangen, und körperlich schwere Tätigkeiten im Sägewerk und in den Camps waren ihm nicht fremd. Schon als Teenager und später während des Studiums in Anchorage hatte er jede freie Minute in der Firma gearbeitet und war nach seinem Abschluss erst Ethans Schüler, dann sein Stellvertreter geworden.

Als sein Mentor vor zweieinhalb Jahren einen Herzinfarkt erlitten hatte, waren sie gezwungen gewesen, umzuorganisieren. Ethan hatte fortan nur noch einige organisatorische Bereiche betreut, ihm selbst war die Leitung sämtlicher operativer Angelegenheiten übertragen worden. Schlagartig war dadurch eine Flut an neuen Pflichten über ihn hereingebrochen, die in Ethans endgültigem Rückzug und dem damit verbundenen Verkauf gipfelten.

Seitdem jonglierte Logan ohne Unterlass mit der Zeit, um alle Aufgaben zu bewältigen. Das Unternehmen war an der Spitze schlank – um nicht zu sagen: spindeldürr – aufgebaut und der Verlust eines Mannes kaum zu kompensieren.

Handelte es sich um einen Zufall, dass exakt in der Umbildung begonnen worden war, Holz zu stehlen?

Neben den ursächlichen Nachforschungen hatte Logan eine geheime Liste angefertigt, wer alles in das Verbrechen verwickelt sein könnte. Folgte er seinem inständigen Wunschdenken, standen die beiden größten saisonalen Holzfällertrupps unter der Leitung Brian de Corts und Frank Smith’ an erster Stelle – Frank vor Brian. Frank war eine zwielichtige Gestalt, deren Personalakte gähnende Leere aufwies.

Warum Ethan ausgerechnet mit diesem Mann vor zwei Jahren einen Vertrag abgeschlossen hatte, war Logan bis heute schleierhaft geblieben. Nun würde das Unterfangen allerdings einen Sinn ergeben.

Es führte ihn auf der Verdächtigenliste direkt zu Ethan Hofstetter selbst, und damit langte er unweigerlich auch bei den im Betrieb beschäftigten Glaciern an – den fest angestellten Holzfällern und Sägewerksarbeitern bis hinauf zum Leiter des Sägewerks, Robert Bley, dem Chef der hiesigen Holzfäller, Charly Carven, und den beiden Damen im Office: Hilary Montgomery und April Fitzgerald.

Logan spürte, wie sich seine Fingernägel durch die Muskelanspannung in die Haut gruben, und lockerte die geballten Hände. Eine dieser Personen stand nicht bloß unter Verdacht. April Fitzgeralds Name prangte auf der sonst noch leeren Liste der fest an dem Diebstahl Beteiligten. Sie erhielt die Rodungslisten und gab die Daten in den Computer ein. Sie betreute die Buchhaltung. Sie kannte den gesamten Bereich inklusive aller Zusammenhänge.

Vertrauen durfte Logan nun jedenfalls niemandem mehr und musste die Kenntnis um die Abweichungen vorerst eisern für sich behalten.

Die Anwesenheit Loreley Creeds und ihrer Assistentin Mia Thompson von WWS Industries würde ihm demzufolge eigentlich als Lichtblick erscheinen, läge die Schlinge nicht auch um seinen eigenen Hals. Seine Reputation basierte auf nichts als dem eigenen Wort, nicht in die Straftat involviert zu sein.

Prompt konnte die Angelegenheit auf ihn zurückfallen, tätigte er einen einzigen falschen Schritt. Die Gefahr schlich sich nämlich zu allem Übel sogar auf zwei Ebenen an.

Glaubte Loreley Creed ihm, nichts mit dem Diebstahl zu tun zu haben, gerieten auf der Stelle seine Versäumnisse als Geschäftsführer in den Fokus. Dass er unverschuldet in dieser Situation gelandet war und trotz der Umstände Großartiges leistete, zählte – wenn überhaupt – bloß peripher. Unter seiner Führung geschah schließlich ein Verbrechen.

Noch schlimmere Probleme ergaben sich für ihn aus der anderen Variante: Loreley Creed zweifelte an, dass er nichts von dem Betrug wusste. An die daraus resultierenden Schwierigkeiten durfte Logan erst gar nicht denken.

Zum wiederholten Mal formte sich in seinem Kopf die zermürbende Gretchenfrage, wie er weiter vorgehen sollte. Verschwieg er die Probleme und suchte auf eigene Faust nach ihrer Herkunft, oder legte er sie von Beginn an offen dar?

Großkonzerne wie WWS Industries achteten nicht auf Einzelschicksale und Hintergründe. Fakten und Zahlen gaben den Ausschlag. Ohne Rücksicht auf Schuld oder Unschuld würden sie in einer Sache wie dieser zuallererst die Führung – also ihn – austauschen und jemanden von WWS auf den Stuhl setzen. Dessen war er sich gewiss.

Mit einem Seufzer strich sich Logan über die Stirn. Hätte er nur mehr Zeit zur Verfügung, könnte er ohne Einschränkung ermitteln. Loreley Creed klopfte jedoch bereits an die Tür und würde ihn mit ihrer Anwesenheit so oder so in arge Bedrängnis bringen.

Er verfluchte diese Frau schon jetzt.

Kapitel 4

Loreley

Ich zog den neuen Kaschmirmantel enger um den Körper und dankte mir im Stillen für die Entscheidung, ihn nicht in den Koffer gepackt zu haben. Zwar hatten sich der Mantel und die – ebenfalls neuen – Wildlederstiefel bei der milden Temperatur und Sonnenschein in Seattle seltsam angefühlt, erwiesen sich hier allerdings als gute Dienstleister.

Es war kalt, der Himmel präsentierte sich grau in grau, zudem blies ein eisiger Wind.

Mia, die neben mir stand, schien es nicht anders zu ergehen. Dabei hatte sie sich sogar für eine Herbstdaunenjacke sowie knöchelhohe Lammfellboots entschieden – und das mitten im September.

Ein Mann trat aus dem gelben Containerhaus und schlenderte auf uns zu.

»Ms. Creed, Ms. Thompson?«

»Ja, ich bin Loreley Creed. Das ist meine Kollegin, Mia Thompson.« Ich streckte ihm die Hand entgegen und starrte einen Moment zu lang in seine Augen. Hatte ich jemals zuvor ein dermaßen intensives Blau gesehen? Der Baumwollpullover im gleichen Ton, den der Mann trug, brachte die Farbe noch intensiver zum Strahlen.

Ehe ich mich in diesem tiefen Bergsee verlor, kam mir ein zweiter Gedanke: Jeans, nur ein dünner Pulli – war ihm nicht kalt?

»Ich bin Mat Hennings, Ihr Pilot, und fliege Sie nach Glacy City.« Er musterte mich mit einem abwägenden Blick. »Sie frieren. Beeilen wir uns zum Flugzeug. Es hat eine Heizung.« Dann wandte er sich Mia zu und schenkte ihr ein Lächeln, das selbst mich als Beobachterin verzauberte.

Trotz des Unglückskokons, in dem ich mich befand, schlugen meine Sensoren an. Wenigstens war ich wegen William nicht blind geworden und erkannte, wenn es zwischen zwei Menschen knisterte – das tat es bei Mia und diesem Mat Hennings jedenfalls.

»Welches ist Ihr Flugzeug?«, fragte ich.

»Keines von denen. Wir müssen dorthin.« Mat zeigte auf das Meer, wo drei Flugzeuge neben einem Steg in den Wellen schaukelten. »Glacy City hat keine eigene Landebahn, aber es liegt direkt am Timbersee.« Wie selbstverständlich nahm er meinen und Mias Koffer und setzte sich in Bewegung. »Glacy lebte schon immer von der Holzfällerei«, erklärte er. »Früher wurden die Stämme mit Lastkähnen über den See zum Verarbeiten auf die andere Seite transportiert. Deshalb heißt er Timbersee. Ethan Hofstetters Urgroßvater hat den Überfahrten ein Ende bereitet, indem er in Glacy ein Sägewerk baute. Jede Generation hat es vergrößert. Nun ist es von Ihrer Firma gekauft worden.«

Seine Stimme klang freundlich und beschwingt, ohne bitteren Unterton.

»Sie kennen die Geschichte der Gegend und des Betriebs, Mr. Hennings«, antwortete ich. »Sind Sie in Glacy City aufgewachsen?«

»Mat, bitte. Und ja, bin ich.« Er betrachtete mich von der Seite. »Ihre Kleidung ist hübsch und elegant, Sie werden jedoch andere benötigen.«

Auch in diesem Satz entdeckte ich keine negativen Schwingungen. Mat war bloß höflich und – für mein Empfinden – eine Spur zu unverblümt.

»Ich habe einen Daunen-Parka eingepackt«, entgegnete ich knapp.

»Ob der ausreichen wird? Ich habe gehört, Sie würden einige Monate bei uns bleiben. Bald wird es richtig ungemütlich. Unsere Jacken sind vielleicht nicht so schön wie Ihre, aber wärmer, vermute ich mal.« Mat zeigte auf meine Stiefel. »Und mit denen brechen Sie sich schneller einen Fuß, als Sie bis drei zählen. Sobald es regnet oder schneit, brauchen Sie ordentliches Schuhwerk. Nur wenige Straßen in Glacy sind asphaltiert.« Sein Blick schwenkte zu Mias Boots. »Die sind für jetzt okay. Später fällt Ihnen oben der Schnee rein.«