Finding Secret - Olivia Anderson - E-Book
SONDERANGEBOT

Finding Secret E-Book

Olivia Anderson

0,0
8,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 8,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Loreleys Plan, endlich ihre Gefühle für Logan Finnley während seines Aufenthalts in Seattle zu ergründen, ist mit einem Schlag zunichte, als sie überraschend nach Glacy City in Alaska reisen muss. Mit im Team ist der smarte Nachhaltigkeitsmanager Aiden Lovecraft, der sich Hals über Kopf in Loreley verliebt. Aiden wäre perfekt – wenn Loreley nur nicht ständig an Logan denken müsste. Aber auch Aiden verbirgt etwas und bald weiß Loreley nicht mehr, wem ihr Herz gehören soll.

Indessen sorgt ihre Assistentin Mia dafür, dass sich Pilot Mat mit dem mysteriösen Unfall seiner Eltern auseinandersetzt. Dabei stößt er auf ein ungeheuerliches Geheimnis, das alles durcheinanderwirbelt …

 Teil 2 der großen Alaska Reihe von »Maple Creek« Autorin Olivia Anderson.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 294

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Cover for EPUB

Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Loreleys Plan, endlich ihre Gefühle für Logan Finnley während seines Aufenthalts in Seattle zu ergründen, ist mit einem Schlag zunichte, als sie überraschend nach Glacy City in Alaska reisen muss. Mit im Team ist der smarte Nachhaltigkeitsmanager Aiden Lovecraft, der sich Hals über Kopf in Loreley verliebt. Aiden wäre perfekt – wenn Loreley nur nicht ständig an Logan denken müsste. Aber auch Aiden verbirgt etwas und bald weiß Loreley nicht mehr, wem ihr Herz gehören soll.

Indessen sorgt ihre Assistentin Mia dafür, dass sich Pilot Mat mit dem mysteriösen Unfall seiner Eltern auseinandersetzt. Dabei stößt er auf ein ungeheuerliches Geheimnis, das alles durcheinanderwirbelt …

 Teil 2 der großen Alaska Reihe von »Maple Creek« Autorin Olivia Anderson.

Über Olivia Anderson

Unter dem Pseudonym Olivia Anderson vereint die deutsch-österreichische Bestsellerautorin Gerlinde Friewald ihre Passion für Geschichten über Liebe und Freundschaft sowie ferne Länder, die ihr durch einen besonderen Bezug ans Herz gewachsen sind. Gerlinde Friewald ist in verschiedenen Genres der Unterhaltungsliteratur beheimatet und fasziniert mit spannungsgeladenen Inhalten, facettenreichen Figuren und einer feingezeichneten Sprache. Ihre Leidenschaft und ihr Wissen gibt sie als Dozentin für Kreatives Schreiben weiter. Mit ihrer Familie lebt sie im Süden Wiens in Österreichs.

ABONNIEREN SIE DEN NEWSLETTERDER AUFBAU VERLAGE

Einmal im Monat informieren wir Sie über

die besten Neuerscheinungen aus unserem vielfältigen ProgrammLesungen und Veranstaltungen rund um unsere BücherNeuigkeiten über unsere AutorenVideos, Lese- und Hörprobenattraktive Gewinnspiele, Aktionen und vieles mehr

Folgen Sie uns auf Facebook, um stets aktuelle Informationen über uns und unsere Autoren zu erhalten:

https://www.facebook.com/aufbau.verlag

Registrieren Sie sich jetzt unter:

http://www.aufbau-verlage.de/newsletter

Unter allen Neu-Anmeldungen verlosen wir

jeden Monat ein Novitäten-Buchpaket!

Olivia Anderson

Finding Secret

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Kapitel 1 — Loreley

Kapitel 2 — Logan

Kapitel 3 — Loreley

Kapitel 4 — Loreley

Kapitel 5 — Loreley

Kapitel 6 — Logan

Kapitel 7 — Loreley

Kapitel 8 — Aiden

Kapitel 9 — Mia

Kapitel 10 — Mat

Kapitel 11 — Loreley

Kapitel 12 — Loreley

Kapitel 13 — Aiden

Kapitel 14 — Loreley

Kapitel 15 — Mia

Kapitel 16 — Loreley

Kapitel 17 — Loreley

Kapitel 18 — Loreley

Kapitel 19 — Mia

Kapitel 20 — Loreley

Kapitel 21 — Logan

Kapitel 22 — Aiden

Kapitel 23 — Loreley

Kapitel 24 — Loreley

Kapitel 25 — Loreley

Kapitel 26 — Loreley

Kapitel 27 — Loreley

Kapitel 28 — Loreley

Kapitel 29 — Loreley

Kapitel 30 — Logan

Kapitel 31 — Mat

Kapitel 32 — Logan

Kapitel 33 — Loreley

Impressum

Kapitel 1

Loreley

»Was?« Mit aufgerissenen Augen starrte ich meinen Chef Hugh Hoffner an. »WWS Industries plant, eine Papierfabrik in Glacy City zu bauen?«

»Das Wort ›planen‹ ist eine Spur zu hoch gegriffen. Einstweilen reden wir von einer IIE one. Du kennst das langwierige Prozedere und weißt, wie schnell das Thema vom Tisch sein kann.«

Ich nickte bloß. Bevor ich angemessen reagierte, musste ich die Neuigkeit verdauen.

Hinter der Abkürzung »IIE one« – information internal and external step one – verbarg sich der erste Schritt eines dreistufigen Prozesses, in dem interne Abteilungen sowie externe Berater prüften, ob ein Projekt Sinn ergab. Fiel der Entwurf in einem Punkt durch, oder traf man auf Unstimmigkeiten, verschwand die Idee sofort wieder von der Bildfläche.

Da Hugh nur mein Nicken erhielt, holte er notgedrungen weiter aus. »Es lohnt sich, im Marksegment ›Holz‹ ausgedehnter zu investieren, und dank des Diebstahl-Skandals kommt uns Weller Construction nicht mehr in die Quere. Außerdem habt du und Logan Finnley beim Ausbaukonzept für Hofstetter Wood ganze Arbeit geleistet. Ohne diese Vergrößerung wäre die Fabrik erst gar nicht angedacht worden. In Summe gäbe es keine bessere Zeit, die Ressourcen Hofstetter Woods auszuschöpfen.«

»Wird Kirk Fontain auch das Papierfabrik-Projekt betreuen?«, fragte ich und hoffte auf Hughs Bestätigung.

Als leitender Architekt der Hofstetter-Wood-Erweiterung war Kirk mit dem Betrieb vertraut, und ich mochte ihn. Er war ein freundlicher, besonnener Mensch, der ein Gespür dafür besaß, die Wünsche von WWS Industries, seine Visionen und die Gegebenheiten vor Ort in Einklang zu bringen.

»Ja.« Hugh setzte sein Motivationslächeln auf. »Für die Planung der Umbauten war es nicht notwendig, Kirk nach Alaska zu schicken. Das ändert sich bei der Größenordnung einer IIE selbstverständlich. Er und ein eigens engagierter Nachhaltigkeitsspezialist fliegen nächste Woche nach Glacy City. Geländebesichtigung, Kontaktaufnahme zu den Behörden, Check der Infrastruktur – das Übliche.« Sein Lächeln wurde gefährlich breit. »Du wirst die Herren bitte begleiten, Loreley. Führe sie in die lokalen Gepflogenheiten ein, und unterstütze sie in jeder Hinsicht, insbesondere bei der Bevölkerung. Wir wünschen uns keinen Shitstorm, der das Projekt bereits im Vorfeld lahmlegt.«

»Logan Finnley reist kommenden Dienstag für sein erstes Geschäftsführer-Training an. Eigentlich wollte ich ihn –« Jäh verstummte ich und schwenkte um. »Wann soll es losgehen?«

»Am Montag. Es sind knapp zwei Wochen veranschlagt, also keine große Sache für dich.«

Kurz hielt ich den Atem an. Zumindest einen Versuch musste ich wagen, das Vorhaben umzukehren. »Wäre es nicht sinnvoller, zu warten, bis Mr. Finnley nach Glacy City zurückgekehrt ist? Seine Schulung dauert nur drei Wochen.«

Hugh schüttelte den Kopf. »Diese Etappe dient vorrangig der Sichtung und Kontaktaufnahme. Mr. Finnley wird dafür nicht benötigt. Tauchen spezifische Fragen auf, können die nach eurem Comeback hier mit ihm erörtert werden. Drei minus zwei ergibt eine gemeinsame Woche in Seattle.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Natürlich hast du recht, Loreley. Fakt ist aber, dass die Terminkoordination von zwei Abteilungen durchgeführt wurde, wobei das Personalressort mit Mr. Finnleys Trainings deutlich früher dran war. ›Planning & Construction‹ hat es schlicht und ergreifend nicht für erforderlich befunden, sich abzustimmen. Demzufolge springen wir – wieder einmal – als Problemlöser ein. In diesem Fall trifft es dich. Wäre Mr. Finnley zu Hause, bräuchtest du nicht mitzufliegen.« Erneut seufzte er. »Was soll’s. Obwohl wir das Alaska-Projekt ordnungsgemäß abgeschlossen haben, wird es aufgrund der Historie und deiner fundierten Kenntnisse an uns kleben bleiben wie ein Kaugummi auf der Schuhsohle.«

Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Das Briefing zu deiner Reise führen wir später durch. Ich muss zu einem Meeting, in dem darüber gesprochen wird, wer für die Aufsicht des Hofstetter-Ausbaus abgestellt wird. Was ich dort zu suchen habe, schlägt in dieselbe Kerbe. Quod erat demonstrandum – Alaska gehört uns.« Hugh musterte mich mit hochgezogenen Brauen. »Willst du nicht wissen, was das Zitat bedeutet?«

»Bedenke, von wem ich abstamme«, erwiderte ich ungerührt. »Mein Vater ist Geschichts- und Literaturprofessor mit Faible für die Antike. Latein zu lernen, kam direkt hinter Lesen und Schreiben. Meine erste Lektion hatte ich mit acht Jahren. Quod erat demonstrandum heißt übersetzt: Was zu beweisen war.«

Hugh lachte auf. »In vielen Bereichen ein wandelndes Lexikon und Workaholic auf der Überholspur, dazu sprachenkundig – Spanisch, Französisch und nun das Latein-Outing. Irgendwann sitzt du entweder auf meinem Platz oder führst selbst ein Tochterunternehmen von WWS Industries. Im Gegensatz zu dir habe ich den Spruch in einem Zeitungsartikel gelesen und auswendig gelernt.« Er winkte ab. »Niemand scheint sich um den Job des Koordinators in Glacy City zu reißen. Wer will schon monatelang in Alaska festsitzen? Trotzdem gibt es einige Bewerber. Kein Wunder, immerhin haben wir Hofstetter Wood zu einem Renommee-Projekt gemacht. Für eine Sprosse auf der Karriereleiter beißt man auch in einen sauren Apfel.« Abrupt schob Hugh seinen Stuhl zurück und stand auf.

Ich erhob mich ebenfalls und folgte ihm auf den Gang hinaus. Während er nach rechts davonmarschierte, ging ich in die entgegengesetzte Richtung zu meinem Büro. Auf dem Weg gab ich meiner Assistentin und Freundin Mia Thompson ein Zeichen, die in ihrer Frontkoje im Großraumbüro unserer Abteilung saß.

Sie sprang sofort auf und kam hinter mir her.

»Du wirkst, als wäre dir die sprichwörtliche Laus über die Leber gelaufen«, bemerkte sie, nachdem wir an meinem Schreibtisch Platz genommen hatten.

Ich stöhnte auf. »Wohl eher eine ganze Läusefamilie, die sich nicht von Blut, sondern von der Ironie meines Lebens ernährt. Du wirst es nicht glauben! Einen Tag bevor Logan in Seattle landet, fliege ich nach Glacy.«

»Was? Das wirft doch dein gesamtes Vorhaben über den Haufen.«

Ich versuchte ein schiefes Grinsen, das mir misslang. »Hätte ich Hugh sagen sollen, dass ich hierbleiben muss, um meine Gefühle für Logan zu ergründen?« Rasch schluckte ich, um den anschwellenden Knoten in meinem Hals loszuwerden. Der Gedanke, weiterhin im Dunklen zu tappen, schnürte mir tatsächlich die Kehle zu. War die Lage nicht ohnehin verwirrend genug?

Dabei war mein Plan gut gewesen.

Unter dem Deckmantel der Gastgeberin hätte ich Logan die Sehenswürdigkeiten Seattles gezeigt, ihn zum Abendessen ausgeführt und mit ihm Innenstadtbars zum After-Work besucht – eine Aufstellung attraktiver Plätze und möglicher Lokale lag bereits fix und fertig in meiner Schublade. Auf diese Weise wären wir uns auf anderer Ebene begegnet, und ich hätte meine chaotischen Empfindungen endlich ordnen können.

Nach diesem besonderen Abend in Logans Haus hatten wir für die Erarbeitung des Ausbau-Konzepts zwar beinahe Tag und Nacht gemeinsam verbracht, zu einem weiteren intimen Moment war es allerdings nicht gekommen. Weder wusste ich, ob sein Interesse andauerte, noch, was ich wollte. Schließlich hatten sich die Fakten nicht verändert. Logan war ein Playboy und lebte meilenweit von Seattle entfernt in Alaska – die denkbar schlimmste Kombination in meiner Situation.

Obwohl ich über die Trennung von William indessen hinweg war, hatte ich einen Schaden davongetragen. Der Verlust meiner Naivität würde sich mit nichts wieder wettmachen lassen.

»Warum musst du eigentlich nach Glacy?«, fragte Mia.

»Für die Errichtung einer Papierfabrik wurde eine IIE gestartet. Ich begleite Kirk Fontain und einen zweiten Mann.«

»Eine … IIE?« Mia starrte mich entgeistert an.

Spiegelte sich Entsetzen in ihrer Miene wider? Auf der Stelle beschlich mich ein mulmiges Gefühl. Logan hatte mir viel über die Probleme Alaskas berichtet und war ein Verfechter des Aufschwungs. Eine Ansiedlung bestand nur, wenn es Arbeitsplätze gab – und die würde ein derartiges Projekt in großer Zahl schaffen. Was aber geschah mit der Umwelt und den Menschen, die dort lebten?

Als mir Hugh von der IIE erzählt hatte, war meine erste Reaktion eine Mischung aus Staunen und Freude für Glacy gewesen. Nun begann ich unsicher zu werden.

Ich räusperte mich. »Mir ist bewusst, dass die Errichtung eines solchen Werks die Gegend komplett verändern würde.«

»Und ob. Kein Stein bliebe auf dem anderen.« Ein Strahlen blitzte in Mias Augen auf. »Allein die Idee, dass eine Fabrik gebaut werden könnte, eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Die Glacier werden begeistert sein.« Sie wiegte den Kopf. »Ist das nicht irgendwie schräg? Was für die einen das absolute Schreckensszenario bedeutet, ist für manche die Basis der Existenz.«

»Machst du dir keine Sorgen?«, erkundigte ich mich.

»Nicht, was die Sache an sich betrifft. Wir arbeiten lange genug für WWS Industries, um zu wissen, wie achtsam sie vorgehen. Wenn ich mich sorge, dann um das Schüren falscher Hoffnungen. Die kleinste Abweichung und eine IIE landet in der Rundablage.«

Ich nickte. »Ja, das stimmt leider. Letztlich müssen sich hohe Investitionen rechnen. Demnach sollten wir jeglichen Enthusiasmus einstweilen dämpfen.«

Mia richtete sich auf. »Sehen wir es vorsichtig positiv. Der Markt spricht klar dafür, und grundsätzlich ist der Standort mit angeschlossener Holzfällerei und dem Sägewerk optimal. Damit reduziert man Transportkosten. Außerdem ist die Manpower hervorragend. Die Menschen in Alaska kennen den Wert eines Jobs und verstehen es, anzupacken.« Sie beugte sich einen Tick vor. »Mit einem Schlag wäre die Furcht, trotz eines florierenden Betriebs wie Hofstetter Wood eines Tages von der Landkarte zu verschwinden, wie weggefegt.«

Ohne es bewusst zu steuern, hatte ich Mia während ihrer Ausführungen genau beobachtet. Sie hatte die Mitteilung nicht einfach bloß aufgenommen, sondern schlüssig und souverän geantwortet. Was sich in unserer gemeinsamen Alaska-Zeit bereits abgezeichnet hatte, trat immer deutlicher hervor. Mia war ihrer Assistententätigkeit entwachsen und bereit für den nächsten Schritt.

Ich atmete tief durch. Hatte sich nicht gerade eine Chance für diesen nächsten Schritt aufgetan? Jäh überschlugen sich meine Gedanken.

»Mia, hör mal zu«, sagte ich hastig. »Für den Ausbau Hofstetter Woods wird aktuell ein Kontrollorgan vor Ort gesucht – das bedeutet: monatelanger Aufenthalt in Glacy. Es klingt vielleicht verrückt, aber du solltest dich bewerben.«

»Was, ich?« Hatte Mia über die Papierfabrik gestaunt, schien sie nun völlig perplex. »Wäre ich denn überhaupt qualifiziert dafür?«, murmelte sie.

»Und ob.« Der Reihe nach streckte ich meine Finger in die Höhe und zählte auf: »Abgesehen von mir bist du über Hofstetter Wood besser informiert als jeder WWS-Mitarbeiter, und du verfügst über das notwendige Know-how. Zudem bist du befähigt, die anstehenden Vorstellungsgespräche für das Backoffice zu führen, die Neuen einzuschulen und die Büroabläufe zu organisieren.«

Für eine Weile wirkte Mia wie erstarrt. Als sie endlich reagierte, klang ihre Stimme rau und zittrig. »Das wäre … Ich weiß gar nicht, wie ich …« Sie vollendete den Satz nicht und zuckte mit den Schultern.

Prompt regte sich mein Gewissen. War ich zu rasch und unverblümt vorgegangen? »Ich wollte dich nicht überfahren. Wie dumm von mir! Bitte entschuldige.« Noch während ich redete, dachte ich an Mias vorherige Bemerkung, keine falschen Hoffnungen zu schüren. »Hugh schickt dich sicherlich mit Freude ins Rennen, aber an der Entscheidung sind mehrere beteiligt. Es besteht die Möglichkeit, dass sie jemand anderen wählen.«

»Das ist mir klar. Keine Sorge.« Mia lächelte. »Damit würden sich sämtliche Träume erfüllen.« Abrupt verwandelte sich ihr Lächeln in ein breites Schmunzeln. »Erinnerst du dich, was ich sagte, als du mir damals vorgeschlagen hast, dich nach Glacy City zu begleiten?«

»War das ›auf nach Alaska‹?«

»Ganz genau.« Mia klatschte in die Hände. »Und dasselbe antworte ich jetzt auch wieder: Ja! Auf nach Alaska! So eine Chance kommt nicht zweimal.« Unvermittelt erschien ein bekümmerter Ausdruck auf ihrem Gesicht. »Was wäre mit unserer Freundschaft und meinem Job?«

Deutlich spürte ich den Stich in meinem Inneren, ließ mir jedoch nichts anmerken. Keinesfalls wollte ich Mias Freude mit meiner plötzlichen Wehmut dämpfen. »Ich würde mir eine neue Assistentin suchen, dich vermissen und darauf bestehen, dass wir täglich telefonieren.« Ich hüstelte, um meine Beklommenheit weiter zu überspielen. »Später muss ich noch einmal zu Hugh wegen der bevorstehenden Reise nach Glacy. Bei dieser Gelegenheit spreche ich gleich mit ihm. Mein Gott, Mat wird Freudensprünge machen.«

Der Gedanke an Mia und ihre Fernbeziehung mit Mat versöhnte mich mit der Trauer. Die beiden liebten einander aufrichtig und meisterten den Abstand zwischen Seattle und Glacy City bravourös. Dennoch litten sie unter der Entfernung.

»O nein!« Abwehrend riss Mia die Hände hoch. »Mat darf vorläufig nichts davon erfahren. Mit ihm rede ich erst, wenn ich die Bestätigung habe. Er wäre überglücklich und würde sofort beginnen, Pläne zu schmieden. Klappt es nicht, wäre er zutiefst enttäuscht. Seine Schwester flüstert mir oft genug zu, wie sehr er mich vermisst.« Sie verdrehte die Augen. »Natürlich stets mit vorwurfsvollem Unterton, als wäre ich so was wie ein Vamp, der ihn mit seinem Sex-Appeal um den Verstand bringt. Manchmal glaube ich, am liebsten würde sie mich in einer Gletscherspalte verschwinden lassen.«

»Die einfachste Schwägerin in spe hast du dir wahrlich nicht ausgesucht«, entgegnete ich. »Julia ist … speziell.«

»›Speziell‹ ist eine nette Umschreibung für diese Frau. Mat meint zwar, sie bräuchte nur einen Mann und guten Sex, um ins Gleichgewicht zu kommen, ich tippe allerdings eher auf einen Exorzisten. Unlängst habe ich ihm vorgeschlagen, entweder einen Dompteur zu engagieren oder auf einschlägigen Internet-Plattformen nach einem devoten Mann zu suchen. So einen, den sie an der Leine herumführen kann.« Mia kicherte. »Sorry. Du weißt – Mat und ich mögen es, Dinge direkt anzusprechen. Deins ist das hingegen nicht.«

»Oh, ich bin eine eifrige Schülerin und lerne stetig von dir«, antwortete ich und reckte das Kinn.

Mia zwinkerte mir zu. »Der Erfolg zeigt sich. Du schreckst beim Wort ›Sex‹ nicht mehr zusammen, und der ›devote Mann‹ lässt dich sichtlich kalt.«

Ich nickte. Wo Mia recht hatte, hatte sie recht – und zu meinem eigenen Erstaunen fühlte ich mich durchaus wohl in der Haut einer etwas unverkrampfteren Loreley.

Kapitel 2

Logan

Logan betrat das Restaurant und sah sich um. Amber saß an einem Tisch am Fenster. Sie hielt ihr Handy in der Hand und tippte. Einen Moment lang verharrte er und musterte sie.

Die Frauen in seinem Leben, sofern er Loreley und Amber so bezeichnete, sowie die Terminkoordinatoren von WWS Industries hatten innerhalb weniger Tage seine Pläne komplett durcheinandergewürfelt, weswegen seine Laune zwischen ärgerlich, neugierig und hoffnungsvoll hin- und herschwankte. Ärgerlich, weil Loreley zwei Drittel seines Aufenthalts in Seattle nicht anwesend sein würde, neugierig, was Amber ihm erzählen wollte, und hoffnungsvoll, da der Grund für Loreleys Reise nach Glacy sein Herz schneller schlagen ließ.

Logan gab sich einen Ruck, ging zu Amber und begrüßte sie mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange. Dann setzte er sich.

Amber spitzte die Lippen. »Schön, dass wir uns vor deiner Abreise nach Seattle noch treffen. Zugleich schade, dass der Berg zum Propheten kommen musste.«

»Bin ich der Berg oder der Prophet?«

»Der Prophet. Schließlich habe ich dich angerufen und gebeten, Anchorage einen Besuch abzustatten.«

»Wie auch immer, das Timing hätte nicht besser sein können«, erwiderte Logan. »Mein Flug nach Seattle ist Dienstag, und das Wochenende davor altbekannte Stadtluft zu schnuppern, ist eine willkommene Abwechslung von der Arbeit.«

Amber streckte den Arm aus und berührte mit den Fingerspitzen seine Hand. »Ich esse öfter hier und habe mir erlaubt, eines der aufeinander abgestimmten Fünf-Gänge-Menüs mit Weinbegleitung für uns vorzubestellen. Hoffentlich hat sich dein Geschmack nicht verändert. Du bist übrigens eingeladen.« Sie wandte sich ab und winkte dem Kellner, der daraufhin hinter einer Tür verschwand.

»Was verschafft mir die Ehre eines derart schicken Abendessens?«, fragte Logan.

»Erstens bin ich nach wie vor eine Freundin des guten Geschmacks. Zweitens erwarte ich eine Revanche. Drittens will ich etwas von dir.«

»Ich erinnere mich, dass du schon während des Studiums deinen letzten Cent für die besseren Kekse ausgegeben hast. Deshalb werde ich mir für die Retoureinladung ein besonderes Restaurant überlegen.« Logan hielt inne. Der dritte und wesentliche Punkt ließ sich nicht höflich umschreiben. Insofern sprach er ihn direkt an. »Was möchtest du von mir?«

Seit er wegen des Artikels über den groß angelegten Holzdiebstahl in der Anchorage Daily News Kontakt mit Amber aufgenommen hatte, verlief die Informationsschiene eingleisig – von ihr zu ihm. Was er erfahren hatte, war zwar im Hinblick auf Hofstetter Wood nicht aufschlussreich gewesen, doch resultierte jede weitere Recherche ohnehin nur noch aus seiner persönlichen Wissbegierde. Unternehmerisch hatte die Aufdeckung des Delikts nämlich keine Bedeutung mehr. WWS Industries war zufrieden, dass der Skandal Weller Construction das Genick gebrochen hatte, und konzentrierte sich ausschließlich auf den Ausbau Hofstetter Woods.

Amber blinzelte. »Das ist rasch erklärt. Durch dich bin ich in diese Holz-Story hineingerutscht und arbeite nun ebenfalls an der Sache.« Sie faltete die Hände. »Erste Hinweise tauchen auf, dass die Diebstähle in deinem Betrieb tatsächlich zu dem Konstrukt gehören. Haben wir die Bestätigung, wünsche ich mir ein Exklusivinterview mit dir. Du hast die Aufdeckung des Verbrechens bei Hofstetter Wood hautnah miterlebt und eine eigene Geschichte dazu. So was lesen die Leute gern. Außerdem steche ich damit meinen Kollegen aus.«

Jäh flammten in Logans Kopf die Ereignisse der vergangenen Monate auf. Sie kennzeichneten die schwierigste Zeit seines Lebens, und die Vorstellung, darin umzurühren, beunruhigte ihn. »Versprechen kann ich dir nichts, aber ich rede mit WWS Industries.«

Amber schnitt eine Grimasse. »Was haben die damit zu tun? Das ist doch deine Entscheidung.«

»So ist es nicht. WWS Industries ist Inhaber Hofstetter Woods, und als Geschäftsführer bin ich weisungsgebunden.«

Amber stieß einen Seufzer aus. »Regeln und überzeichnete Korrektheit – wo ist der Outlaw in dir geblieben?«

Logan lachte auf. »Zielt der Outlaw auf jenes Verhalten ab, das du mir früher vorgeworfen hast?«

In diesem Moment trat der Kellner an den Tisch und murmelte mit gedämpfter Stimme: »Lachs-Tartar mit Avocado, Dill und Bratkartoffeln.« Im gleichen Tonfall erläuterte er den Wein, schenkte ein und zog sich so leise, wie er gekommen war, wieder zurück.

Kurz blickte Amber ihm nach, dann sagte sie: »Der von mir kritisierte Outlaw bezog sich immer nur auf deine Ignoranz in unserer Partnerschaft. Du bist nie greifbar gewesen. Einen Schritt nach vorn, wenn ich sauer auf dich war, damit du mich nicht verlierst, drei nach hinten bei harmlosesten Liebesoffenbarungen. Wir waren Studenten und hatten viel Spaß, im romantischen Sinn war das jedoch keine schöne Beziehung – zumindest für mich nicht.«

Logan lächelte schief. Was erwartete sie von ihm? Eine Entschuldigung? »Sollte ich dich damals verletzt haben, tut es mir echt leid, aber das Ganze ist ewig her. Möchtest du wirklich darin herumkramen?«

»Verfall nicht gleich in Panik. Ich habe nicht vor, ein Gespräch zur Bewältigung der Vergangenheit einzuleiten. Die Gegenwart interessiert mich mehr. Verheiratet bist du nicht, Kinder hast du auch keine. Gibt es eine Freundin?«

Logan spürte ein mulmiges Gefühl in sich aufsteigen. Dieser seltsame Schwenk behagte ihm nicht. Worauf zielte Amber ab? Sie nach Jahren anzurufen, war einer einzigen Intention entsprungen, und bei der wollte er bleiben.

»Die Arbeit steht bei mir an erster Stelle, und Hofstetter Wood hat oberste Priorität«, entgegnete er ausweichend und erschrak, als unvermutet Loreleys Gesicht vor seinem inneren Auge auftauchte. Er hustete, um die plötzliche Unsicherheit zu kaschieren. »Ich bin mit niemandem zusammen, aber es gibt eine Frau, die ich mag.«

Das Unbehagen nahm schlagartig zu, und was in sein Bewusstsein vordrang, holte nun tatsächlich die eben von Amber genannte Panik hervor. Sie hatte jedoch nichts mit der Vergangenheit und Amber zu tun.

Eine Bindung zu Loreley entwickelt zu haben, stritt er nicht ab. Genauso wenig, dass er sich von seinem Besuch in Seattle ursprünglich mehr erhofft hatte. Loreley vor einer anderen Frau zu erwähnen, ging allerdings zu weit. Was war bloß los mit ihm? Er war kein Mann, der sich ernsthaft verliebte, und schon gar keiner, der einer aussichtslosen Sache hinterherjagte.

Unwillkürlich trat die Enttäuschung in den Vordergrund, die er bei der Nachricht über Loreleys Abwesenheit während seines Aufenthalts in Seattle empfunden hatte. Für seinen Geschmack war sie viel zu mächtig gewesen und hatte ihn kalt erwischt. Eigentlich war er nur verfrüht nach Anchorage geflogen und saß jetzt an diesem Tisch, um sich von dem nagenden Frust abzulenken und Loreley endgültig aus seinen Gedanken zu verbannen.

Kaum merklich schüttelte Logan den Kopf. Was sollte das überhaupt? Loreley lebte in Seattle und er in Alaska, zudem gab es die berufliche Verknüpfung. Ließen sich diese beiden Faktoren vielleicht noch ignorieren, standen Loreleys Wünsche und Vorstellungen unbeantwortet im Raum. Würde sie etwas für ihn fühlen, hätte sie es ihm doch in irgendeiner Form zu verstehen gegeben. Frauen fanden hundert Möglichkeiten, indirekt zu kommunizieren, und Gelegenheiten waren ausreichend vorhanden gewesen. Schließlich hatten sie wochenlang an der Konzeptentwicklung für Hofstetter Wood gearbeitet und telefonierten seitdem regelmäßig. Die kleinste Andeutung oder ein verborgener Hinweis hätte genügt.

»Logan?«

Ambers Stimme durchschnitt seine Grübeleien. »Entschuldige, ich war kurz abgelenkt. Der Aufenthalt in Seattle beschäftigt mich.« Immerhin entsprach die Erklärung der Wahrheit. Die Hintergründe musste er nicht ausführen.

»Ich habe dich gerade gefragt, ob die Sache mit dieser Frau kompliziert ist«, sagte Amber.

Logan nickte. »Die Umstände sind vertrackt, und ich glaube nicht, dass etwas daraus wird.«

»Eventuell kann ich dir mit einer zweiten Frage auf die Sprünge helfen.« Amber lächelte. »Der Beruf dieser Frau ist nicht zufällig Journalistin, oder?«

Bildete sich Amber wirklich ein, es handelte sich bei »der Frau« um sie? Rasch schluckte er ein »Nein, definitiv nicht« hinunter und strich sich mit einer fahrigen Bewegung durchs Haar.

Die Unterhaltung lief in eine völlig verkehrte Richtung, und weder hatte er Muße noch Lust, sich auf Plänkeleien einzulassen. Wider Willen spürte er Ärger in sich aufsteigen. Amber war nicht das Problem. Sie ließ ihn wenigstens wissen, dass er ihr nicht gleichgültig war – anders als Loreley. Von ihr kamen keinerlei Signale, und falls doch, waren sie für ihn nicht zu decodieren. Aber so war Loreley – zurückhaltend, höflich, stets überkorrekt. Meinte sie am Ende, er würde ihr hinterherrennen und sie anflehen, ihn zu erhören? Das durfte sie sich abschminken.

Einer Intuition folgend erwiderte er Ambers Lächeln. »Wie wäre es, wenn du selbst herausfindest, welchen Beruf die Dame hat?«

»Oh, das werde ich, Logan Finnley, verlass dich darauf. Schneller, als du ahnst.« Amber nahm das Besteck und zeigte mit den Zinken der Gabel auf das Lachs-Tartar. »Erst genießen wir allerdings das Abendessen.«

Logan betrachtete das winzige Häufchen rohen Fischs auf seinem Teller. Hatte er sich aus einer spontanen Emotion heraus gerade mitten in eine Situation hineinmanövriert, der er besser ausgewichen wäre?

Kapitel 3

Loreley

Mat ging neben mir über den Steg und sagte mit einem breiten Grinsen: »Erinnerst du dich an deinen ersten Auftritt?«

»Wärst du nicht gewesen, hätte ich in den eisigen Fluten ein Bad genommen.« Ich zeigte auf meine Hiking Boots. »Hochgeschnürt, wasserdicht, Innenfell. Bequem, praktisch und perfekt an die Verhältnisse angepasst.«

Kirk Fontain deutete mit dem Kinn auf das Meer. »Sie wären da beinahe hineingestürzt?«

»Im Gegensatz zu heute trug ich damals Wildlederstiefel mit dünner Sohle und feinen Stöckeln«, erzählte ich. »Und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich freundliche Hinweise auf meine falsche Kleidung eine geraume Weile ignoriert habe.«

Mat lachte auf. »Ha! In Wahrheit hat es erst einen Unfall gebraucht, um dich zu überzeugen.«

»Sie hatten einen Unfall?«, erkundigte sich Aiden Lovecraft. In seiner Stimme lag ein Hauch von Sorge.

»Nichts Ernstes, zum Glück. Ich bin in ein tiefes Schlammloch getreten und habe mir den Knöchel verletzt.« Ich schmunzelte. »Schmerzen, Krücken und die Weisung des Docs führten zur demütigen Einkehr.«

Wir erreichten die Werkstatt, und Mat zeigte auf seinen Wagen. »Da ich Logan bereits am Freitag nach Anchorage geflogen habe, spiele ich den Chauffeur. Am besten bringe ich euch gleich ins Hotel, sonst verübt Annabell Lynchjustiz an mir. Sie freut sich schon wahnsinnig auf dich, Loreley.«

»Nicht so hastig!« Julia trat aus der Werkstatt und musterte Kirk Fontain und Aiden Lovecraft. »Herzlich willkommen in Glacy City. Mein Name ist Julia Hennings. Bitte entschuldigen Sie meinen Aufzug, ich bin Flugzeugmechanikerin.« Sie zeigte auf ihren Overall und hob die schmutzigen Finger, dann schwenkte ihr Blick zu mir. »Hi, Loreley.«

Ehe ich Julia meinerseits begrüßen konnte, reagierte Kirk und streckte ihr die Hand entgegen. »Mein Name ist Kirk Fontain. Als Architekt fasse ich zwar keine Motoren an, dafür Baumaterialien. Nicht alle sind trocken, und einige hinterlassen schlimme Spuren. Ein bisschen Öl macht mir nichts aus.«

Julia neigte den Kopf. »Mörtel und Verputz kleben nicht wie zäher Honig an Ihnen. Auf Ihre Verantwortung …« Beherzt ergriff sie seine Hand. »Abends im Lokal zeige ich mich von einer besseren Seite, versprochen.«

»Meinen Sie mit ›Lokal‹ das Restaurant im Ort?«, fragte Kirk. Tatsächlich schien ihn nicht zu stören, dass sich über seinen rechten Handrücken nun zwei dunkelbraune Ölstreifen zogen.

»Oh, das ›Lokal‹ ist vieles in einem: Restaurant, Hotel, Bar. Mehr haben wir in Glacy nicht. Aber es ist ziemlich gemütlich dort.« Julia öffnete den Mund, um weiterzureden, hielt jedoch abrupt inne und senkte die Lider.

Mit zunehmendem Staunen beobachtete ich die Szenerie. Während meiner Zeit in Glacy hatte ich Julia auf verschiedene Arten erlebt – manchmal zänkisch, barsch und grob oder herausfordernd. Jedenfalls war ihre Zunge stets gut gespitzt gewesen. Eigenschaften wie »unaufdringlich« und »höflich« an ihr zu bemerken, war eine neue Erfahrung für mich.

Mat beendete den wohl auch in seinen Augen sonderbaren Moment, indem er wortlos zu seinem Auto marschierte und unser Gepäck in den Kofferraum lud. Er winkte uns zu und nahm auf dem Fahrersitz Platz.

»Dann sehen wir uns also am Abend im Lokal«, sagte Kirk und schenkte Julia ein inniges Lächeln, das sie prompt erwiderte.

Fast war ich erleichtert, als sie Aiden Lovecraft mit einem einfachen Nicken verabschiedete, mich komplett ignorierte und in der Werkstatt verschwand. Das war Julia Hennings, wie ich sie kannte.

Nebeneinander gingen wir zum Auto und stiegen ein.

Mat, der indessen den Motor gestartet hatte, fuhr sofort los.

Wir passierten den kleinen Wald des Hennings-Grundstücks und bogen auf die Hauptstraße ein.

Wie sehr sich alles verändert hat, schoss es mir unvermittelt durch den Kopf. Doch das stimmte nicht. Es war nicht Glacy, das sich verändert hatte – ich war es.

Die Straße aus zusammengepresster Erde störte mich nicht mehr, und warum sollte ich die verblichene Schrift auf dem Schild des Lebensmittelladens entziffern können, wo ich wusste, was dort verkauft wurde und dass das Geschäft den Townsends gehörte? Die schief stehenden Holzbalken von Zäunen und Veranden fand ich charmant, und die abblätternde Farbe an manchen Häusern tat ich mit der Entschuldigung ab, dass sie sicherlich bald neu gestrichen werden würden.

Schon von Weitem entdeckte ich Annabell, die vor dem Eingang des Lokals stand und uns entgegenblickte. In meiner Magengegend begann es vorfreudig zu kribbeln, und ungeduldig wartete ich, bis Mat anhielt. Sofort sprang ich aus dem Wagen und lief auf sie zu.

Annabell breitete die Arme aus und drückte mich fest an sich. »Herrje, Mädchen! Seit deinem Anruf ist mir die Zeit zu langsam vergangen. Wie schön, dich zu sehen!« Nach einem erneuten Drücken, das mir die Luft aus der Lunge presste, entließ sie mich in die Freiheit und streckte Kirk Fontain, der als Erster herangetreten war, die Hand entgegen. »Willkommen. Ich bin Annabell Fitzgerald, die Besitzerin des Lokals.«

»Kirk Fontain. Ich freue mich, Glacy City endlich einen Besuch abzustatten.« Entschuldigend zuckte er mit den Schultern. »Ich bin voller Motoröl.«

Rasch zog Annabell ihre Hand zurück. »Hat Julia Sie angetatscht? Am besten, Sie waschen sich drinnen auf der Gästetoilette. Sonst wird noch alles dreckig. Mit der Seife dort bekommen die Männer sogar das Baumharz von der Haut runter. Danach bringe ich Sie und Mr. …« Annabell hob die Brauen und betrachtete Aiden Lovecraft, der sich neben zu uns gesellt hatte.

Aiden deutete eine Verbeugung an. »Lovecraft, aber sagen Sie bitte Aiden zu mir.«

Ich kannte Annabell gut genug, um zu wissen, dass sie den Mann nicht grundlos so durchdringend taxierte, und war neugierig, ihr Motiv zu erfahren. Auf jeden Fall konnte es nichts mit meinem positiven Eindruck von Aiden zu tun haben – der resultierte aus der Vorbesprechung auf die Reise. Knapp, doch ausführlich genug hatte er über die Tätigkeit eines Nachhaltigkeitsmanagers im Allgemeinen, seine besonderen Schwerpunkte sowie über die spezielle Aufgabe in Glacy City referiert und seine Einstellung definiert. »Mensch und Land« standen an erster Stelle, dann erst wurden die wirtschaftlichen Aspekte wirksam.

»Lovecraft …« Annabell wiegte den Kopf. »Sind Sie mit dem Schriftsteller verwandt?«

»Bis zum Goldgräber lässt sich vieles in meiner Familie finden, bloß kein Autor.« Aiden schmunzelte. »Am ehesten kommen meine Mutter als Lehrerin für englische Literatur und der Bruder meines Großvaters – er war Friedhofswärter – an H. P. Lovecraft heran. Mögen Sie seine Werke?«

»Eigentlich bin ich erst durch Stephen King auf ihn gestoßen«, erwiderte Annabell. »Seine Bücher sind spannend, und ich mag den Stil. Anders als manches schnoddrige Zeug von heute.« Mit einem breiten Lächeln fügte sie hinzu: »Tara und Hilary sind auch Riesenfans von Gruselgeschichten. Wir sollten einen Horrorbuch-Abend einplanen. Was meinst du, Loreley?«

Im Gegensatz zu Annabell hatte ich noch nie ein Buch von Lovecraft gelesen. Sie verblüffte mich immer wieder aufs Neue. »Gute Idee. Wird der Doc nichts dagegen haben? Er würde ein mythologisches Treffen doch bestimmt vorziehen.«

»Ach was.« Annabell stieß einen abfälligen Laut aus. »Wir werden einen Dreh finden, damit er zufrieden ist.«

Ich wandte mich an Aiden. »Doctor Montgomery ist der hiesige Arzt. Seine Leidenschaft gehört den Götter- und Heldensagen des antiken Griechenlands. Wir haben bereits viele interessante Stunden mit diesem Thema zugebracht.«

»Dazu kann ich sicherlich einiges beitragen«, entgegnete Aiden. »Ich lese gern, mein wirkliches Hobby sind allerdings Filme.«

»Darüber sprechen wir in Ruhe beim Abendessen. Jetzt kommen Sie erst mal herein.« Annabell trat zur Seite und wies ins Innere des Lokals. »Mr. Fontain, der Sanitärraum ist links hinter dem Billardtisch.«

Kirk nickte pflichtschuldig und setzte sich sofort in Bewegung.

Er hatte etwa die Mitte des Lokals durchquert, als Annabell ihm nachrief: »Und fassen Sie die Türklinke bitte mit der linken Hand an!« Abrupt drehte sie sich wieder Aiden zu. »Wenn Ihr Kollege zurück ist, zeige ich Ihnen die Quartiere. Sie brauchen eine warme Dusche und etwas Ruhe. Loreley, du wohnst wie gehabt im Erdgeschoss. Logan hat mich vor seiner Abreise extra darauf hingewiesen, dir sein Zimmer zu geben. Schade, dass ihr euch verpasst habt.«

In Annabells Stimme lag kein Unterton. Wahrscheinlich dachte sie nicht mehr daran, wie gut ihr Logan und Loreley anfänglich als Paar gefallen hätten. Wäre es auch nur wegen ihrer heiß geliebten Gilmore Girls gewesen.

»Ja, das stimmt«, erwiderte ich und ergänzte beiläufig: »Weißt du, warum er schon am Freitag nach Anchorage geflogen ist?«

Zwar hatte mir Logan von seinen Plänen am Telefon erzählt, jedoch keinen Grund für den frühzeitigen Aufbruch genannt – und ich hatte selbstverständlich nicht nachgefragt. Bei einer Freundschaft, die aus der Arbeit resultierte, waren die Grenzen eng gesteckt.

»Diese Journalistin von der Anchorage Daily News hat ihn kontaktiert«, antwortete Annabell ungerührt. »Offenbar gibt es Neuigkeiten über den … Fall.« Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, und sie presste die Lippen aufeinander.

Natürlich, April! Für Annabell bedeutete der Holzdiebstahl wegen der Beteiligung ihrer Tochter mehr als für jeden von uns.

Trotz meiner ehrlichen Anteilnahme schaffte ich es nicht, den zweiten Namen zu verdrängen, der in meinem Kopf aufflammte: Amber White. Ich erinnerte mich gut daran, als mir der Name zum ersten Mal untergekommen war. Viel zu sanft hatte Logan ihn ins Telefon gesäuselt.

Annabell tätschelte meinen Arm. »Mach dich frisch, dann setzen wir uns mit einem Kaffee an die Bar und plaudern. Auspacken kannst du später.« Ihr Blick wanderte durch den Raum. »Aiden und ich warten auf Mr. Fontain. Anscheinend kriegt er das Öl nicht runter. Geh vor, Loreley.«

Wortlos nahm Mat meine Tasche und setzte sich in Bewegung. Ich folgte ihm durch den Gastraum und den Gang entlang bis zu Logans Quartier.

Er öffnete die Tür, durchquerte das Zimmer und hievte mein Gepäck auf den kleinen Esstisch. Wie verloren blieb er stehen. »Brauchst du noch was?«

»Nein, danke«, sagte ich. Mats Miene zeigte mir deutlich, woran er dachte. Ich räusperte mich. »Die Reise ist von höherer Instanz organisiert worden. Es gab leider keine Möglichkeit, Mia mitzunehmen.«

»Klar. Sie hat es mir erklärt.« Mat stieß einen Seufzer aus. »Es ist schwer, von Mia getrennt zu sein. Ich vermisse sie immer mehr. Irgendwie lebe ich von einem Treffen zum nächsten.« Er wandte sich zum Gehen. »Ich fahre zurück und kümmere mich um Julia. Offensichtlich hat sie ein Auge auf den Architekten geworfen. Ich sollte sie flott in die Spur bringen, sonst stellt sie am Ende eine Dummheit an.«

»Ja, dass Kirk ihr gefällt, war nicht zu übersehen«, entgegnete ich vorsichtig. Durch die freimütigen Gespräche mit Mia stand ich Mat viel näher, als ich ihn tatsächlich kannte. Weder wollte ich Mia in eine Klemme bringen, noch Mat zu nahe treten. Um im Gegenzug nicht ignorant zu wirken, fügte ich hinzu: »Kirk ist gut und gerne fünfzehn Jahre älter als Julia.«