Finding Nemo & Pisco Sour - Fausta Nicca Capeder - E-Book

Finding Nemo & Pisco Sour E-Book

Fausta Nicca Capeder

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Fausta Nicca, eine Weltenbummlerin mit 88 Ländern auf dem Buckel, nimmt uns auf ihrem zweiten Buch mit auf ihre Familienreise für 7 Wochen durch Südamerika. Mit ihrem Mann und ihrem siebeneinhalbjährigen Sohn nach Buenos Aires, in die wunderbaren kolonialen Städte Sucre und Potosi in Bolivien, über den Salzsee und das Andenhochland in die chilenische Wüste. Vulkane, Pazifik-Strände, Inseln, auf einer Fähre durch malerische Fjorde, zu den atemberaubenden chilenischen und argentinischen National Parks. Den Abschluss gibts im südlichsten Dorf der Welt: Puerto Williams, noch südlicher als das vom Tourismus überlaufene Ushuaia. Mit Reise-Philosophie und Witz. Und vielen Tipps zum Reisen mit Kindern und Internetadressen zum selber Planen und Nachreisen. Spannende Reiseerzählung für Leute mit und ohne Kinder. Für Sofa-Reisende und Selber-Reisende. Für Backpacker und Flashpacker, zum Kopieren mit Rucksack oder Rollkoffer!

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Seitenzahl: 139

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Finding Nemo & Pisco Sour

Flashpacking mit Kind durch Südamerika

Mit vielen Tipps zum Nachreisen

Fausta Nicca-Capeder

Ebenfalls von Fausta Nicca-Capeder erschienen:

Tschai-Khana. Abenteuer auf der Seidenstrasse

Bobby Car bei Dschingis Khan. Reisen mit Kind auf der Seidenstrasse

Für Corsin Aibek

Travelling

it leaves you speechless

then it turns you

into a storyteller

Copyright: © 2019 Fausta Nicca-Capeder - [email protected]

www.travelpix.ch

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Vorwort

2015. Elternabend vor dem Kindergartenstart. Was mich am meisten interessierte war die Information, dass unsere Schule den Kindern während jedem Block, d.h. in den zwei obligatorischen Kindergartenjahren, dann einmal zwischen dem 1. und 3. Schuljahr und noch einmal zwischen der 4. und der 6. Klasse ein Absenzgesuch von bis zu 10 Wochen bewilligen würde. Bingo! Gesetzt!

“Kannst Du gleich aufschreiben: Dann machen wir 2018 in der 2. Klasse und nochmals 2020 in der 4. Klasse eine längere Reise!” flüsterte ich meinem Mann Christian zu.

Vor dem Kindergarten reisten wir drei Monate lang auf der legendären Seidenstrasse durch den Iran, Turkmenistan, Usbekistan und Kirgistan. Im Kindergarten nahmen wir uns einen ganzen November frei. Im für mich einzigen nicht schönen Monat in der Schweiz.

Nun ist unser Sohn Corsin siebeneinhalb Jahre alt, in der zweiten Klasse, und die nächste grosse Reise steht bevor: Südamerika, die untere Hälfte. Argentinien, Bolivien und Chile. Christian nimmt unbezahlen Urlaub, die Schule hat auch schon zugesagt: Verlängerung der zweiwöchigen Herbstferien um sechs Wochen.

Reisen bedeutet heute schnell ankommen, auf dem schnellsten Weg zum Zielland. Unterwegs sein gilt als Zeitverschwendung. Weil Fliegen immer günstiger wird, wollen viele nur noch ankommen, aber keiner will mehr unterwegs sein. Freiheit über den Wolken gilt als verlorene Zeit. Aber Land und Leute lassen sich nicht mit Last-Minute-Angeboten erjetten und fremde Kulturen sich schon gar nicht mit zweiwöchigen Kurzvisiten begreifen. Wer schnell ankommen will und sich keine Zeit nimmt, trifft nur auf exotische Kulissen. Kontinente und Kulturen werden nur überflogen, nicht erfahren. Nicht genug, um mehr von der Welt zu sehen.

Früher waren die Worte «Kaufmann» und «Reisender» synonym. Soldaten, Kuriere, Staatsmänner, Gelehrte, Studenten, Bettler, Pilger, Verbrecher und Mönche waren es, die man auf den Strassen antraf. Vor allem aber Kaufleute, die Gewürze, Myrrhe, Gold, Seide, Waffen, Perlen und Safranziegel herbeischafften. Die Reise als Abenteuer zum Selbstzweck war bis tief ins 18. Jahrhundert hinein unbekannt.

Ich möchte wieder einmal ein Zeitverschwender sein mit dem Luxus der Langsamkeit. Meine: Der Weg ist das Ziel! Musse und Zeit sind Faktoren, die das Reisen überhaupt ausmachen und die im immer rascheren Wandel unserer Welt vielfach verlernt worden sind. WLAN-freie Zeit: Digital detox, digitale Diät. Keine Emails mehr. Stille neu entdecken, die in der Hektik der Moderne untergegangen ist. Quality time. Familienzeit!

Was bringt eine Familienreise überhaupt? Es gibt wenig, was sich mehr lohnt, als den Kindern die Möglichkeit zu geben die Welt kennen zu lernen! Ihnen den Respekt für andere Kulturen beizubringen und sie zu Hause fühlen zu lassen, egal wo man gerade ist! Reisen mit Kind(ern) ist  eine Gruppenerfahrung, die sehr viel Spass machen kann!

Wieso empfehlen einem Leute, zu Hause zu bleiben und zu warten bis das Kind älter geworden ist, damit es etwas habe von den Reisen? Eltern müssen doch nicht aufhören, das zu tun, was sie lieben, nachdem sie Nachwuchs bekommen haben. Elternschaft verpflichtet uns doch nicht zum Opfer bringen! Ich habe schon hören müssen, ich sei eine Egoistin, ein Kind habe doch nichts vom Reisen, so weit weg, es würde sich doch gar nicht daran erinnern. Soll ich denn nach Rimini oder Jesolo fahren, nur weil ich ein Kind habe?

Als ich in meinen Zwanzigern als Backpacker durch Indien trampte, begegnete ich in Udaipur einer französische Familie mit einem ein- und einem dreijährigen Kind! Im Toy Train von Mysore nach Ooty einer dänischen Familie, die ihr Vierjähriges dabei hatte - sie reisten allerdings mit Auto und Chauffeur statt mit dem öffentlichen Verkehr. Ausser eben mit der antiken Dampfeisenbahn.

Im Jahre 2015 reisten wir drei Monate durch Zentralasien, vom Iran über Turkmenistan, Usbekistan nach Kirgistan. Ich konnte nicht mehr schlafen, weil ich ständig darüber nachdachte was ich alles mitnehmen soll und ob es nicht doch etwas gefährlich sei. Nachher fand ich, ich hätte trotzdem gut schlafen können: Alles hat wie am Schnürchen geklappt!

Wir haben harmlos angefangen, unseren Sohn ans Reisen zu gewöhnen: Im ersten Jahr flogen wir in den ägyptischen Hippie- und Backpackerort Dahab, im zweiten Jahr nach Lanzarote, Flitterwochen in Marokko. Jeden Tag weiter, höchstens zwei Nächte im gleichen Hotel. Frankreich, Italien, England (Bristol, Cornwall), Deutschland (Rügen), Sri Lanka, die Malediven, Schottland; Corsin ist jetzt 8 und war schon in 23 Ländern (oh Gott, sein digitaler Fussabdruck und seine CO2-Bilanz…)!

Ich lernte, sofort den Grundsatz zu brechen, wenn man mit einem Kind reise, müsse man ihm das Zuhause mitnehmen. Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, auf einem Campingplatz meinen Urlaub zu verbringen, wo ich ja sonst nie campe. Nichts gegen campen, verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte es nicht werten. Kinder brauchen zwar einen Strand, aber sie dürfen dann nicht lange fliegen zu diesem! Ich habe Babies gesehen im Ferienflieger auf die Malediven, die haben 9 Stunden keinen Pieps von sich gegeben. Sie werden sich natürlich nie an diese Malediveninsel erinnern, aber sie werden hier und jetzt die Gegenwart mit ihren Eltern geniessen… Je jünger die Kinder sind, desto einfacher ist es, mit ihnen zu reisen. Kinder lieben die Einfachheit. Der Nachteil mit einem Zweijährigen im Restaurant ist nur, dass man meist keine Zeit für Vorspeise, Dessert und Kaffee mehr hat, sondern nur schnell-schnell die Hauptspeise essen kann und dann grad wieder rausrennen muss, weil das Kind nicht länger still sitzen kann. Wir wollen ihm nicht immer ein Tablet oder Handy vor die Nase stellen, ihn youtuben lassen.

Ich möchte aber keinen Erziehungsratgeber schreiben. Wir wollen unserem Kind die Gelegenheit geben, sich an Alltagssituationen zu gewöhnen, wie zum Beispiel in Restaurants einzukehren.

Destinationen sollten sorgfältig ausgesucht werden, eine Liste von Orten gemacht, die die ganze Familie glücklich macht. Man muss nicht jede Minute verplanen, aber mögliche Optionen in Gedanken behalten. Was macht man wo? Eine Aktivität jeden Tag, dass dem Bürschchen Freude bereitet. Kompromisse! In Bangkok ist das dann halt eher ein Besuch im Aquarium anstatt das Abklappern des Royal Palace und Dutzender Tempel. Jeder soll sich zufrieden fühlen und jeder ist speziell. Jeder lernt auf seinem Level. In Buchara, Usbekistan, haben wir zum Beispiel abgemacht, dass wir vormittags Moscheen, Medressen und Karawansereien besuchen, nach dem Mittagessen jedoch in den Samani Park auf die “Chilbi” gehen.

Wenn es nur wenig Spielzeuge gibt und kein WLAN, dann finden die Kidsschneller Freunde! Vor drei Jahren im Iran hat Corsin mit den Töchtern eines alten Freundes gespielt, mit den Buben eines befreundeten Iran Air-Piloten, auf den Spielplätzen mit afghanischen Flüchtlingen, mit deutsch sprechenden Österreich-Persern in Isfahan. Sonst sind die eigenen Kinder von unseren Gastfamilien oder Gästehausbesitzer und deren Katzen, Hunde, Ziegen, Lämmer, Esel, Kälbchen, Enten, Truthähne und Hühner seine Spielkameraden. Oft haben uns unsere Gastgeber sogar junge Hündchen “aufgetrieben”! Plötzlich tauchte Corsin auf dem Flughafen Taschkent mit einem deutschsprachigen Mädchen an der Hand bei uns am Gate auf: Er hat kurzerhand das Kind von deutschen Reisenden gefunden. Mit dieser Familie haben wir dann mehrmals in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek abgemacht und gingen zusammen in den Lunapark.

Langsamkeit ist dabei das Stichwort. Neue Kulturen kennenlernen, Bereitschaft, nicht zu viel zu verplanen. Viel wert für das Unerwartete. Wir erklären unserem Kind, dass wir selber noch nicht wissen, in welchem Hotel wir am Abend übernachten werden, weil wir noch nie dort gewesen seien. Von meiner besten Freundin, die vor mir Kinder bekommen hat, wusste ich, dass es den Kindern eigentlich egal ist, wo sie ihren Urlaub verbringen, Hauptsache mit den Eltern. Wieso sollte ich mich für eine für mich langweilige Destination entscheiden? Es gibt absolut keinen Grund. Wenn die Eltern glücklich sind, gefällts dem Nachwuchs auch. Gilt auch umgekehrt: Gefällts den Kindern, sind auch die Eltern zufrieden.

Wohin wollen wir also? Australien? Neuseeland? Südafrika? Südafrika- Swasiland-Lesotho-Namibia-Botswana-Simbabwe-Südafrika-Rundreise? Wir haben siebeneinhalb Wochen. Verwandte in Kapstadt. Eine Freundin in Buenos Aires. Vietnam - Kambodscha - Laos - Thailand? Können wir auch einzeln haben. Sehr ausschlaggebend. Jedes Jahr ein anderes Land. Wenn wir schon über 7 Wochen am Stück haben, wäre es schade, nicht eine Destination zu wählen, die man sonst nicht bereisen würde.

Eigentlich ist es egal wohin man fährt. Kann auch mit dem Eselwagen durch Frankreich sein. Da unsere Auszeit in den Monaten Oktober/November ist, fällt Skandinavien weg, ebenso Sibirien. Zu kalt. Zentralasien? Grad gewesen, obwohl alle Freunde aus Teheran, Isfahan, Lorestan, Aschgabat, Samarkand und überall in Kirgistan fast täglich per whatsapp fragen, wann wir denn wieder kämen. Wir brainstormen.

Und entscheiden uns für Südamerika.

Ich recherchierte wochenlang Campervans in Neuseeland, da melden sich Freunde aus Deutschland, die noch in Uruguay hocken. Meine Freundin aus Buenos Aires schreibt aus ihrem Hundeschlittenurlaub in Lappland. Ich bekomme Fotos aus Patagonien, aus dem Torres del Paine. Renne zu meinem Chef rüber, der grad in Südamerika war. Der hört nicht mehr auf zu schwärmen: Die Landschaften dort seien nicht von dieser Welt! Die Schönheit eines Perito Moreno Gletschers! Fitz Roy!! Salar de Uyuni!!! Die  A n d e n!!!! Die Weiten der Atacama-Wüste!!!!!

Mein Herz schlägt höher. Mariana, meine argentinische Freundin, drängt schon seit Jahren, ich solle sie endlich besuchen kommen. Sofort rufe ich sie an. Die Entscheidung ist gefallen. Meine Mutter hat jetzt schon Angst. Südamerika. Mafia. Drogentote, Militärdiktaturen… Neuseeland und Australien verblassen. War eh schon dort (1993 und 1997). Jetzt kann die Planung beginnen! Eine Reise zwischen Anden und Pazifik, bis ans Ende der Welt.

Planung

In der Bibliothek hole ich Reiseführer über Bolivien, Chile und Argentinien. Buche Flüge nach Buenos Aires. www.swiss.com oder Lufthansa, KLM oder grad bei skyscanner.ch oder travelgenio.com. Frage Marita, meine deutsche Reisefreundin, die ich 2005 in den südafrikanischen Drakensbergen kennengelernt habe, nach ihrer genauen Reiseroute. Meinen Chef Claudio nach seiner. Füge Bolivien dazu. Er findet mir eine Fähre, die in den chilenischen Fjorden umherzieht. Vier Tage, drei Nächte, Dreierkabine mit Bad! Buchbar bei Hans Liechti, Agencia TravelAid, Ansorena 425 local 4, Pucón - Chile, Fonofax: (56) 452 444040, Celular: (56) 9 9353 6886, www.travelaid.cl. Verdammt, muss hin und herschieben, bis es passt. Das Schiff fährt nur Sonntags. Ändere ein Dutzend Mal meine Reiseroute.

Akklimatisieren in den Höhen der Anden. Sucre liegt auf 2810 Meter, Potosi auf 4070 Metern, Uyuni auf 3650  Metern.

Unser Reisestil? Flashpacking!

“Flash“ ist englisch für chic. Ein richtiger Backpacker - das war ich einmal. Heute lieber Himmelbett als Hängematte, lieber Klimaanlage als Kakerlaken! Frei nach dem sehr lesenswerten Buch von Sascha Tegtmeier “Ich nehm dann mal das Upgrade” ist dieser neue Reisestil genau mein Ding. Und ein globaler Trend geworden. Flashpacker. Wir sind eine Flashpackerfamilie!

Wir ermutigen alle Ex-Backpacker und spätberufenen Komfort-Abenteurer den Rucksack zu entstauben und in die Welt zu ziehen. Wir möchten mehr Komfort und Luxus, haben ein wanzenfreies Bett verdient. Hygienisch fragwürdige Strandbungalows gibts noch reihenweise auf der thailändischen Hippie-Insel Koh Phayam, auch für 5 bis 10 Franken pro Nacht, sogar mit eigenem Badezimmer. Wir quartieren uns aber immer im Bamboo Bungalow ein, dem besten am Strand. 40 Franken pro Nacht. Sehr zur Freude von unserem Sohn sogar mit Frosch hinter dem Badezimmerspiegel. In Thailand gibts wunderbare Bungalowanlagen ab 40 Franken, für 90 wird's dann schon sehr schön (Hidden Resort in Ranong!), und für 150 sogar wunderbar luxuriös mit eigenem Swimming Pool (auf Koh Yao Yai das Glow Elixir)! Hotelsuche kann man lernen. Ich entwickle mich zu einem Genie mit einem sehr glücklichen Händchen.

Nach knapp über 20 fing ich an zu backpacken, war eine klassische Rucksackreisende. Wollte auf keinen Fall als “Touristin” bezeichnet werden. Den Pauschalreisenden und Gruppentouristen brachte ich die totale Verachtung entgegen. Heute, 30 Jahre nach den ersten Ferienreisen nach Südostasien, reise ich nicht mehr mit dem Tramperrucksack, sondern meist nur mit einem kleinen Rollköfferchen. Mit dem ich mich früher geschämt hätte. Während ich damals in mit Menschen voll verstopften Zweitklassabteilen in indischen Nachtzügen, in der Mongolei mit Einheimischen zwischen Kartoffelsäcken auf Lastwagen gereist bin, bevorzuge ich heute zum Beispiel in Sri Lanka einen Mietwagen mit Chauffeur (Akila Ruwan, silversuntours.com, [email protected], phone +94 77 988 14 03 und +94 78 631 54 67). In Bangkok nehme ich ein Taxi vom Flughafen ins Hotel und in Usbekistan buche ich wunderschöne Boutiquehotels in alten Karawansereien anstatt Billigstunterkünfte. Vor allem seit ich einen Sohn habe, gönne ich mir viel mehr Luxus. Ich habe den Rucksack gegen den Rollkoffer getauscht und bin nicht mehr bereit, unser Hotelzimmer mit Viechern oder einen Schlafsaal mit betrunkenen oder schnarchenden Mitreisenden zu teilen (habe ich zwar nur sehr selten gemacht, kam jedoch vor).

Ich blättere zwar noch in den Broschüren und Prospekten vom Junge-Leute-Abenteuer-Reisebüro, buche dann aber alles selber. Pauschalarrangements sind mir ein Gräuel. Ausserdem bin ich zu alt für die klassischen Leiden eines Backpackers. Muss auch nicht mehr jede Sehenswürdigkeit abklappern. Klar gehört der Borobudur zu Indonesien, der Taj Mahal zu Indien, Angkor Wat zu Kambodscha, der Royal Palace zu Bangkok etc. Aber man kann durchaus nach Paris ohne den Eiffelturm bestiegen zu haben… Drum: Angesichts strassentechnisch besonders heikler Strecken können wir für wenig Geld auch fliegen und uns 24 Stunden im Bus ersparen.

Zwei meiner grössten Horrorerlebnisse waren auf langen Überlandstrecken. Das schlimmste führte von Pokhara nach Delhi. Rechts und links gings hunderte Meter tief ins Grauen, und die indischen Busfahrer lieferten sich ein Rennen! Wir hatten nicht fliegen wollen, weil man sich das als Backpacker nicht getraute/nicht erlaubte.  Das zweite war in Nordpakistan, von Gilgit nach Rawalpindi. Wir konnten gar nicht mehr aus dem Fenster schauen, so bang war uns ab der Fahrweise des Idioten am Steuer. Dann zwei Platten, stundenlanges Herumwarten auf den Ersatzbus, in der Dunkelheit. Weil uns die 150 Dollar für ein Jeep-Taxi gereut hatten. Auf einer der spektakulärsten Routen der Welt, dem Karakorum-Highway! Wie blöd kann man wohl sein? Ist ein schmerzloser Komfort denn nicht erlaubt? Darf man das am Abend in der Hotelhalle den anderen Reisenden gegenüber zugeben? Ja, man darf! Vielleicht nicht so gern dem typischen Lonely Planet-Tramper, aber dem versuchen wir seit Jahren eh aus dem Weg zu gehen.

Wir müssen uns nichts mehr beweisen. Während dann die anderen von ihrer total mystischen und magischen 30-stündigen Busfahrt berichten, haben wir unseren Reisestil gefunden. Wir erleben das riesige Abenteuer einer Rucksackweltreise mit schönen luxuriösen Hotels mit Bad und Swimming Pools. Flashpacker wollen beides: Abenteuer und Komfort, Dschungel und gutes Essen. Den Tag bei den Einheimischen verbringen und auf Eseln reiten, am Abend saubere Unterkünfte, Waschservice, Klimaanlage, warme Dusche und Heizung in höheren (kälteren) Lagen. Wir müssen keine Antworten mehr auf fundamentale Lebensfragen finden. Uns schon gar nicht. Wir haben uns bereits gefunden. Keine spirituellen Aufgaben, kein Kasteien in buddhistischen Klöstern und hinduistischen Ashrams, kein Veganerselbstfindungstrip. Luxus und Abenteuer schliessen sich nicht aus. Eine Chance für Ex-Backpacker-Draufgänger.

Meine Freundin sagte mir unlängst: “Du bisch afeng en rächte Luxus-Traveller wordä!”. Es sollte eine Beleidigung sein. Jetzt habe ich die Antwort: Ich bin ein Flashpacker!  Das zweite Leben der Backpacker. Die Welt zu entdecken muss nicht weh tun!

Bei www.secretescapes.com gibts die schönsten Boutique Hotels, um die tollsten Ecken der Welt zu besuchen. Sogar auf den Irrawaddy und bis in die hintersten Flüsse von Assam gibts unglaublich luxuriöse “Kreuzfahrtschiffe”. Den Mekong runter, auf dem Brahmaputra. Für höhere Ansprüche, aber individuell unterwegs. Mit Sinn für Entdeckungen und Pioniergeist, in total abgelegenen Landschaften. Ich suche immer den Kontakt zu den Einheimischen. Aber ohne Pauschalarrangement und Massentourismus. Nur weil jemand in einem Zehnerschlag in einer Jugendherberge schläft, lernt er doch nicht das Land und die Leute besser kennen. Es gab und gibt wahrscheinlich heute noch Travellers, die damit prahlen, dass sie nur 5 Bucks für ihr Shithole bezahlt haben. Die Armen. Man braucht nicht tagelang zu leiden, um etwas zu erleben.

Eine Reise, die nicht von einem Anbieter durchpauschalt wurde, ist sowieso ein Abenteuer. Ich habe nun für die ganze Reise von Buenos Aires über Bolivien, Chile und zurück nach Argentinien alle Hotels gebucht. Zuerst den Atlantikflug, dann einen Inlandflug, wieder einen, dann die Schiffspassage… Plötzlich schwante mir, dass das doch recht teuer wird. Zusammenzählen. Oh Gott. So viel? Sollen wir doch nach Neuseeland? Nein! Die Gletscher schwinden. Ich wollte schon ewig mal nach Patagonien. Wenn nicht jetzt, wann dann? In 10 Jahren würde es noch viel teurer werden. Also durch.

Und ich möchte nicht in Hotels, wo nicht jeder einzelne die WHO-Hygienestandards einzuhalten vermag. Wenn ich am Arsch der Welt die Wahl habe zwischen einem sehr hässlichen Guest House für 50 Dollar und einem sehr schnuckligem Bed and Breakfast