Fine die kleine Blumenelfe - Daniela Mattes - E-Book

Fine die kleine Blumenelfe E-Book

Daniela Mattes

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Beschreibung

Bei der nächtlichen Elfenversammlung erfahren die jungen Elfen, welche Aufgaben sie künftig im Garten verrichten sollen. Fine, die kleine Elfe ist ganz aufgeregt. Jetzt geht der Ernst des Lebens los. Doch bald kommt es dazu, dass sie ihren geliebten Garten und ihren besten Freund Alfred, den Apfelbaum, sowie ihre liebste Freundin Cilli verlassen muss, um eine spezielle Ausbildung zu absolvieren. Diese führt sie nicht nur zum freundlichen Wichtelarzt und den Kräuterelfen, sondern auch in den dunklen Wald zu den gefährlichen Gnomen, Trollen und Kobolden. Fine muss mit der Hilfe ihrer alten und neuen Freunde viele spannende und traurige Situationen meistern, bevor sie endlich in ihren Garten zurückkehren darf, wo eine große Überraschung auf sie wartet … "Fine – die kleine Blumenelfe" entführt den Leser in eine zauberhafte Welt. Ein märchenhaftes Abenteuer um Freundschaft und Liebe für Jung und Alt.

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Daniela Mattes

Fine die kleine Blumenelfe

Impressum

Texte: © Daniela Mattes

Coverbild:© Tanja Schröder

Verlag:epubli

www.daniela-mattes.de

Teil 1

Die Ausbildung

1 Die Versammlung

Dunkelheit hatte sich über den kleinen Garten gesenkt, aber der freundliche Mond stand strahlend hell am klaren Sternenhimmel und betrachtete die kleine Versammlung von Elfen unter sich. Diese trafen sich wie an jedem Vollmond im kleinen Steingarten bei der Vogeltränke.

Der Mond hatte diese Versammlungen schon oft beobachtet, denn sie fanden in jedem Garten statt. Schließlich gab es in jedem Garten Elfen. Aber heute beobachtete er wieder seinen Lieblingsgarten, der so schön romantisch war – besonders im Mondlicht. Und weil das sein Verdienst war, war der Mond natürlich besonders stolz.

Mitten zwischen den geöffneten weißen Blütenblättern einer süß duftenden Rose stand die Elfenkönigin. Sie trug ihr glitzerndes eisblaues Gewand aus feiner Seide und Sternenstaub und hielt ihre Ansprache an die Elfenschülerinnen:

»Meine lieben fleißigen Elfen«, begann sie mit ihrer silberhellen Stimme zu reden, »ihr wart in den vergangenen Wochen recht eifrig bei der Arbeit. Und ihr habt gelernt, wie man sich um die Blumen und Bäume kümmert. Für eure Abschlussprüfung teile ich nun jeder von euch bestimmte Pflanzen zu. Um diese kümmert ihr euch dann bis zum nächsten Vollmond.

Der Elfenrat und eure Lehrerinnen werden mit mir zusammen nach dieser Zeit beurteilen, wie gut eure Pflege war. So finden wir auch heraus, wo wir euch künftig am besten einsetzen können. Ich verlese nun die Liste, bitte tretet vor, wenn ihr aufgerufen werdet.«

Die zehn kleinen Elfenschülerinnen flatterten aufgeregt mit den kleinen Flügeln. Sie waren noch recht jung und hatten beim letzten Vollmond ihre Lehre als Pflanzenbetreuerinnen bei der Elfenlehrerin Lydia begonnen.

Mit ihren zarten Händen hatten sie Pflanzen bewässert, gedüngt, getröstet und mit Elfenenergie versorgt. Wenn sie sich nun gut anstellten, würden sie später einem bestimmten Garten oder Gebiet oder Pflanzengruppen zugeteilt werden.

Vielleicht waren sie sogar so gut, eines Tages selbst jungen Elfen die Pflanzenpflege zu lehren. Jede der Elfen hatte natürlich schon bestimmte Wünsche, was sie gerne später arbeiten würde. Aber nur die Königin als weiseste und klügste der Elfen würde ihnen nachher eine Arbeit zuteilen. Trotzdem durfte man sich ja etwas wünschen ...

Verträumt blickte die kleinste der Elfen, Fine, auf die prächtigen bunten Pflanzen in dem Garten. Wofür man sie wohl einteilte? Für die stolzen Rosen? Die lustigen Veilchen?

»Fine?«, fragte die Stimme der Königin zum dritten Mal. »Hörst du mir überhaupt zu?«

Oje! Fine wurde ganz bleich. Sie hatte der Königin nicht zugehört und ihre Aufgabe verpasst! Mit zitternder Stimme und eifrigem Flügelschlagen erhob sie sich ein bisschen über die Köpfe ihrer Freundinnen, die sie kopfschüttelnd anschauten.

»Entschuldigung!«, piepste sie verlegen und blickte ängstlich zur Königin hoch. Diese schaute in gewohnt liebevoller Art auf ihren Zögling und wiederholte, was sie soeben gesagt hatte:

»Fine, du darfst die Gänseblümchen betreuen!«

Enttäuscht nickte Fine, denn Widerworte ziemten sich nicht für eine kleine Elfe, und flatterte auf ihren Platz zurück. Gänseblümchen! Pah! Diese kleinen weißen Dinger, die im ganzen Garten wuchsen. Das war sehr anstrengend, keines zu vergessen, und sie würde ständig hin- und herfliegen müssen und sie war doch so klein.

Jammervoll blickte Fine zu Boden, während ihre Freundinnenaufgeregt durcheinanderschwatzten. Die großspurige Doria durfte die Rosen pflegen – ausgerechnet! Und die alberne Miria war den Veilchen zugeteilt worden.

»So«, sagte die Königin, »geht jetzt bitte schlafen, damit ihr morgen früh frisch und munter seid.«

Damit war die Versammlung aufgelöst und alle Elfen schwebten voller Vorfreude nach Hause. Da Elfen ja keine Häuser haben, schlafen sie unter ihren Lieblingsblumen oder -büschen, aber für Elfen war das trotzdem ihr Zuhause. Traurig flatterte Fine im Garten herum und konnte sich nicht recht entscheiden, schlafen zu gehen. Sie war viel zu nervös und sie konnte sich so gar nicht freuen.

Unschlüssig flog sie auf einen der hohen Äste von ihrem Freund Alfred, dem Apfelbaum. Er hatte schon geschlafen, wurde aber wach, als ihn der Sternenstaub aus Fines Flügelchen an der Rinde kitzelte.

»Was hast du denn, Fine?«, fragte Alfred.

»Ach«, sagte Fine, »wir dürfen morgen mit unserer Arbeit beginnen, aber man hat mir ausgerechnet die Gänseblümchen zugeteilt. Alle anderen dürfen die prachtvollen bunten Blumen pflegen, die geordnet nebeneinanderwachsen, und ich muss im ganzen Garten herumfliegen und darf nur ja keines vergessen.

Und die Gänseblümchen sind doch so klein und unscheinbar. Sie rei10chen nicht für einen Strauß und sie riechen auch nicht besonders. Warum kann ich nicht eine andere Blume haben?«

Sie seufzte und ließ die kleinen Flügelchen traurig hängen. Alfred bemerkte, dass Fines strahlend grüne Augen voller Tränen waren. Er räusperte sich.

»Aber Fine«, begann er mit väterlicher Stimme. »Jedes Lebewesen ist doch wichtig und hat seinen Platz in der Welt. Was wäre der grüne Rasen ohne kleine, fröhliche Farbtupfer? Freilich pflückt niemand einen prächtigen Strauß Gänseblümchen, aber erinnere dich doch daran, woraus die Kinder ihre Blumenkränze flechten – aus Gänseblümchen!

Und denk nur an die verliebten Kinder, die mit den Blumen »er liebt mich, er liebt mich nicht« spielen. Was pflücken sie denn dafür? Gänseblümchen sind sehr liebe Blumen.

Sie lieben alle Menschen und versuchen, jedes Auge zu erfreuen, indem sie überall, auch außerhalb von fest angelegten Blumenbeeten wachsen. Sie wollen überall Freude bereiten! Was wäre denn mit den lieben Gänseblümchen, wenn keine Elfe sich um sie kümmern würde?«

Alfred verstummte, als Fine anfing zu weinen.

»Ähem«, räusperte er sich. »Bitte weine doch nicht, sonst musst du deine Arbeit morgen früh mit verquollenen Äuglein beginnen. Du wirst die Blumen ja noch erschrecken!«

Trotz der Tränen kicherte Fine.

»Oh, Alfred«, sagte sie, »danke, dass du mir geholfen hast! So habe ich das Ganze ja noch gar nicht betrachtet. Natürlich sind Gänseblümchen wichtig.

Und es wird mir eine Ehre sein, mich um sie zu kümmern. Du wirst sehen: Ich werde die fleißigste und beste Gänseblümchenbetreuerin sein, die du je gesehen hast!«

Fine wischte sich die Äuglein und streichelte Alfreds Rinde.

»Schlaf gut, Alfred! Ich muss jetzt nach Hause. Ich hab dich lieb!«

»Ich dich auch«, sagte Alfred und winkte mit den kleinen Zweigen der aufgeregten Elfe hinterher, die schnell wie der Wind nach Hause schwebte und kleine Spuren Sternenstaub hinter sich herzog, die sich glitzernd zu Boden senkten.

Sie würden sich morgen früh in Tau verwandelt haben und die kleinen Blumen erfrischen, wenn sie erwachten. Noch während Alfred wieder einschlummerte, hörte er Fine in der Ferne eine fröhliche Melodie summen.

Fine erwachte am nächsten Morgen schon ganz früh. Sie streckte die Flügelchen und gähnte. Dann flatterte sie aufgeregt über das taufeuchte Gras. Hier und da waren die Blumen auch schon erwacht und öffneten langsam ihre Blüten.

Von Weitem konnte sie ihre Freundinnen erkennen, die ebenfalls schon unterwegs waren. Treffpunkt war die Vogeltränke, wo ihre Lehrerin Lydia auf die kleinen Elfenschülerinnen wartete, um noch einmal die wichtigsten Dinge zu erklären, bevor sie selbst loslegen durften.

»Hallo, Fine«, winkte Fines beste Freundin Cilli. Eilig flatterte Fine näher. Cilli durfte sich um die kleinen Buschwindröschen kümmern, die gleich am Eingang zum Garten wuchsen, und sie war mindestens genauso aufgeregt wie Fine.

Die beiden tuschelten eifrig miteinander und konnten kaum den Worten ihrer Lehrerin folgen, die vorn bei der Tränke stand und allen viel Glück wünschte.

Natürlich konnte man sich bei Lydia jederzeit Rat holen, denn die älteren Elfen hatten ja nach wie vor die Pflicht, sich um alles zu kümmern und nach dem Rechten zu sehen.

Sie wussten ja aufgrund ihrer langen Erfahrung auch viel mehr als die kleinen Anfängerinnen. Und nur die besten der Elfenlehrerinnen waren Mitglieder im Elfenrat, der die Königin bei schwierigen Fragen unterstützt.

2 Gänseblümchen

Dann ging es auch schon los. Wie auf ein geheimes Signal flatterten die zehn Elflein drauflos, um ja als Erste bei ihren Pflanzen zu sein. Fine wusste nicht, wo sie zuerst anfangen sollte, und beschloss deshalb, mit Cilli zum Gartentor mit den Buschwindröschen zu schweben und die Gänseblümchen, die dort wuchsen, zuerst zu begrüßen.

Diese waren noch recht verschlafen, als Fine dort ankam. Denn es war noch früh und es waren auch kaum Menschen unterwegs, sodass die kleinen Blümchen noch niemanden zu erfreuen hatten.

»Wie gut, dass wir für Menschen unsichtbar sind«, sagte Cilli zu Fine.

»Die würden sich doch bestimmt wundern, wenn sie uns hier sähen, wie wir uns mit den Blümchen unterhalten!«

»Stimmt!«, sagte Fine, als sie gerade bei den Buschwindröschen angekommen waren. Diese hatten gerade für Cilli ein Lied angestimmt und sangen noch etwas holprig:

»Im Frühtau zur Sonne wir seh‘n, fallera – es strahlen die Blätter so schön, fallera.«

Wie peinlich, dachte Fine, als sie den Röschen zuhörte. Es klang etwas dissonant, aber es war ja gut gemeint und Cilli hatte ganz rote Bäckchen vor Freude und schwebte aufgeregt vor ihren neuen Pflegeblumen hin und her.

»Viel Spaß!«, rief Fine Cilli zu und setzte sich ein Stückweiter neben das erste Gänseblümchen.

Es war bereits Mittag, als sich Fine die erste Pause gönnte. Sie hatte den ganzen Garten abgeflogen und jedes Blümchen extra begrüßt. Ihre Angst hatte sich also als unbegründet erwiesen. Sie konnte es tatsächlich schaffen, sich um jedes Blümchen zu kümmern.

Sie hatte die Blümchen sogar gezählt: Es waren dreiunddreißig Stück. Und sie kannte jedes beim Namen. Zwar musste sie sich um jedes Blümchen kümmern, aber wenn es allen gut ging, hatte sie auch Zeit, zu spielen.

Elfen sind sehr fröhliche Wesen, die auch gerne feiern und tanzen. Und wenn sie ihre Blumen gut pflegen, dann haben sie viel Zeit, in der Natur herumzufliegen und neue Dinge kennenzulernen. Fröhlich flatterte sie zu Alfred, dem Apfelbaum, um ihm von ihrem ersten Arbeitstag zu berichten.

Auf dem Weg dorthin bemerkte sie zwischen einem hohen Grasbüschel ein ganz kleines Gänseblümchen, das sie vorhin gar nicht bemerkt hatte. Als sie näher kam, sah sie, dass das Blümchen ganz schlaff auf der Seite lag und sie traurig anblickte.

»Was ist denn los?«, rief Fine aufgeregt und flatterte, so schnell ihre Flügel sie tragen konnten, näher.

»Oh«, sagte das Blümchen, »es ist nichts weiter. Ich bin nur schon so alt und werde jetzt in den ewigen Kreislauf eingehen.«

»Du meinst, du musst verblühen?«, fragte Fine entsetzt. »Das will ich nicht. Ich werde sofort Hilfe holen!«, rief sie und war schon unterwegs. Das kleine Gänseblümchen konnte sie gar nicht mehr aufhalten. Es lächelte noch tapfer und verwelkte dann.

Fine suchte sofort Lydia, die Lehrerin, und zwang sie, gleich mitzukommen. Sie nahm die Lehrerin bei der Hand und zog sie hinter sich her zu dem kleinen, tapferen Blümchen. Dort angekommen sagte sie zu Lydia: »Du musst dem Blümchen helfen. Schnell!«

Lydia schaute sich das welke Gänseblümchen an und nahm die kleine Fine in die Arme. »Meine Liebe, diesem Blümchen kannst du leider nicht mehr helfen. Seine Lebensspanne ist beendet und seine Energie wird jetzt in den ewigen Kreislauf der Natur eingehen. Das hat Gott so bestimmt und wir können das nicht ändern. Aber wo dieses Blümchen geblüht hat, wird bald neues Leben entstehen können, du wirst sehen.«

Sanft zog Lydia die schniefende Fine hinter sich her und flößte ihr in der Krankenstation etwas aufmunternden Blütennektar ein. Soweit gestärkt schwebte Fine tiefer als sonst zu Alfred, dem Apfelbaum, und setzte sich auf einen dicken Zweig. Sie ließ die Beine baumeln und starrte zu Boden.

»Hallo, Fine!«, sagte Alfred. »Du bist ja schon wieder traurig. Gefällt dir der neue Job nicht?«

»Ach, Alfred«, sagte Fine traurig. »Heute ist ein Gänseblümchen einfach verwelkt und ich konnte ihm nicht helfen. Das ist so gemein!«

Alfred dachte lange nach. Dann sagte er:

»Es ist nichtgemein, Fine, es ist die Natur. Die Blüten und der Stängel welken und werden zu Dünger für neue Pflanzen. Die Blümchen sind großzügig und geben ihre Energie an die nächsten Blümchen weiter.

Aber die Seele dieser Blume stirbt nicht. Sie kann an einer anderen Stelle des Gartens wieder in einer anderen Pflanze wiedergeboren werden.

Überleg doch mal: Sie stand ihr Leben lang nur an einem Platz im Garten, und nun, wenn sie verwelkt, kann sie mit ihrem Humus eine neue Blume düngen und selbst wieder an einer anderen Stelle des Gartens wachsen.

Wie spannend das für diese Blume ist! Sie kann auf diese Weise viele Stellen des Gartens ausprobieren und viel Erfahrung sammeln. Sie kommt sehr viel herum und kann viel erleben. Es ist zwar traurig für dich, aber es ist sehr interessant für die Blume. Du darfst nicht traurig sein.«

Fine musste erst darüber nachdenken. Sie war viel zu unglücklich, um ein langes Gespräch mit Alfred zu führen. Ganz in Gedanken versunken, schwebte sie nach Hause und versprühte sehr viel Sternenstaub für ihre Freunde, die Gänseblümchen.

Nach diesem Erlebnis versuchte sie, ihre Arbeit noch viel besser zu machen, weil sie insgeheim hoffte, dass die Pflanzen bei guter Pflege nie welken mussten. Aber natürlich wusste sie, dass sie nichts dagegen tun konnte, wenn die Zeit gekommen war.

Zunächst mied sie auch die Stelle im Garten, wo alles passiert war. Doch als sie einige Tage später über die Stelle hinwegflog, sah sie, dass ein ganz, ganz winziges Gänseblümchen an dieser Stelle wuchs.

Es war noch zu klein, um sich mit ihm unterhalten zu können, aber sie war auch so sehr glücklich: Alfred hatte wieder einmal recht gehabt! Ein ganz neues Blümchen war an dieser Stelle gewachsen – und wer weiß, vielleicht träfe sie bald die Seele des anderen Blümchens an einer anderen Stelle des Gartens wieder. Was für eine Freude wäre das!

Glücklich und aufgeregt flog sie zu Alfred. Das musste sie ihm einfach sofort erzählen. Sie summte ihre fröhliche Melodie so laut, dass die Kinder, die gerade im Garten spielten, innehielten und lauschten. Aber wie hätten sie auch wissen können, dass das, was sie hörten, eine Elfe war?

3 Der neue Garten

Heute war der große Tag gekommen. Es war wieder Vollmond und die zehn kleinen Elfenschülerinnen hatten sich an der Vogeltränke im Steingarten versammelt. Falls sich jemand wundert, warum sich die Elfen immer bei Vollmond treffen, dem sei gesagt, dass Elfen nicht nach der Uhr leben, sondern nach der Natur. Und wenn man einen bestimmten Zeitpunkt festsetzen will, den keiner verpassen darf, dann ist der Vollmond ja nicht zu übersehen.

Andere wichtige Termine werden von den sternenkundigen Astrologen-Elfen festgesetzt. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Im Steingarten hatte sich also die Königin mit dem Elfenrat und den anderen Lehrerinnen getroffen, um die Arbeit der fleißigen Jung-Elfen zu besprechen. Der Mond blickte von oben interessiert zu. Er hatte dieser Zeremonie schon oft beigewohnt und er hatte auch die kleinen Elfen bei ihrer Arbeit beobachten können.

Alle hatten sie sich sehr fleißig um ihre kleinen Schützlinge gekümmert und es würde wohl viel Lob geben heute. Aber welche zukünftigen Arbeiten an die kleinen Elfen verteilt werden würden, konnte er nicht wissen.

Gespannt rückte er seine Brille zurecht, strahlte noch etwas heller in den Garten und hörte aufmerksam der Rede der Königin zu. Diese stand wieder inmitten der Blütenblätter der weißen Rose und blickte strahlend auf die jungen Auszubildenden herab.

Alle hatten vor Aufregung ganz rote Bäckchen und flatterten unruhig mit den Flügeln. Fine und Cilli hielten sich an den Händen, um sich gegenseitig zu beruhigen. Die Lehrer-Elfen waren festlich gekleidet und sehr stolz auf ihre Schüler.

»Ihr habt eure Arbeit alle ganz wunderbar gemacht«, sagte die Königin. »Ich bin sehr stolz auf euch und werde euch nun eure neue Aufgabe zuteilen. Und hört mir bitte genau zu«, ergänzte sie mit einem Blick auf Fine, die noch mehr errötete.

Fine hatte sich aber vorgenommen, heute ganz genau achtzugeben und sich nicht wieder so zu blamieren wie vor vier Wochen, als sie beinahe ihre Aufgabe verpasst hätte. Die Königin räusperte sich und sprach dann weiter.

»Da ihr wirklich sehr vorbildlich gearbeitet habt, haben wir beschlossen, dass ihr zur Belohnung in die umliegenden Gärten geschickt werdet. Dort dürft ihr neue Pflanzen kennenlernen und euch unter Anleitung der dortigen Lehrerinnen weiterbilden.

Ihr seid dort Gäste, also bitte benehmt euch gut und lernt, soviel ihr könnt. Erst, wenn ihr beim nächsten Vollmond zurückkommt, werden wir gemeinsam besprechen, wo ihr fortan arbeiten könnt.«

Aufgeregt wisperten die zehn miteinander. Das war schon lange nicht mehr vorgekommen, dass jede Elfenschülerin bereits nach so kurzer Zeit schon auf Reisen gehen durfte.

Überall hörte man aufgeregtes Flügelschlagen, und sogar die Blumen, die eigentlich schon geschlafen hatten, öffneten ein klein wenig die geschlossenen Blütenkelche, um nachzusehen, was die Aufregung zu bedeuten hatte. Der Mond lächelte stolz. Das war wirklich eine sehr fleißige Elfengruppe!

Die hochrangigen Elfen lösten sich aus der Gruppe um die Königin herum und traten auf die kleine Schar Elfen zu. Neugierig verstummten diese und warteten darauf, was weiter geschah. Jede der Elfen wurde von einer Lehrerin angesprochen und durfte sich sofort auf den Weg machen, um den Gastgarten zu besuchen.

Fine hatte nicht einmal die Zeit, Alfred zu informieren. Er würde es morgen früh von den anderen Elfen erfahren. Wenigstens konnte Fine noch kurz ihre Freundin Cilli umarmen, dann musste sie schon ihrer Gastgeberin Erin folgen. Erin war eine der Lehrerinnen aus dem Gastgarten, in dem Fine die nächsten vier Wochen verbringen sollte.

Und so flogen nach und nach die kleinen Elfen in alle Richtungen aus und waren sehr gespannt, was sie erwartete. Fines Gastgarten war zwanzig Minuten Flugzeit entfernt und lag sehr schön direkt am Waldrand. Es würde bestimmt sehr spannend werden, einmal in den Wald gehen zu dürfen!

Erin machte zuerst einen Rundflug über den Garten – ganz leise, um die Blumen nicht zu wecken –und zeigte Fine die verschiedenen Sorten, die dort blühten. Der Garten war nicht besonders dicht bepflanzt.

Es gab darin nur einen hohen Rasen, in dem vereinzelt Löwenzahn und einige Gänseblümchen angesiedelt waren, ein abgetrenntes Stück Gemüsegarten, in dem Salat, Tomaten und Erdbeeren wuchsen, und einen schönen, großen Vogelbeerbaum, der mit seinen Ästen und Zweigenden Bewohnern des Hauses genügend Schatten spenden konnte, damit sie sich im Sommer gemütlich auf einen Stuhl unter den Baum setzen konnten.

In den Blumenkästen rund um das Haus wuchsen hübsche Geranien, die Fine im Halbschlaf begrüßten, um dann aber gleich wieder weiterzuträumen. Es bliebe noch genügend Zeit, um sich miteinander bekannt zu machen. Insgesamt war Fine enttäuscht.

Es war nicht so viel los in diesem Garten. Sie würde ihre Freundin vermissen und auch Alfred, den Apfelbaum. Ob der Vogelbeerbaum wohl genauso nett war?

»Morgen wirst du die anderen Elfen kennenlernen«, versprach Erin und führte sie zu ihrem Schlafplatz unter einem Himbeerstrauch, der ganz allein in der hintersten Ecke des Gartens stand.

Fine versuchte vergeblich einzuschlafen. Sie hatte Heimweh. So stand sie am frühen Morgen noch ganz unausgeruht auf. Erin wartete schon auf sie. Sie wollte ihr die Pflanzen alle vorstellen.