Fingierte Oralität in der französischen Gegenwartsliteratur - Sarah Leenen - E-Book

Fingierte Oralität in der französischen Gegenwartsliteratur E-Book

Sarah Leenen

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Didaktik für das Fach Französisch - Pädagogik, Sprachwissenschaft, Note: 1,7, Universität Duisburg-Essen, Sprache: Deutsch, Abstract: Heutzutage scheint es nicht mehr möglich die gesprochene als eine von der geschriebenen Sprache separierte homogene Praxis zu betrachten, da sich die gesprochene Sprache nicht auf eine spontane, umgangssprachliche Praxis reduzieren lässt. Mit seiner Aussage „C’est la parole qui fait évoluer la langue“ weist Saussure der Parole, der individuellen Komponente, eine besondere Rolle im Sprachsystem der Langue zu, die in Saussures Strukturalismus für das Soziale und Gesellschaftliche steht. In der Gegenwartsliteratur ist fingierte Oralität zu einem gängigen Phänomen geworden, welches sich seinen Platz vor allem in Romanen gesichert hat. Nach einer Annäherung an den Begriff der fingierten Oralität soll auf die Nähe- und Distanzsprache nach dem Modell der Linguisten Koch und Oesterreicher eingegangen werden. Anschließend werden die universalen und einzelsprachlichen Merkmale gesprochener Sprache erläutert und die Kennzeichen fingierter Oralität herausgestellt und erklärt, zu denen auch die Erscheinungsform der direkten Rede zählt. Diese Aspekte der fingierten Oralität sollen am Beispiel von Tonio Benacquistas Roman „Le serrurier volant“ analysiert werden, der, wie viele von Benacquistas Kriminalromanen, das Phänomen der fingierten Oralität illustriert.

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Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

 

1. Einleitung

2. Eine Annäherung an den Begriff der fingierten Oralität

2.1 Die Nähe- und Distanzsprache nach Koch und Oesterreicher

2.2 Die universalen und einzelsprachlichen Merkmale gesprochener Sprache

3. Fingierte Oralität und das Nähe-Distanz-Modell

3.1 Kennzeichen fingierter Oralität

3.2 Direkte Rede als Erscheinungsform fingierter Oralität

4. Nähesprachliche Merkmale in „Le serrurier volant“

4.1 Der textuell-pragmatische Bereich in „Le serrurier volant“

4.2 Der syntaktische Bereich in „Le serrurier volant“

4.3 Der lexikalisch-semantische Bereich in „Le serrurier volant“

4.4 Der lautliche Bereich in „Le serrurier volant“

5. Résumé

6. Bibliographie

 

1. Einleitung

Heutzutage scheint es nicht mehr möglich die gesprochene als eine von der geschriebenen Sprache separierte homogene Praxis zu betrachten, da sich die gesprochene Sprache nicht auf eine spontane, umgangssprachliche Praxis reduzieren lässt. Mit seiner Aussage „C’est la parole qui fait évoluer la langue“ weist Saussure der Parole, der individuellen Komponente, eine besondere Rolle im Sprachsystem der Langue zu, die in Saussures Strukturalismus für das Soziale und Gesellschaftliche steht. In der Gegenwartsliteratur ist fingierte Oralität zu einem gängigen Phänomen geworden, welches sich seinen Platz vor allem in Romanen gesichert hat. Nach einer Annäherung an den Begriff der fingierten Oralität soll auf die Nähe- und Distanzsprache nach dem Modell der Linguisten Koch und Oesterreicher eingegangen werden. Anschließend werden die universalen und einzelsprachlichen Merkmale gesprochener Sprache erläutert und die Kennzeichen fingierter Oralität herausgestellt und erklärt, zu denen auch die Erscheinungsform der direkten Rede zählt. Diese Aspekte der fingierten Oralität sollen am Beispiel von Tonio Benacquistas Roman „Le serrurier volant“ analysiert werden, der, wie viele von Benacquistas Kriminalromanen, das Phänomen der fingierten Oralität illustriert und dessen Inhalt nachfolgend kurz zusammengefasst wird. Marc, der fünfunddreißigjährige Protagonist des Romans, ist ein introvertierter Mensch, der sein ordinäres, ruhiges Leben schätzt. Wohnhaft in einem Pariser Vorort widmet er sich so der Pflege seines kleinen Hauses und verdient seinen Lebensunterhalt als Transporteur, während sein soziales Umfeld ein einziger Freund und eine Liebesbeziehung mit der geschiedenen Magali, seine Freundin aus Kindertagen, bilden. Eines Tages jedoch, während der Ausführung eines Auftrags fallen Marc und seine beiden Kollegen einem Verbrechen zum Opfer, bei dem Marcs Kollegen getötet werden, wohingegen er selbst schwerverletzt überlebt. In den folgenden Monaten der Operationen, Genesung, Rehabilitation und zahlreichen Suizidversuchen, verliert Marc zunächst seinen Beruf und sein Haus sowie seine Kontaktpersonen und gerät schließlich in einen Teufelskreis der Depression und des Alkoholkonsums. Als er sich eines Morgens versehentlich aus seinem Apartment aussperrt, verständigt ein hilfsbereiter Nachbar die SOS-Pannenhilfe, die für ihn wie eine Offenbarung ist und zu seinem neuen Lebensinhalt wird. Das Öffnen verschlossener Türen ermöglicht Marc eine neue Sichtweise auf die Lebensgewohnheiten und Geheimnisse seiner Mitmenschen und führt ihn zufällig auf die Spur des Attentats, das sein Leben veränderte und ihn erneut zwingt sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzten.

2. Eine Annäherung an den Begriff der fingierten Oralität

 

Fingierte Oralität bezeichnet allgemein die Evokation gesprochener Sprache im geschriebenen Medium. Durch die Verwendung des Attributs fingiert gibt bereits die Bezeichnung Hinweis darauf, dass es sich bei diesem Phänomen um eine erfundene, vorgetäuschte (vgl. Müller 1997: 798) oder erdichtete (vgl. Kroeber et al. 2001: 262) Form der Mündlichkeit handelt. An ihrer Erschaffung ist folglich stets ein „Agens“ beteiligt (Brumme 2008b: 7). Im deutschsprachigen Raum befasste sich Goetsch (1985) als einer der ersten Forscher literaturwissenschaftlich mit diesem –von ihm als fingierte Mündlichkeit bezeichneten– Phänomen. Er stellte fest, dass Mündlichkeit in geschriebenen Texten „stets fingiert“ sei, und dass „ihr Bezug zur Schriftlichkeit gesehen und ihr Stellenwert als Bestandteil des geschriebenen Textes gewürdigt werden“ müsse, da sie zum Schreibstil des Autors zähle (Goetsch 1985: 202). Seiner Ansicht nach sei fingierte Oralität genauso vielfältig wie tatsächliche und dürfe demnach nicht auf einige wenige Kennzeichen wie beispielsweise „formelhafte Sprache“ reduziert werden (Goetsch 1985: 206). Diese Einschätzung teilt auch Brumme (2008b: 11), wobei sie sich auf eine spätere Veröffentlichung dieser Autoren (vgl. Koch et al. (1990) bezieht. Neben der Verwendung in der Literatur trifft dieses Phänomen auch auf andere Kunstformen wie Film (Synchronisation und Untertitelung), Theater und Werbung zu (vgl. Brumme 2008b: 8-9). Die Gemeinsamkeit liege hier in dem Ziel, Mündlichkeit in einem geschriebenen Text, der möglicherweise im Nachhinein gesprochen wird, mithilfe bestimmter oraler Mittel darzustellen, weswegen auch Moderation und Nachrichtensprechen in Radio und Fernsehen als eine Form der fingierten Oralität betrachtet werden könnten (Brumme 2008b: 9). Zur Beschreibung von fingierter Oralität halten beide Sprachwissenschaftler das von Koch und Oesterreicher (1985) erstellte Modell der Nähe- und Distanzsprache sowie die damit verbundenen universalen und einzelsprachlichen Merkmale gesprochener Sprache für geeignet (Goetsch 1985: 210), welche im nächsten Kapitel erläutert werden sollen.

 

2.1 Die Nähe- und Distanzsprache nach Koch und Oesterreicher