Fit für New Work - Christiane Brandes-Visbeck - E-Book

Fit für New Work E-Book

Christiane Brandes-Visbeck

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Beschreibung

New Work verändert die Arbeitswelt. Ein Arbeitsmodell, das mit mehr Freiheit, Selbstbestimmung und Teilhabe an Gemeinschaft in Verbindung gebracht wird und sich von starren Hierarchien und unflexiblen Organisationsformen löst. In Fit für New Work erklärt die Autorin alles Wissenswerte über die neuen Arbeitsformen – von neuen Mechanismen, wie Home Office oder Coworking, bis hin zu den verschiedenen Methoden, wie Design Thinking oder der gezielten Mitarbeiterbindung. Sie erörtert, welche neuen Anforderungen im New Work an Führungskräfte gestellt werden und wie diese umgesetzt werden können. Dieses Buch gibt einen allumfassende Überblick über die neue vielfältige Arbeitswelt 4.0, erläutert Vor- und Nachteile, wie Scheinselbstständigkeiten oder Work-Life-Blending, und erklärt was beachtet werden muss, wenn man in diesem Umfeld arbeitet.

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Christiane Brandes-Visbeck | Susanne Thielecke

Fit für New Work

Christiane Brandes-Visbeck | Susanne Thielecke

Fit für New Work

Wie man in der neuen Arbeitswelt erfolgreich besteht – Businessmodelle, Work-Life-Balance, Co-Working & Co.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2018

© 2018 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© der Originalausgabe

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Christiane Otto, München

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer, München

Umschlagabbildung: shutterstock.com/g-stockstudio

Satz: ZeroSoft, Timisoara

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN Print 978-3-86881-724-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-058-0

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-059-7

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Imprints unter www.m-vg.de

Inhalt

Über dieses Buch

Kapitel 1: New Work

(mit Daniel Barke)

Kapitel 2: Coworking

(mit Tobias Kremkau)

Kapitel 3: Mindset

(mit Svenja Hofert)

Kapitel 4: Methoden

(mit Andreas Ollmann und David Cummins)

Kapitel 5: Netzwerken

(mit Dr. Kerstin Hoffmann)

Kapitel 6: Leadership

(mit Stephan Grabmeier)

Kapitel 7: Geschäftsmodelle

(mit Nico Lumma)

Ausblick, Chancen und Risiken

Über die Autoren

Anmerkungen

Über dieses Buch

Unsere Welt ändert sich. Das ist an sich nichts Neues. Neu ist das Tempo. Digitalisierung, Globalisierung und Pluralismus haben eine Veränderungsdynamik zur Folge, bei der manch einem schwindelig wird. Und sie wird noch schneller werden. Schon jetzt hat die technologische Entwicklung künstliche Intelligenz, Roboter, 3-D-Drucker, Netzwerkökonomie und datenbasierte Entscheidungen ermöglicht. Sie ist Treiber völlig neuer Arbeitswelten, für die es kaum Vorbilder und Standards gibt. Nichts scheint mehr vorhersehbar oder planbar zu sein. Was gestern unmöglich erschien, ist heute normal. Und morgen überholt.

Dabei ruft die Digitalisierung unseres Lebens und Arbeitens auch in der Wirtschaft nachhaltig Veränderungen hervor. So werden Leistungen zunehmend losgelöst von festen Produktionsstätten erbracht, was einen umfassenden Paradigmenwechsel in der Ökonomie nach sich zieht. Smart Factories (virtuelle Abbilder realer Fabriken), Smart Products (technische Objekte, die mithilfe von Software und Internetverbindung Daten speichern und weitergeben können) oder Smart Services (Dienstleistungsangebote, die mithilfe von Smart Products durchgeführt werden) sind Beispiele dafür, dass virtuelles Arbeiten längst nicht auf die Entwicklung von Apps reduziert ist. Es betrifft alle Branchen und jede Form der Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen. In vielen Feldern braucht es keine Massenproduktion mehr, Kundenbedürfnisse können zunehmend individuell erfüllt werden. Damit steigt die Kundenzentrierung in nie da gewesener Dimension. Maximale Transparenz, Individualisierung in Echtzeit und wachsender, unvorhersehbarer Wettbewerb machen es Käufern leicht, sich immer wieder neu zu orientieren – eine große Herausforderung für Unternehmen, da nun Kundenbindungsmaßnahmen notwendig sind, die auf Content basieren und weit über das reine Produktmarketing hinausgehen. So entstehen immer neue Geschäftsmodelle, die zu Zeiten der Industriegesellschaft weder notwendig noch denkbar waren. Ein Begriff, der sich dafür international und industrieübergreifend etabliert hat, ist die sogenannte VUKA-Welt (englisch VUCA). Volatil, unsicher, komplex und ambivalent – so wird das digital geprägte Arbeitsumfeld beschrieben, in dem Ökonomie heute stattfindet und das es prägt.

Sharing Economy als Folge und Treiber digital geprägter Prozesse

In einer VUKA-Welt entstehen Geschäftsmodelle, deren Mechanismen durch herkömmliche Managementmethoden nicht mehr steuerbar sind. Die sogenannte Sharing Economy etwa, also das gemeinsame Nutzen ansonsten brachliegender Ressourcen, ist Folge und Treiber digital geprägter Prozesse zugleich. Durch Netzwerke auf sozialen Medien, das Cloud-Computing (das Speichern und gemeinsame Bearbeiten von Daten auf externen Rechnern) und in entsprechenden Dateninfrastrukturen zwischen Menschen und Maschinen können Unternehmen sowie ihre Produkte und Dienstleistungen mittels selbstlernender, künstlicher Intelligenzen direkt mit den Kunden kommunizieren. Dadurch wiederum können individuelle Präferenzen passgenau ermittelt und bedient werden, was einerseits eine neue Anspruchshaltung beim Kunden und andererseits eine immer schnellere und flexiblere Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen jenseits von Fach- oder Branchenerfahrung nach sich zieht. Und jetzt kommen noch die Innovationen, die das Internet of Things mit sich bringt ...

Nicht jeder sieht darin eine strahlende Zukunft. Zu ungewiss scheint es, in welchen Bereichen, in welchem Ausmaß und in welcher Form der Mensch der Technik weichen muss. Immer mehr Leute fragen sich, ob ausreichend viele neue Berufsfelder entstehen, und wenn nicht, wovon die Menschen leben werden, wenn die Arbeitswelt sie nicht mehr braucht. Andere begreifen diesen Wandel als Chance. Sie sehen nie da gewesene Möglichkeiten des Wachstums und der Entwicklung in eine neue, höhere Menschheitsstufe. Für die Arbeitswelt bedeutet die zunehmende Veränderungsdynamik vor allem eines: Von Menschen geführte Prozesse rücken vielerorts in den Hintergrund, gleichzeitig rücken die kreativen und emotionalen Fähigkeiten des Menschen in den Fokus. Denn unabhängig davon, ob diese rasante Entwicklung Spaß macht oder Angst erzeugt – oder beides –, erfordert die zunehmende Vernetzung der Welt und damit der Umgang mit Menschen und Maschinen, mit denen man wenig vertraut ist, Wissen über menschliche Motive und grundmenschliches Verhalten. Der digitale Wandel erfordert die Bereitschaft, permanent dazuzulernen, schnelle Entscheidungsprozesse und Freude am Experimentieren. Neben aktuellem technologischen Know-how benötigen wir Empathie und Leidenschaft, Intuition und Kreativität, Flexibilität und Offenheit – und vor allem Mut.

Leidenschaft und Kreativität lassen sich nicht mehr verleugnen

Diese Eigenschaften spielten schon vor der Digitalisierung eine wichtige Rolle. Aber sie standen in den letzten Jahrzehnten nicht im Vordergrund. In den klassischen, auf Effizienz getrimmten und durch das Qualitätsmanagement gesteuerten Strukturen sind sie maximal Helfer, um nachhaltigen Erfolg zu generieren, oft aber auch Blockierer. Etwas wagen, das vom bewährten Prozess abweicht? Das ist in der klassischen Arbeitswelt meist nicht erwünscht. Ein Risiko eingehen, dessen Folgen nicht bekannt sind? Bloß nicht! Hierarchien ignorieren und Wissen teilen? Das ist gefährlich! Emotionen an Funktionen knüpfen? Nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt.

In der aktuellen und künftigen Arbeitswelt sind diese Sichtweisen überholt. Wenn Veränderungen anstehen, benötigen wir Menschen, die mutig vorangehen, als Vorbild und Treiber zugleich. Die zeigen, dass es sich lohnt, Veränderungen zu gestalten. Dass auch und gerade in einer digitalen, globalen und diversen Arbeitswelt mit neuen, digital geprägten Technologien, Prozessen und Produkten der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte. Dass radikale Kundenzentrierung, schneller und relevanter Wissenszuwachs sowie Beziehungsmanagement essenziell sind und jenseits von Funktionen und Hierarchien besser funktionieren. Alle diese Erkenntnisse erfordern neue Strukturen, neue Methoden, neue Rollen und neue Haltungen – eben New Work.

Im diesem Buch geben wir Tipps und Antworten für alle, die die Mechanismen von New Work verstehen und für sich nutzen wollen, ganz egal, wer und wie sie sind und in welchem Kontext sie aktuell arbeiten. Natürlich haben wir uns gefragt, wer uns dazu berechtigt hat, hier als Expertinnen aufzutreten.

Wir begeben uns auf eine Reise

Wenn wir ein Buch über New Work schreiben wollen, dann sollten wir das – ehrlicherweise – auch mit der Haltung von New Workern tun. Denn wer sagt, dass unsere Sicht auf das Thema die richtige ist? Sie ist eine mögliche Sicht auf diese eben beschriebene VUKA-Welt. Wem steht hier die Deutungshoheit zu?

Eine interessante Perspektive auf New Work hat Microsoft-CEO Satya Nadella entwickelt, der vom Time Magazine zu einem der einflussreichsten Menschen unseres Zeitalters gekürt wurde. In einem Interview mit Business Insider beschreibt Nadella den Bestseller Selbstbild der Stanford-Psychologin Carol Dweck als eine Inspiration für die Kultur, die er bei Microsoft aufbauen möchte. Er berichtet, dass er das Buch nicht im Business- oder Arbeitskontext gelesen habe, sondern im Zusammenhang mit der Erziehung seiner Kinder. Er beschreibt, wie die Autorin das Kinder von Kindern erlebt hat: »Eines ist ein ›Ich weiß alles‹- und ein anderes ist ein ›Ich lerne alles‹-Kind. Das ›Ich lerne alles‹-Kind wird immer besser zurechtkommen als das ›Ich weiß alles‹-Kind, selbst wenn Letzteres möglicherweise mit seinen angeborenen Fähigkeiten einen besseren Start haben sollte.« Auf den Business-Kontext übersetzt, so Nadella, bedeute dies, dass diese Beobachtungen nicht nur für Jungen und Mädchen in der Schule, sondern auch für CEOs wie ihn selber oder für Organisationen wie Microsoft gelten müssten.1

Dies könnte sich als soziologische Aussage auf alle Menschen dieser Welt beziehen. Um in der VUKA-Welt zurechtzukommen, müssten wir uns von einer Kultur, in der (einflussreiche) Menschen behaupten, sie wüssten alles über diese Welt, zu einer Kultur entwickeln, in der (einflussreiche) Menschen sagen: »Wir wollen alles lernen.« Dieser Blick auf die Welt, diese Lebenseinstellung ist aus unserer Sicht ein bedeutendes Merkmal von New Work. New Worker haben genug von Menschen, die ständig die Welt erklären, ohne Althergebrachtes oder sich selbst zu hinterfragen. Ein Begriff, der sich seit einigen Jahren in diesem Zusammenhang etabliert, ist #mansplaining. Er besagt, dass (einflussreiche) »alte, weiße Männer« davon ausgehen, dass sie anderen (zumeist Frauen) die Welt erklären müssen oder dürfen. Natürlich ist der Begriff provozierend, da nicht alle Männer, die älter und weiß sind, sich so verhalten. Er soll nur versinnbildlichen, dass eine dozierende Haltung, fern von Introspektion und Selbstkritik – und egal, von wem sie vorgetragen wird – nicht zur positiven Gestaltung der gemeinsamen Zukunft animiert. Und dass alleiniges Zurückgreifen auf Wissen von früher nicht zu einer offenen, neugierigen Haltung gegenüber einer sich verändernden Welt passt. Bei New Work geht es nicht um Veränderung um der Veränderung willen. Doch wer sagt, die alte Ordnung habe sich doch bewährt und man solle die Dinge möglichst belassen, wie sie sind, hat es in der VUKA-Welt schwer. Denn die will nicht darauf hören. Sie ist unartig wie ein schlecht erzogenes Kind und macht einfach, was sie will!

Für das Überleben in der digitalen Revolution benötigen wir ein anderes Mindset, andere Haltungen und Methoden. Eine davon ist, dass wir Menschen uns gemeinsam in die Zukunft begeben und dabei unterwegs miteinander und voneinander lernen. Denn aus der New-Work-Perspektive, die Nadella so schön auf den Punkt gebracht hat, sind wir Menschen alle Lernende. Wir sind Reisende von der bekannten Welt in die unbekannte, neue Welt. Wir sind auf einer großen Lernreise. Am besten gemeinsam.

Das Bild von einer gemeinsamen Lernreise, die häufig auch Learning Journey genannt wird, hat uns inspiriert. Wir wagen – ganz im Sinne von New Work – mit diesem Buch ein Experiment. Bevor wir Autorinnen angefangen haben zu schreiben, haben wir uns gefragt, wer wohl unsere Leser sein werden, und was sie von unserem Buch erwarten. Bei der Antwort haben wir unsere potenziellen Leser nicht wie sonst üblich in Zielgruppen oder Sinus-Milieus geclustert, sondern als Mitreisende mit unterschiedlichem Lernverhalten:

Es wird Leser geben, die gern Geschichten lesen. Die am liebsten über einprägsames Storytelling lernen. Weil sie über Anekdoten und persönliche Geschichten der Protagonisten einen emotionalen Bezug zum neuen Wissen entwickeln können.

Andere möchten vielleicht schnell und übersichtlich Fakten präsentiert bekommen. Diese sollen ohne Schnick und Schnack das benötigte Wissen auf den Punkt enthalten. Ganz effektiv. Zack.

Und wieder andere Menschen lernen, wenn sie das, was sie gelesen haben, gedanklich auf das eigene Leben übertragen und dadurch das neue Wissen reflektieren. Um daraus wiederum neue persönliche Denkweisen und Handlungen abzuleiten. Nur zu!

Doch dann kamen uns Zweifel: Wie können wir mit einem Ein-Kanal-Medium, wie ein Buch es ist, diesen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden? Geht das überhaupt?

Wir haben es einfach gemacht.

Da Innovationen, ständiges Dazulernen und die Anerkennung von Vielfalt besondere Merkmale von New Work darstellen, versuchen wir mit diesem Buch, jeder der genannten Lesegewohnheiten und jedem der genannten Lernbedürfnisse gerecht zu werden. In der Hoffnung, dass wir Sie alle mitnehmen auf unserer Lernreise zu New Work.

Aufbau des vorliegenden Buches

Weil es uns am Herzen liegt, ganz unterschiedliche Menschen, die sich für New Work interessieren, mitzunehmen, haben wir uns für folgende Struktur entschieden:

Jedes Kapitel handelt von einem wichtigen Aspekt von New Work:

Kapitel 1: New Work – wie finde ich einen Zugang dazu?

Kapitel 2: Coworking

Kapitel 3: Mindset

Kapitel 4: Methoden

Kapitel 5: Netzwerken

Kapitel 6: Leadership

Kapitel 7: Geschäftsmodelle

Jedes unserer Kapitel besteht aus zwei Modulen:

Modul 1: Die Geschichte eines New-Work-Protagonisten von seiner Reise in eine neue Arbeitswelt.

Modul 2: Infoboxen, die wichtige Begriffe aus dem New Work-Kontext erklären und Wissenswertes vermitteln, danach ein paar Journaling-Fragen zur Reflexion und Literaturtipps.

Lassen Sie uns kurz erklären, was wir unter diesen Modulen verstehen.

Modul I: Porträts

Weil das New Work so vielfältige Facetten aufzeigt und jeder, mit dem wir im Vorfeld über das Thema gesprochen haben, darunter etwas anderes versteht, haben wir uns entschieden, Menschen vorzustellen, die New Work leben. Wir haben bewusst ganz unterschiedliche Gesprächspartner ausgesucht. Was sie eint, ist, dass sie alle schon länger im New-Work-Kontext unterwegs sind und davon angetrieben werden, sich selbst zu verwirklichen und ihre persönlichen Ziele zu verfolgen. Und das mit viel Leidenschaft und großem Erfolg.

Für jedes Kapitel unseres Buches haben wir eine Person angesprochen, die aus unserer Sicht prototypisch für das jeweilige Merkmal steht. Er oder sie lädt uns in seine oder ihre Arbeitswelt ein und nimmt uns mit auf die persönliche Reise von der bekannten Arbeitswelt in die neue Arbeitswelt. Diese Erzählform, die Sie vielleicht aus einem anderen Kontext kennen, nennen Filmschaffende und Kommunikatoren »Heldenreise« oder englisch »Quest«. Heldenreisen beschreiben, wie ein »Held«, also ein Protagonist, von einer ihm bekannten Welt in eine ihm unbekannte Welt geht. So eine Reise ist mit vielen Überraschungen, Unwägbarkeiten und Gefahren verbunden. Der Held muss sehr mutig sein, wenn er das Bekannte gegen das Unbekannte eintauschen will. Hilfreich sind dabei ein möglichst gutes Equipment und wenn man für bestimmte Wegstrecken Gefährten findet.

Bei so einer Heldenreise gibt es eine Schwelle, die diese beiden Welten voneinander trennt. Sie ist oft die größte Hürde, die Helden meist nur deshalb überschreiten, weil sie es müssen. Doch im Verlaufe ihrer Geschichte erleben sie so viele besondere Abenteuer, dass sich dieses unfassbar schöne Gefühl einstellt: die Freude daran, zu neuen Ufern unterwegs zu sein. Das Glück zu wissen, dass es sich gelohnt hat, die allererste Schwelle zu überschreiten. Dass es sich gut anfühlt, die eigene Komfortzone zu verlassen, weil das Neue es wert ist.

Keiner unserer Protagonisten konnte vorab genau wissen, worauf er oder sie sich mit der Entscheidung für die neue digitalisierte Welt einließ. Sie hatten Befürchtungen, durchlebten Phasen der Unsicherheit oder des Zweifelns. Aber sie stellen sich den Herausforderungen. An dieser Stelle möchten wir uns bei Daniel Barke, Tobias Kremkau, Svenja Hofert, Andreas Ollmann und David Cummins, Kerstin Hoffmann, Stephan Grabmeier und Nico Lumma bedanken, dass sie sich auf unser Experiment eingelassen haben. Obwohl sie alle bis über beide Ohren in Arbeit steckten, haben sie – animiert von uns für dieses Buch – ihre eigene Reise reflektiert und zusammen mit uns erarbeitet. Danke, Ihr Lieben, ihr seid unsere ganz persönlichen New-Work-Heros!

Modul II: Infoboxen

Die Infoboxen beinhalten Wissenswertes, Werkzeuge oder neudeutsch Tools – alles das, was nötig ist, um passende Entscheidungen zu treffen oder Krisen zu überwinden. Es sind diese Tools, die Sie auf dem Weg zur Arbeitswelt von New Work begleiten. Es können Methoden sein, aber auch neue Erkenntnisse, überkommene Glaubenssätze und veränderte Prinzipien. Wir haben die Informationen, denen wir selbst und/oder in den Gesprächen mit unseren New-Work-Helden begegnet sind, gesammelt, kuratiert und teilweise auch ergänzt.

Unsere Infoboxen beziehen sich immer auf einen Begriff, der in einer der Heldenreisen genannt wird. Die Begriffe sind im Text besonders gekennzeichnet.

Und Sie? Unsere Journaling-Fragen

Unsere Protagonisten haben auf ihren Reisen neue Erkenntnisse, Denkweisen und Handlungsoptionen gewonnen oder persönliche Muster und Bedürfnisse, die nicht mit der klassischen Arbeitswelt kompatibel sind, weiterentwickelt und nach ihnen gelebt. So sind sie selbst Gestalter und Vorbilder einer in weiten Teilen noch unbekannten Arbeitswelt geworden.

Wenn Sie also, liebe Leserin und lieber Leser, eine der Geschichten lesen und in den Infoboxen desselben Kapitels erfahren, was sich genau hinter den neuen Begriffen verbirgt, denken Sie vielleicht: »Oh, das klingt ja super! Aber funktioniert das auch für mich und in meiner Arbeitswelt?« Das kann natürlich der Fall sein. Oder auch nicht. Mit den Journaling-Fragen zu jeder Infobox möchten wir Sie einladen, zu überlegen, was das Gelesene mit Ihnen und Ihrem Umfeld zu tun hat. Fragen Sie sich: »Wo stehe ich gerade selbst?« Oder: »Warum finde ich den Inhalt der einen Infobox spannend und relevant – und warum vielleicht auch nicht?«

Mit Journaling reflektieren Sie die eigenen Wünsche und Ziele. Sie treten mit Ihren eigenen Bedürfnissen in Kontakt. Man könnte auch sagen, Sie fragen sich, was Sie »wirklich,wirklich wollen«. Genau diese Frage ist ein sehr ursprüngliches Element von New Work. Hier haben Sie die Chance, mithilfe unserer – oder Ihren eigenen – Journaling-Fragen das Gelesene zu reflektieren und mit Ihren Antworten erste Schritte für Ihre eigene Reise anzudenken.

Am Ende jeder Infobox nennen wir noch ein paar Bücher und Weblinks, die wir zu dem jeweiligen Thema spannend finden.

Auch wenn wir Ihnen in diesem Buch Protagonisten und Informationen aus dem New-Work-Kosmos vorstellen, so verfügen auch wir über keine Glaskugel, mit der wir vorhersehen können, wie die künftige Arbeitswelt aussehen wird. Wir können Sie lediglich animieren, sich mit dem Thema zu beschäftigen und Ihre eigenen Schlüsse daraus zu ziehen. Vielleicht sind Sie so motiviert, dass Sie Ihre eigene Heldenreise antreten und über die Schwelle vom Bekannten ins Unbekannte gehen werden? Dann denken Sie daran: Jeder wählt seine eigene Route. Und: Umwege erhöhen die Ortskenntnis!

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und viel Glück auf Ihrer persönlichen Reise zu New Work!

Ihre

Christiane Brandes-Visbeck und Susanne Thielecke

Und weil wir in diesem Vorwort schon einige Begriffe aus dem New-Work-Kosmos verwendet haben, die für Sie vielleicht neu und deshalb im Text markiert worden sind, folgen nun die Infoboxen zu:

VUKA (VUCA)

Sharing Economy

New Work

VUKA

Was ist VUKA, und wofür ist es gut?

Der Begriff »VUCA« oder deutsch »VUKA« hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt, um wesentliche Veränderungen der Arbeitswelt zusammenzufassen. Diese Veränderungen sind hauptsächlich auf die Digitalisierung zurückzuführen. Dabei geht es weniger um Technologie, Techniken oder Methoden, als vielmehr um veränderte Wirkungszusammenhänge, die Einfluss auf unsere Märkte, Geschäftsmodelle und damit Formen von Führung und Zusammenarbeit haben. Immer wieder wird (zu Recht) postuliert, dass Unternehmenslenker und Individuen umdenken müssen, um in der VUKA-Welt bestehen zu können. Ursprünglich wurde der Begriff in den 1990er-Jahren in der US-Armee geprägt. Er beschrieb die immer komplexeren Wirkungszusammenhänge durch technologische Fortschritte nach dem Kalten Krieg. Heute ist dieser Ursprung in den Hintergrund geraten, der Begriff wird fast ausschließlich im Zusammenhang mit Unternehmensführung verwendet.

So funktioniert VUKA

Wir erläutern hier die einzelnen Begriffsbestandteile und interpretieren sie hinsichtlich ihrer Bedeutung für New Work:

Volatilität/Unbeständigkeit (Volatility):

Volatilität bedeutet zunächst einmal hohe Schwankungsbreite. Das heißt, Veränderungen entstehen schneller und in stärkerer Ausprägung. Schnell steigende und fallende Aktienkurse werden beispielsweise als volatil bezeichnet. Im Internetzeitalter ist damit gemeint, dass etwa Wettbewerber wesentlich schneller entstehen und an Bedeutung für den Markt gewinnen. Ebenso schnell kann diese Veränderung sich wieder ins Gegenteil verkehren. Dabei sind Konkurrenten längst nicht mehr nur in bestehenden Märkten zu finden, sondern können aus völlig unerwarteten Branchen und von unerfahrenen Kräften erwachsen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Airbnb, ein Unternehmen, das seit einigen Jahren die Hotelbranche angreift und revolutioniert – gegründet von einem Arbeit suchenden jungen Produktdesigner, der in San Francisco für die Dauer einer Designmesse eine Unterkunft suchte. Heute ist das Unternehmen über 30 Milliarden US-Dollar wert.2 Das ist sicher ein extremes Beispiel, illustriert aber die Unberechenbarkeit, mit der sich Wettbewerber und entsprechend auch Kunden und Mitarbeiter im Markt bewegen und diesen sogar dominieren können. Dadurch steigt der Innovationsdruck auf alle Organisationen. Für New Work heißt das: Innovationskraft ist mehr denn je ein Erfolgsfaktor für Unternehmen. (Frei-)Räume für Kreativität, Einbindung aller kreativen Ressourcen und Entbürokratisierung sind Voraussetzungen, um Innovationskraft sicherzustellen.

Unsicherheit (Uncertainty):

Die Volatilität zieht eine große Unsicherheit nach sich. Die mangelnde Vorhersehbarkeit von Marktentwicklungen sowie die hohe Veränderungsgeschwindigkeit erschweren eine langfristige Planung. Strategien können nur noch erfolgreich sein, wenn sie Entscheidungen unter Ungewissheit beinhalten. Damit steigt die Anforderung, schnell, flexibel und effektiv auf Veränderungen reagieren zu können. Für New Work heißt das: Einmal erworbenes Wissen verliert schnell an Bedeutung, permanentes Lernen von Individuen und Organisationen wird zum Wettbewerbsvorteil, wenn nicht wirtschaftlich überlebenswichtig. Zu lernen und sich und sein Wissen zu hinterfragen sind nicht mehr »Kür«, wenn die Basisarbeit erledigt ist. Sie sind Basisarbeit in einer unsicheren Arbeitswelt.

Komplexität (Complexity):

Wirtschaftliche Zusammenhänge sind nicht mehr (nur) kompliziert, sondern zunehmend komplex. Komplexität bedeutet, dass sehr viele Variablen, die teilweise nicht bekannt sind, auf Prozesse einwirken. Gleichzeitig hat eine einzige Handlung zum Teil unvorhersehbare Wirkungen auf unzählige Variablen. Die in einer digitalen Welt entstandene Vernetzung und die Transparenz sämtlicher Handlungen sorgen also für eine unübersichtliche Anzahl an Einflussfaktoren, und das weltweit. Diese Komplexität kann bestehende Prozesse anfälliger machen. Einst stabile Regeln, die das Agieren in einem größeren Kontext zwar kompliziert, aber berechenbar machten, sorgen in komplexen Umfeldern für eine Trägheit, die sie wiederum instabil machen. Gerade Entscheidungen und Verantwortung sind in klassischen Großkonzernen oft so strukturiert, dass viele Genehmigungsprozesse notwendig sind, um eine Entscheidung herbeizuführen. Am Ende entscheiden dann nicht selten diejenigen, die die Arbeitssituation gar nicht beurteilen können. Und das viel zu spät.

Für New Work heißt das: Komplexität ist nicht durch komplexe Regeln, sondern durch die Dezentralisierung von Kontrolle beizukommen. Nur durch die Verlagerung von Entscheidungskompetenz und entsprechenden Kontrollmechanismen an die jeweils im Netzwerk zuständigen Stellen kann eine Organisation effektiv in komplexen Systemen agieren. Jurgen Appelo (Management 3.0) vergleicht dieses Prinzip sehr treffend mit dem menschlichen Körper: ein hochkomplexes, nach außen abgegrenztes, aber dezentral gesteuertes Werk. Der Körper sichert seine Widerstandsfähigkeit gerade durch miteinander verbundene, aber eigenständig agierende Systeme. Für Unternehmen heißt das: Permanenter Richtungswechsel muss zum Standard werden, Agilität zur Kompetenz.

Ambiguität/Mehrdeutigkeit (Ambiguity):

Ambiguität heißt Mehrdeutigkeit. Wer je im Internet kommuniziert hat, weiß, was damit gemeint ist. Die Interpretation von Daten und Informationen unterliegt individuellen Haltungen, Erfahrungen, aber auch Zielen und Motiven. Dabei hat ein Individuum diverse Rollen und Aufgaben, die Anzahl der Schnittstellen mit anderen Individuen ist groß. Damit sind Missverständnisse vorprogrammiert. Gleichzeitig lösen sich bisher bekannte Zusammenhänge von Ursache und Wirkung auf. Für New Work heißt das: Statt sicher geglaubter Standards führen nun individuelle Lösungen zum Erfolg. Geschäftsmodelle müssen daher schnell überprüft werden und veränderbar sein. Ihr Erfolg ist stets ungewiss. Investitionen in Geschäftsmodelle sollten deshalb zunächst gering sein und dürfen erst nach Überprüfung am Markt in signifikante Budgets umgewandelt werden. Zudem wird das Beziehungsmanagement zentraler Bestandteil aller wirtschaftlichen Prozesse. Mit wem interagiere ich? Wie interagiere ich? Was bewirkt es? Was heißt das für mein Produkt, meine Dienstleistung, meine Führungsaufgabe, meinen Prozess? Diese Fragen müssen unentwegt beantwortet und kritisch hinterfragt werden.

Reflexion und Motivation

Wir können hier sehen, dass das wirtschaftliche Agieren in einer VUKA-Welt neue Schwerpunkte der Unternehmensführung, aber auch der Mitarbeiterführung sowie der Selbststeuerung nach sich zieht. Viele sind in klassischen Arbeitsumfeldern wenig erprobt und wenn überhaupt eher zufällig Bestandteil von Arbeit. Das wird künftig nicht mehr reichen. Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität (VOPA-Prinzip nach Dr. Willms Buhse) sowie sinnzentrierte Steuerung von Unternehmen sind einige Antworten auf die VUKA-Welt und generelle Erfordernisse der künftigen Arbeitswelt.

Journaling-Fragen:

An welcher Stelle spüre ich die VUKA-Welt in meinem Arbeitsleben?

Was tue ich, um damit zurechtzukommen oder sie gar zu gestalten?

Was kann ich noch tun, um der vernetzten, unsicheren, komplexen und ambivalenten Arbeitswelt erfolgreich zu begegnen?

Wenn Sie mehr über VUKA erfahren möchten:

Buhse, Willms (2014): Management by Internet. Neue Führungsmodelle für Unternehmen in Zeiten der digitalen Transformation.

Appelo, Jurgen (2018): Managing for Happiness. Übungen, Werkzeuge und Praktiken, um jedes Team zu motivieren.

Sharing Economy

Was ist Sharing Economy und wofür ist sie gut?

Unter Sharing Economy versteht man Geschäftsmodelle, die darauf abzielen, dass Dinge unter Nutzern geteilt werden anstatt erworben. In vielen Fällen werden die Güter an mehrere Nutzer verliehen, es gilt das Prinzip »Access over Ownership«, also Zugang vor Besitz. Durch die Digitalisierung ist die Sharing Economy ein zentrales Geschäftsmodell geworden, denn elektronische Plattformen und soziale Netzwerke ermöglichen einen direkten Austausch zwischen Anbieter und Nutzer sowie eine einfache Vermarktung über Social Media. Beispiele für Sharing Economy sind Wohnungssharing à la Airbnb, Carsharing, Uber oder Kleiderkreisel.

So funktioniert die Sharing Economy

Es geht stets darum, materielle Güter und zunehmend auch Dienstleistungen und Wissen entweder gegen eine Gebühr oder kostenlos auszuleihen oder zu tauschen. Meist per Registrierung auf einem Portal. Vertrauen wird dadurch geschaffen, dass zumeist alle Transaktionen öffentlich bewertet und kommentiert werden können.

Reflexion und Motivation

Die Sharing Economy ermöglicht die Nutzung von Ressourcen, die bei einem einmaligen Erwerb durch eine Person ansonsten brachliegen würden. Damit hat die Sharing Economy nicht nur einen großen wirtschaftlichen, sondern auch gesellschaftlichen Einfluss. Denn dadurch, dass das Sparen und das geteilte Nutzen von Ressourcen ein gängiges Geschäftsmodell ist, verändern sich auch die Bedürfnisse der Kunden. Galt es noch in den 1990er-Jahren als chic, eine riesige Filmsammlung, ein großes Auto oder einen gut sortierten Werkzeugkeller zu haben, so dominiert heute das Bedürfnis nach uneingeschränkter, flexibler, zeitunabhängiger und bedarfsgerechter Nutzung. Es gibt allerdings auch Schattenseiten der Sharing Economy. Immer dann, wenn ein Betreiber einer Plattform Marktmacht erlangt, kann er Preise diktieren, Servicepersonal ausbeuten, lokale Gesetze umgehen oder sich in Grauzonen bewegen.

Im Moment ist eine Diskussion zu beobachten zwischen denen, die Sharing Economy positiv betrachten und die das Prinzip »Sharing is Caring«, also Nachhaltigkeit in Zeiten des limitierten ökonomischen Wachstums und begrenzter Ressourcen oder den Austausch- und Community-Gedanken, betonen. Kritiker befürchten eine Monetarisierung sämtlicher Produkte und Dienstleistungen oder gar Freundschaftsdienste zugunsten einiger weniger, eine Kapitalisierung von Gemeinschaft (Lob, um wieder gebucht zu werden) oder einen Rückgang von Privatsphäre. Einig sind sich alle, dass die Sharing Economy eine neue Wirtschaftsform darstellt, die sich weiterhin entwickeln wird. Für New Work spielt das eine große Rolle, da sie einen stark disruptiven Charakter hat. Das heißt, klassische, traditionelle Wirtschaftszweige können mit wenigen Mitteln vom Markt verdrängt werden oder in ein Nischendasein gezwungen werden. Das hat auch Auswirkungen auf Arbeit und Zusammenarbeit, denn einerseits müssen Unternehmen dem durch eine hohe Innovationsgeschwindigkeit begegnen und andererseits kann beruflicher Erfolg auch jenseits der Unternehmensflaggschiffe geschaffen werden. Mit einer guten Idee, Herzblut, minimalen technischen Kenntnissen und einem Gespür für den Markt können erfolgreiche Unternehmen gegründet werden.

Journaling-Fragen

Wie stehe ich zur Sharing Economy?

Gibt es Produkte oder Dienstleistungen, die ich besitze, die ich aber eigentlich nicht oder kaum benötige? Kann ich mir vorstellen, diese zu teilen?

»Sharing is Caring« gilt als Schlagwort in der Sharing Economy. Was teile ich mit anderen, um Ressourcen zu schonen?

Wenn Sie mehr über die Sharing Economy erfahren möchten

Rifkin, Jeremy (2016). Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft: Das Internet der Dinge, kollaboratives Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus.

Botsman, Rachel (2011): What’s Mine Is Yours. How Collaborative Consumption is Changing the Way We Live.

New Work

Was ist New Work und wofür ist es gut?

Der Begriff »New Work« heißt übersetzt »neue Arbeit«, woraus man schließen kann, dass eine »alte Arbeit« zu Ende geht. Und so war der Begriff auch einmal gedacht. Der Philosoph Frithjof Bergmann gilt als Urheber der ursprünglichen New-Work-Bewegung der 1970er-Jahre. Ausgelöst durch die Ölkrise, wurden zu dieser Zeit in großem Stil Mitarbeiter der Automobilindustrie entlassen, viele in Michigan, wo er als Philosophieprofessor an der Universität lehrte. Bergmann erlebte hautnah mit, in welche Krisen die Arbeitslosen gerieten, denn sie waren zumeist für andere Arbeitsverhältnisse nicht ausgebildet. Er suchte den Kontakt zu ihnen und erarbeitete sechs Monate lang mit ihnen eine Antwort auf die Frage, was sie jeweils »wirklich wirklich tun wollen«, wie er selbst in seinen Vorträgen erzählt. Aus den Antworten entwickelten sich zum Teil erfolgreiche, aber völlig neue Lebens- und Arbeitsmodelle. Sie alle einte, dass sie die Prinzipien Selbstverwirklichung, Unabhängigkeit und zu großen Anteilen Selbstversorgung unter Verwendung aktueller technologischer Möglichkeiten enthielten. Er beobachtete, dass dazu aber nur diejenigen in der Lage waren, die wussten, was sie »wirklich wirklich wollen«. Diejenigen, die darauf keine Antwort hatten, gerieten überwiegend in Armut und dauerhafte Arbeitslosigkeit. Aus dieser Erkenntnis entwickelte Bergmann sein New-Work-Konzept und gründete in den 1980er-Jahren das Zentrum für Neue Arbeit. Er propagiert ein Arbeitsbild, das nur zu etwa einem Drittel aus Erwerbsarbeit besteht. Denn aus seiner Sicht verhindert diese sowohl die Freiheit der eigenen Handlung (da man sich höchstens zwischen vorgegebenen Alternativen entscheiden kann) als auch die Beantwortung der Frage nach dem eigentlichen Wollen. Außerdem erkannte er schon damals, dass durch die fortschreitende Automatisierung die Erwerbsarbeit ohnehin zurückgehen würde. Nachbarschaftliche Vernetzung und bedarfsorientierte Entwicklung von Produkten und Leistungen statt Massenproduktion waren daher ebenfalls Bestandteil seines Konzeptes. Sein New-Work-Modell stellt eine Ablösung des bisher gekannten Kapitalismus dar.

Heute wird der Begriff etwas anders verwendet und zu großen Teilen der Digitalisierung und Globalisierung zugeschrieben. Der ursprüngliche, durch Frithjof Bergmann begründete Geist ist jedoch noch spürbar und durchdringt die New-Work-Idee nach wie vor. Die von Bergmann verlangte Unabhängigkeit, die Vernetzung und das bedarfsorientierte Entwickeln und Produzieren sind beispielsweise ebenso Faktoren wie die Frage nach dem »wirklich wirklich Wollen« – heute zumeist als Sinn oder Zweck der eigenen Arbeit bezeichnet. Man spricht bei New Work auch von »purpose-driven«, also sinnzentrierter Arbeit. Die Motive und Bedürfnisse zunehmend informierter und damit mündiger Mitarbeiter und Kunden werden immer wichtiger. Die Fähigkeit, sich darauf einzustellen, ist unter dem aktuellen New-Work-Konzept zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor geworden. Sie gilt sowohl als organisationale als auch Führungsfähigkeit, die es zu fördern gilt. Gleichzeitig gehört zu New Work eine gute Selbstwahrnehmung, Selbstvertrauen sowie eine strukturierte Selbstorganisation der Individuen. Da immer weniger festgelegt ist und Regeln und Rahmenbedingungen volatil sind, müssen Menschen in der Lage sein herauszufinden, welche Rahmenbedingungen zu ihnen passen. Welche Werte etwa ihren entsprechen, welche Organisationsform ihren Bedürfnissen entspricht und welchem höheren Sinn sie mit ihrer Arbeit nachgehen wollen. Standardisierte Prozesse der Industrialisierung sind ein Auslaufmodell. New Work ist demnach keine einfachere oder bequemere Arbeitswelt, sondern eine selbstbestimmtere und bewusstere.

So funktioniert New Work

New Work funktioniert eigentlich gar nicht, sondern bildet vielmehr einen philosophischen Rahmen, unter dem sich Haltungen, Methoden und Geschäftsmodelle vereinen. Viele davon werden in unserem Buch beleuchtet. Sie als Leserin und Leser entscheiden, welche Aspekte Sie inspirieren und ansprechen.

Ein Aspekt des modernen New-Work-Verständnisses ist das Eingehen auf die viel kritisierte Generation Y (die im Zeitraum von 1981 bis etwa 1995 Geborenen) deren »Y« ja auch mit »Why« übersetzt wird. Man sagt ihr nach, dass die Frage nach dem Warum im Mittelpunkt ihres Handelns steht. Mit einer Mischung aus Neid, Bewunderung und Ablehnung begegnen viele Vertreter älterer Generationen dem Hinterfragen des Sinns sowohl von Handlungen als auch von Organisationen. Auch, weil dies eine bedingungslose Loyalität quasi ausschließt – ein verbreiteter Wert der Generationen X (der zwischen etwa 1961 und 1980 Geborenen) und vor allem der Babyboomer (Geburtsjahrgänge zwischen 1945 und 1960), die mehrheitlich mit ganz anderen Glaubenssätzen aufgewachsen sind. New Work hingegen beinhaltet eine ideologie- und wertfreie Auseinandersetzung mit Bedürfnissen, Wünschen, Motiven und Werten sowohl der Arbeitenden als auch der Kunden. Wissensarbeit und kreative Prozesse gewinnen an Bedeutung, wodurch individuelle Lösungen über die Anpassung an Standards dominieren. Entscheidungen werden unter Berücksichtigung aller Hierarchieebenen getroffen und Prozesse werden zunehmend an die Bedürfnisse ihrer Teilnehmer angepasst anstatt andersherum, da nur so in kurzer Zeit innovative Arbeit geleistet werden kann.

Zum New Work-Begriff gehört heute auch das Prinzip Agilität (auf das in Kapitel 4 sowie in der entsprechenden Infobox noch ausführlicher eingegangen wird). Kurz zusammengefasst meint Agilität die Fähigkeit, sich flexibel und schnell (also wendig, was es wörtlich heißt) an Kundenbedürfnisse anzupassen. Aus der IT-Entwicklung kommend, ist Agilität inzwischen in allen Wirtschafts- und Produktionsbereichen angekommen. Für diese Wendigkeit ist es notwendig, statt in langen Planungsprozessen in kurzen, an veränderbaren Subzielen orientierten »Sprints« zu agieren. So kann man schnell auf sich verändernde Kundenbedürfnisse oder Arbeitsbedingungen reagieren und nicht erst am Planungsende, wenn unter Umständen umfangreiche Ressourcen verbrannt wurden. Mehrere Techniken und Methoden greifen dieses Prinzip auf, zum Beispiel Scrum, Kanban, Design Thinking, Business Model Canvas, Use Cases, Retrospektiven und andere mehr. Agilität umschließt aber nicht nur entsprechende Methoden, sondern auch eine dafür notwendige Firmenkultur, die zum Beispiel Fehlertoleranz, Hierarchieabbau und Experimentierfreude einschließt.

Auch die bereits von Bergmann geforderte Verwendung moderner Technologien ist Bestandteil von New Work. Vernetzung, schnelle Entscheidungsfindung und hierarchie- und unternehmensübergreifendes Arbeiten können nur gelingen, wenn digitale Techniken verwendet werden. Dazu zählen Kollaborationsanwendungen (siehe Infobox Collaboration in Kapitel 2) ebenso wie das Arbeiten in der Cloud, die Verwendung künstlicher Intelligenz, Machine Learning, das Internet of Things (IoT) oder Natural Language Processing. Diese Techniken werden im New-Work-Konzept dann verwendet, wenn sie einem effektiven und effizienten Prozess nutzen. Sie sollen helfen, die Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen, und sind kein Selbstzweck, der den Menschen ersetzen soll.

Ebenfalls Teil des New-Work-Konzeptes ist das Prinzip »Netzwerk schlägt Hierarchie«, dem im gleichnamigen Buch von Christiane Brandes-Visbeck, eine der Autorinnen dieses Buches, und Ines Gensinger, Head of Business & Consumer Communications bei Microsoft, nachgegangen wird. Die zuvor beschriebenen Prinzipien können in rein bürokratischen Strukturen nicht umgesetzt werden. Je nach Unternehmenszweck und Reifegrad kann das durch hierarchieübergreifende, agil gesteuerte Projekte, durch Ergänzung bestehender Hierarchien durch beispielsweise Schwarmorganisationen, wie Daimler sie eingeführt hat, oder durch eine konsequente Ablösung hierarchischer Topdown-Strukturen durch neue Organisationsmodelle vonstattengehen. Dazu zählen unter anderem selbstorganisierte Teams mit Beratungsstatt Leitungsfunktionen oder Holokratie, bei der Positionen durch rein aufgabenbezogene Rollen abgelöst werden. Zur Vernetzung gehören aber auch die Sichtbarkeit und die Nutzung von sozialen Netzwerken (siehe Infobox Personal Branding in Kapitel 5).

Auch die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort ist Bestandteil von New Work. Man kann diese Notwendigkeit als Kausalkette beschreiben. Eine Sinnzentrierung mit radikaler Kundenorientierung verlangt ermächtigte Mitarbeiter, die sowohl kreativ arbeiten als auch schnell Entscheidungen treffen können. Um das zu gewährleisten, müssen starre Arbeitsformen in weiten Teilen überwunden werden. Aktuelle Konzepte reichen von der Flexibilisierung der Arbeitszeit bis hin zur kompletten Abschaffung vertraglich vereinbarter Arbeitszeiten (wobei auf gesetzliche Vorgaben selbstverständlich zu achten ist). Ähnliches gilt für die Flexibilisierung des Arbeitsortes. Auflösung fester Büros, Homeoffice, Work-Life-Balance, Blended Working oder das Arbeiten in Coworking Spaces können Bestandteil der Arbeitsort-Flexibilisierung sein (alle hier gekennzeichneten Begriffe finden sich in Infoboxen in Kapitel 2). Diskussionen hierzu wurden in den vergangenen Jahren kontrovers und mit viel Elan geführt. Hier gilt es, eine Balance zwischen verschiedenen Interessengruppen sowie dem Gesetzgeber zu finden, dessen Grundlage noch vornehmlich auf Arbeitsprinzipien der Industrialisierung beruht.

New Work hat auch neue Geschäftsmodelle (siehe Infobox in Kapitel 7) hervorgebracht. Die radikale Kundenorientierung, gepaart mit der Ausrichtung, Überhangkosten – also Verschwendung – zu vermeiden, führt zu neuen Geschäftsmodellen. Dazu zählen die Plattformökonomie, Geschäftsmodelle, die auf Datenanalyse in Echtzeit aufbauen, die Sharing Economy, das Prinzip von Menschen als Markenbotschafter und Influencer und andere.

Reflexion und Motivation

Allen Elementen des heutigen Verständnisses von New Work ist gemein: Der Mensch ist nicht mehr Untertan, sondern übernimmt selbst Verantwortung. Durch die gestiegene Eigenverantwortung entgeht ihm allerdings auch Schutz. Das gilt sowohl für die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschäftsmodell als auch für die Übernahme und Abgrenzung von Verantwortung in einzelnen Entscheidungsprozessen. Für New Work gibt es keinen festen Rahmen. Anders als frühe Strukturen von Kirche, Armee und Behörden sowie neuere Strukturen rein leistungs- und outputbezogener Konzerne hat die New-Work-Bewegung bisher nur sie einende Elemente und (noch?) kein konturiertes Gesicht.

Übrigens: Frithjof Bergmann ist inzwischen 87 Jahre alt und nach wie vor ein äußerst kraftvoller und inspirierender Gesprächspartner im New-Work-Kontext. Seine Forderung: die Menschen zu stärken. »Die Gesellschaft der Zukunft wird eine Zukunft sein, in der (…)(wir) vom Kindergarten an Menschen stärken. Das ist es, was wir brauchen!« Das war sein Schlusswort auf der New-Work-Experience-Konferenz in Berlin im Jahr 2017. Wer es gehört hat, dem ist es sicherlich im Gedächtnis geblieben.

Journaling-Fragen

Welcher Aspekt von New Work berührt mich am meisten? Warum?

Was kann ich tun, um diesen in mein Arbeitsleben zu integrieren? Womit möchte ich anfangen?

Was ist es, was ich »wirklich wirklich will«? Was davon ist bereits Bestandteil meiner eigenen Arbiswelt? Was fehlt mit noch? Was wäre ein erster Schritt, um das zu verwirklichen?

Wenn Sie mehr über New Work erfahren möchten

Schermuly, Carsten C. (2016): New Work – Gute Arbeit gestalten. Psychologisches Empowerment von Mitarbeitern.

Laloux, Frederic (2016): Reinventing Organizations visuell. Ein illustrierter Leitfaden sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit.

Janssen, Bodo (2016): Die stille Revolution: Führen mit Sinn und Menschlichkeit.

Kapitel 1New Work

So wenig wir über die Zukunft wissen, eines steht jetzt schon fest: Unsere Arbeitswelt steht Kopf. Der Begriff, der die im Vorwort geschilderten Entwicklungen umfasst, ist New Work. Neues Arbeiten also. Das klingt zunächst seltsam, denn es suggeriert, dass es auch »altes Arbeiten« gibt, das nun durch etwas Neues, anderes abgelöst wird. So als führe man nun ein neues Auto, weil das alte es nicht mehr tut. Ganz so ist es natürlich nicht, es gibt kein Umschalten von alt auf neu, keine plötzliche Abschaffung von Verbrauchtem, das seine Gültigkeit verliert, damit das Neue Platz hat. Und dennoch: In dieser Zeit des Umbruchs gewinnen Haltungen, Strukturen, Werte und Methoden an Bedeutung, die für herkömmliche Geschäftsmodelle unwichtig oder sogar schädlich waren. In Zeiten des Umbruchs entpuppen sich Erfolgsgaranten aus der Zeit vor der Digitalisierung beziehungsweise des frühen Internets als Hemmschuhe.

Der Begriff »New Work« ist keine Erfindung aus dem Online-Ökosystem. Seinen Ursprung hat er in den 1970er-Jahren, geprägt vom Sozialphilosophen Frithjof Bergmann. Bergmann beschäftigte sich mit der philosophischen Frage nach der Freiheit des Menschen. Nichts scheint jedoch mehr Potenzial zu haben, Menschen abhängig zu machen, als Arbeit. Mit der Kultur für eine »Neue Arbeit« fand Bergmann schließlich eine praktische Verwirklichung seiner theoretischen Überlegungen, deren Thesen er mit der Überschrift »New Work – New Culture« im Internet veröffentlichte.3 Er beschreibt New Work als einen Aufstand, weil es die Transformation von der industriellen zur gemeinschaftlichen Produktion auf kleinerem Raum zur Folge hat. In neuen technologisch geprägten Arbeitsumgebungen werden Menschen »Neue Arbeit tun, die (sie) nicht auslaugt, sondern ihnen Vitalität und Kraft verleiht, sinnvolle Arbeit, die den Menschen die Überzeugung von einem wirklich gelebten Leben gibt: Arbeit, die die Menschen als ihre Berufung erfahren«. Bergman beschreibt diese neue Arbeit als sozial verträglich, umwelt- und ressourcenschonend, weil sie nicht mehr auf der Idee des Wirtschaftswachstums basiert, sondern auf der Idee von einer neuen Kultur. »Diese neue Kultur wird viel intelligenter sein (weit weniger verschwenderisch), viel menschlicher (mit wesentlich weniger Armut als heute) und auch fröhlicher (weil viel mehr Menschen eine Arbeit tun, die sie wirklich tun wollen – die im Idealfall sogar ihre Berufung ist).«4

Auch heute wird mit New Work eine veränderte Arbeitskultur beschrieben. Sie löst klassische Pyramidenhierarchien auf, wendet sich gegen feste Arbeitszeiten und -orte und konzentriert sich auf Menschen und ihr Wohlergehen während der Arbeit. Im Fokus stehen kundenzentrierte, digital geprägte Geschäftsmodelle, die digitale Hypervernetzung und eine virtuelle, globale Zusammenarbeit von selbst organisierten Teams mit werte- und sinnorientierter Führung. Der Begriff »New Work« im Sinne von Bergmann basiert auf der Utopie von einem Morgen, in dem Menschen, Tiere und Pflanzen es besser haben werden als heute. Diese Sichtweise scheinen auch Arbeitsphilosophen und Innovationsberater, Wirtschaftslenker und Entscheider zu bemühen, wenn sie die digitale Transformation als etwas Fortschrittliches im positiven Sinne anpreisen. Alle tun so, als gäbe es ein klares Zukunftsszenario, auf das wir uns mit bestimmten Strategien vorbereiten könnten – und dann wird alles gut.

In welcher Arbeitswelt möchte ich leben?

Entgegen dieser aufmunternd wirkenden Utopien und Suggestionen wissen wir natürlich nicht, welche Arbeitswelt uns tatsächlich erwarten wird. Selbst künstliche Intelligenzen können die Zukunft nicht zuverlässig berechnen. Aber es zeichnen sich Tendenzen ab, die die künftige Arbeitswelt möglicherweise bestimmen werden. Es wird vielen Menschen nach wie vor darum gehen, möglichst viel Geld zu verdienen und maximal erfolgreich zu sein. Aber es gibt auch andere, die wie Bergmann sagen: »Weniger ist mehr. Lasst uns das, was wir nachhaltig erwirtschaften, gerechter verteilen und mit Freude unser sinnvolles Tagewerk verrichten.« Beide Positionen haben einen starken Einfluss auf die Gestaltung von Arbeit, die Motivation der Beschäftigten und die angewendeten Erfolgsbarometer.

Für Teilnehmende in dieser Arbeitswelt bedeutet das, dass sich jeder Mensch selbst darüber Klarheit verschaffen muss, was er tun muss, um in seinem Sinne erfolgreich zu sein – ganz gleich ob als Angestellter, Freelancer, Chef oder Gründer. Alle sollten sich fragen: »In welcher Arbeitswelt möchte ich leben? Ist es die, in der ich aktuell tätig bin? Und wenn nicht, was kann und muss ich tun, damit es besser wird für mich?«

Im Rahmen dieser Überlegungen zeichnen sich folglich zwei organisationale Phänomene ab, die der einflussreiche Trendforscher Sven Gábor Jánszky u.a. auf seiner Website trendforscher.eu als »fluide Unternehmen« und »Caring Companies« bezeichnet. Die Grundannahme für diese Entwicklung ist, dass gut qualifizierte Arbeitskräfte aufgrund des demografischen Wandels überall gesucht werden. Dieser Arbeitnehmermarkt führt zu einer Machtverschiebung zu den Arbeitskräften, die sich aussuchen können, in welchem organisatorischen System sie leben wollen. Wollen sie als Angestellte möglichst lebenslang in einer Kultur arbeiten, die beständig ist, oder gleiten sie lieber als Projektarbeiter fluide von einem Projekt zum nächsten? Unternehmen mit einer fluiden Arbeitskultur beschäftigen nur noch wenige fest angestellte Mitarbeiter, die für die Stabilität des Systems sorgen. Die notwendige Produktivität wird von Freelancern und anderweitig unabhängig arbeitenden Arbeitskräften und Organisationen dann geleistet, wenn sie notwendig ist. Damit entfallen Leerzeiten und nicht genutzte Kapazitäten, die ein Unternehmen teuer zu stehen kommen können. Im fluiden System haben die festen Mitarbeiter das Ziel, die guten Kräfte auf dem freien Markt nachhaltig an sich zu binden, auch wenn sie gerade nicht gebucht werden können. Auch die Freelancer haben ein Interesse daran, von einer Firma mit einer aus ihrer Sicht angenehmen Firmenkultur immer wieder angefragt zu werden. Loyalität basiert im fluiden System demzufolge auf guter Leistung, die aus einem globalen Netzwerk von Freien abgerufen werden kann. Damit verschwimmen die Grenzen von Unternehmen, da ihre Unternehmung, die zu leistende Arbeit, nur durch die Vernetzung mit anderen Unternehmungen verrichtet werden kann. Wenn wir uns dann noch vor Augen führen, dass die zunehmende Digitalisierung mit den Möglichkeiten des Internet of Things zu einer globalen Hypervernetzung von allem mit allem führen wird, dann sind in Zukunft viele uns heute bekannten Grenzen infrage gestellt.

Unternehmen mit hohen »Caring«- oder Fürsorge-Anteilen dagegen werden sich bewusst für die Arbeit in einem fest umrissenen Kosmos entscheiden, um den dort arbeitenden Menschen eine möglichst hohe soziale Sicherheit zu bieten. Diese Unternehmen arbeiten – so wie früher das alles bestimmende Familienunternehmen in einer Region – weiterhin mit zahlreichen fest angestellten Mitarbeitern, die sie möglichst langfristig an sich binden wollen. Damit das gelingt, ziehen sie ganz bewusst das private Umfeld ihrer Mitarbeiter in ihre Firmenkultur mit ein. Sie schaffen ein familienfreundliches Umfeld, das zum Beispiel Kinder- und Elternbetreuung, eine gesunde Verpflegung, attraktive Sportangebote und Ähnliches bietet. Hier geht es darum, die Mitarbeiterfluktuation möglichst klein zu halten und das Unternehmen immer wieder neu für seine Mitarbeiter attraktiv zu gestalten.

Heute tragen die meisten größeren Unternehmen Anteile beider Unternehmensstrukturen in sich. Es gibt namhafte Global Player, die sich einerseits durch hohe »Caring«-Anteile positionieren und gleichzeitig aus unternehmenspolitischen Gründen »fluide« HR-Prozesse verwenden.

Sicherheit durch langfristige Arbeitsverhältnisse schwindet