Flexi - Vom kleinen Vampir zum Kuscheltier - Brigitte Wiers - E-Book

Flexi - Vom kleinen Vampir zum Kuscheltier E-Book

Brigitte Wiers

4,9

Beschreibung

Flexi, angeblich ein Pudelmischling, ist als Familienhund in einem Hochhaus aufgewachsen. Mit acht Jahren jedoch wurde er einen Tag vor Weihnachten in sehr schlechtem Pflegezustand einem Tierheim übergeben. Sein Fell war völlig verfilzt und musste gleich radikal geschoren werden. Doch schon bald fand er ein neues Heim bei Frauke, einer schon älteren Hundeliebhaberin. Hatte Flexi vorher nur schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht? Jedenfalls biss er oft unmittelbar zu, wenn ihm jemand zu nahe kam. Unter Fraukes liebevoller Pflege entwickelte sich Flexi jedoch allmählich vom kleinen Vampir zum Kuscheltier. Sein inzwischen nachgewachsenes weiches Fell reizt viele dazu, ihn zu streicheln, gleichzeitig aber neigt es trotz aller Pflege weiterhin zum Verfilzen. Daran erkannte die betreuende Tierärztin bald, dass Flexi kein Pudelmischling, sondern ein ungarischer Hirtenhund - ein echter „Puli“ ist - mit all seinen guten Eigenschaften, aber auch mit seiner charakteristischen Fellbeschaffenheit. Die Zeiten der gegenseitigen Annährung von Hund und Halterin werden von Flexi aus seiner Erinnerung heraus sehr lebendig beschrieben. Doch auch Frauke, seine neue Besitzerin, kommt mit ihrer Sicht der Dinge hier zu Wort.

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Seitenzahl: 115

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Das Buch

Flexi, angeblich ein Pudelmischling, ist als Familienhund in einem Hochhaus aufgewachsen. Mit acht Jahren jedoch wurde er einen Tag vor Weihnachten in sehr schlechtem Pflegezustand einem Tierheim übergeben. Sein Fell war völlig verfilzt und musste gleich radikal geschoren werden. Doch schon bald fand er ein neues Heim bei Frauke, einer schon älteren Hundeliebhaberin.

Hatte Flexi vorher nur schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht? Jedenfalls biss er oft unmittelbar zu, wenn ihm jemand zu nahe kam. Unter Fraukes liebevoller Pflege entwickelte sich Flexi jedoch allmählich vom kleinen Vampir zum Kuscheltier.

Sein inzwischen nachgewachsenes weiches Fell reizt viele dazu, ihn zu streicheln, gleichzeitig aber neigt es trotz aller Pflege weiterhin zum Verfilzen. Daran erkannte die betreuende Tierärztin bald, dass Flexi kein Pudelmischling, sondern ein ungarischer Hirtenhund - ein echter „Puli“ ist - mit all seinen guten Eigenschaften, aber auch mit seiner charakteristischen Fellpflege.

Die Zeiten der gegenseitigen Annährung von Hund und Halterin werden von Flexi aus seiner Erinnerung heraus sehr lebendig beschrieben. Doch auch Frauke, seine neue Besitzerin, kommt mit ihrer Sicht der Dinge hier zu Wort.

Die Autorin

Brigitte Wiers, geboren in Gelsenkirchen, lebt seit 1980 in Dorsten. 2007 erschien ihr Roman: „Wer wohnt schon in der Ziethenstraße - Eine Kindheit im Revier.“ Es folgten die Lyrikbände „Schrei, wenn du kannst“ und „In der Garderobe des Lebens“

Inhalt:

Wer bin ich eigentlich

Wie man einen Hund und eine Katze loswird

Ein neues Zuhause bei Frauke

Anpassung ist gefragt

Wie ich zu Flexi kam

Wie aus Rex mein Flexi wurde

Vom Vampir zum Kuscheltier

Frauke – meine Rudelführerin?

Was ich noch über Flexi sagen wollte

Mein Freund Birbo

Ich bin ein Puli

Ein Puli ist ein Puli ist ein Puli

Scheren oder nicht scheren?

Das Fell muss ab - was sonst?

Eine Begegnung der besonderen Art

Frauke und ich – was für ein Paar

Wer bin ich eigentlich

Ja, wer bin ich denn?

Also, ich weiß, dass ich Rex heiße! Oh, pardon, inzwischen heiße ich ja Flexi. Früher habe ich in einer etwa mittelgroßen Familie gelebt, und mit Achteinhalb-Jahren bin ich dann in ein Tierheim gekommen. Nein, nein, man hat mich nicht auf der Straße aufgelesen, sondern man hat mich dort abgegeben, einfach so! Macht das überhaupt einen Unterschied? Wahrscheinlich nicht.

Na ja, lange war ich sowieso nicht in dieser Not-Unterkunft für Katzen, Hunde, Meerschweinchen und anderes Getier. Nach sechs Wochen schon hat Frauke mich da herausgeholt. Und weil meine neue Herrin der Meinung ist, ein so kleiner Hund wie ich sollte nicht Rex heißen, hat sie mich zunächst in „Flex“ und letztendlich in „Flexi“ umbenannt.

Doch wie schon gesagt, früher gab es für mich unter dem Namen „Rex“ ein ganz anderes Leben. Nie aber wäre ich auf die Idee gekommen, etwas darüber zu berichten. Als ob es da viel zu kakeln gäbe! Es war doch nur ein ganz normales Hundeleben. Frauke aber meint, ich wäre schon was Besonderes, und für sie wäre alles wichtig, was mit meiner Vergangenheit zu tun hat. Deshalb solle ich ruhig einmal darüber reden, wie das mit mir so war. Dann könnte sie mich doch besser verstehen. Sie weiß ja nicht viel über meine Vergangenheit. Und irgendwann will sie gar ein Buch über mich schreiben. Sie denkt, was mir früher widerfahren ist, und was nun mit uns beiden so abläuft, würde wahrscheinlich andere Leute ebenfalls interessieren. Dabei kann ich mich ja gar nicht so gut ausdrücken, dass auch Fremde mich verstehen. Frauke aber will mir behilflich sein und alles, was ich ihr erzähle, sozusagen in Menschensprache umsetzen.

Na, dann will ich mal loslegen, mal sehen, woran ich mich noch erinnern kann.

Also, angefangen hat alles vor gut acht Jahren. Da bin ich im Herbst auf die Welt gekommen. Das hat Frauke aus dem Impfbuch ersehen, das nach meiner ersten Tollwut-Spritze erstellt worden ist. Komisch, was die Menschen oft für wichtig halten und dazu noch schriftlich niederlegen! Jedenfalls wurde dieser Nachweis später mit mir zusammen dem Tierheim übergeben.

Nun aber zurück zu meinen ersten Lebenswochen. Die durfte ich ja noch bei meiner lieben Hundemammi verbringen, die mich und meine Geschwister voller Hingabe gesäugt hat. Dann aber kam die Weihnachtszeit und mit ihm der sogenannte „Heilige Abend“, der ein tiefer Einschnitt in meinem frühen Leben werden sollte, denn da wurde ich als Hundebaby brutal von meiner Hundemammi weggeholt und in eine mir bis dahin unbekannte Familie verpflanzt.

Das Erste, was mir auffiel in diesem neuen Zuhause, das war ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum, den der Hausherr - wie er stolz erzählte - heimlich im Wäldchen am Tierheim geschlagen hat. Alles kam mir vor wie ein Traum, ein Traum aus der Traumwelt meiner Erinnerungen: Ich dachte, nun bin ich also ein Weihnachtsgeschenk für Pedro, den kleinen Sohn der Familie und damit wohl so etwas wie der Mittelpunkt der hier anwesenden Sippschaft, und alle werden mich liebhaben, und ich werde hier glücklich sein und darf hier nach Herzenslust überall herum schnüffeln und, und, und…

Ja, und dann wurde mir gleich klargemacht, dass ich mich nur arg vorsehen sollte, um ja nicht das Tannenbäumchen umzustoßen und bloß nichts von seinen Zweigen herunterzureißen. Als ich mich dann doch mal näher ran getraut hatte, um die glitzernden Kugeln zu beschnuppern, da fiel eines dieser Dinger runter und zerbrach in tausend Stücke. Da hättet ihr mal sehen sollen, was für ein Theater Rodrigo deswegen gemacht hat.

Ach so, ihr kennt Rodrigo ja noch gar nicht. Also, Rodrigo, das war der Boss der Familie, zu der ich von nun an gehörte. Wie ich später erfuhr, war Rodrigo einige Jahre zuvor mit seiner Frau Jolanda und seinem Söhnchen Pedro von Portugal nach Deutschland übergesiedelt, weil er hoffte, hier Arbeit zu finden. Und die fand er dann auch tatsächlich in diesem Ort mitten im Kohlenpott, und zwar in einer alten Kohlenzeche. Und da durfte er von nun an die Kohlen aus der Erde buddeln und damit Geld verdienen und seinen Ofen heizen und dabei vergessen, dass es in seiner alten Heimat auch ohne Öfen so viel wärmer war als hier.

Na ja, das neue Leben im Kohlenpott dürfte für ihn zunächst nicht leicht gewesen sein, aber er hat wohl tapfer versucht, sich so gut wie möglich anzupassen. Und als er sah, dass viele seiner Kollegen einen Hund im Haus hielten, dachte er, zu einer Familie in Deutschland gehöre wohl ein Hund. Sollte er nicht auch - vielleicht zu Weihnachten - ein kleines Hundchen für seinen Sohn Pedro anschaffen?

Da traf es sich gut, dass die Hündin seines besten Kumpels gerade sechs Junge bekommen hatte, und Rodrigo sich eines davon zum Freundschaftspreis aussuchen durfte. Und da hat er mich ausgewählt. Sollte ich darüber glücklich sein oder weinen? Ja, was soll ich dazu sagen? Ich wusste es nicht. Mich hat eh keiner danach gefragt, was ich möchte. Pedro aber, der kleine Knirps, dessen Eigentum ich nun war, hat sich gleich am ersten Tag bei jenem Streit mit seinem Vater um die zerbrochene Weihnachtskugel auf meine Seite gestellt. Als Rodrigo nämlich aus Zorn darüber nach mir treten wollte, hat der Junge mich vor den Schuhspitzen seines Vaters bewahrt: „Das ist mein Hund“ schrie er, „lass ihn in Frieden! Der Rex ist doch noch so klein.“

Und seitdem, tja, da waren die Fronten geklärt, und ich hatte den Namen „Rex“ weg. Rex – eigentlich ein Name für große Hunde, wie ich später hörte - aber vielleicht dachte die Familie, ich würde mit der Zeit in diesen etwas protzigen Namen noch hineinwachsen. Jedenfalls, dass der kleine Pedro mich so verteidigt hat, habe ich ihm nie vergessen. Er hat mich auch später noch oft vor den Fußtritten seines Vaters bewahrt, und schon deshalb liebte ich ihn heiß und innig und war immer an seiner Seite, um ihn zu beschützen. Und überhaupt, Kinder mag ich gern, und ich glaube, Kinder mögen mich auch. Wenn sie mich nur sehen, bekommen sie gleich strahlende Äugelken. Den Kleinen nehme ich nicht einmal übel, wenn sie mich ins Fell zwicken oder am Schwanz ziehen. Mit denen habe ich jedenfalls nie schlechte Erfahrungen gemacht. Dabei gab’s in diesem Haus, in dem ich nun wohnte, ’ne ganze Menge Kids. Es war nämlich ein richtiger Wolkenkratzer mit sieben Stockwerken und entsprechend vielen Kindern drin.

Die Wohnung, in der ich nun lebte, lag in der dritten Etage. Dahin musste man schon einige Treppen hoch steigen. Anfangs hat mich Pedro meist auf seinen Armen raufgetragen, weil meine Beine noch zu kurz waren für die hohen Stufen. Und vor dem Aufzug, der so schrecklich quiekte, hatte ich zunächst große Angst. Mir machte es auch später mehr Spaß, die Treppenstufen rauf und runter zu rennen, als im Aufzug zu fahren, zumal es oben in der engen Behausung nicht viel Bewegungsfreiheit gab. Selbst draußen konnte ich mich nie richtig austoben. Das ganze Viertel bestand ja praktisch nur aus Straßen. Kein Wäldchen, keine Wiese weit und breit, nur hier und da ein paar Bäume am Straßenrand, an denen ich mal mein Beinchen heben konnte. An Freilaufen war also nicht zu denken. Das wäre sowieso nichts für mich, hieß es. Dass ich nicht lache! Doch so gewöhnte ich mich notgedrungen daran, immer der Leine zu folgen, die mich stets auf graden Wegen die Bürgersteige entlang führte. Mich dagegen aufzulehnen, hatte ich schnell aufgegeben, denn die Leine war eh viel stärker als ich. Eigentlich war ja das Angeleint-Sein der einzige Garant dafür, dass ich überhaupt nach draußen kam, darum freute ich mich immer, wenn das Seil an meinem Halsband „klick“ machte. Wie schon gesagt, es war ein ganz normales Hundeleben, das mich hier erwartete.

Anfangs fiel es mir allerdings schwer, meine neuen Leute zu verstehen, denn sie waren so anders als die Menschen, bei denen ich zuvor mit meiner Hundemammi gelebt hatte. Sie sprachen auch teilweise eine völlig andere Sprache als die, die ich bisher kannte. So sagten sie zum Beispiel „assento”, wenn ich sitzen sollte, und „nein“ hieß bei ihnen „nao“, und „bei Fuß gehen“ hieß „a pe“.

Dieses „a pe“ aber gaben sie später ganz dran, weil ich in dem Straßengewirr des Viertel eh nie ohne Gurt laufen durfte, also notgedrungen immer „bei Fuß“ neben ihnen herlatschen musste. Nur einmal - während der nachfolgenden Weihnachtszeit - habe ich mich draußen mal frei bewegen können. Da hat Rodrigo nämlich mit seiner Familie Urlaub in seiner alten Heimat Portugal gemacht, und mich hat er tatsächlich mitgenommen. Ehrenwort, ich durfte wirklich mit! Und dort, im Dorf seiner Eltern, gab es keine gepflasterten Wege, da war rundherum nur freies Feld, und ich konnte mich endlich einmal nach Herzenslust richtig austoben.

Vielleicht hätte Frauke mir gar nicht geglaubt, dass ich wirklich in Portugal war, aber sie hat das aus einer weiterer Eintragung im Impfbuch herausgelesen, denn dort bin ich zum zweiten mal geimpft worden, diesmal jedoch von einem portugiesischen Arzt. Diese Notiz war allerdings der letzte Hinweis auf irgendwelche Behandlungen, die man mit mir angestellt hat. Mehr konnte Frauke aus diesem kleinen Heftchen also nicht über mich erfahren. Was sie ansonsten von meinem früheren Leben weiß, muss sie wohl aus meinem Verhalten, meinen Macken, meinen Fehlern ersehen. Inzwischen bin ich schon eine Art offenes Buch für sie. Trotzdem aber will sie, dass ich ihr mehr über mein früheres Leben berichte. Na schön, dann man weiter mit den Erinnerungen, obwohl das mit meinem Gedächtnis so eine Sache ist. Wer kann schon alles behalten, was ihm im Leben so passiert? Und will man manches nicht lieber vergessen, darüber schweigen? Dennoch, ich versuch’s einfach mal.

Also, zunächst verging für mich die Zeit wie im Flug. Anfangs kümmerte sich die ganze Familie wirklich sehr um mich. Meine schwarzen Locken, meine kleine Stupsnase, meine dunklen Kulleraugen fanden ja alle soo süß, wie sie immer betonten. Ja, ein niedlicher Pudelmischling sollte ich sein, und ich war’s zufrieden. Jeden Tag wurde ich mit Futter versorgt, auch wenn ich nicht alles vertragen habe. Außerdem hat man mich zumindest im Anfang regelmäßig gehätschelt, gebürstet und spazieren geführt. Selbst mit Muschi, der Katze - die bereits vor mir in der Familie lebte - kam ich ganz gut klar. Sie war braun-weiß gescheckt - ein ruhiges, weitgehend friedfertiges Tier, das immer im Haus blieb. Streunen konnte sie also nicht. Manchmal, wenn sie in der Nähe des Ofens lag, seufzte sie laut im Traum, und manchmal lächelte sie im Schlaf wie ein Schaf, das lächeln lernt. Ich erinnere mich noch, wie ich dort am ersten Tag aufgeregt auf die Katze zulief, die ernsthaft eine Türschwelle zierte. Das Tier jedoch senkte missbilligend den Kopf auf das gesträubte Fell und zuckte mit keiner Wimper, pardon: mit keinem Barthaar. Aber ich gab mich so schnell nicht geschlagen und versuchte mit unzähligen hohen und tiefen Lauten in Dur und Moll ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, bis das grüne Eis ihrer Augen in Sanftmut schmolz und sie zutraulich ihren Kopf am Türrahmen rieb als unmissverständlich freundliche Begrüßung. Von da an gab es Frieden zwischen uns. Ich hatte auch nichts dagegen, wenn sie hin und wieder mal an meinem Napf naschte, obwohl sie selbst mich oft recht böse anfauchte, wenn ich hin und wieder mal versehentlich mit meinen Pfoten in ihre Schüssel trat und ihre Milch dabei auskippte. Und überhaupt, Muschi durfte eigentlich in der Wohnung all das machen, was mir verwehrt wurde: auf den Tisch springen, in Pedros Bett schlafen oder sich in den großen Fernsehsessel kuscheln. Sie hatte eben ältere Rechte. Und wenn ich mal gegen sie anstinken wollte, hieß es gleich: „Zum Donnerwetter, lass ja die Katze in Ruhe“. Doch solange ich insgesamt nicht zu kurz kam, war mir das eigentlich egal.