Flucht aus der Würfelwelt - Karl Olsberg - E-Book

Flucht aus der Würfelwelt E-Book

Karl Olsberg

4,8

Beschreibung

Einsam und verlassen, mit leerem Inventar, stehe ich auf einem schmalen Sandstrand am Ufer eines Meeres. Links von mir erhebt sich das Gelände in grünen Treppenstufen. Bäume mit schwarzweißen Pixelstämmen wachsen dort, die Blätter in ordentlichen Würfeln angeordnet. Es kommt mir vor, als sähe ich die Würfelwelt zum ersten Mal. Dabei war ich schon einmal hier... Nachdem Marko mit seinem magischen Amulett die Würfelwelt neu erschaffen hat, scheint er wieder ganz am Anfang seiner Reise zu stehen. Ist er in einer Endlosschleife gefangen, oder wird seine Suche nach einem Ausgang aus der Würfelwelt diesmal ganz anders verlaufen? Währenddessen versteckt sich Amelie mit ihrer Mutter vor ihrem Vater, der aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Sie spürt, dass Marko ihre Hilfe braucht. Trotz Verbots macht sie sich auf die Suche nach ihm. Bei dem Versuch, ihn aus der Nervenklinik des dubiosen Dr. Johannsen zu befreien, gerät sie selbst in große Gefahr. Doch nur mit ihrer Unterstützung kann Marko den schrecklichen Feind besiegen, der ihm den Weg zurück in die Wirklichkeit versperrt ... Der abschließende Band der Würfelwelt-Trilogie ist mehr als nur eine Abenteuergeschichte in der Welt eines Computerspiels. Im Mittelpunkt der spannenden Handlung steht eines der größten Rätsel der Philosophie: Was ist Wirklichkeit? "Meine beiden Söhne lesen aus eigenem Antrieb so gut wie nie. Die von mir vorgegebene Lesezeiten werden zwar eingehalten, aber keine Minute länger... Bei den Würfelwelt-Romanen war es allerdings anders - sie lasen auch früh morgens vor der Schule, zwischendurch und abends vor'm Einschlafen." - dies ist nur eine von über 250 begeisterten Leserrezensionen der ersten beiden Bände "Würfelwelt" und "Zurück in die Würfelwelt", die beide Platz 2 auf der Amazon-Bestsellerliste erreichten.

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Karl Olsberg

Flucht aus der

Würfelwelt

EinComputerspiel-Roman

Copyright2014Karl Olsberg

Publishedbybriends GmbH, Bahngärten 7,

22041 Hamburg, Germany

www.facebook.com/Wuerfelwelt

www.karl-olsberg.de

Gronkhund Sarazar sindeingetragene Markender Playmassive GmbH, Köln.

Für Leopold,

ohne den dieseGeschichte

anders ausgegangen wäre.

Meine Träume sind wirklicher als der Mond,

als die Dünen, als alles, was um mich ist.

Antoine de Saint-Exupéry

1.

Einsam und verlassen, mit leerem Inventar, stehe ich auf einem schmalen Sandstrand am Ufer eines Meeres. Links von mir erhebt sich das Gelände in grünen Treppenstufen. Bäume mit schwarzweißen Pixelstämmen wachsen dort, die Blätter in ordentlichen Würfeln angeordnet. Es kommt mir vor, als sähe ich die Würfelwelt zum ersten Mal. Dabei war ich schon einmal hier! Genau genommen schon oft. Dies ist exakt die Stelle, an der ich mich wiederfand, als ich in der Würfelwelt aufgewacht bin, ohne zu wissen, wer ich bin und wie ich hierher kam.

Wie kann das sein? Ich habe diese Welt doch eben erst erschaffen, mit dem magischen AmulettAuryn, das nun unerreichbar auf dem Grund des Würfelmeers liegt! Andererseits sind mir schon so viele seltsame Sachen passiert, dass mich diese Merkwürdigkeit kaum noch wundert. Immerhin befinde ich mich auf einer abenteuerlichen Reise in meinem eigenen Kopf. Da ist alles möglich.

Mir bleibt nichts anderes übrig, als diese Version derWürfelweltzu erkunden und zu hoffen, dass ich irgendwo einen Ausgang finde.

Als ich den Hügel hinaufhüpfe, entdecke ein weißes Kastenschaf, genau wie damals. Am Rand einer Wüste gackert ein Huhn, das ein Ei gelegt hat. Ich lasse das Ei in mein Inventar ploppen und überquere die Sandfläche. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass vor mir schon jemand hier war. Nachdem ich den Ausläufer eines steilen Gebirges umgehe, erreiche ich eine hügelige Landschaft. Das Gelände sieht immer noch genauso aus wie bei meiner ersten Erkundung, doch die Hütte, in die ich damals vor den Zombies und Skeletten flüchtete, existiert nicht.

Die Sonne steht bereits ziemlich niedrig. Zeit, einen Unterschlupf zu bauen, um die Gefahren der Nacht zu überstehen. Rasch schlage ich ein paar Holzwürfel aus einem Baumstamm und mache mir darauseine Werkbanksowie eine Holzaxt, mit der ich mehr Holz fälle. Als die primitive Hütte fertig ist, steht bereits der Mond am Himmel.

In meiner Behausung ist es stockdunkel. Zum Glück habe ich diesmal nicht das Gedächtnis verloren, so dass ich nicht lange herumprobieren muss, sondern zielstrebig eine Holzspitzhacke crafte, ein paar Blöcke nach unten buddele, bis ich auf Felsboden treffe, acht Steinblöcke abbaue und daraus einen Ofen herstelle. Ich habe noch genug Holz, um etwas Holzkohle zu produzieren, die für vier Fackeln reicht. Nun habe ich Licht und kann mich auf die Suche nach weiteren Bodenschätzen machen.

Am Ende einer arbeitsreichen Nacht besitze ich ausreichend Kohle und Eisen, um mir ein Schwert, einen Eimer und eine Schere zu craften. Außerdem stelle ich Türen und Fenster her und bedecke den Boden mit Holzwürfeln, damit es etwas gemütlicher aussieht. Eine Truhe nebender Werkbankvervollständigt die Einrichtung.

Ich sehe mich um. Ja, das ist genau die Hütte, in der ich damals Unterschlupf gefunden habe. Ich war schon einmal hier, obwohl ich das Haus eben erst gebaut habe. Das ist wirklich schräg!

Der einzige Unterschied sind die drei Schilder, die damals an der Wand angebracht waren. Ich weiß noch genau, was darauf stand:Du brauchst eine Spitzhacke und ein Schwert. Baue ein Bett und schlafe darin!Und schließlich:Der Ausgang liegtin der Unterwelt. Rette Amelie. M.

Als ich sie zum ersten Mal sah, hatte ich keine Ahnung, was diese Hinweise bedeuten sollten. Heute weiß ich, dass sie stimmten. Doch was nützt mir das jetzt?.

Rette Amelie.Ich habe immerhin erreicht, dass ihr Stiefvater in Untersuchungshaft sitzt. Hoffentlich lassen sie ihn nie wieder aus dem Gefängnis, nach allem, was er ihr und mir angetan hat. Wenn ich bloß wüsste, dass es ihr gut geht! Nach dem Ferienende ist sie nicht wieder zur Schule gekommen. Die Vorstellung, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte, erfüllt mich mit Angst und Wut. Ich muss unbedingt aus dieser Fantasiewelt entkommen und rausfinden, wo sie ist!

Soll ich die drei Schilder anfertigen und damit die Hütte genau so aussehen lassen wie damals? Das kommt mir ziemlich absurd vor. Ich kann doch nicht in einer Zeitschleife stecken wie in diesem Murmeltier-Film, oder? Was, wenn ich tatsächlich alles noch einmal von vorn durchleben muss? Wenn ich sterbe und beim nächsten Mal ohne Gedächtnis am Ufer des Würfelmeers spawne? Dann würde ich ohne die Hinweise vielleicht für immer ziellos in dieser Welt herumirren.

Sicher ist sicher. Also crafte ich drei Schilder, beschrifte sie und bringe sie an der Wand an. Nun ist die Hütte genauso, wie ich sie damals vorgefunden habe. Nein, nicht ganz, fällt mir ein. Die Truhe ist noch leer. Damals fand ich darin etwas Brot, ein paar Getreidesamen und einen Holzwürfel. Um Brot zu backen müsste ich erst mal Getreide anbauen. Das dauert mir zu lange. Also verzichte ich auf dieses letzte Detail der Übereinstimmung und mache mich auf den Weg.

Mein nächstes Ziel ist klar: die unterirdische Höhle, in der ich Gronkh traf. Als ich ihm begegnete, hatte ich vergessen, dass er Deutschlands erfolgreichster Let’s Player ist, eine richtige Berühmtheit. Natürlich habe ich nicht den echten Gronkh getroffen, sondern nur eine Fantasieversion von ihm, die ich mir in meinem Kopf zurechtgebastelt habe, nachdem ich etliche seiner Videos gesehen hatte. Was er wohl dazu sagen würde, wenn er davon wüsste?

Zuerst brauche ich Proviant, also gehe ich auf die Jagd. Es dauert nicht lange, bis ich ein paar Schweine finde, die ich mit wenigen Schwerthieben erledige. Ich erinnere mich, dass ich beim letzten Mal Skrupel hatte, die Tiere zu töten. Doch diesmal weiß ich, dass es keine echten Lebewesen sind, sondern nur Computersimulationen ohne Gefühle.

Nachdem ich zur Hütte zurückgekehrt bin und das Fleisch gebraten habe, mache ich mich auf den Weg.

2.

Regen prasselt gegen das große Fenster im Wohnzimmer der Ferienwohnung. Amelie sitzt auf der Fensterbank und beobachtet die dicken Tropfen, die in kurvigen Bahnen daran herabrinnen.

„Wie lange müssen wir noch hierbleiben?“, fragt sie zum tausendsten Mal.

„Das weißt du doch genau!“, antwortet ihre Mutter genervt, die auf der Couch ein Buch liest. „Solange dieser Mistkerl auf freiem Fuß ist, müssen wir uns verstecken. Wenn er uns findet, bringt er uns beide um!“

„Falls ich nicht vorher an Langeweile gestorben bin!“, mault Amelie. Doch in Wirklichkeit ist ihr nicht langweilig. Sie hat Angst. Sie fürchtet sich vor dem Mann, der ihr Leben und das ihrer Mutter zerstört hat. Der aus dem Gefängnis ausgebrochen ist und nun irgendwo da draußen herumläuft, auf der Suche nach ihnen, um sich zu rächen. Noch mehr Angst aber hat sie um den Jungen, der sich so mutig für sie eingesetzt hat, und der dafür von ihrem Stiefvater beinahe umgebracht worden wäre.

Marko. Amelie schließt die Augen und versucht, sich an die zarte Berührung ihrer Lippen zu erinnern, als sie sich geküsst haben. Für einen kurzen Moment war sie wirklich glücklich – zum ersten Mal seit vielen Jahren. So gerne wäre sie bei ihm geblieben. Doch sie musste sich um ihre Mutter kümmern, die durch die Taten ihres zweiten Mannes einen schweren Schock erlitten hatte.

Gemeinsam fuhren sie zu Amelies Großeltern nach Hindingen. Dort chattete sie täglich stundenlang mit Marko, während ihre Mutter sich langsam erholte. Amelie freute sich unheimlich auf das Ende der Ferien. Doch dann kam alles ganz anders.

Am Tag der geplanten Rückreise packte Amelie gut gelaunt ihre wenigen Kleidungsstücke in den Koffer. Sie konnte es kaum erwarten, dass ihre Großeltern sie zum Bahnhof fuhren, doch der Zug ging erst in zwei Stunden. Von ihrer Freundin Julia, die auf einem Nachbarhof wohnte, hatte sie sich schon gestern verabschiedet. Sie schickte eine Kurznachricht an Marko:Bin beim Packen. Kann es kaum erwarten, wieder zuhause zu sein. Freue mich auf die Schule.

Es dauerte weniger als eine Minute, bis die Antwort kam:Du freust dich auf die Schule? Waren die Ferien denn so schrecklich?

Amelie zögerte. War Marko wirklich so dumm, dass er nicht verstand, was sie mit ihrer Nachricht hatte sagen wollen – dass sie sich darauf freute, ihn wiederzusehen? Oder wollte er es nicht verstehen? Vielleicht freute er sich gar nicht auf sie? Vielleicht war der Kuss nach dem Aufwachen aus dem Koma nur seiner Erleichterung zu verdanken gewesen, oder noch schlimmer, seiner Verwirrung?

Sie atmete tief durch, dann schrieb sie:Zuhause ist es eben doch am schönsten.

Nachdem sie die Nachricht abgeschickt hatte, kamen ihr Zweifel. Irgendwie klang das ziemlich spießig, wie einer dieser alten Sinnsprüche, die in Holzscheiben gebrannt in der Küche ihrer Großeltern hingen.

Ja, finde ich auch, kam die Nachricht zurück.

Was sollte das jetzt wieder bedeuten? Freute er sich darauf, dass sie wieder nach Hause kam, oder war er einfach nur froh, nicht mehr im Krankenhaus zu sein?

Sie wünschte sich, sie hätte mehr Erfahrung mit Jungs, so wie die anderen Mädchen in ihrer Klasse. Doch Marko war der Erste, der überhaupt von ihr Notiz genommen hatte. Und das, obwohl sie ihm die kalte Schulter gezeigt hatte, aus Angst, er könne die Wahrheit über sie erfahren. Aber er war hartnäckig geblieben, und irgendwann war der Damm gebrochen und sie hatte sich ihm geöffnet. Es war schrecklich und wunderbar zugleich gewesen – schrecklich, weil er nun wusste, welche schlimmen Dinge ihr Stiefvater ihr angetan hatte, und wunderbar, weil sie die Last nicht mehr allein tragen musste. Doch dann hatte Marko den Mistkerl in seiner Arztpraxis zur Rede gestellt und hatte dafür beinahe mit dem Leben bezahlt. Was immer auch geschah, sie würde Marko bis ans Ende ihres Lebens dafür dankbar sein, was er getan hatte.

Muss jetzt los zum Bahnhof, schrieb sie, obwohl es noch reichlich Zeit war. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass es besser war, alles Weitere von Angesicht zu Angesicht mit ihm zu besprechen. Sie würde ihn einfach fragen, ob er wirklich mit ihr zusammen sein wollte. Und wenn ja, dann würde er sie in den Arm nehmen und …

Das Signal ihres Handys riss sie aus ihrer Fantasie. Eine Antwort von ihm war eingetroffen:Freue mich auf dich! Gute Fahrt!

Sie lächelte breit.

Gerade, als sie eine Antwort tippen wollte, klingelte das Handy ihrer Mutter.

„Hochleitner?“ Obwohl sie offiziell immer noch mit dem Mistkerl verheiratet war, meldete sich Mama nur noch mit ihrem Mädchennamen.

„Was? Wann?“ Amelies Mutter wurde blass. „Aber … wie ist das möglich? … Bei meinen Eltern. Wir wollten gerade zurück nach Hause … Aber könnten Sie nicht jemanden zu unserem Schutz … Ja, natürlich, das verstehe ich. Ja, ist gut. … Moment, ich notiere mir das.“

Ihre Mutter ging zu dem schmalen Sekretär, der im Gästezimmer ihrer Großeltern als Schreibtisch diente, und schrieb etwas auf einen Zettel.

„Danke, Herr Hauptkommissar. Bitte halten Sie uns auf dem Laufenden … Ja, natürlich, ich melde mich auf jeden Fall, sobald ich etwas Ungewöhnliches bemerke. Auf Wiederhören!“

Sie legte auf und setzte sich auf das Bett, das Gesicht weiß wie eine Wand.

„Was … was ist denn los, Mami?“, fragte Amelie.

„Das war die Kriminalpolizei, ein Hauptkommissar Keller. Stefan … das miese Schwein ist gestern Nacht aus dem Untersuchungsgefängnis ausgebrochen. Er ist vielleicht schon auf dem Weg hierher. Wir müssen sofort von hier verschwinden!“

Amelie fühlte sich, als täte sich der Boden unter ihr auf und sie stürze in ein tiefes Loch.

„Ausgebrochen? Wie denn?“

„Das ist doch jetzt egal! Er hat geschworen, sich an Marko und uns zu rächen. Die Polizei hat nicht genug Leute, um uns alle zu beschützen. Sie kümmern sich jetzt erst mal um den Jungen. Der Kommissar meinte, wir sollten am besten für eine Weile untertauchen und niemandem sagen, wo wir sind, bis sie ihn wieder gefasst haben.“

„Aber … ich muss doch in die Schule …“ Tränen traten in Amelies Augen.

„Die Schule ist jetzt nicht so wichtig! Komm, wir müssen uns beeilen!“

Freunde ihrer Großeltern besaßen eine Ferienwohnung in der Nähe, die momentan nicht vermietet war. Sie beschlossen, dort zu bleiben, bis er gefasst worden war.

Amelie holte ihr Handy heraus, um Marko eine Nachricht zu schreiben, doch ihre Mutter riss es ihr aus der Hand.

„Nein!“

„Aber ich muss ihm doch …“

„Der Kommissar hat gesagt, dass wir niemandem mitteilen dürfen, wo wir sind.“ Sie entfernte den Akku aus dem Handy und steckte es in ihre Handtasche.

„Das kannst du nicht machen, Mama! Ich muss Marko doch wenigstens schreiben, dass wir noch ein paar Tage länger in den Ferien bleiben!“

Ihre Mutter schüttelte den Kopf. Sie wirkte ängstlich und verwirrt. „Nein! Keine Handys mehr! Man kann diese Dinger orten, und dann weiß er, wo wir sind!“

„Aber Mama …“

„Schluss jetzt! Wir müssen weg sein, bevor er hier ist!“

Seitdem sitzt Amelie nun in der blöden Ferienwohnung fest. Jeden Tag fährt ihre Mutter in den Nachbarort und ruft von dort mit einem altmodischen Münztelefon Hauptkommissar Keller auf seinem Handy an. Jedes Mal, wenn sie in die Ferienwohnung zurückkehrt, blickt Amelie sie hoffnungsvoll an, doch sie schüttelt immer bloß den Kopf. Dr. Stefan Schiller, der Mann, der geschworen hat, sie beide umzubringen, ist immer noch auf freiem Fuß. Wenigstens geht es Marko den Angaben des Kommissars zufolge gut.

Amelie verfolgt die Bahn eines Regentropfens mit dem Finger.

„Wir können uns doch nicht ewig verstecken!“, sagt sie.

„Die Polizei wird ihn schon kriegen!“, erwidert ihre Mutter. Doch es klingt nicht sehr überzeugend.

3.

Der Hügel, auf dem ich meine Hütte errichtet habe, liegt am Rand einer weiten Ebene. Ich durchquere sie und erreiche den Wald auf der anderen Seite. Wo genau hab ich beim letzten Mal meine Hütte gebaut? Der exakte Standort ist wichtig, denn genau darunter lag der unterirdische Fluss, in den ich gestürzt bin und der zur Höhle mit Gronkhs Behausung führte. Doch der Wald ist groß, und meine Erinnerungen sind undeutlich. Die Sonne steht bereits niedrig, und ich will die Nacht lieber nicht im Freien verbringen. Also schlage ich rasch noch ein paar Holzwürfel und baue eine primitive Hütte, wobei ich darauf achte, wie beim letzten Mal einen steilen Hang als Rückwand zu nutzen.

Sobald ich ein Dach über dem Kopf habe, grabe ich in die Tiefe. Natürlich nicht einfach senkrecht nach unten wie beim ersten Mal, sondern in einer spiralförmigen Treppe. Nachdem ich auf eine Eisenerzader gestoßen bin und auch einige Kohleblöcke gefunden habe, crafte ich mir einen Stapel Fackeln und einen Brustpanzer – für eine Vollrüstung reicht das Eisen noch nicht. Dann grabe ich weiter.

Bald ist klar, dass ich die Hütte nicht an der richtigen Stelle gebaut habe. Aufs Geratewohl grabe ich einen Stollen, der parallel zum Waldrand verläuft. Nach kurzer Zeit höre ich vertraute Geräusche: dieUnnghsvon Zombies und das Knochenklackern von Skeletten. Ich ändere die Richtung des Gangs, so dass die Geräusche lauter werden, bis ich schließlich eine Höhle finde. Aber ist es die Richtige?

Bevor ich die Gelegenheit habe, das herauszufinden, trifft mich ein Pfeil. Autsch! Rasch bringe ich an der Wand eine Fackel an. Ihr flackerndes Licht beleuchtet eine schmale Höhle, in deren Mitte sich ein Fluss schlängelt. Der Boden liegt zwei Blöcke unterhalb meines Ganges. Zwei Skelette und ein Zombie sind zu sehen. Kein ernsthaftes Problem für einen erfahrenenComputerspieler. Beherzt springe ich in die Höhle und stürze mich auf das erste Skelett, wobei ich mich im Zickzack bewege, um den Pfeilen auszuweichen. Kurze Zeit später sind von den drei Monstern nur noch ein paar faulige Fleischfetzen, Knochen und Pfeile übrig.

Ich folge dem Flusslauf, wobei ich alle paar Schritte eine Fackel an der Wand anbringe. Hin und wieder treffe ich auf ein einzelnes Monster, mit dem ich jedoch mühelos fertig werde. Sobald ich Eisen in der Höhlenwand schimmern sehe, baue ich die Blöcke ab.

Nach einer Weile öffnet sich der tunnelartige Flusslauf in eine weite Höhle. Ich erkenne ihre Form wieder: Dies ist der Ort, an dem ich Gronkh traf. Doch von seiner unterirdischen Behausung ist nichts zu sehen. Enttäuscht lasse ich meinen Frust an ein paar unschuldigen Skeletten undKriechern aus.

Nachdem ich die ganze Höhle mit Fackeln erleuchtet habe, ist mir klar, dass nicht nur Gronkhs Behausung fehlt. Auch von dem versunkenen Tempel mit dem riesigen Steingesicht im Inneren ist keine Spur zu finden. Ich kann nicht denselben Weg wie beim ersten Mal gehen, um aus der Würfelwelt zu fliehen. DasAurynhat mir zwar ermöglicht, die Welt, durch die ich irrte, neu zu erschaffen, aber die Kopie ist offensichtlich nicht exakt.

Was nun? Ich könnte hier eine Hütte bauen und hoffen, dass Gronkh vielleicht irgendwann vorbei kommt. Wäre es nicht ironisch, wenn sich herausstellte, dass nicht er seine unterirdische Behausung gebaut hat, sondern ich? Aber das würde nicht funktionieren. In dieser Welt gibt es keinen Gronkh. Wenn ich keinen anderen Ausweg finde, werde ich für immer einsam herumirren, ohne einen Freund, mit dem ich sprechen kann.

Eine tiefe Traurigkeit überkommt mich. Diesmal wird mir niemand helfen, weder Gronkh noch Concrafter, weder Platon noch der Tod. Dr. Johannsen hatte recht: Es war ein Fehler, die Tür zur Würfelwelt zu öffnen. Indem ich vor der Realität geflohen bin, habe ich alles nur noch schlimmer gemacht. Wenn ich doch wenigstens Platons Warnung beachtet und die Macht desAurynsnicht genutzt hätte!

„Amelie!“, rufe ich in meiner Verzweiflung. „Amelie! Kannst du mich hören?“

Doch zur Antwort höre ich nur den Nachhall meiner eigenen Stimme, die von den Höhlenwänden zurückgeworfen wird.

4.

Amelie schreckt aus dem Schlaf. War da eine Stimme?

„Marko?“, fragt sie in die Dunkelheit.

„Hmmwas?“

„Entschuldige, Mama. Ich habe schlecht geträumt.“

Während sie noch versucht, sich an den Traum zu erinnern, lösen sich die Erinnerungen daran auf wie Nebel im Sonnenlicht. Sie versucht, wieder einzuschlafen, doch es will ihr nicht gelingen. Das Gefühl, dass Marko in Gefahr ist und ihre Hilfe braucht, lässt ihr Herz heftig schlagen. Sich nur zu verstecken hält sie nicht länger aus. Sie muss zu ihm! Aber ihre Mutter wird das niemals erlauben.

Nach einer oder zwei ruhelosen Stunden fasst sie einen Plan. Lautlos klettert sie aus dem Bett und zieht sich an. Sie fühlt sich schlecht, als sie hundert Euro aus der Handtasche ihrer Mutter nimmt, aber ohne Geld kann sie nicht fortgehen. Im Badezimmer schreibt sie einen Zettel:Bin bei Marko. Er braucht mich. Mach dir keine Sorgen, ich passe auf mich auf. Das Geld zahle ich von meinem Taschengeld zurück. Verzeih mir! Amelie.

Es gelingt ihr, die Tür der Ferienwohnung lautlos zu öffnen und hinter sich zu schließen. Draußen ist es noch dunkel. An einer Bushaltestelle setzt sich auf die Bank. Der nächste Bus in Richtung Bahnhof fährt erst in einer halben Stunde. Jede Minute rechnet sie damit, ihre Mutter und Großeltern mit vor Wut geröteten Gesichtern heraneilen zu sehen. Doch nichts dergleichen geschieht.

Als sich die Bustür hinter ihr schließt, atmet Amelie erleichtert auf. Im selben Moment überkommen sie starke Zweifel. Ist es wirklich klug, sich Marko zu nähern? Ist es nicht genau das, worauf ihr mörderischer Stiefvater wartet? Was, wenn sie in eine Falle tappt? Doch für solche Überlegungen ist es nun zu spät. Es gibt kein Zurück mehr.

Der kleine Bahnhof des Ferienorts hat keinen Fahrkartenschalter. Sie kauft am Automaten eine Fahrkarte bis zum Umsteigebahnhof. Dort löst sie im Servicecenter ein Zugticket nach Hause. Niemand stellt ihr Fragen. Eine Viertelstunde später sitzt sie in einem Großraumwagen, der größtenteils von einer lärmenden Schulklasse belegt ist. Hier fällt sie nicht weiter auf. Während der Fahrt starrt sie aus dem Fenster und versucht, sich einen Plan zurechtzulegen. Aber viel fällt ihr nicht ein, außer dass sie so schnell wie möglich mit Marko sprechen will. Wenn sie doch bloß ihr Handy hätte, um ihm mitzuteilen, dass sie kommt! In der Handtasche ihrer Mutter war es nicht, und in der Eile heute Morgen hatte sie keine Zeit, danach zu suchen.

Endlich erreicht der Zug sein Ziel. Amelie nimmt sich ein Taxi und nennt dem Fahrer Markos Adresse. Ihr Herz pocht heftig, als sie schließlich vor seiner Haustür steht. Ihre Mutter hatte gesagt, dass die Polizei jemanden zu Markos Schutz abgestellt hat, doch sie kann keine Beamten entdecken. Vielleicht parken sie irgendwo unauffällig in der Nähe.

Sie fasst sich ein Herz und drückt auf das Klingelschild mit dem NamenLeyenbrink.

„Ja bitte?“ Es ist die Stimme von Markos Mutter.

„Hallo Frau Leyenbrink, hier ist Amelie. Ich möchte zu Marko.“

„Amelie! Es tut mir leid, aber Marko … ist nicht da.“

„Darf ich trotzdem reinkommen?“

„Ja, natürlich.“

Der Türsummer erklingt. Amelie hastet die Treppe hinauf. Frau Leyenbrink steht an der geöffneten Wohnungstür. Sie lächelt und umarmt Amelie.

„Schön, dass du kommst! Wo bist du gewesen? Marko hat sich Sorgen um dich gemacht.“

Er hat sich Sorgen gemacht! Ein warmes Gefühl erfüllt sie.

„Die Polizei hat gesagt, es ist besser, wenn wir uns eine Weile versteckt halten und niemandem sagen, wo wir sind.“

Markos Mutter macht ein überraschtes Gesicht. „Die Polizei? Warum denn das?“

„Mein Stiefvater hat geschworen, sich an meiner Mutter und mir zu rächen.“

„Das kann ich mir denken. Aber er sitzt ja zum Glück im Gefängnis.“

„Aber … er ist doch ausgebrochen!“

„Ausgebrochen? Wie kommst du denn darauf?“

„Die Polizei hat meine Mutter angerufen. Ein Hauptkommissar Keller, glaub ich. Er hat gesagt, dass mein Stiefvater aus der Untersuchungshaft geflohen ist. Er meinte, sie stellen jemanden zum Schutz von Marko ab, haben aber nicht genug Leute, um auch uns zu beschützen. Deshalb haben wir uns versteckt.“

Markos Mutter runzelt die Stirn.

„Seltsam. Davon weiß ich gar nichts. Am besten, wir rufen mal bei der Polizei an.“

Es stellt sich schnell heraus, dass Amelies Stiefvater immer noch in Untersuchungshaft sitzt. Kein Ausbruch. Keine Gefahr. Kein Grund, sich zu verstecken. Aber warum hat ihre Mutter sie angelogen?

Vielleicht wollte sie einfach nicht wieder in ihre Wohnung zurück. Die Jahre mit ihrem zweiten Mann waren für sie beide die Hölle. Möglicherweise hat sie es nicht über sich gebracht, in dieses Leben zurückzukehren, selbst wenn er nicht mehr da ist. Zu viel hätte sie an ihn erinnert. Sie hat sich nicht getraut, die Wahrheit zuzugeben, also hat sie den Ausbruch erfunden. Amelie sollte jetzt wütend auf ihre Mutter sein, doch sie empfindet nur Mitleid.

„Sollen wir deine Mutter anrufen?“, fragt Frau Leyenbrink.

Amelie schüttelt den Kopf, halb aus Trotz, halb, um ihrer Mutter die Peinlichkeit zu ersparen. „Nein, das ist nicht nötig. Das ist sicher nur ein Missverständnis. Ich spreche später mit ihr. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gern hier warten, bis Marko aus der Schule kommt.“

Die Stirn seiner Mutter legt sich in Sorgenfalten. „Marko ist nicht in der Schule.“

Amelie bekommt den nächsten Schreck. „Was? Wo ist er dann?“

„In einer Spezialklinik. Er … sein Gehirn wurde bei dem Koma möglicherweise … beschädigt. Sein Arzt Dr. Johannsen sagt, es gibt eine gute Chance, dass er wieder völlig gesund wird, aber er muss noch eine Zeitlang dort bleiben.“

„Kann ich ihn sehen?“

„Dr. Johannsen hält es für besser, wenn er ein paar Tage allein ist. Er hat es mir so erklärt, dass Markos Gehirn erst wieder lernen muss, sich in seinem Körper zurechtzufinden. Dazu braucht es eine möglichst reizarme Umgebung, wie er es genannt hat. Keine Störungen, keine Aufregung, kein Besuch. Er hat versprochen, mir mitzuteilen, sobald ich Marko besuchen kann.“

Die Enttäuschung fühlt sich an wie ein Schlag in die Magengrube.

„Aber ich muss ihn sehen!“, sagt Amelie, obwohl sie weiß, dass es lächerlich klingt.

„Ich verstehe dich ja. Er war auch sehr enttäuscht, dass du nicht in der Schule warst. Aber glaub mir, es ist besser, wenn er noch eine Weile die Chance hat, zu sich selbst zu finden.“

„Was meinen Sie damit? Was ist denn nur mit ihm los? Als wir miteinander chatteten, hatte ich das Gefühl, es geht ihm gut.“

Frau Leyenbrink zögert einen Moment, bevor sie antwortet.

„Ich weiß, dass er dir vertraut, Amelie. Deshalb vertraue ich dir auch und sage dir etwas, das niemand sonst wissen darf: Marko leidet unter Halluzinationen. Er … er sieht Dinge, die nicht da sind. Figuren aus seinem Lieblingscomputerspiel.“

Amelie hat schon vondem Spielgehört. Fast alle an ihrer Schule spielen es. Sie selbst hat sich allerdings nie viel aus Computerspielen gemacht.

„Er sieht Wesen aus einem Spiel?“

„Ja, so hat er es mir erklärt. Komm mit, ich zeig dir etwas.“

Sie führt Amelie in Markos Zimmer. Auf einem Schreibtisch steht ein Laptop, daneben türmen sich DVDs und Spieleverpackungen. Frau Leyenbrink deutet auf ein Poster an der Wandmiteinem merkwürdigen grünen Kastenwesendarauf.

„Vor ein paar Tagen kam er ganz aufgeregt zu mir und hat mir gesagt, dass das Wesen dort plötzlich verschwunden war“, erklärt Markos Mutter.

„Verschwunden?“

„Für ihn sah es so aus, als sei das Plakat leer, bis auf den grünen Hintergrund, das Logo des Spiels und diesen Spruch. Er hat mich gebeten, mitzukommen und es mir anzusehen. Als wir dann hier in seinem Zimmer standen, war alles wieder normal.“

„Kann er sich nicht einfach getäuscht haben? Vielleicht hatte er einen Alptraum oder so.“

„Ja, das hab ich auch gedacht. Aber dann hat er mir von weiteren Halluzinationen erzählt. Es gab Vorfälle in der Schule. Er hat zwei Jungs verprügelt, weil er dachte, sie seien Monster. Da wusste ich, dass es stimmt.“

„Das was stimmt?“

„Was Dr. Johannsen mir gesagt hat. Er ist Psychiater. Er hat Marko im Krankenhaus besucht, und dann war er hier und hat mit ihm gesprochen. Anschließend hat er mir mitgeteilt, dass Marko höchstwahrscheinlich unter Halluzinationen leidet. Ich wollte es erst nicht glauben, aber schließlich musste ich einsehen, dass er recht hat.“

Amelie hat ein merkwürdiges Gefühl im Bauch. Irgendetwas stimmt hier nicht. Sie starrt auf das Poster, als könne derKriecherihr verraten, was los ist. Dann fasst sie einen Entschluss.

„In welcher Klinik ist Marko?“

„In der Edgar-Johannsen-Privatklinik für Neuropsychiatrie. Warum möchtest du das wissen?“

„Ich möchte gern mit diesem Dr. Johannsen sprechen.“

„Das verstehe ich, aber ich fürchte, es wird nichts nützen. Glaub mir, es fällt auch mir nicht leicht, einfach nur hier zu sitzen und zu warten, bis es ihm besser geht. In den ersten Tagen hab ich es nicht ausgehalten und bin zu meiner Schwester gefahren. Ich telefoniere jeden Tag mit Dr. Johannsen. Er ist ein guter Arzt, da bin ich sicher, auch wenn er einen etwas merkwürdigen Eindruck macht. Er sagt, dass es Marko jeden Tag ein bisschen geht. Bald werden wir ihn besuchen können.“

Auch Ärzte können lügen, denkt Amelie, doch sie spricht es nicht aus. Stattdessen sagt sie: „Ich gehe dann jetzt nach Hause und telefoniere mit meiner Mutter. Vielen Dank, Frau Leyenbrink.“

„Gern geschehen. Grüß bitte deine Mutter von mir.“

„Das mache ich.“

5.

Aus purem Frust fange ich an zu graben. Nach kurzer Zeit stoße ich aufGrundstein. Probehalber dresche ich ein paar Mal mit meiner Eisenspitzhacke darauf ein, doch wie erwartet hat das keinen Effekt. Die Welt, in der ich mich befinde, scheint den normalenRegelndes Computerspielszu gehorchen. Ob ich wohl auch die berühmte Schlusssequenz zu sehen bekomme, wenn ich denDrachen besiege?

Die Erkenntnis trifft mich wie ein Blitz. Natürlich, das ist es!

Als ich das erste Mal durch die Würfelwelt irrte, wusste ich zu Anfang nicht, wer ich bin. All die merkwürdigen Dinge und Wesen, denen ich begegnet bin, waren dazu da, mir bei meiner Erinnerung zu helfen. Zum Schluss hat mir derDrachegeholfen, indem er meinen Geist quasi in meinen Körper zurückgeflogen hat, und ich konnte aufwachen. Diesmal ist es anders: Ich bin freiwillig in die Würfelwelt geflüchtet. Ich habe auf der Suche nach einem unmöglichen Ding dasAuryngefunden und konnte damit in den Creative Mode wechseln, der mich quasi allmächtig gemacht hat. Das Ergebnis war diese Welt – eine exakte Kopie meiner ursprünglichen Traumwelt. Aber diesmal weiß ich, wer ich bin und wieso ich hier bin, und ich kenne die Spielregeln. Also verhält sich diese Version der Würfelwelt auch so: Alles ist wie im echtenComputerspiel. Das bedeutet, ich muss das Spiel bis zu Ende spielen und denDrachen besiegen. Dann erscheint ein Portal, mit dem ich in die Wirklichkeit zurückkehren kann. Das ist doch vollkommen klar! Oder?

Vielleicht ist es doch nicht so klar. Vielleicht ist meine Theorie absoluter Unfug. Aber es ist einen Versuch wert und allemal besser, als bloß frustriert herumzuirren. Allerdings ist es keine Kleinigkeit, denDrachen zu bekämpfen. Ich habe es erst einmal versucht und bin grandios gescheitert. Damals war es nur ein Computerspiel. Diesmal hängt mein Leben davon ab, dass ich gewinne.

Die Schlacht mit demDrachen erfordert eine Menge Vorbereitung. Ich benötigeSchattenperlen und Lohenpulver, um darausSchattenaugen zu machen, mit denen ich ein Endportal lokalisieren und aktivieren kann. Das wiederum heißt, ich muss mich an der Oberfläche mitSchattenmännernherumprügeln undin der Unterweltmit Lohen. Dann erst folgt der Kampf mit dem Endboss. Zuallererst brauche ich also die bestmögliche Ausrüstung.

Ich beschließe, die Hütte, die ich am Vortag gebaut habe, als Operationsbasis zu nutzen. Zuerst schere ich ein paar Schafe und crafte ein Bett. Bis zum Sonnenuntergang lege ich mir einen Vorrat von gebratenem Schweinefleisch und Holz an. Die Nacht über schlafe ich im Bett und wache am nächsten Morgen erfrischt auf. Sollte ich unterwegs von einemKriecherüberrascht werden oder in Lava stürzen, werde ich hier spawnen.

Nun kommt der anstrengende Teil meiner Operation. Ich buddele Gänge, sammele Kohle und Eisenerz, das ich im Ofen schmelze, bis ich genug Eisenbarren für mehrere Vollrüstungen habe. Als nächstes suche ich nach Diamanten. Es dauert eine ganze Weile, bis ich mir daraus ein Schwert und eine Vollrüstung craften kann. Nebenbei finde ich noch allerhand andere nützliche Rohstoffe: Feuersteine für Pfeilspitzen und ein Feuerzeug, Gold und Redstone für einen Kompass und eine Uhr, Smaragde für den Handel mit Dorfbewohnern, falls ich welchen begegnen sollte, Spinnenseide für Pfeil und Bogen und eine Angel.

Immer wieder muss ich mich mit Zombies,Kriecher