Food Body Peace - Katharina Miedzinska-Baran - E-Book

Food Body Peace E-Book

Katharina Miedzinska-Baran

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Beschreibung

Zweifel bei der Essenswahl, Abnehmfrust und eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper sorgen oftmals dafür, dass Essen ein belastendes Thema ist. Food Body Peace weist einen Ausweg aus diesem Zustand und verhilft zu mehr Balance und Gelassenheit - auf dem Teller und im Kopf. Biologin und Diätologin Katharina Miedzinska-Baran verbindet wichtiges Ernährungswissen mit einem achtsamen Blick auf den Körper, zeigt, wie du dein Ernährungsmindset neu ausrichten und einen ausgewogenen Ernährungsalltag nach deinen Bedürfnissen leben kannst. Evidenzbasiert, mit Erfahrungsberichten aus der diätologischen Praxis und alltagstauglichen Empfehlungen, ist dieses Buch eine Einladung, aus der Vergleichs- und Diätspirale auszubrechen und sich wieder mehr für den eigenen Körper und die eigene Ernährung zu begeistern.

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Seitenzahl: 436

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Einführung

TEIL I

1 Betrachte und behandle deinen Körper wie ein Wunder

2 Die Intentionen hinter deiner Ernährung

3 Dankbarkeit verändert alles, auch dein Ernährungsmindset

4 Priorisiere deine Gesundheit, nicht dein Aussehen

5 Die Bedeutung deines persönlichen Wertesystems

6 Lenke deine Vergleiche in angemessene Bahnen

7 Werde selbstbewusst

8 Die Magie kleiner Schritte

9 Gehe nicht leichtfertig mit deinem Selbstvertrauen um

10 Lass deine Routinen für dich arbeiten

11 Denke in Fülle, nicht in Mangel

TEIL II

12 Ernähre dich nicht gesund, sondern ausgewogen

13 Orientiere dich an Hunger und Sättigung, nicht an Kalorien

14 Pflanzliche Lebensmittel als Basis einer ausgewogenen Ernährung

15 Kohlenhydrate und Zucker – dasselbe und doch so verschieden

16 Fett ist nicht gleich Fett

17 Protein: wichtig, aber nicht wichtiger als andere Nährstoffe

18 Ein ausgewogener Teller

19 Foodtrends: Vorsicht ist besser als Nachsicht

20 Fokussiere dich auf das Wesentliche, anstatt dich in Details zu verlieren

Literatur

Anmerkungen

Abbildungsnachweis

Über die Autorin

Einführung

Obwohl Essen nicht nur lebensnotwendig, sondern auch ein wichtiges Genussmittel ist, ist es für viele Menschen auch mit unangenehmen Gefühlen, Stress und Frust behaftet – etwa weil man abnehmen möchte, jedoch kurz nach einer Laune trübenden Diät ebenso viel oder mehr wiegt als zuvor; oder weil man weiß, dass man der Gesundheit zuliebe etwas an der Ernährung ändern sollte, gleichzeitig jedoch nicht ausreichend motiviert ist, um langfristige Änderungen umzusetzen und in der Folge laufend vom schlechten Gewissen geplagt wird; oder aber, weil man sich einfach nicht mehr auskennt im »Ernährungsdschungel« und unsicher ist, was man wann und wie essen soll oder darf. Immerhin leben wir in einer Zeit, in der laufend neue fragwürdige Diäten aus dem Boden sprießen, während ein Foodtrend den nächsten jagt.

Superfoods1, Slow Food2 oder Soft Health3, Intervallfasten4 oder Dinner Cancelling5, Local Exotics6 oder Plant based7 – der Gesundheits-, Lifestyle- und Lebensmittelsektor ist in ständiger Bewegung. Es vergeht praktisch kaum eine Woche, ohne dass nicht eine neue Empfehlung die Runde macht, die suggeriert, was und wie man unbedingt essen muss, um gesund, schlank und voller Energie zu sein und dabei mit jeder Mahlzeit auch den Planeten zu retten. Und wären die zahlreichen verwirrenden Empfehlungen rund um »gesunde« Ernährung nicht genug, leben wir zudem, was Essen und Lebensmittel betrifft, auch noch in einer allgemeinen Zeit des Widerspruchs. Einerseits besteht ein großes Überangebot an Nahrung, andererseits steigen die Preise für zahlreiche Lebensmittel, wodurch eine ausgewogene Ernährung für viele zunehmend weniger leistbar zu sein scheint.

Ich finde diese unterschiedlichen Facetten unserer Ernährung seit jeher interessant – und erschreckend. Immerhin ist Essen etwas, was alle Menschen auf der Welt verbindet und für jeden einzelnen lebensnotwendig ist. Wie kann es dann sein, dass es dem einen so viel Freude bereitet und dem anderen so viel Leid? Wieso nutzen manche Essen als Trostmittel oder zur Überbrückung von Langeweile, während andere zugunsten ihrer Figur auf ganze Nährstoffgruppen wie Kohlenhydrate verzichten und damit ernsthafte Beschwerden in Kauf nehmen? Und seit wann und vor allem wieso machen Kinder im Grundschulalter eine Diät?

Als Diätologin darf ich Menschen mit unterschiedlichen Ernährungsproblemen und Erkrankungen begleiten. Zu Beginn einer Beratung wird stets eine genaue Anamnese durchgeführt. Dabei werden unter anderem die Ernährungsgewohnheiten detailliert erfragt. Ich habe Menschen betreut, die praktisch jede Mahlzeit des Tages hastig und zwischendurch zu sich nahmen, weil sie keine Zeit zum Essen hatten. Andere, die trotz Übergewicht, Verdauungsproblemen, Tagesmüdigkeit oder anderer Beschwerden täglich vor allem zucker- und fettreiche Fertigprodukte konsumierten, ohne zu hinterfragen, wie sich eine solche Ernährung langfristig auf den Körper auswirkt. Oder aber Klienten8 und Patienten, die sich aus Angst vor dem Zunehmen durch den Tag hungerten, vor einem wichtigen Anlass mittels Crash-Diät9 noch schnell ein paar Kilo abnehmen wollten oder denen es trotz unzähliger selbst auferlegter Verbote beim Essen nie gelungen ist, ihr Normalgewicht zu erreichen.

Auch begegne ich immer wieder Menschen, die annehmen, dass sie durch Chiasamen zum Frühstück, gelegentliche Detox-Tage oder einen Protein-Vitamin-Shake zu Mittag eine ansonsten weniger ausgewogene Ernährung mit unregelmäßigen Mahlzeiten, ständigem Snacken oder reichlich Fast Food kompensieren können.

Die Hoffnung, dass bestimmte Diäten, Foodtrends oder Superfoods ein geeigneter Weg sind, um sich um den Körper zu kümmern, abzunehmen oder ein anderes Ziel zu erreichen, ist nicht selten auf Quellen wie soziale Medien zurückzuführen, in denen jemand auf die jeweilige Methode schwört. Oder aber sie basiert auf der Annahme, dass eine konsequente Umstellung auf eine ausgewogene Ernährungsweise zu langwierig und schwierig ist, was die Diät oder den Foodtrend als eine sich lohnende Abkürzung erscheinen lässt.

Infolge von Gesprächen und Beobachtungen ist mir im Laufe der Zeit zunehmend mehr bewusst geworden, dass solche individuellen wie auch gesellschaftlichen Ernährungsprobleme nicht nur auf fehlendes oder widersprüchliches Ernährungswissen zurückzuführen sind, sondern besonders auch darauf, dass viele Menschen die Verbindung zu ihrem Körper und ihrer Ernährung verloren haben und mit verkehrten Intentionen essen. Anstatt zu essen, um den Körper zu nähren und ihn beim Erhalt all seiner Funktionen zu unterstützen, steuern ganz andere Motive und Intentionen das Essverhalten und die Lebensmittelwahl.

Vor allem wenn nicht das Wohlbefinden und die Gesundheit, sondern gesellschaftliche Schönheitsnormen bestimmend für das Essverhalten sind, wird die Ernährung oftmals Diäten unterworfen oder streng kontrolliert, was dieser letztlich die Lockerheit nimmt. Anstelle einer Ernährung, die den Körper auch tatsächlich nährt und Freude bereitet, tritt eine Ernährung, die ausschließlich darauf ausgerichtet ist, möglichst »gesund« oder kalorienarm zu sein, abzunehmen und eine gute Figur sicherzustellen. Diese gute Figur wird wiederum zu einem essenziellen Pfeiler des eigenen Selbstwerts und der eigenen Meinung über sich selbst, was über kurz oder lang dazu führt, dass man sich in Zeiten, in denen die Waage mehr als gewünscht anzeigt, weniger mag als in solchen, in denen man mit der eigenen Figur zufrieden ist.

Viele Klienten und Patienten, die seit langer Zeit – oftmals trotz gesunden Gewichts – mit ihrem Körper unzufrieden sind, waren oder sind der festen Überzeugung, dass es unmöglich ist, täglich ausgewogen, gut und entspannt zu essen und sich gleichzeitig im eigenen Körper wohlzufühlen. Es scheint nur das eine oder das andere zu geben: Entweder man isst gut, nimmt dafür jedoch mit der Zeit zu und ist mit dem eigenen Körper unzufrieden, oder man isst übertrieben gesund und kontrolliert und ist dafür so schlank, wie man es sich wünscht. Dass sich das gewünschte Gewicht, das sogenannte persönliche Idealgewicht, hierbei vor allem an Körperbildern orientiert, die in Zeiten von Size Zero oder stark definierten Körperkonturen zu einem normalen Standard geworden sind, anstatt am eigenen Normalgewicht – und damit jenem Gewicht, mit dem es dem Körper gut geht und das seine Funktionen nachhaltig erhält –, wird oftmals außer Acht gelassen.

Auch bei vielen übergewichtigen Klienten und Patienten entspringt der Abnehmwunsch nicht selten dem Bedürfnis, den Körper an gesellschaftlich anerkannte Ideale anzugleichen. Die zahlreichen gesundheitlichen Vorteile, die eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht auf lange Zeit mit sich bringt und die der eigentliche Motor einer Änderung der Ernährungsweise sein sollten, treten gleichzeitig in den Hintergrund.

Ebenso gehen die Balance in der Ernährung und die Entspannung in der Beziehung zum Essen oftmals verloren, weil der eigentliche Sinn und der Zweck der Ernährung zugunsten deren Instrumentalisierung aus dem Blickfeld geraten – etwa wenn Essen regelmäßig und vorrangig genutzt wird, um außerordentliche Geschmackserlebnisse und Glücksgefühle hervorzurufen, Langeweile, Traurigkeit und andere Gefühle zu kompensieren oder Situationen erträglicher zu machen und in der Folge auf Diäten oder andere vermeintliche Wundermittel zurückgegriffen wird, um die Ernährungsweise und ihre Folgen auszugleichen.

Es ist mir ein Anliegen, aufzuzeigen, dass man sich mit derartigen Denkweisen schadet und sich einiges an Lebensqualität und Leichtigkeit im Alltag raubt. Und es ist mir wichtig, vor Augen zu führen, dass es auch anderes geht; dass es möglich ist, ausgewogen und entsprechend den eigenen Bedürfnissen zu essen, sich dabei nichts zu verbieten, Spaß am Essen zu haben und gleichzeitig mit sich selbst zufrieden und in Frieden zu sein; dass es möglich ist, ohne Diäten oder einschränkende Verbote bei Übergewicht abzunehmen und durch eine ausgewogene, erfüllende Ernährungsweise das eigene Normalgewicht zu erreichen und zu halten; und dass es möglich ist, Essen vor allem als das zu betrachten, was es ist: Nahrung und damit Treibstoff für den Körper – kein Allheilmittel gegen Traurigkeit, Langeweile oder Stress.

All das ist möglich, wenn man das eigene Ernährungsmindset – und damit das, was man über Lebensmittel, deren Wirkungsweise auf den Körper und das, was man über den eigenen Körper denkt – umlenkt. Wenn man eine Denkweise zulässt, die ausgewogene Ernährung als Schlüssel für das Lösen unterschiedlicher Ernährungsanliegen wie auch als eine der wichtigsten Säulen für ein langes und gesundes Leben anerkennt und bei der das, was man über Lebensmittel und die Ernährung denkt, der Gesundheit, dem Wohlbefinden wie auch dem Ziel, im Alltag endlich entspannt zu essen, tatsächlich dient.

In diesem Buch teile ich mit dir Gedanken und Ernährungsempfehlungen, denen ich als Diätologin selbst täglich folge, um ausgewogen zu essen, ohne mich gleichzeitig in meiner Lebensmittelwahl einzuschränken. Ebenso wie wertvolle Impulse und Maßnahmen, auf die ich in meiner Arbeit zurückgreife, um meinen Klienten und Patienten dabei zu helfen, ein entspanntes Verhältnis zu ihrer Ernährung wiederzuerlangen, der Diätkultur ein für alle Mal den Rücken zu kehren, unterschiedlichste Ernährungsprobleme zu lösen und bei Übergewicht auf ausgewogene Weise nachhaltig abzunehmen.

Dieses Buch kann dir helfen, wenn du

eines oder mehrere Ernährungsprobleme, zum Beispiel einen zu hohen Zucker- oder Fettkonsum, unregelmäßiges Essen, ständiges Snacken oder Heißhungerattacken, entspannt und langfristig lösen möchtest,

aufgrund deines Gewichts mit deinem Körper im Kampf anstatt in Frieden bist,

auf ausgewogene Weise zu deinem Normalgewicht finden möchtest, • in der Diät-Spirale gefangen bist,

in der Vergleichsfalle festhängst,

vergessen hast, wie es ist, mit sich selbst zufrieden zu sein und ein entspanntes Verhältnis zum Essen zu haben,

die Bedürfnisse deines Körpers aus den Augen verloren hast und mit verkehrten Intentionen isst,

vom Essen gestresst bist,

aufgrund all der widersprüchlichen Informationen zum Thema Ernährung nicht mehr weißt, was du essen sollst oder wenn du

einfach wieder mehr Freude und Leichtigkeit in deine Ernährung und damit auch in dein Leben bringen möchtest.

Eine wichtige Voraussetzung für ein entspanntes Essverhalten sind entspannte und gute Gefühle, sowohl sich selbst als auch dem Essen gegenüber. Aus diesem Grund besteht dieses Buch aus zwei Teilen. Teil I widmet sich Ansätzen und Denkimpulsen, um die innere Haltung gegenüber dem eigenen Körper und der eigenen Ernährung zu hinterfragen und achtsam verändern zu können. Teil II beinhaltet ernährungsmedizinische Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung, die sich durch einfach umzusetzende Maßnahmen, Freiheit und Freude auszeichnet.

Ich habe dieses Buch mit der Intention geschrieben, dir dabei zu helfen, deinen Körper aus einer neuen Perspektive betrachten, einschränkende Denkmuster in Hinblick auf deine Ernährung verändern und dich wieder mehr für deine Ernährung und deinen Körper begeistern zu können. Die beschriebenen Ansätze und Empfehlungen sind wie Werkzeuge, mit denen du das, was an deiner Beziehung zu deinem Körper und deiner Ernährung geschädigt ist, reparieren kannst. Du kannst sie auch wie Wegweiser betrachten, die dich auf deinem persönlichen Weg hin zu einem durch Freude und Leichtigkeit geprägten Verhältnis zu Essen und einer wertschätzenden Einstellung gegenüber dir selbst leiten.

Jedes Kapitel enthält am Ende Reflexions- und Handlungsimpulse. Reflexionsimpulse können dir zu neuen Erkenntnissen in Hinblick auf dein Ernährungsmindset und Ernährungsverhalten verhelfen und dich dabei unterstützen, dich intensiver mit Themen und Fragen zu befassen, die im jeweiligen Kapitel behandelt werden. Handlungsimpulse laden dich ein, direkt ins Tun zu kommen. Sie können ein erster aktiver Schritt sein, um etwas an deinem Ernährungsmindset und deiner Ernährung zu ändern.

TEIL I

1

Betrachte und behandle deinen Körper wie ein Wunder

Es ist eine jener Erfahrungen aus meiner Kindheit, an die ich mich auch heute noch gut erinnern kann: Ich habe im Hof meines Hortes gespielt, bin gestolpert und habe mir das Knie blutig aufgeschlagen. Während ich weinte, nahm mich meine Betreuerin an der Hand und setzte mich auf eine Bank. »Keine Sorge, das wird schon wieder. In ein paar Tagen ist nichts mehr zu sehen«, wiederholte sie mehrmals, während sie die Wunde versorgte und ein Pflaster auf mein Knie klebte.

Und genauso war es dann auch. Nach einigen Tagen war die Wunde verheilt und auf meinem Knie erinnerte nichts mehr an meinen Sturz. In den folgenden Jahren habe ich mir natürlich noch öfter Schürfwunden und Kratzer zugezogen, wobei ich jedes Mal aufs Neue erstaunt war, wenn auf meiner Haut nach einigen Tagen nichts mehr zu sehen war. Es war ein bisschen wie Magie. Mein Körper erledigte ohne viel aktives Zutun von außen die Arbeit und nach kurzer Zeit war alles verheilt.

Auch heute finde ich es noch faszinierend, wenn Wunden nach einiger Zeit einfach verschwinden. Obwohl es eigentlich gar nicht so einfach ist. Denn im Hintergrund spielt sich ein hochkomplexer Prozess mit unzähligen Teilnehmern ab.

Hierzu zählen beispielsweise die Blutplättchen, eine Form von Zellen im Blut, die an den Ort des Geschehens strömen und gemeinsam mit roten Blutkörperchen die Blutung im Wundbereich anhalten. Oder Fibrinogen, ein in der Leber gebildeter Stoff, der unter Einfluss des Enzyms Thrombin in Fibrin umgewandelt wird. Fibrin spielt wiederum eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung, die dafür sorgt, dass die Blutung gestoppt wird. Ebenso an der Wundheilung mitwirkend sind Granulozyten, die zu den weißen Blutkörperchen zählen und Bakterien sowie abgestorbene Zellen beseitigen, Makrophagen, ebenfalls weiße Blutkörperchen, die an der Infektabwehr beteiligt sind, verschiedene Enzyme, die abgestorbenes Gewebe auflösen, Wachstumsfaktoren, die die Wundheilung modulieren, und Hunderte weiterer Stoffe. Wie lange der Wundheilungsprozess dauert, hängt von der Größe und Tiefe der Wunde, der Verletzungsart und anderen Faktoren ab. Doch völlig egal, wie groß oder tief die Wunde ist, der Körper reagiert immer und hat dafür stets die ausgeklügeltsten Werkzeuge und Techniken parat.

Für mich sind diese perfekt orchestrierten und ineinandergreifenden Schritte der Wundheilung, die wir nicht mitbekommen, wie ein Wunder – ebenso wie alle anderen Funktionen und Systeme unseres Körpers. So auch das Immunsystem, das dafür sorgt, dass der Körper unzählige Krankheitserreger wie Bakterien und Viren erkennen und erfolgreich abwehren kann.

Übrigens ist nur ein Teil des Immunsystems von Geburt an vorhanden. Dank dieser angeborenen Immunität können sich selbst Neugeborene mit kaum drei Kilogramm Körpergewicht gegen Keime wehren. Im Laufe des Lebens entwickelt sich dann das spezifische Immunsystem, das sich an ständig verändernde Krankheitserreger anpassen kann und ein eigenes Gedächtnis ausbildet. Dieses hilft dem Körper, wiederkehrende Erreger zu erkennen und so effektiver auf diese zu reagieren.

Zu den Bestandteilen des Immunsystems zählen unter anderem das Knochenmark, die Lymphknoten, die Milz, die Mandeln, die Haut sowie der Darm und dessen natürliche Flora, auch bekannt als Darmflora oder Mikrobiom. Die Darmschleimhaut ist zudem die größte Grenzfläche des Körpers. Bestimmte hier angesiedelte »gute« Bakterien verhindern, dass sich krankheitsverursachende Keime im Körper ausbreiten können.

Egal, ob wir nun die Straße entlanggehen, im Wald spazieren, im Büro arbeiten oder im Restaurant essen – wir sind jeden Tag Unmengen von Krankheitserregern und einer Vielzahl an Schadstoffen ausgesetzt. Dank des Immunsystems ist der Körper jedoch weitgehend geschützt, sodass wir all die Gefahren, die wir mit den Augen nicht erkennen können, überhaupt nicht mitbekommen.

Übrigens verfügt nicht nur der Darm über eine beachtliche Größe, sondern auch die Lunge. Ihre etwa 300 Millionen Bläschen bilden zusammen eine Oberfläche von etwa 70 Quadratmetern und sorgen für die Sauerstoffversorgung des Körpers. Bei jedem Atemzug durchläuft die eingeatmete Luft ein komplex verzweigtes Röhrensystem in der Lunge. Im Bereich der Lungenbläschen wandert Kohlendioxid vom Blut in die Luft in der Lunge, während Sauerstoff aus der Atemluft ins Blut aufgenommen wird. Dieses sauerstoffreiche Blut gelangt zum Herzen und wird von dort im Körper verteilt.

Bei einem Ruhepuls von etwa 60 bis 80 schlägt das Herz eines Erwachsenen über 100 000 Mal pro Tag. Während eines über 80-jährigen Lebens kommt es auf mehr als drei Milliarden Schläge – und das zumeist, ohne sich zu beschweren oder eine Wartung nötig zu haben. Mit seiner unermüdlichen Leistung versorgt es alle Organe und andere Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen, die über das Blut in den Blutgefäßen transportiert werden. Dieses Netz aus Blutgefäßen hat mit all seinen kleinsten Abzweigungen eine Länge von über 100 000 Kilometern.

Ist das nicht alles ein einziges großes Wunder? Ganz zu schweigen vom Aufbau und der Funktion unserer Haut, unserer Knochen, unseres Gehirns, unserer Nieren, unserer Leber, unserer Bauchspeicheldrüse, unseres Magens, unserer Sinnesorgane, unseres Nerven-, Hormon- und Verdauungssystems.

Das Hormonsystem steuert praktisch alle Funktionen des Körpers. In den Organen des Verdauungssystems finden sich hingegen verschiedenste Enzyme, die dafür sorgen, dass einzelne Nahrungsbestandteile überhaupt erst verwertet werden können, wobei jedes Enzym seine ganz besonderen Zuständigkeiten hat.

Der Darm verfügt zudem über ein eigenes Nervensystem, das auch als »Bauchgehirn« bezeichnet wird. Dieses Bauchgehirn ist an der Regulation des Blutflusses im Magen-Darm-Trakt beteiligt und hat Einfluss auf die Bewegungsfähigkeit des Darms, die wiederum wesentlich für den Weitertransport der Verdauungsinhalte ist. Übrigens verdaut der Darm im Laufe des Lebens etwa 30 Tonnen feste Nahrung – eine Zahl, die eigentlich nur schwer vorstellbar ist. Ebenso ist fast unmöglich zu glauben, dass das menschliche Auge Millionen an Farbnuancen unterscheiden kann oder die Nieren in 24 Stunden von etwa 1800 Litern Blut durchflossen werden. Anders ausgedrückt: Jedes einzelne Organ und System des menschlichen Körpers ist ein Wunder für sich. Unser Körper erbringt täglich Höchstleistungen – zumeist ohne dass es uns bewusst ist. Und wäre dies nicht schon beeindruckend genug, setzt er sich auch dann unermüdlich für uns ein, wenn wir es nicht tun, wenn wir seine Grundbedürfnisse übergehen oder ihm gar Schaden zufügen.

Ein eindrucksvolles Beispiel in diesem Zusammenhang ist Rauchen beziehungsweise Raucherhusten. Die Atemwege sind mit feinsten Flimmerhärchen ausgestattet, die sich koordiniert bewegen. In den Bronchien wiederum wird Schleim als Schutz vor Eindringlingen produziert. Dieser wird von den Flimmerhärchen nach oben befördert, mit Speichel vermischt und schließlich unbemerkt verschluckt.

Bei Rauchern beeinträchtigt jede Zigarette dieses von Natur aus vorhandene Reinigungssystem der Lunge. Nachts, wenn nicht geraucht wird, kann das System seine Arbeit wieder effektiver erledigen. Das Ergebnis zeigt sich in einem je nach Dauer und Intensivität des Rauchens mehr oder weniger heftigen Husten, der besonders in der Früh ausgeprägt sein kann und mittels dem der Körper die Schadstoffe abtransportiert. Folglich ist Raucherhusten einerseits ein Warnsignal des Körpers für Veränderungen in der Lunge durch das Rauchen, andererseits aber auch ein Versuch des Körpers, jenen Schaden zu kompensieren, den ein rauchender Mensch mit jeder Zigarette verursacht.

Dein Körper wird immer alles in seiner Macht stehende tun, um dich vor Schäden zu bewahren, um dich zu beschützen und zu heilen. Mag sein, dass dir manche seiner Zeichen nicht gefallen, doch dies ändert nichts daran, dass dein Körper immer für und nicht gegen dich ist.

Als Biologin und Wissenschaftsjournalistin habe ich mich jahrelang intensiv mit den unterschiedlichen Systemen und Funktionen des Körpers befasst. Dabei war ich regelmäßig aufs Neue erstaunt und fasziniert davon, wie sich der Körper organisiert und funktioniert. Doch man muss keine Medizinbücher studieren, um zu erkennen, wozu der Körper in der Lage ist. Es reicht ein Blick auf den Alltag.

Dein Körper ermöglicht es dir, aufzustehen und einen neuen Tag zu begrüßen, dich in alle Richtungen zu strecken, deinen Partner und deine Kinder zu umarmen und selbst die Wärme von Umarmungen zu spüren, den herrlichen Geruch von Kaffee und Hunderte weiterer Gerüche wahrzunehmen, dein Frühstück zu schmecken, frische Luft einzuatmen, Bäume und den Himmel zu sehen, Sonne und Regen auf deiner Haut zu spüren, zum Bus zu laufen, Musik zu hören, Diskussionen zu führen, zu singen, dich zu erinnern, herzhaft zu lachen, Glück zu empfinden, dich zu freuen, zu weinen, zu schreiben, zu lesen, Filme zu schauen, Gegenstände zu tragen, Ideen zu entwickeln, zu träumen, Visionen zu haben, dich für Projekte zu begeistern, zu springen, Nächte durchzutanzen, zu kochen, unterschiedliche Konsistenzen von Lebensmitteln wahrzunehmen, zu laufen, zu schwimmen, Berge zu besteigen, Tiere zu streicheln, ein Auto, einen Computer und andere Maschinen zu bedienen, Fahrrad zu fahren, nach Stürzen wieder aufzustehen, aus Erfahrungen zu lernen, zu verreisen, Pläne zu schmieden, dich zu verlieben, anderen zu helfen und unendlich mehr.

All das kannst du nur, weil du deinen Körper hast. Du kannst dieses Leben mit all seinen Höhen und Tiefen nur in dieser Form erfahren, weil du deinen Körper hast und er dir ein Zuhause gibt.

Und weil dein Körper all das kann, was er kann, und du dank ihm dieses Leben mit all seinen Facetten leben und erleben kannst, ist es dann nicht deine mitunter wichtigste Aufgabe, dass du gut auf ihn achtest und ihn gut nährst? Ist es dann nicht deine mitunter wichtigste Aufgabe, dafür zu sorgen, dass jede noch so kleinste Struktur deines Körpers alles hat, was sie braucht, um ihre Aufgaben zu erfüllen, für dich da zu sein und für dich zu funktionieren?

Stell dir vor, dass du aufgrund deines Wohnorts in jeder Situation des Tages auf ein Auto angewiesen bist. Die öffentliche Anbindung an deinem Wohnort ist katastrophal, ebenso wie die Situation der Fahrradwege, ohne ein Fahrzeug geht also nichts. Eines Tages bekommst du ein neues Luxusauto geschenkt, das über alle erdenklichen Funktionen und Ausstattungen verfügt, einfach so. Würdest du vergessen zu tanken? Wohl eher nicht, denn du wüsstest, dass du in deinem Tun stark eingeschränkt bist, wenn dir das Benzin ausgeht. Und da du dir des Wertes deines Autos bewusst bist, würdest du wahrscheinlich nicht irgendeinen Treibstoff wählen, sondern stets jenen, der für dein Auto am besten geeignet ist.

Dir wurde dieses Luxusgeschenk – dein Körper mit all seinen Funktionen – gemacht, einfach so. Und ebenso wie das Luxusauto ist er nicht nur darauf angewiesen, dass er regelmäßig Treibstoff bekommt, sondern auch, dass er jenen Treibstoff bekommt, der seine Funktionen nachhaltig erhält.

Wir neigen dazu, vieles als selbstverständlich zu betrachten und den wahren Wert von vermeintlich Selbstverständlichem zu vergessen, ebenso wie wir dazu neigen, die Wunder um und vor allem in uns zu übersehen. Wir kennen den Wert unseres Autos, unseres Smartphones und unseres Laptops und kümmern uns zumeist regelmäßig und mit viel Hingabe um diese Dinge. Dass wir funktionierende Organe haben, gehen, fühlen, sehen oder nach Verletzungen heilen können, ist ein Wunder, keine Selbstverständlichkeit. Ist es also nicht naheliegend, dass wir uns auch um unseren Körper regelmäßig und mit Hingabe kümmern sollten?

Anstatt ihn für sein Aussehen abzuwerten, ihn stress- oder anderweitig bedingt zu vernachlässigen oder schlecht zu behandeln, beginne ihn als das wahrzunehmen, was er ist: ein großes Wunder, das aus unzähligen kleinen Wundern besteht. Fange an, deine grundsätzliche innere Haltung gegenüber deinem Körper zu überdenken. Beginne seine Leistungen zu erkennen und seinen Wert anzuerkennen. Auf diese Weise schaffst du eine starke geistige Grundlage für eine nachhaltig ausgewogene und deinem Körper dienende Ernährungsweise, der du von Herzen folgen möchtest, anstatt es zu müssen. Denn wenn du die unermüdliche Arbeit deines Herzens oder die Tatsache, dass dich deine Muskeln jeden Tag dorthin tragen, wo du hinmöchtest, ehrlich wertschätzt, macht doch letztlich nichts anderes Sinn, als dem Körper jene Energie und Nährstoffe, die er für all diese Funktionen benötigt, bewusst liefern zu wollen, anstatt sie ihm vorzuenthalten oder ihn mit minderwertigem Treibstoff zu versorgen.

Reflexionsimpulse

Wann hast du zuletzt eine Funktion deines Körpers, sei es die Fähigkeit zu hören, zu laufen, eine Wunde verheilen zu lassen oder Glücksgefühle zu spüren, mit Achtsamkeit und Wertschätzung wahrgenommen? Wann warst du zuletzt voller Staunen und Bewunderung über jene kleinen und großen Fähigkeiten, mit denen dein Körper ausgestattet ist und die es dir ermöglichen, dein Leben zu leben?

Wie viel deiner täglichen Zeit widmest du Gedanken über bestimmte materielle Güter, etwa deinem Handy, deinem Laptop, deinem Auto und deiner Garderobe sowie der Beschäftigung mit diesen Sachen und deren Pflege? Wie viel deiner Zeit entfällt im Vergleich auf Gedanken darüber, wie es deinem Körper geht und was du heute für ihn tun kannst, um ihn bestmöglich zu unterstützen?

Wie viel deiner täglichen Aufmerksamkeit und Energie widmest du deinem Aussehen und dem, was andere womöglich über dein Aussehen und dein Auftreten denken, eingeschlossen dem Posten von Bildern und Videos sowie dem Verfolgen von Likes und Kommentaren in sozialen Medien? Wie viel deiner Aufmerksamkeit richtest du im Vergleich darauf, wie es deinem Körper geht und was du heute für ihn tun kannst, um ihn bestmöglich zu unterstützen?

Schließe für einen Moment deine Augen und stell dir vor, dass dein Körper eine wichtige Funktion, etwa die Fähigkeit zu sehen oder zu gehen, eingebüßt hat und wie sich dies auf deinen Alltag auswirken würde. Welche Gedanken und Gefühle hast du dabei?

Handlungsimpuls

Mach es dir zur Routine, dir jeden Morgen zwei bis drei Handlungen für den Tag zu überlegen, die den Erhalt deiner physischen Gesundheit unterstützen und die ohne großen Aufwand im Alltag umsetzbar sind. Mögliche Beispiele sind:

eine Straßenbahnstation früher aussteigen und den restlichen Weg zu Fuß gehenStufensteigen anstelle des Benutzens von Lift und Rolltreppe15 Minuten früher schlafen gehenin der Mittagspause nach draußen gehen, um Licht und frische Luft zu tankeneine Portion mehr Gemüse essen, beispielsweise einen grünen Salat zur Hauptspeise bestellen oder etwas rohes Gemüse zum Brot am Abend einplanendrei Handywecker über den Tag verteilt stellen und bei jedem Läuten ein Glas Wasser trinkeneinen Termin für eine Vorsorgeuntersuchung vereinbaren

Welche Handlungen sinnvoll und unkompliziert umsetzbar sind, ist individuell verschieden und vom jeweiligen Lebensstil und Alltag abhängig.

Wenn du täglich ausreichend Wasser trinkst, profitierst du weitaus weniger von einer automatischen Erinnerung ans Wassertrinken als jemand, der täglich das Trinken vergisst oder bevorzugt zu Softdrinks greift, um seinen Durst zu stillen. Wenn du Mama oder Papa bist und täglich kilometerweit mit dem Kinderwagen spazieren gehst, hast du kaum etwas davon, eine Straßenbahnstation zu gehen, anstatt zu fahren. Doch womöglich kannst du davon profitieren, eine Haushaltsaufgabe auf den nächsten Tag zu verlegen und stattdessen etwas früher schlafen zu gehen. Wenn du es seit Längerem nicht mehr zum Sport geschafft hast, kann Stufensteigen eine gute Tat für deinen Körper sein. Ebenso kannst du dir ohne viel Aufwand Gutes tun, wenn du dein Brot um ein paar Tomaten ergänzt, falls du ansonsten selten Gemüse isst.

Mach es dir zur Routine, dich täglich in der Früh, etwa während des Zähneputzens, zu fragen, was du heute für deinen Körper tun kannst. Für eine dauerhafte Umsetzung ist es wichtig, dass die jeweiligen Handlungen einfach und ohne großen Aufwand durchführbar sind. Jede noch so kleine Handlung macht einen Unterschied und ist ein aktives Zeichen deiner Wertschätzung gegenüber deinem Körper und deiner jetzigen und zukünftigen Gesundheit.

2

Die Intentionen hinter deiner Ernährung

Noch während meiner Praktika während des Diätologie-Studiums hatte ich das Glück, dass ich im Krankenhaus des Öfteren ältere Menschen betreuen durfte. In erster Linie besuchte ich sie natürlich zur diätologischen Beratung, nicht selten entwickelten sich dabei jedoch interessante Gespräche über Gott und die Welt, die mich oftmals noch lange im Nachhinein beschäftigten.

Eine Sache, die ich bei meinen Besuchen beobachten konnte, hat mich stets besonders zum Nachdenken gebracht: Praktisch jeder Patient jenseits der 70 neigte dazu, früher oder später im Gespräch zu erwähnen, wie belastend es ist, alt zu sein. In meinem Umfeld ist das nicht anders. Fast jede mir bekannte ältere Person merkt immer wieder mal an, dass die mit dem Älterwerden einhergehenden körperlichen Beschwerden dieses und jenes erschweren oder dass Altwerden und Altsein einfach keinen Spaß machen.

Spreche ich hingegen mit meiner Familie, Freunden oder Kollegen zwanglos über Themen wie das Älterwerden, die Pensionszeit oder die fernere Zukunft, ist für mich praktisch immer herauszuhören, dass alle vorhaben, alt, wenn nicht gar überdurchschnittlich alt zu werden. Ehrlich gesagt kenne ich keinen gesunden Menschen, der sich sein Leben lediglich bis 60 oder 70 vorstellt oder Gespräche, die sich um die Zeit des Altseins drehen, kategorisch ablehnt, weil er davon ausgeht, bereits knapp nach Pensionsantritt nicht mehr unter uns zu weilen. Ich hoffe, dass ich mich nicht zu sehr aus dem Fenster lehne, wenn ich davon ausgehe, dass es in deinem Umfeld wohl nicht viel anders ist.

Ist das nicht paradox? Ist es nicht kurios, dass alle, oder zumindest die meisten Menschen, alt werden wollen, doch kaum jemand tatsächlich alt sein will?

Natürlich geht ein fortgeschrittenes Alter mit gewissen Schwierigkeiten und Herausforderungen einher. Natürlich lassen bestimmte körperliche Funktionen im Alter nach. Und natürlich ist es mit 75 nicht möglich, einen Berg mit der gleichen Agilität zu besteigen wie mit 30. Es ist das Natürlichste überhaupt, dass der Mensch, so wie alle Lebewesen, altert, sich dabei verändert und an bestimmten körperlichen Funktionen einbüßt. Allerdings bedeutet das nicht, dass das Leben im Alter weniger facettenreich, aufregend und schön sein muss. Immerhin gewinnt man mit den Jahren auch eine Menge – beispielsweise Zeit, um die Dinge mal wirklich entspannter anzugehen, sofern man dies möchte, ebenso Wissen, Weisheit und Gelassenheit und natürlich Erfahrungen, aus denen man lernen und die man weitergeben kann.

Mit Mitte 30 kann ich jedoch nicht wirklich nachvollziehen, wie es sich anfühlt, in den Schuhen einer 80-Jährigen zu laufen. Und ich werde es auch nicht wissen, bis ich selbst dieses Alter erreicht habe. Dennoch, wenn ich mir mein 80-jähriges Ich vorstelle, sehe ich keine Frau voller körperlicher Beschwerden, die ihr Leben nicht mehr leben kann. Ich sehe eine Frau, die nach wie vor viel Zeit in der Natur verbringt, Veranstaltungen besucht, die Welt bereist und mit Freunden essen geht.

Selbstverständlich können bis dahin verschiedene Dinge passieren, die mich an dem einen oder anderen hindern. Es kann vieles passieren, worauf ich keinen oder nur bedingt Einfluss habe. Aber ebenso gibt es vieles, was ich beeinflussen kann. Es gibt vieles, was ich heute für mich sowie für mein 80-jähriges Ich tun kann, sodass diese Frau ihr Leben möglichst unbeschwert genießen kann.

Viele Erkrankungen treten im Alter häufiger auf. Daraus lässt sich ableiten, dass ein höheres Lebensalter das Risiko für das Auftreten von bestimmten Erkrankungen erhöht. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir nichts tun können, um diesen Erkrankungen im Alter vorzubeugen, ganz im Gegenteil. Bluthochdruck, Arteriosklerose10 und ihre Folgeerkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt, Diabetes mellitus11, verschiedene Krebsarten … – das Risiko für viele Krankheiten, die im fortgeschrittenen Alter gehäuft auftreten, Beschwerden verursachen, die Bewegungsfähigkeit einschränken und die Lebensqualität mindern, kann durch eine entsprechende Lebensweise deutlich verringert werden.

Doch natürlich ist es auch durch die gesündeste Lebensführung nicht möglich, gänzlich beschwerdefrei über 90 oder 100 Jahre alt zu werden. Es gibt verschiedene Einschränkungen, die mit den Jahren zwangsläufig auftreten, beispielsweise die Abnutzung von Gelenken oder das Eintrüben der Augenlinse. Bestimmtes Gewebe nutzt sich einfach schneller oder vermehrt ab als anderes und kann aufgrund seiner Beschaffenheit und Biologie weniger gut regenerieren. Dennoch, die Wissenschaft und Tausende über Tausende Menschen rund um die Welt zeigen, dass durch einen Lebensstil, der die Bedürfnisse des Körpers achtet, viele Erkrankungen und Beschwerden abwendbar sind und dass Älterwerden beziehungsweise Altsein nicht zwangsläufig bedeuten muss, krank zu sein oder am Leben nicht mehr teilhaben zu können.

Aus zahlreichen Erhebungen geht hervor, dass das Bewegungsverhalten, die Ernährung, Schlaf, Stressmanagement und andere Aspekte des Lebensstils sowie Umwelteinflüsse mehr Einfluss als die Gene auf das Altern und das Auftreten von bestimmten Erkrankungen haben. Doch selbst wenn das Verhältnis 20:80 oder 50:50 wäre, wenn also der Lebensstil weniger oder gleichermaßen Einfluss auf den Alterungsprozess hätte – wenn wir glücklich und gesund alt werden und sein wollen, macht es dann nicht Sinn, dass wir es uns jeden Tag zur Priorität machen, auf die Bedürfnisse unseres Körpers zu achten? Macht es dann nicht Sinn, sich darum zu kümmern, dass auch dieser glücklich alt werden möchte und nicht auf halbem Weg das Handtuch wirft? Macht es dann nicht Sinn, dass wir die Möglichkeiten und Chancen, die uns unser Lebensstil bietet, um uns selbst Gutes zu tun, auch tatsächlich nutzen, anstatt sie Tag für Tag zu verschwenden?

Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass sie mit ihrem Schlafverhalten, ihrer Bewegung und insbesondere mit ihrer Ernährung unfassbar effektive Instrumente zur Verfügung haben, um ihre Gesundheit und Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern und Krankheiten vorzubeugen. Oder vielmehr: Vielen ist nicht bewusst, wie wirkungsvoll diese Werkzeuge tatsächlich sind.

Obgleich wir vieles, was uns widerfahren kann, wenig oder nicht beeinflussen können, liegt es dennoch zu einem großen Teil in unserer Hand und Verantwortung, wie es uns geht – heute, morgen und in ferner Zukunft.

Deine Ernährung, eine der Hauptsäulen deines Lebensstils, ist in diesem Zusammenhang eines deiner kraftvollsten Werkzeuge überhaupt. Sie ermöglicht es dir, drei, vier oder fünf Mal täglich, abhängig davon, wie häufig du isst, aktiv etwas für deinen jetzigen wie auch zukünftigen Körper zu tun. Mit jeder Mahlzeit und jedem Bissen kannst du auf deine gegenwärtige und zukünftige physische und psychische Gesundheit einwirken.

Ein Beispiel, das dies an dieser Stelle eindrucksvoll veranschaulicht, ist der Zusammenhang zwischen der Calciumzufuhr, der Versorgung mit Vitamin D und der Knochengesundheit. Calcium ist ein Mineralstoff, der über die Ernährung zugeführt wird und für die Knochengesundheit besonders wichtig ist. Calciumreiche Lebensmittel sind unter anderem Kuhmilch und Milchprodukte wie Joghurt und Käse, Brokkoli, Grünkohl, Rucola, Kresse, Haselnüsse und mit Calcium angereicherte Milchalternativen12.

Vitamin D ist für die Knochen ebenfalls besonders wichtig. Zudem spielt es eine Rolle im Immunsystem, bei der Bildung von Proteinen und anderen Vorgängen im Körper. Reich an Vitamin D sind unter anderem bestimmte Fischarten wie Hering, Eigelb und Pilze. Allerdings spielt die Ernährung in Hinblick auf die Vitamin-D-Versorgung nur eine untergeordnete Rolle. Zum größten Teil nämlich wird Vitamin D vom Körper durch Sonneneinstrahlung auf der Haut selbst hergestellt. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, regelmäßig ausreichend Zeit im Freien zu verbringen.

Calcium ist zu fast 100 Prozent in den Knochen und Zähnen gespeichert und hält diese stabil. Außerdem wird Calcium für die Blutgerinnung und für die Reizleitung in Nerven- und Muskelzellen benötigt. Bei Bedarf, etwa wenn zu wenig Calcium über die Ernährung zugeführt wird und dies durch den Körper nicht mehr kompensiert werden kann, wird im Knochen gespeichertes Calcium ans Blut abgegeben.

Calcium kann seine wichtigen Funktionen allerdings nur dann wirklich gut erfüllen, wenn der Körper gleichzeitig auch ausreichend mit Vitamin D versorgt ist. Vitamin D ist wie ein Assistent von Calcium: Es sorgt dafür, dass Calcium gut aus dem Darm ins Blut aufgenommen und in den Knochen eingebaut werden kann.

Ist die Zufuhr von Calcium nun über einen gewissen Zeitraum zu niedrig oder kann im Rahmen der Verdauung nur wenig Calcium über den Darm ins Blut aufgenommen werden, beispielsweise aufgrund eines schweren Vitamin-D-Mangels, baut der Körper Knochenmasse ab. Auf diese Weise wird im Knochen gespeichertes Calcium frei und gelangt ins Blut, sodass die Calciumkonzentration im Blut aufrechterhalten werden kann.

In Hinblick auf die Knochen ist es wichtig zu wissen, dass die Knochendichte im Kindes- und jungen Erwachsenenalter zunächst kontinuierlich aufgebaut wird und mit Ende der zweiten Lebensdekade ihren Maximalwert erreicht. Dieser bleibt eine Zeit lang bestehen. Rund um das 50. Lebensjahr nimmt die Knochenmasse bei jedem Menschen langsam, aber stetig ab. Das ist die Biologie der Dinge.

In jungen Jahren, also dann, wenn die Knochendichte zunimmt, ist es wichtig, die maximale Knochenmasse zu optimieren – also dafür zu sorgen, dass so viel Knochenmasse wie möglich aufgebaut wird. In späteren Jahren gilt es wiederum, Knochenabbau zu minimieren. Für beides sind eine ausreichende Calciumzufuhr und Vitamin-D-Versorgung sowie ausreichend körperliche Aktivität von großer Bedeutung. Einerseits werden so in jüngeren Jahren die Stabilität der Knochen und eine optimale Funktion von Nerven- und Muskelzellen gefördert, andererseits wird auf diese Weise möglichen Komplikationen im späteren Leben vorgebeugt. Denn je mehr Knochenmasse im Vorfeld aufgebaut werden kann, desto besser ist die Ausgangssituation für die Zeit des natürlichen Knochenabbaus im Alter. Diese Prozesse sind mit einem Vorsorgekonto vergleichbar, auf das über eine gewisse Zeit Geld eingezahlt wird, das später in der Pension zwangsläufig ausgegeben wird. Was man wiederum in jüngeren Jahren nicht aufbaut, also einzahlt, fehlt später im Alter als Puffer und erhöht das Risiko für Osteoporose. Osteoporose, auch Knochenschwund genannt, ist eine Erkrankung des Skelettsystems, die mit einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche einhergeht.

Indem wir in jungen Jahren ausgewogen essen und unseren Körper ausreichend mit Calcium und Vitamin D versorgen, fördern wir die Knochengesundheit unseres 70-, 80-, 90- und 100-jährigen Ichs. Wer hingegen bereits in jungen Jahren eine Diät nach der nächsten macht oder allgemein wenig ausgewogen isst und eine unzureichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D riskiert, schwächt seine gegenwärtige wie auch zukünftige Knochengesundheit und erhöht sein persönliches Risiko für Knochenbrüche im höheren Alter.

Dies ist nur eines von unendlich vielen Beispielen dafür, wie du mittels deiner Ernährung positiv auf deine gegenwärtige und zukünftige Gesundheit einwirken kannst. Mithilfe deiner Ernährung hast du mehrmals am Tag die Gelegenheit, deinen Körper zu stärken, ihn bei Heilungs- und Regenerationsprozessen zu unterstützen, ihm zu helfen, sich gegen schädliche Umwelteinflüsse zu wehren, ihn dabei zu unterstützen, gegen Erkrankungen vorzugehen und seine Funktionen zu erhalten.

Jedes Organ und jede noch so kleinste Struktur in deinem Körper ist darauf angewiesen, regelmäßig mit gutem Treibstoff – nährstoffreicher Nahrung – versorgt zu werden, um möglichst lange für dich funktionieren zu können.

Deine Augen, deine Haut und dein Immunsystem benötigen beispielsweise ausreichend Vitamin A, um ihre Funktionen zu erfüllen und zu erhalten. Dein Gehirn ist auf eine ausreichende Versorgung mit bestimmten Fettsäuren angewiesen, um sich optimal zu entwickeln und zu funktionieren. Für deine Blutgerinnung ist wiederum Vitamin K unerlässlich. Magnesium ist an fast allen Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt und hat überdies für die Herzfunktion eine wichtige Bedeutung, während Eisen unerlässlich für den Sauerstofftransport im Körper ist.

Betrachtet man die Menge an unterschiedlichen Nährstoffen, die der Körper benötigt, könnte man leicht annehmen, dass es unmöglich ist, den Nährstoffbedarf über die Ernährung zu decken. Doch die Wahrheit und das gleichzeitig so Wunderbare ist, dass es möglich ist. Frische Lebensmittel enthalten praktisch alle Nährstoffe, die der Körper braucht. Mittels einer ausgewogenen Ernährung kannst du also jeder Zelle und Struktur im Körper das liefern, was benötigt wird.

Stell dir vor, du hast am Nachmittag Hunger und isst zwei Scheiben Vollkornbrot mit selbstgemachtem Aufstrich, bestehend aus Tomaten, Tomatenmark, Sonnenblumenkernen, einem Schuss Zitronensaft und einer Prise Salz und Pfeffer. Dein Hunger wird sich legen und nicht so rasch wiederkommen, da die Ballaststoffe aus dem Vollkornbrot viel Wasser binden und so zu einer verzögerten Magenentleerung führen. Zudem werden ballaststoffreiche Lebensmittel aufgrund ihrer Zusammensetzung in der Regel länger gekaut, was ebenfalls zu einem schneller einsetzenden und länger anhaltenden Sättigungsgefühl beiträgt.

Die Sonnenblumenkerne des Aufstrichs sind wiederum reich an Vitamin E und Vitamin B1. Vitamin E ist ein Antioxidans. Antioxidantien aus frischen Lebensmitteln sind Stoffe, die den Körper vor freien Radikalen schützen. Freie Radikale werden vom Körper selbst während verschiedener Stoffwechselprozesse gebildet und entstehen zudem durch schädliche äußere Einflüsse wie Zigarettenrauch, UV-Strahlung und diverse Umweltgifte. Sammeln sich zu viele freie Radikale im Körper an, entsteht oxidativer Stress, der wiederum das Risiko für Krebs- und andere Erkrankungen erhöht. Antioxidantien sind als Radikalfänger unterwegs, um den Körper vor Schäden durch freie Radikale zu bewahren. Neben Vitamin E zählen beispielsweise auch Vitamin C und Carotinoide zu den in der Nahrung natürlich vorkommenden Antioxidantien.

Das Vitamin B1 aus den Sonnenblumenkernen dient dem Energiestoffwechsel der Zellen und damit dem Energiestoffwechsel deines Körpers. Gemeinsam mit anderen Nährstoffen ist es an der Gewinnung und Speicherung von Energie sowie am Erhalt von Nerven- und Herzmuskelgewebe beteiligt.

Dann wären da noch die Tomaten, die dein Immunsystem, deine Haut und andere Organe ein Fest feiern lassen. Tomaten sind reich an den Vitaminen A, C und E sowie an Kalium. Außerdem enthalten sie Magnesium, Eisen und Calcium. Damit liefern sie nicht nur viele Radikalfänger, sondern mit Kalium beispielsweise auch einen wichtigen Helfer für Muskelkontraktionen und die Regulation des Blutdrucks.

All das steckt in dieser kleinen Mahlzeit. Ausgewogene Ernährung ist Treibstoff für alle Zellen des Körpers. Und genau das ist auch die wahre Funktion unserer Ernährung. Sie dient dazu, dem Körper Energie zu liefern und ihn gleichzeitig mit allen Nährstoffen zu versorgen, die er für seine unaufhörliche Arbeit benötigt; die er benötigt, um es dir zu ermöglichen, dein Leben in der Gegenwart sowie in ferner Zukunft zu erleben. Genau dazu ist unsere Ernährung da – und genau das sollte eine der wichtigsten Intentionen sein, wenn wir essen.

Unsere Ernährung ist nicht dazu da, um unseren Körper nach ständig wechselnden gesellschaftlichen Schönheitsidealen zu formen, besonders nicht auf Kosten der Gesundheit. Ebenso wenig ist es ihr primärer Zweck, Langweile zu kompensieren, negative Gefühle zu betäuben oder Glücksgefühle herbeizuführen, wobei Letzteres natürlich ein angenehmer Nebeneffekt ist. Unsere Ernährung dient, wie es der Begriff selbst verrät, dem Zweck, unseren Körper, dieses große Wunder, zu nähren und zu erhalten.

Gleichwohl hat Essen selbstverständlich noch andere wichtige Bedeutungen, die an dieser Stelle keinesfalls unter den Tisch fallen sollen. Essen bringt uns mit anderen zusammen, lässt uns Momente bewusster genießen und kann helfen, sich zu entspannen. Durch Essen können wir anderen gegenüber aber auch Wertschätzung ausdrücken, ebenso wie Zugehörigkeit oder unsere persönlichen Werte.

Und natürlich ist es in Ordnung, wenn nicht jede Mahlzeit ausgewogen ist und nicht jedes Essen mit der Intention gegessen wird, Energie und Nährstoffe zu liefern, sondern beispielsweise, um mit anderen einfach einen netten Abend zu verbringen oder etwas zu feiern.

Ein gesundes und entspanntes Essverhalten definiert sich keinesfalls durch das Zählen von Kalorien und Nährstoffen. Es definiert sich auch nicht ausschließlich dadurch, dass man stets ausgewogen isst und dies nur dann, wenn man Hunger hat. Ebenso wichtig ist es, dass man sich mit Essen manchmal etwas Gutes tun kann, ohne sich den Kopf darüber zu zerbrechen oder sich schuldig zu fühlen. Es gibt keinen Grund für ein schlechtes Gewissen, wenn man sich im Sommer auf ein Eis freut, im Kino Popcorn bestellt oder gelegentlich beim Arbeiten etwas Süßes knabbert. Ebenso ist es völlig normal, sich manchmal nach einem schlechten Tag auf ein gutes, aber weniger ausgewogenes Abendessen zu freuen. All das ist nicht nur vollkommen in Ordnung, sondern gehört zu einem entspannten Essverhalten auch einfach dazu.

Problematisch wird es allerdings, wenn die Hauptintention hinter der Ernährung aus dem Fokus gerät und die Ernährung auch abseits von solchen gelegentlichen emotionalen Ausdrucksformen des Essens nicht in Balance ist – und wenn vor allem auf Essen anstatt auf andere Maßnahmen zurückgegriffen wird, um mit Traurigkeit, Einsamkeit, Langeweile, Nervosität oder anderen negativen Gefühlen klarzukommen.

Es ist völlig in Ordnung, bei Traurigkeit gelegentlich Schokolade zu essen. Das Essverhalten ist jedoch durcheinandergeraten, wenn man sich meistens oder immer mit Schokolade tröstet, anstatt sich mit seinen Gefühlen zu beschäftigen und andere Wege zu suchen, um etwas an seiner Stimmung zu ändern. Ebenso besteht Dysbalance, wenn das Essen von etwas vermeintlich Ungesundem oder Kalorienreichem bei einer ansonsten ausgewogenen Ernährung Stress und Gewissenskonflikte auslöst – sei es aus Angst um die Gesundheit oder vor einer Gewichtszunahme.

Ernährungsprobleme und deren Ursachen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Jeder von uns hat sein ganz eigenes Wechselspiel zwischen Kopf und Bauch. Doch egal, ob du nicht aufhören kannst, dich durch den Tag zu snacken, ob es dir derzeit unmöglich scheint, deinen Konsum von Fast Food zugunsten frischer Lebensmittel zu reduzieren, oder ob du dich trotz Normalgewicht zu dick fühlst und dich aus diesem Grund beim Essen stark einschränkst: Wenn du langfristig wirklich etwas an deinem Essverhalten und deiner Ernährung verändern möchtest, ist es wesentlich, dass du dir den wahren Wert und Zweck von Essen bewusst machst und deine gegenwärtigen Intentionen hinter deiner Ernährung ehrlich für dich reflektierst.

Reflexionsimpulse

Schließe für einen Moment die Augen und stelle dir dein 80-jähriges Ich vor. Wie geht es dir? Wie fit bist du? Was unternimmst du untertags?

Falls du dein 80-jähriges Ich als einen gesunden Menschen voller Energie gesehen hast, unterstützt deine aktuelle Lebens- und insbesondere Ernährungsweise diese Vision? Trägst du mit deiner gegenwärtigen Ernährungsweise zur Beweglichkeit, Vitalität, Selbstständigkeit und Lebensqualität deines 80-jährigen Ichs bei?

Falls du dein 80-jähriges Ich als einen Menschen gesehen hast, der aufgrund bestimmter Beschwerden und Erkrankungen eingeschränkt ist, was löst dieses Bild in dir aus?

»Ach hätte ich das damals nur gemacht …« – als Diätologin berate ich regelmäßig Menschen, die es aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation bereuen, dass sie nicht früher ins Handeln gekommen sind und Empfehlungen nicht ernst genug genommen haben. Sie bedauern es, vor 20, 30 oder 40 Jahren nicht vermehrt auf ihren Körper und ihre Gesundheit geachtet zu haben. Womöglich ist dieses »Damals« deines zukünftigen Ichs dein »Jetzt«. Was braucht dein 80-jähriges Ich von deinem gegenwärtigen Ich, um gesünder, fitter und uneingeschränkt zu sein?

Wie viele deiner täglichen Mahlzeiten sind darauf ausgerichtet, deinen Körper mit hochwertiger Energie und wertvollen Nährstoffen zu versorgen?

Wie häufig snackst du Süßes, Salziges oder Fettiges aus Langeweile oder Gewohnheit, etwa im Auto, im Büro oder abends auf der Couch?

Wie häufig greifst du auf Lebensmittel zurück, um dich von bestimmten Situationen und Gefühlen abzulenken? Dienen dir Snackprodukte in solchen Situationen nur gelegentlich als Pflaster oder sind sie vielmehr das Mittel der Wahl?

Handlungsimpulse

Wenn deine Ernährung zumeist arm an Gemüse und anderen frischen Lebensmitteln oder vorwiegend fett- und zuckerreich ist, beginne damit, eine Hauptmahlzeit des Tages deinem 80-jährigen Ich zu widmen. Die wichtigsten Merkmale einer ausgewogenen Ernährung werden im zweiten Teil des Buches behandelt. Doch auch noch ehe du das Buch zu Ende gelesen hast, kannst du anfangen, in kleinen Schritten mehr Ausgewogenheit in eine Mahlzeit und damit in deinen Ernährungsalltag zu bringen, beispielsweise indem du

zum Frühstück auf Haferflocken und eine Handvoll Obst anstatt auf eine fertige Müslimischung zurückgreifst.Vollkornbrot anstelle von Weißmehlprodukten probierst und dein Brot stets um eine große Portion Gemüse wie Radieschen oder Gurke ergänzt.eine Mahlzeit des Tages vegetarisch ausrichtest, falls du täglich oder mehrmals täglich Fleisch, Schinken oder andere Fleischerzeugnisse isst.zu jedem Mittag- oder Abendessen eine große Handvoll Gemüse isst – beispielsweise einen grünen Blattsalat oder Ofen-Gemüse als Beilage, ein paar Cocktailtomaten zum Toast, etwas Blattspinat unter der Pasta oder zusätzliche Karotten im Curry.auf schonende Zubereitungsarten wie Dünsten oder Kochen zurückgreifst und den Verzehr von Frittiertem oder in reichlich Fett gebackenen Speisen reduzierst.

Bewegung, Musik hören, schreiben, telefonieren, kurz nach draußen gehen, bewusst durchatmen – überlege und notiere dir Handlungsalternativen, auf die du bei negativen Gefühlen anstelle von Essen zurückgreifen kannst. Es ist wichtig, dass es sich hierbei um Tätigkeiten handelt, die nichts mit Essen zu tun haben, die zu deinen Bedürfnissen passen und die für dich tatsächlich funktionieren können. Versuche es in der nächsten emotional aufwühlenden Situation mit einer dieser Handlungen. Nimm den Versuch ernst. Es macht nichts, wenn es nicht auf Anhieb klappt. Ein ernst gemeinter Versuch, der regelmäßig wiederholt wird, ist der erste Schritt, um Veränderungen einzuleiten und sich von der Gewohnheit, Essen als Hilfsmittel zu nutzen, zu distanzieren.

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Dankbarkeit verändert alles, auch dein Ernährungsmindset

Als ich 18 Jahre alt war, habe ich mir den Fuß gebrochen und musste für mehrere Wochen einen Gips tragen.

Ich empfand die Situation damals als große Belastung. Anstatt unterwegs zu sein, war ich zu Hause und bei zahlreichen Alltagstätigkeiten auf Hilfe angewiesen. Ich war die meiste Zeit über schlecht gelaunt und ärgerte mich ohne Ende über meinen Unfall.

Dennoch hatte das Ganze auch etwas Gutes: Aufgrund des Gipses und der damit verbundenen Einschränkungen habe ich tatsächlich das erste Mal im Leben tiefste Dankbarkeit für meine Beine und meinen gesunden Körper gespürt. Mir war ansonsten natürlich bewusst gewesen, dass ich gesund bin, es auch anders sein könnte und ich allen Grund hatte, um mich darüber zu freuen. Doch so richtig tiefe Dankbarkeit dafür hatte ich bis dahin noch nie so richtig wahrgenommen – ganz im Gegensatz zur Frustration darüber, wenn mir in der Früh nicht der perfekte Messie-Dutt gelingen wollte, ich im Bikini nicht die Figur machte, die ich mir vorstellte, oder wenn ich Hautunreinheiten hatte, die sich auch mit Make-up nicht vollends kaschieren ließen. Den Unmut über solche Probleme kannte ich nur zu gut. Es verging damals eigentlich kaum ein Tag, ohne dass mich nicht irgendetwas an meinem Äußeren ärgerte oder entmutigte. Anders ausgedrückt: Es verging praktisch kaum ein Tag, an dem ich mich nicht durch Kleinigkeiten vom Wesentlichen ablenken ließ.

Vor einiger Zeit habe ich eine Patientin betreut, die einige Kilo abnehmen wollte, da ihr Übergewicht ein zunehmendes Gesundheitsrisiko darstellte. Nach einigen Monaten hatte sie erfolgreich acht Kilo verloren. Anfangs konnte sie nicht oft genug betonen, wie sehr sie sich über den Gewichtsverlust freute. Irgendwann jedoch schien ihr neues Gewicht für sie selbstverständlich geworden zu sein.

Kurz nach Ostern stellte sie fest, dass sie über die Feiertage wieder zwei Kilo zugenommen hatte. Sie ärgerte sich darüber und es machte den Anschein, dass die Gewichtszunahme sie entmutigte. Dennoch versuchte ich ihr bewusst zu machen, dass sie nach wie vor allen Grund hatte, um sich zu freuen und dankbar zu sein: Sie wog nicht nur immer noch sechs Kilo weniger als vor der Ernährungsumstellung und Gewichtsreduktion, sondern hatte auch ihre Ernährung in kleinen Schritten umgestellt und ihren Gesundheitszustand verbessert. Zudem hatte sie mittlerweile verinnerlicht, wie es ihr gelingen kann, ohne einseitige Diät abzunehmen und im Alltag bedürfnisorientiert zu essen.

Diese Geschichte zeigt, wie bestimmte Veränderungen nach einiger Zeit oftmals als neuer Normalzustand und Selbstverständlichkeit betrachtet werden, wie also der Einfluss einer positiven Reaktion über eine bestimmte Situation auf die Gefühlslage nach einiger Zeit schwindet. Ganz ähnlich ist es beispielsweise bei einer Gehaltserhöhung, über die man sich zunächst sehr freut, die nach einiger Zeit jedoch zu einem neuen Mindeststandard wird. Oder auch bei einem Partner, den man sich lange an seiner Seite gewünscht hat und mit dem man irgendwann im Autopilot-Modus interagiert.

Dankbarkeit kann in all diesen Situationen, in denen wir etwas als selbstverständlich wahrnehmen oder wütend, enttäuscht und mit anderen negativen Gefühlen aufgeladen sind, ein unfassbar kraftvolles Werkzeug sein. Gemeint ist damit nicht nur Dankbarkeit als augenblickliches Empfinden, sondern jene tiefe Dankbarkeit, die als Persönlichkeitsmerkmal und Wert im Alltag gelebt wird – jene Dankbarkeit, durch die man sich einfach beschenkt fühlt. Eine solche Form der Anerkennung dessen, was da ist und was man hat, kann helfen, den jeweiligen Zustand der Selbstverständlichkeit und Unzufriedenheit in vielerlei Hinsicht neu zu bewerten.

So kann sie auch den oben erwähnten Gewöhnungseffekt abschwächen. Indem Dankbarkeit wirklich erkannt und gelebt wird, wird die Gehaltserhöhung irgendwann womöglich nicht nur als neuer Normalzustand wahrgenommen, sondern ebenso als Geschenk, das jeden Tag aufs Neue ausgepackt werden kann und einem auch an einem trüben Tag einfach Grund zur Freude gibt. Ähnlich kann es sich bei einem Blick auf die Waage verhalten. Die oben erwähnten zwei Kilo mehr stimmen meine Patientin und andere vielleicht nicht unbedingt positiv. Doch die Tatsache, dass man einen gesunden Körper hat, sei es nun mit Über- oder Normalgewicht, oder sich grundsätzlich Essen kaufen und dabei aus einem großen Angebot wählen kann, sind definitiv Gründe, um dankbar zu sein und sich zu freuen.

Dass Dankbarkeit eine positive Wirkung auf den Körper und die Psyche hat und sich günstig auf viele Aspekte des Lebens auswirkt, wird in zahlreichen Untersuchungen eindrucksvoll belegt. Ein Beispiel hierfür ist eine Studie, die darauf abzielte, den Zusammenhang zwischen Dankbarkeit und Glücklichsein genauer zu untersuchen. Im Rahmen der Untersuchung wurden die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip einer von drei Gruppen zugeteilt. Teilnehmer der ersten Gruppe wurden gebeten, Dinge zu notieren, für die sie dankbar sind. Teilnehmer der zweiten Gruppe sollten Dinge notieren, die sie in der vergangenen Woche verärgert hatten, und Teilnehmer der dritten Gruppe sollten neutral wichtige Wochenerlebnisse festhalten. Die Reflexionsübungen wurden wöchentlich über einen Zeitraum von zehn Wochen wiederholt, wobei man die Teilnehmer auch darum bat, ihre Stimmungslage, ihr Problemlösungsverhalten, ihr Gesundheitsverhalten und mögliche körperliche Beschwerden regelmäßig zu protokollieren.

Die Auswertung zeigte, dass jene Menschen, die gebeten wurden, sich auf ihre dankbaren Gedanken zu fokussieren, über den Untersuchungszeitraum insgesamt motivierter und optimistischer waren und ein besseres Wohlbefinden hatten als Teilnehmer der zweiten und dritten Gruppe. Überdies zeigten sich bei den Dankbaren auch bessere Gesundheitswerte. Aus anderen Untersuchungen geht hervor, dass Dankbarkeit unter anderem helfen kann, Stress zu minimieren, geduldiger zu sein und Neid zu reduzieren. Damit kann sie auch all jene Gefühle günstig beeinflussen, die in Hinblick auf ein verbessertes und wertschätzendes Körperbild und eine langfristige Ernährungsumstellung eine Rolle spielen.

Das Schöne an Dankbarkeit ist zudem, dass sie jedem offensteht. Es handelt sich nicht um ein besonderes Talent, das man hat oder eben nicht. Dankbarkeit ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das jeder Mensch bei sich stärken kann und das die Qualität der Beziehung zu sich selbst wie auch zur eigenen Umwelt verändert. Sie ist wie ein Filter, den jeder verfügbar hat und der angewendet werden kann, um jene Dinge, die Stress und Frust verursachen, abzuschwächen, und der all jenes, was bedeutsam ist, wieder klarer zum Vorschein bringt.

Und genau das ist auch wichtig, wenn du die Beziehung zu deinem Körper und die Intentionen hinter deiner Ernährung und Ernährungsumstellung verändern möchtest.