Frag immer erst: warum - Simon Sinek - E-Book

Frag immer erst: warum E-Book

Simon Sinek

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Beschreibung

Die Mutter aller Fragen: Warum? Durch die schnelllebige Welt des Internets steigt die Ablenkung, die Fixierung auf Klicks und Likes führt oftmals nur zu kurzfristigen Erfolgen. Um sich bei Entscheidungsfindungen nicht verwirren zu lassen, ist es deshalb für Führungskräfte und Unternehmen heute wichtiger denn je, sich vom WARUM leiten zu lassen. Wie das funktioniert, erklärt Simon Sinek in seinem Weltbestseller: Anhand von Führungspersönlichkeiten wie Martin Luther King Jr. oder Steve Jobs, die zuallererst nach dem WARUM fragten, zeigt er wie man nachhaltig erfolgreich wird. Er beschreibt, wie man ausgehend von dieser grundlegenden Frage zu einer positiven Vision der Zukunft kommt und so andere dazu inspiriert, bedeutende Dinge zu vollbringen – ein Ansatz, wie er heute nötiger ist denn je. Für all jene, die Inspiration, Erfüllung, Purpose und Erfolg suchen. Die Sonderausgabe zum 15-jährigen Jubiläum des Weltbestsellers!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 369

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Buchvorderseite

Titelseite

Simon Sinek

Frag immer erst: Warum

Wie Topfirmen und Führungskräfte zum Erfolg inspirieren

Übersetzung aus dem Englischen von Christian Gonsa

Für Liv und Jake.

Möget ihr in einer Welt aufwachsen, die immer erst nach dem WARUM fragt.

Es gibt Führer und es gibt Menschen, die führen. Führer besetzen machtvolle oder einflussreiche Positionen. Wer führt, inspiriert uns.

Ob Einzelpersönlichkeit oder Organisation: Denen, die führen, folgen wir nicht, weil wir müssen, sondern weil wir wollen. Wir folgen denen, die führen, nicht ihretwegen, sondern um unser selbst willen.

Dieses Buch ist für Menschen bestimmt, die andere inspirieren wollen, und für Menschen, die inspiriert werden wollen.

Für Victoria, die gute Ideen findet und sie groß macht

Inhalt

Vorwort

Einleitung: Warum mit warum beginnen?

Teil I: Eine Welt, die nicht fragt warum

1. Falsche Annahmen

2. Mit Zuckerbrot und Peitsche

Manipulation gegen Inspiration

Der Preis

Aktionen

Angst

Wünsche

Gruppendruck

Neuerung (gemeinhin: Innovation)

Leichtes Geld, das teuer zu stehen kommt

Manipulationen führen zu Transaktionen, nicht zu Loyalität

Erfolg ist keine Rechtfertigung

Teil II: Eine andere Perspektive

3. Der Goldene Kreis

Nicht der einzige Weg, nur einer von vielen

4. Nicht Meinung, Gesetz

Das Gefühl sitzt nicht im Bauch

Es ist das Unsichtbare, das zählt

5. Klarheit, Disziplin und Konsequenz

Eine klare Antwort

WIE bedeutet Disziplin

Beständigkeit beim WAS

Die richtige Reihenfolge

Kein WIE ohne WARUM

Manipulation und Inspiration sind ähnlich, aber nicht dasselbe

Geschäftemachen ist wie ein Rendezvous

Drei Stufen von Gewissheit

Teil III: Führer brauchen Gefolgschaft

6. Wie Vertrauen entsteht

Der einzige Unterschied zwischen uns und dem Höhlenmenschen ist unser Auto

Menschen finden, die glauben, woran wir glauben

Eine Kathedrale bauen

Wenn wir wissen WARUM, kommt der Erfolg von selbst

Innovation entsteht, wenn man ans Limit geht

Was ist Vertrauen?

Wahres Vertrauen beruht auf unsichtbaren Qualitäten

Der Einfluss der anderen

7. Wie man das Pendel zum Ausschlagen bringt

Die Leugnung des Gesetzes der Diffusion kommt teuer zu stehen

Gib den Menschen etwas, an das sie glauben können

Teil IV: Wie man die Gläubigen mobilisiert

8. Frag warum – aber richtig

Energie steckt an – Charisma inspiriert

Der Weg, den man wählt

Wie man die Quelle der Inspiration vertieft

Ich habe einen Traum (und Er hat den Plan)

Wer das WARUM kennt, braucht diejenigen, die das WIE kennen

Leiten oder Führen

Das richtige Megafon

Sag nur etwas, woran du glaubst

Großes wiederholen

Alle Bewegungen sind persönlich

9. Wissen warum. Gewusst wie. Und dann?

Sprich klar und man wird dich verstehen

10. Kommunikation heißt nicht sprechen, sondern zuhören

Der Sellerie-Test

Je mehr Sellerie, desto mehr Vertrauen

Missachtung von Sellerie

Teil V: Die grösste Gefahr ist der Erfolg

11. Wenn das Warum verschwimmt

Ein Goliath wankt

Erfolgreich sein versus erfolgreich fühlen

Leistung gegen Erfolg

12. Wenn es zum Bruch kommt

Zählbare Erfolge

Die richtige Nachfolge lässt das WARUM weiterleben

Wenn das WARUM verloren geht, bleibt nur das WAS

Teil VI: Entdecke, warum

13. Die Wurzeln des Warum

Das WARUM entsteht, wenn man zurückblickt

Ich bin ein Versager

Menschen inspirieren zu tun, was sie inspiriert

14. Der andere Wettkampf

Folge deinem WARUM, dann folgen dir die anderen

Über den Autor

Anmerkungen

Vorwort:Der Keim einer Bewegung

Wir leben in einer Welt, die verzweifelt nach Inspiration sucht. Aus verschiedenen Gründen einschließlich des Aufstiegs des Internets und unserer Fähigkeit, jeden »Klick«, »Swipe«, »Like« oder Kauf zu messen, sind wir von Metriken, ROI und kurzer Laufzeit besessen.

Und das hat seinen Preis – den Preis des Vertrauens, der Freude und des Gefühls, dass uns unsere Arbeit die Chance eröffnet, ein Teil von etwas zu sein, dass größer ist als wir selbst. Die gute Nachricht ist, dass wir diesen Trend umkehren können, wenn wir lernen, von Anfang an, nach dem WARUM zu fragen.

Das Konzept des WARUM kam zu einer Zeit in mein Leben, als ich es am meisten brauchte. Ich hatte die Liebe zu meiner Arbeit verloren und befand mich an einem sehr dunklen Ort. An der Qualität meiner Arbeit oder meines Jobs an sich gab es nichts auszusetzen; es war die Freude an der Arbeit, die ich verloren hatte. Oberflächlich betrachtet, hätte ich glücklich sein müssen. Ich verdiente gutes Geld. Ich arbeitete mit großartigen Kunden zusammen. Das Problem war, dass ich mich nicht mehr mit der Arbeit verbunden fühlte. Sie erfüllte mich nicht mehr, und ich musste einen Weg finden, meine Leidenschaft neu zu entfachen.

Vielleicht war es ein Glücksfall, dass ich an der Universität Kulturanthropologie studiert hatte und von menschlichem Verhalten, insbesondere in der städtischen, westlichen Kultur, geradezu besessen war. In Verbindung mit dem Druck, den ich verspürte, nachdem ich jegliche Leidenschaft für meine Arbeit verloren hatte, konnte ich das Konzept des WARUM und des Goldenen Kreises als einen Weg zur Lösung meines eigenen Problems formulieren. Und das Ergebnis war tiefgreifend.

Die Entdeckung des WARUM hat nicht nur meine Leidenschaft auf ein nie gekanntes Niveau angehoben, sondern auch meine Sicht auf die Welt völlig verändert. Es war eine so einfache, kraftvolle und leicht umsetzbare Idee, dass ich sie sofort mit meinen Freunden teilte. Das ist es, was wir tun, wenn wir etwas Magisches finden: Wir teilen es. Wenn wir ein brilliantes Buch lesen oder einen großartigen Film sehen, empfehlen wir unseren Freunden und unserer Familie, dass sie es auch lesen oder ihn schauen sollten. Wir möchten unsere Erfahrungen mit Menschen teilen, die uns wichtig sind. Und die Leute, mit denen ich meine Idee teilte, haben genau das Gleiche getan.

Meine Freunde luden mich ein, das Konzept des WARUM mit ihren Freunden und den Menschen, die ihnen wichtig waren, zu teilen. Ich stand in fremden Wohnzimmern und erzählte den Leuten vom WARUM. Einigen habe ich sogar dabei geholfen, ihr WARUM zu finden – für 100 Dollar nebenbei. Diese Wohnzimmergespräche und meine Besessenheit davon, jedem, der zuhören wollte, von meiner Idee zu erzählen, führten zu weiteren Einladungen, Vorträge darüber zu halten. Diejenigen, die sich diese neue Idee des WARUMs zu eigen machten, fanden wieder mehr Gefallen an ihrer Arbeit und brachten ihr Unternehmen und ihre Karriere in Schwung. Einige gründeten sogar ihr eigenes Unternehmen, weil sie diesen neuen Fokus gefunden hatten.

Wie Sie in diesem Buch lesen werden, kann man lernen, mit dem WARUM zu beginnen und das Gesetz der Diffusion von Innovationen anzuwenden, um Ideen zu verbreiten und soziale Bewegungen aufzubauen. Was ich als Nächstes tat, war ein Experiment – ich wandte diese beiden Ideen an, um zu beweisen, dass man keine großen Marketingbudgets oder riesige Finanzmittel braucht, um eine Idee zu verbreiten oder ein Unternehmen aufzubauen. Und es funktionierte … besser als erwartet. Meine Botschaft verbreitete sich, und zwar nicht über die traditionellen Kanäle, sondern durch Mundpropaganda … in einer Zeit, als es noch keine sozialen Massenmedien gab. Menschen, die an das glaubten, was ich glaubte, teilten die Idee mit Menschen, die sie mochten und die ihnen wichtig waren. Und immer seltsamere Dinge begannen zu geschehen. Es war kein Buchagent, sondern jemand anderes, der mich einem Verleger bei Penguin Random House vorstellte, der mir dann die Möglichkeit bot, genau dieses Buch zu schreiben. Es gab kein Bewerbungsverfahren, sondern es war jemand anderes, der mich den Organisatoren von TEDx Puget Sound vorstellte, wo ich einen TEDx-Vortrag halten durfte, der später der zweitmeistgesehene Vortrag auf TED.com werden sollte. Und weil ich gelernt habe, wie man mit dem WARUM beginnt, schreibe ich jetzt ein neues Vorwort für die 15-jährige Jubiläumsausgabe von Frag immer erst: Warum.

Die Welt, in der wir heute leben, unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der Welt, in der ich Frag immer erst: Warum zum ersten Mal geschrieben habe. Das globale Geschäftsumfeld hat sich dramatisch verändert. Glücklicherweise ist das Konzept der Suche nach dem Sinn in unserer Karriere, in unseren Teams und in unseren Unternehmen jetzt ein vertrautes Konzept. Zweckorientierte Start-ups und B-Corps sind nicht mehr revolutionär, sondern gehören mittlerweile zum Alltag. Zweckgebundene Arbeit ist jetzt fest auf der Landkarte verankert.

Da sich die Welt immer schneller verändert, ist es für Unternehmen und Einzelpersonen wichtiger denn je, sich auf ihr WARUM zu konzentrieren und sich bei der Entscheidungsfindung in einer komplexen und ablenkenden Welt davon leiten zu lassen. Da wir vor einigen der größten Herausforderungen unserer Zeit stehen brauchen wir dringend bessere Führungskräfte. Führungspersönlichkeiten, die uns inspirieren. In den letzten Jahrzehnten hat der Idealismus in der Welt immer mehr abgenommen. Im Gegensatz zu John F. Kennedy oder Ronald Reagan sprechen unsere führenden Politiker nicht mehr vom Weltfrieden oder vom Frieden auf Erden als treibende Motivation (tatsächlich klingt selbst das Lesen dieser Worte heute ein wenig kitschig). Aber es ist der Idealismus, die Fähigkeit, mit dem WARUM zu beginnen, der uns antreibt, die Welt zu erfinden, zu erforschen und voranzubringen … und auf diesem Weg enorme Inspiration und Erfüllung zu erfahren.

Ich fühle mich ungeheuer stolz und geehrt angesichts des Einflusses, den diese Arbeit auf die Welt und – was noch wichtiger ist – auf das Leben der Menschen hat. Wir haben beschlossen, diese Ausgabe zum 15. Jahrestag zu veröffentlichen, um die Bewegung zu würdigen, deren Teil wir sind. Sie und ich. Ich habe das Buch zwar auf einfache Weise überarbeitet, einige Beispiele aktualisiert und einige Geschichten modifiziert, um sie auf den neuesten Stand zu bringen, aber die Kernbotschaft und die Lehren des Buches bleiben dieselben.

Wenn Sie Frag immer erst: Warum zum ersten Mal lesen, heißen wir Sie herzlich willkommen. Ich hoffe, es wird Sie dazu bringen, die Welt durch eine neue Linse zu betrachten. Wenn Sie das Buch zum zweiten oder dritten Mal lesen, herzlich willkommen und danke, dass Sie Teil dieser Bewegung sind, die die Menschen um uns herum inspiriert.

Je mehr Organisationen und Menschen lernen, mit dem WARUM zu beginnen, desto mehr Menschen werden aufwachen und sich, wo auch immer sie sind, inspiriert und erfüllt von ihrer Arbeit fühlen. Und das ist der beste Grund, den ich mir vorstellen kann, um diese Idee weiter zu verbreiten.

Inspirieren Sie weiter!

Simon Sinek

Januar, 2025

Einleitung:Warum mit warum beginnen?

In diesem Buch geht es um eine natürliche Veranlagung, um eine Art zu denken, zu handeln und zu kommunizieren, die einige wenige Führer dazu befähigt, ihre Umgebung zu inspirieren. Doch selbst wenn es solche »geborenen Führer« gibt, die bereits mit der Anlage zu inspirieren auf die Welt gekommen sind, bedeutet das nicht, dass diese Fähigkeit nur ihnen vorbehalten bleibt. Wir alle können inspirierendes Verhalten erlernen. Mit etwas Disziplin können Führer oder Organisationen andere innerhalb, aber auch außerhalb von Organisationen inspirieren, und so ihre Ideen und Visionen durchsetzen. Wir alle können Führen lernen.

In diesem Buch geht es nicht einfach um die Reparatur von etwas, das schiefgelaufen ist. Ich habe das Buch vielmehr als eine Anleitung dafür geschrieben, wie man sich auf das, was funktioniert, konzentriert und es verstärkt. Ich will die Lösungen anderer nicht verwerfen. Ihre Antworten sind, sofern sie auf soliden Fakten beruhen, in den meisten Fällen völlig stichhaltig. Wenn wir freilich mit der falschen Frage beginnen, wenn wir nicht verstehen, um was es geht, dann werden uns letztlich auch richtige Antworten in die falsche Richtung führen … möglicherweise. Denn die Wahrheit kommt am Ende immer ans Tageslicht.

In den folgenden Beispielen geht es um Persönlichkeiten und um Organisationen, die inspirierendes Verhalten auf ganz selbstverständliche Weise verinnerlicht haben. Es sind diejenigen, die immer erst fragen: »Warum?«.

I.

Es war ein ehrgeiziges Ziel. Das öffentliche Interesse war groß. Die Fachleute brannten darauf zu helfen. Geld war ausreichend vorhanden.

Samuel Pierpont Langley hatte alles, was man zum Erfolg braucht, als er sich im anbrechenden 20. Jahrhundert aufmachte, als erster Mensch mit einem Flugzeug zu fliegen. Als Mathematikprofessor, der in Harvard gelehrt hatte, und als Leiter der Smithsonian Institution war er weithin geschätzt. Zu seinen Freunden zählten einige der mächtigsten Männer in Regierung und Wirtschaft, unter ihnen Andrew Carnegie und Alexander Graham Bell. Langley wurde vom Kriegsministerium die für die damalige Zeit gewaltige Summe von 50 000 Dollar für sein Projekt zur Verfügung gestellt. Er vereinte die besten Köpfe seiner Zeit, ein wahres »Dream-Team« des Wissens und des technischen Know-hows. Langley und sein Team konnten auf das beste Material zurückgreifen, die Presse folgte ihm auf Schritt und Tritt. Menschen aus ganz Amerika waren von seiner Geschichte gefesselt und warteten mit Spannung darauf, dass er sein Ziel erreichte. Angesichts des Teams, das er versammelt hatte und der Ressourcen, auf die er zurückgreifen konnte, war der Erfolg garantiert.

War er das wirklich?

Einige Hundert Kilometer entfernt arbeiteten die Brüder Wilbur und Orville Wright an ihrer eigenen Flugmaschine. Ihre große Leidenschaft für das Fliegen weckte Enthusiasmus und Einsatzbereitschaft bei einer kleinen, engagierten Schar von Menschen in ihrer Heimatstadt Dayton, Ohio. Es gab keine Finanzierung für ihr Unternehmen. Keine Ressourcen der Regierung. Keine einflussreichen Verbindungen. Nicht einer im Team hatte einen UniAbschluss, ja nicht einmal einen College-Abschluss vorzuweisen, auch nicht Wilbur und Orville. Aber dieses Team, das sich in einer bescheidenen Fahrradwerkstatt versammelte, realisierte seine Vision. Eine kleine Gruppe von Männern wurde am 17. Dezember 1903 Zeuge des ersten Fluges in der Menschheitsgeschichte.

Warum aber hatten die Brüder Wright Erfolg, während ein besser ausgerüstetes, besser finanziertes und besser ausgebildetes Team scheiterte?

Es war kein Glück. Sowohl die Brüder Wright als auch Langley waren hoch motiviert. Sie alle hatten einen starken Glauben. Alle verfügten über einen scharfen Verstand und sie verfolgten das gleiche Ziel. Aber nur den Brüdern Wright gelang es, ihr Team wahrhaft zu inspirieren und zur Entwicklung einer Technologie zu führen, die die Welt verändern sollte. Nur die Brüder Wright fragten immer erst: »Warum?«.

II.

Studenten der Universität von Kalifornien verbrannten als Erste im Jahr 1965 auf dem Campus-Gelände öffentlich ihre Stellungsbefehle, um damit gegen die Verwicklung der USA in den Vietnamkrieg zu protestieren. Nord-Kalifornien war Nährboden für die Opposition gegen die Regierung und gegen das Establishment; die Bilder von den Zusammenstößen und Unruhen in Berkeley und Oakland gingen um die Welt und waren die Initialzündung für die Entstehung von Sympathisanten-Bewegungen in den USA und in Europa.

Dort hatte dann auch 1976, fast drei Jahre nach dem Ende des militärischen Engagements der USA im Vietnamkrieg, eine Revolution anderer Art ihren Ausgangspunkt.

Sie wollten Einfluss, großen Einfluss haben, sie wollten sogar die Vorstellung der Menschen davon, wie die Welt funktioniert, infrage stellen. Aber diese jungen Revolutionäre warfen keine Steine und griffen auch nicht zur Waffe gegen ein autoritäres Regime. Für Steve Wozniak und Steve Jobs, die Gründer von Apple Computers, war das Schlachtfeld die Wirtschaft und die Waffe ihrer Wahl der Heimcomputer.

Als Wozniak den Apple I baute, befand sich die Revolution der Personal Computer (PC) im Anfangsstadium. Die Computer-Technologie, die damals gerade begann Aufmerksamkeit zu erregen, wurde vor allem als Business-Instrument gesehen. Computer waren zu kompliziert und zu teuer für den Durchschnittsbürger. Aber Wozniak, ein Mann, für den Geld keine Motivation war, hatte die Vision, die neue Technologie für ein nobleres Ziel einzusetzen. Er sah im PC ein Mittel, das dem kleinen Mann die Möglichkeit gab, sein eigenes Unternehmen zu gründen. Könnte er ihn dem Einzelnen zugänglich machen, dann, so dachte er, könnte die Mehrheit annähernd das Gleiche bewältigen wie eine Firma, die mit weitaus größeren Ressourcen ausgestattet war. Der PC könnte Chancengleichheit herstellen und die Art, wie die Welt funktionierte, verändern. Woz konzipierte den Apple I und verbesserte die Technologie mit dem Apple II, um ihn billiger und einfacher in der Anwendung zu machen.

Es nutzt nichts, wenn ein Produkt visionär oder brillant ist, aber niemand es kauft. Der 21-jährige Steve Jobs, damals Wozniaks bester Freund, wusste genau, was zu tun war. Obwohl er Verkaufserfahrung mit gebrauchten Elektronikteilen gesammelt hatte, war er viel mehr als nur ein guter Verkäufer. Er wollte etwas Bedeutendes in dieser Welt tun, und er wollte es durch die Gründung einer Firma erreichen. Apple war sein Werkzeug, um seine Revolution zu machen.

Im ersten Geschäftsjahr, mit einem einzigen Produkt, erzielte Apple Einnahmen von einer Million Dollar. Nach zwei Jahren erreichten die Verkäufe zehn Millionen Dollar. Im vierten Jahr verkauften sie Computer im Wert von 100 Millionen Dollar. Schon im sechsten Jahr war Apple Computer eine Milliarde Dollar wert und hatte über 3 000 Angestellte.

Jobs und Woz waren nicht die einzigen Teilnehmer an der Revolution der PCs. Sie waren nicht die einzigen smarten Burschen im Geschäft; tatsächlich wussten sie so gut wie nichts darüber. Das, was Apple zu etwas Besonderem machte, war nicht ihre Fähigkeit eine derart rasant wachsende Firma aufzubauen. Es war nicht ihre Fähigkeit, das Neue an den PCs zu sehen. Das, was Apple zu etwas Besonderem machte, war die Fähigkeit der Firma, das gleiche Verhaltensmuster wieder und wieder anzuwenden. Im Gegensatz zu allen anderen Konkurrenten stellte Apple konventionelles Denken in der Computerindustrie, in der Elektronikbauteilindustrie, in der Musikindustrie, der Handyindustrie und in der Unterhaltungsindustrie allgemein infrage. Der Grund ist einfach. Apple inspiriert. Apple fragt immer erst nach dem Warum.

III.

Er war nicht perfekt. Er hatte seine Schwächen. Er war nicht der Einzige, der im Amerika vor der Bürgerrechtsbewegung gelitten hatte, und es gab eine Reihe anderer charismatischer Redner. Aber Martin Luther King Jr. verfügte über eine besondere Gabe. Er wusste, wie man Menschen inspiriert.

Dr. King wusste, dass es, um die Bürgerrechtsbewegung zum Erfolg zu führen, um realen, dauerhaften Wandel herbeizuführen, mehr Menschen als ihn und seine engsten Verbündeten brauchte. Mitreißende Worte und schöne Reden allein würden nicht ausreichen. Man brauchte Menschen, Zehntausende Durchschnittsbürger, vereint durch eine einzige Vision: das Land zu verändern. Am 28. August 1963 um 11:00 Uhr am Morgen sandten sie die Botschaft nach Washington, dass es Zeit sei für Amerika, den Kurs zu ändern.

Weder verschickten die Organisatoren der Bürgerrechtsbewegung Tausende Einladungen, noch gab es eine Website, um an den Termin zu erinnern. Aber die Menschen kamen. Sie strömten herbei. Insgesamt fand sich im Zentrum der Hauptstadt der Nation eine Viertelmillion Menschen rechtzeitig ein, um die Worte zu hören, die in die Geschichte eingingen, ausgesprochen von dem Mann, der eine Bewegung anführte, die Amerika für immer verändern würde: »Ich habe einen Traum.«

Die Fähigkeit, so viele Menschen aller Farben und Rassen aus dem ganzen Land zu motivieren, sich am richtigen Tag und zur richtigen Zeit zu versammeln, war etwas Besonderes. Obwohl auch andere wussten, was sich in Amerika ändern musste, um Bürgerrechte für alle durchzusetzen, war nur Martin Luther King in der Lage, ein ganzes Land dazu zu inspirieren sich zu verändern, nicht bloß für das Wohl einer kleinen Minderheit, sondern für das Wohl von allen. Martin Luther King fragte immer erst warum.

Es gibt Führer, und es gibt Menschen, die führen. Mit nur sechs Prozent Marktanteil in den USA und drei Prozent weltweit, ist Apple nicht Marktführer unter den Heimcomputer-Produzenten. Und doch ist die Firma führend in der Computerindustrie, und nun auch führend in anderen Industrien. Martin Luther Kings Erfahrungen waren nicht einmalig, und doch brachte er eine Nation dazu, sich zu verändern. Die Brüder Wright waren nicht die potentesten Teilnehmer im Rennen um die Realisierung des ersten bemannten, motorisierten Fluges, aber sie waren es, die uns in die neue Ära der Fliegerei führten, und auf diese Art die Welt, in der wir leben, vollständig veränderten.

Die Ziele waren nicht verschieden von denen anderer, und auch ihre Systeme und Prozessabläufe wurden mit Leichtigkeit wiederholt. Aber die Brüder Wright, Apple und Martin Luther King unterschieden sich von ihren Rivalen. Sie selbst hoben sich ab von der Norm und ihre Wirkung auf Menschen konnte nicht einfach kopiert werden. Sie gehören zu einer exklusiven Gruppe von Führern, die etwas sehr, sehr Spezielles tun: Sie inspirieren uns.

Nahezu alle Menschen oder Organisationen müssen andere zum Handeln motivieren. Einige wollen zu einem Kauf motivieren. Andere suchen Unterstützung oder Wählerstimmen. Andere bemühen sich, die Menschen in ihrer Umgebung zu motivieren, härter oder besser zu arbeiten oder einfach den Regeln zu folgen. Die Fähigkeit andere zu motivieren, ist an sich nicht schwierig zu erlangen. Sie ist im Normalfall mit einem externen Faktor verbunden. Lockende Angebote oder die Androhung einer Strafe löst in vielen Fällen das Verhalten aus, das wir anstreben. General Motors beispielsweise hat die Menschen derart erfolgreich zum Kauf von Autos motiviert, dass die Firma über 75 Jahre lang mehr Autos als jeder andere Autohersteller verkaufte. Aber obwohl sie Marktführer war in ihrer Industrie, führte sie nicht.

Große Führer sind im Gegensatz dazu in der Lage, andere Menschen zum Handeln zu inspirieren. Diejenigen, die inspirieren können, geben den Menschen ein Gefühl der Sinnhaftigkeit oder der Zugehörigkeit, das wenig mit äußeren Anreizen oder zu erwartenden Vorteilen zu tun hat. Wer wirklich führt, ist in der Lage eine Gefolgschaft aus Menschen zu bilden, die nicht handeln, weil sie überredet, sondern weil sie inspiriert wurden. Für diejenigen, die inspiriert sind, ist die Motivation zum Handeln sehr persönlich. Es ist weniger wahrscheinlich, dass sie durch Anreize beeinflusst werden können. Diejenigen, die inspiriert sind, sind bereit mehr zu bezahlen, Unannehmlichkeiten oder gar persönliches Leid auf sich zu nehmen. Wer inspiriert, wird eine Gefolgschaft von Menschen bilden – Anhänger, Wähler, Kunden, Arbeiter –, die nicht zum Wohl des Ganzen handeln, weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen.

Obwohl die Zahl der Organisationen und Führer, mit der natürlichen Fähigkeit uns zu inspirieren, relativ klein ist, begegnen sie uns in allen möglichen Formen und Größen. Man findet sie im privaten und im öffentlichen Sektor. Es gibt sie in jeder Branche – im Kundenverkauf ebenso wie im Großhandel. Unabhängig davon, wo sie sich befinden, üben sie alle überdurchschnittlich großen Einfluss in ihrer Branche aus. Sie haben die treuesten Kunden und die treuesten Angestellten. Oft sind sie in ihrer Branche rentabler als andere. Sie sind innovativer, und – am wichtigsten – sie sind in der Lage, all das auf lange Sicht zu halten. Viele von ihnen verändern ihre Branchen. Einige von ihnen verändern die Welt.

Die Brüder Wright, Apple und Dr. King sind nur drei Beispiele. Harley-Davidson, Disney und Southwest Airlines sind drei andere. Auch John F. Kennedy und Ronald Reagan konnten inspirieren. Gleichgültig, woher sie kommen, sie alle haben eines gemeinsam: Alle diese Führer und Firmen denken, handeln und kommunizieren, unabhängig von ihrer Größe und Branche, exakt auf die gleiche Art und Weise.

Und das ist genau das Gegenteil von dem, was alle andern machen.

Was wäre, wenn wir alle lernen könnten zu denken, zu handeln und zu kommunizieren wie diejenigen, die inspirieren? Ich stelle mir eine Welt vor, in der nicht nur eine kleine Schar Auserwählter die Fähigkeit hat zu inspirieren, sondern die Mehrheit. Studien zeigen, dass 80 Prozent der Amerikaner nicht ihren Traumjob haben. Wenn es mehr Menschen geben würde, die wissen, wie man eine Organisation aufbaut, die inspiriert, könnten wir in einer Welt leben, in der die Statistik sich umkehren würde – eine Welt in der 80 Prozent ihren Job lieben würden. Menschen, die gerne zur Arbeit gehen, sind produktiver und kreativer. Sie gehen zufriedener nach Hause und sie haben glücklichere Familien. Sie behandeln ihre Kollegen, ihre Klienten und ihre Kunden besser. Inspirierte Angestellte produzieren stärkere Firmen und stärkere Wirtschaften. Das ist der Grund, warum ich dieses Buch geschrieben habe. Ich hoffe, dass ich andere dazu inspirieren kann, Dinge zu tun, die sie inspirieren, und dass wir zusammen die Firmen, die Wirtschaft und die Welt schaffen, in der Vertrauen und Loyalität die Norm sind und nicht die Ausnahme. Dieses Buch ist nicht dafür bestimmt, Ihnen zu sagen, was Sie und wie Sie es tun sollen. Mein Ziel ist es nicht, eine Anleitung zum Handeln zu liefern. Mein Ziel ist es, eine Begründung für das Handeln zu liefern.

Ich fordere alle heraus, die offen für das Neue sind, die auf der Suche nach langfristigem Erfolg sind und glauben, dass der Erfolg die Hilfe der anderen erfordert. Von jetzt an frage immer erst nach dem Warum.

Teil I:Eine Welt, die nicht fragt warum

1. Falsche Annahmen

Der 43-jährige Mann wurde an einem kalten Januartag als Führer seines Landes vereidigt. An seiner Seite stand sein Vorgänger, ein berühmter General, der 15 Jahre zuvor die Streitkräfte seines Landes in einem Krieg befehligt hatte, in dem Deutschland besiegt wurde. Der junge Führer war in römisch-katholischem Glauben erzogen worden. Die folgenden fünf Stunden verfolgte er Ehrenparaden, er feierte bis drei Uhr morgens.

Es ist unschwer zu erraten, wen ich beschreibe, nicht wahr?

Es ist der 30. Januar 1933, ich beschreibe Adolf Hitler und nicht, wie die meisten annehmen würden, John F. Kennedy.

Der springende Punkt ist, dass wir von Annahmen ausgehen. Wir machen uns eine Vorstellung von der Welt um uns herum, die manchmal auf unvollständigen oder falschen Annahmen beruht. In diesem Fall war die Information, die ich gegeben habe, unvollständig. Viele von Ihnen haben vermutlich geglaubt, dass ich John F. Kennedy beschrieben habe, bis ich ein kleines Detail hinzufügte: das Datum.

Das ist wichtig, denn unser Verhalten wird von unseren Annahmen oder von vermeintlichen Wahrheiten beeinflusst. Wir treffen Entscheidungen, die auf dem beruhen, was wir zu wissen glauben. Es ist noch nicht lange her, dass der größte Teil der Menschheit glaubte, die Erde sei eine Scheibe. Diese vermeintliche Wahrheit beeinflusste das Verhalten. In dieser Epoche gab es wenige Entdeckungen. Die Menschen fürchteten, sie würden am Ende der Welt über eine Kante fallen, wenn sie sich zu weit vorwagten. Also blieben sie lieber dort, wo sie waren. Erst mit der Entdeckung eines kleinen Details – dass die Erde rund ist – änderte sich das. Nach dieser Entdeckung begannen Kulturen, den Planeten zu erkunden. Handelsrouten entstanden, Gewürze wurden gehandelt. Die Gesellschaften begannen, neue Ideen auszutauschen, etwa in der Mathematik, was alle nur erdenklichen Innovationen ermöglichte. Die Korrektur einer simplen falschen Annahme brachte die Menschheit ein Stück voran.

Denken wir darüber nach, wie Organisationen entstehen und wie Entscheidungen getroffen werden. Wissen wir tatsächlich, warum manche Organisationen erfolgreich sind und andere nicht, oder nehmen wir es nur an? Es spielt keine Rolle, wie man Erfolg definiert – eine Aktie zu einem bestimmten Preis verkaufen, eine bestimmte Geldsumme verdienen, ein Einnahmen- oder Gewinnziel erreichen, eine Beförderung, eine eigene Firma gründen, die Armen ernähren, in ein öffentliches Amt gewählt werden –, die Methoden zur Erreichung der Ziele gleichen sich in den meisten Fällen. Einige von uns improvisieren einfach, aber die meisten versuchen zumindest, ausreichend Datenmaterial zu sammeln, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Manchmal ist diese Datensammlung geregelt – beispielsweise bei Meinungsumfragen oder in der Marktforschung. Und manchmal ist sie informell: Wir bitten Freunde oder Kollegen um Rat oder greifen auf unsere eigenen Erfahrungen zurück, um uns einen Überblick zu verschaffen. Unabhängig vom Verfahren und von den Zielen wollen wir alle fundierte Entscheidungen treffen. Vor allem aber wollen wir die richtigen Entscheidungen treffen.

Aber wie wir alle wissen, sind, unabhängig vom gesammelten Datenmaterial, bei Weitem nicht alle Entscheidungen richtig. Manchmal haben falsche Entscheidungen keine gravierenden Folgen, aber bisweilen können sie katastrophal sein. Unabhängig von den Folgen treffen wir Entscheidungen, die auf einer Wahrnehmung der Welt beruhen, die möglicherweise nicht völlig richtig ist. Viele waren sich am Beginn des Kapitels sicher, dass ich John F. Kennedy beschrieben habe. Wir waren sicher, im Recht zu sein. Möglicherweise hätten wir sogar Geld darauf gesetzt – gestützt auf eine Vermutung. Wir waren völlig sicher, bis das kleine Detail des Datums hinzugefügt wurde.

Nicht nur schlechte Entscheidungen beruhen auf falschen Annahmen. Auch wenn die Dinge gut laufen, glauben wir oft zu wissen warum. Aber wissen wir es wirklich? Dass das Resultat das erwünschte war, bedeutet nicht, dass es wiederholbar ist. Ich habe einen Freund, der einen Teil seines Geldes investiert. Wenn es gut läuft, liegt es seiner Meinung nach an seiner Intelligenz und an der Wahl der richtigen Aktien. Aber wenn er Geld verliert, dann macht er stets die Märkte dafür verantwortlich. Ich habe mit keiner der beiden Erklärungen ein Problem, doch entweder hängen Erfolg und Misserfolg von seiner eigenen Voraussicht beziehungsweise Blindheit ab, oder sie hängen vom Glück beziehungsweise Pech ab. Aber es kann nicht beides sein.

Wie können wir also sicherstellen, dass alle unsere Entscheidungen die besten Resultate bringen werden, die wir obendrein vollkommen unter Kontrolle haben werden? Es scheint auf der Hand zu liegen, dass mehr Information und mehr Datenmaterial der Schlüssel sind. Und genau danach handeln wir. Wir lesen Bücher, wir nehmen an Konferenzen teil, wir hören Podcasts oder wir fragen Freunde und Kollegen – alles, um mehr zu erfahren und herauszufinden, was zu tun ist. Das Problem ist, dass wir alle schon in Situationen geraten sind, in denen uns alles Datenmaterial zur Verfügung stand und wir viele gute Ratschläge erhielten – und trotzdem liefen die Dinge nicht wie gewünscht. Oder die Resultate waren nur kurze Zeit gut. Oder es trat etwas ein, was nicht vorhersehbar war. Ein kurzer Hinweis für alle, die tatsächlich vermutet haben, dass am Beginn des Abschnitts Adolf Hitler gemeint war: Die von mir genannten Details treffen sowohl auf Hitler als auch auf John F. Kennedy zu, es hätten beide sein können. Man muss vorsichtig sein mit dem, was man zu wissen glaubt. Wie wir sehen, können uns Annahmen selbst dann in die Irre führen, wenn sie auf gewissenhafter Recherche beruhen.

Intuitiv verstehen wir das. In dem Fall, dass selbst bei Tonnen von Daten und guten Ratschlägen die Dinge nicht so laufen, wie wir es erwartet haben, gehen wir davon aus, dass die Ursache wahrscheinlich darin liegt, dass wir ein kleines, aber wesentliches Detail übersehen haben. In diesen Fällen überprüfen wir unsere Quellen, manchmal suchen wir neue, um herauszufinden, was zu tun ist, und der ganze Prozess beginnt von Neuem. Mehr Datenmaterial hilft jedoch nicht immer, vor allem dann nicht, wenn der ganze Prozess von einer falschen Annahme ausgeht. Es müssen noch andere Faktoren berücksichtigt werden, Faktoren, die außerhalb unseres rationalen, analytischen, informationshungrigen Gehirns liegen.

Es gibt Fälle, in denen uns kein Datenmaterial zur Verfügung steht oder in denen wir Ratschläge oder vorhandene Informationen ignorieren und einfach aus dem Bauch heraus entscheiden. Und alles geht gut, manchmal sogar besser als erwartet. Dieser Eiertanz zwischen Instinkt und rationaler Entscheidungsfindung beschreibt fast vollständig, wie wir Geschäfte machen, ja sogar, wie wir unser Leben führen. Natürlich können wir weiterhin alle Optionen in alle Richtungen drehen und wenden, aber wenn wir alle guten Ratschläge und stichhaltigen Fakten berücksichtigen, sind wir wieder dort, wo wir am Anfang waren: Wie können wir eine Vorgehensweise festlegen, die zum gewünschten Resultat führt und dieses auch wiederholbar macht. Wie können wir hundertprozentig richtige Vorhersagen treffen?

Es gibt eine wundervolle Geschichte über eine Gruppe von Managern aus der amerikanischen Automobilindustrie, die nach Japan fuhren, um eine Montagelinie zu besichtigen. Am Ende der Montagelinie wurden die Autotüren auf die Türangeln gehängt, genau wie in Amerika. Aber etwas fehlte. In Amerika würde ein Arbeiter zu einem Gummihammer greifen und die Türenden abklopfen, um sicherzustellen, dass die Tür perfekt sitzt. In Japan war dafür anscheinend keine Vorsorge getroffen worden. Die amerikanischen Automanager waren irritiert und fragten, an welchem Punkt die Japaner sicherstellten, dass die Türen perfekt passten. Ihr japanischer Führer lächelte verlegen. »Wir stellen bei der Planung sicher, dass sie passt«, sagte er dann. In der japanischen Autoproduktion wurde das Problem nicht untersucht, es wurden keine Daten gesammelt, um die beste Lösung zu finden – man sorgte von Anfang an dafür, dass man das gewünschte Produkt erhalten würde. Wenn nicht das angestrebte Resultat erzielt wurde, so musste das auf eine Entscheidung zurückzuführen sein, die am Anfang des Prozesses stand.

Am Ende passten sowohl die in Amerika als auch die in Japan produzierten Türen auf die Autos, wenn diese von der Montagelinie rollten. Aber die Japaner mussten niemanden einstellen, der auf Türen einhämmerte, und sie mussten keinen Hammer kaufen. Die japanischen Türen hielten wahrscheinlich länger und waren möglicherweise auch im Fall eines Unfalls stabiler. Und das aus dem einfachen Grund, weil die Japaner von Anfang an sicherstellten, dass die Teile zusammenpassten.

Das, was amerikanische Autohersteller mit ihren Gummihämmern tun, ist eine Metapher für die Art, mit der viele Menschen und Organisationen ihre Arbeit machen. Wenn sie damit konfrontiert werden, dass sich das geplante Resultat nicht einstellt, werden so lange höchst effiziente, kurzfristige Lösungsansätze angewendet, bis das gewünschte Ergebnis erzielt wird. Doch wie stabil sind diese Lösungen? Viele Organisationen leben in einer Welt, die sich auf erreichbare Ziele beschränkt und Hämmer verwendet, um sie zu erreichen. Wer aber mehr erreicht, wer mit weniger Angestellten und mit weniger Ressourcen mehr leistet, wer überproportional großen Einfluss ausübt, der wird Produkte bauen, Firmen gründen und auch Personal einstellen, die alle in den ursprünglich geplanten Rahmen passen. Das Ergebnis ist möglicherweise auf den ersten Blick dasselbe, aber große Führer verstehen den Wert unsichtbarer Qualitäten.

Jede Anweisung, die wir geben, jeder Ablauf, den wir festlegen, jedes gewünschte Resultat hat denselben Ausgangspunkt: eine Entscheidung. Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die entscheiden, die Tür zu bearbeiten, bis sie passt, und auf der anderen diejenigen, die an einem ganz anderen Punkt beginnen. Beide Vorgehensweisen können kurzfristig ähnliche Ergebnisse hervorbringen, aber der langfristige Erfolg kann nur für eine der beiden Methoden vorausgesagt werden – das liegt an einem Vorteil, den wir auf den ersten Blick nicht sehen: Im Vorteil ist derjenige, der nicht nach Gewohnheit, sondern nach Plan vorgeht.

2. Mit Zuckerbrot und Peitsche

Manipulation gegen Inspiration

Es gibt auf dem Markt kein Produkt und kein Serviceangebot, das der Kunde nicht anderswo genauso billig, genauso gut, mit einem ebenso guten Kundendienst und entsprechenden Eigenschaften bekommen kann. Die meisten neuen Produkte verlieren ihren Vorsprung innerhalb weniger Monate. Innovative Produkte bekommen es auf dem Markt in kürzester Zeit mit ebenbürtigen oder sogar besseren Produkten zu tun.

Und doch werden die meisten Firmen auf die Frage, warum ihnen ihre Kundschaft treu ist, antworten, dass sie besser und billiger sind, überlegene Produkte haben und ihre Kunden besser betreuen. Das zeigt uns: Die meisten Firmen wissen nicht, warum ihre Kunden ihre Kunden sind. Und wenn ein Unternehmen nicht versteht, warum ihm seine Kunden die Treue halten, dann wird es auch nicht wissen, warum ihm seine Angestellten die Treue halten.

Ein Unternehmen, das nicht weiß, warum seine Kunden und Angestellten loyal sind, kann unmöglich wissen, auf welche Art es neue Mitarbeiter gewinnen und die Loyalität der vorhandenen stärken kann. Die Realität ist, dass die meisten Unternehmen ihre Entscheidungen auf der Grundlage von lückenhaften oder sogar vollkommen falschen Annahmen über die Kräfte fällen, die das Geschehen auf dem Markt bestimmen.

Um Menschen zu beeinflussen, kann man zwei Methoden einsetzen: Manipulation oder Inspiration. Manipulation muss durchaus nichts Schlechtes sein; sie ist eine normale Taktik, die nicht zwangsläufig schädlich ist. Wir alle haben in unserer Jugend andere manipuliert. Der Satz »Ich will dein bester Freund sein« ist Ausdruck einer Verhandlungstaktik, die Generationen von Kindern angewendet haben, um von anderen Kindern Dinge zu bekommen, die sie haben wollten. Und jedes Kind, das schon einmal ein Bonbon verschenkt hat, um einen neuen besten Freund zu gewinnen, kann bestätigen: Die Taktik funktioniert. Manipulation ist in Verkauf und Marketing weit verbreitet. Das gilt nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik. Spielarten der gezielten Manipulation sind Preisnachlässe, Aktionen, Gruppendruck, das Ansprechen von Ängsten und Wünschen oder die Ankündigung von Neuerungen. Diese Mittel werden eingesetzt, um das Kaufverhalten und Wahlverhalten zu beeinflussen oder sich Unterstützung zu sichern. Unternehmen und andere Organisationen, die keine klare Vorstellung davon haben, warum ihnen ihre Kunden die Treue halten, neigen dazu, massiv Manipulationstechniken anzuwenden, um ihre Ziele zu erreichen. Und dafür gibt es einen guten Grund. Die Manipulation ist erfolgreich.

Der Preis

Viele Firmen haben zwar Vorbehalte gegen Preisnachlässe, verwenden sie aber, weil sie wissen, dass sie effektiv sind. So effektiv, dass die Versuchung fast unwiderstehlich ist. Es gibt wenige professionell arbeitende Dienstleistungsfirmen, die nicht einfach ihre Preise heruntersetzen, um ein Geschäft abzuschließen, wenn sich die Chance auf einen großen Auftrag ergibt. Gleichgültig wie man es sich selbst oder wie man es dem Kunden erklärt, der Preis ist eine höchst effektive Manipulationstechnik. Wenn wir den Preis nur tief genug senken, wird der Kunde das Produkt kaufen. Wir sehen das im Einzelhandel beim Saison»Ausverkauf«. Wenn man die Preise tief genug senkt, leeren sich die Regale schnell und es wird Platz für die Ware der nächsten Saison geschaffen.

Das Arbeiten mit Preisnachlässen kann eine Firma jedoch sehr teuer zu stehen kommen und in Schwierigkeiten bringen. Für den Verkäufer sind Preisnachlässe wie eine Heroinsucht. Der kurzfristige Gewinn ist fantastisch, doch je öfter er es tut, desto schwieriger wird es, damit wieder aufzuhören. Wenn sich die Käufer einmal daran gewöhnt haben, für ein Produkt oder ein Service einen unterdurchschnittlichen Preis zu zahlen, ist es sehr schwer, sie dazu zu bewegen, wieder mehr dafür zu bezahlen. Und die Verkäufer, die dem starken Druck ausgesetzt sind, die Preise immer tiefer zu drücken, um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen hinnehmen, dass auch ihre Gewinnspanne immer kleiner wird. Zum Ausgleich für die Verluste muss mehr verkauft werden. Der schnellste Weg, das zu erreichen, ist wieder der Preis. Und so wird die Abwärtsspirale der Preisabhängigkeit losgetreten. In der Drogenwelt nennt man die Süchtigen Junkies. In der Geschäftswelt haben diese Rolle die Verbrauchsgüter übernommen. Versicherung. Heimcomputer. Handy-Service. Verpackte Waren. Die Liste von Verbrauchsgütern, die erst durch Preisnachlässe dazu wurden, ist lang. Fast immer sind die Firmen, die ihre Produkte als Verbrauchsgüter vertreiben müssen, selbst schuld daran. Sicherlich sind Preisreduzierungen ein durchaus legitimer Weg, Verkäufe zu steigern; doch die Herausforderung besteht darin, profitabel zu bleiben.

Wal-Mart scheint eine Ausnahme zu sein. Die Kette baute mit ihren Preisnachlässen ein überaus erfolgreiches Geschäftsmodell auf. Aber zu sehr hohen Kosten. Nur ihre Größe erlaubte der Wal-Mart-Gruppe, die Gefahren, die Preisnachlässe mit sich bringen, zu umschiffen. Aber die Fixierung des Unternehmens auf den Preis machte es anfällig für Skandale und schädigte sein Image. Auslöser für die Skandale war immer der Versuch, die Kosten niedrigzuhalten, um Produkte zu niedrigen Preisen anbieten zu können.

Preis hat immer seine Kosten. Die Frage ist nur, was man für das Geld, das man verdient, bezahlen will.

Aktionen

General Motors hatte ein kühnes Ziel. Die Firma wollte den größten Marktanteil in der amerikanischen Autozulieferindustrie erringen. In den Fünfzigerjahren hatte es vier Wahlmöglichkeiten in der US-Autoindustrie gegeben: GM, Ford, Chrysler und AMC. Bevor die ausländischen Autoproduzenten auf dem Markt auftauchten, dominierte GM. Die neue Konkurrenz erschwerte es jedoch erwartungsgemäß, das Ziel zu erreichen. Es ist überflüssig, Statistiken vorzulegen, um zu zeigen, was sich in den vergangenen fünfzig Jahren in der Autoindustrie verändert hat. Doch General Motors steuerte erfolgreich durch den größten Teil des vergangenen Jahrhunderts und konnte seine Dominanz mit Hochpreisprodukten behaupten.

Seit 1990 aber hat sich der Marktanteil von Toyota am US-Automarkt mehr als verdoppelt. 2007 war Toyotas Marktanteil von lediglich 7,8 Prozent auf 16,3 Prozent geklettert1. In derselben Zeitspanne brach der US-Marktanteil von GM dramatisch von 35 Prozent im Jahr 1990 auf 23,8 Prozent im Jahr 2007 ein. 2008 wurde das undenkbare Realität: US-Konsumenten kauften mehr ausländische als amerikanische Autos.

Mit den Erfolgen der japanischen Konkurrenz konfrontiert, gingen GM und die anderen amerikanischen Autoproduzenten in den Neunzigerjahren dazu über, Kaufanreize zu setzen. Das Ziel war es, die schwindenden Marktanteile zu halten. GM bot Kunden, die Autos und Lastwagen kauften, massive Anreize mit Cash-back zwischen 500 Dollar und 700 Dollar. Lange Zeit funktionierten die Aktionen prächtig. Die Verkäufe von GM stiegen wieder.

Aber auf lange Sicht trugen die Anreize nur zur dramatischen Abnahme der Gewinnspanne von GM bei und waren die Ursache für die hohen Schulden des Unternehmens. 2007 verlor GM 729 Dollar pro Auto, vor allem wegen der Anreize. Als man erkannte, dass das Modell nicht aufrechtzuerhalten war, schränkte GM die Rabatte ein, damit gingen aber auch die Verkäufe wieder zurück. Kein Bargeld, keine Kundschaft. Die Autoindustrie hatte aus Kunden Cash-back-Junkies gemacht; die Kunden waren nicht mehr gewillt, den vollen Preis zu zahlen.

Ob »Zwei zum Preis von einem« oder »Plus Gratisspielzeug« – solche Aktionen sind derart weit verbreitet, dass wir oft vergessen, dass wir manipuliert werden. Achten wir beim nächsten Digitalkamerakauf darauf, nach welchen Kriterien wir unsere Kaufentscheidung treffen. Es ist einfach, eine Kamera zu finden, die den Anforderungen entspricht – Größe, Megapixel-Zahl, guter Preis, bekannter Markenname. Aber mit einer dieser Kameras ist vielleicht eine Aktion verbunden – eine Gratis-Hülle oder eine Gratis-Memory-Karte. Angesichts der relativen Gleichwertigkeit von Eigenschaften und Leistung gibt dieses kleine Extra nicht selten den Ausschlag für ein Produkt. Im B2B-Bereich nennt man das »Wertsteigerung«. Das Prinzip ist immer dasselbe: etwas zu verschenken, um das Verkaufsrisiko zu verringern. Wie beim Preis sieht man: Aktionen haben Erfolg.

Manipulationen bei Aktionen sind im Einzelhandel so weit verbreitet, dass die Branche einem der angewandten Prinzipien einen Namen gab. Sie nennen das Abbruchrate. Die Abbruchrate misst den Prozentsatz der Kunden, die die Aktionen nicht in Anspruch nehmen und stattdessen den vollen Preis zahlen. Das geschieht normalerweise dann, wenn Käufer sich nicht um die notwendigen Formalitäten für die Beanspruchung des Rabatts kümmern, einem Vorgang, der vorsätzlich kompliziert oder unpraktisch gestaltet wurde, um die Wahrscheinlichkeit von Fehlern oder passiver Haltung zu steigern und die Abbruchrate hoch zu halten.

Für die Inanspruchnahme von Rabatten muss der Kunde normalerweise die Kopie einer Zahlungsbestätigung einsenden oder den Bar-Code auf einer Verpackung ausschneiden und ein Rabatt-Formular mit Produkteinzelheiten und detaillierten Angaben zum Kaufverhalten exakt ausfüllen. Die Einsendung des falschen Verpackungsteils oder die Auslassung eines Details im Antragsformular verzögert oft die Auszahlung des Rabatts um Wochen und Monate oder macht ihn ungültig. Die Rabatt-Branche hat auch einen Namen für Kunden, die sich schlicht und einfach nicht um die Beantragung der Rabatte kümmern oder die Rabattgutscheine, die sie erhalten, nie einlösen. Das sind die sogenannten Aussteiger.

Für die Wirtschaft liegen die kurzfristigen Vorteile der Rabatte und anderer Manipulationen auf der Hand: Ein Rabatt bringt den Kunden letztlich dazu, den vollen Preis für ein Produkt zu zahlen, das er möglicherweise nur deshalb kaufte, weil er mit einer Teilrückerstattung rechnete. Aber an die 40 Prozent der Kunden erhalten niemals den Preisnachlass, den sie erwartet haben. Man könnte das eine Steuer für schlecht organisierte Käufer nennen, und die Einzelhändler bauen darauf.

Die Marktaufsicht hat die Kontrolle der Rabatt-Industrie verstärkt, aber mit mäßigem Er folg. Die Rabatt-Einlösung bleibt schwerfällig, und das bedeutet Geldgewinn für den Verkäufer. Eine glänzende Manipulation. Aber zu welchem Preis?

Angst

Wenn jemand eine Bank mit einer Banane in der Tasche überfällt, wird die Anklage auf bewaffneten Raubüberfall lauten. Niemand war tatsächlich in Gefahr erschossen zu werden, aber es ist der Glaube der Opfer, dass der Räuber eine wirkliche Waffe in der Hand hält, der für das Gesetz zählt. Aus gutem Grund. Der Räuber bedroht seine Opfer, weil er weiß, dass sie ihm aus Angst gehorchen werden. Das Spiel mit der Angst, die durch eine reale oder eingebildete Bedrohung ausgelöst wird, stellt wahrscheinlich die wirkungsvollste Manipulation einer Masse dar.

»Niemand wurde bisher gefeuert, weil er IBM einen Auftrag gegeben hat«, hieß es in einem alten Werbespot, der ein Verhalten widerspiegelt, das von der Angst diktiert wird. Angestellte in Beschaffungsabteilungen, deren Aufgabe es ist, die besten Lieferanten für ihre Firma zu finden, wiesen bessere und preiswertere Produkte nur deshalb ab, weil sie von kleinen Firmen oder unbekannten Marken angeboten wurden. Die reale oder eingebildete Angst, dass der Job auf dem Spiel stand, wenn etwas schiefging, reichte aus, um ihre Aufgaben zu vernachlässigen, ja sogar den Firmeninteressen zu schaden.

Wenn Angst im Spiel ist, sind Fakten zweitrangig. Tief in unserem Überlebenstrieb verankert, kann sie nicht mit Daten und Fakten bekämpft werden. So funktioniert Terrorismus. Nicht die statistische Wahrscheinlichkeit, dass jemand Opfer einer Terrorattacke werden könnte, kann die Bevölkerung lähmen, sondern die Angst, dass es tatsächlich geschehen könnte,.

Die Macht der Angst, uns zu manipulieren, wird freilich meist für weit harmlosere Zwecke eingesetzt. Wir setzen Angst als Mittel in der Kindererziehung ein. Wir setzen Angst ein, um Menschen zur Befolgung eines Moralkodexes anzuhalten. Angst wird regelmäßig in Anzeigen staatlicher Einrichtungen eingesetzt, beispielsweise bei Kampagnen für die Sicherheit von Kindern, bei AIDS-Aufklärungskampagnen oder um das Anlegen von Sicherheitsgurten zu propagieren. Fernsehzuschauer in den Achtzigerjahren wurden mit Anti-DrogenEinschaltungen geradezu bombardiert, darunter denen einer staatlichen Einrichtung im Rahmen eines nationalen Programms gegen Drogenmissbrauch von Teenagern: »Das ist dein Gehirn«, sagte ein Mann mit einem unbeschädigten Ei in der Hand. Dann schlug er das Ei in eine Bratpfanne mit spritzendem, heißem Öl. »Das ist dein Gehirn unter Drogeneinfluss, … noch Fragen?«

Eine andere Einschaltung zielte darauf ab, kecken Teenagern eine Höllenangst einzujagen: »Kokain macht nicht sexy, … es macht tot.«

Politiker, die behaupten, ihre Gegner erhöhen Steuern und kürzen Ausgaben im Sicherheitsbereich, oder Sondereinspielungen in den Abendnachrichten, die den Eindruck erwecken, Gesundheit und Sicherheit stehe auf dem Spiel, wenn nicht um 23 Uhr der Fernseher eingeschaltet wird; im einen wie im anderen Fall wird versucht Angst zu machen. Firmen arbeiten ebenfalls mit Angst, sie nutzen unsere tief sitzende Unsicherheit, um Produkte zu verkaufen. Man will uns einreden, dass uns etwas Schlimmes zustoßen könnte, wenn wir ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung nicht erwerben.