Franckh-Kosmos "... von nicht verklungener Wirkung ..." - Franckh Kosmos Verlag - E-Book

Franckh-Kosmos "... von nicht verklungener Wirkung ..." E-Book

Franckh Kosmos Verlag

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Beschreibung

Im Jahr 2022 feiert der Stuttgarter Kosmos Verlag sein 200-jähriges Bestehen. Nicht nur seine lange Geschichte zeichnet das Unternehmen aus: Die Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG ist zudem eines der wenigen großen deutschen Verlagshäuser, das nach wie vor als inhabergeführtes Familienunternehmen am Markt agiert. Was waren und sind die entscheidenden Faktoren dieser erfolgreichen Unternehmensgeschichte? Welche Menschen, Ideen und Visionen prägten die Programmgestaltung in den verschiedenen Epochen? Die Chronik des Hauses zeichnet die spannende Entwicklung des Hauses nach: von den ersten belletristischen Erfolgen der beiden Brüder Franckh über die Kosmos Gesellschaft für Naturfreunde bis zum digital und international aufgestellten Medienunternehmen der Gegenwart. Das Buch portraitiert visionäre Entrepreneure mit Mut und unternehmerischem Geschick, unterzieht die Zeit der beiden Weltkriege einer kritischen Analyse und beschreibt die Mission für die Zukunft, der sich der Verlag auf der Basis seiner langen Tradition verpflichtet fühlt: Bücher und Spielwaren auch für kommende Generationen attraktiv und relevant zu erhalten. Ein spannender Blick hinter die Kulissen und die Erfolgsfaktoren einer starken Verlagsmarke im Wandel der Zeit.

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Seitenzahl: 310

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Von nicht verklungener Wirkung …

Die Franckh-Kosmos Verlagsgeschichte im Spiegel der Zeit

IMPRESSUM

Für Mitarbeit, Hinweise und guten Rat dankt der Verlag Peter Feierabend, Boris Heczko, Fritz Keller, Kai Nehmann und Elke Rutschmann.

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier

© 2022, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 978-3-440-50696-7

Projektleitung: Silke Ruoff

Redaktion und Bildredaktion: Dr. Eva Eckstein, Bettina Schultes, Katharina Weinbrenner

Umschlaggestaltung von Gramisci Editorial Design, München.

Layout: Peter Feierabend, Christian Schaarschmidt

Satz und Gestaltung: Buch-Werkstatt, Bad Aibling

Produktion: Eva Schmidt

Inhalt

Weiter, immer weiter … Vorwort von Michael Fleissner

I. Die Jahre 1822–1947 im Spiegel alter Verlagschroniken

Von den „Franckh’schen Umtrieben“ bis zur Zeit des Stillstands (1822–1893)

„Der Wissensdrang und Forschungstrieb in der Brust des ­Menschen …“ (1893–1947)

II. Die Franckh’sche Verlagshandlung zwischen 1893 und 1948

Kaiserreich, Erster Weltkrieg und politische Instabilität (1893–1933)

Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg, Zusammenbruch und Neubeginn (1933–1948)

III. Der Franckh-Kosmos Verlag seit dem Zweiten Weltkrieg

Die zweite Generation (1948–1988)

Reorganisation, Neuentwicklung und Ausbau (1989–2012)

Identifikation, Innovation und Kreativität(2012 bis heute)

Relevant für zukünftige Generationen

Zeittafel

VorwortWeiter, immer weiter …

Zwei Jahrhunderte – eine gute Zeit für Verleger

Es gibt nicht allzu viele Unternehmensbiografien von Verla­gen. Das liegt vermutlich daran, dass wir im Verlag tagtäglich mit Manuskripten und Spiele-Ideen unserer Autoren so beschäftigt sind, dass keine oder nur wenig Zeit bleibt, ein eigenes Buch zu erstellen.

Als ich vor einigen Jahren im sehr gut geordneten Archiv unseres Hauses in Stuttgart ein bislang unbekanntes Manuskript über die Geschichte der Franckh’schen Verlagshandlung von E. G. Erich Lorenz aus dem Ende der Vierzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts entdeckte, beschloss ich, dieses Werk als Grundstein für die Geschichte von Franckh-Kosmos zu verwenden.

Ziel war es, auf die Wurzeln des Verlages zu stoßen und die Vergangenheit dieses Hauses zu beleuchten, um bei zukünftigen Herausforderungen auch an die wechselvolle Verlagsgeschichte zu erinnern, die über diesen langen Zeitraum nicht immer geradelinig und erfolgreich verlief.

Heute stehen wir vor unsicheren und aufgewühlten Zeiten, in denen es wichtiger denn je sein wird, zu wissen, wo man herkommt und welche Ideen und Leitlinien das Haus Franckh-Kosmos auch über schwere Zeiten getragen haben. Denn ­Zukunft braucht Herkunft.

Für nachfolgende Generationen soll dies nicht nur als Verpflichtung, sondern auch als Auftrag dienen, ganz im Sinne des bekannten Goethe-Wortes:

Manches Herrliche der Welt ist in Krieg und Streit zerronnen,

Wer beschützet und erhält, hat das schönste Los gewonnen.

In unserer Zeit hatten wir das große Glück, den Verlag in Zeiten von Frieden und Freiheit weiterzuentwickeln. Keine Selbstverständlichkeit, wie uns die dramatischen Ereignisse der vergangenen Monate zeigen.

Unser verlegerischer Anspruch wird bleiben: Mit großer Freude und Leidenschaft Bücher, Spiele und Experimentierkästen zu entwickeln und Menschen stark zu machen. In den vergangenen Jahren konnten wir daher in allen Unternehmensbereichen Lösungen vorbereiten und aufbauen, auch um nachhaltiger arbeiten und produzieren zu können. Dabei geben uns unsere Unternehmenswerte den notwendigen Halt, den Weg zu unseren Zielen fortzusetzen. Eigenverantwortung und Veränderungsbereitschaft lassen neue Chancen erkennen und können Risiken minimieren.

Nur wenige Verlage überdauern ein Jahrhundert, geschweige denn zwei. Dass es dem Kosmos Verlag gelungen ist, sich gegen dieses ungeschriebene Gesetz durchzusetzen, ist vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Autorinnen und Autoren geschuldet.

Ihnen allen gebührt unser besonderer Respekt und großer Dank.

Michael Fleissner, im März 2022

I. Die Jahre 1822–1947 im Spiegel alter Verlagschroniken

Die bisher unveröffentlichte „Verlagsgeschichte Franckh“ wurde um 1947 von E. G. Erich Lorenz verfasst und lag jahrzehntelang unentdeckt im Verlagsarchiv. Wir haben dem Text mit seiner sehr subjektiven Sichtweise und dem ganz eigenen Charme seinen Charakter belassen und beschränken uns auf eine sorgfältige Auswahl von Textpassagen und eine zurückhaltend kommentierende und zuweilen ergänzende Textbegleitung von Achim Gralke.

Von den „Franckh’schen Umtrieben“ bis zur Zeit des Stillstands

1822–1893

Vor 200 Jahren, am 6. Juli 1822, wurde die Franckh’sche Verlagshandlung gegründet, aus der sich der Kosmos Verlag entwickelt hat. Johann Friedrich Franckh und sein sieben Jahre jüngerer Bruder Friedrich Gottlob Franckh prägten die erste Phase in der Geschichte des Verlagshauses.

Die Brüder Franckh haben sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als ein Unternehmen profiliert, das sich mit einem neuen Selbstverständnis und spektakulären Vermarktungsstrategien nicht nur im süddeutschen Raum schnell einen Namen gemacht hat. Aufgeschlossenheit für neue Ideen und kaufmännischer Unternehmungsgeist zeichneten sie aus: Sie beteiligten sich mehrfach an anderen Firmen und gründeten Zweigbetriebe. Aber vor allem hatten sie schon damals ein Gespür für die Bedürfnisse von Lesern und beobachteten den Markt ganz genau.

Nur von der heutigen Programmausrichtung des Verlages, die stark von einem naturwissenschaftlichen Programm geprägt ist, war damals noch keine Rede. Aber schon hier zeigte sich der rote Faden der Verlagsgeschichte bis heute: Die Franckh-Brüder erkannten bereits Anfang des 19. Jahrhunderts die wachsende Nachfrage nach Bildungs- und Unterhaltungsliteratur und handelten unternehmerisch, da sie sich auf die Bedürfnisse des Marktes konzentrierten.

Die Brüder hatten sich mit 1822 ein spannendes Jahr für ihre Verlagsgründung ausgesucht: Der französische Gelehrte Jean-François Champollion hatte das Geheimnis der altägyptischen Hieroglyphen gelüftet, in Bremen brach die hanseatische Handelsfregatte Mentor zur ersten Weltumseglung eines deutschen Schiffes auf, der Schriftsteller E. T. A. Hoffmann starb im Alter von 46 Jahren, und in St. Petersburg kommt Olga Nikolajewna Romanowa auf die Welt, die ab 1864 als Olga Königin von Württemberg in die Landesgeschichte eingehen wird.

Der Verlagsbuchhandel um die Jahrhundertwende

Die Verlagsgründung fiel in eine Zeit mit gesellschaftlichen Umbrüchen: Das Ende der Befreiungskriege hatte eine Ära des Denkens und Fühlens eingeleitet und das Bedürfnis nach geistiger Nahrung geweckt. 1817 war in Württemberg die Pressefreiheit ausgerufen worden, durch die beginnende Industrialisierung wuchsen die Städte, und auch die fortschreitende Alphabetisierung war ein Grund für die Blütezeit der Verlage. 1822 hatte Stuttgart rund 23 000 Einwohner – 50 Jahre später überschritt die Stadt die 100 000er-Marke.

Erich Lorenz blickt 1947 in seiner Verlagsgeschichte insbesondere auf die Situation des Buchhandels in Stuttgart im Jahr 1822 zurück:

Die Zeit der Jahrhundertwende zeigt dem Nachfahren ein doppeltes Gesicht. Kriegselend, innere wie äußere Unruhen prägen die eine Seite, indes die andere Züge blühender Aufwärtsentwicklung aufweist. Maßgebend für solchen Aufschwung mag die ständig wachsende politische und wirtschaftliche Bedeutung Stuttgarts gewesen sein. Unter dem Herzog von Württemberg, der 1803 die Kur- und im Dezember 1805 die Königswürde erhalten hatte, wurde dem Land ein reicher Zuwachs an Gebietsteilen und Einwohnern zuteil. Stuttgart wurde die wirkliche Hauptstadt, in der sich fortan Handel und Wandel abspielen sollten. Die vordem allein mächtigen freien Reichsstädte, in denen das wirtschaftliche Leben seinen gedeihlichen Nährboden gefunden hatte, mußten fortan einen großen Teil ihrer Selbständigkeit und ihrer Vorrechte an die Residenz abtreten. Esslingen und Reutlingen, bis dahin Pflegestätten der Buchdruckerkunst, wurden 1803, Ulm 1810 dem Königreich Württemberg einverleibt.

Mit der Thronbesteigung des zweiten Königs, Wilhelm I. (1816) erfuhren zudem das Verlagswesen und das Buchdruckgewerbe Förderungen, die vor allem die Schranken der Pressefreiheit oder „Unfreiheit“ zerbrachen. Blieb auch der ins Kraut geschossene Nachdruck noch ein Schmerzenskind der Verleger, zu dessen Bekämpfung seltsamerweise die württembergische Regierung so gut wie nichts tat, so hat dies doch dem schwäbischen Buchhandel wenig geschadet. König Wilhelm zeigte sogar gewissen Nachdruckern, insbesondere in Reutlingen, so viel Entgegenkommen, daß sie es ausnützten, ein gutes Geschäft machten und durch die königliche Gunst bis in die vierziger Jahre hinein geschützt blieben. Entschieden der bedeutendste Faktor des Fortschritts waren die treibende Kraft und der Wagemut tüchtiger Persönlichkeiten auf buchhändlerischem Gebiet, deren Namen und Wirken in die Geschichte der Stadt eingegangen sind.

An ihrer Spitze steht Johann Friedrich Cotta, der „Fürst der deutschen Buchhändler“, wie ihn schon die Zeitgenossen nannten. […] Sein Verlag [war] die „solide Grundmauer“ des Stuttgarter Verlagsbuchhandels, um die herum sich alle die Firmen gruppierten, die bereits in früheren Jahren in der Hauptstadt ansässig waren, unter ihnen die J. B. Metzlersche Buchhandlung und J. F. Steinkopf.

Betrachtet man das Wesen des Stuttgarter Buchhandels im 19. Jahrhundert, so fallen eine ganze Reihe von Eigentümlichkeiten sofort auf, die der ganzen Verlagsentwicklung ihren Stempel aufdrücken.

Typisch für alle Verleger ist ein großer Unternehmungsgeist, der bisweilen ans Abenteuerliche grenzt. Mit ihm verbunden ist der Geist der Unruhe, die starke Neigung zu Veränderungen, ein immerwährendes An- und Verkaufen ganzer Geschäfte, oder von Teilen der Produktion, von Trennungen und erneuten Verschmelzungen. […]

Bleibt noch ein Merkmal zu erwähnen, das die Aufnahmebereitschaft der württembergischen Regierung und insbesondere des Landesfürsten zeigt: Viele der damaligen Verleger waren Nicht-Württemberger […], waren „Reingeschmeckte“.

Die Brüder Franckh aber waren keine „Reingeschmeckten“, sondern sie waren echte Stuttgarter. Im Jahre 1795 hatte Eva Friederika Franckh hier ihr fünftes Kind zur Welt gebracht, das auf den Namen Johann Friedrich getauft wurde. Sie war die Ehefrau des Bürgers und Stadtumgelders (eines Beamten, der „Umgeld“, eine Art Verbrauchssteuer, eintrieb) Johann Christian Franckh. 1802 war dann als neuntes Kind Friedrich Gottlob Franckh zur Welt gekommen.

Lorenz erkennt in dem älteren der beiden Brüder die Charakteristika der damaligen Verlagsbuchhändlerszene seiner Zeit:

In einem Mann jedoch verkörpern sich alle Züge damaligen buchhändlerischen Wesens am klarsten, in Johann Friedrich Franckh, dem Gründer der Franckh’schen Verlagshandlung in Stuttgart.

Die „Stuttgarter spekulative Richtung“

Aus Holland nach Stuttgart, seiner Heimatstadt, zurückgekehrt, bittet Johann Friedrich Franckh hier am 19. Juni 1822 den König um die Erlaubnis der Verlagsgründung. Der Wortlaut ist in der Verlagsgeschichte Ein altes Verlagshaus mit jungem Geist, die zwischen den 1950er- und 1980er-Jahren mehrfach erweitert wurde, nachzulesen:

Stuttgart 19. Juni 1822 Friedrich Franckh alt 26½ Jahr, gelernter Kaufmann, bittet allerunterthänigst um gnädigste Conceßion zu Errichtung einer Sortiments & Verlag Buchhandlung in hiesiger Stadt.

Königliche Majestaet! ich bin ein Sohn des vor längerer Zeit dahier verstorbenen hiesigen Bürgers und K. Stadt und Land OberUmgelders Franckh, stehe in einem Alter von 26½ Jahren, habe mich der Handlungs Wißenschaft beflißen und wünsche mich hier zu etablieren.

Zu Errichtung einer Sortiments und Verlag Buchhandlung, bietet sich mir gerade eine schickliche Gelegenheit dar, welche ich bis zum 1 Juli dieses Jahres eröffnen würde.

Da aber hiezu die allergnädigste Erlaubniß Euer Königlichen Majestaet nöthig ist so wage ich es Allerhoechst Dieselben allerunterthänigst zu bitten, mir diese Conceßion gnädigst zu ertheilen.

In tiefster Ehrfurcht ersterbend

Euer Königlichen Majestaet

Allerunterthänigster

Fried. Franckh

Nur gute zwei Wochen später, am 6. Juli 1822, wird die Erlaubnis erteilt, und Johann Friedrich Franckh gründet sein Verlagsunternehmen, in dem sein Bruder Friedrich Gottlob zunächst als Gehilfe arbeitet, bevor er dann 1826 als Teilhaber einsteigt. Schon damals also ist der Verlag das, was 200 Jahre die besondere Stärke des Hauses ausmachen sollte: ein Familienunternehmen. In seiner Verlagsgeschichte erzählt Lorenz:

Im Jahr 1822 bat Johann Friedrich Franckh um die „allergnädigste Erlaubniß" zur Etablierung einer „Sortiments und Verlag Buchhandlung“.© Kosmos/Staatsarchiv Ludwigsburg

Aus der Verlagsbuchhandlung Friedrich Franckh wird die Firma Gebrüder Franckh, die zugleich Verlag, Sortiment, Druckerei und Leihbibliothek nach und nach umfassen soll. […]

Das Geschäft lag zuerst an der Königstraße, in einem längst nicht mehr vorhandenen Gebäude, […] zwischen der Neuen Brücke und der Breitestraße. Es gehörte dem Stadtrat und Weinhändler Schnabel. Die beiden Verlagsinhaber selbst wohnten etliche Häuser weiter [auch] auf der Königstraße in […] einem Gebäude, das […] ihr Eigentum war. […]

Hier wohnte auch der Hofkaplan Grüneisen, der später den Vermittler zwischen Franckh und Mörike spielte. Außerdem war das Kontor der „Stadtpost“ hier untergebracht. Die Leihbibliothek von Gottlob Franckh soll in der Kronprinzstraße gelegen haben.

Erich Lorenz beschreibt das unternehmerische Handeln der beiden Franckhs mit Eigenschaften, die uns heute sehr modern vorkommen und auch bis in die Gegenwart das Handeln des Hauses Franckh-Kosmos und seiner Verleger charakterisieren:

Die Franckh’schen Unternehmungen zeichneten sich von vornherein durch zwei Gesichtspunkte aus, den spekulativen Zugriff und das Bestreben, die breite Masse für den Büchermarkt als Käufer zu gewinnen. Ein Franckh wagte etwas, wenn er sich davon Erfolg und Gewinn versprach; er brach ab, sobald sich dies als ein Irrtum erwies, ohne jedoch für alle Zeiten auf etwas zu verzichten, das nun einmal Gestalt gefunden hatte und sich für den Augenblick nicht durchsetzen ließ.

Franckh war nicht engstirnig. Keiner von beiden Brüdern hielt sich an gewohnte Schablonen. Das Zauberwort vom „Massenabsatz“ war von draußen gekommen, aus dem Norden des Reichs. Und warum sollte man nicht auch können, was beispielsweise dieser Joseph Mayer in Hildburghausen [Carl Joseph Meyer, 1796–1856, Publizist und Verleger, Gründer des Bibliographischen Instituts, gab 1826 zu niedrigen Preisen und mit hohem Absatz die „Bibliothek der deutschen Klassiker“ heraus] fertigbrachte, die breiten Volksschichten heranzuziehen? Ihnen, ihrer geistigen Vermögensweise entsprechend billige Bücher in die Hand drücken, sie interessieren und zugleich schulen, ohne daß sie den Stock und Ton des Lehrers spürten?

Die Herstellung solcher Massenexemplare ist auch kein Kunststück mehr, seitdem König die Schnellpresse erfunden hat.

Die beiden Brüder wagen es, bringen kleine billige Hefte heraus und haben Erfolg. Er muß Aufsehen erregt haben. Der Gedanke, dem Büchermarkt neue und an Zahl unbeschränkt viele Abnehmer zuzuführen, hatte, nunmehr in die Tat umgesetzt, ohne Zweifel große wirtschaftliche und auch ideelle Vorteile im Gefolge.

Karl Hoffmann gab in dieser Form Okens Naturgeschichte, J. Scheible Rottecks Weltgeschichte und andere historische Werke heraus. Alle dem Buchhandel irgendwie verwandte Betriebe zogen Nutzen daraus. Ein Blick in die Statistik zeigt dies am klarsten:

1796 gab es in Stuttgart etwa fünf Buchhandlungen; 1827 waren es sieben, zwei Musikalienhandlungen, drei Antiquariate, eine Kunsthandlung, 13 Buchdruckereien mit 50–60 Pressen, darunter zwei Schnellpressen, und zwei Schriftgießereien.

Die Jahre 1840/41 erlauben schon einen Vergleich mit Leipzig:

Stuttgart zählte damals 28 Buchhandlungen, darunter 22 Verlagsgeschäfte, 26 Buchdruckereien mit 121 Handpressen, 30 Schnellpressen, von denen sieben Doppelschnellpressen waren, 48 Buchbindereien mit etwa 180 Gehilfen; 22 lithographische Betriebe mit 46 Pressen werkten in der schwäbischen Residenz.

Zu gleicher Zeit waren in Leipzig 120 Buchdruck- und zehn Schnellpressen mit 614 Setzern, außerdem zehn lithographische Betriebe tätig.

Die Papiererzeugung und der Verbrauch waren in Stuttgart bis auf den Wert von 400 000 fl. [= Gulden] im Jahr gestiegen, und der Michaelismeßkatalog von 1836 verzeichnet für die Stuttgarter Verlage eine Produktion von 242 Werken. In ganz Württem­berg waren es 292, während Berlin mit 340 und Leipzig mit 465 Neuerscheinungen vertreten waren.

Dieser Wettbewerb der schwäbischen Landeshauptstadt schuf geradezu eine neue Ära im Buchhandel, für die man den Ausdruck die „Stuttgarter spekulative Richtung“ prägte. Zu den fähigsten Köpfen dieser Richtung gehörten die beiden Franckh-Brüder, „höchst intelligente und spekulative Verleger“.

Der „Allgemeine Volksbote“

Besonderes Engagement zeigen die Jungverleger in dem Bestreben, mit ihrem Verlag auch eine eigene Zeitschrift zu etablieren. Lorenz schreibt:

Friedrich Gottlob Franckh begnügte sich keineswegs mit einem gewöhnlichen Buchladen. Er wollte einen großen Verlag schaffen und dazu eine eigene Zeitschrift haben. So reichte er bereits am 20.6.1822, überraschend schnell nach seinem ersten Gesuch um Verlagsgründung, eine Bittschrift an den König ein, um eine neue Zeitschrift, den „Allgemeinen Volksboten“ herausbringen zu dürfen. Das Programm dieser Zeitschrift ist für die Auffassung der Verleger und ihrer Aufgaben so bezeichnend, daß es hier wiedergegeben werden soll. Es heißt darin:

„Dieses Blatt ist ausschließlich bestimmt, ein mitteilendes Organ zwischen den höheren und niederen Volksklassen zu werden und im Tone der Unterhaltung gesunde Begriffe über Staats- und Volksleben, über Menschen- und Bürgerpflichten zu verbreiten und soll folgende Gegenstände umfassen:

1. Die neuesten Weltbegebenheiten, kurz berührt und erläutert, aus der Völker-, Länder- und Naturkunde.

2. Vaterländische Begebenheiten in Beziehung auf das öffentliche Leben, Gesetzeserläuterungen, Aufklärungen über die Institutionen des Vaterlandes.

3. Neue Entdeckungen in den Naturreichen, Erfindungen.

4. Körperkunde, Gesundheitspflege, Tierarzneikunde.

5. Moralkultur, räsonierend und erzählend, Biographien edler Menschen.

6. Öffentliche Bitten und Wünsche, das Gemeinwohl betreffend.

7. Gedichte, Lieder, Rätsel usw.

8. Intelligenznachrichten.

Durch meine literarischen und merkantilistischen Verbindungen habe ich bereits mehrere ehrenvolle Bekannte, deutsche Männer, für dieses Unternehmen gewonnen, und ich darf nur den Namen des Großherzogl. Bad. Geh. Hofrats Hartleben nennen, um einiges Zutrauen dafür zu begründen.

Ich lebe daher der Hoffnung, daß Ew. Königl. Majestät einem Institut, dessen nützlicher Zweck unverkennbar ist und das sich von den bisher erschienenen Volksschriften so wesentlich unterscheiden wird, die höchste Genehmigung nicht versagen, sondern demselben auch allen Schutz und Vorschub angedeihen lassen werden, der die Verbreitung desselben befördern kann, wie denn vonseiten des Herausgebers der Preis so gestellt werden soll, daß auch die weniger begüterte Klasse des Volkes Theil daran nehmen kann.“

Das Innenministerium, von dem der König einen Bericht anforderte, schrieb Mitte Juli 1822: „Diese Zeitschrift fällt in die Kategorie der politischen Zeitungen, indem es politische Tagesneuigkeiten aufnimmt“. Die Herausgabe des „Allgemeinen Volksboten“ wird durch kgl. Dekret vom 26.7.1822 für die nächsten zehn Jahre genehmigt.

Das Blatt mußte sich der Zensur unterwerfen, die Herausgeber hatten Stempel, Abgabegebühren und die übliche Bewilligungstaxe zu entrichten. Natürlich interessierte sich der König auch für den Ruf der Verleger in der Öffentlichkeit und erhielt vom Stadtrat den Bescheid, daß „Buchhändler Franckh erst seit zwei Monaten aus dem Ausland zurückgekehrt sei und bisher von ihm nichts Nachteiliges vorgekommen ist!“ Auch das Kgl. Stadtoberamt unterstützte Franckhs Gesuch mit dem Hinzufügen, daß „der Bittsteller in keine ihm zum Nachteil gereichende Untersuchung verwickelt wäre“.

Franckh, der sofort mit der Herausgabe des Blattes begann, mußte aber bald einsehen, daß er nicht den gewünschten Anklang fand, und so stellte er bereits im Dezember des gleichen Jahres dessen Erscheinen wieder ein. Der Kaufmann in ihm duldete keine finanziellen Verluste.

Er richtete sein Augenmerk nun vorzüglich auf seine Buchhandlung und bereitete den Verlag vor. Zwei Jahre später wendet er sich wieder an die Stadtdirektion mit der Mitteilung, von seiner Konzession zur Herausgabe eines Blattes abermals Gebrauch machen und die alte Zeitschrift unter dem Titel „Morgenchronik oder Stuttgarter Zeitblatt“ verlegen zu wollen. Politische Neuigkeiten sollten dagegen in ihr nicht mehr Platz finden. Es scheint, als ob er mit ihnen Anstoß erregt hatte. Auch diesmal erhielt er die Genehmigung.

Wiederum jedoch stellte sich die erforderliche Abnehmerzahl nicht ein, und Franckh gibt das Erscheinen abermals auf.

Umso mehr bemühte sich der Verlag um die Einbindung junger, noch wenig bekannter Autoren aus dem „Schwäbischen Dichterkreis“. Zu den namhaftesten Schriftstellern zählten Wilhelm Waiblinger, der Hauslehrer Wilhelm Hauff und Eduard Mörike. Deren Entdeckung und Förderung widmeten sich die Brüder Franckh mit großer verlegerischer Leidenschaft.

Lichtenstein und Ledersessel

Einer der wichtigsten Autoren aus dem Schwäbischen Dichterkreis, mit dem die jungen Verleger Kontakt aufnahmen, war Wilhelm Hauff. Mit den Werken Hauffs zeigte sich Friedrich Franckh instinktsicher – seine Romane und der Märchen-Almanach verzeichneten exzellente Absätze. Innerhalb kürzester Zeit avancierte er zu einem der prominentesten Hausautoren. Hauff war bis zu seinem Wechsel zu Franckh Autor des Stuttgarter Verlags J. B. Metzler, wo 1825 sein Märchen-Almanach erschienen war, den Friedrich Franckh ab 1826 verlegerisch betreute.

Die Gründung eines neuen Verlages in Stuttgart kam Wilhelm Hauff entgegen – mit dem Inhaber seines alten Verlages war er längst unzufrieden, weil dieser immer weniger bereit war, auf seine speziellen Autorenwünsche einzugehen. Hauff erhoffte sich mit dem Verlagswechsel nicht nur ein stärkeres Mitspracherecht bei der Ausstattung seiner Werke. Er glaubte, über den noch jungen Verlag, dessen Produkte er im Übrigen geringschätzte, sich ein eigenes Autorenrenommee aufbauen zu können. Schnell begriff er die Gesetze des literarischen Marktes.

In einem Brief an seinen Bruder Hermann begründete er den Verlagswechsel:

Es war nicht die Franckh’sche Firma oder seine miserablen Verlagswerke, was mich zu ihm lockte, sondern der Stolz, bei dem kleinsten Krämer zu verlegen und einzig durch mich selbst bekannt zu werden.

Hauff war sich, aufgrund der fast spielerisch errungenen Erfolge, seiner literarischen Talente und seines Stellenwertes für den Verlag bewusst. Heute würde man bei dem Verhältnis zwischen Franckh und Hauff wohl von einer Win-win-Situation sprechen. Bei Lorenz lesen wir über diese Zusammenarbeit:

Wilhelm Hauff, dessen „Kriegs,- und Volkslieder“ 1824 schon bei Metzler in Stuttgart erschienen waren, hatte im Tübinger Stift Theologie studiert und lebte als Hauslehrer beim Kriegsratspräsidenten von Hügel. Den Sommer über weilte er mit der Familie von Hügel auf deren Schloß Guttenberg am Neckar, und hier schrieb er den ersten Teil der „Mitteilungen aus den Memoiren des Satans“ die er bereits im Tübinger Stift entworfen hatte. Auch der „Mann im Mond“ erstand in den Ferientagen auf dem von Hügel’schen Besitz.

Franckh erwarb beide Arbeiten und brachte sie Ende August 1825 heraus. Hauff war in solch glücklicher Stimmung, daß er damals einem Freunde schrieb:

„Franckh ist seit gestern wie ein Narr, und es fehlte wenig, so wäre ­er mir um den Hals gefallen; ich werde übrigens seine Rührung für meinen Beutel zu benützen wissen … ich bin doch so glücklich, ein wenig Talent zu besitzen; um den Namen und das Geld, das man dadurch bekommt, ist es doch etwas Schönes …“

Mag sich auch zeitweilig seine gute Meinung von seinem Verleger geändert haben – eine Erscheinung, die selten einem Autor abgeht – so hat er doch zu Zeiten wiederum Dankbarkeit gegenüber Franckh bezeugt. So schenkte er ihm eines Tages einen Ledersessel, der lange in der Familie Franckh erhalten blieb, bis man ihn aus Altersschwäche, ohne seine Herkunft noch zu ahnen, vernichtete.

Wilhelm Hauff, Verfasser des Lichtenstein, einer der prominen­testen Autoren des Verlags in den Anfangsjahren© Lithographie von J. Wölfle/Schiller Nationalmuseum

In der Verlagsgeschichte Ein altes Verlagshaus mit jungem Geist ist der Wortlaut des wunderbaren Briefes, der mit dem Geschenk an Franckh gesandt wurde, sogar abgedruckt:

26 Stuttgart, 7. Aug. 27 

Mein lieber Herr Franckh!

Sie werden sich bey Anblick dieser hölzernen Bequemlichkeit und ledernen Ruhestätte vielleicht unwillkürlich eines Gespräches erinern, worinn ich Ihnen unter andern sagte (es wird wohl ein Monat indeßen vorüber seyn), daß Ihnen nichts mehr abgehe, als eine gewiße anständige und solide Ruhe, eine behagliche und von Hast und Eile ungetrübte Beschäftigung mit ihrem nüzlichen Beruf.

Als Unterlage zu einem solchen ruhigen und beschaulichen Leben müßte, denk’ ich, ein Lehnstuhl ganz unumgänglich nothwendig seyn, und wenn ich es bin, der Ihnen einen solchen hinstellt und ruft: „Sitz’ drauf!“, so spiele ich nur den Arzt der Ihnen einige Gravität verordnet. Ich bin übrigens überzeugt daß Sie bey diesem Ding aus Holz und Federn an nichts anderes als an mich denken werden […].

Dieser Seßel wird nach und nach Ihr liebstes Meuble werden […], denn unter Allen nimmt er den meisten Antheil an Ihrem Dichten und Trachten, ist er doch gleichsam das Nest, in welchem Sie Ihre Riesenkinder, und Pläne ausbrüten. Aber eben dazu ist ein solches Brutnest beßer für die Künste als ein gewöhnlicher Stuhl, weil man schon a posterior darauf geführt wird, eine Sache reiflicher, mit mehr Ruhe zu überlegen, von allen Seiten zu betrachten und zu erwägen.

So gehe den ein, Stuhl! in das Fr. Frankh’sche Comptoir und Planstudierzimmer! Welche Gedanken, welche Unternehmungen, welche literarische Resolutionen werden noch auf Dir, o Hebammenstuhl, geboren werden! […] Erwärme (durch die Fortsetzung des Hirns) durch das Rückenmark seine Phantasie zu nützlichen und guten Gedanken und Geschäften, wenn er schwindelige Geschäft unternehmen, vielerley übersetzen laßen, nicht genug nachdenken und prüfen, sondern gleich zutappen will, so preße Deine hölzerne Arme um ihn, reiß ihn zurück und ruf ihm zu: „Sey mehr als G. C. E. Mayer in Braunschweig oder Gottl. Baße in Quedlinburg [zwei zeitgenössische Verlagsbuchhändler]!“

Vor allem aber, Seßel, versichere Ihn meiner ausgezeichneten und immer dauernden Hochachtung und sag Ihm ich sey

sein ganz ergebener Dr. W. Hauff

Lorenz berichtet uns noch weitere Details der Zusammenarbeit mit Hauff:

Auch übergab Hauff, dessen erster Märchenalmanach 1825 bei Metzler erschienen war, den zweiten und dritten an Franckh, der den ersten dazu erwarb.

Mit den „Mitteilungen aus den Memoiren des Satans“ fast gleichzeitig erschien im August 1825 bei Franckh „Der Mann im Mond oder der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme“. Da das Werk aber nicht unter Hauffs Namen, sondern unter dem Pseudonym H. Clauren herauskam, dem Schriftstellernamen des Geh. Hofrats Carl Heun in Berlin, der zu den damals angesehensten Autoren gehörte, kam es zu peinlichen Auseinandersetzungen.

Der Franckh-Verlag wurde verklagt, zu 50 Reichstalern Strafe verurteilt und sollte alle die Exemplare zurücknehmen, deren Annahme getäuschte Bezieher verweigerten. Hauff selbst machte sich über die ganze Angelegenheit lustig und stellte den Prozeßverlauf in einer Schrift „Kontroverspredigt über H. Clauren und dem Mann im Mond“ dar, die Franckh sofort verlegte und damit berechtigtes Aufsehen erregte. Als Heun sich dagegen verwahrte und in einer Eingabe an das kgl. Oberzensurkollegium in Berlin das Werk zu verbieten forderte, das „lediglich mit persönlichen Invektionen angefüllt und in manchen Stellen den Preußenhaß verrate“, erntete er nur mitleidiges Lächeln. Das Oberzensurkollegium scheint die Polemik gegen Clauren sogar für sehr verdienstvoll gehalten zu haben.

1826 brachte Franckh Hauffs „Lichtenstein“, die umfangreichste und neben den Märchen beliebteste Schöpfung des Dichters, in drei Bänden heraus.

Auch hier wieder gibt uns Ein altes Verlagshaus mit jungem Geist die Gelegenheit, einen Blick in ein Originaldokument zu werfen – einen Verlagsvertrag des frühen 19. Jahrhunderts!

Verlagsvertrag zwischen Wilhelm Hauff und Franckh über den Lichtenstein© Schiller Nationalmuseum

Contract vom Lichtenstein

Der wohllöbl. Buch- und Verlagshandlung Fried. Franckh in Stuttgart übergiebt Dr. W. Hauff einen historischen Roman:

Lichtenstein, romantische Sage

aus der Geschichte Würtembergs,

von Wilhelm Hauff, in drei Theilen,

indem er folgende Bedingungen da­bey festlegt:

1. Dieser Roman wird in demselben schönen Format und dabei so ge­drukt wie der „Mann im Mond etc.“

2. Der Verfaßer bezieht für den Drukbogen zwei Louis d’or.

3. Er bekommt 14 Frei Exemplare zu seinem Privat-Gebrauch, wovon zwei auf Velin Papier [ein gleichmäßig strukturiertes und glattes, dem Pergament optisch ähnliches Papier] (weil solche gar vornehmen Händen überantwortet werden.)

4. Bey jeder neuen Auflage, die Ein Tausend nicht übersteigt, zwei Drittheile des anfänglichen Honorars.

5. Dieses Honorar wird ihm in zwei Zahlungen, die erste in der Ostermeße 1826, die zweite im Juli 1826 entrichtet.

Sollte obgedachte verehrliche Verlagshandlung gegen einen dieser 5 Punkte etwas einzuwenden haben, so bittet der Verfaßer solches zu erklären; wäre sie damit einverstanden diesen Contract mit Ihrer werthen, bey Juden und Christen honorierten Namensunterschrift zu beehren.

Stuttgart, den 3. Dec. 1825.

Friedrich Franckh

Lorenz hebt hervor, wie wichtig gerade dieses Buch von Hauff für den Verlag war:

1831 wurde das Buch ins Dänische, zwei Jahre darauf ins Französische und 1839 ins Englische übersetzt. Es ist heute wohl das meist verbreitetste und gelesenste von allen Franckh-Büchern jener Zeit. Auch die „Phantasien aus dem Bremer Ratskeller“, zuerst im „Berliner Konversationsblatt“ abgedruckt, erschienen in Buchform im Herbst 1827 bei Franckh, kurz vor Hauffs frühem Tod (18.11.1827). Als etliche Freunde aus dem dichterischen Nachlaß das Wertvollste zusammentrugen und Franckh unter dem Titel „Phantasien und Skizzen“ anboten, willigte er gern auch in die Veröffentlichung dieses letzten Vermächtnisses ein.

„Bauchweh vom Erzählungenschreiben“

Mit einem anderen großen schwäbischen Dichter kam es dagegen zu einer nur kurzen und unbefriedigenden Zusammenarbeit, die bei Erich Lorenz so beschrieben wird:

Im folgenden Jahre, am 12. Oktober 1828, kam es zu einer Bindung mit Mörike, dem nach abgelegtem Theologiestudium der Seelsorgerberuf durchaus nicht zusagen mochte. Die „Literatur“ hatte es ihm angetan, und als er vergebens versucht hatte, als Angestellter bei Cotta unterzukommen, machte der Hofkaplan Grüneisen Franckh auf ihn aufmerksam. Mörike schien ein vielversprechendes Talent zu sein, und Franckh stellte ihn mit einem Monatsgehalt von 50 fl. ein, wofür er „eine bestimmte Anzahl von erzählenden und anderen ästhetischen Aufsätzen“ für die von Karl Spindler redigierte „Damenzeitung“ zu liefern hatte.

Mörike wird von Lorenz als „ein reiner Stimmungsmensch“ charakterisiert, „der jeder Lohnarbeit geflissentlich aus dem Wege ging, durchaus ungeeignet für eine regelmäßige literarische Tätigkeit“. Eine sicher fragwürdige Einschätzung, denn auch wenn der junge Dichter hier nicht fähig oder willens war, innerhalb festgesetzter Fristen Erzählungen zu liefern, hatte er als Pfarrer ja doch lange Zeit schon regelmäßige bezahlte Arbeit geleistet … Jedenfalls habe Mörike, so Lorenz weiter, schon nach einigen Wochen erwogen, diesen Posten wieder aufzugeben. Denn im April bereits habe er seinem Freund Mährlen geschrieben: „Übersetzen thu ich nicht, und wenn Du mich auf den Rost legst, Novellen schreiben, d. h. für den Buchhandel, auch nicht!“ Und Lorenz führt weiter aus:

Und an Bender äußert er sich Anfang Dezember, den Handel mit Franckh sei er eingegangen wie die Katze, die im Regen nicht die Pfoten naß machen will.

„Ich sah, oder vielmehr der Kerl in mir, der sich auf den E. Mörike besser versteht als ich selber, sah voraus, ich würde von dem Erzählungenschreiben bald Bauchweh bekommen, ärger als je vom Predigtmachen … die erste Wurst aber, die ich von dem Gelde [Franckhs] aß, schmeckte mir schon nicht recht, und eh’ 14 Tage vergingen, hatt’ ich das Grimmen, als läge mir Gift im Leibe … Das, was ungefähr von Poesie in mir steckt, kann ich nicht so taglöhnerisch zu Kauf bringen. Ich bin, wenn ich mich zu so einer Arbeit hinsetze, auch schlechterdings nicht imstande, tief aus der Seele einen Anlauf zu nehmen, einen freien, unbefangenen Zug der Begeisterung zu bekommen, wie es doch sonst bei mir ist oder war, wenn ich für mich oder gleichsam für gar niemanden etwas unternahm. Gleich verkleinert und schwächt sich alles, was eben noch frisch in mir aufsteigen wollte, von dem Augenblick an, wo ich fühle, daß ich’s für die Zeitung machen soll, und daß man auf mich wartet.“

Er verhandelt mit Spindler wegen Auflösung des Vertrags und äußert sich seinem Onkel gegenüber bei einem Besuch in Bernhausen, wo ihn „der geistliche Hauch ganz agréable anbläst“:

„Was würden Sie davon halten, wenn ich entschlossen wäre, nächstens ein ordentlicher williger Vikar zu werden?“

Und kurz vor Weihnachten schreibt er nochmals an Freund Mährlen:

„Der ganze Franckh’sche Handel wird wieder von mir aufgesteckt. Ich bin die letzten Wochen hier fast krepiert vor Ekel an der Sache und vor Zorn über die Blindheit, worin ich mich bereden konnte, daß ich mir jemals, auch nur ein Vierteljahr bei diesem Geschäft gefallen könnte, ohne daß meine Poesie dabei sich die Schwindsucht hole … Und nun soll wie ein Donnerschlag das Wort auf Dich fallen: Ich gehe mit zehnmal mehr Lust und Willen auf’s Vikariat, als ich es verließ … und dann im Sturmschritt auf die Hohenstaufen los … Wie Schuppen fiel mir’s vor die Augen, daß ich alle jene Pläne, die mein Herz erfüllen, auf keinem Fleck der Erde (wie nun eben die Welt ist) sicherer und lustiger erfüllen kann als in der Dachstube eines württembergischen Pfarrhauses. Gelt? Das heißt sich auf’s Maul geschlagen gegen meine früheren Briefe! ‚Es irrt der Mensch, so lang er strebt.‘“

Der Rest der Geschichte ist in die Literaturgeschichte eingegangen: Mörike wurde Pfarrer, und parallel begann seine große Zeit als Dichter. Aber eben nicht zusammen mit Franckh …

Ein schlechtes Geschäft

Etwas fruchtbarer war die Kommunikation mit dem 1804 in Waiblingen geborenen Dichter Wilhelm Waiblinger, der noch im Tübinger Stift studierte, als Franckh seinen ersten Roman Phaethon 1823 verlegte.

Die Verlagsgeschichte Ein altes Verlagshaus mit jungem Geist lässt uns in schwärmerischen Worten an der Lektüre der Briefe von Friedrich Gottlob Franckh an Waiblinger teilhaben:

Wilhelm Waiblinger war erst 19 Jahre alt, als sein Phaethon veröffentlicht wurde.

Unsere Hände halten ein dickes, vergilbtes Bündel Briefe. Stockfleckig ist das schöne, kräftige Papier. Eine längst vermoderte Hand hat Buchstabe an Buchstabe gereiht, Zeile an Zeile gefügt, seitenlang. Es sind Gottlob Franckhs Briefe an Wilhelm Waiblinger, den jungen schwäbischen Dichter, der mit 19 Jahren (1823) bei Franckh seinen Phaethon veröffentlichte, einen Griechenroman, entstanden aus der edlen Begeisterung für den Freiheitskampf dieses Volkes wider das türkische Joch. Seitenlang, und alles mit der Hand geschrieben in einer Schrift, deren künstlerischer Schwung nicht auf Kosten der Deutlichkeit geht. Auch sie sind ein Ausdruck von Gottlob Franckhs schöpferischer Verlegerphantasie und seines nüchternen Kaufmannssinns, scheinbar Eigenschaften, die einander ausschließen. Doch dem ist nicht so, nicht im Verlegerberuf.

Seltsam und beruhigend ist es zu lesen, wie sich die Verlegersorgen und -freuden von damals und heute gleichen: Herstellungsschwierigkeiten, Druckfehlerärger, die Suche nach dem gerechten Verkaufspreis, nach dem tragbaren Autorenhonorar, über das man sich im Jahre 1823 ebenso zusammenraufen mußte wie heute; Pläne, Anregungen, Fragen, alles schon dagewesen.

Und dazwischen steht sehr Persönliches, so in einem fürsorglichen Brief des Verlegers an seinen Autor vom 14. Januar 1823:

„Hier folgen nach Ihren Verlangen ein paar Hosen […], Ihr Herr Vater hat ganz recht, was soll aus dem innern Menschen werden, wenn der äußere friert und daran wäre eben wieder Ihr poetisches Feuer schuld.“

In einem anderen Brief an Waiblinger vom 8. Februar 1823 heißt es am Schluß einer Reihe von geschäftlichen Mitteilungen:

„Diesmal habe ich doch hoffentlich einen langen Brief geschrieben und er wäre noch länger geworden, wenn ich diesen Morgen nicht erst nach 3 Uhr ins Bett gekommen wäre, da das letzte Tanzkränzchen in diesem Winter meinen Bussen [sic!] und meinen Kopf in Anspruch nahm, so daß ich heute so halb und halb brauchbar bin. Die hiesigen Redouten, von denen drei waren und auf 2 meine Wenigkeit, sind nicht zum besten ausgefallen. Masken gar keine, fade Gesichter genug. Unterhaltung mittelmäßig … “

Die Verlagsgeschichte Ein altes Verlagshaus mit jungem Geist erkennt in diesem Brief den typischen Stuttgarter Geist, „daß die Stuttgarter schon damals vom Fasching nicht viel verstanden und fröhlichere Regungen scheu verklemmten.“

Aber nicht nur um Alltägliches, sondern auch um große Projekte geht es in diesem Briefwechsel. In einem fast fünfseitigen Brief vom 3. Januar 1824 entwickelte Franckh ein Konzept für ein Buchprojekt, das bei näherer Betrachtung ein als Erzählung verkleidetes Sachbuch (und zudem auch ein Jugendbuch!) war und somit spätere Ausrichtungen des Verlages anklingen lässt.Die Verlagsgeschichte datiert den Brief auf den 3. Januar 1824 (was aber fraglich erscheint, weil der hier skizzierte Phaethon bereits 1823 erschien!) und berichtet dazu:

An eine Jugendschrift „für erwachsene Söhne von 12 bis 16 Jahren“ dachte er […]. Als Titel schlug er „Der Philhellene oder Robinson in Griechenland“ vor. Held sollte „ein junger Mann“ sein, „mit allen Eigenschaften des Körpers und des Geistes ausgestattet“, der zu den aufständischen Griechen eilt und an ihrem Freiheitskampf teilnimmt. Von Marseille aus müsse der junge Studiosus Schiffbruch erleiden, an eine Küste Griechenlands verschlagen werden, in türkische Gefangenschaft geraten, fliehen und sich zu den Freiheitskämpfern durchschlagen. In diesen aktuellen Ablauf neuen griechischen Geschichtsgeschehens wünschte Gottlob Franckh, daß die alte Geschichte des Griechenvolkes mit eingeflochten werde. Er sagte genau, wie das gemacht werden könnte und welche literarischen Unterlagen notwendig wären.

„Bedenken Sie diesen Vorschlag recht“, schreibt er, „hier ist von keiner Dichtung, von keiner Poesie die Rede, sondern von einer gehörigen Benutzung und Zusammenstellung des Vorhandenen in ein der Jugend angemessenes Gewand gekleidet, wo freilich Abentheuer à la Robinson willkommen sind, Sitten und Kriegsschilderungen nicht fehlen dürfen.“ Und dann sagt er noch: „… dagegen aber jede Liebesintrigue verbannt werden muß.“

Waiblinger nahm die Anregung des Verlegers auf und schrieb den Phaethon, einen Briefroman, der von den Freiheitskämpfen der Griechen gegen die türkische Unterdrückung handelt und damit auch in der Tradition von Hölderlins zwischen 1797 und 1799 erschienenem Briefroman Hyperion steht. Lorenz beschreibt, wie dieses Projekt sich aber leider zu einer für so viele Verlage ganz typischen Erfahrung entwickelte:

Verleger, die bei Gründung ihrer Firma 27 und 20 Jahre alt sind, wollen meist etwas ganz Neues machen und halten sich deshalb auch gern an junge Autoren. Je unbekannter sie sind, desto leichter ist es, sie zu gewinnen, desto größer ist aber des Verlegers Risiko. Die Franckhs nahmen es aber auf sich, druckten von dem in Tübingen studierenden neunzehnjährigen Friedrich Wilhelm Waiblinger den Roman „Phaethon“ und machten damit ein schlechtes Geschäft.

In einem Brief vom 1. Juli 1823 an Waiblinger hatte der Verleger somit schlechte Nachrichten für seinen Autor, die er zugleich zu einer Publikumsschelte nutzte:

… Vom Absatz Phaethons kann ich nichts sagen mein Comissionär in Leipzig der mir darüber schrieb hat keine Hoffnung viel abzusetzen seine Worte sind ungefähr diese, den Phaethon habe ich erhalten und das elegante Äußere läßt vermuthen, daß er Sie viel Geld kostet, ich glaube jedoch daß Sie mit den polit. Büchern beßer fahren werden und bezweifle sehr den Absatz von Phaethon, von den Geisterzwillingen senden Sie mir sogleich 250–300 Exemplare, wenn der Roman gut ist, ist der Absatz sicher.

Sehen Sie nun das liebe Publikum! Weißer dem ich es erzählte wurde erbost … und auch mir that dieses schlechte Geschwätz ganz wehe, ein solches Produkt mit meinem Phaethon zu vergleichen …

Die Verlagsgeschichte Ein altes Verlagshaus mit jungem Geist kommentiert das auf diese Weise: „Mit einem Wort: Absatzschwierigkeiten und Kopfschütteln über den schon immer unergründlichen Geschmack der Bücherkäufer.“

Bei Lorenz lesen wir über die nur kurze weitere Zusammenarbeit:

Ihm [dem „Phaethon“] folgten die im Geiste seines Freundes Hölderlin gedichteten „Lieder der Griechen“ (1823) und „Drei Tage in der Unterwelt“ (1826). Da Franckh jedoch mit dem Erstlingswerk Waiblingers schlechte Geschäfte gemacht hatte, lehnte er ein weiteres Angebot des Dichters, den Roman in Briefen „Feodor“ zu verlegen, ab, weil er mit dem „Phaёton“ zu große Ähnlichkeit aufweise.

Waiblinger war enttäuscht. Italien sollte ihm Genesung bringen, aber Cotta, der ihm die Mittel zur Reise zur Verfügung stellen wollte, gab ihm lediglich einen Vorschuß. 1827 reiste Waiblinger gen Süden, mit sich und der Welt zerfallen.

Waiblingerstarb dann 25-jährig im Januar 1830 in Rom.

„Der zur Genüge bekannte Buchhändler“

Bei Erich Lorenz können wir auch nachlesen, wie andere Dichter und Verleger über das Haus Franckh dachten. Er zitiert zum Beispiel den Verleger Georg Friedrich Kolb aus einem Brief vom 26. Januar 1832 an den Verleger Georg Friedrich Cotta:

Wie viele Personen gibt es denn, die diesen Menschen achten? … Ich kenne die Franckh’schen Umtriebe hier und will Ihnen einmal, wenn ich zurückkehre, davon die lustigsten Geschichten erzählen …

Und er lässt uns Auszüge aus einem Brief von Justinus Kerner an Cotta vom 18. November 1828 lesen:

So bot mir z. E. H. Buchhändler Frank von hier für dasselbe von freien Stücken 1200 fl. an und auch von andern Seiten geschahen Angebote.

Das Werk führt den Titel: „Die Seherin aus Prevorst, Eröffnungen über das innere Leben des Menschen und den Zusammenhang einer Geisterwelt mit der unsern, mitgeteilt von Justinus Kerner.“

Der erste Teil wird zirka 22 Bogen in großen 8° halten und der zweite etwas weniger, auch sind dabei sieben Tafeln Zeichnungen (geometrischer Art).